„Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer“

Rand linksGestern, am 7. Januar 2015, wurden bei einem Massaker in Paris zwölf Menschen umgebracht. Drei mit Kalaschnikows bewaffnete Männer stürmten in die Redaktion des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ in Paris, wo gerade Redaktionskonferenz war, und töteten zehn Menschen, darunter den Chefredakteur und vier Zeichner. Zwei weitere Menschen wurden auf der Straße erschossen, während sie als Polizisten ihren Beruf ausübten. Elf weitere Menschen wurden verletzt. Die Attentäter, offensichtlich Islamisten, konnten zunächst fliehen. Bis zum Morgen darauf hat es mehrere Festnahmen gegeben. Die beiden Hauptverdächtigen, die Brüder Said und Cherif K., sind zurzeit noch flüchtig.


PlaßmannZeichnung: FR-Karikaturist Thomas Plaßmann

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Sie zeichnen nicht mehr. Ich trauere um die Toten von „Charlie Hebdo“, diese kreativen Köpfe, die zu den besten Frankreichs gehörten, und um die, die sie beschützen wollten. Ich möchte den Angehörigen der Opfer mein Beileid ausdrücken, was mir aber nicht recht gelingen will, weil die Sprache angesichts des Schmerzes versagt. Ich hoffe, dass alle Verletzten wieder ganz gesund werden. Doch eines steht meines Erachtens schon jetzt fest: Das Attentat wird dazu führen, dass Europa seine Werte wieder fester in den Blick nimmt. Das hat sich schon gestern Abend in Paris gezeigt, als die Menschen zu Zehntausenden auf die Straße gingen, um zu trauern und sich zu solidarisieren. In ganz Frankreich waren es mehr als hunderttausend.

HebdoDas Attentat war nämlich mehr als ein feiger Mord an Menschen, deren „Waffen“ Stift und Feder, Wort und Bild waren. Es war ein Anschlag auf einen der zentrale Werte unseres Lebens: auf die Presse- und Meinungsfreiheit. Egal, wie man zu den Inhalten von „Charlie Hebdo“ steht, ob man sie mag, gutheißt, kritisiert oder verurteilt — die Franzosen gingen sofort nach draußen und signalisierten auf diese Weise unter anderem, dass sie diese Werte verteidigen. „Je suis Charlie“. In der Masse wurde daraus „Nous sommes Charlie“. Wir sind Charlie. Und zwar wir alle, auch wir in Deutschland. Mit uns allen können diese Verbrecher es nicht aufnehmen.

Von Stéphane Charbonnier, genannt Charb, dem Chefredakteur von „Charlie Hebdo“, ist dieses Zitat überliefert:

„Ich bin seit einem Jahr unter Polizeischutz gestellt, seit der Affäre Scharia Hebdo. Es ist schwer im Alltag, besonders in Paris, unter ständiger Überwachung zu stehen. Aber ich habe keine Angst vor Repressalien. Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit. Es hört sich gewiss ein wenig schwülstig an, aber ich bevorzuge stehend zu sterben, anstatt auf Knien zu leben.“ (Quelle: Wikipedia)

Schwülstig? Nein, dramatisch. Und prophetisch. Aber Charbonnier lebte nicht auf den Knien. Er lebte für die Satire, so wie auch die anderen Ermordeten der Redaktion. „Charlie Hebdo“ pflegte einen oft ruppigen Stil und hatte vor nichts und niemand Respekt in einem Sinn, der über Quintillians Bonmot weit hinausgeht: Lieber einen Freund verlieren als eine Pointe auslassen. „Charlie Hebdo“ polarisierte und stieß vor den Kopf. Das Magazin griff bevorzugt Religionen an, Judentum, Christentum und auch den Islam: Es druckte Mohammed-Karikaturen. Damit schuf es sich viele Feinde, darunter auch solche, die nicht willens waren, diese Kritik auszuhalten, Feinde, die zu den Waffen griffen und „Charlie Hebdo“ zerstören wollten. Was ihnen jedoch nicht gelingen wird.

De Maizière hat nicht recht

Wie armselig ist das? Diese Typen, die behaupten, mit dieser Mordtat den Propheten gerächt zu haben, nehmen für sich in Anspruch, ihre Religion verteidigt zu haben. Ganz offensichtlich haben sie ihren Koran nicht gelesen. „Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Allbarmherzigen“, das sind — bei allem Strittigen, was dann folgt — die ersten Worte des Koran, eine Art Präambel, die den Geist kennzeichnet, den die Offenbarungen atmen. Warum haben diese Typen nicht begriffen, was der Kern ihrer Religion ist? Weil sie an die falschen Prediger geraten sind? Weil sie Hass im Herzen trugen? Weil sie verroht sind — rohe Menschen in einer immer mehr verrohenden Gesellschaft? Wer seines Glaubens sicher ist, braucht ihn nicht nach außen zu verteidigen, nicht mit Waffen und nicht einmal mit Worten. Der kann aufrecht sagen: Ihr wisst ja gar nicht, wovon ihr redet. Offensichtlich waren die Mörder sich ihres Glaubens aber zutiefst unsicher.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hat nicht recht, wenn er sagt, der Anschlag auf „Charlie Hebdo“ habe nichts mit dem Islam zu tun. Natürlich hat das Attentat mit dem Islam zu tun — mit einem Islam, der instrumentalisiert und bewusst selektiv ausgelegt wird, um Menschen zu manipulieren und zu Gewalttätern zu machen. So wird daraus eine Ideologie des Hasses. Wie wird das möglich? Wie kann eine Schrift, die der Barmherzigkeit gewidmet ist, vorsätzlich derart missbraucht werden? Das sind Fragen, die sicher nicht nur mich umtreiben und auf die ich noch immer keine befriedigenden Antworten weiß, obwohl diese Probleme nicht neu sind.

Ein bisschen Analyse

Liebe HassEines ist klar: Die Sache ist komplex. Sie hat zum Beispiel mit dem späten Kolonialismus Europas zu tun: Arabien wurde (im Sykes-Picot-Abkommen) federstrichartig und über die Köpfe der Araber hinweg in Interessensphären aufgeteilt. Sie hat auch damit zu tun, dass der islamische Kulturkreis, folgt man Samuel P. Huntington, keinen Kernstaat hat, keinen ideologischen Leuchtturm: Das Osmanische Reich zerfiel am Ende des Ersten Weltkriegs ersatzlos, und es ist möglicherweise kein Zufall, dass nur wenige Jahre später, es müsste um 1927 herum gewesen sein, die ersten Islamisten auftauchten — das war die Geburtsstunde der ägyptischen Muslimbrüder. Sie hat auch mit der Gründung Israels zu tun, mit der Vertreibung hunderttausender Palästinenser und den folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Der US-Imperialismus hat den Islamismus gepampert (und tut es noch), so etwa in Afghanistan, wo die Mudschaheddin, die späteren Taliban, von den USA gegen die sowjetischen Besatzer in Stellung gebracht wurden, ehe sie sich später gegen die USA selbst wandten, aber auch durch die Irak-Kriege und Obamas Drohnenkrieg. Sie hat natürlich auch damit zu tun, dass es im Islam keine zentrale theologische Instanz gibt, die Glaubensdinge für alle Muslime gleichermaßen verbindlich regelt, so wie das etwa im römischen Katholizismus der Fall ist. Und es dürfte weitere Ursachen geben, wie das Bild oben (afp) satirisch andeutet. Unterm Strich mag herauskommen, dass der Islamismus das Resultat einer Folge unaufhörlicher Kränkungen durch den Westen ist. Anders ausgedrückt: Wir (als Erben der Politik unserer Vorfahren) sind mitverantwortlich. Oder vielleicht sogar: Wir sind verantwortlich.

Das gibt natürlich niemandem das Recht zu morden. Ich glaube aber, dass wir nur dann wirksam etwas gegen den Islamismus tun können, wenn wir ihn zu verstehen versuchen. Ich behaupte nicht, dass mir das restlos gelungen ist, aber die Ansätze dürften unstrittig sein. Auch der zweite Schritt nach der Analyse dürfte klar sein: Wir müssen mit den Muslimen reden. Nicht Ausgrenzung ist das Gebot der Stunde, wie jetzt schon wieder von überall her zu hören ist, sondern das Gegenteil: Dialog. Wir sollten Fragen stellen, zuhören und versuchen zu verstehen — in beide Richtungen und in einer Art und Weise, die unserer, die wir zivilisiert miteinander umgehen wollen, würdig ist. Ich bin an einem friedlichen Zusammenleben mit den Muslimen interessiert, die in Deutschland leben, die Deutsche sind und die das Leben in diesem Land mit seinen Freiheiten genauso zu schätzen wissen wie ich.

Das Attentat auf „Charlie Hebdo“ war ein Angriff auf eine Lebensweise, die diese Muslime mit mir teilen. Mit Ihnen hoffentlich auch. Selbst dann, wenn es mal nicht ganz einfach ist, und selbst dann, wenn wir über die Frage, was Satire darf, trotz Tucholsky anscheinend immer noch streiten müssen: Satire darf alles.

Lasst uns reden. Jetzt erst recht.

Dieser Artikel ist eine überarbeitete und erweiterte Fassung des Artikels,
den ich zuvor auf meiner Autoren-Webseite  veröffentlicht habe.
Siehe auch den „Link des Tages“ hier im FR-Blog.

+++

Nun zu den Leserzuschriften. Salim Sami aus Berlin meint:

„Nichts ist schlimmer für Muslime und den Islam als dieses barbarische und feige Massaker. Nichts könnte besser sein für „Pegida“ und die diversen Islamfeinde, um die Islamophobie zu füttern. Not in my/our name! Dieses Massaker ist aus einer einfacher Logik gegen Muslime und den Islam gerichtet!“

Almanya Türk Toplumu von der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Berlin

„Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) verurteilt den tödlichen Anschlag in Paris auf das Schärfste. Der terroristische Überfall zweier Männer auf die Redaktion des Pariser Satiremagazins Charlie Hebdo mit mindestens zwölf Toten ist eine äußerst abscheuliche Tat. Verbrecher, die ihre brutalen Morde und Angriffe mit einer Religion begründen, sind genauso Mörder wie alle anders motivierten Verbrecher. Jedoch dürfen wir es nicht zulassen, dass Rechtspopulisten und Rassisten diese entsetzliche Tat instrumentalisieren, um damit ihre Hetze gegen friedliche Bürger*innen mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Identitäten in Deutschland zu begründen. Terror und Gewalttaten im Namen einer Religion als auch Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung sind nicht hinnehmbar! Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Ermordeten und der Verletzten. “

Jürgen Krüger aus Nürnberg:

„Heute sind wir alle Franzosen und trauern um die Toten von „Charlie Hebdo“. Aber es bleibt die Frage, wie lange wollen wir noch vor religiösen Irren einknicken? Warum habe ich in der FR zwar sehr häufig gute Karikaturen gesehen, aber beim Thema Religion beschränkt man sich bestenfalls auf Tebartz-van Elst oder eine harmlose Papstkarikatur. Sie haben nicht nur das Recht, sondern regelrecht die Pflicht, alle zu verarschen, Juden, Christen, Moslems, Hindus, aber auch Ungläubige usw.
Man braucht sich nämlich nicht zu wundern, wenn „Pegida“ und andere außerparlamentarischen Gruppen Zulauf erhalten und die Anzahl der Nichtwähler immer mehr steigt, wenn die breite Masse das Gefühl hat, dass die Medien vor lauter „political correctness“ Selbstzensur betreiben. Dass Medien, die nicht mehr die Pressefreiheit bis zum Äußersten gegen religiöse Eiferer verteidigen, als „gleichgeschaltete“ „Lügenpresse“ verunglimpft werden, braucht diese eigentlich nicht zu wundern.
Von den moslemischen Einwohnern Europas erwarte ich jetzt machtvolle Demonstrationen auf den Straßen gegen die feigen Mörder im Namen Allahs und nicht nur irgendwelche windelweichen Erklärungen der Verbände oder gar Schweigen! Ich bin gespannt.

Ingrid Brehl aus Bad Vilbel:

„Diese Tat ist verabscheuungswürdig – selbstverständlich – und durch nichts entschuldbar. Wo aber bleibt genau die Toleranz, die wir wie selbstverständlich für unsere Kultur in Anspruch nehmen? Es gehört sich nicht, bestimmte Dinge zu karikieren und dazu gehören auch christliche Werte wie auch Werte Andersdenkender, um diese gewollt in den Schmutz zu ziehen !! Und wo ist der Aufschrei gegen den Werteverfall, der nicht zuletzt in den Medien Einzug gehalten hat?“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Neben dem Schock und der Trauer über den barbarischen Akt gegen die Journalisten von „Charlie Hebdo“ war meine erste Reaktion auf die brutalen Morde die Sorge darüber, wie in Europa und in Deutschland die Reaktionen sein könnten. Fatal wäre es, wenn Journalisten sich in ihrer Freiheit beschneiden ließen und sozusagen bei allen den Islam betreffenden Themen eine Schere im Kopf entwickeln würden. Gerade in der derzeitigen Situation wird es bitter notwendig werden, dass Journalisten und Karikaturisten sich nicht einschüchtern lassen, sondern in ihrem Handeln die Freiheit und nichts anderes zum Maßstab machen werden.
Geradezu angst und bange kann einem werden, wenn man sich vorstellt, dass der Terroranschlag Wasser auf die Mühlen von Islamfeinden („Pegida“ und andere braun schimmernden „Bewegungen“) sein wird. Die Terroristen hätten nämlich dann, wenn Muslime unter Generaltverdacht gestellt würden, ihr Ziel erreicht. Und das Ziel einer wirklich multikulturellen Gesellschaft, in der verschiedene Religionen in Toleranz zusammenleben, darf gerade nach dem Anschlag von Paris nicht aufgegeben werden. Beide Szenarien wären für Freiheit udn Demokratie brandgefährlich und müssen verhindert werden. Schon melden sich wieder die schrecklichen Vereinfacher zu Wort, deren Ziele nicht mit unseren Wertvorstellungen einer liberalen Gesellschaft in Einklang zu bringen sind und die das schreckliche Verbrechen in der französischen Hauptstadt zum Abbau demokraticher Grundelemente instrumentalisieren wollen.“

Martin Köhler aus Frankfurt:

„Noch immer sitze ich fassungslos vor der heutigen Ausgabe der FR. Ich muss bis zum 11.September 2001 zurückdenken, wenn ich mich zu erinnern versuche, wann mich ein solch stumpfer Gewaltakt, wie gestern in Paris verübt, zuletzt so betroffen zurückgelassen hat. Der großartigen Reaktion von Herrn Chalghoumi, dem Vorsitzenden der französischen Imamkonferenz, auch in dessen Wortwahl, ist aus meiner Sicht wenig bis nichts hinzuzufügen. Einzig, in diesem Moment Wut statt Bestürzung zu empfinden, lässt sich für mich nur schwer nachvollziehen.
Nichtsdestotrotz kann auch ich heute Wut empfinden. Und zwar, wenn ich lesen muss, dass sich die CDU-Bundesvizepräsidentin Julia Klöckner dazu hingerissen fühlt, just am Tag der abscheulichen Tat, Islamverbände dazu aufzurufen, diese erstens „zu verurteilen“ und zweitens dies bitteschön genauso vehement zu vollziehen, wie man es mit den PEGIDA Demonstrationen tut. Wenn man es schafft, Frau Klöckner nicht den Zeitpunkt dieser (sicher aus einem größeren Gesamtkontext gerissenen) Aussage vorzuwerfen, ist bereits das ein großer Akt innerer Disziplin. Dass Frau Klöckner damit auf den „PEGIDA-Zug“ selbst aufspringt, indem sie versucht, mit Ihrer politischen Aufforderung Menschen zu erreichen, die zu glauben scheinen, man müsse Muslime dazu auffordern, sich von solchen Massakern zu distanzieren, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.
Keine Angst Frau Klöckner, die Muslime in Deutschland werden sich in – für Sie – atemberaubender Mehrheit von der Schandtat in Paris distanzieren. Ich wäre Ihnen vielmehr dankbar, wenn Sie sich mit der gleichen Vehemenz von PEGIDA distanzieren würden.“

Karsten Neumann aus Nürnberg:

