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Forum vom 16. August 2023
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Scheuer müsste haftbar gemacht werden können
Ist Andreas Scheuer schadenersatzpflichtig? Als der damalige CSU-Verkehrsminister die Entscheidung über die Einführung einer PKW-Maut in Deutschland fällte, war ihm bekannt, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) über diese Angelegenheit noch entscheidet. Ihm musste also klar sein, dass auch ein Scheitern seiner Mautpläne im Bereich des Möglichen ist. Trotzdem fällte er die Entscheidung, die Pkw-Maut in Deutschland einzuführen. Bei Beamten und Beamtinnen wäre ein solches Verhalten als grob fahrlässig einzustufen.
Bei grob fahrlässigem Handeln ist nach Beamtenrecht der Beamte oder die Beamtin haftbar zu machen für sein/ihr Handeln. Es stellt sich also die Frage, ob Scheuer ebenfalls für sein Handeln haftbar zu machen ist. Mich wundert, dass in der Öffentlichkeit diese Frage nicht gestellt wird. Einen Präzedenzfall gibt es: Der damalige rheinland-pfälzische Finanzminister Deubel ist für seine Entscheidung bezüglich des Nürburgringes durch Gerichte haftbar gemacht worden.
Rainer Frank, Nieder-Olm
Wo Merzens Schärfe am rechten Platz wäre
Die CDU möchte gerne einen Untersuchungsausschuss eingerichtet sehen wegen der Rolle, die Bundeskanzler Scholz in seiner Funktion als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg in dem Geschehen um die bekannten 47 Millionen Euro gespielt hat. Und das ist auch gut so!
Aber wann endlich will sich die CDU stark machen dafür, dass dem Steuerzahler die 243 Millionen zurückgezahlt werden, die der ihrer Schwesterpartei CSU angehörende Katastrophen-Verkehrsminister Scheuer in den Sand gesetzt hat? Und dafür, dass solche Leute nicht mehr in Ämtern sitzen dürfen, wo solche Beträge verwaltet werden? Bei solchen Themen, Herr Merz, sind Ihre scharf geschliffenen Worte am rechten Platz!
Gerhard Schlesinger, Eppstein
Der Steuerzahler wird’s schon blechen
Andreas Scheuer hat den Karren in den Dreck gefahren und da steckt der Karren nun fest. Wir alle, die Steuerzahler sollen ihn wieder herausziehen, denn das neue Drecksloch dürfte schon irgendwie und irgendwo bereitstehen, und da schieben wir diesen Dreckskarren am besten gleich davor.
Alles nur Mumpitz, Humbug, Unfug. Der Steuerzahler wird’s schon zahlen, und dann ist dieser Andreas Scheuer auch schonungslos mit dabei. Wer keine anderen Sorgen hat, als diesen winzigen Pappenstiel im Wert von 243 Millionen, der hat wirklich keine anderen Sorgen!
Klaus P. Jaworek, Büchenbach
Unsere Demokratie hat Schnupfen, mehr nicht
Zu: „Kipppunkte der Demokratie“ und „Für Freiheit, gegen Hass und Hetze“, FR-Tagesthema vom 28.7. und -Meinung vom 9.8.
Unsere Demokratie steht keinesfalls am Abgrund; sie taumelt nicht wie ein schwerkranker Patient zum Notfallwagen, um kurz vor dem Kollaps in die Intensivstation eingeliefert zu werden. Unsere demokratische Staatsform mit ihrer bewährten freiheitlichen Grundordnung – die beste Staatsform, die es je auf deutschem Boden gegeben hat – ist weit von einem „Kipppunkt“ entfernt; er ist definiert als „kritischer Grenzwert, an dem eine kleine zusätzliche Störung zu einer qualitativen Änderung im System führen kann“. Ein Blick auf die repräsentativen Umfragen zum Parteienspektrum zeigt: Allen Unkenrufen zum Trotz steht unsere Demokratie auf festem Boden. Ihre Fundamente sind stabil. Ihr Immunsystem ist stark: die Selbstheilungskräfte dieses Systems sind dem akuten „Schnupfen“ durchaus gewachsen. Dubiose Kurpfuscher sind überflüssig. Unsere Demokratie ist weitaus stärker als selbsternannte Realisten meinen. Sie ist keinesfalls schwach, wie manche hoffen.
Gerhard Schuler, Kelkheim
Demokratie ist Realität und Auftrag zugleich
Renan Demirkan sieht in ihrem Gastbeitrag Hass und Hetze, verbreitet bei AfD-Wählern, ganz schlüssig als Gefährdung der Demokratie. Sie fordert dazu auf, 1000 Ideen zu sammeln für ein selbstbestimmtes Ich, ein respektvolles Wir. Voilá, hier zu meiner Idee.
Viel ist zu hören von Unzufriedenheit mit der Demokratie. Bloß wird nicht sondiert: mit zu viel oder zu wenig Demokratie? So richtig selbstzufrieden können konsequente Demokraten nicht sein: es fehlt an Wirtschaftsdemokratie und an solcher sozialer Gerechtigkeit, die für alle Bürger sicher stellt, dass sie, statt durch Existenznöte absorbiert zu sein, den Kopf frei haben für Mitbestimmung, Partizipation, politische und kulturelle Teilhabe.
Die offene, plurale Gesellschaft ist für die Einzelnen mehr oder weniger offen, je nach materieller Ausstattung, Bildungsstand und sozialer Anerkennung. Die Demokratie ist sowohl Realität als auch konkrete Utopie, Auftrag! Sie ist nicht nur von Rechts gefährdet.
Was hilft? Gemeinwohl-Ökonomie auf der Basis von erweiterter Mitbestimmung, materielle Besserstellung der unteren 25 Prozent, gleicher Respekt.
Klaus Philipp, Darmstadt
Wir müssen die Besten und Reichsten sein
Ökonomische Flaute in Deutschland und EU: „Schwächelnder Riese“, FR-Wirtschaft vom 1. August
Die deutsche Wirtschaft klagt über eine Flaute und fordert Maßnahmen von der Regierung um das Wirtschaftswachstum wieder anzutreiben. Bei den großen Unternehmen sei es nicht so schlimm, wie beim Mittelstand. Dazu beklagen die Verbraucher hohe Preise und befürchten Wohlstandsverlust und Verarmung. Gleichzeitig machen die Einzelhändler Gewinne, obwohl der Umsatz sinkt. Dass die Stimmung schlecht ist, wundert nicht. Warum?
Wir haben die Folgen der Coronakrise zu verkraften. Unsere Hauptenergieversorgungsader wurde gekappt und wir haben immense Ausgaben für Rüstung, Ukrainehilfe und einen Einwohnerzuwachs von über zwei Millionen. Hat alles viel Geld gekostet. Da hätte der Weiterbetrieb von drei Kernkraftwerken auch nicht viel gerissen.
Fakt ist doch: Wer durch diese Ereignisse Verluste erlitten hat, kann sie entweder ausgleichen oder nicht. Nicht ausgleichen können alle, die wirtschaftlich abhängig sind, aber diese Abhängigkeit nicht weitergeben können (Arbeitnehmer, Rentner, Kinder, Studenten). Sie haben jetzt weniger in der Tasche.
Alle, die Verteuerung weitergeben können (Produzenten, Dienstleister) können die Preise erhöhen, was sie auch reichlich getan haben, und so den Wohlstandsausfall schnell wieder ausgleichen. Überreizen sie, droht allerdings Insolvenz, denn die Abhängigen werden weniger konsumieren.
