Man sollte sie einfach sich selbst überlassen

Der afghanische Präsident Hamid Karsai wollte ein Gesetz erlassen, wohl um sich bei den Fundamentalisten unter den afghanischen Wählerinnen und Wählern anzubiedern, ein Gesetz mit dem klingenden Namen „Schiitisches Personenstandsgesetz„. Empörung riefen besonders die Paragrafen 132 und 133 des Gesetzes hervor: „Die Frau ist verpflichtet, den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes jederzeit nachzukommen“, mindestens jede vierte Nacht, solange der Mann nicht unterwegs ist. Nur eine Erkrankung hätte die Frau entschuldigt. Ehemänner sollten ihre Frauen von „jeder unnötigen Beschäftigung“ abhalten können. Sie hätten nur mit Erlaubnis des Ehemanns das Haus verlassen dürfen. Die Ehe auf Zeit – oft ein Deckmantel für Prostitution – sollte legalisiert, das Heiratsalter von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden, von einer Zustimmung der Frau zur Heirat war nicht die Rede.  Inzwischen hat Karsai das Gesetz, dass er schon unterschrieben hatte, nach heftigen internationalen Protesten wieder gestoppt. Unter anderem hatte US-Präsident Barack Obama gesagt, dies Regelwerk sei nicht zu akzeptieren. Leserbriefe gab es trotzdem. So meint Peter Mueller aus Dueren:

„Der Aufschrei der Frauen-und Menschenrechtler ist zwar verständlich, aber kann man Jahrhunderte alte Traditionen innerhalb weniger Jahre friedvoll und nachhaltig aus den Köpfen der Männer entfernen? Besonders wenn diejenigen, die ein anderes Verständnis fordern, aus einer anderen Kultur stammen und dazu noch vor Waffen starren.
Man erinnere sich wie lange es her ist,dass in unseren Gesetzbüchern noch so etwas wie eheliche Pflicht verlangt wurde. Dass diese Gesetze bei uns verschwanden, hat die Emanzipation der Frauen bewirkt, die ja fast 6o Jahre brauchte. So in etwa sollte man in Afghanistan vorgehen. Eine behutsame Emanzipation der Frauen sowie eine gesetzliche Verpflichtung für Bildung von Frauen und vor allen Dingen Bei Männer. Natürlich müssen der vermehrten Bildung auch adäquate wirtschaftliche Angebote Folgen.“

Dorothea Nassabi vom Verein Frauenwürde OV Eschborn e. V.:

„Gleich neben diesem Karsai-Artikel steht ein schmaler Zehnzeiler: ‚Taliban peitschen 17-Jährige aus‘, die ‚drei Jahre lang eine Affäre mit ihrem Schwiegervater hatte‘. Im Klartext heißt das: Mit vierzehn musste dieses Mädchen heiraten und gemäß islamischer Sitte zu den Eltern des Mannes ziehen. Es wurde als unmündiges, unwissenden und abhängiges Fast-noch-Kind von ihrem Schwiegervater drei Jahre lang missbraucht. Nun wird es zusätzlich zu ihrem Leiden auch noch ausgepeitscht für die an ihm vollzogene Niedertracht des Schwiegervaters. Unsäglich! Und der Peiniger selbst? Er muss nur angeben, dass er verführt worden sei, was vier Männer bezeugen müssen (Koran Sure 4, 15 bis 18), dann ist er aus dem Schneider! Was also vor der Auspeitschung geschah, kann sich jeder/jede Leser/-in selbst ausmalen.
Ausmalen kann man/frau sich auch leicht, was das „Schiitische Personenstandsgesetz“, das Karsai jüngst unterzeichnet hat, bewirkt. Eine völlige Entrechtung der Frau. Sie wird zum Gegenstand, eingesperrt in die vier Wände des Besitzers, den ‚Mann‘ nach Gutdünken mindestens alle vier Tage von Gesetzes wegen benutzen kann.
Ein eigener Wille, ein Personsein wird Mädchen/Frauen nicht zugestanden. Das ist finsterste Sklaverei, die der Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen diametral entgegen steht. Das ist schlimmer als Guantanamo und Abu Graib zusammen. Für ein solch verantwortungsloses, Menschenrechte verachtendes Staatsoberhaupt sollen unsere Soldaten am Hindukusch kämpfen und möglicherweise auch noch sterben? Das kann und darf auf gar keinen Fall so bleiben. Was unterscheidet denn das Regime Karsai noch von den Taliban?“

Susanne Skovronek aus Sprockhövel:

„Man sollte sie einfach sich selbst überlassen. Da ist dort kein Fortschriftt zu erkennen. Alles Engagement ist offensichtlich vergeblich.“

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17 Kommentare zu “Man sollte sie einfach sich selbst überlassen

  1. Beschämend.

    Solche „Männer“ verdienen keinen Respekt in meinen Augen, ebensowenig ihre „Traditionen“.

