Vertuschung eines Kriegsverbrechens

Großes Stühlerücken im Bundeskabinett und ein trauriger Rekord: Noch nie musste ein Bundesminister nach so kurzer Amtszeit zurücktreten wie jetzt Franz Josef Jung. Der frühere Verteidigungsminister zog die Konsequenzen aus den „Informationspannen“ rund um den Luftangriff auf die beiden Tanklastzüge in der Nähe von Kundus, bei dem bis zu 142 Menschen ums Leben kamen, mutmaßlich auch viele Zivilisten. Klar scheint mittlerweile zu sein, dass die Bundeswehrführung zeitig über die „Kollateralschäden“ informiert war, diese Informationen aber unter der Decke zu halten bestrebt war. Der geheime Bericht der Feldjäger enthält nach Informationen der Bild-Zeitung einen Vermerk mit der ausdrücklichen Warnung vor einer Weitergabe: Es drohten negative Folgen, sollte der Bericht ohne Kommentierung in eine Untersuchung einfließen, zitiert Bild aus dem Rapport. Der inzwischen entlassene Generalinspekteur der Bundeswehr, Schneiderhan, soll darauf gedrungen haben, die internen Informationen nicht weiterzugeben. Nicht einmal an den Minister?

Hier wird die Sache unglaubwürdig. Jung gab an, den Bericht zwar in Händen gehalten, aber nicht gelesen zu haben. Trotzdem hat er ihn weitergeleitet. Wollte er nichts wissen, um der Öffentlichkeit mit reinem Gewissen seine Geschichten erzählen zu können? Er beteuerte ja auch kurz vor seinem Rücktritt noch, er habe „die Öffentlichkeit und das Parlament über meinen Kenntnisstand korrekt informiert“. Oder haben interessierte Kreise im Ministerium, das als ausgesprochen schwierig gilt, ihm diese Informationen gezielt vorenthalten? Dann hätte er „nur“ sein eigenes Ministerium nicht im Griff gehabt – allein dies wäre schon Grund genug für seinen Rücktritt. Wir werden hoffentlich noch erfahren, wie das genau abgelaufen ist, denn es wird wohl einen Untersuchungsausschuss geben: Der Bundestag will seinem Kontrollauftrag nachkommen. Hier steht der Status der Bundeswehr als Parlamentsarmee auf dem Spiel. Der Schaden für das Ansehen der Bundeswehr könnte kaum größer sein. Und der Fehlstart der neuen Regierungskoalition wird immer offensichtlicher.

Politik beginnt mit der Wahrnehmung der Wirklichkeit. Das ist einer der Lieblingssätze von Kanzlerin Merkel. Ein Motto, das sie mit ihrem wichtigsten Minister, Wolfgang Schäuble, teile, schreibt Thomas Kröter im FR-Leitartikel: „Nach dem verhängnisvollen Bombenangriff von Kundus bestand das System Jung aus einem kruden Prinzip Hoffnung: Es sollte besser keine zivilen Opfer geben, also glauben wir, so lange es geht, dass es keine gegeben hat. Fataler geht’s nicht!“´

Stefan Otto aus Rodgau meint:

„Der Rücktritt von Minister Franz Josef Jung war eigentlich  schon fällig, seit der sich hartnäckig  weigerte, vom Einsatz in Afghanistan von „Krieg“ zu sprechen.  Wer derartige politische Dickleibigkeit an den Tag legt, der weiß auch mit Informationen bewusst Öffentlichkeit und Parlament zu täuschen. Der politischen Kultur in Deutschland hätte ein Rücktritt am Donnerstag besser gestanden.
Gut ist, dass  Kristina Köhler Ministerin wird. Hoffentlich ist damit nicht nur ein Generationenwechsel, sondern auch ein Wechsel im politischen Stil verbunden. Hoffnung darf ja ausgesprochen werden.“

Thomas Brenck aus Iserlohn:

„Wer von Informationspannen  spricht, springt zu kurz! Es gab Presseinformationen zum Zwischenfall, und es gab einen Bericht der internationalen Gemeinschaft. Darf man nicht annehmen, dass ein Minister das zur Kenntnis nimmt und im eigenen Hause nachfragt? Unglaubwürdig! Warum wurde darauf gedrängt, den Untersuchungsbericht der Bündnispartner nicht zu veröffentlichen?“

Rudi Hechler aus Mörfelden-Walldorf:

„Er ist zurückgetreten wie schon einmal in Wiesbaden, als er in die Schwarzgeldaffäre verwickelt war. Als er CDU-Kandidat im Wahlkreis Groß-Gerau wurde, dachten manche: ‚Alles kann man ja verstehn, aber ausgerechnet den?‘ Wir erlebten ihn dann im Wahlkampf. In Mörfelden-Walldorf wollte er ausflippen, als ich ihm ein Schild vor die Nase hielt: ‚Bundeswehr raus aus Afghanistan‘. Seine örtlichen CDU-Freunde waren sauer ob der Störung. Die SPD freute sich. Damals sagte ich: ‚Auch bei SPD-Minister Struck hätte ich demonstriert!‘ – von dem immerhin der Satz stammt: ‚Unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt.‘ Aber die SPD vor Ort hatte nie was gegen ‚ihren‘ Struck. Beide verfolgten jedoch  eine falsche Politik. 
Ministeramt niederlegen ist das eine. Eigentlich  gehört es sich, dass Jung sein Bundestagsmandat zurückgibt. Er wurde erwischt, wie er ein Kriegsverbrechen vertuschte. Jung und sein  damaliges Ministerium belogen Parlament,  Staatsanwälte,   Öffentlichkeit. Er hat die Wähler getäuscht. Doch auch SPD-Steinmeier sollte sich nicht so aufblasen. Er hat als ehemaliger Kanzleramtschef und Außenminister sein Teil Verantwortung für Krieg und Kriegsgräuel. Auch andere Abgeordnete – auch bei den Grünen – sagten immer wieder Ja zum Soldatenexport. Man darf das nicht vergessen.
Ich habe mich in den vergangenen Wochen zweimal geärgert. Einmal, als Jung im Wahlkreis Groß-Gerau gewählt wurde, zum anderen, dass nicht einer eine faule Tomate auf den Kriegslügner warf.“

Stefan Giebel aus Bad Emstal:

„Da spielt die Regierung reale Ego-Shooter-Spiele in Afghanistan, die sie in virtueller Form verbieten möchte, und übernimmt noch nicht mal die Verantwortung für die Kollateralschäden und die steigende, von Deutschland ausgehende Gewalt. In diesem Fall geht es nicht ums Verzocken von Steuergeldern und die Unterstützung der Reichen bei gleichzeitigem Absenken des sozialen Netzes, sondern um die Achtung von Menschenleben. Die  wäre eigentlich auch von einer CDU-Regierung zu erwarten, oder? Die fehlende Bereitschaft eines Kriegsministers, Berichte zu lesen, bevor er sie freigibt, zeigt, dass diese Regierung keine Verantwortung übernehmen möchte und nur zur Vogel-Strauß-Politik in der Lage ist, aber mit dem Leben von Menschen auf allen Seiten spielt. Das angesichts der Wahl späte Bekanntwerden getöter Kinder und Jugendlicher sollte in Deutschland  mehr Konsequenzen haben als nur den Rücktritt eines inkompetenten Ministers. Letztendlich trägt die Verantwortung die Kanzlerin.“

Dr. Horst Homburg aus Gieleroth:

„Erstaunlich, dass sich diese ‚Informationspannen‘ fugenlos ins Wahlkampfkalkül Merkels einpassten, den von der Mehrheit der Wähler abgelehnten  Afghanistan-Einsatz aus dem Bundestagswahlkampf möglichst herauszuhalten.  Spätestens am 14.9. war die Zahl der zivilen Opfer im Verteidigungsministerium bekannt. Wer glaubt eigentlich, dass ein Minister, der knapp drei Wochen vor einer Bundestagswahl öffentlich unter Druck geraten ist, nicht alles daran setzt, sich eine möglichst genaue Kenntnis des wahren Sachverhalts zu verschaffen? Wie sollen er und seine Kanzlerin sonst eine mindestens bis nach den Wahlen erfolgreiche Vertuschungsstrategie entwickeln?
Und warum nimmt die Kanzlerin bei der Kabinettsneubildung Jung zu einem Zeitpunkt aus der Schusslinie und ersetzt ihn durch des Volkes Liebling  Guttenberg, als die Sache in der Öffentlichkeit kaum noch ein Thema ist? Weiß sie, dass das dicke Ende noch kommt? Wer hat nun den Wähler hinters Licht geführt?“

Karl-Heinz Bollmann aus Offenbach:

„Dass parteiübergreifend Politiker wie eine Meute hungriger Wölfe sich aufgrund einer warum und von wem auch immer lancierten Meldung der Bild (!) über Jung herfallen, sollte zu denken geben. Eine willkommene Nebelgranate, um dem Wähler wenigstens eine Zeit lang den Blick darauf zu verhüllen, mit wieder mal unhaltbaren Wahlversprechen über die Urne gezogen worden zu sein?“

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18 Kommentare zu “Vertuschung eines Kriegsverbrechens

  1. Genial, der “Von und Zu Guttenberg”!!!!
    Jetzt hat es die CSU den CDUlern endgültig gezeigt!!!

    Die Bayern sind die besten, die räumen überall auf und beenden die Korruption überall!!!!!

