Eintracht-Trainer Hütter: Der Buhmann, der seine Chance nutzt

Es ist schon wieder passiert: Ein Fußballtrainer verlässt „seinen“ Verein und macht bei einem anderen weiter. Einfach so! Darf der das? Na ja, wenn es dabei um Eintracht Frankfurt geht, derzeit Tabellenvierter der ersten Fußball-Bundesliga, dann geht das natürlich gar nicht. Vielleicht hätte Adi Hütter – um diesen Trainer geht es nämlich – nicht verkünden sollen: „Ich bleibe“. Und dann doch die Biege machen, wie die FR kommentierte, nach Gladbach. Aber was hätte er sonst auf die Frage sagen sollen, was dran ist an den Wechselgerüchten? Dazu hat ein Leser unten einen Vorschlag, aber ob der praktikabel wäre? Oder hätte er sagen sollen: „Kein Kommentar!“? Wie es dann wohl gebrodelt hätte in der Gerüchteküche …

Es ist der 16. Trainerwechsel in der ersten Liga in der Saison 2020/21. Diese Zahl bewegt sich bisher im Bereich des Üblichen. Die Seite transfermarkt.de führt Statistik. Demnach war die Saison 2010/11 mit 20 Trainerwechseln Spitze. Wenn man dann für die laufende Saison noch rausrechnet, dass Schalke 04, derzeit Tabellen-Schlusslicht und wohl nicht mehr vor dem Abstieg zu retten, seinen Cheftrainer bereits vier Mal ausgewechselt hat (David Wagner bis 27.9.20, Manuel Baum bis 18.12.20, Huub Stevens bis 26.12.20, Christian Gross bis 28.2.21, derzeit ist Dimitrios Grammozis Cheftrainer), dann relativiert sich die Chose. Eine ganz normale Saison, wohin Du auch guckst.

HütterTrotzdem rollen hier und da die Tränen. Ja, die Fanliebe! Die großen, enttäuschten Gefühle! Elf Freunde müsst Ihr sein, nicht wahr? So ist es schon lange nicht mehr. Jedenfalls weit überwiegend; es gibt auch Gegenbeispiele, etwa den SC Freiburg. Ansonsten aber ist der Erstligafußball schlicht ein Milliardengeschäft, das von König Krösus regiert wird. Die einen (etwa Bayern München) beherrschen dieses Geschäft eben besser als die anderen (etwa Schalke). Natürlich hat dieses Geschäft auch eine sportliche Seite, und darum ist es dazu in der Lage, die Massen zu beglücken.

Doch da stellt sich nun die Frage, warum Adi Hütter Eintracht Frankfurt just zum Ende dieser ziemlich erfolgreichen Saison verlässt? Wir wollen nicht vergessen: Die Eintracht ist auf dem Sprung in die Champions League, und wenn die Mannschaft nicht allzu viel falsch macht, kann sie den Einzug in die Königsklasse, wie es immer so schön heißt, kaum noch verpassen. Sie steht auf dem vierten Platz mit sieben Punkten Vorsprung auf die fünftplatzierte Borussia Dortmund, gerade läuft der 29. Spieltag, es folgen noch fünf weitere Spieltage. Warum geht Hütter ausgerechnet jetzt, obwohl er sich in der Championsleague zusätzlich Meriten verdienen und sich unter den internationalen Trainern platzieren könnte? Vielleicht will er das gar nicht? Vielleicht weiß er, dass er das nicht kann? Dann doch lieber ab nach Gladbach, versehen mit dem schönen Qualitätssiegel: „Brachte die Eintracht in die Championsleague!“? Wie auch immer – Hütter hat in Gladbach unterschrieben. Für drei Jahre und 15 Millionen Euro. Hätte ich an seiner Stelle auch gemacht.

Balken 4Die Leidenschaft wird ad absurdum geführt

Ich möchte mich zum Thema Adi Hütter öffentlich äußern. Diese Charaktere sind die Sargnägel des Fußballs. Ob guter Trainer usw.  spielt keine Rolle. Diese egomanen Persönlichkeiten machen den Fußball kaputt. Als Fan wird die Leidenschaft ad absurdum geführt. Vereine sind nur noch Transmissionsriemen für Spieler und Eitelkeiten (Herr Hütter z.B.). Nach 50 Jahren SGE Leidenschaft werde ich nie wieder ins Stadion gehen. Und – ich bin nicht der einzige. Bravo Herr Hütter – die Gelegenheit beim Schopfe gepackt . Bravo!