    Wenn „Männlichkeit“ die Unterdrückung von Frauen bedeutet, dann verzichte ich auf diese „Männlichkeit“, sie ist nämlich keine, sie ist bloß eine soziale Schwäche.

    In meiner „Mannwelt“ haben solche menschlichen Versager keinen Platz!

  2. Gut gesagt, BvG. Kann Ihnen nur zustimmen.

    @ Peter Mueller

    Gesellschaftliche Prozesse kann man nicht ohne Bildungsinitiativen erreichen. Richtig. Trotzdem sollte man keine falschen Zugeständnisse machen, die nur dazu führen, dass auch in den nächsten 200 Jahren keine Verbesserungen möglich sein werden.

  3. Was auch sehr störend ist: Die Verfechter solcher diskriminierenden Gesetze und Vorstellungen werden als „Fundamentalisten“ bezeichnet.

    Was sind denn das für „Fundamente“? Nicht alles, was „althergebracht“ ist, taugt als Fundament.

  4. Nun, welche Fundamente legen die Blogteilnehmer?

    Mein erstes Fundament ist die Unverletzlichkeit der Person, wobei die Person selbst definiert, wie und wodurch sie sich verletzt fühlt.

  5. Wie wärs mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?

    Die Durchsetzung ist aber in Anerkenntnis derselben etwas schwierig, da erfahrungsgemäß deren erklärte Gegner solche Zumutungen wie Menschenrechte nur hinnehmen solange sie einen Stiefel im Nacken und eine Waffe im Rücken spüren. Daher ist die Idee des sich selbst überlassens nicht so schlecht.

    Karl

  6. Ich bin ja inzwischen der Meinung, wir Europäer mit unserem Weltbild, den bei uns geläufigen Rechten, beißen überall im Osten wo der Islam und seine „Gralshüter“ werkeln, auf Granit.

    Es braucht 100 Jahre mindestens, unter den jetzigen Begebenheiten, dies den Leuten zu vermitteln. Das ist tiefstes Mittelalter, das kann man nicht von heute auf morgen umkrempeln.

    Will Europa etwas erreichen, dann müssen die Frauen/Männer die da was ändern wollen, auch richtig unterstützt werden, nicht nur Lippenbekenntnisse gereicht bekommen, wenn ein Buch erscheint, oder so. Es gibt ja hin und wieder Fernsehberichte, wo die Redakteure Frauen aufsuchen, die da was ändern wollen, ihr Recht einklagen. Selbst wenn es in der eigenen Verfassung steht, wird eine Art Hexenjagd auf sie betrieben. Die Frauen haben keine Unterstützung, und wenn die Reporter der Sache da nicht nachgehen würden, würde niemand davon was erfahren. Eines Tages sind die Frauen tot, keiner weiß davon. Das Gerichtswesen ist der absolute Horror dort.

    Ich glaube auch nicht, wenn DE 10 Brunnen liefert, daß sich dann was ändert, wie manche denken. Wir liefern 5 Brunnen mehr, bauen eine Brücke, dann wird alles gut – wie neulich erzählt. Das ist bißchen arg naiv, bei diesem tief verwurzelten Glauben, was Mann gegenüber Frau alles darf.

    Roter Mohn, müssen wir lassen, verseuchen unsere Generationen, damit afghanische Bauern überhaupt überleben können. Das ist doch auch irgendwo pervers. Macht man die Felder kaputt, schwindet die Loyalität der Afghanen zu den Bundeswehrleutchen die da vor Ort sind, Aufbau nicht mehr möglich, Vertrauen schwindet, Bomben dann überall. Dann ist ja noch diese Talibangeschichte da, dahinter Bin Ladens Truppe, das soll ja auch noch bewältigt werden… ist ja das erste Ziel. Immer noch.

  7. Da die Nato nun einmal Afghanistan besetzt hält, ohne sich eine Strategie einfallen zu lassen, wie aus diesem Krieg wieder herauszukommen ist, fragt sich unsereiner, dass damit wohl ein Desaster vorprogrammiert ist wie einst in Vietnam. Das wäre dann aber noch das Beste was uns passieren könnte. Viel schlimmer wäre ein Szenario, welches Pakistan zu einem Risiko macht, wenn sich dort ein gewaltsamer Machtwechsel abspielt, haben doch dort die Militärs die Hand am Atomkrieg. Deshalb wäre es besser schon jetzt mit dem Abzug ohne Vorbedingungen zu beginnen. Wir verteidigen nämlich unsere Freiheit nicht am Hindukusch sondern provozieren Terroristen dazu hier tätig zu werden. Oder sollte das beabsichtigt wein, um hier immer mehr staatliche Einschränkungen unserer Verfassung durchzusetzen?