    Bayern sind besser als alle anderen Völker dieser Welt!!!!

  2. Mal abgesehen von erheblichen Informationsdefizit; wie wird eigentlich festgestellt wer bei dem Vorfall als Zivilist zu gelten hat?

    Jeder der noch keine AK 47 tragen kann? würd mioch schomal interessieren.

    Karl Müller

  3. Ein Leserbriefschreiber schrieb etwas von „Soldatenexport“. Man merkt ihm direkt an, daß ihm im Zusammenhang mit den Grünen, denen er zugetan scheint, leider kein stärkeres Wort über die Lippen kommt. Ist, was im Zusammenhang mit der CDU problemlos ein „Schicken von Soldaten in den Krieg“ genannt werden kann, im Zusammenhang mit den Grünen also ein „Soldatenexport“? Also, solche verharmlosenden Wörter bitte unterlassen, ein stückweit verJUNGt man sich damit selber.

    Bei der Tanklasterbombardierung von einem „Kriegsverbrechen“ zu sprechen, bloß weil der Krieg in Afghanistan insgesamt einem irgendwie verbrecherisch erscheint, ist falsch. Der Einmarsch durch Hitler in die Sowjetunion war ein Verbrechen, aber das macht nicht automatisch jede militärische Handlung in diesem Krieg zum Verbrechen, nach dem Motto: Jeder deutsche Soldat, der auf einen Russen schoß, war ein Verbrecher. Auch wenn das einige wenige allen Ernstes meinen (Stichwort: Alle Soldaten sind überhaupt Mörder).

    Die Politiker müssen begreifen, daß der Unmut über den Krieg in Afghanistan weit über die Sphäre der Extremlinken hinausgeht, die als Hauptargument haben, daß es doch viel besser ist, die Weltprobleme zu lösen indem sich alle an den Händen halten und Ringelreihen tanzen. Ich persönlich halte Krieg, unter bestimmten Vorraussetzungen, für ein mögliches Mittel der internationalen Konfliktbereinigung. Der Krieg in Afghanistan ist aber falsch und muß schnellstens beendet werden, aber aus den eigentlichen Gründen, die ihn so fragwürdig machen, und nicht aus den Gründen, weil es bedauerlicherweise in Einzelfällen zu „Collateral Damage“ kommt, die nun mal hinzunehmen wären, wenn es sich um einen nicht fragwürdigen Krieg handelte.

    Insofern denke ich, wird man den Verantwortlichen wohl kaum klarmachen können, wie falsch der Krieg ist, indem man ihnen sagt: Schaut, hier in diesem Fall sind Zivilisten getötet worden, also ist doch der Krieg falsch. Sondern man muß es ihnen klarmachen, indem man die tatsächlichen Gründe ad Absurdum führt, die für den Krieg gegeben werden. Das wird in den Medien nicht ausreichend getan. Wahrscheinlich deshalb, weil eine eindringliche und wahrheitsgetreue Berichterstattung darüber sehr teuer ist, sie geht nur über Journalistenteams, die längere Zeit vor Ort sind, Sprachkenntnisse haben, Risiken eingehen usw.

    Das ganze Geplänkel um die Schnelligkeit oder Vollständigkeit, mit der Jung Berichte zu einem Einzelereignis verlautbart, erscheint mir etwas lächerlich gegenüber den tatsächlichen und viel wichtigeren Defiziten, die wir haben, die darin liegen, daß die Absurdität und Kontraproduktivität dieses Krieges medial nicht ausreichend dargestellt wird.