Ich glaube, dass eine grundsätzliche Neuausrichtung der Wirtschaft drigend erforderlich ist. Der Wachstumsindikator BIP als „heilige Kuh“ des Wohlstandes sollte in Frage gestellt werden und durch einen Indikator ersetzt werden, der auch das Lebensglück der Menschen mit einbezieht. Geld und Konsum ist doch nicht das alleinige gute Leben. Es gehört so viel mehr dazu, um sich wohl zu fühlen und das ist nicht unbedingt käuflich (intakte Natur, soziale Verbindungen, gute Infrastruktur, usw.)
Oft höre ich in meinem Umfeld: „Die Regierung macht alles falsch. Mit unserer Wirtschaft geht es bergab. Aber eigentlich, verglichen mit der übrigen Welt, geht es uns ja ganz gut – wir jammern auf hohem Niveau.“ Müssen wir wirklich immer die Ersten, die Besten, die Reichsten sein?
Rosemarie Pfeiffer, Gelnhausen
Ab in den Ruhestand
„E-Rezept“: „Lauterbach will weg vom Papier“, FR-Wirtschaft vom 10. August
Das E-Rezept als „frohe Botschaft“? Leider übernimmmt der FR-Kollege die Lauterbachsche Argumentation. Ist das klassische, jahrzehntelang bewährte rosa Rezept wirklich ein Hauptproblem unseres Gesundheitswesens? Beispielsweise schafft es der Minister seit Monaten nicht, dass wichtige Medikamente wie Penicillin zur Verfügung stehen. Dadurch haben die Patienten echte Nachteile, weil auf schlechtere Alternativen zurückgegriffen werden muss.
Das E-Rezept wird keine wesentliche Vorteile für Patienten bringen. Die Praxen werden ebenfalls nicht erleichtert und werden noch abhängigiger von sehr teuren und nicht immer sicher laufenden Systemen. Welche Lösung gibt es für Rezepte, die bei Hausbesuchen verschreiben werden? Aber der Arzt, der noch Hausbesuche macht, ist in diesem System ja sowieso der Depp. Profitieren werden Softwareindustrie und Krankenkassen. Und dann wandern unsere Verordnungs- und Gesundheitsdaten noch an die Pharmaindustrie weiter. Ob die für dieses Geschenk dann wohl wenigsten bereit sein werden, uns auch wieder mit Medikamenten zu versorgen, deren Gewinnspannen nicht ihren Zielen entsprechen?
Da verabschiede ich mich doch lieber zum Quartalsende in den vorzeitigen Ruhestand.
Dr. med. Peter Koswig, Korbach
Forum vom 17. August 2023
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Das Antidemokratische kehrt zurück
Björn Höcke: „Belehrungen statt Antworten“ und „Das soziale Deutschland ist empört“, FR-Politik vom 10. und 12. August
Der Empörung über die Auslassungen des Faschisten Höcke gegen Menschen mit Behinderungen, Migranten und geflüchteten Menschen schließe ich mich voll und ganz an. Zugleich bin ich maßlos verärgert über eine Politik, die den Rechtsextremisten immer wieder Steilvorlagen für ihre perfiden, menschenverachtenden Statements gibt, indem sie soziale Politik aushöhlt, kaputtspart und nur halbherzig umsetzt. Lindners Handhabung der Schuldenbremse, die sich genau gegen diese Personengruppen richten – sowohl gegen das Klientel, als auch die Fachkräfte – heizt diese üble Politik weiter an. Wenn es in der Regelschule oder in der Kita permanent an Personal fehlt, kann eine Inklusion nur schwer gelingen. Außerdem: Könnte es nicht sein, dass Behinderte sich besser in Einrichtungen entfalten mögen, wo individuell auf sie eingegangen wird, statt sich in der Regelschule bei fehlendem Personal zu langweilen? Könnte es nicht sein, dass Zweijährige noch gar nicht in die Krippe wollen? Wenn diese Regierung Sozialpolitik sagt, aber unter der Hand Arbeitergeberpolitik meint, denn beide Elternteile sollen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, dann muss sie sich nicht wundern, wenn Rechtsdraußen gierig noch mehr davon will, mehr Abschiebungen, mehr Sparpolitik gegen Minderheiten, mehr Profit, damit auch mehr für sie selbst abfällt, aber weniger Demokratie.
Ich gestatte mir eine Wortklauberei um der Sache willen: Nicht die Demokratie schwächelt, genauso wenig wie das Klima. Das Menschengemachte gegen Demokratie und Klima sind das Problem. Schon Adorno hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das Antidemokratische immer wieder zurückkommt, wenn wir die Ursachen, das Unsoziale – in diesem Fall das Soziale, was in der Umsetzung auf halbem Weg stecken bleibt – beseitigen.
Robert Maxeiner, Frankfurt
Die AfD zu stoppen heißt, Deutschland zu retten
Der eine knüpft gedanklich an die Euthanasie der Nazis an, der andere knüpft gedanklich daran an, dem Führer Kinder zu schenken. Wer noch immer nicht mitbekommt, wes Geistes Kind die Führer der AfD sind, der muss komplett die Geschichte ausgeblendet haben!
Was die Nazis zwischen 1933 und 1945 gemacht haben, darf sich nie, nie, nie wiederholen! Daher sollte niemand die Partei wählen, die die Gedanken der Nazis toll findet, anno 2023 neu aufgreift und auch noch breit über die Medien streut.
Behinderte Menschen haben zu 100 Prozent die gleichen Rechte wie jeder andere auch. Und sie bereichern eine Gesellschaft, wenn man sie ganz natürlich als Teil der Gesellschaft respektiert. Und bitte schenkt dem Führer nicht wieder Kinder! Niemand braucht mehr Deutsche! Wenn wir hier zu wenige Kinder haben, holt hungrige Familien nach Deutschland und bildet diese hungrigen Menschen gut aus. Damit ist Deutschland bestens gedient. Die AfD zu stoppen, heißt, Deutschland zu retten!
Stefan Bluemer, Essen
Gesundheitswesen mit zwei Klassen
Digitalisierung: „Lauterbach will weg vom Papier“, FR-Wirtschaft vom 10. August
Seit längerer Zeit plagen mich Schulterbeschwerden und ich war beim Orthopäden. Nach einer Cortison Spritze gegen die vermeintliche Gelenkentzündung trat keine Besserung ein. Daraufhin wurde mir ein MRT. Im Juni rief ich dann im Ärztehaus der Adickes Allee an, dort waren wegen Überbelegung alle Termine für Kassenpatienten gesperrt!?! Ich könnte einen Termin im PartnerMRT in Darmstadt haben für Anfang September!? Also das MRT Zentrum an der Oper angerufen, die nehmen keine Kassenpatienten. Dann das MRT an der Mainzer Landstrasse und nach einigen Angaben wie Kassenpatient Ja/Nein etc… durch die Ansage geschafft, nimmt spontan eine Dame das Gespräch an. Ich wollte schon wegen eines Termines fragen, als aus dem Hintergrund eine andere Dame rief: „Auflegen, Auflegen“! Schwupps, war aufgelegt – das wars. Auch die Techniker Krankenkasse war auf Anfrage nicht in der Lage, mir im Umkreis von 25 km von Ffm einen zeitnäheren Termin als Anfang September zu besorgen. Inzwischen habe ich mir selbst am 10.8. einen Termin im Bethanien Krankenhaus ergattert. Interessant auch: Bei einigen MRT Stellen muß man online als Kassenpatient den Arzt, die genaue Diagnose angeben – parallel als Privatpatient gar nichts?!?