  8. Interessantes & Nachdenkliches zur allgemeinen Debatte:

    (1) Die (London) Times berichtet ausführlich über den Krieg gegen den Aufstand von Akhbar Khan in Afghanistan vor gut 150 Jahren. Ich habe die Seiten bei einer anderen Recherche — über http://www.timesonline.co.uk — gefunden, lese aber auch weiter. Nichts für Ungut: So etwas wurde & wird immer wieder geschrieben, selten schön prägnant.

    The Times, 08.10.1842 (Samstag), Seite 4 — „demonstrating not only to the Affghans, but to every inhabitant of India, that the British troops when properly led are invincible.“ == „zu beweisen nicht nur den Afghanen, sondern auch jedem Einwohner Indiens, daß britische Truppen, wenn richtig angeführt, unbesiegbar sind.“

    The Times, 12.01.1843 (Donnerstag),Seite 5 — „Experience has produced no salutary effect upon the military chiefs“ == „Erfahrung hat keine grüßenswerte Wirkung auf die militärischen Chefs ausgeübt“

    (2) In seinem 7-teiligen beachtenswerten Artikel „The Other Napoleonic Wars“ (17.11.2008) diskutiert Major Pat Proctor (US Army) die napoleonischen Kriege und ihre Bedeutung für Konflikte der Gegenwart. Unter besonderer Berücksichtigung Spaniens stellen sich Fragen auf Fragen: Warum konnten die Ideale & Werte der Großen Französischen Revolution von 1789 nicht in manche Länder eingepflanzt werden?! U.a. wird auch das Diensthandbuch „FM 3-24, Counterinsurgency, December 2006“ passend zitiert. URL:
    http://www.armchairgeneral.com/the-other-napoleonic-wars.htm

  9. @ Werner Thiele-Schlesier: Das ist ein Ammenmärchen zu glauben, Nato dort raus, keine Bomben hier. Das erlangte Wissen will eingesetzt werden, ein Grund findet sich immer und wenn es eben ein paar Strichmännchen sind. Außerdem geht die Machtfülle verloren, gibt es keine „vorzeigbare/aufscheuenden“ Taten.

    Ich gebe ja nicht jährlich zig Milliarden Dollars aus, damit meine Flotte in irgendeinem Hafen verrottet. Die muß mal rumfahren, den Kram ausprobieren, der ein Haufen Kohle gekostet hat. Bei den Terroristen ist das nicht anders. Das erlernte will und wird eingesetzt werden – ein Grund findet sich immer.

  10. Da steht im ersten FR-Artikel „Hazara-Volkes, das den größten Teil der schiitischen Minderheit im Land stellt“ und im zweiten „Die Schiiten stellen etwa 15 Prozent der afghanischen Bevölkerung.“ Wer hat das Gesetz gelesen, soll es fürs ganze Land oder nur Schiiten gelten? Wer weiß mehr?

  11. (i) Betr. #8, comment-21963, Paul Ney am 12.04.2009 18:05: Der Kommentar war am 14.04.2009 online zu lesen. Auf eMail-Anfrage teilte Bronski freundliche Weise mit, daß der Text zunächst in eine Warteschleife kam und später freigestellt wurde.

    (ii) Betr. #10, comment-21970, Paul Ney am 13.04.2009 09:12: Ein wenig in die Medien geschaut, viele „ergajlen“ sich über entsprechende Details, aber Antwort auf meine Frage nicht gefunden. Dabei ist es wichtig zu wissen (worüber man spricht) und ich hoffe, die FR könnt es klarstellen: Ist das neue Gesetz als landesweit oder nur für die angesprochene Religionsgemeinschaft (RelGem) gültig verkündet worden? Beispiel BRD: Wenn hier die Schächtung (Art der Tiertötung) einer RelGem erlaubt wird, dann ist selbverständlich & allen klar, daß dies die RelGem betrifft und nicht das ganze Land. (Beispiel ist hier Jura-theoretisch gemeint, nicht als „de facto“ Vergleich von Ländern.)

    (iii) Offensichtlich kommen im FR-Blog manche Beiträge später ran, während andere weg 🙂 Dadurch kann sich die Lfd.Nr. der Beiträge ändern. Schreibt man einen Kommentar, so kann es u.U. komisch werden, wird da nur Bezug zur Lfd.Nr. genommen. Es wäre also ratsam, doch auch Namen und Schreib-Datum anzuführen. Die „comment-#“ (Rechts-Klick auf Lfd.Nr., dann „Eigenschaften“ einsehen) scheint mir, die Lfd.-Kommentar-# im FR-Blog selbst zu sein. Bei verspätet geposteten Beiträgen — die Redaktion kann & darf ihre Gründe haben — müßte m.E. auch das zweite Datum dazukommen. Vielleicht sagt Bronski etwas zu (iii).