  4. Ach, wissen Sie, Herr Max, ganz egal wie das nun genannt wird, ob Soldatenexport, oder Soldaten in den Krieg schicken, seit 10 Jahren machen alle Bundesregierungen (von Rot/Grün bis Schwarz/Gelb) mit, und haben sich in verbrecherische Kriege verwickeln bzw. einbinden lassen. Eine schier unglaubliche Militarisierung der deutschen Außen- und so genannten Sicherheitspolitik hat in den letzten Jahren stattgefunden. Der Dammbruch ist unter Rot/Grün, durch die unsägliche Schröder- und Fischerei erfolgt bzw. verbrochen worden, als die BW, grundgesetz- und völkerrechtswidrig, beim Angriffskrieg auf Ex-Jugoslawien mitgebommbt hat. Seitdem wird weltweit von „uns“ mitgebommt. Verfassungsbruch in Verbindung mit Völkerrrechtsbruch ist also für „uns“, die westlichen Wertegemeinschaftler, „normal“ geworden, gehört sozusagen zum Alltag. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht nur an das Grundgesetz, z.B. an die Artikel 26 (1) und 115a erinnern, sondern auch an die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse. Damals wurde festgestellt (insbesondere von US-amerikanischen Anklägern und Richtern), dass Angriffskriege die denkbar größten Menschheitsverbrechen sind. Kurzum, Herr Max, jeder Angriffskrieg ist ein schweres Verbrechen, für mich ist sogar jeder Krieg ein schweres Verbrechen. Und natürlich war die so genannte Tanklasterbombardierung ebenfalls ein Mammutverbrechen, oder sind 142 zermatschte und verbrannte Menschen (darunter Kinder und Frauen) nicht so schlimm? Und natürlich waren es Verbrecher, die bei dem Überfall auf die Sowjetunion mitgemacht haben. Was denn sonst? Was da zwischen 33 und 42 geschehen ist, war nicht nur Hitler und seine Verbrechergang. Zig-Millionen haben nicht nur mitgemacht, sondern sich auch mitSCHULDIG gemacht, aus allen Bereichen: Militär, Polizei, Justiz, Wissenschaft, Medizin usw. usw..

    Merkwürdig sind Ihre Differenzierungen, die Sie mal wieder vornehmen. Sie halten Krieg, trotz der schlimmen Erfahrungen, wie sie bei den Kriegen der „Neuzeit“ (Kosovo, Afghanistan, Irak) offenkundig sind, immer noch „für ein mögliches Mittel der internationalen Konfliktbereinigung“. Unglaublich und auch zynisch, wenn Sie z.B. daher schwatzen:

    „… weil es bedauerlicherweise in Einzelfällen zu „Collateral Damage“ kommt, die nun mal hinzunehmen wären, wenn es sich um einen nicht fragwürdigen Krieg handelte“.

    Nicht fragwürdige Kriege gibt es nicht, die Kriege der „Neuzeit“, an denen „wir“ uns beteiligen, sind immer fragwürdig, Herr Max, und so genannte Kollateralschäden, wie aktuell in Afghanistan oder hunderttausende „Kollateralschäden“ im Irak, sind MENSCHHEITSVERBRECHEN, die „hinzunehmen“ ein weiteres Verbrechen ist. Und ein letztes Zitat aus Ihren Verlautbarungen:

    „Die Politiker müssen begreifen, daß der Unmut über den Krieg in Afghanistan weit über die Sphäre der Extremlinken hinausgeht, die als Hauptargument haben, daß es doch viel besser ist, die Weltprobleme zu lösen indem sich alle an den Händen halten und Ringelreihen tanzen.“

    Falsch, Herr Max, SIE müssen begreifen, dass „Ringelreihen tanzen“ erheblich besser ist als Menschen in verbrecherischen Kriegen zu massakrieren. Und wenn die Extremlinke, wie Sie das nennen, eindeutig gegen Krieg ist, also gegen schwerste Menschheitsverbrechen, gegen Mord, Totschlag, Folter, Vergewaltigung, Vertreibung, und weitere schlimmste Menschenrechtsverletzungen, und damit den Errungenschaften der Aufklärung und Humanität folgt, so sollten Sie sich anschließen, anstatt Verständnis für Kollateralschäden oder überhaupt für Kriege zu haben. Was sich da internationale Konflicktbereinigungen, Kriseninterventionen, Stabilitätseinsätze usw. usw. nennt, sind erbärmliche Kriege, Herr Max, bei denen täglich, auf grausame Art, völlig unschuldige Zivilisten verrecken, und daran sind auch „wir“ beteiligt. Und es geht natürlich „munter“ weiter, wie es der „Messias“ aktuell, hinsichtlich Afghanistan, verkündet hat. Und „wir“ werden natürlich auch „munter“ weiter mitmachen, so dass die nächsten „Kollateralschäden“ nur noch eine Frage der Zeit sind. Es ist einfach unglaublich, woran „wir“ uns schon wieder gewöhnt haben, obwohl der singuläre Zivilisationsbruch gerade erst mal ein paar Jahrzehnte hinter uns liegt, also ein Wimpernschlag der Geschichte.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  5. Sehr geehrte Frau Rydzewski,

    was an dem einzelnen SV doch sehr beschäftigt ist die Informationsgrundlage:

    „Tanklasterbombardierung ebenfalls ein Mammutverbrechen, oder sind 142 zermatschte und verbrannte Menschen (darunter Kinder und Frauen) nicht so schlimm?“

    Das ist sehr suggestiv formuliert und „gutmenschelt“ leider allzu sehr Fakten verwischend.