Frage an unseren Gesundheitsminister: Was soll das? Werden Ärzte nicht auch von unser aller Steuern ausgebildet? Wieso gibt es 2 Klassen bei der Gesundheit und damit auch die Diskriminierung bei der Terminvergabe von Arztterminen? Warum haben wir nicht nur eine (1, nicht hunderte, die sowieso das Gleiche machen) gesetzliche Kasse mit einem sinnvollen Basisschutz für alle? Das würde hohe Kosten einsparen und wäre bei einer vernünftigen Bezahlung der Leistungen fair!
Thomas Kiefer, Frankfurt
Onlinehandel transportiert vor allem Luft
Verpackungsverordnung, Onlinehandel: „Mehrfach retour“, FR-Wirtschaft vom 25. Juli
Die Europäische Union hat eine neue Verpackungsverordnung auf den Weg gebracht und will damit die Menge von Verpackungsmüll im Onlinehandel reduzieren. Das ist sicher positiv und anerkennenswürdig, wären da nicht wieder die naheliegenden Aspekte dieses Problems, die offenbar unberücksichtigt bleiben. Das (Umwelt-) Heil wird bevorzugt in neuen Mehrwegsystemen gesucht und gesehen, ob in der Gastronomie oder jetzt im Onlinehandel, während das jahrzehntelang erfolgreich praktizierte Mehrwegsystem im Getränkehandel weiter kontinuierlich ‚geschleift‘ wird.
Unberücksicht bleibt bei der Initiative der EU der grobe Unfug der Händler, übergroße Kartons zu verwenden und diese mit Polstermaterial – Styropor, Luftpolsterfolie oder gerne auch Papier – aufzufüllen. Offenbar wird kein Gedanke darauf verwendet, die Versender zu zwingen, einigermaßen passende Versandverpackungen zu nutzen oder – wie Frank Düssler vom BEVH plädiert – die Produktverpackung auch als Versandverpackung zu verwenden. Die Produktverpackungen sind zweifellos als Versandverpackungen geeignet, aber sie müssten dann etikettiert werden und würden auf dem Transport ‚ramponiert‘, so dass das Produkt (speziell nach einer Retoure) nicht mehr neuwertig erscheint, auch wenn es das tatsächlich noch ist. Allein deshalb hat dieser Vorschlag aus meiner Sicht keine Chance auf Realisierung. Aus Ersparnisgründen gewählte übergroße Verpackungen bedeuten schließlich, dass in den Transportsystemen (Containern, LKW, Zustellfahrzeugen) sinnfrei jede Menge Luft transportiert wird. Aktuelles, persönliches Bespiel: Ein kleines Fläschen Tiermedikament in einem Karton mit Platz für zwei Stapel Kopierpapier! Der Rückversand einer leeren Mehrwegbox wäre im Übrigen nichts anderes: Nur ein Transport von Luft.
Und noch ein weiterer Aspekt gehört zu diesem Problem dazu: Nämlich – ich kann es nicht anders nennen – die Idiotie, alle auch noch so robusten und ‚unkaputtbaren‘ Einzelteile eines Produkts innerhalb der Produktverpackung jeweils in Plastiktüt(ch)en zu stecken. Egal, ob Einzelteile für den neuen Staubsauger oder das Stromanschlusskabel! Wer wäre in der Lage, diesen großen Unfug zu reduzieren? Der aber natürlich nichts mit dem Onlinehandel zu tun hat und sich ja genauso darstellt, wenn man das Produkt vom Geschäft mit nach Hause nimmt.
Bernfried Kleinsorge, Egelsbach
Rechtlos und geknechtet
Frauen in Afghanistan: „Ausradiert“, FR-Titel vom 14. August
Dank an die FR-Redaktion für die Gestaltung der Titelseite vom 14.August. Mit einem sehr aussagekräftigen Foto und einem klug informierenden und differenzierenden Text prangert sie die Menschen verachtende, namentlich Frauen unterdrückende Politik der radikal islamischen Taliban an. Aus Gründen der Kürze will ich nur die Absurdität islamischer Kleidersitten und das sich darin eingehen, reaktionäre Menschenbild hervorheben. Es lebt von einer grandiosen Vorrangstellung des unemanzipierten Mannes und einer nahezu rechtlosen und geknechteten Rolle der Frau .
Innerislamisch ließe sich dagegen folgendermaßen argumentieren: Allah als der allweise und allbarmherzige hat die Menschen mit ihren Attributen geschaffen, an denen demnach nichts Verwerfliches zu beanstanden wäre. Die Verhüllung der spezifisch weiblichen Körperformen, mindestens aber des Haupthaares , deren Exzess die Burka ist, kann sie vom Schöpfer gewollt sein? Die Knöchel langen Gewänder, die sich muslimische Frauen auferlegen, sind eine Gotteslästerung.
Joachim Kahl, Marburg
Behindert bei Fernreisen
Bahn: „Eine Reise mit Barrieren“, FR-Panorama vom 14. August
Man muss nicht ein „Mensch mit Behinderung“ sein, um von der DB, besonders bei Fernreisen behindert zu werden. Der Einstieg in einen ICE mit einem Koffer ist wegen der hohen Stufen, die es bei diesen Zügen immer noch gibt, kaum möglich. Früher gab es da hilfsbereite Bahnbeamte, aber heute kriegt man von Bahnmitarbeitern zu hören:„Reisende sollen nur das Gepäck bei sich haben, mit dem sie allein fertig werden“! Das habe ich von einer Reihe von Zugbegleitern derart stereotyp gehört, dass mein Eindruck ist, dass die Bahn in solchen Ausreden schult. Die Erfindung von Rollkoffern war ein großer Fortschritt für das selbstbestimmte Reisen von alleinreisenden Frauen und älteren Menschen – man kommt auch mit schweren Koffern problemlos zurecht. Dies wird jedoch durch die Stufen am Einstieg und natürlich durch die immer noch zahlreichen Treppen in Bahnhöfen verhindert. Wie die oben zitierten Ausreden zeigen, stehen jedoch einer ‚Teilhabe am gesellschaftlichen Leben‘ ALLER nicht nur technisch-bauliche Probleme entgegen, sonder auch die neoliberal-zynische Mentalität bei der Deutschen Bahn.
Monika Lammers-Goebel, Frankfurt
Ich warte noch immer auf die Entschädigung
Nicht immer ist die Deutsche Bahn zuverlässig-unpünktlich, aber dann doch: An einem Tag von Kiel, Umweg über HH-Altona nach Berlin, dort Museumsbesuch und zurück – die Züge waren pünktlich! Aber auf eine Entschädigung für eine Verspätung, weil der Zug von Kiel nach Mannheim überhaupt nicht fuhr, warte ich seit einem Monat.
