Nizza am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli. Viele tausend Menschen haben sich auf der berühmten Küstenstraße Promenade des Anglais versammelt, um das Feuerwerk zu sehen. Dicht an dicht stehen die Menschen, darunter viele junge Familien mit kleinen Kindern. In diese Menge hinein rast ein Lastwagen, ein 25-Tonner, fährt auf dem Gehweg und überfährt dabei Dutzende von Menschen. 84 sterben, noch Tage später schweben weitere 50 Menschen weiterhin in Lebensgefahr. Panik bricht aus, die Menschen fliehen in die Restaurants an der Promenade, während der Fahrer des Lkw noch auf die Menschen schießt. Zwei Kilometer weit kann er das schwere Fahrzeug die Promenade des Anglais entlangsteuern, ehe er endlich von den Sicherheitskräften gestoppt wird: Er wird hinter dem Steuer erschossen.
Also wieder ein Attentat in Frankreich, der dritte schwere Anschlag schon innerhalb von zwei Jahren. Nach Charlie Hebdo und dem Massaker im Bataclan traf der Terror in Nizza Frankreichs Herz, denn die Feuerwerke am Nationalfeiertag ziehen überall in Frankreich zahllose Menschen an. Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 wurde zum Symbol für die Französische Revolution und steht damit für den Kampf für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und gegen Feudalismus und Mittelalter. Kein Land der Welt hat einen Nationalfeiertag wie diesen, der unbedingt gefeiert gehört. Die Französische Revolution strahlte weltweit aus und ist das Initiations-Ereignis für das, was wir heute westliche Werte nennen. Das Attentat bekommt damit Symbolkraft. Ob der Attentäter das so kalkuliert hat?
Mohamed Lahouaiej-Bouhlel heißt der Mann, über dessen Motive noch gerätselt wird. Der 31-jährige Tunesier lebte seit vielen Jahren in Nizza und war bisher nur als Kleinkrimineller aufgefallen. Sein Vater beschreibt ihn als depressiv. Er war wohl kein IS-Soldat, wie es in vielen Medienberichten zunächst hieß, nachdem Ministerpräsident Valls schon sehr früh nach dem Attentat eine Verbindung zum „Islamischen Staat“ hergestellt hatte, aber er scheint sich in diesem Sinne wenige Tage vor der Tat „radikalisiert“ zu haben. Was da genau geschehen ist, ist jetzt Gegenstand der Ermittlungen. Jedenfalls war das Attentat gut geplant, und er scheint sich mental darauf vorbereitet zu haben. So hat er sein Bankkonto vorher geleert und soll seiner Familie in Tunesien 100.000 Euro überwiesen haben. Wurde er für die Tat bezahlt? Der „Islamische Staat“ hat ein Bekennerschreiben in die Welt gesetzt, aber das beweist zunächst nicht viel.
Diese Schreckens-Tat zeigt vor allem eines: Es gibt gegen den Terror kein hundertprozentig wirksames Mittel, das man den Sicherheitsbehörden an die Hand geben könnte. Eine weitere Aufrüstung gegen den Terror ist nicht möglich. Frankreich befand sich zurzeit des Attentats im Ausnahmezustand, und das heißt, dass die Behörden weitreichende Befugnisse hatten. Mehr ist in einer Demokratie nicht drin. Das heißt, dass hier die Demokratie zur Debatte steht. Und das wiederum heißt, dass die Terroristen uns da haben, wo sie uns haben wollen. Wir dürfen bei diesem tödlichen Spiel nicht mitmachen. Die Antwort auf das Attentat von Nizza kann daher nicht die weitere Einschränkung bürgerlicher Rechte zwecks mehr Sicherheit sein, sondern es muss ein grundsätzlich anderer Ansatz gewählt werden. Wir müssen der Gefahr, die offenkundig mitten unter uns entsteht, mit anderen Mitteln begegnen.