„Thomas de Maizière warnte vor populistischen Brandstiftern in Deutschland. ‚Terroristische Anschläge haben nichts mit dem Islam zu tun‘, sagte der CDU-Politiker“. Tja, so etwas als Schlagzeile auf dem Titel wäre etwas gewesen. Stattdessen die leere Worthülse „Die Meinungsfreiheit bleibt“. Es hätte von Freiheit und von starkem Selbstbewusstsein gezeugt, den üblichen massenmedialen Betreuungsbekundungen etwas Starkes entegenzusetzen, nämlich das, worum es geht: sich die Freiheit nehmen und auch mal (bewusst) etwas anders zu machen. Stattdessen unüberlegter Mainstream. Hier wurde eine große Chance vertan.“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Kann man den Islam unter Generalverdacht stellen, was einer Art kultureller Sippenhaft gleich käm? Nein, das kann man schon aus rechtlichen Gründen nicht … aber es wäre auch extrem gefährlich, einen weltweiten Kulturkampf gegen den Islam los zu brechen. Was aber möglich ist, wäre, die Koransuren oder exegetischen Interpretationen des Korans anzuprangern, nämlich diejenigen, die aufklärerischem Denken total widersprechen. Das gilt insbesondere für das Geschlechterverhältnis und alles , was mit der *Sharia* zusammenhängt. Die Nichttrennung von Staat und Religionsideologie ist von westlich geprägten Gesellschaften nicht hinzunehmen. Ausländer mit muslimischer Herkunft, die sich in Deutschland naturalisieren lassen, müssen zum Beispiel persönlich unterschreiben, daß für sie das deutsche Grundgesetz ü b e r dem Koran steht und daß Mann und Frau vor dem Recht gleich sind. Es darf einfach nicht hingenommen werden, daß muslimische Schülerinnen in Deutschland von ihren Eltern vom Schwimmunterricht oder dem Turnen oder Schulausflügen, auch über mehrere Tage, einfach abgemeldet werden.“

Robert J. Olbricht aus Lübeck:

„Der Terror-Anschlag auf das Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ in Paris hat die Grenzen jeglicher Tolerierbarkeit überschritten. Ich schlage Ihnen daher vor, dass am Tag der Beerdigung Ihrer französischen Kollegen so viele Zeitungen wie nur eben geht – weltweit – mit den Mohammed-Karikaturen aufmachen etwa unter der Überschrift: der missbraucht Prophet und auf der folgenden Seite den Artikel drucken, der kürzlich in Charlie Hebdo über den historischen Mohammed gebracht hat.
Telefonieren, simsen, mailen Sie sich zusammen, in Deutschland, in Europa, weltweit. Sagen Sie: wir sind Journalisten. Wir tun unsere Arbeit. Und wir machen sie weiterhin – gut!“

Ute Hänsel aus Neu-Isenburg:

„Vielen Dank für die Titelseite vom 8.1., aber ich möchte ein Woche lang Zeichungen von Charlie Hebdo auf der Titelseite von der Rundschau  sehen. Dies wäre eine Möglichkeit Solidarität mit dem Satiremagazin zu  zeigen. Wir müssen Solidarität mit den toten Jornalisten zeigen, die mit  viel Mut für die Freiheit gearbeitet haben und letztendlich dafür  gestorben sind.“

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96 Kommentare zu “„Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer“

  1. Die Saat geht leider immer wieder neu auf. Gesät durch die Attentäter des 11. Septembers, getränkt durch die amerikanische Irak Invasion, die folgenden Bürgerkriege in Syrien Irak Nigeria Jemen Afganistan Pakistan Somalia Kenia usw produzieren nicht nur unschuldige opfer, sondern eine verrohte Gesellschaft. Kriege tragen zur Verrohung bei, man vermutete schon 2001 nach den Anschlägen in den USA ein Bürgerkriegsland dahinter. Diese rohe Gewalt, die auf das eigene Leben keine Rücksicht mehr nimmt, – auf das fremde Leben schon gar nicht – hat als Ursache in der Regel einen Bürgerkrieg. Eine Reihe Länder befindet sich in der Gegenwart in einem Bürgerkrieg. Das Ziel westlicher Politik kann und muss nichts anderes sein, als diese Bürgerkriege zu beenden. Zur eigenen Sicherheit dient dieses Ziel. Frankreich erwies sich unter Francoise Hollande als treuer Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terror. Frankreich hat damit den Preis gezahlt für die Militär Interventionen im Irak und in Mali, bezahlt mit einer Gräueltat an Frankreichs Werten. Die USA wurden vom islamistischen Terror an der Wall Street getroffen, Frankreich an seinem Comic Herz.

  2. „Laßt uns reden . Jetzt erst recht.“

    Das ist das wohl beste Instrument als Antwort , es würde tatsächlich bedeuten , zu unseren Werten zu stehen , so wir uns dazu durchringen können.

    Nichts ist abstoßender für solche Extremisten als das Beharren auf differenzierter Diskussion , die sich nicht in die Ecke der einfachen Wahrheiten drängen läßt und die jene Zeit in Anspruch nimmt , die dazu nun einmal benötigt wird .

    Das gilt für oft mittelständische Wohlstandsfaschisten , denen klar gesagt werden muß , daß es kein Sonderrecht auf diskriminierendes Verhalten gibt , nicht nur in Bezug auf den Islam , genauso wie für das ständige Unter-den-Teppich – kehren , das die politische Korrektheit betreibt und das es unmöglich macht , einen Umgang zu finden mit jenem islamischen Faschismus , dessen Existenz nun einmal gegeben ist und der nicht durch Schönrednerei verschwinden wird.

  3. Der Analyse stimme ich ausdrücklich zu. Sie ist nur nicht zu Ende gedacht. Die Entwicklung im Nahen Osten führt, aus in der Analyse sehr gut beschriebenen Gründen, nicht überraschend dazu das der Krieg in Westeuropa Einzug hält. Überraschend ist eigentlich nur das es so lange gedauert hat bis es wieder zu so einem Anschlag gekommen ist. Wir stehen was den Terror angeht nach meiner Meinung vor schweren Zeiten und jeder betroffene Einzelfall ist nicht wirklich in Worte zu fassen, aber das Ganze wird sich ohne eine Änderung der Außenpolitik auch nicht vermeiden lassen.

  4. „Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hat nicht recht, wenn er sagt, der Anschlag auf “Charlie Hebdo” habe nichts mit dem Islam zu tun. Natürlich hat das Attentat mit dem Islam zu tun — mit einem Islam, der instrumentalisiert und bewusst selektiv ausgelegt wird, um Menschen zu manipulieren und zu Gewalttätern zu machen.“ Zitat aus Bronski´s Eröffnung.

    Hat das Pariser Massaker nun mit dem Islam zu tun oder nicht ? Das Entsetzen ist noch frisch, uind sofort fängt die Welt an, sich zu zerstreiten, obwohl sie sich doch einig ist. Dabei hat de Maizière nichts anderes gesagt als Bronski. Seine Absicht war, den Mißbrauch des Islam zu treffen, nur hat er dafür andere Worte gewählt. Denn mit „nichts mit dem Islam zu tun“ und „instrumentalisiert“ wird die gleiche Absicht ausgedrückt. Nämlich die Distanzierung von einer unmenschlichen, zu allen Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens der Völker im Widerspruch stehenden Rechtfertigung des Hasses an sich ausdrücken zu wollen. Unterschiedliche Wortwahl bei gleicher Absicht. Es ist schon das Wort, das provoziert, das den Streit um Worte befeuert. Da mögen die Absichten noch so gleich sein. In Abwandlung eines Bibelzitats könnte man auch sagen, das Wort ward Streit, und der Streit wohnte unter uns. Vielleicht sollten wir doch öfters nach der Absicht fragen, die dem Gebrauch eines Wortes unterliegt. Damit ließe sich vielfaches Mißverstehen vermeiden. Und damit ein Streit um Worte.

  5. Hallo Her Grebe,

    natürlich verlieren sich, je nach politischen Interessen, die Apologeten schnell in das eigene, schützende Begriffswirrwar.

    Natürlich haben extremistisch begründete Verbrechen immer etwas mit der dahinter stehenden Ideologie zu tun. Es käme auch niemand auf die Idee einem Nazi zu glauben: „Klar bin ich Nazi, aber das hat nicht mit Mein Kampf und den Verbrechen des Nationalsozialismus zu tun“!

    Aber natürlich sind aus polizeilicher und kriminologischer Sicht nur die Täter verantwortlich, denn diese haben den Tatentschluss durch Vorbereitungshandlungen und Begehung der Tat umgesetzt.

    Es waren auch nicht, wie man nun wieder vereinzelt lesen konnte, die Waffen welche die Täter zur Tat getrieben hätten, sondern es war der offenkundige Wille der Täter selbst!

    Bei genauerer Prüfung der Rechtfertigungsgründe im Extremismusbereich treten eigentlich nur zwei Gruppen von Tätern auf, ganz egal ob Faschist oder Religionsfaschist.

    Das sind einmal die tatsächlich nur in Ihrem „Glauben“ handelnden Personen, oft genug seit frühster Jugend indoktriniert und gehirngewaschen und dann die Gruppe der Menschen die gerne Gewalt anwenden und nur einen Rechtfertigungsgrund suchen. Möglichst einen ideologischen weil solche Motive oft als „ehrbar“ angesehen werden.

    Es fällt also letzlich immer auf die Menschen zurück die die Täter formen, fördern und anleiten. Schuld im strafrectlichen Sinne haben jeweils nur die Tatbeteiligten, denn Gesinnung, sei die noch so FDGO-feindlich, ist nicht justiziabel.

    Natürlich wird auch entschuldigt und beschwichtigt, lesen Sie nur mal die Artikel bei ZO-online. Da kann man noch etwas über vorauseilenden Gehorsam lernen.

    KM

  6. Ich möchte politischen Analysen, die mit Sicherheit in den nächsten Tagen und Wochen gefragt sind, zuerst Informationen aus französischen Medien zur Verfügung stellen, die vielleicht nicht von jedem genutzt werden (können).
    Die Diskussion in Frankreich stellt (1) den Vorstoß von Maine Le Pen bezüglich Todesstrafe und (2) den Aufruf der Linken zu einem Marsch der „nationalen Einheit“ am Sonntag, 11.1. in den Vordergrund.

    Zu (1)
    Dass Marine Le Pen ausgerechnet den nationalen Trauertag in Frankreich auserwählt hat, um wenige Stunden nach dem schrecklichen Attentat die von ihrem Vater mehrfach vorgebrachte Forderung auf Abstimmung über Wiedereinführung der Todesstrafe zu erneuern, ist bezeichnend für die Vorgehensweisen des Front National und dürfte wohl jede Illusion über einen „pragmatischeren“ FN unter Führung von Le Pens Tochter beenden.
    Für Marine Le Pen ist „ein offener Krieg gegen den radikalen Islam ausgebrochen“ (man beachte: „Islam“, nicht „Islamismus“!). An anderer Stelle spricht sie von „radikalem Islamismus“ als einer „mörderischen Ideologie, die Tausende von Opfern in der Welt fordert“ und dessen „Ziel die Lahmlegung und Unterwerfung oder Zensur durch Angsterzeugung ist“.
    An keiner Stelle wird darauf eingegangen, weshalb die Todesstrafe eine abschreckende Wirkung erzeugen könne und Gefahren des Islamismus beseitigen könne. Verständlich, da hier auch kein plausibler Zusammenhang hergestellt werden kann: Handelt es sich bei den mutmaßlichen Attentätern doch um Franzosen, in Paris geboren, und nicht um muslimische Einwanderer, und sind Djhadisten bekanntermaßen jederzeit bereit, für ihre Ideologie als Selbstmordattentäter zu sterben. Die also den FN-Vorstoß dementsprechend als Ehrerweisung für sich selbst auffassen können.
    In Internetforen wird von radikalen Gruppen, so dem „Blog identitaire“, der von Le Pen vermiedene angebliche Zusammenhang zur Einwanderungsfrage deutlich angesprochen: „Niemand kann behaupten, gegen Djihadismus kämpfen zu können, ohne die massive Einwanderung und die Islamisierung unseres Lands in Frage zu stellen.“
    Die islamophobe „Riposte laïque“ hatte für den 8. Januar zu einer Demonstration gegen die „Islamisierung Frankrteichs“ aufgerufen, ausdrücklich nach dem Vorbild der Dresdner PEGIDA.
    (http://www.lemonde.fr/politique/article/2015/01/08/pour-le-fn-la-guerre-est-ouverte-contre-l-islam-radical_4551642_823448.html)
    Der ehemalige Justizminister Mitterands, Robert Badinter (unter dessen Ägide die Todesstrafe in Frankreich abgeschafft wurde), warnt unter Bezugnahme auf den FN-Vorstoß: „Sie hoffen auch, dass der Zorn und die Empörung, welche die Nation ergriffen haben, bei manchen Menschen ihren Ausdruck in einer Ausgrenzung und Feindschaft gegenüber allen Muslimen Frankreichs finden wird.“
    (MSN France)

    Zu (2)
    Le Pen zeigte sich „empört“, von der französischen Linken bei ihrem Aufruf zum „Marsch der nationalen Einheit“ nicht ausdrücklich eingeladen worden zu sein. Der Sprecher der PS, Carlos Da Silva, begründet dies damit, dass „der Front National die Antithese zu dem darstellt, was Charlie Hebdo repräsentiert“.
    Und der ehemalige Minister François Lamy ergänzt: „Wir laden alle republikanischen und demokratischen Kräfte ein, die das Land einen wollen, nicht diejenigen, die spalten, unsere muslimischen Mitbürger stigmatisieren und die, besonders seit Mittwoch, auf die Verbreitung von Angst spekulieren.“)
    (http://www.lemonde.fr/politique/article/2015/01/09/l-union-nationale-se-brise-sur-la-question-du-fn_4552529_823448.html)

  7. Hallo Herr Müller,

    wie wollen wir denn vermeiden, daß der Islam bzw. die Gesamtheit der Muslime unter Generalverdacht gestellt wird ? Was ja eben ein Kernvorwurf gegen Pegida ist ? Betonen wir wir die Herkunft der Gewaltorgie, ihre Ableitung aus einer Grundidee, und zwar so, als ob die Verbindung intakt ist wie eine Nabelschnur, die die Gewaltidee aus der Muttersubstanz ernährt, in diesem Fall aus der Muttersubstanz des Islam ? Oder definieren wir die Gewaltorgie grundsätzlich als Pervertierung der Grundidee, von ihr abgeschnürt und eigenständig existierend ohne jeden Anspruch, sich auf sie berufen zu können (wie de Maizière es mit seiner Wortwahl in Reinform intendieren dürfte) ?

    Im Prinzip ist es ja völlig korrekt, mit dem Adjektiv “religiös” die Herkunft der Gewaltfantasie zu bezeichnen. Doch gleichzeitig kann darin unausgesprochen auch ein Moment von Bezichtigung liegen, der Bezichtigung des Islam oder sogar des Religiösen als solchem. Die Absichten sind dabei so vielfältig wie die Zahl der Sprecher, die sich äußern. Falls die Bezichtigung nicht direkt beabsichtigt ist, was man Pegida oder Le Pen unterstellen muß. Solange wir mit der Geißelung des verbrecherischen Exzesses auch die Grundidee selbst geißeln wollen, solange dürfte der Schutz vor dem Generalverdacht jedoch ein frommer Wunsch bleiben.

    Es hängt also alles an der Sprache und den Absichten, die der Sprache bzw. Wortwahl unterliegen. Sprache, und zwar wenigstens die offizielle Sprache, sollte befreit sein von verdeckten Nebenabsichten, und zwar so gut es irgend geht. Der – in diesem Fall islamistische – Gewaltexzeß sollte verstanden und bezeichnet werden als reine Projektion auf einen ideenbezogenen Hintergrund, sei er als religiös oder nicht-religiös charakterisiert. Der Gewaltexzeß hat sich dabei von jeder Verbindung zu und Berufbarkeit auf einen Ursprung gelöst, ist als komplett isoliert von diesem Hintergrund aufzufassen und als selbstexistentes, sich auschließlich selbst genügendes Phänomen zu begreifen. Dies befreit die Religion einerseits vom Generalverdacht, aber es verpflichtet sie gleichzeitig auch dazu, in ihrem eigenen Interesse ein Äußerstes zu tun, den Gewaltexzeß als Antagonismus zu ihr selbst zu brandmarken, ihn zu eliminieren und zu ächten. Dies wird auch dem Islam umso energischer, ja radikaler gelingen, je sicherer er sich davor gefeit fühlt, in seinem Wesenskern selbst mit dem Gewaltexzeß in Verbindung gebracht zu werden. Schutz und Verpflichtung sind die beiden Seiten der Medaille, und sie könnten sogar eine Chance dafür eröffnen, daß auch die Scharia eines Tages einer kritischen Überprüfung innerhalb des Islams und seiner diffizilen Vielfalt an Gemeinschaften zugänglich werden könnte.

  8. Das dürfte ein schönes Jahr 2015 werden, voller Reinwaschungen, Heuchelei, mit dem Finger auf andere zeigen & schwarze Peter ausmachen, etc. pp.
    Dabei scheint es mir so einfach: 3. Reich 2.0 bzw. reloaded, zumindest in den Grundstrukturen. Wer ist an der desolaten Situation vieler Deutscher Schuld, an Arbeitslosigkeit, an wenig Geld, an wachsender Kriminanlität? Genau, die Ausländer, sprich, Muslime. Streicht man „Muslime“ und ersetzt dies durch „Juden“, hat man genau die Parolen, mit denen die braunen Horden damals marschierten, und großen Erfolg hatten. Ich will jetzt PEGIDA & Co. nicht mit Nazis gleichsetzen, aber mir fällt schon auf, das hier einfache, und vor allem falsche Antworten auf die richtigen Fragen gegeben werden.

