Schleswig-Holstein hat gewählt, Frankreich auch sowie Griechenland. In dieser aufsteigenden Reihenfolge sind diese Wahlen auch für Europa bedeutsam. Schleswig-Holstein deswegen, weil die schwarz-gelbe Regierung abgewählt wurde. Die FDP, in Berlin der kleine Koalitionspartner, hat sich dank eines prominenten, querköpfigen Spitzenkandidaten mehr als nur einen Achtungserfolg erkämpft, doch es reicht nicht für die Fortsetzung der Regierungskoalition. Es reicht allerdings auch nicht für Rot-Grün; der Einzug der Piratenpartei verhindert dies. Mit dem Eintritt des Südschleswigschen Wählerverbands in die Landesregierung und der Unterstützung eines solchen Regierungsprojekts durch die Piraten könnte SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig dennoch zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Schleswig-Holstein – übrigens mein Heimat-Bundesland – ist bekannt dafür, keine einfachen politischen Verhältnisse zu wählen; Engholms absolute Mehrheit ist lange her. Wir werden künftig mehr Landesparlamente haben, in denen fünf und mehr Parteien sitzen, und es wird daher schwieriger werden, Regierungsmehrheiten zu bilden. Zu diesem Problem hat FR-Autor Stephan Hebel einen Leitartikel geschrieben. Schleswig-Holstein ist auch das x-te Bundesland, in dem die Berliner Regierungskonstellation abgewählt wurde. Insofern hat diese Landtagswahl Alarm-Charakter für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Viel wichtiger ist aber natürlich die anstehende Wahl in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag.

Die Berliner Regierung gerät also zusehends unter Druck. Dafür sorgt auch das europäische Ausland. Die französischen Wählerinnen und Wähler entschieden sich am Sonntag gegen den bisherigen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und für den Sozialisten Francois Hollande. Sarkozy ist der erste französische Präsident, der nach nur einer Amtszeit abgewählt wurde. Auch wenn hier und da behauptet wird, dass Hollande nur gewählt wurde, um Sarkozy nicht mehr länger ertragen zu müssen, wurde damit ein Politiker zum Staatspräsidenten gewählt, der in der Europa-Politik eine völlig andere Linie fährt bzw. fahren will als die deutsche Kanzlerin. Er will das deutsche Spardiktat, das überall im Süden der Eurozone zu einem katastrophalen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit geführt hat, um einen „Wachstumspakt“ ergänzen. Da wollen wir doch mal abwarten, was er damit meint und ob er sich durchsetzen kann – denn das ist er ja nun den französischen Wählerinnen und Wählern schuldig. Merkel selbst scheint jedenfalls schon erkannt zu haben, dass das Abwürgen ganzer Volkswirtschaften den Euro nicht sonderlich nachhaltig stabilisiert.

Das erweist sich besonders bei der Wahl in Griechenland. Die Griechen haben diese Wahl offenbar genutzt, um ihre Wut kundzutun. Wer könnte es ihnen verdenken? 50 Prozent der Jugendlichen unter 25 sind arbeitslos. Mindestlohn, Renten, Gehälter wurden radikal gekürzt. Obdachlosigkeit hat ebenso massiv zugenommen wie Tauschwirtschaft, und jetzt scheint das Land doch tatsächlich in der Landwirtschaft sein Heil zu suchen: Die Regierung fördert Städter, die aufs Land ziehen, um Feldfrüchte anzubauen. Doch nach dieser Wahl ist das Land wohl unregierbar, es riecht nach Neuwahlen.