Dieter Hartwig, Kiel
Forum vom 18. August 2023
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Eine beständige Gefahr für die USA und die Nato
Gegen Ex-US-Präsident Trump laufen jetzt vier Verfahren: „Dreizehn Verstöße in Georgia“, FR-Politik vom 16. August
Wenn ein russischer Bürger den wahnsinnigen Versuch machen würde,Wladimir Putin zu stürzen,so stände er wohl wenigstens eine Woche später vor Gericht und würde eine Woche später zu lebenslänglichem Straflager verurteilt werden.Donald Trump läuft drei Jahre nach seinem Umsturzversuch immer noch frei herum und strebt mit Hilfe seines sozialen Netzwerkes „Truth Social“nach einer stetigen Vergrößerung seiner hasserfüllten Anhängerschar mit dem Zwecke, aus der nächsten Präsidentenwahl noch einmal als Sieger hervorzugehen.Der Mann ist nicht nur ein Schwerkrimineller,sondern eine beständige Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika.Trotzdem hat es die amerikanische Justiz noch nicht einmal fertiggebracht,den Mann von einer Kandidatur bei den nächsten Präsidentenwahlen auszuschließen. Wieso?Weshalb? Der frühere amerikanische Präsident Calvin Coolidge hat es auf den Punkt gebracht.Zitat: „Das Geschäft Amerikas ist es,Geschäfte zu machen!“ Donald Trump dürfte finanziell so gut ausgestattet sein,dass er sämtliche Rechtsanwälte der USA einspannen kann, um bei den zuständigen Gerichten einen Aufschub nach dem anderen bei der Vorbereitung der diversen Prozesse gegen ihn zu erwirken! Erfolg oder Scheitern der laufenden Gerichtsverfahren gegen Trump ist leider nicht bedeutungslos für Europa,weil Trump Interesse dafür bekundet hat, die USA aus der NATO hinauszuführen. Hoffentlich beginnt NATO – Europa jetzt schon damit, sich vorsorglich Gedanken darüber zu machen, was an dem Tage geschehen müsste,an dem Westeuropa nicht nur von Moskau,sondern auch von Washington bedroht wird!
Otfried Schrot, Hannover
Große Gefahr für die westlichen Werte
Die Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten Donald Trump sind wirklich ungeheuerlich und es ist zu hoffen, dass es zu einer schnellen und zeitnahen Verurteilung dieses Demokratie- und Menschenverächters kommt. Den Demokraten muss es gelingen in einem als historisch zu bezeichnenden Wahlkampf die unentschiedenen und wechselwählenden US-Bürgerinnen und Bürger von der Gefahr einer erneuten Wahl Trumps und der Notwendigkeit der Wiederwahl des solide handelnden Joe Biden
zu überzeugen. Es steht viel, ja sehr viel auf dem Spiel, denn Amerikas Wählerinnen und Wähler entscheiden über die innere Verfasstheit der Vereinigten Staaten genauso wie über den Zustand dieser Welt insgesamt. Angesichts der beiden Diktaturen in Russland und China käme ein neuerlicher Wahlsieg Donald Trumps einem
Suizid der positiven westlichen Werte leicht. Es darf nicht passieren, dass die USA ihre Verbündeten unter einem Präsidenten, der nur auf sein eigenes Ego fixiert ist, wie am Nasenring durch die Manege zieht und dabei auf den Werten der US-Verfassung sozusagen herumtrampelt.
Manfred Kirsch, Neuwied
Trump wird diese Verfahren überstehen
Wird es eng für Trump? Kackt der Bär ins Dixi-Klo? Ist der Papst evangelisch? Also: Nein! Dafür hat Trump zuviel Rückhalt, angefangen bei den rechtskonservativen Richter:innen im obersten Gerichtshof (die er zum Teil selbst eingesetzt hat) über seine republikanischen Parteifreunde, die alle Gerichtsverfahren gegen ihn blockieren, bis zu seiner bewaffneten klerikalfaschistischen Anhängerschaft.
Werner Huth, Ascheberg
Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre
Zu: „Sparpolitik gegen die Schwächsten“, FR-Tagesthema vom 12. August
Der Artikel beginnt mit „Es ist paradox“. Ich finde, es ist nicht nur paradox, es ist eine Schande. Da werden in Nullkommanix 100 Milliarden bereitgestellt, um „im Bedarfsfall“ möglichst schnell möglichst viele Menschen umzubringen. Und um das auch für die Zukunft sicherzustellen, will man jährlich mindestens 60 Milliarden (oder sind es 80? Ist auch egal) dafür ausgeben. Aber 100 Millionen (= 0,1 Prozent des Sonder“vermögens“), um Menschen ein Leben halbwegs in Würde zu ermöglichen – nee, das geht nicht. Typisch für die FDP ist der Hinweis auf nichtstaatliche Stellen, die mehr Aufgaben übernehmen sollen. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre. Trotzdem habe ich eine Idee. Mir geht es um die Einbehaltung von Entgeltspitzen bei Lohn und Gehalt bzw. bei der Rente und Zuführung dieser Mittel in einen Solidarfonds. Beispiel: das Nettoentgelt bzw. die Rentenauszahlung beliefe sich auf xx.134,69 Euro. Jeder Empfänger kann auf 69 Cent verzichten, ohne zu verhungern, die meisten auf 4,69 €, sehr viele auf 34,69 € und manche auf 134,69 Euro. Wenn sich von den gut 40 Mio Beschäftigten etwa 20 Mio und von den 20 Mio Rentnern acht Mio daran beteiligen würden, kämen einige hundert Millionen Euro zusammen, und die Lücke zwischen dem Bedarf und den verfügbaren Mitteln wäre um einiges kleiner. Ob sich die Gewerkschaften für eine solche Idee erwärmen könnten? Oder wollen sich die FR-Leser an ihren Arbeitgeber wenden? Ich jedenfalls werde an die Deutsche Rentenversicherung schreiben und auch an meinen früheren Arbeitgeber, der mir monatlich eine ganz ordentliche Betriebsrente zahlt. Mal sehen, was dabei herauskommt. Vielleicht bin ich ja auch nur ein verträumter alter Spinner, der immer noch Gemeinschaft, Solidarität, Anstand und ähnlich Altertümliches für wichtig hält. Was meinen Sie?
Dietrich Buroh, Frankfurt
Armut wird über Generation hinweg vererbt
Die Armut kommt von der Powerthee, sagte vor Zeiten Fritz Reuter und wollte mit dieser pleonastischen Redewendung zeigen, wie wenig Mühe man sich gab, das Phänomen der Armut in einem reichen Land zu analysieren geschweige denn ernsthaft abzugehen. Das gilt bis heute: Armut ist ein sehr komplexes Thema, sagen Politiker, wenn sie gebeten werden, Ursachen und Abhilfen zu benennen. Eigentlich gar nicht so nebulös, sondern verursacht durch externe Faktoren wie eine falsche Sozialpolitik und schwere interne, systemische Mängel, erklären Armutsforscher wie der Sozialwissenschaftler Butterwege. Fakt ist und die Statistiken des Bundesamts belegen es, dass Armut über Generationen hinweg ‚vererbt‘ wird. Nicht etwa genetisch, sondern durch die Armut -ihrer Eltern. Nicht nur ein Armutszeugnis für die Regierenden, sondern gemessen am zigfach und seit Jahrzehnten beschworenen Maßstab einer gerechten Bildungspolitik mit gleichen Startchancen für alle Kinder ein Skandal! Schon 1964, also vor etwa drei Generationen, nannte Picht solch gravierende Mängel zu Recht ‚Bildungskatastrophe‘ und einen Zivilisationsbruch. Das wirkte zunächst wie eine fatale Zeitdiagnose und progressive Kräfte sorgten in einem Kulturkampf ohnegleichen für einige Reformen wie die Einführung der Gesamtschule, die allerdings bald durch konservative gesellschaftliche und politische Kräfte eingedampft worden sind. Das Ergebnis: Im europaweiten Bildungsranking lieg die BRD im unteren Drittel, weit hinter Slowenien, Tschechien und Dänemark. Noch krasser sieht es beim relativen Armuts-Reichtumsgefälle aus, das eine Korrelation zum Bildungswesen bildet. Hier weist die BRD die größte Schere zwischen Arm und Reich auf. Es werden bei der Finanzierung von Bildung ca. 20 Milliaden jährlich notwendig sein, so übereinstimmend die Bildungsforscher. Lindner will lediglich ein Zehntel dieser Summe in den Haushalt einstellen. Und Pistorius hält die Bundeswehr, die durch Zuwächse, Aufstockungen der Soldatenstärke und Entnahmen aus dem ‚Sondervermögen‘ etwa um 80% höhere Mittel erhält, er findet sie unterfinanziert. Keine Sorge, Schulabbrecher wissen jetzt also, wo sie einen beruflich unterschlüpfen.