    Eigentlich müßte sich PEGIDA in PEGADA, oder noch besser, in: PEGNLE umbenennen: Patrioten Gegen (die) Amerikaniserung des Abendlandes, oder auch sperriger: Patrioten gegen die Neo-Liberalisierung Eurupas, umbenennen, weil hier, wie immer, Ursache und Wirkung verwechselt wird. Aber das paßt in unsere „Marktkonforme DEmokratie“: viel Markt, wenig Demokratie, bzw. nur doch der entkernte Rumpf derselben.

    Abgesehen von der Tatsache, daß (nicht nur wir) mit unseren ach so im Export erfolgreichen Rüstungslieferungen in alle Welt kräftig dafür sorgen, daß aufgrund regionaler Bürgerkriege und anderer Konflikte sich Millionen auf Wanderschaft in eine vermeintlich noch heile Welt machen, egal jetzt, ob Mexikaner in die USA oder Syrer und Libanesen zu uns oder Schwarzafrikaner nach Frankreich; überall suchen Menschen ein besseres Zuhause und bekommen dann das Schild hingehalten: Du darfst hier nicht rein, oder wenn, dann nur mit perfekten Deutsch-Kenntnissen, mit guter Ausbildung, und am besten keiner allzu ausgepägten religiösen Einstellung. Wer hat denn für die hohe Arbeitslosigkeit in vielen europäischen Staaten, mit einher gehender Chancen- und vor allem Hoffnungslosigkeit gesorgt? Wohl die neoliberale Gier, das Streben nach immer mehr Profit, der dann nur noch zu erwirtschaften ist, wenn sich Menschen zu unwürdigen Bedingungen als schlecht bezahlte Arbeitssklaven vermarkten, oder sich verschulden bis über die Halskrause, um irgendwie noch mitzuhalten. Das ganze verstärkt durch die deutsche Austeritäts-Politik. Warum merkt keiner, das unsere „schwarze Null“ eine tiefrote Null in den Bilanzen anderer Staaten bedeutet?

    Es ist dann egal, ob wir eine Ausländermaut erhalten, weil wir uns an die Großkopfeten, die hier mehr als 25% Kapitalertragssteuer abdrücken könnten, nicht heran trauen, unsere Sozialsysteme weiter in Grund und Boden stampfen, oder zuschauen, wie Verzweifelte Tausende von Dollar abdrücken, um noch auf irgendeinen Seelenverkäufer zu gelangen, der dann von der Mannschaft irgendwo auf Grund gesetzt wird.

    Hauptsache, wir haben mal wieder einen neuen Feind gefunden, der „an allem“ Schuld ist.

  9. Wie viele Menschen müssen noch sterben bis sich die Religionsführer der drei größten monotheistischen Religionen in Europa (Judentum, Christentum und Islam) darauf besinnen statt dem trennenden die Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Alle glauben an den gleichen Schöpfer nur die Sichtweise ihrer Propheten spaltet. Warum redet man nicht miteinander und sorgt dafür das, außerhalb von Gottesdiensten, z.B. ein Jude in einer Kirche, ein Christ in einer Moschee und ein Moslem in einer Synagoge nach seinem Ritus dem Schöpfer Danken kann. Vielleicht würde es dem jahrhundertelangen religiösen Abschlachten endlich Einhalt gebieten.
    Auch unsere Politiker können mit einfachen Mitteln für Entspannung sorgen. Bildung ist das beste Mittel gegen Gewalt. Auf das Fach Religion in den Schulen sollte verzichtet werden und ein neues Schulfach Ethik und Soziales deutschlandweit als Pflichtfach eingeführt werden. Zusätzlich zur Sozialkunde werden in diesem Schulfach Grundkenntnisse über Hinduismus, Judentum, Buddismus, Christentum, Islam und der Lehre des Konfuzius vermittelt. Gemeinsamkeiten und das Trennende werden herausgearbeitet und besprochen. Spätestens nach zwei Generationen werden sich wohl religiöse Gewalt und die Verunglimpfung anderer Religionen verabschieden. Religionsunterricht können die verschiedenen Religionen in ihren eigenen Räumlichkeiten durchführen.
    Bis diese Maßnahmen greifen können wir uns alle an die bekannten nachfolgenden, etwas modifizierten, Worte halten: Stell dir vor deine Religion ruft zur gewaltsamen Verteidigung ihrer heiligen Schrift und keiner macht mit!
    JE SUIS CHARLIE

  10. Hallo Herr Grebe,

    die Antwort ist nicht einfach. Grundsätzlich ist ein solcher gewaltätiger Ausfluss im dichtomischen Charakter solcher Glaubenskonstrukte angelegt. Man kann mit einigen Bauchschmerzen von einer abstrakten Gefahr sprechen. Die konkrete Gefahr liegt in den Tatentschlüssen von Menschen die auf dem ideologischen Fundament konditioniert worden sind. Das bedeutet auch die „Interpreten“ der Glaubenskonstrukte trifft eine moralische Mitschuld.
    Orientiert man sich an den anderen Buchreligionen, so haben nur Jahrhunderte der Dekonstruktion und Repression mit einer Portion AUfklärung das die Gläubigen ihr Wertesystem entsprechend ordnen.

    Wenn ich dazu in der SZ von Heute lese was u.a. der Vorsitzende des Islamrates abseits der Beileidsbekundungen von sich gibt, so ist der Herr ausweislich seiner Einlassungen auch nicht auf dem Boden der FDGO angekommen.

    Religion macht sicher per se keine Verbrecher, „Mein Kampf“ auch keine Faschisten, aber solche Konstrukte dienen leider entsprechend strukturierten Persönlichkeiten als Rechtfertigunggrund! Von daher kein Generalverdacht, das Wissen um das Gefahrenpotenzial dichtomischer Gedankengebäude reicht.

    Die durch Menschen daraus im Einzelfall resultierende Gewalt hat viele Einzelmotive, aber es hängt für die Beobachter tatsächlich an der differenzeirten darstellung und Erklärung des Sachverhalte, wie Sie ja sehr gut an der Verselbstständigung solcher „Zellen der Gewalt“ ausführen.

    Bleibt nur die Notwendigkeit der differenzierten Sichtweise zu betonen, ist leider im Resultat nicht besonders populär.Sicher nicht einfacher als ein Reformversuch bei den mir starken retadierenden Momenten durchsetzten Religionen.

  11. La France, l’Allemagne, l’Europe tous Ensemble liberté, égalité, fraternité….Charlieberté!

  12. Im Prinzip meine Zustimmung. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob allein durch die Kenntnis und Beschäftigung mit anderen Religionen die Gewalt aus der Welt geschafft werden würde. Der Mensch nützt doch nur die Religionen als Argument, als Begründung und vor allem als Entschuldigung für das Böse und das Inhumane,
    was er Anderen antut und glaubt, antun zu müssen. Auch Kommunismus, Kapitalismus und andere -ismen, wenn sie fundamendalistisch ausgeübt werden, sind (Ersatz-)Religionen. Der Mensch will eben glauben, und nicht zweifeln und dann, vielleicht, auch etwas mehr begreifen und wissen. Und glauben heißt nicht wissen, und wer weiß, braucht keinen, oder zumindest weniger Glauben.

  13. „Spätestens nach zwei Generationen werden sich wohl religiöse Gewalt und die Verunglimpfung anderer Religionen verabschieden.“ Dann bleibt aber noch der Rest. Was hatten wir schon alles: RAF, Rote Brigaden, IRA, ETA, Tamil Tigers, Anders Breivik. Wer das Problem des Terrors auf den Islam oder die Religionen reduziert, macht es sich zu einfach.

  14. @Karl Müller
    „Schuld im strafrechtlichen Sinne haben jeweils nur die Tatbeteiligten, denn Gesinnung, sei die noch so FDGO-feindlich, ist nicht justiziabel.“

    Dies legt den Umkehrschluss nahe, daß eine Gesinnung oder Überzeugung auch nicht strafmildernd wirken darf, und schon gar nicht als Tatmotiv- oder Hintergrund akzeptiert werden darf.

    Insofern wären alle Taten, gleich welches Ausmaß sie annehmen, objektiv als Verbrechen zu behandeln, und nicht als politische oder religiöse Statements.

    Die Betrachtung des Einzelfalles bleibt hier unberührt, selbstverständlich ist jede Verurteilung an den konkreten Umständen auszurichten.

  15. Nähere Betrachtung verdient allerdings auch der Beitrag von Ingrid Brehl. Auch Satire darf nicht alles. Nach Durchsicht der Zeichnungen von Charlie Hebdo bleibt ein Eindruck von haltloser Geschmacklosigkeit, deren Provokationen dazu geeignet sind, gläubige Menschen zu extremen Antworten zu verleiten. Satire soll und muß Grenzen überschreiten, muß zum Denken anregen, aber sie muß so abgewogen sein, daß sie nicht zu haltloser Wut führt. Sie muß sensitiv genug sein, für Grenzüberschreitungen zu werben und ein Nachdenken beim Andersdenkenden zu erzeugen, dieses aber ohne zu beleidigen.

    Dies ist kein Statement gegen die Pressefreiheit, sondern für die Presseverantwortung.

    Verwerflich sind und bleiben mörderische Aktionen. Kein Leben soll für Meinung geopfert werden.

  16. Nein, das ist ein unverblümtes Statment für Zensur.

    Versteckt hinter einer nicht praktikablen Forderung nach „Ausgewogenheit“!

    Wer sich auf diesen Standpunkt stellt, hat Freiheit allerdings auch nicht verdient.

    KM

  17. @ BvG
    „Was darf Satire? – Alles“ – Kurt Tucholsky.
    Selbst in der ausgehenden Weimarer Republik wurde ein Kurt Tucholsky für den Ausspruch „Soldaten sind Mörder“, welcher Rechtsgeschichte geschrieben hat, nicht verurteilt.

  18. Zunächst war ich auch geneigt, zu sagen, daß auch Provokation Grenzen kennen muß. Aber dann habe ich mir gesagt: Nee, wo soll denn da die Grenze sein, ab wann beginnt die Zensur? Wer sich beleidigt fühlen will, und nur auf die geringste Möglichkeit lauert, reagiert auch bei Kinkerlitzchen eingeschnappt und agressiv. Wer persönliche Defizite und Minderwertigkeitsgefühle aufweist, lauert wie ein getretener Hund nur darauf, zuzuschnappen. Ein Hooligan, den man versehentlich anrempelt, wird sich mit „Entschuldigung“ nicht abfinden, sondern sofort zuschlagen.

  19. ich entsinne mich an Mitglieder der Berlusconi Regierung, die auf ihren Shirts Mohamed Karikaturen hatten, damit auf einer Pressekonferenz erschienen sind.. Die islamische Welt war wieder einmal empört, es gab Verletzte und Tote in Libyen, bei den Demonstrationen gegen das bewusst-provokative Verhalten der italienischen Regierungsmitglieder. Das ist bereits einige Jahre her, es hat sich aber nichts geändert, an der Opferrolle, die die islamische Welt für sich in Anspruch nimmt. Wer ist denn nun wirklich das Opfer ? Das gekränkte religiöse Empfinden der Muslime, oder die Toten durch die daraus resultierende Gewalt ?

  20. Reden und schreiben wir angesichts der Morde in Paris vom Wesentlichen; denken wir über Religion nach, über ihre positiven Visionen, aber auch ihre Irrwege. Und vergessen wir dabei nicht Freiheit und Humanismus. So wie das in den Karikaturen von „Charlie Hebdo“ hintergründig und provozierend zum Ausdruck kam und hoffentlich auch weiterhin geschieht.

    Religionen sind Deutungsversuche über das Wesen des Menschen, über seine Herkunft, seine Lebensinhalte, seine Zukunftshoffnungen. Sie beinhalten weisheitliche Erfahrungen aus der Zeit vor ihrer schriftlichen Fixierung, aber sie spiegeln auch Missverständnisse, Fehleinschätzungen und Vorurteile jener Völker und Gesellschaften, aus denen sie hervorgegangen sind.
    An den Büchern des Alten Testaments (der Hebräischen Bibel) lassen sich die unterschiedlichen Entwicklungsstufen von Gottesvorstellungen und menschlicher Bestimmung besonders gut ablesen.
    Beim Neuen Testament gelingt das eigentlich nur, wenn man es im Kontext mit dem Alten Testament versucht. Denn der Opfertod Jesu hat viel mit der griechischen Götterwelt, aber kaum etwas mit dem Gott Israels gemein, obwohl das Christentum aus einem innerjüdischen Konflikt hervorging.

    Nicht zuletzt aus dieser Problematik erwächst der christliche Fundamentalismus, der sich bis auf den heutigen Tag im Streit mit der historisch-kritischen Erforschung der Bibel befindet. Nur wenige christliche Theologen waren und sind bereit, die Dynamik der Gottesvorstellungen und religiösen Riten, die in den alttestamentlichen Schriften enthalten sind, für eine jeweilige neue Zeit, eine jeweilige Moderne, fortzudenken. Und falls doch, verblieben und verbleiben diese Erkenntnisse vielfach in den theologischen Fakultäten, an den Gemeinden sind sie ziemlich spurlos vorbeigegangen. In Regionen, die von katholischer Volksfrömmigkeit oder vom evangelischen Pietismus geprägt sind, scheint die Zeit bis heute still zu stehen – mit Auswirkungen auf die parteipolitischen Präferenzen der Gläubigen. Und dies vom Münsterland über das Rheinland und Württemberg bis zum amerikanischen Mittelwesten.

    Der Islam, die dritte der abrahamitischen Religionen, hat es am wenigsten vermocht, seine ethischen Regeln und seine transzendenten Verheißungen einer historisch-kritischen Betrachtung zu unterwerfen. Die politisch feudalen Verhältnisse aus Mohammeds Zeit, die sich in seinen Offenbarungen spiegeln (auch wenn sich der Prophet erkennbar um Verbesserungen bemühte), sind in Arabien mehr oder weniger unverändert vorhanden; ebenso in den Ländern, wo der Islam später Fuß fassen konnte.

    Politische Umwälzungen bedeuten dort lediglich den Austausch der Herrscher, aber keine qualitative Veränderung der Systeme und keineswegs die Installierung unveräußerlicher Menschen- und Freiheitsrechte. Eine bürgerliche Revolution hat mit Ausnahme von Atatürks Türkei (und auch dort nur sehr bedingt und letztlich unvollendet) nirgendwo stattgefunden. Sozialistische, gar kommunistische Parteien, welche die Interessen der arbeitenden und besitzlosen Bevölkerung vertreten, sucht man in Saudi-Arabien, den Emiraten, aber auch in Palästina vergebens.

    Muslime, also die Mehrheit der Zuwanderer aus arabischen Ländern einschließlich der Türkei, die in Deutschland und den Nachbarländern ihre berechtigten Ansprüche auf gesellschaftliche Teilhabe geltend machen, betonen häufig im gleichen Atemzug ihre kulturelle Identität, was jedoch auf die unkritische Übernahme religiöser Traditionen aus un- und vordemokratischen Gesellschaften hinausläuft (unter weitgehender Nichtbeachtung der Literatur, der Kunst und der naturwissenschaftlichen Errungenschaften) und einer Emanzipation zuwiderläuft. Im schlimmsten Fall ergreifen sie Partei für einen islamistischen Staat (und nicht etwa für Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit) und verinnerlichen eine faschistoide Märtyrerideologie.
    In Paris haben Verblendete jetzt jene ermordet, die ihnen das Elend der Verhältnisse in drastischen Bildern vor Augen führten. Die Mahner und Propheten wurden als Schuldige ausgemacht, nicht aber die Widerwärtigkeiten, vor denen sie warnten.

    Es ist zu befürchten, dass zu denen, die in Frankreich einen politischen Gewinn aus den Ereignissen erzielen, auch und besonders der Front National zählen wird.

    Aber auch in Deutschland, vor allem in den neuen Bundesländern, erleben wir derzeit eine Korrelation zwischen religiösem Fundamentalismus islamischer Prägung und reaktionärer Kleinbürgermentalität. Beide fürchten sich vor der Freiheit, nämlich jener Freiheit, die eine sich verändernde, überlebte Strukturen abwerfende Welt (Gesellschaft) systembedingt hervorbringt. Wobei sich letztere zu allen Zeiten verändert hat, während und nach den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen des 19. und 20. Jahrhundert allerdings offensichtlich schneller als vordem.