Beginnen wir mit den Leserbriefen zur Wahl in Schleswig-Holstein:

Dennis Riehle aus Konstanz:

„Für Philipp Rösler war das Ergebnis eigentlich in jedem Fall schlecht: Hätte die schleswig-holsteinische FDP den Wiedereinzug in den Landtag nicht geschafft, hätte man ihm fehlende Rückendeckung, schlechte Vorzeichen aus der Bundespartei oder die allgemein schlechte Stimmung in und außerhalb der Partei vorgeworfen. Nun, da die Liberalen doch wieder durch einen personenbezogenen Wahlkampf im Parlament vertreten sind, kann es ihm auch nicht recht sein: Immerhin hat sich jetzt ein – wenn auch mittlerweile wohl „Duzfreund“ – arger Widersacher startklar gemacht, bald das Ruder der Gesamt-FDP zu übernehmen. Die Wähler gaben an, Kubicki vornehmlich für seinen Widerstand gegen die Parteiführung in Berlin belohnt zu haben – für Rösler war der Ausgang somit von vornherein schlecht. Pest oder Cholera.“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Die Wahlergebnisse in Frankreich und Schleswig-Holstein sind ein ermutigendes und richtungsweisendes Signal für all jene, die das Gebot der sozialen Gerechtigkeit nicht vergessen haben. Während in Frankreich François Hollande einen deutlichen Sieg für die Sozialisten einfuhr, bietet sich im nördlichsten Bundesland der Bundesrepublik die Möglichkeit einer Koalition aus SPD, Grünen und SSW, um Torsten Albig zum Ministerpräsidenten zu wählen.
Der „Erfolg“ der FDP beruht wohl nicht in erster Linie auf der neoliberalen Programmatik dieser Partei, sondern auf Zustimmung zum Landesfürsten Wolfgang Kubicki, der sich einen Namen als Querdenker gemacht hat.
Trotz der knappen Mehrheit in Schleswig-Holstein sollten Gedanken an eine Große Koalition in der SPD keinen Platz haben. Auch mit der denkbar knappsten Mehrheit von nur einer Stimme lässt sich regieren, da bei Torsten Albig nicht damit zu rechnen ist, dass sogenannte Parteifreunde alte Rechnungen begleichen wollen, wie es bei der verdienstvollen Heide Simonis der Fall war.“

Georg Jostkleigrewe aus Münster:

„Die Erfolge der Piraten wirbeln die politische Landschaft durcheinander. Auch in den Printmedien findet die Internetpartei ein positives Echo. Stefan Hebel plädierte in der FR dafür, ihr Eindringen in den Kreis der etablierten Parteien als Beitrag zur Erneuerung und Weiterentwicklung der Demokratie zu begreifen.
Tatsächlich haben die Piraten vor allem deshalb Erfolg, weil sie eine Grundstimmung in der Wählerschaft anzusprechen scheinen – die Unzufriedenheit mit der politischen Kaste und den bisherigen Formen des politischen Betriebs. Dieses weit verbreitete Unbehagen wird jedoch nicht zu einer demokratischen Erneuerung führen – schon deshalb nicht, weil es der Realität nicht gerecht wird.
Zum einen gibt es bei nüchterner Betrachtung keinen vernünftigen Grund für die Annahme, dass der durchschnittliche Politiker inkompetenter, korrupter und unlauterer ist als der durchschnittliche Bürger. Zum anderen kann man mit guten Argumenten bezweifeln, ob ein webbasierter Politikbetrieb, wie er den Piraten vorschwebt, tatsächlich transparenter und weniger manipulationsanfällig ist als die bisherige Mediendemokratie.
Das Hauptproblem der derzeitigen Politik besteht darin, dass die große Mehrheit der Akteure Positionen vertritt, die unmoralisch, unsolidarisch und zudem ökonomisch unwirksam sind. Dies ist eine Bewertung, die inhaltlich begründet und in den politischen Diskurs eingespeist werden muss. Dazu sind die Piraten derzeit aber nicht in der Lage. Soweit sie als Bürgerbewegung für neue politische Partizipationsformen streiten, ist ihr Anliegen legitim, auch wenn man es nicht teilen muss. Als bloße Protestpartei im Parlament hingegen werden sie zum jetzigen Zeitpunkt mehr Schaden anrichten als nutzen.“