    – Erstmal ist die absolute Opferzahl schwer bestimmbar, aufgrund der Hitzeentwicklung dürfte ein Teil der Getroffenen rückstandslos verbrennen. Die Beweissicherung entspricht nicht europäischen Maßstäben!
    – Das Alter von stark geschrumpften Brandopfern ist oft schwer bestimmbar. Ab welchem Alter gilt dort jemand als potenzieller Kombattant?, vermutlich sobald er eine AK47 tragen kann….
    – Frauen und Kinder Nachts um 2 an einem Benzintransport..ist das belegbar?

    Der Vorgang ist ausgesprochen unerfreulich, bliebe nur zu klären warum hier eine CAS Anforderung gemacht wurde! Die RoE sehen eine Freigabe nur bei unmittelbarer Gefechtsberührung vor; war diese denn gegeben? Soweit bekannt, eben nicht!
    Deshalb ist zu klären, warum hier eine offenkundig falsche Lagebeurteilung weitergemeldet worden ist. (Eine bewußte dienstl. Falschmedung ist ein Straftatbestand, sollte ein Offizier aber wissen).

    Auch würde sich Ihr Text leichte lesen lassen, wenn Sie auf die Tränendrüsendrückerei verzichten würden „unschuldig…“, denn das ist allenfals moralisierend und nimmt Ihren guten Gründen viel Gewicht. Wie wusste schon Феликс Эдмундович Дзержинский: „Niemand ist unschuldig!“

    MfG

    Karl Müller

  6. Nun ja, sehr geehrter Herr Müller, ich denke dass eher durch „bösmenschelt“ die Fakten verwischt werden, in dem in unerträglicher Weise relativiert bzw. beschönigt oder gar verschönigt wird.

    Es kommt eben NICHT darauf an, ob „die absolute Opferzahl schwer bestimmbar“ ist, denn JEDER Mensch, Herr Müller, hat ein Recht auf Leben, Sie, ich, aber auch JEDER Afghane. Es kommt auch NICHT darauf an, „ob aufgrund der Hitzeentwicklung ein Teil der Getroffenen rückstandslos verbrennen dürften“. Ob nun ein Mensch zur Hälfte, zu einem Drittel, einem Viertel oder ganz verbrannt ist, Herr Müller, ändert nichts daran, dass er tot ist. Und tot ist tot. Verstehen Sie das? Es kommt auch NICHT darauf an „was europäischen Maßstäben entspricht“, oder „ob das Alter von stark geschrumpften Brandopfern oft schwer bestimmbar ist.“ Hier geht es, Herr Müller, um totgebombte Menschen, darunter Frauen und Kinder. Es geht also um schwerste Menschheitsverbrechen, wo es absolut nix zu relativieren gibt und sich, vor allen Dingen, jeder Zynismus verbietet. Ihre Frage, ab welchem Alter jemand als potenzieller Kombattant gilt, beantworten Sie sich ja bezeichnender Weise selbst (nur durch das vermutlich etwas entschärft), Auch das ist, nach meinem Verständnis, blanker Zynismus.

    „Auch würde sich Ihr Text leichte lesen lassen, wenn Sie auf die Tränendrüsendrückerei verzichten würden“.

    Vielleicht denken Sie über Ihre Verlautbarungen und Erklärungsversuche, die aus meiner Sicht völlig daneben sind, noch einmal nach, wenn Sie nicht nur an das Menschenrecht auf Leben denken, sondern sich einmal vorstellen, ein enger Verwandter von Ihnen würde bei einer ähnlichen Situation SO ums Leben gekommen sein. Wie würden Sie (vermutlich) reagieren, wenn Ihnen z.B. dann so ein Schlauberger erklären wollte, um wieviel Prozent die Leiche verbrannt ist? Ich mache Ihnen nur deshalb diesen Vorschlag, weil ich schon erlebt habe, dass zumindest Teile von verloren geglaubter Empathie plötzlich zurückkommen, wenn man einen sehr tragischen Vorgang auf die persönliche Schiene stellt, natürlich nur rein theoretisch, Gott sei Dank. Versuchen Sie es ruhig mal. Ggf. können Sie ja dann hier berichten. Ich hoffe, Sie fühlen sich nicht wieder durch meine Tränendrüsendrückerei, wie Sie dann nennen, aus dem Rythmus gebracht oder so.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  7. Für den Friedensnobelpreisträger Obama ist es scheinbar einfacher, in seiner Bevölkerung 30000 WEITERE Grenadiere für
    Afghanistan zu finden, als 2000 perfekt ausgebildete Lehrer, die Afghanisch, Pashtunisch, Englisch und Arabisch sowie
    Mathe, Biologie (etc.) könnten und damit den Talibans entgegentreten könnten.