Wolfgang Frank, Frankfurt

fr-debatteWir müssen Hütter keine Träne nachweinen

Adi Hütter ist ein durchschnittlicher Bundesligatrainer, der vor dem Hintergrund der aktuellen Erfolgsserie überschätzt wird. Seine größten Defizite hat er im taktischen Bereich und in der Reaktion auf einen Spielverlauf während eines Spiels. Diese Mängel kamen im Laufe der letzten drei Jahre immer wieder zum Tragen, zuletzt beim Auswärtsspiel in Bremen. Wir müssen ihm daher keine Träne nachweinen. Ebenso wie in Bern hat Hütter von einer hervorragenden und sich immer besser entwickelnden Zusammenstellung des Kaders profitiert. Mit der zunehmenden sportlichen Qualität wurde auch er als Trainer mit nach oben gespült und dafür kann er Eintracht Frankfurt dankbar sein. Ein ganz wichtiger Aspekt, neben der sportlichen Qualität, dabei ist der intakte und starke Charakter des Kaders, den man im Profisport durchaus als Ausnahme bezeichnen darf. Genau auf diesen Charakter wird es nun in den restlichen Spielen ankommen. Ich vertraue hier auf die Führungsspieler, wie Hasebe, Hinteregger, Trapp, Rode und auch Ilsanker, die die Mannschaft intern führen und mitreißen müssen, damit das große Ziel CL nicht noch verpasst wird. Für Eintracht Frankfurt kommt es nun darauf an, den nächsten Schritt zu gehen. Trotz eines verbliebenen, kompetenten Teams um Ben Manga wäre für einen Ralf Rangnick die sportliche Lücke, die es zu füllen gilt, ausreichend groß. So oder so benötigt der Verein aber eine sportliche Führung, die die Mannschaft auch auf dem inzwischen erreichten Niveau weiter entwickeln kann.
Das prinzipienlose Geschäftsgebaren im Profifußball ist uns leider bereits bestens bekannt, aber mit seiner „Ich bleibe – Ich gehe – Volte“ innerhalb von sechs Wochen ist Adi Hütter in eine ganz andere Phalanx bei Eintracht Frankfurt vorgestoßen, die von Andy Möller, der das bei Eintracht Frankfurt bislang als einziger vor Hütter fertiggebracht hatte. Das ist es, was wir in Zukunft mit Adi Hütter verbinden werden.

Frank Diergardt, Frankfurt

fr-debatteUm die Wahrheit offen sagen zu können

Österreich ist gesegnet mit erstklassigen Künstlern. Adi Hütter ist aber ein schlechter Schauspieler. Er kann von Brunno Hübner (Eintracht Sportdirektor), Marco Rose (Trainer von Gladbach) oder Christian Seifert (DFL Chef) lernen, wie man einen anständigen Abgang ankündigt, statt wochen langer Versteckspiel. Natürlich ist Hütter ein sehr guter Trainer, aber man muss trotzdem einen guten Charakter und Mut haben, um die Wahrheit offen sagen zu können.

Aurobindo Ghosh, Herrenberg

fr-debatteEs hätte so einfach sein können

Sehr geehrter Herr Hütter, es hätte alles viel einfacher sein können. Für Sie. Für die Spieler. Für die Eintracht. Für die Fans. Für die Medien.
Dazu hätten Sie lediglich Ihr „Ich bleibe“ um den Zusatz „bis Ende dieser Saison“ ergänzen müssen. Alle hätten gewusst, was Sache ist, geradeaus, kein Versteckspiel. Es wäre so einfach gewesen…..

Fritz Brehm, Frankfurt

fr-debatteVereinstreue ist ein Wert von vorgestern

Bekanntlich beschäftigt sich Thomas Kilchenstein als Sportjournalist schon seit vielen Jahren mit dem Profi-Fußballgeschehen, so dass man davon ausgehen müsste , dass er sich mit den üblichen Gepflogenheiten in diesem Metier auskennt.
Um so erstaunlicher ist in seinen beiden Kommentaren in der FR am 13. und 14.4. im Sportteil seine Beurteilung über das Verhalten des Trainers Hütter zu sehen, der vertragskonform seinem Wunsch nach einem Vereinswechsel nachkommen will. Hütters Wunsch bezeichnet Kilchenstein als „egoistische Karriereplanung“ und er vermisst bei diesem Trainer die sportlichen Ambitionen, weil er seine bisherige Mannschaft nicht mehr die Treue hält. Ich frage mich: Warum soll Hütter jetzt als Buhmann dastehen , der für seine mögliche berufliche und finanzielle Besserstellung eine neue Chance nutzt?
Das Profifußballgeschäft mit seinen extrem überhöhten Zahlungen an die Spieler, Managern und Spielerberater hat ein hochentwickeltes kommerzielles Wirtschaftssystem geschaffen; Hütter und viele Andere sind ein Teil von diesem System. Der Begriff „Vereinstreue“-hat in diesem System keinen Platz mehr; dies müssten sie , Herr Kilchenstein , doch sicherlich wissen.!