Und nun der europäische Fokus. Henning Gabel aus Frankfurt meint:

„Ich las, dass Kanzlerin Merkel darum bangen musste, ob in Frankreich der Richtige die Stichwahl um die Präsidentschaft gewinnt. Aber wäre Nicolas Sarkozy der Richtige für die Eurorettung gewesen? Kann Merkels und Sarkozys Weg aus der Krise und wird der von François Hollande ins Verderben führen?
Gönnen wir uns einen Blick in die Vergangenheit: Der Kapitän der Titanic war ein Könner seines Faches. Wem sonst hätte man ein so teures Schiff anvertraut, mit so vielen Menschen darauf? Dass er den Untergang dennoch nicht verhindern konnte, lag daran, dass er mit falschen Annahmen über Eisberge gearbeitet hat. Damit wieder zur Gegenwart: Die Politiker, welche die Eurokrise nicht vorausgesehen haben, haben sich an Urteilen von ausgewiesenen Experten orientiert. Wenn die Eurokrise dennoch eingetreten ist, dann kann es also nur an falschen Annahmen dieser Experten über das Funktionieren von Währungen, das Verhalten von Volkswirtschaften und Finanzmärkten gelegen haben. Und jetzt sollen wir dieser Politik in dieser Situation glauben, dass sie mit ihren Entscheidungen diesmal richtig liegt?
Das können wir schon deshalb nicht, weil ihre maßgeblichen Experten ihre Annahmen noch nicht korrigiert haben. Dass vor allem die deutsche Politik so hartnäckig bei ihrer Linie bleibt, kann etwas mit Prägung zu tun haben oder damit, dass diese Annahmen mächtigen Interessengruppen nutzen, welche sie sich auf keinen Fall zum Feind machen möchte. Wie kann man also in dieser Lage entscheiden, wer in Frankreich für den Euro die richtige Politik macht bzw. machen würde – Sarkozy oder Hollande? Man kann zwar mit Angela Merkel fiebern, ob sie weiterhin das Sagen haben wird. Aber wäre das für die Lösung unseres existenziellen Europroblems gut oder schlecht?
Was von beidem es wirklich sein würde, kann man nur wissen, wenn man die Experten mit den richtigen Annahmen fragt. Diese zu finden, ist nur möglich, wenn man sich von Interessengruppen und ideologischem Denken frei macht.“

Hans Oette aus Neuenstadt:

„Erneut wurde eine schwarz-gelbe Regierung abgewählt. Baden- Württemberg lässt grüßen. Die FDP hat, berücksichtigt man den fatalen Rückgang der Wahlbeteiligung, 55 Prozent ihrer Wähler gegenüber 2009 verloren. Auch in Frankreich und Griechenland wurde die herrschende Politik abgestraft. Man möchte der FDP händeringend das Ableben wünschen, oder noch besser, die Einsicht in letzter Minute. Denn die Politik der Deregulierung, des Sich-selbst-Überlassens der Märkte, kann zwar eine Zeit lang gut gehen, besonders für ein Industrieland wie Deutschland. Doch sein Exportüberschuss bringt andere Länder in Verschuldung und in Arbeitslosigkeit, da viele Unternehmen dort kaputt konkurriert werden. Der Staat hat bisher durch seine Ausgaben zusätzliche Nachfrage erzeugt und damit den Unternehmen geholfen und soziale Gegensätze gemildert, besonders in den wirtschaftlich schwachen Ländern, aber auch in Deutschland. Immer mehr Ländern droht nun aber die Staatspleite, und man versucht, durch Rettungsschirme die Schuldenlast gleichmäßiger zu verteilen. Und man verordnet den Staaten das Sparen. Doch das verschärft die sozialen Gegensätze und verursacht wegen der einbrechenden Nachfrage mehr Pleiten und mehr Arbeitslosigkeit.
Richtig wäre es, die Staaten würden ihren Haushalt nicht durch Sparen ausgleichen, sondern durch höhere Steuern für die Reichen. Von denen bekommen sie das Geld ja bisher auch: durch Verschuldung. Macht man so weiter, wächst entweder die Verschuldung, oder die Krise kommt immer näher, oder beides. Und wenn dann die überschuldeten Staaten eine Wirtschaftskrise nicht mehr abfangen können, bricht das Chaos aus. Haben wir dann die grenzenlose Freiheit, bar jeder Ordnung, das FDP-Paradies?“