    Grenadiere gibt es scheinbar genug auf dieser Welt… (aber keine Leute mit einem IQ über 200).

  8. Klar sind die Kriege der „Neuzeit“, an denen „wir“ uns beteiligen, immer falsch. Das diktiert ja allein schon der Selbsthaß der Gutmenschen, nachdem sich der Deutsche, wahlweise auch etwas weiter gefasst der Westen, alles gefallen lassen muß.

    Wär mal interessant zu wissen, wie sie sich vor 70 Jahren aufgeführt hätten. Als Russin, hätten Sie da auch ihre Lobpreisung des Ringelreihentanzens abgelassen? Ringelreihentanzen mit den Nazis statt mit Panzern gegenzuhalten, vielleicht tun die uns dann nichts? Man hätte sie bestenfalls ins Irrenhaus gesteckt. Und auf deutscher Seite, das ist schon klar, da wären sie eine ganz Mutige gewesen, wenn man ihnen eine Knarre in die Hand gedrückt hätte. Bei der Wahl zwischen standrechtlicher Erschießung und doch eher ein bischen auf Russen schießen hätten sie natürlich ersteres gemacht, ist doch klar! 😀

    Sich gegen aggressive Angriffe mit militärischen Maßnahmen zu wehren ist legitim, von Altertum bis Neuzeit, zu allen Zeiten. Solchen Konflikten, die einem aufgedrängt werden, militärisch zu begegnen, ist völlig in Ordnung, und zwar unabhängig von der Anzahl der Kollateralschäden, die es dann (unbeabsichtigt) geben mag. Denken sie doch einfach bei Kollateralschäden an die Bombardierung deutscher Städte im 2ten Weltkrieg (obwohl die eigentlich kaum unbeabsichtigt war), dann wird ihnen das sicher nicht mehr so schwer fallen, sowas in bestimmten Fällen als notwendig zu sehen. Damit wurden doch auch nur die ganzen Nazi-Mitläufer zur Ordnung gerufen, Zivilist hin oder her, nicht wahr?

    Die Rechtfertigung des Afghanistankrieges durch die Amerikaner sah und sieht immer noch so aus, daß von diesem Land eine Bedrohung ausgeht. Die deutsche Regierung hat diese Ansicht, daß von Afghanistan eine Bedrohung ausgeht, übernommen. Es wird völlig wirkungslos an den Amerikanern abprallen, wenn man ihnen sagt, daß der Krieg falsch ist, weil er Zivilisten in Mitleidenschaft zieht, mit anderen Worten: Ihr müsst die Bedrohung, die ihr seht, akzeptieren, den Afghanern zuliebe, damit denen kein Leid zugefügt wird. Da lachen die nur drüber, zu Recht! Stattdessen muß man die Frage der Bedrohung durchleuchten. Besteht diese, in welchem Umfang, in welcher Größenordnung, und vor allem, wie entwickelt sich diese Bedrohung in den unterschiedlichen Szenarien, bei Krieg oder Rückzug, m.a.W. ist der Krieg hier u.U. kontraproduktiv, d.h. lässt die Bedrohung des Westens, so es sie denn überhaupt gibt, eher wachsen. Das sind die Fragen, deren Beantwortung etwas am Status Quo ändern könnten, und nicht, die Regierenden mit „Krieg ist doch immer böse“-Mantras einzudecken und dann zu hoffen, daß das dann irgendwann zum totalen Pazifismus führt.

  9. Sehr geehrte Frau Rydzewski,

    den Tod einer großeren Zahl von Menschen zu bedauern bzw nach der Vermeidbarkeit desselben zu fragen ,ist selbstverständlich völlig berechtigt.

    Auch mein Anliegen ist die zufriedenstellende Klärung des Sachverhaltes. Aus wissenschaftlicher Sicht zählen dabei erstmal die überprüfbaren Fakten. Dazu zählt eben neben der tatsächlichen Zahl der Opfer auch die forensische Analyse. Der Respekt vor dem mithin gewaltsam zu Tode gekommenen gebietet hier eben die mit größer Sorgfalt durchgeführte Todesermittlung. Das mag dem Einzelnen unappetitlich erscheinen, bringt aber i.d.R Falschmeldungen (Zahl der Frauen, etc) ans Licht und ist daher unabdingbar.

