Rechtsanwalt und Notar Dr. Horst Hollwegs aus Eppstein im Taunus kommentiert kompetent „hoheitliche Anordnungen“ wie zum Beispiel:
Das UhVorschGEBüG in der Fassung vom 3. Mai 2013!
Der Bundesgesetzgeber hat es in diesem Jahr schon jetzt soweit gebracht, dass das Bundesgesetzblatt, in dem die neuen Gesetze und Verordnungen des Bundes offiziell veröffentlicht („verkündet“) werden, auf über 1100 Seiten angeschwollen ist. Und das Bundesgesetzblatt oder – wie der Profi sagt – das BGBl. wird natürlich im großen DIN-A-4-Format ausgeliefert, damit auf die einzelnen Seiten auch möglichst viel Text passt. Auch das ist ein Zeichen des Fleißes unseres Gesetzgebers. Da wird er auch in diesem Jahr wieder die Dreitausender-Hürde leicht überspringen.
Vorbildlich ist der Gesetzgeber nicht nur in seiner unermüdlichen Schaffensfreude, sondern auch in seinem Bemühen, seinen Gesetzen schöne, neue, kurze Namen zu geben. So finden wir auf Seite 1108 der diesjährigen Ausgabe des BGBl. das Gesetz mit dem Namen „Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz“. Ein trefflicher Name! Es macht richtig Spaß, dem Gesetzgeber dabei zuzusehen, wie er mit diesem Gesetz den bürokratisierten Wust vereinfacht. Das beginnt gleich mit der ersten neuen Gesetzesregel:
„§ 2 Absatz 1 Satz 1 des Unterhaltsvorschussgesetzes …“ (er regelt die Höhe des monatlich zu zahlenden Unterhaltsvorschusses, und nun wird uns also endlich gesagt, wieviel Unterhalt zu zahlen ist) „… wird wie folgt neu gefasst: (Achtung! Jetzt kommt’s!) „Die Unterhaltsleistung (also nicht nur der Unterhalt, sondern sogar die Unterhaltsleistung) wird monatlich in Höhe (Achtung! Gleich kommt’s wirklich!) des sich nach § 1612 a Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 (Nun muss es aber wirklich gleich losgehen!) oder 2 (auch gut) ergebenden monatlichen (Achtung! Jetzt!) Mindestunterhalts gezahlt.“ (Schade, jetzt weiß ich wieder nicht, in welcher Höhe der Unterhalt gezahlt wird. Und ich hatte mich schon so auf die Entbürokratisierung gefreut!)
Nächster Versuch!
Bei § 3 wird dem Satz 1 folgender Satz angefügt:
„Als nicht gezahlt gelten (wieso muss das gesetzlich geregelt werden? Nicht gezahlt ist doch nicht gezahlt, oder?) Unterhaltsleistungen für Zeiten, für die die Unterhaltsleistung trotz unverzüglicher Mitteilung der Änderungen in den Verhältnissen nach § 6 Absatz 4 erbracht wurde, wenn sie nach § 5 vollständig ersetzt oder zurückgezahlt wurden.“ – Hä? Entbürokratisierung habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.
Ganz einfach nun aber die nächste Entbürokratisierung:
„§ 6 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 5 werden nach den Wörtern „anderen Stellen“ die Wörter „sowie die Finanzämter“… eingefügt.“
Endlich eine klare und verständliche Regelung, für die es sich lohnt, gegen die Bürokratisierung anzukämpfen. Die Finanzämter müssen ausdrücklich genannt werden. Wo kämen wir sonst hin? Wahrscheinlich haben sich die Finanzamter darüber beschwert, dass sie keine „anderen Stellen“ sind. Wären sie es, bräuchte man sie nicht extra zu erwähnen.