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16 Kommentare zu “Erfolge der Querdenker

  1. Ich glaube das es sehr viele Leute gibt die merken das unsere Gesellschaft mit der Finanzkrise auf ein sehr grundsätzliches Problem gestoßen ist. Die Altparteien sind offensichtlich nicht in der Lage Lösungen zu präsentieren oder getrauen sich das nicht weil sie denken das die Lösungen nicht mehrheitsfähig sind. Da gibt es Wähler die schlagen sich auf die Seite von Frau Merkel und hoffen das die Frau es schafft das der Kelch möglichst lange an ihnen vorüber geht. Andere schlagen sich eher auf die Seite weiter links und vertreten die Meinung das das Kapikal die Suppe auslöffeln soll die es uns eingebrockt hat. Da diese Leute aber wissen das so etwas in unserem globalisierten Wirtschaftsystem kaum durchsetzbar ist, sind sie auch relativ unglaubwürdig. Sie müssen wegen den nächsten Wahlen immer die Meinungsbildenden Medien im Auge behalten und verhalten sich taktisch. Die dritte Gruppe schaut sich das an und sagt.Die spinnen die Römer und geht gar nicht wählen oder drückt seinen Protest aus in dem sie die Piraten wählen.

  2. Dieser Wahl-Sonntag war ein Sieg für die Demokratie, die desaströse Sparpolitik ist in zwei Ländern deutlich abgewählt worden und zumindest bisher sind die Menschen nicht dazu übergegangen , irgendwelche Durchgeknallten an die Macht zu lassen.

    Letzteres ist wohl auch der Grund , warum „Eliten“ nebst gekauftem Teil des „Journalismus“ wütend schwadronieren über anti-europäische und radikale Wahlergebnisse , die spüren wohl instinktiv , daß sich die Bevölkerungen Europas als stärker erweisen könnten , eben weil sie sich nicht provozieren lassen.

    (Das Wahlergebnis LePens ist keine Radikalisierung nach rechts hin , weil es dieses Potenzial schon lange gibt.)

    Und Schleswig-Holstein ? Ein Erfolg der Querdenker , stimme zu ,insbesondere Kubickis Erfolg ist ein Zeichen dafür, daß zumindest ein erheblicher Teil der Wähler zu differenzieren weiß.

  3. zu @ DH
    Kubicki ist also anders als die restliche FDP. Dieser Mann ist seit Jahrzehnten in der Führung der FDP. Das war pure Polemik was er so über den Kapitalismus gesagt hat. Er hat das alles die letzten Jahre was der H. Westerwelle so losgelassen hat mitgetragen. Mir ist nicht bekannt das SH im Bundesrat als einsamer schwaz/gelber Kämpfer für eine soziallieberale Politk größer aufgefallen wäre. Ich lasse mich aber gern eines besseren belehren.

  4. @ hans

    Sie haben nicht ganz unrecht , Kubicki ist jetzt auch nicht der liberale Heilsbringer , ich finde aber schon , daß er ein wenig mehr Profil gezeigt hat in der Partei als viele andere.
    Natürlich ist das für einen reinen Landespolitiker immer auch ein wenig einfacher , so manche Entscheidung muß da nicht unmittelbar mitgetragen werden.

    Immerhin ist er keiner dieser Streber-Typen , die in den letzten Jahren in der FDP nach oben kamen….