Die Frage, wie Lahouaiej-Bouhlel sich radikalisierte — wenn es denn so war –, steht daher tatsächlich im Mittelpunkt des Interesses. Aber nicht so, wie die Ermittler das Thema jetzt anfassen. Sie fragen natürlich nach Personen und Kontakten. Damit wird aber das „Warum“ kaum berührt, die Basis der Motivlage, über die auch ich zurzeit nur spekulieren kann. Mir scheint alles darauf hinzudeuten, dass dieser Mensch mehr wollte, als er zu erreichen imstande war, und dass er einen Hass auf die französische Gesellschaft entwickelt hat, die ihm keine Chance gab, dieses Mehr zu erreichen. Chancenlosigkeit ist in den französischen Vorstädten, den Banlieues, etwas Alltägliches, und das ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass sich der Terror jetzt so geballt Frankreich zum Ziel genommen hat: Das französische System produziert Typen wie Lahouaiej-Bouhlel am laufenden Band. Und obwohl dieses Problem seit Jahren erkannt ist, wurde nichts Substanzielles dagegen unternommen. Auch der sozialistische Staatspräsident Hollande ist in dieser Hinsicht — und nicht nur in dieser — krachend gescheitert.
Ist also die soziale Frage der eigentliche Grund für den Terror?
Robert Maxeiner aus Frankfurt meint:
„In Anbetracht dieser schrecklichen Tat frage ich mich: Woher kommt dieser Hass? Ohne ein Verständnis für dessen Ursachen wird es auch keine erfolgreichen Mittel zu dessen Bekämpfung geben. Zuerst einmal ist Hass ein Gefühl wie andere auch, und es gibt viele Anlässe und Gründe zu hassen, auch im alltäglichen Zusammenleben. Aber warum wird der Hass von diesen, meist jungen Männern in solch brutaler Weise agiert? Haben sie es nicht gelernt, wir es verlernt, unsere Gefühle zu erspüren, einander mitzuteilen, vor allem die destruktiven? Wer Wut, Hass, manchmal auch nur Ärger äußert, wird sofort sowohl im privaten Leben, als auch im öffentlichen, in eine Schublade gepackt oder gar sanktioniert. Sind wir zu angepasst? Werden unsere Kinder erzogen, ihre Gefühle zu unterdrücken? Gleichzeitig leben wir in einer Konsumwelt, in der scheinbar alles zu haben ist. Sind diese Täter von klein auf zu kurz gekommen, fühlten sich ausgeschlossen oder ständig gekränkt? Rächen sie sich als Erwachsene für ihr verletztes oder narzisstisches Ego? Diese terroristischen Täter, angefangen von Bin Laden, sind nicht selten in westlichen Industrieländern aufgewachsene, verzogene Narzißtenbengel, oder sie kommen aus prekären Verhältnissen ohne Chancen auf Erfolg. Und Erfolg wird in unserer Gesellschaft als das Gute, Misserfolg nicht gerade als das Böse, dafür aber als das Schlechte abgewertet. Die beste Prävention ist die Erziehung unserer Kinder. Aber wir geben sie frühstmöglich in Krippen, ohne nach ihren Bedürfnissen zu fragen, knausern um jeden Quadratmeter mehr in den Räumen der Kitas oder um die Bezahlung der Pädagog-innen, investieren lieber in Rüstung und Überwachung, statt in Vor- und Fürsorge. Ob sich nachher einer dieser Zukurzgekommenen, Beleidigten und Größenwahnsinnigen über das Internet irgendwelchen durchgeknallten Terrorgruppen anschließt oder sich als Einzeltäter mit ihnen identifiziert, greift in der Erkennung von Ursachen und deren Bekämpfung zu kurz.“
Susanne Alpers aus Frankfurt sieht weiterhin die Männlichkeit in der Krise:
„Ein 31-jähriger Franzose tunesischer Herkunft fährt mit einem Laster in eine Menschenmenge in Nizza nach einem Feuerwerk anlässlich des französischen Nationalfeiertags. Bisherige Bilanz: 84 Tote, darunter viele Kinder und unzählige Verletzte. Eine Tragödie.
In der Presse und den sozialen Medien wird der Vorfall umgehend als terroristischer Anschlag mit islamistischem Hintergrund kommuniziert. Dabei deutet vieles auf einen Amoklauf mit ideologischem Hintergrund hin. Ein Mann, der in seinem bisherigen Leben wohl in vielem gescheitert ist und eine immense Wut in sich trägt, entscheidet sich für den „ganz großen Abgang“. Seine eigene Bedeutungslosigkeit kompensiert M. L. Bondar in einem finalen Akt der Grausamkeit, in dem er möglichst viele Menschen mit in den Tod reißt und das alles am 14. Juli 2016. Seinen Todeswunsch setzt er nicht selbst in die Tat um, sondern lässt sich nach vollbrachter Amokfahrt durch die Staatsmacht erschießen.