Jörg Sternberg, Hanau
Es gibt nichts zu leugnen oder zu verharmlosen
Sprachliche Gewalt in der Asylpolitik: „Vom Wort zur Tat“, FR-Feuilleton vom !4. August
Danke, Bascha Mika, für diesen wütenden Essay. Er spricht mir zutiefst aus der Seele. Eine menschenverachtende Sprache erzeugt menschenverachtende Taten. Da sollte es nichts zu leugnen und zu verharmlosen geben. Leider zeigen sich Politiker*innen, die diese Sprache anwenden, zudem verantwortungslos bezüglich deren Folgen. Was mich noch beeindruckt: Bascha Mika versteckt ihre Wut und ihren Zorn nicht hinter einer verschwurbelten Rationalität, sondern sagt uns mit ihren Gefühlen, wie es ist, erklärt Ursachen und Zusammenhänge und belegt diese mit Beispielen. So stelle ich mir aufklärenden und aufgeklärten Journalismus vor.
Robert Maxeiner, Frankfurt
Im Getöse des Wahlkampfs
Frau Faeser findet fast jeden Tag ein neues Thema für sich und um es dann zu teilen; und sei es noch so banal oder an den Haaren herbeigezogen. Diesmal möchte sie Clan Mitglieder abschieben, aber wie soll das gehen wenn viele von denen eine deutschen Pass haben oder staatenlose sind. Wer möchte solche Leute im Land haben (außer uns)? Stichwort Fachkräftemangel.
Ferner ist die Abschiebung Ländersache, das weiß Frau Faeser als Bundeministerin auch. Also ist das ganze Wahlkampfgetöse? Wir in Hessen sollen also SPD wählen, aber warum?
Besser wäre es doch, Frau Faeser kümmert sich um die Sicherung der Grenzen gegen illegale Einwanderung, was ja ihre Kernaufgabe wäre. Aber komischerweise sperrt sie sich dagegen vehement. Wer soll das verstehen, geschweige denn sie wählen?
Hans Jürgen Beck, Frankfurt
Immer drauf auf die Schwächsten
Zitat: „Seid Ihr noch ganz bei Trost?“ Zur politischen Hetze gegen Zuwanderung und „das Recht auf Asyl“. Ich füge noch eine Rätselfrage an: Wie nennt man eine Variante zum Asylrecht, die es gar nicht gibt? Lösung: Nansylrecht.
Asylrecht ist Menschenrecht. Wer schnitzt da an der Rechts-Substanz herum? Hat sich der Herr Seehofer hier „nur mal verschlimmert“ und die „gute SPD Nancy“, die mit im Raum war, co-infiziert? Ja, geht’s noch?
Und doch droht neues Unheil -wie bisher- durch gewissenloses Gerede aus den Rechtsruck-Ecken der CDU und anderer. Die Sau, die neu durchs Dorf getrieben wird nennt sich: Flatrate-Mentalität bei Krankenversicherten, Clankrimininalität. Asyltourismus und Erleichterung der Abschiebepraxis hatten wir schon. Immer weiter: von den Vertriebenen über die Schwächsten der Gesellschaft. jetzt die Kranken und Pflegebedürftigen. Wo soll das enden?
Zitat von Stephan Hebel aus der FR vom 28.8.2019 („Bewusstlos am Steuer“, hier sinngemäß, auch zu diesem Thema wiedergegeben): „Das hieße, den Schaden mit seiner Ursache zu versöhnen. Wann verstehen wir, dass es verlogener Unsinn ist?“
Zitat von Adorno (1964) zum moralischen Anspruch an die sich weiterentwickelnden Zivilgesellschaften im Zeichen der Globalisierung und der zunehmenden Migrationswanderungen:
„Die urbane Stadt (er meinte die zeitgenössischen Städte, nicht die „europäischen“ der letzten Jahrhunderte) ist gerade ein Ort, an dem man ohne Angst verschieden sein kann.“ Was sagen wir ihm heute?
Heinz-A. Hetschold, Witten
Die EU bekommt keine gerechte Verteilung hin
Alle Augen schauen nach rechts. Der Höhenflug der AfD muss gestoppt werden, Abschieben noch bevor ein Flüchtling, den Boden der EU–Außengrenzen betreten hat.
Das Grundrecht auf Asyl, wird so verhindert um das immer wiederkehrende Narrativ der schleichenden Einwanderung in die Sozialsysteme zu verhindern. Die EU–Asylpolitik schafft es nicht, eine gerechte Verteilung zu organisieren. Asyl zu gewähren ist ein gesichertes Menschenrecht und eine selbstverständliche Pflicht.
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
Forum vom 19. August 2023
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Eine Feuerpause für Mensch und Natur
Ukrainekrieg: „Schickt Taurus nach Kiew“ und „Auch der Wald leidet“, FR-Meinung und -Klima vom 12. August
Die Ukraine selbst zählt zu den vielleicht 10 größten Waffenproduzenten der Welt und wurde durch über 30 NATO-Staaten bis an die Zähne bewaffnet. Und doch stockt die ukrainische „Gegenoffensive“ … ; darüber kein Innehalten, kein Nachdenken in der deutschen Politik samt Medienlandschaft. – Stattdessen fordert z.B. der außenpolitische Redakteur der FR – Andreas Schwarzkopf bedenkenlos – die Lieferung von „Marschflugkörpern“: „Schickt Taurus nach Kiew“, um “ … Ziele hinter der Front …“ zu erreichen. Es bleibt im Dunklen, was er damit meint. Eines jedoch ist sonnenklar, eine deutsche Lieferung dieser Waffengattung erhöht massiv die Spannung. „Marschflugkörper“ mit 500 km Reichweitete können locker Russland erreichen, allen Beteuerungen zum trotz. – Was schützt uns eigentlich davor, dass auch Deutschland – als Ziel böte sich z.B. der weltweit wichtige Internetknoten in Frankfurt am Main an – mit einer (!) nichtatomar (!) bestückten Hyperschall-Rakete mit hoher Zielgenauigkeit getroffen wird? Das wäre ein einmaliger wirkungsvoller Schlag mit ökonomisch verheerender Wirkung unterhalb der atomaren Schwelle. Ich glaube nicht daran, dass dies nicht auch durch militärische Führer schon gedacht wurde. Das läge auch in der Logik von immer weiterer Eskalation mit immer tödlicheren Waffen. Und noch immer gibt es nicht einmal Überlegungen für eine Feuerpause, die zum Bilanzieren und Nachdenken für einen längeren Waffenstillstand und folgend Friedensverhandlungen genutzt werden könnte.