  12. zu 11 / III)

    Wenn du in deinen Ausführen Wörter verlinkst, in deinem Fall waren es zwei Links, kommst du in die Warteschleife. Das ist eine Sicherheitsmaßnahme um Spams vorzubeugen. Links können zudem auch vorher abgeklopft werden, hierzulande muß man ja 5x als Adminsitrator schauen, sonst darf man anderswo sich mit etwas anderem als den Blog beschäftigen.

    Ein zweites Datum ist nicht möglich, es sei denn Bronski als Betreuer ändert es händisch. Da will man aber doch ihm nicht zumuten, oder? Die neuen WordPress-Versionen bieten deswegen auch eine verschachtelte Kommentarmöglichkeit an, dies ist aber abhängig vom Theme, müßte nachträglich eingebaut werden, was nur mit guten Kenntnissen machbar ist. Aber auch hier sind einige Dinge (noch) nicht so, wie es den WP-Bastlern vorschwebt.

  13. Betr. #12, comment-22024, rü am 19.04.2009 um 08:02:
    [Warteschleife] Alles klar und ich respektiere das als Recht des Blogmasters (vielleicht weniger wg. Spam und mehr wg. dem Risiko, daß jemand „böse Links“ setzt.) Das ist aber nicht in den Regeln (gerade jetzt nachgeschaut). Ich hätte meinen Beitrag ggf. anders formuliert; man kann auch nicht-klickbare Links mit [dot] für „.“ und [slash] für „/“ setzen.

    [Posting-Datum] Ist doch wichtig, um eine Diskussion richtig zu verfolgen und auch in sich (AKA Lat. per se). Sicherlich hat der Blogmaster viel zu tun und verdient auch keine Zumutung. Das müßte WordPress mit einem kleinen Update schnell & leicht schaffen können. Nach „Geschrieben am…“ müßte dann bloß „Gepostet am…“ folgen. Der Blogmaster hat einen besseren Stand, wenn er selbst den WP-Machern so etwas vorschlägt.

  14. Paul Nev #13: Das ist so einfach nun nicht mit dem Posting/VÖ-Datum, weil auch eine Datenbank dranhängt. Das müßte eingebaut werden und auf Funktionalität mit den plugins abgescheckt werden. Wer will das machen? Das kann Bronski nicht und die techn. Adminsistration dürfte damit auch ein wenig überfordert sein. Für WordPress ist der Kommentar veröffentlicht, ein plugin hält ihn aber zurück, davon weiß wordPress aber nichts.

    „Spam“ ist eine Geschichte in den Blogs, die massiv ein Beitrag zerbröseln können – Bronski im Wochenende in der Sonne, apfelwein neben sich, hat er 300 Spams mindestens am Montag vorliegen, wir als seine Schützlinge weit weggerannt. Ich weiß nun nicht, wie hoch der fr-blog frequentiert wird, aber wenn in meinem Blog nicht die Sperre wäre, der würde umkippen. Hier dürfte das noch bißchen mehr sein.

    Ich glaube ein Link geht durch, wenn man seinen nick nicht verlinkt hat. Werden es gleich sehen 😉

    zum eigentlichen Thema habe ich einen Beitrag von den Stadtmenschen aus dem Rheinland gefunden:

    Sitara von Taliban erschossen

  15. Oh Fanatismus,oder Glaube, du so komplexe Leidenschaft,die alles der Gruppe Willen tut und immer in der Definition geheiligt ist.
    Sie können sich selbst bewundern und den Nächsten veranscheuen und erniedrigen.
    Sie können nach Geld und Macht streben,Freuden der Grausamkeit genießen ohne sich schuldig zu fühlen in glühenden Bewußtsein von ständiger Tugendhaftigkeit!
    Wie unentlich hoch ist die Zahl der Menschen,die nichts mehr lieben,als andere in irgend einer Form zu quälen und tyranisieren.
    In allen Staaten der Welt kann sich der Staat die Folterknechte aussuchen und das wäre nicht möglich,wenn nicht immer ein Teil der Menschen diesen Trieb hätte.
    Die Frauen können sich wehren,sie hätten die Macht ,kehren wir also vor der eigenen Tür.

  16. rü bringt es eigentlich in seiner Sprache auf den Punkt. Wir können da nicht viel erreichen. aber die Frauen da wieder alleine lassen?Widerstrebt mir auch. Bin da sehr gespalten.

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