Die Handschrift des sog. Islamischen Staates ist das nicht. Dessen Vertreter kommen mindestens zu zweit, schreien „Allahu Akbar“, schiessen gezielt auf ihre Opfer und sprengen sich danach häufig in die Luft. Eine Anbindung Bondars an eine islamistische Zelle konnte bisher nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig existiert eine konkrete Bekennerbotschaft des sog. Islamischen Staates.
Warum also die sofortige Festlegung auf dieses Motiv? Ist es das Datum? Oder die Herkunft des Täters? Ist es die nervöse Unruhe in Frankreich nach mehreren islamistisch motivierten Anschlägen in der jüngeren Vergangenheit? Die Überwachungs- und Waffenlobby wird die schnelle Zuordnung jedenfalls freuen, ihre Umsätze steigen nach jedem Vorfall weiter an.
Doch gegen Amokläufe gibt es kein Sicherheitskonzept. Die Täter steigern sich häufig in ihren Wahn, ohne dass ihr soziales Umfeld davon erfährt oder dass es überhaupt jemanden interessiert. Sie wollen endlich Bedeutung und sei es in der Art ihres Suizids. Keine Überwachungstechnologie wird sie rechtzeitig entdecken können.
Das Phänomen der wütenden jungen Männer ohne Perspektive und deren gewalttätige suizidale Inszenierungen wird uns in Zukunft noch oft erschrecken, sei es im waffenvernarrten Amerika oder in den Nischen der Vereinsamung in Europa. Nicht die Herkunft entscheidet über das Mass der Gewalt. Beziehungslosigkeit und gewalttätige mediale Vorbilder erzeugen Amokläufe dieser Art. Die Krise der Männlichkeit schreitet voran.“
Peter Hartwig aus Gustavsburg:
Ein Mensch der für die mordende Terrortat selbst in den Tod geht, sieht für sich keine Zukunft mehr, hat seinen Platz nicht gefunden und die Hoffnung aufgegeben in seiner Gesellschaft etwas Konstruktives gestalten zu können. Entlang der französischen Mittelmeerküste werden soziale Gegensätze so augenfällig deutlich wie kaum an einem anderen Ort. Doch das erkennbare Muster des Widerspruchs zwischen ungebremstem Zugang zum Wohlstand und zügellosem Reichtum einerseits und der Chancenlosigkeit auf der anderen Seite lässt sich ja wie die Schalen einer Zwiebel schichtenweise in wachsendem Maßstab von Stadt zu Region auf Länder und Erdteile erweitern. Die Züge des Terrors sind vielleicht wie ein verzerrtes Spiegelbild zu sehen, ein Spiegel der schamlosen Gewissenlosigkeit des herrschenden ökonomischen Prinzips, das stellenweise bereits kaum noch von kriminellen Denk- und Handlungsweisen zu unterscheiden ist und die Menschen ohne Hoffnung auf Teilhabe zurücklässt. Der innere Kern der Zwiebel steckt aber gerade da, wo die Menschen den Glauben an eine konstruktive Teilhabe an der Gesellschaft verlieren. Wenn den Menschen nicht die Überzeugung an die Kraft der eigenen geistigen Fähigkeiten vermittelt wird, der ihnen den Zugang zu einem positiven Lebensentwurf ermöglicht, wenn ihnen die Kenntnis um den eigenen Wert in seinem historischen und politischen Kontext nicht glaubhaft wird, verlieren wir sie an die Heilsversprecher. Menschen brauchen eine überzeugende Leitidee als Orientierung in ihren existenziellen Fragen, die sie sich durch ihre Kenntnisse im historischen, philosophisch theologischen Kontext für sich erwerben und mit deren Hilfe sie zu einer differenzierten Weltsicht gelangen können. Bleiben sie in einem geistigen spirituellen Vakuum ohne Ordnung und Führung , werden sie verführbar durch die militanten Vereinfacher, die statt freier Geistesentfaltung die machtvolle tödliche Gewalt zum Prinzip erheben. Damit den Chancenlosen, die an der Undurchlässigkeit im Bildungs- und Gesellschaftssystem verzweifeln, das Bodybuildingstudio nicht als einzige erfolgversprechende Bildungstätte und die Fightclubs nicht als einzige Möglichkeit zur Bestätigung ihrer Fähigkeiten erscheinen, müssen die Bildungseinrichtungen so ausgestattet sein, damit sie