    Der Sozialpsychologe Erich Fromm hatte sich bereits 1941 mit diesem Phänomen in einer umfassenden Untersuchung auseinandergesetzt: „Die Furcht vor der Freiheit“ („Escape from Freedom“). Für Fromm bedeutete Freiheit die positive Verwirklichung des individuellen Selbst. Sie ermögliche dem Menschen, seine intellektuellen, emotionalen und sinnlichen Möglichkeiten zu entfalten und diese solidarisch in die Gesellschaft einzubringen. Und er grenzte seinen Freiheitsbegriff deutlich ab von egoistischen, eigentumsbezogenen Parolen gleichen Namens (Joachim Gauck z.B. würde sich in Fromms Definition von Freiheit nicht wiederfinden).

    Eine so verstandene Freiheit, die einer neuen und humanen Welt den Weg ebnet, kollidiert zwangsläufig sowohl mit politischen und wirtschaftlichen Herrschaftsstrukturen als auch mit jenen religiösen Überzeugungen, welche lediglich die weltliche Macht widerspiegeln dabei eine schlichte „Du darfst“- bzw. „Du darfst nicht“-Moral verkünden.

    Mit dem Verlust dieser überkommenen Werte und dem Zugewinn an Freiheit gehen für nicht wenige Menschen Gefühle wie Angst und Ohnmacht sowie Minderwertig- und Bedeutungslosigkeit einher. Diese verhindern das Bewusstsein sowohl für die wirklich vorhandenen Benachteiligungen und Abhängigkeiten als auch für die objektiv anstehenden Aufgaben. Folglich stellt sich eine Flucht vor der Welt ein, eine Flucht in vermeintliche einfache Wahrheiten und damit in autoritäre und reaktionäre Bewegungen.

    Wir stehen am Scheideweg. Unter dem Eindruck des Anschlags auf „Charlie Hebdo“ wächst meine Überzeugung, dass die Unterscheidung zwischen guten Muslimen (die den einen Teil des Korans ernst nehmen) und bösen Muslimen (die aus dem anderen Teil ihre Argumente ziehen), nicht weiter hilft. Denn alle religiösen Überzeugungen beinhalten den Anspruch auf alleinigen Besitz von Gottesgewissheit, Wahrheit, Moral etc. und stimmen darin mit den Grundsätzen totaler politischer Systeme überein. Nicht beweisbarer Glaube und nicht legitimierbare politische und wirtschaftliche Macht sind Relikte einer überkommenen Welt. Deswegen muss die Gesellschaft säkular, demokratisch und solidarisch werden. Und wenn nicht jetzt, wann dann?

  21. Sehr geehrter Herr Mertens,

    machen Sie bitte die Dinge nicht noch schlimmer. Lassen Sie die Religionen schlicht und einfach in Ruhe. Es führt zu nichts, jetzt einen Krieg gegen die Religionen auszurufen. Es gilt nun, die islamischen Glaubensgemeinschaften in ihrem Bemühen zu unterstützen, sich der gewalttätigen Fremdkörper in ihren Reihen zu entledigen und dies nach außen auf eine Weise zu dokumentieren, daß kaum noch ein Raum für Fehldeutungen bleibt. Ein Generalverdacht gegen Muslime kann auch vermittels grundsätzlicher Religionskritik gestreut werden. Wir sollten alles unterlassen, was das Zusammenleben mit unseren muslimischen Nachbarn im Lande erschweren könnte. Es ist ohnehin nicht einfach, den Rechtspopulisten in ihren aufwieglerischen Arm zu fallen. Machen wir es also nicht noch schlimmer, indem wir unnötige Fronten eröffnen.

  22. @Karl Müller
    Als professioneller Verteidiger der Rechtsordnung dürfte Ihnen bekannt sein, dass das Recht der Kunst und Presse dort endet, wo Rechte anderer verletzt werden. Damit darf auch Satire nicht alles, keine Volksverhetzung betreiben (wie die antisemitischen Karikaturen des Stürmer) und auch nicht verleumden oder beleidigen. Nicht nur die Pressefreiheit ist ein Grundrecht, sondern im Grundgesetz steht auch, dass die „Würde des Menschen unantastbar ist“. Ob die rechtlichen Grenzen überschritten werden, hat die unabhängige Justiz zu entscheiden, mit dem Bundesverfassungsgericht als höchster Instanz. Darüber hinaus ist nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, auch moralisch gerechtfertigt, wofür auch die Zeitung mit den großen Überschriften täglich Beispiele liefert. Auch der Streit darüber, was Satire (und Kunst insgesamt) darf oder sollte, gehört zu einer freien Gesellschaft, solange dieser Streit mit friedlichen Mitteln ausgetragen wird. Durch Terror egal welcher Couleur dürfen wir uns weder zur Zensur (auch in Form der Selbstzensur) zwingen lassen, noch darf er als Rechtfertigung hemmungsloser Hetze genutzt werden. Auch ich bin Charlie, auch wenn ich nicht unbedingt die Art der Karikaturen von Charlie Hebdo gut finde.

    @ Bronski
    Gibt es technische Probleme mit dem Blog? Ich kann zwar auf einzelne Beiträge antworten, aber nicht neue Beiträge schreiben.

  23. @ JaM

    Ja, das ist offenbar so und wird sich vor Montag auch nicht ändern lassen.

    @ all

    Aus welchen Gründen auch immer: Das Kommentarfeld zur Eingabe neuer Beiträge befindet sich neuerdings ÜBER der laufenden Diskussion, nicht mehr darunter. Wir werden das natürlich wieder ändern.

  24. Der Ernst der Lage tritt allmählich in aller Bewußtsein. So entwickeln sich die Kriege der Zukunft. Keine Sicherheit mehr, nirgends. Europa erwacht langsam aus sattem Schlaf. Doch wer beantwortet: Was, Woher, Warum ? Was hilft ? Können unsere Regierungen noch regieren oder nur noch reagieren ? Ich fürchte, sie können es nicht, haben ja nur „Verwalten“ gelernt.

  25. Die islamistischen Terroristen von Paris haben gleichermaßen Säkulare und Religiöse – Juden, Christen und Muslime – umgebracht. Ihr Hass richtet sich gegen jeden, der ihre unmenschliche, blasphemische Weltsicht nicht teilt. Lasst uns diese klare Trennungsfront jetzt nicht durch falsche Schuldzuweisungen verwischen und uns durch religions- oder islamkritische Diskurse – so wichtig auch diese sein mögen – nicht auseinander dividieren.

    Am Islamismus ist weder der Westen noch Israel Schuld, sonder diejenigen, die aus Furcht vor der Moderne aus Versatzstücken der Religion eine pervertierte Ideologie formulieren, für die sie vor allem unter den Labilen und leicht Verführbaren die „Kämpfer“ rekrutieren. Es sind nicht die in ihrer (manchmal sehr konservativen) Religion fest Verankerten, sondern fast ausschließlich die „Bekehrten“ (geborene Muslime, die vorher einen ausgesprochen „unislamischen“ Lebenswandel geführt haben, oder Konvertiten), die zu Islamisten werden.

  26. Bei dem neapolitanischen Philosophen Luciano de Crescenzo, welcher sich lieber in den Gassen seiner Heimatstadt Neapel unters Volk gemischt und diesem aufs Maul geschaut hat, als sich hochgeistig im Elfenbeinturm in sich selbst versenkte, fand ich folgenden, für mich klassischen und klasse Gedanken:

    „Eine politische Ideologie sollte man nie nach ihren Zielen beurteilen, sondern nach den Methoden, mit denen sie erreicht werden sollen.“

    Darauf einen Grappa.

  27. @ werner.h
    Sind Sie bisher mit geschlossenen Augen durch die Welt gelaufen? Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass schon seit Jahren Sicherheit nichts Selbstverständliches ist und dass in ganz Europa z.B. jüdische Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Gemeindehäuser und Synagogen unter Polizeischutz stehen – und trotzdem Ziel von Anschlägen wurden?

    Wenn Sie unseren Regierungen vorhalten, nur „verwalten“ zu können: Welche wirksame Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach Terroranschläge wirksam verhindern, ohne unsere freiheitliche Rechts- und Geselschaftsordnung aufzugeben?

  28. @ Klaus Philipp Mertens 10. Januar 2015 15:27
    „Unter dem Eindruck des Anschlags auf „Charlie Hebdo“ wächst meine Überzeugung, dass die Unterscheidung zwischen guten Muslimen (die den einen Teil des Korans ernst nehmen) und bösen Muslimen (die aus dem anderen Teil ihre Argumente ziehen), nicht weiter hilft. Denn alle religiösen Überzeugungen beinhalten den Anspruch auf alleinigen Besitz von Gottesgewissheit, Wahrheit, Moral etc. und stimmen darin mit den Grundsätzen totaler politischer Systeme überein.“

    Ich widerspreche ganz entschieden.
    Ganz im Gegenteil halte ich exakte die Unterscheidung nicht zwischen „guten“ und „bösen“ Muslimen, wohl aber zwischen religiöser Überzeugung einerseits und pervertierendem Missbrauch andererseits, kriminelle Instinkte religiös zu überhöhen und sich blasphematorisch selbst zum Weltenrichter zu erklären, als die einzig verantwortbare Haltung.
    Das heißt nicht, dass „Islamkritik“ illegitim wäre. Das ist sie ebenso wenig wie Kritik – auch scharfe – am Christentum oder Judentum oder an Religion überhaupt. Legitim ist solche Kritik an philosophischen, religiösen oder moralischen Systemen, die immer „abstrakt“ ist, also von den Individuen abstrahiert, so lange, als sie sich dieses Sachverhalts bewusst bleibt.
    Erkenntnistheoretisch lässt sich aus der empirischen Erfassung einer Fülle individueller Erscheinungen (etwa alle Deutschen in ihrer Gesamtheit) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf gewisse, die einzelnen Individuen übergreifende Merkmale schließen (etwa was für „den“ Deutschen charakteristisch ist), niemals jedoch lässt sich das einzelne Individuum als solches aus den abstrahierten „Merkmalen“ erschließen.
    Wo aber eben dies versucht wird, wo aus der Abstraktion (hier etwa einem bestimmten Koranvers) versucht wird, das konkrete Verhalten eines Menschen in seiner Gesamtheit zu bestimmen, wird der Boden legitimer Kritik verlassen.
    Und wo – so bei Pegida – daraus gar die Berechtigung zur Be- und Verurteilung ganzer Menschengruppen geschlossen und deren Absonderung gefordert wird, schlägt die Kritik um in totalitäre Ideologie. Denn sie respektiert Menschen nicht mehr in ihrer Individualität, sondern betrachtet sie als reine Gefäße für pseudowissenschaftlich erfasste abstrakte Ideen. Das hat nichts mehr mit legitimer gesellschaftlicher Kritik zu tun, ist auch nicht durch irgendwelche berechtigte Ängste zu legitimieren, sondern ist reine Demagogie.

  29. Wolfgang Fladung 10. Januar 2015 12:57
    „Ein Hooligan, den man versehentlich anrempelt, wird sich mit “Entschuldigung” nicht abfinden, sondern sofort zuschlagen.“

    Nicht nur das. Er fühlt sich dabei auch als Opfer und den anderen als Aggressor. (Das kann jeder Kriminologe bestätigen.) Die Begründung dafür lautet: Der hat mich (oder schlimmer: meine Freundin) blöd angeschaut.
    Zu Fontanes Zeiten hieß das: „Sie haben mich fixiert!“ Und es führte unweigerlich zum Duell. –
    Ein Hinweis vielleicht, dass sich seither nur in der äußeren Erscheinungsform einiges, im wesentlichen menschlichen Verhalten jedoch wenig geändert hat.

  30. @BvG

    Da haben Sie ganz schnell das Problem , was noch erlaubt ist und was nicht mehr , was im Wesentlichen darauf hinaus liefe , daß die strukturell Mächtigsten bestimmen , was geht und was nicht.

    Satire darf alles , nicht zu verwechseln damit , alles auch gut finden zu müssen.
    Ich denke auch , daß die (mir bekannten) Karikaturen von Charlie Hebdo weit überschätzt werden , zuviel Holzhammer , da fehlt völlig jene hintersinnige Subtilität , die eine gute Satire ausmacht.

  31. Impressionen zu „Wir sind Charlie“ in der ostfranzösischen Kleinstadt Langres, 9000 Einwohner, Geburtsort Diderots.
    Eine für so eine kleine Stadt beeindruckende Menge, sehr ruhig, diszipliniert, keine großen Transparente, keine Slogans, nur einige Aufkleber „Je suis Charlie“ – einer davon an der Diderot-Statue. Keine hasserfüllten Gesichter, nur Nachdenklichkeit und Trauer.
    Ruhige Ansprache, ohne Schuldzuweisungen, bisweilen von ruhigem Beifall unterbrochen.
    Eine Demonstration der Solidarität, nicht gegen, sondern für – welche beschämt.
    – Darauf einen guten französischen Wein.

    Zur historischen Erinnerung:
    „Von der Philosophie zur Gottlosigkeit ist es ebenso weit wie von der Religion zum Fanatismus; aber vom Fanatismus zur Barbarei ist es nur ein Schritt.“
    Denis Diderot, 1713-1784 („A mon frère“, in: Essai sur le mérite et la vertu, 1745)

  32. Diese Geschichte ist mir bekannt, aber wie auch JaM weiter oben anmerkt, gibt es sowohl rechtliche Grenzen, als auch moralische und geschmackliche Grenzen, was Satire darf. Auch ist zu diskutieren, was denn Satire überhaupt ist und was sich so nennen darf.
    Ansonsten könnte sich der Deckel von Pandora’s Büchse als Falltüre erweisen.

    Gerade jetzt käme es darauf an, deutlich zu machen, daß man voll und ganz hinter der Meinungs- und Pressefreiheit steht, aber deshalb nicht so blind ist, alles gutzuheißen, was sie hervorbringt.

    Pressefreiheit ist kein Freibrief.
    Vielleicht ist es sogar falsch, den Anschlag und seine Umstände auf dieses Podest „Anschlag auf die Pressefreiheit“ zu heben.

  33. gute Beiträge allesamt philosophisch geschichtlich soziologisch, aber praktisch muss tatsächlich so etwas wie eine Vorratsdatenspeicherung her. Das tut niemanden weh, weil es ja nur Daten sind, dient aber der allgemeinen Sicherheitslage, auch für die Islam Gläubigen selber.

  34. Sybille Berg bringt es bei SPON auf den Punkt, siehe hier: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/charlie-hebdo-sibylle-berg-ueber-das-attentat-von-paris-a-1011873.html

    Und da die Zahl der Ausraster und Ausrastenden wohl zugenommen hat, wird nix helfen, weil all denen mit gutem Zureden und Nachdenken nicht mehr beizukommen ist. Wenn ich Hass auf die Welt habe, dann suche ich mir ein geeignetes Transportmittel, und die Religion bietet sich da wunderbar an. Irgendwie scheint sich nicht die Vernunft zu vermehren, sondern die Dummheit. Warum?

  35. Herr Vololmershausen, wissen Sie nicht, daß es in F. bereits seit Jahren die Vorratsdatenspeicherung gibt? Und mit welchem Erfolg? Wollen Sie eine Überschwemmung mit einem Schöpfbecher bekämpfen? Sie können Daten speichern, wie Sie wollen, aber Sie werden damit nicht bestimmen oder verhindern, wann jemand ausrastet. Und Sie werden nie Taten verhindern, wenn es, wie bei den NSU-Untaten, Symphatisanten der Dienste gibt.

  36. Unehrenhaft ist, daß die Gleichheit der Waffen nicht mehr gewahrt wird. Ob es ein Bleistift, eine Kalaschnikov, eine Drohne oder sonst eine Perfidie ist, ist mir schon gleichviel, Morde werden gegen Schriften, Schriften gegen Morde abgeglichen, Folter gegen Wahrheit, Schuldige gegen Unschuldige, und kein Maß ist mehr erkennbar.

    Alle erscheinen mir als Feiglinge, die nicht mit mir sprechen. Bomben werfen ist ein albernes Kinderspiel, viel leichter, als Reden es ist.

  37. Wenn es stimmt, daß der Islam in seinem Wesenskern eine friedliche Religion ist, und ich zweifele nicht daran, so muß die Frage gestellt werden, warum sie derart anfällig ist gegen radikale Auslegungen. Es schließt sich die Frage an, was die islamischen Glaubensgemeinschaften denn selber tun können, um ihre Religion gegen undemokratische, menschenrechtswidrige und waffengebrauchende Extremlehren zu immunisieren ? Was also hat der Islam in Deutschland und darüber hinaus an innerer Reform zu leisten, was kann er leisten, um sich mit der abendländischen Wertewelt auf unanzweifelbare Weise zu versöhnen und gleichzeitig von extremistischen Auswüchsen für alle Zukunft abzugrenzen ? Was darf von in Deutschland befindlichen islamischen Glaubensgemeinschaften verlangt werden, was darf ihnen an Reformbereitschaft zugemutet werden, um ein latentes Mißtrauen in Teilen der nicht-islamischen Bevölkerung abzubauen ? Muß sich eine vereinheitlichte islamische Reformkirche herausbilden, die sich selbst als komplementär zu einem demokratisch verfaßten, menschenrechtsbasierten Staatswesen definiert ? Sollte es die vereinigte islamische Glaubensgemeinschaft selbst auf sich nehmen zu definieren, welche äußeren Glaubensysmbole auf unvereinbare Auslegungen des Islam hindeuten und daher zu ächten sind ? Muß das Burkaverbot also von der islamischen Reformkirche selbst ausgesprochen werden, oder darf der laizistisch geprägte Staat sich ermächtigt sehen, ein solches Verbot vorauseilend per Gesetz auszusprechen ? Und wie geht der moderne Muslim um mit dem Widerspruch zwischen Scharia und Rechtsstaat ?