    Es geht mir um Sachaufklärung, sowohl beim militärischen Teil, der de facto so nicht nachvollziehbaren CAS-Anforderung und natürlich um die Folgen des Angriffs. Erfahrungsgemäß ist eine, allzu emotional vorgetragene, Empörung dabei wenig hilfreich; vom menschlichen Standpunkt dem entgegen aber völlig nachvollziehbar!

    Aus meiner Lebenserfahrung heraus ist diese, leider auch von Ihnen verwendete Darstellungsform äußerst unangebracht, mir wird davon regelmäßig übel. Warum?, das möchte ich kurz erklären: aus eigenem Erleben sind mir einige Eindrücke bekannt geworden, ich weiß noch immer wie es sich anfühlt wenn einen Splitter treffen, wie sich Haut anfühlt und wie lange es dauert bis Phosphorwunden abheilen oder ein Handwaffengeschoß die Weste trifft.
    In der Pathologie, zum Zwecke der Todesermittlung stand ich auch schon in einigen Fällen.
    Mittlerweile, ich bin als Wissenschaftler tätig, betrachte ich die Sachaufklärung als menschliche Verpflichtung, gerade gegenüber Verstorbenen, und lasse mir nicht im Duktus der Berufsbetroffenen erklären, was wichtig ist und was nicht.

    Aus dem Rhytmus gebracht fühle ich mich nicht, zumal Ihre Motivation sehr nachvollziehbar ist, Ihre Sicht der Dinge dagegen eher eigentümlich und dazu geeignet durch unmäßige Vereinfachung genau so beschönigend zu verklären wie Sie den Verharmlosern (die es wirklich gibt) unterstellen.

    MfG

    Karl Müller

  10. Zunächst einmal, sehr geehrter Herr Müller, möchte ich Ihnen für Ihre Replik ausdrücklich danken. Sie haben darin anschaulich, nachvollziehbar und überzeugend erklärt, worin und vor allen Dingen warum wir uns bei der Beurteilung der in Rede stehenden Vorgänge in Afghanistan unterscheiden. Sie argumentieren aus wissenschaftlicher Sicht, wobei Ihre Motive, insbesondere die ganz persönlichen, natürlich zu respektieren sind. Wir sind uns also einig, ohne uns in allen Punkten „deckungsgleich“ einig zu sein. Das ist nicht nur in Ordnung so, sondern macht eine Diskussion auch interessant. Wenn Sie sich jetzt noch bereit erklär(t)en, auf die hämisch bis verächtlich intendierten Begrifflichkeiten wie Gutmenschentum, Berufsbetroffene, Selbsthasser, Beschöniger, Verklärer, Kuschelphantasten usw. usw. zu verzichten (diesen „neuzeitlichen“ und ständig nachgeplapperten Begriffsverdrehungsunsinn haben Sie doch gar nicht nötig), werde auch ich zukünftig etwas Schärfe aus meinen Beiträgen herausnehmen, allerdings ohne es dadurch an der nötigen Klarheit fehlen zu lassen.;-)

    @Max Wedell

    Sie haben zwar, in Ihrer Nachricht von heute Morgen, 08:32 Uhr, teilweise auf meine Ausführungen Bezug genommen, dabei allerdings wieder Mal nicht zu erkennen gegeben, ob Sie eine Antwort von mir wünschen, oder ob Sie sich lediglich sozusagen verlautbaren wollten. Wenn das Erstere zutrifft, Herr Max, wäre ich Ihnen für einen entsprechenden kurzen Hinweis dankbar. Natürlich würden Sie dann auch eine unmittelbar an Sie „adressierte“ Antwort erhalten; so wie Sie es in der Vergangenheit von mir gewöhnt sind.;-)

    Ich hoffe auf Ihr Verständnis und bedanke mich dafür, sehr geehrter Herr Müller, dass ich diese „Botschaft“ hier habe unterbringen dürfen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  11. Herr Gysi hat es doch schon im Bundestag gesagt, dass wenn es Krieg ist, das Völkerrecht und damit die Genfer Konvention gilt. Dann ist der Beschuss von Zivilisten ein Kriegsverbrechen und nichts anderes. Wenn es aber kein Krieg ist, dann gilt für Deutsche das deutsche Strafgesetzbuch. Und Mord kann es durchaus genannt werden, wenn mensch bedenkt, dass die Soldaten sich dorthin melden, weil sie den dreifachen Sold erwarten. Also ein niederes Motiv.
    Wenn wer, um eine Tat zu verdecken, jemanden umbringt, wird er als Mörder verurteilt. Wenn wer aber ein Land besetzt ohne an ein Ausstiegsszenario gedacht zu haben, ist die Verweigerung, die Soldaten abzuziehen, dem bzw dem Auftragsmord gleichzusetzen.