kompensatorisch wirksam, reelle Aufstiegsmöglichkeiten schaffen und Orientierung geben. In den Kindergärten und Schulen öffnen sich die Zugangswege zu einem konstruktiven Lebensentwurf, hier entwickeln sich die individuellen Fähigkeiten und der Glaube an die Besonderheit jedes Einzelnen, der ihn einen Ort findet lässt, an dem er in seiner Einzigartigkeit unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe und Herkunft wertgeschätzt wird. Each life matters. Vielleicht braucht es eine neue Leitidee in der Größenordnung für die der 14. Juli steht. Die Finanzmärkte haben sich längst globalisiert, der Terror wird grenzenlos um den Erdball getragen und zielt auf die Sicherheit in unserem Leben, also muss sich auch das menschliche Prinzip globalisieren. Wenn den Franzosen und allen Menschen aus der Trauer wieder Trost erwächst und der Glaube wiederkehrt, dass eine Idee etwas bewegt, hilft der Blick auf dieses Meer. Denn der gab schon immer die Inspiration für große Errungenschaften des menschlichen Geistes, der entlang der Küsten viele eindrucksvolle Zeugnisse menschlicher Handlungsfähigkeit geschaffen hat.“
Gerhard Kleinlützum, Psychotherapeut aus Velbert:
„Sehr schnell nach dieser furchtbaren Tat haben Herr Hollande und andere Politiker und auch die Medien von einem Terroranschlag gesprochen. Auch die FR beteiligt sich an diesem Vokabular, ohne zu diesem Zeitpunkt nähere Informationen haben zu können. Auch einige Tage später ist nicht klar, was den 31-jährigen Franzosen mit tunesischen Wurzeln zu dieser Tat gebracht hat. Ist er schwer psychisch krank? Auch wenn er innerhalb weniger Tage radikal islamistisch geworden ist, ist die Ursache dafür trotzdem noch nicht klar. Sollte er zum Beispiel eine paranoide Erkrankung oder Störung haben, geht es sehr wahrscheinlich nicht darum, dass der IS dahintersteckt, sondern darum, dass er mit seiner Situation nicht mehr klarkam. Wir müssen bei solchen Problematiken einfach davon ausgehen, dass sich Menschen von Medienberichten beeinflussen lassen, wie dass auch in Köln der Fall war bei dem Angriff auf Frau Reker oder in England bei der Ermordung von Frau Cox. Das ist keine Entschuldigung dieser Taten, verbietet uns aber eine zu schnelle Behauptung eines terroristischen Hintergrundes und fordert auf, wirklich differenzierter an die Dinge heran zu gehen. Gerade eine Zeitung wie die FR sollte sich an dieser Stelle nicht auf ein Boulevard-Niveau oder auf Stammtisch-Parolen herunter bewegen.
In meiner beruflichen Tätigkeit mache ich übrigens bei einigen Klienten die Erfahrung, dass sie durchaus beim Absetzen ihrer Neuroleptika in der Lage sind, zu „geistigen Amokläufern“ zu werden. Des Weiteren gibt es die Beobachtung, dass Menschen mit Suizidabsichten durchaus mit dem Gedanken spielen können, andere mit in den Tod zu reißen.“
Wir haben bis vor kurzem hier im Bloog das Thema Direkte Demokratie diskutiert. Ein Argument war das wir in D. mit unserem System ja bisher gut gefahren sind. Wir sind dahin gefahren wo wir jetzt sind. Solange aber ein großer Teil der Menschen so denkt werden die Reaktionen derjenigen die vielleicht nicht so gut gefahren sind immer mehr zu Alltag gehören.
Die Frage „krank“ oder „politisch“ stellt sich nicht , es ist einfach beides.
Diese späteren Täter dürften immer aus Familien kommen , die nach außen hin „bürgerlich“ zu „funktionieren“ scheinen , nach innen aber schwere psychische Defekte aufweisen dürften , wer das Glück einer guten Familie hat , tut so etwas nicht.
Dann treffen sie auf eine Welt der Ignoranz , die nicht bereit ist , in ausreichender Weise über solche Dinge zu sprechen , und die darüberhinaus auch noch die Neigung hat , denjenigen zu treten , der ohnehin schon angezählt ist , das Ganze staatlich unterstützt durch den repressiven Umgang mit den Angeschlagenen.