    Fragen über Fragen, die das Selbstverständnis des Islam in einer modernen Welt berühren, ohne dabei im mindesten den Islam als Glaubenslehre selbst infrage zu stellen. Es geht um seine Erscheinungsweise, seine innere und äußere Kompatibilität im Zusammenleben mit Menschen anderen Glaubens und anderer Lebenseinstellungen. Denn zum inneren Frieden muß jede gesellschaftliche Gruppe beitragen, insbesondere aber dann, wenn es um die Abwehr von extremistischen Gewaltexzessen geht. Die Frage, ob die islamischen Glaubensgemeinschaften dabei mehr tun können, greift das Problem des Generalverdachts auf, der von Teilen der Bevölkerung den Muslimen angehängt wird. Denn er ist existent, wie wenig erwünscht er auch ist. Nehmen wir ihn als Gefahr, gegen die sich mehr unternehmen läßt, als bloßen Widerspruch zu artikulieren.

  38. Bedauerlicherweise hat sich die FR der konzertierten Aktion des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger angeschlossen und eine Karikatur auf der ersten Seite gebracht, die Pegida in Verbindung mit dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift bringt (FR vom 10.01.15). Damit wird beim Rezipienten der Eindruck erweckt, die Pegida-Demostranten steckten unter derselben Decke wie die Mörder. Dabei wird gegenteilig die Sichtweise der Pegida-Anhänger durch die Attentate bestätigt. Denn die Mörder haben ihre schrecklichen Taten mit dem Islam begründet. Sowohl ‚Charlie Hebdo‘ als auch die Pegida-Leute kritisieren den Islam. Wobei hinzuzufügen ist, dass ‚Charlie Hebdo‘ alle religiösen Erscheinungsformen ins Visier nimmt, während die Pegida-Anhänger sich auf ihre eigene christliche Tradition berufen. Trotzdem: Zwangsläufig müssen sich die Pegida-Anhänger von der Haltung der Zeitschrift ‚Charlie Hebdo‘ bestätigt sehen! Deshalb kann die Satire-Zeitschrift aus Pegida-Sicht gar nicht zu dieser behaupteten „Lügenpresse“ gerechnet werden. Aber die Presseorgane, die diese Karikatur abdrucken, werden aus deren Sicht wieder zur „Lügenpresse“, weil sie die Haltung provozieren, Pegida und die Attentäter säßen im selben Boot bzw. entfalteten dieselben Folgen, nämlich Morde an Journalisten. Damit macht die Presse genau das, was sie den Pegida-Anhängern vorwirft: Sie differenziert nicht, sie transportiert Vorurteile.

  39. Wer sich heute in der ARD den PRESSECLUB und danach in PHOENIX „Presseclub nachgefragt“ angesehen wird, dem wird es vielleicht so wie mir ergangen sein: es haben sich mehr neue Fragen ergeben aber weder Antworten noch Lösungen. Einen Papst oder Ober-Rabbiner wird es nicht geben, weil sich dann Alawiten mit Wahabiten zusammen tun müßten, und auch dies wäre, so es gelänge, nur eine theoretische Lösung. Was ist mit den Abgehängten, den arbeitslosen Muslimen in den frz. Vorstädten, die ihr angeknackstes Ego nur noch von radikalen Predigern aufpolieren lassen? Was passiert bei uns als Nächstes, wenn sich an eine Untat wie dem Brandanschlag auf die HAMBURGER MORGENPOST jetzt Anschläge mit anderer „Qualität“ anschließen. Was passiert dann in rechtsnationalen und rechtsradikalen Kreisen, die nur darauf warten, derartige Anschläge mit Gegengewalt zu beantworten, und mal wieder eine Moschee in Brand setzen?

    Religion ist immer nur ein Transportmittel, um Frust, Wut, Verzweiflung, Ausmachen von Sündenböcken etc. zu finden und dann, weil nicht zur eigenen kruden Sicht passend (nicht nur der religiösen) zu bekämpfen.

    Ich hatte eine Oma mütterlicherseits, die bei uns sieben Jahre wohnte. Nur Kopftuch, obwohl katholisch, jeden Tag Musikfolter mit Absingen über 2 Std. von Marienliedern, sonntags mich mit kaltem Waschlappen und Hautkneifen zum Aufstehen und Kirchgang zwingend, und unserem (meinen) Hund mit Fußtritten traktierend. Wenn ich dann als Jugendlicher nach der christlichen Theorie und der von mir erlebten täglichen Praxis fragte, schaute sie mich nur verständnislos an – sie ging ja täglich in die Kirche, betete Rosenkränze, sang Marienlieder, hatte ein Missionskind, dem sie regelmäßig Geld schickte – war doch alles prima.

    Und damals kam bei mir der Gedanke auf: Böse Menschen ohne Religion sind einfach nur böse, böse m i t Religion handeln gottgefällig und sind GOTT GEFÄLLIG.

    Als der Hund dann, weil meine Mutter es nicht mehr aushielt, vom Tierarzt eingeschläfert wurde, fragte ich, ob er nicht lieber die Oma einschläfern könne.

  40. Sie haben meine Zustimmung. Natürlich ist es unangemessen und eher unverschämt, die ganze (bundesdeutsche) Presse als „Lügenpresse“ hinzustellen.

    Nur frage ich mich sofort und immer wieder: Ist es demgegenüber angemessen und richtig, sämtliche Demonstranten (und implizit die externen Leute, die zu verstehen versuchen) Tag für Tag pauschal als Rassisten, Islamhasser und Idioten (alles Zitate) zu bezeichnen, der Mehrheitsgesellschaft – ich beziehe mich auf die jüngste Bertelsmann-Studie – locker eine Islamophobie zu attestieren, Pegida jetzt bildlich in die Nähe von Attentätern zu rücken?

    Wird da evtl. mit zweierlei Maß gemessen von manchen Journalisten?

    Die Guten dürfen reinhauen und unsachlich sein,

    die Bösen sollen sich gefälligst benehmen und den Guten Respekt bezeugen?

    Ich bin im Moment des Öfteren sehr enttäuscht von den Medien und dem, was sich objektive Berichterstattung und Meinungsfreiheit nennt.

  41. Rudi 11. Jan 12:28

    Ich bin erst durch Ihren Beitrag auf die beiden Karikaturen auf der Titelseite der FR aufmerksam geworden. Auch mir sträuben sich die Haare, wie man Pegida-Demonstranten mit den Schlächtern von Paris thematisch zusammenrühren kann unter dem Titel “Zeichen setzen für Pressefreiheit”. Das ist wirklich starker Tobak. Zumal es zum Recht auf Meinungsfreiheit gehört, auch die Presse zu kritisieren.

    Ich habe dazu auch den Artikel von Arno Widmann (“Das Bild der Macht zerschlagen”) in der gleichen Ausgabe gelesen, den ich für außerordentlich mißglückt halte. Der Begriff “Paranoia” ist für Herrn Widmann keinesfalls allein den Pariser Attentätern vorzubehalten, denen sehr zutreffend eine “paranoische Vernunft” attestiert wird. Wer das Schild “Je suis Charlie” hochhalte, sei nicht unbedingt gefeit dagegen, diese Aufschrift gegen “Lügenpresse” einzutauschen, räsoniert der Autor. Die “Freiheit eines Moslems” sei “so unfrei wie die eines Christenmenschen”. Die Täter werden in einem Atemzug “kaltblütig” und “insouverän” genannt, und einen Moment später fokussiert der Autor Dresden und “Wir sind das Volk” und “Lügenpresse” und nennt dies eine “paranoische Ansicht”. Freiheit sei auch die, “zurückbeleidigen” zu dürfen, die “Konkurrenz unter den Religionen” schüre ihren “Hang zur Paranoia”, und zum Schluß fordert Herr Widmann noch, “den paranoiden Neigungen der Regierenden” nicht nachzugeben.

    Paranoia, wohin der Autor auch blickt. Hat da einer das Unterscheiden verlernt ? Ich fürchte, ja. Die Pariser Mörder haben vor allem das Recht auf Leben mißachtet, welches das höchste Gut ist. Die Pressefreiheit kommt erst deutlich danach. Nennen wir diese Art des unzulässigen Zusammenrührens statt “paranoid” lieber hysterisch und warnen besser vor einer um sich greifenden Hysterie.

  42. Wenn mir was nicht gefällt, schaue ich es nicht mehr an oder lese ich es nicht. Auf gar keinen Fall bringe ich Menschen um, geschweige sogar solche, die völlig unschuldig sind.

  43. Wir sind die Guten, die Muslime die Schlechten.

    Fragen wir mal die Menschen was deutsche Truppen in Afghanistan verteidigen oder sichern sollen. Herr Oberst Klein ließ mal
    eben einen Tanklaster bombardieren Kollateralschaden über 100 unschuldige Menschen. Er wurde zum General befördert. Von den Kollateraltoten durch amerikanische Drohnen will ich gar nicht erst reden. Was denkt ein Moslem darüber?

    Was machten die Amerikaner im Irak? Ressourcen sichern? Welches Chaos haben sie hinterlassen?

    Wie ist das Christentum verbreitet worden? Wer sich in Südamerika nicht taufen lassen wollte, wurde von den Spaniern erschlagen.

    Welche Schreckenstaten sind mit den Kreuzzügen begangen worden? In Jerusalem wurde das Christentum mit dem Schwert verbreitet. Alles vergessen?

    Frieden zwischen den Religionen kann es nur geben, wenn man die eigenen Fehler bereut und Besserung verspricht, aber davon sind wir weit entfernt.

  44. Was ich sagen will : Es gibt keine Sicherheit mehr in unserer globalisierten Welt. Der öffentliche Raum bleibt unsicher. Terroranschläge dieser und ähnlicher Art können höchstens eingedämmt werden, an diesen oder jenen Orten. Fanatiker, die glauben, durch ihre „gottgefälligen Taten“ im Himmel belohnt zu werden, lassen sich durch nichts zurück schrecken. Die Einzelfälle werden sich häufen. Es ist Krieg. Er entwickelt sich nur anders, als wir es bisher gewohnt waren.

  45. Wie will der Westen darauf reagieren, wenn es stimmt, wie einige „Experten“ vermuten, dass Terroristen in mehreren Lagern für solche Anschläge ausgebildet werden, in unsere Städte eingeschleust werden, um dann zur rechten Zeit an den rechten Ort geführt zu werden ? Welche Mächte stehen da dahinter ? Machen wir mit denen eventuell noch gute Geschäfte ?

  46. Ich möchte ihnen ausdrücklich zustimmen. Die Diskussion blendet bisher völlig aus was eigentlich die letzten Jahre passiert. Der Westen befindet sich im Krieg. Ob in Mali, Irak oder auch an anderen Stellen. z.B. In Mali wird vom Westen gekämpft weil die Uranversorgung auch für die AKW in Frankreich verteidigt werden muss. Im Irak geht es um Öl. Ich will das jetzt gar nicht werten. es ist aber doch völlig normal das die Gegner von uns in diesem Krieg, mit ihren Möglichkeiten, den Kampf auch zu uns verlagern wenn sie können. Als Hilfsmittel , um Selbstmordattentäter rekrutieren zu können, benutz man die Religion.
    Das können wir bedauern aber nicht ändern. Es sollte aber jedem klar sein das noch ganz andere Sachen in diesem Kamp möglich und denkbar sind. ich stelle dazu einen Link ein.

  47. > unehrenhaft < das ist es. Es wird nirgends mehr mit gleichen Waffen gekämpft ! Wer macht denn sowas, wer bringt denn endlich wieder Ordnung in dieses Chaos !? Die Führer – ja, wo sind sie denn versteckt ? – wieder auf stolzen Pferden ihren Heeren voran in die Schlacht geritten…

  48. @ Wolfgang Fladung
    Die Speicherung der Verbindungsdaten hat den Anschlag nicht verhindert, wird aber den Ermittlungsbehörden helfen, die Hintermänner der Anschläge zu finden und mehr über die islamistischen Netzwerke zu erfahren. Dies könnte möglicherweise künftige Anschläge verhindern. Eine offene, differenzierte Diskussion des Themas Vorratdatenspeicherung wäre daher wünschenswert, um eine Lösung zu finden, die den Datenschutz nicht aushebelt, aber auch dem hohen Gut des Schutzes von Leben gerecht wird. Vielleich könnte solche Datenspeicherung per Richterbeschluss angeordnet werden, wenn zwar der Verdacht vorliegt, eine Person stehe einem Terrornetzwerk nahe, die Beweise für eine direkte Kommunikationsüberwachung aber noch nicht ausreichen.

  49. @ Rudi 11. Januar 2015 12:28

    Auch ich finde den Aufruf der Zeitungsverleger, vor allem die vorangestellte Satire, ausgesprochen schlecht. Da lagen wohl die Nerven von Leuten blank, die sich seit Monaten (oder gar Jahren) unter einer (zumindest aus ihrer Sicht) ungerechten und bösartigen Dauerverdächtigung fühlen. Was aber keine Entschuldigung sein soll, denn bei diesem Metier muss man auch Souveränität erwarten.
    Auch, wenn man die Satire keineswegs als Gleichsetzung verstehen muss: Diese Deutung wird zumindest nicht ausgeschlossen. Das aber wäre auch von einer Satire zu verlangen, die Grautöne bewusst weglässt.
    Heuchlerisch ist aber auch, sich nach monatelangen bösartigen verallgemeinernden Unterstellungen (in den Foren bei faz.net überschlägt man sich geradezu) derart darüber zu empören, wenn in gleicher Weise zurückgeschlagen wird.
    Es ist auch ein Beleg dafür, dass man nicht im mindesten darüber nachgedacht hat, wem man (auch ungewollt) mit Pauschalverdächtigungen den Boden bereitet, und dass man selbst nach einem so gravierenden Ereignis wie in Paris nicht dazu bereit ist.

    „Dabei wird gegenteilig die Sichtweise der Pegida-Anhänger durch die Attentate bestätigt. Denn die Mörder haben ihre schrecklichen Taten mit dem Islam begründet.“ –
    Diese Behauptung, insbesondere die Begründung, ist so absurd, dass sie keiner ernsthaften Erörterung bedarf. Nicht nur instrumentalisiert sie dieses schreckliche Geschehen, sie billigt den Mördern darüber hinaus auch noch die Deutungshoheit über ihre Schreckenstat zu.
    In Paris wurde heute eine klare Antwort gegeben, und die lautet, dass Menschen, die ihr Betätigungsfeld in der Ausgrenzung Andersgläubiger sehen, die allerletzten sind, die diese Gesellschaft als Mahner und Ratgeber benötigt.

  50. Mein Link ist abhanden gekommen? Außerdem möchte ich mich für die Rechtschreibfehler entschuldigen. Meine Tastatur ist nicht mehr die Neuste.

  51. @ V. Grebe
    Sie verlangen von „dem Islam“, was auch andere Religionen nicht zu leisten im Stande sind. Den katholischen IRA-Terror hat kein Papstwort gestoppt, fundamentalistische Christen in den USA haben ihre Morde an Abtreibungsärzten auch dann nicht gestoppt, als dies von den Kirchenleitungen gefordert wurde. Fanatische „Tierschützer“ fühlen sich weiterhin berechtigt, Tierquäler hinzurichten, ohne von den Tierschutzorganisationen gestoppte werden zu können.

    Ihr Ruf nach einer „Reform“ des Islams ignoriert die Lebenswirklichkeit der Muslime in Deutschland. Wie der jüngste Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung bestätigt hat, bekennen sich 90 % der gläubigen Muslime zu unserer demokratischen Grundordnung. Das ist vermutlich ein höherer Prozentsatz als bei den nicht-muslimischen Deutschen. Die restlichen 10 %, die noch nicht automatisch djihadistische Islamisten sind, lassen sich durch eine wie immer geartete „Reform“ der „Mehrheitsislam“ von ihren fundamentalistischen Überzeugungen nicht abbringen, sondern werden in ihrer Überzeugung, sie vertreten den „wahren Islam“ eher bestärkt.