    Da gibt es ein Land, in dem ist Mord obligatorisch, während die Ermordung von Menschen hier mit allen Mittelln zurecht geahndet wird. Sagte ich Mord? JA, Soldaten sind Mörder, Auftragsmörder! (frei nach Tucholsky)

  12. Sehr geehrte Frau Rydzewski,

    auch ich möchte ihnen für Ihre ausführliche Antwort danken. Für meine, den Gang der Konversation sicher nicht förderliche Polemik bitte ich mich darüber hinaus zu entschuldigen. Solche Raektionen sind eigentlich unangemessen.
    Gegen eindringliche Klarheit ist überhaupt nichts einzuwenden, selbst bei diametralen Ansichten, solange diese klar zu fassen sind!

    Einen schönen Tag wünsche ich noch1

    Karl Müller

  13. Ich habe jetzt nach einigen Tagen das was bis jetzt hier geschrieben wurde nachgelesen. Auf das Thema Afganistan
    möchte ich nicht weiter eingehen. Mir stellt sich die Frage: Ist die Informationspolitik ein Fehler des Verteidigungsministers oder hat er sich politisch geopfert um über den Bundestagswahltermin zu kommen?

  14. Aus meiner Sicht war der Beschuss der zwei Laster angemessen. Jetzt ewig darüber zu debattieren und die Schuld hin und her zuschiebnen wälzen, bringt auch
    nichts mehr.

    Es würde etwas bringen, wenn wir die Bundestagsabgeordneten dazu bewegen,
    endlich unsere Kinder aus einem Krieg
    zu holen, der nicht der Unsere ist.

    Die Jungs dort in der Ferne als Mörder zu bezeichnen, weil sie ihren gefährlichen Dienst besser bezahlt bekommen als die Soldaten, die sich zu Hause am warmen
    Ofen den Arsch auswärmen,
    ist doch normal.

    Fazit:
    Holt unsere Kinder heim!
    Sie haben dort nichts verloren
    und somit auch nichts
    zusuchen.

  15. Immerhin gilt es zu bedenken, dass die in einem Flussbett festgefahrenen und zuvor von Taliban gestohlenen Tanker nach wie vor das Eigentum einer Staatengemeinschaft sind, die außerdem durch ihr Militär in Afghanistan anwesend ist. Kein Mensch käme indes auf die Idee, beispielsweise dem an einer Ampel in Paris haltenden Dienstwagen des französischen Staatspräsidenten das Benzin auszuschlauchen, weil dessen Begleitung unverzüglich ohne Ansehung der Person feuern würde.

  16. Es ist so wohl einfach den moralischen Knüppel zu schwenken ,wenn man weit weg ist von wirklichen Geschehen,aber eine Frechheit ist es auf jeden Fall.Welch armselige Diskusion auf Kosten derer die vor Ort ihren Dienst ableisten müssen.
    Wir sollten besser darüber schreiben,warum wir uns haben reintziehen lassen von den USA in diesen unbezahlbaren Konflickt,der am Ende nur das bewirkt was wir zur Zeit diskutieren.Das amerikanische Volk ist zu Vietnam Zeiten auch über seine Soldaten hergefallen (unangemessene Kriegsführung)“und noch verloren“ und hat gleichzeitig Napalm geliefert.Wärend den jungen Soldaten der Arsch auf Grundeis geht und sie noch verunsichert werden aus politischem kalkühl,werden sie noch mit Dreck beworfen.
    Wenn es den kein Krieg sein soll ,warum dann die Waffen.(zum Selbstschutz?)Ein fragwürdiges Argument,das nur so lange zählt bis sich jemand selbst geschützt hat mit eben diesen Waffen.Schwachsinn gepaart mit Doppelmoral,sonst gibt es da wohl nichts zu berichten.
    Das ist meine ganz persönliche Meinung!
    Jörg Nazarow

  17. Der Meinung von *Jörg* und *Schlade*
    schließe ich mich uneingeschränkt an!

    Wir haben dort nichts verloren
    und folglich haben wir dort
    auch nichts zu suchen!

    Wir können uns nicht in jedem Land,
    in dem ein Bürgerkrieg ausbricht,
    auf eine Seite stellen und für
    *Ordnung* sorgen.

    Wenn es um *Ordnung* geht da haben
    wir im eigenen Land genug zu tun!

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