An dieser Stelle muß auch mal angesprochen werden , daß es noch eine Kraft gibt , die sich immer wieder in höchst unverantwortlicher Weise verhält , wenn solche Taten geschehen sind.
Offen gesagt , ich finde es vielsagend , wenn ein derartiger Anschlag jetzt wieder benutzt wird , um der „Männlichkeit“ die Schuld in die Schuhe zu schieben , überraschen tut es mich aber längst nicht mehr , der neue Feminismus ist längst zum Teil des Problems geworden.
An den Verhältnissen in den Familien sind Frauen genauso beteiligt wie Männer , ich habe sogar den Verdacht , daß weibliche Gewalt – das vielleicht größte Tabu in unserer Gesellschaft – eine nicht unerhebliche Rolle bei solcnen Taten spielt.
Von ähnlichen Verhältnissen sind Millionen von Menschen betroffen , fast alle aber haben das Glück , noch ein , zwei positive Faktoren im Leben zu haben, inklusive der eigenen Widerstandskraft.
Einige wenige aber finden Verhältnisse vor , wo alle Faktoren gegen sie stehen , und da ist es dann leicht , zu urteilen , wenn man das nicht selber erleben muß – man kann so ziemlich jeden zum Täter machen , wenn der Druck nur hoch genug und die Mißachtung entsprechend ist.
@ hans
„Wir sind dahin gefahren wo wir jetzt sind.“
Wie ich schon sagte: Die Zustände sind bei uns nicht perfekt, aber sie sind besser als anderswo. In Deutschland sind solche Attentate wie in Frankreich bisher nicht passiert. Wenn man jetzt nicht gerade den Würzburger Fall gegen meine These ins Feld führen will. Aber ich glaube, das passt nicht. Bronski schreibt es ja: Die französischen Vorstädte sind Orte der Chancenlosigkeit. Dagegen ist bisher kein Referendum unternommen worden, obwohl es in Frankreich die Möglichkeit dafür gibt. Ich weiß nicht, unter welchen Bedingungen in Frankreich Referenden veranstaltet werden können, aber könnte man die Regierung dort nicht per Referendum zwingen, eine Politik zu machen, die dieser Chancenlosigkeit abhilft? Will das keiner, oder warum ist es bisher nicht gemacht worden?
Mir ist es nun genug der Medienheuchelei.
Alle hecheln der Nachricht hinterher und beschreien, daß Gewalt keine Wirkung haben darf.
Aber ihr selbst, ihr „Medien“, verhelft der Gewalt zur Wirkung und stiftet zu Gewalttaten an, weil ihr deren Motvie überhöht und euren eigenen Interessen unterwerft. Gewalt ist nicht politisch, sie ist kriminell. Ihr aber nehmt sie dankend auf und konstruiert Helden.
Ich äußere mich jetzt hier zum letzten Mal und dann verlasse ich alle diese verlogenen Diskussionen:
Die Medien heucheln sich durch die Frage, ob Gewalt politisch sein darf, nur damit hindurch, daß Gewalt den Zielen dienen darf, die sie selbst für gut erachten. Der Rest ist wohlfeile Sensation und lasche Rechtfertigung durch „Berichtspflicht“. Eine klare Haötung wäre ja mal, sich zu weigern, über Gewalt zu berichten.
Medien, die Bekennerschreiben veröffentlichen oder Terrorvideos zulassen sind Teil des Terrors!
Sie sollten sich fragen, warum sie das sein wollen.
Mir langt’s.
Mein Sohn hatte mich gebeten, zum Osterbesuch nicht, wie üblich, die Bahn, sondern wegen der Terrorgefahr besser das Auto zu nehmen. Uns beiden war natürlich sofort klar, wie abwegig dieser Vorschlag war; denn die Wahrscheinlichkeit, in einen Verkehrsunfall zu geraten, ist um ein Vielfaches höher als Opfer eines Terroranschlags zu werden.
Fast 3.500 Menschen haben 2015 in Deutschland bei Verkehrsunfällen ihr Leben verloren, ohne dass ein Aufschrei durch die Medien gegangen wäre. Nachdem durch sicherere Autos die Opferzahlen früherer Jahre halbiert worden sind, gehört der Verkehrsunfall zu unserem kaum noch beachteten Lebensrisiko.