Eine Feuerpause wäre aber für die Menschen und die Natur in der Ukraine jedoch unerlässlich. – Erstmals verhandelt der Redakteur J. Wille fast ganzseitig in „FR-Klima“ die kriegsbedingte großflächige Umweltzerstörung in der Ukraine. Die Zerstörung von Ökosystemen, massenhaft getötete Wildtiere, die Einträge in die Umwelt durch zahlreiche Gifte, die Umwelt-Verschmutzung durch abgelagerten Kriegsmüll, die täglichen Emissionen durch die Unterhaltung einer gigantischen Kriegsmaschinerie, eine riesengroße Vergiftung von (Acker-)Böden und nicht zuletzt der in die Hunderttausende gehende Tot sollten im Industrieland Ukraine selbst ein Suchen nach nicht-kriegerischen Auswegen befördern helfen. Die auch kostenmäßige riesige Aufrüstung in Deutschland verunmöglicht jetzt schon in Deutschland die wichtige Sozialreform einer „Kindergrundsicherung“. Die Umlenkung von zig Milliarden Euro in die Rüstungsschmieden zu Lasten von vernünftigen und notwendigen Sozialaufwendungen befördert den demokratiepolitischen Niedergang Deutschlands – Stichwort „AfD“.
Thomas Ewald, Nidderau
Von ausgesuchter Grausamkeit
Das zögerliche Hinausschieben von Kanzler Scholz der Entscheidung der militärisch gebotenen Lieferung von Waffen an die Ukraine seit Februar 2022 und heute im Fall der unverzichtbaren Marschflugkörper Taurus ist für die gebeutelte ukrainische Bevölkerung eine Belastung ausgesuchter und unverständlicher Grausamkeit, in der Darwin und Sade um die Wette kämpfen – um den Preis des Blutes der Ukrainer:Innen.
Hermann Hofer, Marburg
Gegen Russlands Angriffskrieg sind alle Mittel recht
Nie habe ich die FR so unkritisch auf Kriegskurs gesehen. Die ganze Zeitung voller Säbelrasseln. Gegen den Angriffskrieg Russlands sind alle Mittel recht. Die Rüstungsindustrie reibt sich die Hände. Und wer Pazifist bleibt und sich nicht einreiht in die Armee der kriegsbedingt Mitlaufenden steht anscheinend schnell auf Seiten der AfD.
Wie ist das alles zu erklären? Deutschland befindet sich mittendrin in einem Krieg. Es liefert Waffen, betreibt Kriegspropaganda, findet neue/alte Feindbilder, überzeugt viele mit seiner Kriegsrethorik. Ein Krieg, der unterstützt wird muss werden und da scheint die FR keine Ausnahme. Tausende Menschen sterben weiterhin, und wie sich alle einig sind, über noch lange Zeit. Für mich bleibt alternativlos: Die Waffen nieder! Desertieren! Sabotieren! Nur so werden Kriege beendet!
Markus Beinhauer, Münster
Ohne die grausame Wirklichkeit zu verstecken
Es fällt mir immer schwerer, die Berichte über den grausamen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu lesen. Und es ist natürlich keine Lösung, sich nur noch auf die Schilderungen von Erfolgen der ukrainischen Seite zu beschränken, um depressiven Gedanken über die unheilvolle Entwicklung zu entgehen.
Aber eine Kolummne in der FR lasse ich in diesem Zusammenhang nicht aus: Thomas Stillbauers Schilderungen von Einzelschicksalen in diesem Krieg. Dazu gehört auch die Erwähnung der ukrainischen Fechterin, die ihrer russischen Gegnerin den Handschlag nach dem Wettkampf verweigerte und deswegen disqualifiziert wurde. Dass sie ihrer russischer Gegnerin als Kompromiss erfolglos anbot, die Klingen als Abschlussgeste zu kreuzen, habe ich bemerkenswerter Weise nur Stillbauers Darstellung entnommen; andere Medien haben das m.E. nicht erwähnt. Vor allem aber hat Thomas Stillbauer in seiner regelmäßigen Kolummne über diesen Krieg einen eigenen Sprachstil entwickelt, der die Lektüre erträglich macht, ohne die grausame Wirklichkeit zu verstecken. Dass die FR-Redaktion mit Thomas Stillbauer andererseits über einen ein bewundernswerten Satiriker verfügt, der Ungereimtheiten auf einen humoristischen Punkt bringen kann, sei hier nicht nur am Rande erwähnt.
Ernst Neubronner, Bad Homburg
Die Schwäche der Nato bei der Bewältigung von Krisen
Während sonst allzu oft behauptet wurde, die Nato habe durch ihre „Erweiterung“ Russland provoziert, wird in diesem Interview die „Schuld des Westens“ in seiner demonstrierten vorgeblichen Schwäche bei der Bewältigung von Krisen angesprochen! Dies ist eine ebenso wichtige Richtigstellung wie der Hinweis, dass Bundeskanzlerin Merkel versucht hat, Russland/Putin durch wirtschaftliche Kooperation an den Westen zu binden – nur eben war diese an sich richtige Politik spätestens ab 2014 (Krim-Angriff) gescheitert ,und der Fehler lag darin, das dies a) nicht erkannt wurde und b) daraus nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen wurden.
Dieter Hartwig, Kiel
Russland ist kein ernstzunehmender Gegner
Wenn der Überfall Russlands auf die Ukraine ein Gutes hat, so ist es, dass sich zeigt: Russland ist bei konventioneller Kriegführung kein wirklich ernst zunehmender Gegner für NATO-Staaten. Insofern stimmt nach wie vor, was Annalena Baerbock 2021 vor der Bundestagswahl zum Zweiprozent-“Ziel“ für die Militäretats der NATO-Staaten gesagt hatte: „Ich halte diese Orientierung an dem Zwei-Prozent-Ziel für eine völlig absurde Debatte“.
Allein die Militärausgaben der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Kanadas, Spaniens und Polens lagen 2022 mit rund 1155 Mrd US-Dollar um das Dreifache über denen von China und Russlands – wie schon seit Jahren. Damit ist noch nicht in allen Nato-Staaten das Zweiprozent-“Ziel“ erreicht.
In einer Welt, die mit einem Waffenarsenal geplagt ist, das zur Zerstörung von inzwischen mehr als acht Welten ausreicht, ist die weitere Aufrüstung der Nato angesichts des militärischen Zwergs Russland völlig verrückt. Sicherer wird die Welt so nicht.
Hans Möller, Frankfurt
Realitätsverweigerung hat weltweit großen Zulauf
Klimawandel: „Juli weltweit wohl heißester Monat“, FR-Politik vom 29. Juli
Über ein halbes Jahrhundert (!) wurden die Vorhersagen unserer Wissenschaftler von Wirtschaft und Politik entweder bestritten oder völlig ignoriert und Menschen, die sich für unsere Umwelt einsetzten als Öko-Spinner denunziert. Mittlerweile hat das Klima begonnen, weltweit zu kochen und die Grundlagen für zukünftiges menschliches Leben nicht nur in Afrika in Frage zu stellen. Dabei sind die absehbaren Kipppunkte noch gar nicht erreicht. Langsam wird ersichtlich, dass unsere zukünftigen Kosten dieser ökologischen Katastrophen weitaus höher sein werden als diese bei einem heutigen entschlossenem Umsteuern sein würden.