Gerd Himmelreich, Glashütten

fr-debatteWas erwarten wir denn von Trainern und Spielern?

Als langjähriger Anhänger des SV Meppen verstehe ich sehr gut, dass die Fans von Eintracht Frankfurt „sauer“ sind auf den Trainer Adi Hütter, der nun doch zu Borussia Mönchengladbach wechselt.
Aber was erwarten wir Zuschauer denn von Trainern und Spielern in der Bundesliga? Hütter wurde vor knapp drei Jahren von Young Boys Bern für 850 000 Euro „gekauft“ und wird nun für 7,5 Millionen weiterverkauft. Er hat also seinen „Marktwert“ fast verzehnfacht. Und wer von uns würde der Versuchung widerstehen, fünf statt drei Millionen Euro im Jahr zu verdienen?
Ja, in unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem dreht sich das Geldkarussell immer schneller und bedroht unsere demokratische Ordnung.

Gregor Böckermann, Neu-Isenburg

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4 Kommentare zu “Eintracht-Trainer Hütter: Der Buhmann, der seine Chance nutzt

  1. Das ganze Geschäft ist ziemlich kaputt. Dass da dem Fan allmählich der Kragen platzt, ist nur allzu verständlich. Zuverlässigkeit, Treue, Verbindlichkeit, Sportlichkeit, Kontinuität: alles Vergangenheit. Der Fußball ist so schon angeschlagen genug. Aber es ist nur noch ein rastloses Getriebe geworden, ohne Maß und Ziel.
    You ever walk alone!

  2. So so, da reist also unser Noch-Trainer zu seinem Bald-Club und verliert dort auffallend hoch. Klar kann sich da überlegen, ob es an der Tagesform der Mannschaft, der langen, strapaziösen Anreise oder gar dem Wetter lag. Allerdings dürfte unserem Noch-Trainer auch klar gewesen sein, dass ein Sieg seiner Noch-Mannschaft die Chancen seiner Bald-Mannschaft auf den Einzug in die Europa-League verschlechtern würde. Ich gehe einfach davon aus, dass er sich dieser Situation sehr bewusst war und dass dieses Wissen natürlich auch sein Coaching beeinflusst hat. Er hat ja schließlich jüngst allen gezeigt, dass er ein guter Rechner ist. Ein Narr ist, wer Schlechtes dabei denkt.

  3. Man soll meinen, daß es super ist, wenn man ein erfolgreiches Führungsteam hat. Wenn Sportvorstand, Sportdirektor und Trainer ein funktionierendes (und bezahlbares) Team zusammengeschweißt haben, dann wurde etwas geschafft, was mit Sicherheit andere Vereine in der Bundesliga nicht haben.
    Man könnte meinen, daß Trainer einen Champions-Leaque-Verein trainieren möchten. Jetzt geht ein Trainer eines Champions-Leaque-Teams zu einer Mannschaft, daß sich im Bundesligamittelfeld befindet. Während in Kürze die Trainerstelle des FC Bayern München frei wird.
    Der Sportvorstand begibt sich zu einem Abstiegskandidaten, für den zwischen direktem Abstieg über Relegation oder Klassenverbleib alles drin ist.

  4. Dass sich Adi Hütter bezüglich seines Weggangs vertragskonform verhalten hat, ist unstrittig. Zu verurteilen ist lediglich seine Aussage im März, dass er bei der SGE bleibt. Es kann niemand glaubhaft vermittelt werden, dass er zu diesem Zeitpunkt von seinen Wechselabsichten nichts wusste. Menschlich ist die Aussage verwerflich. Ähnlich gelagert war es auch bei Nico Kovac, der auch bei der Eintracht bleiben wollte und dann gen München zog. Wirtschaftlich ist dies bei diesen Gehältern verständlich. Verurteilt muss aber die Art und Weise von Max Eberl, Borussia Mönchengladbach, werden, der kurz vor dem brisanten Spiel den Wechsel veröffentlichte. Moral zählt in diesem harten Fußballgeschäft wohl nicht mehr. Verträge sind heute leider soviel wert, wie ein Stück Zeitungspapier.
    Das die Spieler der SGE den Weggang von Hütter nunmehr als Ausrede für schlechte Leistungen wählen könnten, könnte ich nicht nachvollziehen. Sie sind Profi Fußballer und bekommen eine Menge Geld monatlich auf ihr Konto überwiesen. Sie müssen für sich und den Verein spielen, nicht für den Trainer. Ich hoffe, dass dies in den kommenden Spieler der Fall sein wird.
    Zum Schluss sollte man sowohl Bobic als auch Hütter dankbar sein, für 5 bzw. 3 wundervolle Jahre bei der Eintracht. Lange haben wir auf solche Spiele verzichten müssen.

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