Nach den Ereignissen von Paris, Brüssel, Nizza und Würzburg und der mittlerweile mit Routine demonstrierten Machtlosigkeit der Sicherheitsverantwortlichen werden wir auch den terroristischen Anschlag als Lebensrisiko einordnen müssen. Der damalige Bundespräsident Rau hat nach dem 11. September 2001 gesagt: „Das beste Mittel gegen den Terrorismus ist eine gerechtere Welt.“ Nur das ist die Lösung, aber sie ist nicht erreichbar, 300 Jahre Kolonialismus und Ausbeutung der Welt durch die Europäer und US-Amerikaner lassen sich nicht einfach wegwischen. Gelänge es uns, Terroranschläge mit mehr Gleichmut zu ertragen, würden wir den Terroristen ihre wichtigste Waffe nehmen: den Medienrummel.
Ich würde die ‚Männlichkeit in der Krise‘ auch nicht überstrapazieren. Dazu habe ich mich bereits schon zu Orlando geäußert. Die soziale Frage (s.o.) bleibt beim Suchen nach Gründen ganz oben auf der Rangskala. Man muss jetzt auch nicht bei jedem neuen Attentat, die Ursachenforschung neu aufrollen. Das Wesentliche ist bekannt und schon zigmal ausgesprochen. Die Gesellschaftspolitik bleibt hartnäckig stillstehend.
@Malyssek
Du meine Güte, wo kommt jetzt das her?
Gewalt ist ganz und gar unmännlich, sie ist ein Zeichen von Schwäche und Orientierungslosigkeit, auch von Haltlosigkeit und mangelhafter Selbststeuerung und fehlender Ethik.
Gewalt ist weder männlich noch weiblich, sie ist eher ein Ausdruck unentwickelter Identität und Hilflosigkeit, auch im Sinne von mangelhafter Persönlichkeitsentwicklung.
Gewalttäter sind weder männlich, noch weiblich, sie sind selbstfremd.
Antwort an BvG.
Ich beziehe mich auf die Aussagen von Susanne Alpers (s.o.). Das Weitere zu ‚Krise der Männlichkeit‘ ist von mir im frblog Orlando nachzulesen.
Oh geil,
nun gehts wieder rund, Blut, Scheiß und Tränen und die Medien sind dabei, Twitter (Gezwitscher!) über Bluttaten von Mistkerlen.
Live Blogs bei 1und1, Zeit online, bei der FR Aktuelles… mit Bildern Im Fernsehen sowieso und so weiter und so weiter.
Nach Charlie Hebdo war der Stift ein Symbol für friedliche Kritik, jetzt wird er ein Symbol des Terrors.
Gladbeck läßt grüßen.
Zum Kotzen
zu @ Stefan Briem
Kein Mensch wird sagen das mit Direkter Demokratie alle Probleme zu lösen sind, aber gut gefahren ist die BRD bis zur Wiedervereinigung. Seit dem das konkurrierende System zusammengebrochen ist sind immer mehr Fehlentwicklungen im Gang. Lobbyisten gewinnen immer mehr an Einfluss und es häufen sich seltsame Entscheidungen. Jetzt kann man darüber diskutieren was man etwas tun kann um diese Entwicklung zu stoppen. Sie einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen hilft auf jeden Fall nicht.
Das Frankreich öfter betroffen ist bisher könnte durchaus ganz simpel an der Sprache liegen. Französisch wird in Nordafrika auch oft gesprochen. Das erleichtert vieles.
Das wir da im Moment am aufholen sind sollte zum Teil daran liegen das wir es Terroristen einige Monate sehr leicht gemacht haben nach D. zu kommen. Vor einigen Monaten habe ich das einfach logisch genannt. Nach den heutigen Ereignissen habe ich den Verdacht das es leider so ist.
@IS
#München
Ihr dreckigen Schweine.
zu @ BvG
Bomben von NATO Staaten sind übrigens auch weder sozial oder gerecht und treffen viele Unschuldige. Wir befinden uns im Krieg. Jede Partei kämpft mit ihren Mitteln und D. ist als einer der großen Waffenhändler der Welt mitten drin. Wir haben eine Demokratie und das Volk könnte was ändern, aber Direkte Demokratie will man ja nicht weil wir so wie es ist gut fahren. Das Ganze ist halt nicht so einfach leider.
@hans
Ja, leider, aber manchmal weiß man auch nciht weiter.
Ich zum Beispiel wundere mich sehr darüber, daß wir täglich mit Horrobildern überschwemmt werden und daß auf Zigarettenschachteln Warmhinweise und mittlerweiele auch Schockbilder zu sehen sind.