Aber ist die Dringlichkeit überhaupt im Bewusstsein aller Bürger angekommen? Auch bei denen, die aufgrund der vielen wissenschaftlichen Hiobsbotschaften gar keine Nachrichten mehr verfolgen wollen und längste ins private geflüchtet sind? Gibt es endlich eine „Zeitenwende“ mit Hunderten Millionen Steuergeldern wie sie bei Kriegen sehr schnell umgesetzt wurde? Oder werden von vielen Medien und der mit Abstand größten deutschen Tageszeitung mit den einfachen Wahrheiten nicht weiter die alten Narrative des „Weiter-Sos“ bedient?
Rechtspopulistische Parteien erhalten Zulauf, weil sie behaupten, die derzeitigen Wetterextreme seien nichts als eine gelenkte Verschwörung. Sie versprechen, dass wir unseren Konsum weiter so ungebremst ausleben können wie bisher. Viele Wähler, die um ihre Besitzstände fürchten, glauben dies nur allzu gerne. Aus meiner Sicht reagieren sie wie kleine Kinder, die noch nicht gelernt haben, Realitäten auszuhalten und eigenverantwortlich Lösungen zu finden. Und so wächst nicht nur in Europa die Zahl der rechtspopulistischen Autokraten, die jegliche Lösungen blockieren und unsere Welt in immer neue Konflikte führen…. so wie Rechtsnationale uns in Krisenzeiten mit vorgeblich starken Worten schon immer ins Verderben geführt haben.
Josie Bockholt, Aachen
Zum Abwatschen missbraucht
Zu: „Weniger Geld für ‚wehrhafte Demokratie‘“ und „Partei ohne Markenkern“, FR-Politik vom 7.8.
Wie präsentiert sich die derzeitige Ampelregierung dem aufmerksamen Zeitungsleser? Da sind erst mal die Grünen, die die „nützlichen Idioten“ abgeben, denn sie rackern sich bis zur Selbstverleugnung ab, um das Land trotz mehrfacher Krisen auf den Pfad des ökologischen Umbaus zu bringen und die Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu stabilisieren. Dabei müssen sie Kompromisse eingehen, die ihre Anhänger enttäuschen. Gleichzeitig werden sie von dem seltsamen Zweckbündnis gegen „grüne Ideologie“ aus FDP und CDU/CSU als Watschenmann u.a. für Wahlkampfzwecke missbraucht.
Die FDP scheint mit Christian Lindner den Regierungschef zu stellen, denn jedes Mal, wenn irgendein grünes (und manchmal auch rotes) Ministerium ein Projekt vorschlägt, folgt prompt ein NEIN oder eine Mittelkürzung aus dem Finanzministerium. Selbst im Konsens beschlossene Ziele sind betroffen. Dass das bei einem unstrittigen Thema wie der Demokratieförderung zuschlägt, zeigt einerseits (wieder mal): „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz im Koalitionsvertrag vom letzten Jahr“, anderseits macht die Rechtfertigung durch das Innenministerium deutlich, dass die Regel, dass Innenminister im Amt immer rechter werden (außer Gerhard Baum), auch für Nancy Faser gilt. Ferner scheut sich Lindner nicht, mit seinen antiquierten wirtschaftspolitischen Rezepten aus den 90er Jahren („schlanker Staat“, Steuersenkung“), in einer Rezessionsphase auf die finanzielle Bremse zu treten, um dem überholten Fetisch der „Schwarzen Null“ nachzujagen, statt sich an der erfolgreichen Wirtschaftspolitik eines Joe Biden zu orientieren und endlich den in langen Merkel-Jahren aufgelaufenen Investitionsstau anzugehen. Derweil betreibt sein Parteifreund Wissing ganz offen Obstruktionspolitik, und niemand scheint’s zu stören.
Und der eigentliche Bundeskanzler? Hält sich bedeckt, haut ab und zu einen launigen Gag raus und freut sich im Stillen, dass sein ärgster politischer Konkurrent Robert Habeck durch die Anti-Grün-Kampagne inzwischen auf der Beliebtheitsskala unten zwischen den Unionsvorsitzenden steht. Politisch spürt man tatsächlich wenig von einem „Markenkern der SPD“ (Peter Brandt), es sei denn, Nancy Faser stellt ihn dar. So sind die SPD und besonders Olaf Scholz in der Regierung eigentlich die größte Enttäuschung: Wer Führung bestellt hat, bekommt Opportunismus geliefert. Wie laut Scholz damit das AfD-Wahlergebnis auf das der letzten Wahl gesenkt werden und ein sozialdemokratisches Jahrzehnt anbrechen soll, ist sein Geheimnis.
Hans-Hermann Büchsel, Heidelberg
Chatlose Zeiten
Kolumne: „OK Boomer – besser als ihr Ruf“, FR-Meinung vom 15. August
Michael Herl hat bei seiner Aufzählung ja soviel vergessen, die Liste ist endlos: Wir gingen zu Fuß zur Schule, später fuhren wir mit dem Rad. Repariert haben wir das Rad selber. Elterntaxis gab es nicht, weil die Eltern gar kein Auto hatten. Die Schuhe der Familie brachte ich zum Schuster. Nebenan war die Drogerie, in der man Laufmaschen aufnehmen konnte (kann heute niemand mehr verstehen!). Die Milch holte ich beim Kaufmann an der Ecke in der Milchkanne. Wir wohnten erst im zweiten, dann im vierten Stock, einen Azfzug gab es nicht. Das Telefon hatte eine Schnur und stand im Flur. Stundenlange Gespräche gab es da nicht. Jedes Zimmer hatte eine Steckdose, das reichte. Die Wäsche wurde mit der Hand gewaschen, an der Luft getrocknet, nur die Bettwäsche wurde weggegeben. Chats im Internet waren noch nicht erfunden, wir trafen uns mit den Freunden nachmittags zum Spielen, später zum Rumgammeln in der Kieler Holstenstraße. Wenn meine Mutter Besuch hatte und Bier getrunken wurde, brachte ich die Flaschen am nächsten Tag zurück und sicherte mir das Pfandgeld. Zum Einkaufen nahmen wirr unsere Einkaufstasche mit, Plastiktüten waren ebenfalls noch nicht erfunden. Ich könnte noch stundenlang weiterschreiben, aber ich will niemanden langweilen. Bitte selber weiterdenken – und schöne Grüße an die junge Generation!