    Der Veränderungsprozess ist in der muslimischen Community längst im Gange, bis zur Bildung eines (religiösen) Liberal-Islamischen Bundes. Genauso gibt es zahlreiche Beispiele für christlich-muslimischen und jüdisch-christlich-muslimischen Dialog. Diese Entwicklungen werden durch Diskussionen über Verbot der Burka, die in Deutschland kaum eine Muslima trägt, nicht befördert.

    @ Klaus Philipp Mertens
    Einen aufgeklärten Zugang zur ihrer Religion können auch diejenigen entwickeln, die eine historisch-kritische Betrachtung der Offenbarungstexte ablehnen. Im orthodoxen Judentum war dafür der Naturwissenschaftler und Religionsphilosoph Jeschajahu Leibowitz ein hervorragendes Beispiel. Solche Denker, die Aufklärung und Tradition verbinden, gab und gibt es auch im Islam. Für die Lebenspraxis der Muslime sind ohnehin „theologische“ Fragen nachrangig. Dafür, ob Traditionen fortgeführt oder verworfen werden, ist nicht entscheidend, was dazu im Koran „im Wortlaut“ steht, der im hohen Maße interpretierbar ist. Die Quellen, auf die sich Fundamentalisten berufen, stammen oft erst aus dem 19. und 20. Jahrhundert, während „Modernisten“ an Strömungen aus der Zeit der Blüte des toleranten Islams des 12. bis 14. Jahrhunderts anknüpfen können.

    Wenn Sie behaupten, dass „alle religiösen Überzeugungen den Anspruch auf alleinigen Besitz von Gottesgewissheit, Wahrheit, Moral“ beinhalten, dann übernehmen Sie den Standpunkt der Fundamentalisten. Meine Erfahrung aus zahlreichen Gesprächen mit Christen und Muslimen ist eine andere: Wir stimmen überein, dass die Absolute Wahrheit nur Gott besitzt und dass wir uns dieser nur unvollkommen jeder auf seinem Wege nähern können. „Gerechte aller Völker haben ihren Anteil in der kommenden Welt“, heißt es im Talmud. Ähnliche Zitate finden sich auch in der islamischen Religionsliteratur. Und selbst die katholische Kirche hat inzwischen anrkannt, dass es unterschiedliche Wege zum Heil gibt.

  52. @ hans

    Der Link ist nich abhanden gekommen, er wurde von mir eingebettet. Diese ewig langen Links können die Darstellung der Seite im IE zerschießen.

  53. Es gibt Ereignisse und Symbole, die sich unauslöschlich in das kollektive Gedächtnis einprägen. Es können individuelle Taten sein, wie Willy Brandts Kniefall in Warschau, aber auch kollektive, wie die Maueröffnung am 9.11.89 in Berlin.
    So schrecklich der Anlass: die heutige Demonstration von Paris könnte als so ein Ereignis in die Geschichte eingehen. Und es ist neidlos anzuerkennen, dass heute Paris die Hauptstadt der Welt war.
    Anzuerkennen die klare Erkenntnis von Millionen, um welche Werte, über die unschuldigen Opfer hinaus, es geht. Beeindruckend die spontane Solidarität, das Zusammenrücken von Millionen, ungeachtet der Herkunft, religiösen Überzeugung, Lebenseinstellung und Lebensweise, parteipolitischer Orientierung – ein Schulterschluss, der jedem offensteht, der selbst nicht andere aus der Solidargemeinschaft ausschließt oder es zumindest als Fehler erkennt. Ein starkes Zeichen auch, dass selbsternannten „Rettern des Abendlands“ keine Chance geboten wurde, Symbole der Einheit und des Zusammenstehens für sich zu okkupieren, dass diese selbst alleine standen, nicht die, deren Aussonderung sie betrieben.
    Ein Signal, das zumindest die Hoffnung erweckt, dass die Pessimisten unrecht behalten werden, die deren Stärke unterschätzen, die populistische Anti-Reflexe als eine Art Naturgesetz erachten und das friedlicher Zusammenleben von Menschen „unterschiedlicher Kultur und unterschiedlichen Glaubens“ lediglich als „schöne, staatstragende Idee, die an der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu zerschellen droht“. (vgl. http://www.fr-online.de/meinung/charlie-hebdo-islamophobie-wird-weiter-wachsen,1472602,29512842.html).
    Bleibt zu hoffen, dass auch in unserem Land das Signal von Paris verstanden wird.
    Danke, Frankreich!

  54. @werner.h
    Ich weiß nicht, warum Sie an dieser Stelle ironisch antworten. Sie selbst haben geschrieben,
    “ Die Einzelfälle werden sich häufen. Es ist Krieg. Er entwickelt sich nur anders, als wir es bisher gewohnt waren.“
    Welches Regulativ sollte es denn im „Krieg“ noch geben, ausser dem ehrenhaften Verhalten? Ist „ehrenhaft“ für Sie ein veralteter Begriff? Ihrer Unterstellung widerspreche ich vehement. Ehrenhafte Menschen benötigen keine „Führer“.

  55. An diesem Punkt muß man wohl die“ Wir“-Frage stellen.
    Es laufen wieder eine Menge Leute durch die Gegend, die hier und da ein „Wir“ postulieren, gegen was, oder für was, oder auch völlig ohne was.
    Mindestvoraussetzung ist, daß ich gefragt werde. ob ich einem „Wir“ zugehören will, und nur abgezählte Unterstützer bilden ein „Wir“.
    Ansonsten gilt:
    „NOT IN MY NAME!“
    Ich sag‘ schon selbst, wofür ich stehe.

  56. Als Führer waren die Heerführer einer früheren Zeit gemeint, die voran geritten sind. Nicht wie heute, wo sie sich verstecken, um nicht erkannt zu werden. Und mit viel Geld in der Hand die Fäden ziehn.

  57. @ JaM 11. Januar 2015 19:35

    Zur Bertelsmann-Umfrage hier (bei aller Vorsicht, die bei Umfragen immer angebracht ist) eine Präzisierung:
    Nach Erörterung im „Presseclub“ erfasste diese nicht die Gesamtheit Muslime, sondern lediglich die streng religiösen. Die Zustimmung zur FDGO wird demnach bei der Gesamtheit vermutlich noch höher anzusetzen sein. Ungeklärt blieb die Frage nach dem verbliebenen Rest. Hier wurde lediglich die Vermutung geäußert, dass es sich dabei um die in Frage kommende Gruppe gewaltbereiter Islamisten handeln könne.
    Im Übrigen stimme ich völlig mit Ihnen dabei überein, dass Kriterium der Beurteilung von Verträglichkeit mit der westlichen Werteordnung nicht irgendein Koranvers, sondern nur das reale Verhalten der hier lebenden Muslime sein kann. Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Terrorabwehr kann nicht an irgendwelche muslimische Gemeinden delegiert werden. Ebenso wenig kann eine – zweifellos wünschbare – Neustrukturierung derart, dass eine autorisierte Feststellung des „wahren“ Islam überhaupt möglich ist, von außen aufoktroyiert werden, zudem mit Sicherheit nur in einem sehr langwierigen, über Europa hinausgehenden Diskussionsprozess erreichbar.
    Eine solche „Islamdebatte“ demnach als „Lösung“ für aktuell drängende Fragen der Terrorabwehr anzubieten ist also absolut illusorisch.
    Kurzfristig erfolgversprechend kann allein ein interreligiöser und religiös-staatlicher Dialog sein, der sich mit ganz konkreten Fragen, etwa des Umgangs mit „Hasspredigern“ oder Salafisten und gegebenen rechtsstaatlichen Abwehrmöglichkeiten, befasst, und zwar von allen Seiten.
    Muslimischen Gemeinden hier die Alleinschuld anzulasten, während etwa ein notorisch bekannter Salafistenprediger bei Günther Jauch sich eines nahezu ungestörten Dauerrederechts erfreut, halte ich schlicht für heuchlerisch.

  58. JaM 11. Januar 2015 19:35

    Ich hatte Fragen formuliert. Fragen, die sich an die muslimischen Gemeinschaften richten und von diesen zu beantworten sind. Kann der “deutsche” Islam mehr tun, um die Woge der Antipathie und Verdächtigung zu glätten, die über ihn hinwegschwappt ? Das ist meine Frage, und sie greift etwas wenig faßbares, jedoch zweifellos in der Gesellschaft vorhandenes auf. Sie sehen auch an einigen Beträgen hier im Forum, wie schnell andere Religionen in Sippenhaft genommen werden können.

    Wir, und da schließe ich die deutschen Muslime ein, können es uns nicht leisten, auch nur einen Ansatz zu ignorieren, der helfen könnte, den Generalverdacht gegen die Muslime zu zerstreuen, wenigstens aber abzumildern. Ein Generalverdacht ist allein schon ausgesprochen, wenn mit dem Begriff “islamischer Staat” operiert wird. Es war fahrlässig, die Terrormiliz überhaupt mit dem Adjektiv “islamisch” zu belegen, wenn es sich den Erklärungen auch muslimischer Autoritäten zufolge denn um eine mißbräuchliche Begriffsverwendung handelt. Ich glaube, daß der Generalverdacht gegen den Islam bereits tief eingesickert ist in unser aller Denken, ohne daß wir es so richtig bemerkt haben. Wir sind uns nicht ausreichend bewußt geworden, welch große Gefahr hierin für den gesellschaftlichen Zusammenhalt liegt.

    Dieses Problem muß nun in Angriff genommen werden, und es liegt in der Verantwortung der islamischen Glaubensgemeinschaften in unserem Land zu entscheiden, wie sie sich an der Entschärfung beteiligen können. Die Adresse ist dabei nicht der Islam allein, nicht der Blick nach innen auf Glauben, Auslegung, Regeln und Lehrautorität, sondern auch auf die nicht-muslimische Gesellschaft und ihre spezifische Wahrnehmung dessen, was der Islam an Formen der Selbstdarstellung produziert.

    Es sollte möglich sein, daß sich aus den islamischen Glaubensgemeinschaften in Deutschland ein gemeinamer Rat und oberstes Autoritätsgremium formiert, das sehr genau definiert, was als (deutscher) Islam mit all seinen Facetten anzusehen ist und wo die Grenzen zu unakzeptablen und verhetzerischen Auslegungen zu ziehen sind, die dann auch als un-islamisch zu brandmarken wären. Ein “Grundgesetz” in Sachen islamischen Glaubens also, besetzt mit richterlichen Autoritäten, die darüber befinden, was im Zweifel zu erlaubten oder unerlaubten Glaubensauslegungungen oder Glaubensaktivitäten gehört. Wenn es stimmt, daß die Erscheinungsformen des Islam weltweit auch durch die politischen Herrschaftsstrukturen in den jeweiligen Ländern beeinflußt worden sind (so der Islamwissenschaftler bei der Phönix-Runde gestern), so wäre es ein Witz, wenn wir nicht versuchten, diesen Einfluß in unserem Lande und gemäß unserer Verfassungsordnung nach Kräften auszuüben.

  59. @ # 60 V. Grebe (Danke, Bronski, dass die Beiträge jetzt wieder nummeriert werden)
    Die Antwort hat Ihnen Werner Engelmann unter # 59 gegeben: Die schwierige Herausforderung für die islamische Community ist es, die Hassprediger und Fanatiker zu isolieren. Das kann nicht durch Deklarationen, zentrale Gremien oder „oberste Autoritätsgremien“ geschehen, sondern muss in dem Alltagsleben der Moscheevereine und Kulturzentren geschehen, die oft keinem Verband angeschlossen sind. Auch die kürzlich begonnene Ausbildung von Imamen und Religionslehrern an (staatlichen) Universitäten sowie ein zunehmend angebotener islamischer Religionsunterricht an den (staatlichen) Schulen können dazu einen Beitrag leisten.

    An klaren Erklärungen der islamischen Verbände, die den islamistischen Terror verdammen, fehlt es nicht. Die Verbände haben auch Grundsätze zum Islam formuliert, die ein Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten enthalten. Nur nimmt dies die Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis.

    Einen Nachholbedarf sehe ich in der muslimischen Community bei der Bekämpfung von Antisemitismus, der leider unter Jugendlichen türkischer und arabischer Herkunft nicht selten ist. Aber auch dazu gibt es positive Ansätze, die ausgebaut werden müssen.

  60. @ JaM 53

    Wie der jüngste Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung bestätigt hat, bekennen sich 90 % der gläubigen Muslime zu unserer demokratischen Grundordnung.

    Bei solchen Fragen bin ich sehr skeptisch, ob da eine ehrliche Antwort herauskommt. Wenn etwa gefragt wird, ob man gegen Gewalt sei, wird ein ähnliches Resultat zu erwarten sein. Da müsste man schon mehrere Fragen stellen, quasi um den eigentlichen Kern herumfragen, um daraus den Schluss nach einem Bekenntnis zur „demokratischen Grundordnung“ abgesichert behaupten zu können. Ob das Bertelsmann so gehandhabt hat, weiß ich nicht.

    Noch ’ne Anmerkung zu „gläubige Muslime“: Gibt’s auch ungläubige?

  61. Mich überraschen die weltweiten Reaktionen. Was ist an den Taten so ungewöhnlich, dass es zu diesen Reaktionen kommt? Baruch Goldstein und Anders Breivik haben mehr Menschen aus den gleichen niederen Motiven getötet und es gab keine vergleichbaren Reaktionen, weit ich mich erinnere.

  62. @Werner Engelmann 51

    „Dabei wird gegenteilig die Sichtweise der Pegida-Anhänger durch die Attentate bestätigt. Denn die Mörder haben ihre schrecklichen Taten mit dem Islam begründet.“

    „Diese Behauptung“, schreiben Sie über meine Schlussfolgerungen, „insbesondere die Begründung, ist so absurd, dass sie keiner ernsthaften Erörterung bedarf.“

    Mit Verlaub, diese Reaktion kann ich nicht nachvollziehen, zumal sie nicht begründet wird. Die Pegida-Anhänger, die den Islam kritisieren, müssen sich doch bestätigt sehen, wenn die Mörder ihre Taten mit dem Islam begründen. Was soll daran absurd sein? Etwa, dass sie sich nicht auf den Koran beziehen könnten?

    Der Islamwissenschaftler Ednan Aslan, Die Zeit, 17.12.14, sagt: „Ich will es nicht allein auf die Theologie reduzieren. Aber es genügt nicht, den Fundamentalisten entgegenzuhalten, es gebe verschiedene Auslegungsmöglichkeiten des Korans. Wenn meine liberale Auslegung richtig ist, dann kann auch die von Abu Bakr al-Bagdadi, dem Kalifen des IS, richtig sein.“

    Durch den Islamwissenschaftler sehe ich meine Schlussfolgerung bestätigt. Beide Seiten liegen mit ihrer Korandeutung nicht falsch. Beide Seiten werden auf Textstellen verweisen können, die ihre Sichtweise betätigen, ohne dass es großer Interpretationskünste bedarf. Wenn Sie zum Ausdruck bringen wollten, solche Taten gehörten nicht zum Islam und seien deshalb absurd, müssten Sie den Koran um einige Seiten kürzen. Oder, anders formuliert, Sie müssten den Koran zensieren. Aber: Gegen Zensur sind doch alle – fast alle.

    Technische Fragen an Bronski: Formatierungen scheinen nicht zu funktionieren. Den von Ihnen bei Hans eingebetteten Link habe ich nicht gesehen, vielleicht übersehen. Können sie uns evtl. mitteilen, wie das Einbetten von Links funktioniert?

  63. Da ist unserem Kriegsgegner ein Gegenschlag gelungen. Das muss man akzeptieren wenn man Krieg führt. Es wird auch nicht viel nutzen darüber irgendwelche moralische Diskussionen zu führen. Sie gehen nämlich eigentlich am Thema vorbei. Wenn westliche Truppen mal wieder eine Hochzeitsgesellschaft ausradieren findet auch keine Diskussion über den christlichen Glauben statt. Unser Gegner kämpft halt nicht so wie wir es gerne hätten. Das soll im Krieg vorkommen.

  64. zu Rudi
    Mein Link in Beitrag 48 verbirgt sich hinter dem Wort Link. Allerdings würde mich auch interessieren wie das geht, dann könnte ich das selbst machen. Bronski, vielleicht ein Link mit einer Erklärung?

  65. JaM #61 12. Januar 12:52

    Die Historie kann keine Handlungsanleitung sein, heute die Hände in den Schoß zu legen. Insofern kann ich Herrn Engelmann und auch Ihnen in diesem Punkt nicht zustimmen. Ich maße mir nicht an zu wissen, was die muslimischen Verbände in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern bereits getan oder auf den Weg gebracht haben. Als einigermaßen aktiver Mediennutzer ist mir dennoch eine Menge davon unklar geblieben und löst angesichts der zugespitzten Umstände unweigerlich Fragen aus. Wenn es nur ein Kommunikationsproblem ist, dann muß auch dieses energisch angegangen werden. Mir scheint jedoch, es geht um mehr als bloße Kommunikation. Alle Stellschrauben müssen bedient werden, alle. Wenn ihre Jusitierung denn einen positiven Effekt nach sich ziehen kann.