Hängen solche Horrorbilder in den Chefetagen der Waffenhersteller und Zigarettenproduzenten?
Werden diese regelmäßig gezwungen, die Wirkungen ihrer Produkte anzuschauen?
„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“?
Nein, ich frage die Hersteller. Bezeichnend ist, daß diese kein Wort über solche Vorkommnisse verlieren. Und dann kommt regemäßig das Drogenhändlerargument: „Ich habs ihm bloss verkauft, genommen hat er’s selbst!“
@ hans
„D. ist als einer der großen Waffenhändler der Welt mitten drin. Wir haben eine Demokratie und das Volk könnte was ändern, aber Direkte Demokratie will man ja nicht weil wir so wie es ist gut fahren.“
Das ist eine billige Klage. Erstens könnten Sie die Linkspartei wählen. Die will den Waffenhandel auch nicht. Zweitens können Sie eine Online-Petition eröffnen oder sich einer anschließen. Sie können drittens eine Bürgerinitiative gründen oder sich einer anschließen, die sich gegen den Waffenhandel engagiert. Sie haben viele Möglichkeiten.
Es gibt gute Gründe, beim Waffenhandel gut hinzusehen. Auch ich habe Zweifel daran, ob das wirklich alles richtig läuft. Man muss dabei aber auch sehen, dass die Sache eine zweite Seite hat. Ich bin der Meinung, dass man der Rüstungsindustrie eine Existenzgrundlage lassen muss. Wer weiß, ob wir ihre Fähigkeiten vielleicht noch brauchen werden. Deswegen bin ich auch gar nicht so sicher, ob ein Referendum gegen Waffenexporte wirklich eine klare Mehrheit finden würde, aber das ist eine rein theoretische Überlegung, weil wir nämlich kein Referendum bekommen werden. Auch hier meine ich: Gut so, im großen und ganzen.
Man müsste aber besser darauf achten, dass deutsche Waffen nicht in die Hände von Kriegstreibern geraten. Nur: Wie will man das machen? Die Gefahr ist real, dass das über Zwischenhändler doch passiert, aber das haben wir Deutschen nicht in der Hand. Daran wird kein Referendum etwas ändern. Ich glaube nicht, dass sich an den Problemen in der Welt etwas ändern würde, wenn wir Deutschen restriktiver mit den Waffenexporten umgehen würden. Die Deppen vom IS nehmen ohnehin lieber die AK-47 (Kalaschnikow). Die meisten unserer Waffenexporte gehen ohnehin in EU- oder Nato-Staaten sowie nach Israel. Der starke Zuwachs im Jahr 2015 ist, so weit ich weiß, auf „Sammelausfuhren“ zurückzuführen, bei denen deutsche Unternehmen als Zulieferer einzelner Teile beteiligt waren.
zu @ Stefan Briem
Sie antworten mir zwar immer, aber in Wirklichkeit weichen sie mir aus. Meine Kernaussage ist das D. seit der Wiedervereinigung langsam aber immer mehr die Richtung wechselt und zu einem von Lobbyisten beherrschtem System wird. Sehen sie das auch so? Wenn ja, dann stellt sich die Frage: Was kann man dagegen tun. Ich sage Elemente der Direkten Demokratie würden da helfen. Was sagen sie? Wenn nein dann begründen sie das bitte. Vielleicht fällt ihnen ja eine Entscheidung mit Tragweite ein die richtig ist ich habe da so inzwischen meine Probleme.
Ob die Trojaner auch das Tor geöffnet hätten wenn sie gewusst hätten das sich im Pferd Soldaten verstecken?
@ hans
Erklären Sie bitte, was Sie mit Ihrer Bemerkung von 25. Juli 2016 um 17:06 sagen wollen. Sie steht da ziemlich zusammenhangslos.
Das ist das was ich heute Morgen gedacht habe als ich im Autoradio von dem neustem Anschlag gehört habe den ich in einer Linie mit Nizza sehe. Es war wohl vorhersehbar das unsere Kriegsgegner die Möglichkeiten der ungebremsten Zuwanderung nutzen werden wie wir sie letzten Herbst und Winter angeboten haben. Das soll jetzt ausdrücklich keine Wertung sein. Alles andere hätte mich auch überrascht. Es wird spannend sein zu sehen wie es weiter geht und wie hoch der Preis ist den wir dafür zahlen müssen. Ich hoffe sehr das ich mich täusche.