Gabriele Schreib, Strande
Hohes Gehalt wie gewohnt
Zu: „Was die Bosse bekommen“, FR-Wirtschaft vom 15. August
In Ihrem Artikel und Ihrem Kommentar auf Seite 9 zu den Gehältern der DAX-Vostände sind problematische Aussagen enthalten. Sie schreiben, dass in 2022 die Durchschnittsgehälter der Konzernmanager in Deutschland 38-mal so hoch waren wie die ihrer Beschäftigten (in 2021 sogar 52-mal so hoch). Und: „Das Problem der Vorstandsgehälter ist nicht ihre absolute Höhe.“ Dies muss man bezweifeln, denn Fachleute auf diesem Gebiet (Arbeitspsychologen, Mediziner, Psychologen) sind der Meinung, dass sehr qualifizierte Menschen aus eigener Kraft nur das Zehnfache, höchstens jedoch das 20-Fache der Leistung anderer Beschäftigten erbringen können. Die hohen Gehälter können also nicht das Ergebnis von Talent, Ehrgeiz oder außergewöhnlicher Leistungen der Vorstände sein, wie Prof. Gunter Friedl meint, sondern sind in unserer Gesellschaft lediglich zum Gewohnheitsrecht geworden.
zum Beitrag von Dr. med. Peter Koswig:
Das Leiden eines Menschen ist bekanntlich das Objektive. Will man insofern Aufschluss darüber gewinnen, was im Argen liegt, ist alles entscheidend, es notwendig beredt werden zu lassen. Allerdings ist die Wirklichkeit der auszuhaltenden Qualen einer vollständigen Erkenntnis von Natur aus stets entzogen. Es könnte daher verkehrter nicht sein, vor allem anlässlich der Begutachtung einer Pflegebedürftigkeit zu verlangen, die erlittenen und auch künftig zu ertragenden Torturen bis ins Detail zu erläutern. Dennoch schicken sich Gutachter mitunter mehrfach wiederholt dazu an. Horrende Summen an Beitragsgeldern werden dafür noch immer ausgereicht. Es nimmt dann nicht wunder, wenn insbesondere die Pflegeversicherung mittlerweile vor der Zahlungsunfähigkeit steht. Aber auch die Krankenversicherung kommt dadurch finanziell in Nöte. Um die Misere im Gesundheitswesen zu beenden, wäre somit angezeigt, die ohnehin vom Souverän gebotene Vernunft walten lassen. Dazu fehlt jedoch die Bereitschaft. Lieber überlässt man selbst noch an schwersten Erkrankungen laborierende Patienten inzwischen ihrem Schicksal. Die Deklaration von Genf des Weltärztebundes findet sich dann völlig entstellt wieder. In Anlehnung an die Erzählung „Die Verwandlung“ lässt sich somit ein völlig kafkaesker Prozess kritisieren mit seelisch und körperlich Versehrten als angeblich „ungeheurem Ungeziefer“.
Ach, wie groß ist das Geschrei in der FDP sowie bei den Unionsparteien, weil Ministerin Paus nichts anderes als den Koalitionsvertrag umsetzen will.
Wer hat denn in der GroKo alles, was normalerweise der Gerechtigkeit, unserer Zukunft und auch christlichen Grundsätzen dient, blockiert wie es Altmaier, Seehofer, Dobrindt, Scheuer, Klöckner u.a. praktiziert haben, und wer hat seit Beginn der Koalitionsverhandlungen der jetzigen eine gerechte Steuerpolitik, ein Tempolimit und alle Maßnahmen zu einer besseren Zukunft blockiert, nämlich vor allem Lindner und Wissing.
Und wer profitiert von einer solchen Poltik? Ausschließlich die AfD. Ich kann nur wie auch früher den Ausführungen von Robert Maxeiner in seinem Leserbrief vom 17.08.2023 beipflichten, „wenn die Politik den Rechtsextremisten immer wieder Steilvorlagen für ihre perfiden, menschenverachtenden Statements gibt, indem sie soziale Politik aushöhlt, kaputtspart und nur halbherzig umsetzt.“
Man könnte fast annehmen, manche Politiker, wie bereits in Thüringen ausprobiert, wollten sich bereits heute den Rechten für deren spätere Machtübernahme anbiedern, indem sie eine solche sozialfeindliche, klimaschädliche u.ä. Politik praktizieren.
@ Thomas Kiefer, Frankfurt
Lieber Herr Kiefer,
danke für die sehr anschauliche Schilderung Ihrer Erfahrungen im ambulanten Sektor unseres maroden Gesundheitswesens, welcher zu Unrecht nicht so im Fokus steht wie der stationäre.
Dauerthema sind allerdings, wie von Ihnen beschrieben, groteske Wartezeiten auf dringende ärztliche Termine, ferner auch das Praxissterben und in der Folge regional fehlende Möglichkeiten, z.B. bei einem Haus- oder Kinderarzt noch angenommen zu werden.
Der Arztberuf ist ein freier Beruf. Das Wohl des Patienten sollte stets an oberster Stelle stehen. Doch alle Ärzte und mithin ihre Freiheit werden durch Budgetierung – das „Gift im Gesundheitswesen“ (Virchow-Bund) eingeschränkt. Das Budget eines Arztes beschränkt seine Einnahmen und die durch seine Anordnungen entstehenden Kosten. Für zu hohe von ihm erhobene oder verursachte Kosten kann er in Regress genommen werden.
Stellen Sie sich vor, Ihr Dach wäre von einem Tornado weggerissen worden und Dachdecker wären, ähnlich wie Ärzte, budgetiert und verpflichtet, zu helfen. Dem Dachdecker müssten Sie dann mitteilen, er müsse sofort Ihr Dach reparieren. Die Innung würde ihm sagen, sein Budget sei erschöpft, daher müsse er leider für Kosten für Arbeitsstunden und Material selbst aufkommen. Was der Ihnen wohl antworten würde?
Durch diesen Wahnsinn wurschteln sich die Ärzte. Termine und Verschreibungen werden ggf. ins nächste Quartal verschoben. Und so könnte die für gesetzlich Krankenversicherte geltende Budgetierung in Ihrem Fall durchaus eine Rolle gespielt haben.
Für Privatversicherte gelten diese Restriktionen nicht. Ein Fall aus meiner Umgebung: Für ein wegen unerträglicher Schmerzen dringendes MRT war ein Termin erst nach Monaten erhältlich. Als Selbstzahler durfte man sich bei verschiedenen Anbietern am nächsten Tag untersuchen lassen. Dies geschah, und wegen des dramatischen Befundes erfolgte die sofortige stationäre Einweisung.
Besonders schlimme Folgen dürfte die Budgetierung für „teure“, sprich ältere Patienten mit mehreren Erkrankungen haben. Nur spät erhältliche Arzttermine können bei fortschreitenden Erkrankungen durchaus ein „Sozialverträgliches Frühableben“ (Unwort des Jahres 1998, K. Vilmar, von ihm ironisch / sarkastisch mit Blick auf die drastische Kostendämpfung im Gesundheitswesen gemeint) fördern.
Auf die Schere zwischen Arm und Reich von einem Journalisten des Deutschlandfunks angesprochen, antwortete Berthold Vogel als einer der SOFI-Direktoren bereits vor etlichen Jahren, dass es stets entscheidend ist, die von Natur aus gegebenen Voraussetzungen sozialer Effizienz zu erfüllen. Treten insofern allen voran die von Johannes Bickel im Forum vom 19. August 2023 erwähnten DAX-Vorstände angesichts dessen die Flucht vor der Notwendigkeit an, schlagen gesellschaftlich die Verhältnisse unerbittlich auf sie zurück. Das dann euphemistisch so bezeichnete „Wachstumschancengesetz“ würde damit in Wirklichkeit die Selbstzerstörung insbesondere der hiesigen Industrie befördern. Dass Ministerin Paus jüngst derlei Umtriebe in die ohnehin vom Souverän gebotenen Schranken wies, sollte ihr deshalb niemand übel nehmen.