b) Folgender Absatz 6 wird angefügt: (Achtung! Wir sind immer noch bei Paragraf 6!) Die zuständigen Stellen (Hoppla! Gehören die Finanzämter dazu? Sie sind ja keine „anderen Stellen“, wie wir gelernt haben, und dann sind sie womöglich auch keine „zuständige Stellen“? Wer kann das wissen!? Ich fürchte, hier tut sich eine erneute Ungenauigkeit der Ge-setzgebung auf, die ein Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetzergänzungsgesetz notwendig machen wird.), also: Die zuständigen Stellen dürfen das Bundes-zentralamt für Steuern ersuchen (na Gott sei dank, ich hatte schon befürchtet, dass die zuständigen Stellen – obwohl sie zuständig sind – das Bundeszentralamt für Steuern nicht ersuchen dürfen) bei den Kreditinstituten die in § 93 b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (also welche?), soweit die Durchführung des § 7 (was ist die Durchführung eines Paragrafen? Kann es sich auch um die Abführung handeln [„§ 7 wird abgeführt!“ – der arme]?) dies erfordert und ein vorheriges Auskunftsersuchen an den in Absatz 1 bezeichneten Elternteil nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht (§ 93 Abs 8 Satz 2 der Abgabenordnung [Gilt das auch, wenn ein Auskunftsersuchen, also eine Anfrage oder sagen wir doch einfach: eine Frage an den anderen Elternteil zum Ziel geführt gehabt hätte oder führen würde oder geführt hat? Und was gilt, wenn der als in Absatz 1 bezeichnete Elternteil sagt: „Was fragen Sie mich! Ich bin nicht der in Absatz 1 bezeichnete Elternteil! Fragen Sie doch den anderen Elternteil, der sieht mir sehr nach Absatz 1 aus!“]).“
Irgendwie habe ich mir nach der Überschrift „Unterhaltsvorschussentbürokratisierungsgesetz“ etwas anderes vorgestellt.
Aber da sehe ich: Der Gesetzgeber hat selbst auch Zweifel! Denn nun hebt er schwungvoll gleich zwei Paragrafen, nämlich die Paragrafen 12 und 13 des Unterhaltsvorschussgesetzes mit einem Federstrich auf und verfügt, dass diese Paragrafen „durch folgenden § 12 ersetzt (werden):
„§ 12
Bericht
Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2015 einen Bericht vor, in dem sie darlegt,
1. welche Auswirkungen die Einführung des § 6 Absatz 6 hat und
2. ob eine Weiterentwicklung der Vorschrift erforderlich ist.
Der Bericht darf keine personenbezogenen Daten enthalten.“
Mit anderen Worten: Nicht dass Du meinst, meine liebe Bundesregierung, dass Du einfach so weiterwurschteln darfst und mit dem in Absatz 1 bezeichneten Elternteil nicht zum Ziel kommst. Ich, Bundestag, also ich nicht, der nächste Bundestag, will in zweieinhalb Jahren genau wissen, ob die zuständigen Stellen das Bundeszentralamt für Steuern ersucht haben, bei den Kreditinstituten die nicht-personenbezogenen Daten abzurufen. Und wehe, wenn das nicht geschieht, dann entwickele ich die Vorschrift weiter! Das hast Du dann davon! Jetzt ist Schluss mit dem Schlendrian, meine liebe Bundesregierung!
Dr. Horst Hollwegs
PS:
Ergänzend weise ich aus der unübersehbaren Fülle der auf uns herniederregnenden Gesetze auf einige weitere gesetzesähnliche Vorschriften hin, die aktuell in Kraft getreten sind, die Zeugnis ablegen für die unermüdliche Schaffenskraft der so sehr um unser Wohl besorgten Parlamentarier und Beamten und die von nun an von uns zu beachten sind:
„17.4.2013 Achtundsechzigste Verordnung zur Änderung der Zweihunderteinundzwanzigsten Durchführungsverordnung zur Luftverkehr-Ordnung… Tag des Inkrafttretens: 25.07.2013“
oder auch:
Hinweis im Bundesgesetzblatt vom 27. Mai 2013: „18.03.2013: Durchführungsverordnung (EU) Nr. 260/2013 des Rates zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1458/2007 eingeführten Antidumpingzolls auf Einfuhren nicht nachfüllbarer Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus der Sozialistischen Republik Vietnam versandte nicht nachfüllbare Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein für Gas, ob als Ursprungsland Vietnams angemeldet oder nicht.“
Ein Glück, dass das nun auch endlich geregelt ist!
Köstlich…
In Mecklenburg-Vorpommern wurde vor einigen Tagen das „Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“ aufgehoben, wie der Spiegel berichtete. Es wird durch die „Landesverordnung über die Zuständigkeiten für die Überwachung der Rind- und Kalbfleischetikettierung“ ersetzt. Ob’s dann weniger sperrig ist? Es gibt noch so viel zu regeln… wie wäre es mit einer „Amts, Gesetzes- und Verordnungssprachvereinfachungsrichtliniendurchführungsverordnung“?