@ hans
Kommentare, die alle Flüchtlinge in Sippenhaft nehmen für Taten Einzelner, werte ich als hetzerisch. Ihre Metapher vom Trojanischen Pferd tendiert in diese Richtung. Auch AfD-Slang wie „ungebremste Zuwanderung“ ist grenzwertig.
Sie sehen die Anschläge von Nizza und Neu Ansbach in einer Reihe. Ein interessanter Gedanke, den Sie aber noch ein bisschen ausführen sollten. Mohamed Salmene Lahouaiej Bouhlel, der Attentäter von Nizza, lebte seit 2005 in Nizza. Mohammed Daleel, der Attentäter von Neu Ansbach, lebte seit zwei Jahren dort. Keiner der beiden kam mit der „ungebremsten Zuwanderung“, auch Riaz Khan Ahmadzai nicht, der Attentäter von Würzburg, dessen Einreise nach Deutschland am 29. Juni 2015 registriert worden ist. Sowohl Lahouaiej Bouhlel als auch Daleel sind polizeilich auffällig gewesen, waren aber anscheinend nicht sonderlich religiös. Daleel war in einer schwierigen Situation, weil sein Asylantrag abgelehnt wurde. Da aber in ein Kriegsland wie Syrien nicht abgeschoben werden darf, war er seit der Ablehnung in Deutschland geduldet. Lahouaiej Bouhlel hingegen hatte eine Aufenthaltsgenehmigung bis 2019. Wie sieht die Linie zwischen Nizza und Neu Ansbach aus?
Das liegt doch auf der Hand. Das sind alles Menschen bei denen die Integration gescheitert ist. Außerdem habe ich nicht alle Flüchtlinge in Sippenhaft genommen sondern es als wahrscheinlich genannt das der IS eigene Leute unter der Masse der Flüchtlinge hat. Es nutzt relativ wenig diese Möglichkeit einfach zu leugnen. Übrigens glaube ich das die Integration der Masse der Flüchtlinge in den nächsten Monaten am Arbeitsmarkt scheitern wird. Mit welchen Folgen auch immer.
@ hans
Niemand hat jemals geleugnet, dass die Gefahr besteht, dass der IS Leute unter den Flüchtlingen haben könnte. Die populistische Vereinfachung aber „Einer IS, alle IS“ wird hier nicht geduldet. Sie haben das ja nun klargestellt, dass Sie es so nicht gemeint haben.
@ hans vom 25. Juli 2016 um 16:43
Was soll direkte Demokratie gegen Lobbyisten bewirken? Damit werden Sie die Intransparenz nicht beseitigen. Direkte Demokratie kann nur funktionieren, wenn fundiertes, sachliches Informationsmaterial vorliegt und alle Wählerinnen und Wähler diese Informationen nutzen, um sich möglichst umfangreich ein Bild zu machen. Das wird eine sehr große Zahl der Menschen aber nicht tun. Ich behaupte: Die Mehrheit wird nach ihrer Stimmung abstimmen und solche Referenden nutzen, um die Regierung zu bestrafen, so wie es vor kurzem in den Niederlanden mal wieder passiert ist. So macht der Souverän sich auf Dauer nur lächerlich.
Gegen Intransparenz hilft nur Transparenz. Lobbycontrol und Abgeordnetenwatch sind Organisationen, die dafür eine Menge leisten. Außerdem wäre es die Aufgabe der Medien, Mauscheleien aufzudecken. Hier und da passiert das auch, siehe Flughafen Hahn und Nürburgring.
Letztlich finde ich es aber gar nicht so schlimm, dass es Lobbyisten gibt. Sie können sogar nützlich sein. Und dass sie ihrer eigenen Sache schaden können, wenn sie es mit der Einflussnahme übertreiben, zeigt das Beispiel VW bzw. deutsche Autoindustrie. Ihr zuliebe hat die deutsche Regierung sich in Brüssel gegen schärfere Abgasnormen stark gemacht und sich auch durchgesetzt. Das hat den Innovationsdruck von den Herstellern genommen und mit in die Dieselkrise geführt.
Hier wird deutlich, warum man bestimmten Leuten nicht zu viel Macht geben sollte:
http://www.ndr.de/info/sendungen/kommentare/Trump-Waehler-sind-eine-Gefahr-fuer-die-Demokratie,uswahl206.html