    Es gibt eine durchaus interessierte Öffentlichkeit, die fragt, wie ein moderner, demokratischer und menschenrechtsbasierter Islam sich z.B. zum Anspruch der Scharia stellt, verbindliche Rechtsgrundsätze für jeden Muslim festzulegen. Wie geht ein rechtsstaatlicher Islam mit diesem Problem um ? Dies ist keine Frage, die man Jahrhunderten überantworten kann, sondern sie stellt sich in der Gegenwart.

    Solange der Islam so gstrickt ist, daß jeder Muslim über den Islam alles behaupten darf, ohne den Anspruch zu verlieren, Muslim genannt zu werden, solange haben wir ein Problem. Ein Problem, das nur die Muslime selbst lösen können. Wir sollten sie dazu ermuntern.

  66. @ # 62 und 64 Rudi
    Sicher gibt es mehr oder weniger religiöse Muslime und auch welche, die sich als säkulare Muslime bezeichnen.

    Sie zitieren den Islamwissenschaftler Ednan Aslan: “Ich will es nicht allein auf die Theologie reduzieren. Aber es genügt nicht, den Fundamentalisten entgegenzuhalten, es gebe verschiedene Auslegungsmöglichkeiten des Korans. Wenn meine liberale Auslegung richtig ist, dann kann auch die von Abu Bakr al-Bagdadi, dem Kalifen des IS, richtig sein.” So beliebig ist aber keine Religion, auch der Islam nicht, weil Traditionen und Interpretationen nicht im luftleeren Raum entstehen. Entscheidend aber ist, dass die übergroße Mehrheit der Muslime die Auslegung des Korans durch Al Qauida und den IS nicht für richtig hält.

    @ # 68 V. Grebe
    Ich bin sicher, dass auch die FR über die Erklärungen der deutschen Islamverbände zu den Terroranschlägen von Paris und über ihren Aufruf zur Mahnwache berichtet hat. Im Internet findet man dazu viele Informationen.

    Sie fragen: „Es gibt eine durchaus interessierte Öffentlichkeit, die fragt, wie ein moderner, demokratischer und menschenrechtsbasierter Islam sich z.B. zum Anspruch der Scharia stellt, verbindliche Rechtsgrundsätze für jeden Muslim festzulegen. Wie geht ein rechtsstaatlicher Islam mit diesem Problem um? Dies ist keine Frage, die man Jahrhunderten überantworten kann, sondern sie stellt sich in der Gegenwart.“ Auch dazu kann man klare Antworten finden: Die Scharia (ähnlich der jüdischen Halacha) ist kein geschlossenes Gesetzesbuch, sondern ein System religionsrechtlicher Vorschriften für die Religionsausübung, das Familienrecht, die sozialen und wirtschaftlichen Lebensbereiche, die teilweise – in der jeweiligen Auslegung der einzelnen Gruppierungen im Islam – verbindlich sind, teilweise einen Empfehlungscharakter haben.

    Das wegen der Körperstrafen den Menschenrechten widersprechende Scharia-Strafrecht ist für Muslime in einem nicht-islamischen Staat irrelevant – im Übrigen wird es auch nur in wenigen islamischen Staaten wie Saudi Arabien und der Iran praktiziert (was schlimm genug ist). Ansonsten hat die Scharia in Deutschland wie die Religionsvorschriften der christlichen Kirchen oder berufliches Standesrecht nur eine privatrechtliche Bedeutung, ihre Anwendung beruht auf Freiwilligkeit und darf nicht dem staatlichen Recht widersprechen. So dürfen nach Scharia-Vorschriften z.B. Eheverträge abgefasst, Unterhaltsvereinbarungen getroffen oder Sorgerechtsfragen geregelt werden, wenn diese den gesetzlichen Vorschriften nicht widersprechen. Und selbstverständlich ist es den Muslimen erlaubt, sich an die im Islam allgemein anerkannten Scharia-Vorschriften zu halten, zu denen das Verbot des Genusses von Alkohol und anderen Rauschmitteln, die Speisevorschriften (Verbot von Schweinefleisch) und das Verbot von Glückspiel sowie vom sexuellen Missbrauch (einschließlich des Verbots der Pornographie) gehören.

    Das Auftreten der salafistischen „Scharia-Polizei“ war nicht wegen des Propagierten der Scharia-Vorschriften skandalös, sondern wegen der Anmaßung von Polizeiautorität und dem davon ausgehenden Zwang.

  67. Dieses Hin und Her zwischen religiösen Vorstellungen und deren vermeintlichen Gesetzen lenkt vom Eigentlichen ab: Religion hat als gesetzgebende Kraft im heutigen Leben nichts mehr zu suchen, auch nicht indirekt.
    Niemand ist verpflichtet, sich nach religiösen „Gesetzen“ zu richten. Niemand darf nach ihnen gerichtet werden.

  68. Wie schon in vielen Beiträgen in vielen Jahren anklang, sind religiöse und ideologische Ansätze gänzlich ungeeignet, eine gemeinsame und praktikable Ausführungsvorschrift für die Menschenrechte zu formulieren.

    Wo findet man den Ausgang aus der meinungsgebundenen Beliebigkeit?

    Ich gehe von der Mindestvoraussetzung davon aus, daß die Menschenrechte akzeptiert sind und unwidersprochen bleiben.

  69. @bronski
    off topic:

    Ein Thema wäre vorzuschlagen: Ist die Forderung nach der Todesstrafe verfassungsfeindlich?

  70. @#69: Absolut richtige Aussage. Nur ist das in D (im weitgehenden Gegensatz zu Frankreich) nicht die gelebte Realität. Hierzulande schreiben die Kirchen z. Bsp. vor, an welchen Wochentagen eingekauft werden darf. Oder betrachten wir die Ausnahmeregelungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das den Kirchen gestattet, eigene Regelungen arbeitsrechtlicher Art zu erlassen.

  71. Ich habe nicht viel übrig für die Pegidaleute, aber das geht entschieden zu weit.
    Im heutigen Leitartikel „Missbrauchte Morde“,stört mich ein Satz besonders : „Die Trauer der Pegida-Organisatoren um die ermordeten Journalisten ist so aufrichtig wie das Mitleid des Henkers, der nach der Vollstreckung ins Ohr seines Opfers flüstert : Tut mir leid.“ Dieser Satz stimmt hinten und vorne nicht. Er hört sich ja so an, als ob Pegida die Schuldigen wären! Dürfen sie nicht trauern um die Opfer, ermordet von Fanikern, vor denen diese friedlich Demonstrierenden warnen ? Worauf gründet denn dieser „Hass“, so zu formulieren?

  72. @ BvG # 69
    Man kann ja über alles Mögliche reden, natürlich auch über eine radikale Trennung von Staat und Religion. Ich wäre durchaus dafür.
    Nur: Dass – vorgeblich – religiös motivierte Attentate gerade einen völlig laizistischen Staat wie Frankreich betreffen, beweist ja wohl zu Genüge, wie wenig eine solche Diskussion im Zusammenhang mit Terrorabwehr zur Problemlösung beiträgt.

  73. Mir drängt sich eine Frage auf wenn ich das hier lese. Ob es im 2. Weltkrieg auch eine Diskussion über die Regeln der japanischen Religion gegeben hat als Kamikaze Kämpfer die US Schiffe angegriffen haben?

  74. 68 # JaM

    Vielen Dank für Ihre Erläuterungen, die jedoch nicht eigentlich den Kern des Problems treffen, so wie ich ihn jedenfalls sehe. Sie sagen, an der salafistischen Schariapolizei im Ruhr-Rheingebiet war die Anmaßung von Polizeiautorität skandalös, nicht jedoch die propagierte Scharia-Vorschrift. Ersterem stimme ich selbstverständlich zu, letzterem jedoch nicht, denn bereits ihre Propagierung in Glaubenseinheit mit dem Zwangsmittel der Nötigung ist skandalös.

    Es wäre zu fordern, daß der Islam selbst nicht in dieser Weise interpretiert werden dürfte. Zwang darf aus der islamischen Lehre nicht ableitbar sein, und das nicht nur, weil ein bundesdeutsches Rechtssystem existiert, das Geltung beansprucht. Zwang kann sein Unheil auch in privatem Umfeld entfalten, und die Frage an die islamischen Glaubensgemeinschaften bleibt, wie sie die islamische Lehre aus der Ecke “mißlicher” Interpretierbarkeit herausholen (Anm.: ich sehe und ziehe hier keinerlei Parallele zu der Beschneidung aus (partiell) religiösen Gründen !). Dieses geht nur durch eine lehrverschlankende “Reinigung” des Islam durch den Islam, und zwar von allem, woraus der Dschihadismus abgeleitet werden kann. Das Scharia-Strafrecht ist, wie Sie schreiben, solange “irrelevant”, solange nicht irgendein potentieller Weise auch in Deutschland lebender Muslim für sich daraus persönliche Relevanz ableitet u n d gleichzeitig darauf verweisen kann, sich noch auf dem Boden allgemein akzeptierter Islamlehre zu befinden. Was als Lehre akzeptiert ist, muß dargestellt und klar und unmißverständlich von der problembehafteten Lehrperipherie abgegrenzt werden. Wie will ein aufgeklärter Islam seine Jugend erziehen, wenn er sich nicht ohne Wenn und Aber von extremistischen Islamdefinitionen absetzt ?

    Was ich meine, zeigt ein Beispiel, entnommen der Webseite , der offiziellen Homepage des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Dort schreibt Prof. Mohammed Khallouk, Politologe und Islamwissenschaftler, unter dem Titel “Das Laizitätsprinzip”, Untertitel “das Blutbad in der Redaktion von Charlie Hebdo: Wer trägt die Verantwortung ?” u.a.:

    „Die Religionsfreiheit, nicht nur ein Ideal der westlichen Demokratie, sondern auch im Islam selbst als Achtung vor dem Glauben des Anderen ein Grundprinzip, erfordert ein menschlichen Umgang auch mit denjenigen, die der eigenen Religion skeptisch bis feindlich gegenüberstehen. Zu seinen Lebzeiten sah sich der Prophet mindestens ebenso erniedrigenden Reaktionen konfrontiert, wie sie Muslime im heutigen Europa erfahren. Gewalt erachtete er jedoch nur dort als gerechtfertigt, wo seine Gegner bereits zuvor ebenfalls Gewalt angewandt hatten.“

    Und in einem Kasten auf derselben Seite wird folgendes herausgehoben:

    “Muslime wie Nichtmuslime, die an einer pluralistischen und zugleich humanen Gesellschaft interessiert sind, sind aufgerufen, sich einerseits von Rachegedanken und Gewalt fern zu halten, sowie andererseits den Anhängern der anderen Religionen und Weltanschaungen ihren Respekt entgegenzubringen”

    Wäre der letzte Satz im ersten zitierten Abschnitt schon als Rechtfertigung von Gewalt interpretierbar ? Wäre er es im Zweifel, eine entsprechende Interpretationsgeneigtheit vorausgesetzt ?

    Das Kastenzitat ruft lediglich dazu auf, sich von “Rachegedanken und Gewalt fern zu halten”. Die Unvereinbarkeit von “Rachegedanken und Gewalt” mit der Islamlehre wird jedoch nicht erklärt !

    Der Islam in Deutschland ist seinen Weg der Selbstklärung offenkundig noch nicht zu Ende gegangen. Er sollte es tun, in seinem Interesse, in unser aller Interesse.

  75. @ # 69 BvG

    „Religion hat als gesetzgebende Kraft im heutigen Leben nichts mehr zu suchen, auch nicht indirekt.“

    Damit sprechen Sie Religionen das ab, was Sie vermutlich anderen Weltanschauungen zubilligen, nämlich aus Wertvorstellungen Normen für das Verhalten ihrer Anhänger vorzugeben. Sie akzeptieren vermutlich, dass Veganer eigene Vorstellungen entwickeln, welche Speisen man essen und welche nicht essen sollte. Dem Islam billigen Sie aber nicht zu, Scharia-Speisevorschriften zu haben? Stören Sie sich daran, dass Menschen auf der Basis der christlichen Soziallehre Beteiligungen an Firmen, die an Waffenhandel oder Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, ablehnen, oder dass Muslime nur solche Bankprodukte akzeptieren, die dem in der Scharia verankerten Zinsverbot entsprechen? Solche islamische Fonds sind im Übrigen ein Wachstumsmarkt, auch weil sie die Finanzkrise unbeschadet überstanden haben.

    Religionsnormen müssen sich im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen und können selbstverständlich nur die Angehörigen der jeweiligen Religion binden und diese Bindung muss freiwillig sein, d.h. auch die Religionszugehörigkeit muss kündbar sein. Das staatliche Recht setzt allerdings in vielen Bereichen nur die Mindeststandards. Ohne zusätzliche Werteorientierung wie Respekt, Höflichkeit, Rücksichtsnahme, soziale Empathie und Gerechtigkeit würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Solche Wertevorstellungen sind aber das Ergebnis von Weltanschauungen, zu denen auch Religionen gehören.

  76. #75 hans,
    warum drängt sich Ihnen diese Frage im Zusammenhang mit den hier diskutierten Ansichten auf? Japan war eine Kriegspartei, die USA waren eine Kriegspartei und als Grund für den unseligen Krieg von 1941 bis 1945 zwischen diesen beiden Ländern kann mit Sicherheit keiner der Parteien ein religiöses Motiv unterstellt werden. Die Motivation vieler sogenannter Kamikazeflieger war meines Erachtens einfach die, das eigene Leben gegen den Feind und für das eigene Vaterland zu opfern. Aus heutiger Sicht bestimmt nicht mehr nachvollziehbar, aber dieser Geist war im japanischen Militär lebendig.

  77. @ JaM #77

    Ich glaube nicht, dass Sie BvG richtig interpretieren. Wenn er/sie fordert, dass Religion als gesetzgebende Kraft im heutigen Leben nichts zu suchen habe, meint er vermutlich die parlamentarische Gesetzgebung. Das GG orientiert sich an den Menschenrechten, dazu gehört etwa das Recht der freien Meinungsäußerung oder dass eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden darf. Hier haben wir schon zwei Punkte, die mit dem Koran kollidieren und nicht mit den Menschenrechten vereinbar sind. Deshalb wundere ich mich über die Menschen, die sich als politisch links stehend begreifen, so vehement dafür werben, dass koran-basiertes Denken sich in dieser Republik ausbreiten kann.

  78. Ihnen allen ist schon klar, dass all das, was wir hier fleißig und tiefgründig diskutieren, den Ablauf der zur Zeit in Planung befindlichen Attentate nicht beeinlussen wird? Die Regierenden Politiker dürfen sich natürlich so nicht äußern, wie wir es hier dürfen. Obwohl sie mehr „Wissen“,wogegen wir nur aus den veröffentlichen Meldungen unsere Schlüsse ziehen können.
    Wenn die Attentate als Vergeltung für Bomben- und Drohnenangriffe gelten, haben wir noch einiges zu erwarten. Da hilft doch nicht, wenn zwei durch wochenlanges Warten gelangweilte Polizisten vor einem Objekt plötzlich angegriffen werden, von gut ausgebildeten Terroristen, die umso mehr Lob im Jenseits erhoffen, je mehr Unheil sie anrichten.

  79. Ich weiß nicht, was ich schlimmer finden soll, die beiden Brüder und das Massaker in der Redaktion, oder im Supermarkt Juden zu ermorden. Diese Tat war nicht nur islamistisch, sondern reiner Antisemitismus. Wieder wurden Juden ermordet, einzig aus dem Grund weil es Juden sind. Bei Charlie Hebdo ist wenigstens eine Provokation vorangegangen, bei den unschuldigen Juden im Supermarkt, war es einzig und allein ihr Glaubensbekenntnis. Das war Antisemitismus pur, das war „Mein Kampf“ und nichts anderes als Adolf Hitler und seine Schergen.“ Mein Kampf“ ist verboten und genauso müssen islamistische salafistische Schriften verboten werden, zumindest registriert und gespeichert werden. Die Server sind heutzutage groß genug um große Datensätze zu speichern.

  80. @Engelmann,JaM,rudi

    Ich möchte nicht die Religion aus dem gesellschaftlichen Leben herausdefinieren, sondern eine klare Trennung zwischen parlamentarischer Gesetzgebung und ausserparlamentarischeen „Gesetzen“ haben. Ich habe alle Beiträge hier gelesen und weiß auch, daß es mehrheitlich menschenrechtskonforme und gesetzeskompatible Richtungen in allen Religionen gibt, aber es wäre dem gesellschaftlichen und auch dem religiösen Frieden zuträglicher, es gäbe eine noch deutlichere Trennung, aber auch eine deutlichere Diskussion darüber, was Religion und Gesetzgebung miteinander zu tun haben und was nicht.
    Was letzlich noch immer fehlt, ist eine gemeinsame Grundlage, auf die sich alle Menschen beziehen (und zurückziehen) können, auch wenn die derzeitige Solidarität viel positives enthält.
    Mein Beiträge #69 und #70 gehören zusammen.

    @engelmann Über die angeblichen Motive solcher Attentate hatte ich in #15 etwas geschrieben.

  81. Für einen Großteil der Deutschen scheint der Weg, den die USA gehen, undenkbar. Das kommt immer wieder in den Diskussionen zum Vorschein – auch hier zum Teil im FR Blog – Die Nato ist ein Angriffsbündnis, hieß es mal im Blog. Für die Krise in der Ostukraine ist für Putin Versteher der Westen und insbesondere die USA wieder schuldig. George W. Bush hat eben in seiner Amtszeit ziemlich gewütet, auch was das Verständnis zwischen Amerika und Europa betrifft. Vielleicht ist es wirklich unser Schicksal als Europäer der USA auf ihrem Weg in einen Orwell Staat ( im Guten) zu folgen. Im Gegensatz zu Charlie Hebdo war 9/11 kein terroristischer sondern bereits ein kriegerischer Angriff. Eine Kriegserklärung an die USA, zu Beginn sogar von Unbekannt.Es gibt noch eine Grenze, die vom Terrorismus, der „braunen Horden“, bei 9/11 überschritten wurde.“ Die braunen Horden vornehmlich nehmen sie sich Juden zur Brust, die – wie jeder von uns – gerade in einem Supermarkt einkaufen gehen.

  82. zu @ Manfred Schmidt
    Ich glaube auch nicht das die USA aus religiösen Gründen im Irak einmarschiert sind oder das Gadaffi deshalb gestürzt worden ist. Genauso wenig haben die Franzosen aus religiösen Gründen in Mali gekämpft. Für die Japaner war ihr Kaiser gottgleich wie für die Gegner des Westens ihr Prophet. Da sie in einem offenen Krieg genauso aussichtslos sind wie am Ende es die Japaner waren benutzen sie die Religion um noch eine Möglichkeit des zurück schlagens zu haben. Der Westen befindet sich im Krieg und dieser Krieg wurde dieses mal halt nicht in Afghanistan oder Mali sondern in Paris geführt.

  83. Im Krieg ist es am schönsten Frauen und Kinder umzubringen. Und dabei zu wissen, das nicht dagegen eingeschritten werden kann. Es gibt Menschen die lieben den Krieg und sind Gegner des Friedens. Frieden ist für dieser Menschen was für uns der Krieg ist, jedenfalls nichts Erstrebenswertes. Der eigene Held, der in manchen schlummert, möchte sich beweisen! Das ist im Krieg einfacher, als im Frieden, wo es um Fleiß Rechtsstaatlichkeit und Bildung geht! Dort im demokratischen Rechtsstaat verloren, im Krieg aber werden sie zu Jemanden. Eigentlich nicht anders, wie die verrückten Amokläufer in der USA, aber die sind mit Bekennervideo und dem heiligen Schwur auf das heilige Buch vertreten. Natürlich um damit noch einmal mögliche Nachahmer zu verführen, zu ähnlichen – für uns machtlose – Taten zu ermutigen !

  84. War eigentlich schon raus für heute,
    las in der heutigen Ausgabe im Leserforum auf Seite 19 den Leserbrief von
    Taylan Albayrak aus Bielefeld. Sollte von Allen gelesen werden, ergreift auch
    den, der wie ich den nicht einfachen Abschied von der Kirche vollzogen hat.
    Beneide Jeden, der noch glauben kann, stehe dennoch zum vollzogenen Abschied.

  85. Und noch immer fehlt nach alledem eine Entschuldigung, eine Erklärung und Reaktion der Hersteller der Waffen, die Arbeitsniederlegung bei deutschen Waffenherstellern, und das Angebot der Bundesrepublik, Mitarbeiter solcher Waffenhersteller aus ihren Verträgen herauszulösen und ihnen andere Arbeitsplätze zu verschaffen.

  86. @ Rudi, #64
    „Mit Verlaub, diese Reaktion kann ich nicht nachvollziehen, zumal sie nicht begründet wird. Die Pegida-Anhänger, die den Islam kritisieren, müssen sich doch bestätigt sehen, wenn die Mörder ihre Taten mit dem Islam begründen.“

    Was soll man davon halten, wenn Sie die Begründung einfach „übersehen“, um behaupten zu können, es sei „nicht begründet“?
    Hier nochmal zum Mitschreiben die Begründung:
    „Nicht nur instrumentalisiert sie dieses schreckliche Geschehen, sie billigt den Mördern darüber hinaus auch noch die Deutungshoheit über ihre Schreckenstat zu.“
    Zwar meine ich nicht, dass die Blogger hier Nachhilfe brauchen. Ich kann es aber gern auch deutlicher ausdrücken:
    Kein Kriminologe käme auf die Idee, Rechtfertigungen eines Mörders für seine Mordtat ungeprüft als Wahrheit anzunehmen. –
    Und diese selbstverständliche Vorsorgemaßnahme, um Mördern nicht auf den Leim zu gehen, gilt hier nicht? Islamistische (nicht islamische!) Mörder kann man wie selbstverständlich als Kronzeugen für authentische Interpretation „des Islam“ werten, von ihrer Mordlust (die man ja auch als eine Art „Religion“ werten könnte) einfach abstrahieren? Und all das, weil das bestimmten Islamhassern gerade in den Kram passt, um sich als die großen Mahner zu profilieren, die immer schon alles gewusst haben? – Was ist daran seriös?
    Und was ist seriös daran, Millionen von Muslime unter Generalverdacht zu stellen, egal, wie viel sie sich distanzieren und betroffen zeigen? Für Pegida-Anhänger ist das ja sowieso nur eine „wertlose Standardformel“ und „Verschleierungstaktik“. (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/nach-dem-anschlag-von-paris-muslime-verurteilen-den-terror-13361923.html, Lesermeinungen).

    @ werner.h, #73
    „Im heutigen Leitartikel ‚Missbrauchte Morde‘ stört mich ein Satz besonders : ‚Die Trauer der Pegida-Organisatoren um die ermordeten Journalisten ist so aufrichtig wie das Mitleid des Henkers, der nach der Vollstreckung ins Ohr seines Opfers flüstert : Tut mir leid.‘”

    Ich stimme Ihnen so weit zu, dass dieser Vergleich von Herrn Bommarius ziemlich geschmacklos ist – und verharmlosend für das, was der Vollzug der Todesstrafe wirklich bedeutet. Das, was er aber als Steigerungsformen für „Lügenpresse“ aus dem Web zitiert, ist alles andere als erfunden.
    Ebenso wenig gedankenlos ist die „Gesellschaft für Sprache“, wenn sie dieses „Unworts des Jahres“ als „diffamierend“, „perfide“ und „Gefährdung der für die Demokratie wichtigen Pressefreiheit“ qualifiziert.
    Und wer soll es den überlebenden Mitarbeitern von „Charlie Hebdo“, die um ihre Kollegen trauern, denn verdenken, dass sie „angewidert“ sind, wenn diejenigen, die diese eben noch pauschal beleidigt haben, nun auch noch deren Andenken in Beschlag nehmen und damit beschmutzen?

  87. Es ist unverständlich, daß einige Mitdiskutanten hier ihren antireligiösen Einstellungen zunehmend freien Lauf lassen. Es kann zu nichts führen, es sei denn zu mehr Verwirrung, Gegeneinander und Chaos. Jedem steht es frei, aus welchen Quellen auch immer seine Überzeugungen zu entwickeln, und sei es heraus aus dem unerschütterlichsten Anti-Amerikanismus und Nato-Haß. Sie müssen sich nur auf der gleichen Basis von Demokratie, Recht und gegenseitigem Respekt wiederfinden (siehe auch JaM #77).

    Es gibt Grenzen, deren Überschreiten den Zusammenhang mit welcher Grundüberzeugung auch immer auflösen sollte, sei sie religiöser oder politischer Natur. Wo diese Grenzen nur unscharf gezogen sind, sollten sie präzisiert, unüberhörbar nach außen kommuniziert und mit einem unmißverständlichen Gültigkeitsanspruch versehen werden. Es ist nicht das Christentum, das hier noch nennenswerte Arbeiten zu verrichten hätte. Sie sind längst geleistet, und die Geschichte ist voll von (selbst den grauenhaftesten) Fehlentwicklungen, Abstürzen, Umwälzungen, Abweichungen von der Kernlehre, aber auch der Rückkehr zu derselben. Und selbst erklärte Atheisten plädieren nun dafür, es wenigstens als “Kultur-Christ” oder “Bach-Christ” zu versuchen und schreiben Bücher darüber.

    Mit dem Dschihadismus, dem Terror des pseudo-islamischen Staates und den einschlägigen Koran-Versen gewaltrechtfertigenden Inhalts haben wir einen Zustand des Islam zu beklagen, dem allein schon seine vielen Gesichter nicht zum Vorteil gereichen. Die Gewalt, die von Muslimen gegen Muslime ausgeübt wird, ist allein schon erschütternd genug. Daß sich im Islam etwas klären muß, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Auch von solchen Dächern, unter denen (aufgeklärte) Muslime leben. Wie hat sich der Islam in Deutschland zu definieren ? Es ist schwierig genug, aber die nächsten Generationen potentiell verführbarer Jung-Muslime wächsen auch in Deutschland heran. Erziehungsfragen stellen sich jetzt und müssen jetzt beantwortet werden. Und nicht erst in Jahrhunderten.

  88. @ # 82 BvG
    „Was letztlich noch immer fehlt, ist eine gemeinsame Grundlage, auf die sich alle Menschen beziehen (und zurückziehen) können.“

    Sie verlangen zu viel. Unsere gemeinsame Grundlage sind das Grundgesetz und die gültige Rechtsordnung, mehr gibt zunächst eine pluralistische Gesellschaft nicht her. Nicht einmal das ist ein fester Grund, weil sich, bis auf die Grundrechte, die Rechtsordnung mit der Entwicklung der Gesellschaft laufend verändert: Jedem Bürger und jeder Gruppe von Bürgern steht es frei, eine Änderung oder Ergänzung der Gesätze zu fordern und dafür in einem demokratischen Prozess Mehrheiten zu organisieren.

    Weniger fassbar, aber nicht weniger wirksam, ist eine ethische Grundeinstellung, die offenbar die überwiegende Mehrheit der Menschen auch über Kulturgrenzen weitgehend teilt, auch wenn diese unterschiedlich – als Humanismus, Nächstenliebe, soziale Verantwortung usw. – begründet werden. Diese ethische Basis lässt sich kaum allgemeingültig in abstrakte Begriffe fassen, sondern muss im Alltag in einem mühsamen Dialog ausgehandelt werden. Das ist der Preis der Freiheit.

    @ # 89 V. Grebe

    Sie beklagen „einen Zustand des Islam …, dem allein schon seine vielen Gesichter nicht zum Vorteil gereichen“. Daraus schlussfolgern Sie: „Daß sich im Islam etwas klären muß, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Auch von solchen Dächern, unter denen (aufgeklärte) Muslime leben.“ Damit suggerieren Sie zum einen, dass nur „der Islam“ Klärungsbedarf hat (als ob z.B. die katholische Kirche im speziellen oder unsere Gesellschaft im Allgemeinen ebenso viele Fragen zu klären hätte), zum anderen ignorieren Sie, dass ein solcher Veränderungsprozess in der europäischen und deutschen muslimischen Community längst im Gange ist, auf theologischer Ebene, in den Verbänden und Moscheegemeinden und im Alltagsleben der Muslime. Wenn diese Diskussion nicht im unverbindlich Allgemeinen versanden soll, dann müssen Sie die Defizite, die Sie bei „den Muslimen“ oder im Islam sehen, konkret benennen.

  89. 14.01.14

    Die Politik wird sich nach den Anschlägen in Paris verstärkter Popularität erfreuen, man setzt nun die Hoffnung in eine aktive Regierung und verzeiht daher den Regierenden eher. Das war auch damals in den USA zu beobachten, nach 9/11, Anti Terror Gesetze wurden unter dem Eindruck des Schreckens durchgewunken.

    Tatsächlich passiert doch durch Regierende nichts, bis etwas passiert ist !
    Abgehängt, enttäuscht, depremiert wie soziale Randgruppen, daraus kann sich Aggression und Hass entwickeln.
    Diese Art von Regierenden, etwas beim Status quo zu belassen, bis zu dem Moment, wenn etwas passiert ist, ist eine Fahrlässigkeit von ihnen. Solchen Unglücken wie in Paris geht auch ein fahrlässiges Handeln der politischen Akteure voraus !
    Solange die Aggressionen sich nicht Bahn brechen in einer unhaltbaren Situation, belassen es die Regierenden gerne bei der unhaltbaren Situation. Man belässt es aus Bequemlichkeit oder aus Patronage zu dem eigenen Klientel am status quo, auch wenn es eine Fehlentscheidung ist.
    Nach einem solchen Unglück wie in Paris wird der Politik Einiges nachgesehen, die Gesellschaft will in der Krise eine Führung und ordnet sich mit weniger Kritik unter.

  90. JaM #90

    Ich bin nur Zaungast des Geschehens und drücke hier meine Besorgnis aus. Es gibt Berufenere als mich, über die Sachverhalte des Islam zu diskutieren und reihe mich gern unter die Zuhörer und Lernenden ein. Aber Fragen darf man ja auch stellen, wenn man nicht eigentlich kompetent ist. Unbehagen existiert, mein eigenes Unbehagen ist mir stets und ständig bewußt. Kritisch einhaken sollte immer legitim sein.

    Mein Unbehagen habe ich mit drei Begriffen benannt. Dschihadismus, pseudo-islamischer Staat und Koranverse mit „besonderem“ Inhalt. Gegenüber der mit dem Islam verbundenen Dimension der Gewalt muten die Probleme z.B der katholischen Kirche, so ernst sie auch zu nehmen sind, doch zu bescheiden an, um in einem Atemzuge mit dem islamistischen Terror genannt zu werden. Gegen das allgemeine Unbehagen kann sicher mehr getan werden, so sagen sogar Muslime in Deutschland. Ausruhen ist gegenwärtig nicht angesagt. Ich selbst werde jedenfalls mehr auf diese Fragen achten als bisher.

  91. @ # 92 V. Grebe

    „Kritisch einhaken sollte immer legitim sein.“ Darin stimme ich Ihnen zu. Ohne kritisches Nachfragen bleibt jeder interreligiöser und interkultureller Dialog nur auf der Oberfläche stehen. Kritisches Nachfassen setzt aber voraus, dass man sich zunächst über den Gegenstand seiner Kritik informiert. Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, nicht nur im Internet. Viele Moscheevereine beteiligen sich an dem „Tag der offenen Moschee“ oder laden zu öffentlichem Fastenbrechen während des Ramadan.

    Sonja Zekri bezeichnet es in der gestrigen Süddeutschen Zeitung als „sippenhaftartigen Bekenntniszwang“, dass „selbst jene Muslime, die seit Jahren in Europa still und unbemerkt einen friedlichen, moderaten, demokratiekompatiblen Islam leben, nun bohrende Fragen beantworten müssen: ob ihr Glauben wirklich friedlich, moderat und demokratiekompatibel sein könne“. Sie schreibt weiter: „Und ja, wie in der Bibel gibt es auch im Koran Passagen, die Gewalt gegen Ungläubige fordern. Eine Milliarde Muslime lesen diese Stellen wenn nicht historisch, so doch metaphorisch (oder ignorieren sie einfach, Anmerkung JaM), ohne in den Krieg zu ziehen, eine terroristische Minderheit greift zu Waffen – und beruft sich auf den Koran. Aber wer Kriminellen ihre verquasten religiösen Rechtfertigungen abkauft, nimmt ihre theologische Expertise ernster, als sie es verdient.“

  92. Die pauschale Gleichsetzung von Pegida-Demonstranten mit Hitlergefolge, so geschehen in einer Karikatur von „Charlie Hebdo“ ist vollkommen inakzeptabel.
    Die größte Beleidigung, die einem deutschen Staatsbürger widerfahren kann, ist der Naziverdacht, er sollte, wenn gerechtfertigt, besonders und besonders ernsthaft begründet sein. Der binationalen, veralteten und nicht existenten Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich, die hier auf billigste Weise aufgewärmt wird, muß vehement widersprochen werden.

    „Charlie Hebdo“ ist vorzuwerfen, Ressentiments zu befeuern, anstatt sie aufklärend zu kritisieren.

  93. Mein Verständnis gilt nun eher den Beleidigten, ich finde nicht, daß die Tarnung einer Waffe als Stift die Lösung darstellt. Mein Verständnis gilt aber nur denen, die wirklich beleidigt wurden und die trotzdem eine vernünftige Auseinandersetzung darüber suchen, nicht denen, die bloss randalieren oder jeden Anlass für ihre gewalttätigen Ziele mißbrauchen.

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