  5. Und jetzt, wie so oft, versuchen die Granden der SPD eine erfolgreiche Ministerpräsidentin sogleich zur Kanzlerkandidatin zu machen, was nichts anderes bedeutet, als sie zu demontieren. Das geht schon jahrzehntelang so: Immer, wenn jemand im eigenen Hause erfolgreich ist, wird er von der eigenen Partei hoch- und weggelobt. Man sagt immer wieder, die SPD-Spitze habe kein Verhältnis zur Macht. Das Gegenteil ist der Fall: Sie hat ein mißgünstiges Verhältnis zur Macht und gönnt sie keinem ausser sich selbst.

    Ebendas ist der Grund ihres ständigen Scheiterns.

  6. zu @ Standort
    Ich glaube nicht das Frau Kraft das mit sich machen lässt. Sie wird mindestens eine Legislatur in Düsseldorf mit anschließender Wiederwahl jetzt machen und das ist auch gut so.Außerdem habe ich derzeit den Eindruck das sind mehr die Medien als die SPD die diese Diskussion schüren.

  7. Wetten, das…..es irgendwann in den nächsten Monaten heißen wird: Landesmutter contra Bundesmutti? „Hannelörche (ich beiß der gleich ins Öhrche) Kraft hat doch gegenüber den 3 Schröderianern der SPD-Troika den Vorteil, von Hartz-IV- und anderen Sauererein unbelastet zu sein. Weder der neoliberale Steinbrück, noch der Hartz-Architekt Steinmeier, noch Schröders Ziehsohn Gabriel (der sich jetzt einen schlanken Fuß macht) haben das Zeug zur Lokomotive, um die Großtante SPD zu neuen Gipfeln zu ziehen. Und wenn’s für Rot-Grün nicht reicht, wird eben Lindner mit neuer FDP ins Ampel-Boot geholt.

    Ich glaube Frau Kraft, das sie derzeit fest die Absicht hat, als MP in Düsseldorf zu bleiben, und das möglichst für die ganze Legislaturperiode. Allerdings bin ich auch überzeugt, daß wir in diesem Jahr noch gigantische Verwerfungen innerhalb Europas oder zumindest der Euro-Zone bekommen. Und dann wird in den SPD-Führungskreisen diskutiert werden: weiter mit Merkel Richtung Abgrund, oder mit einem neuen Gesicht versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Mit der Trias Steinbrück-Steinmeier-Gabriel ist doch kein Land zu gewinnen und die SPD nicht über die 30%-Marke zu hieven. Da die Gründen successzive an die Piraten abgeben werden, und Probleme bekommen, zweistellig zu bleiben, hieße das dann: die FDP mit ins Boot zu holen. Aber dann zu glauben, daß mit den sozialdemokratischen Herren, davon einer aus dem Seeheimer Kreis, einer als Architekt der Hartz-„Reformen“ und der letzte als Hartzer-Roller wären irgendwelche größeren Veränderungen zu machen, und diese mit der FDP, hieße auch, an den Weihnachtsmann zu glauben.

    Wirkliche Veränderungen gäbe es nur mit einer Bundeskanzlerin Kraft (Wahlplakat: Wir haben die Kraft!), einer grünen Riege, die nicht gleichzeitig auch mit Mutti Angela anbandeln möchte und vor allem einer reformierten Linkspartei mit klarer Kante und klarem Profil, und einer Vorsitzenden Wagenknecht oder einem Vorsitzenden Lafontaine.

    Alles andere wäre kalter Kaffee – dann könnten wir auch die behalten, die wir jetzt schon (überdrüssig) haben. Da wissen wir wenigstens, wem wir dann die Scheiben einschmeißen dürfen.

    Und noch etwas zu den Medien: seit den letzten beiden Jauch(e)-Sendungen habe ich den sich zunehmend verstärkenden Eindruck, daß hier einer kräftig Wahlwerbung für die FDP macht. Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens? Pfeifedeckel!

  8. Eine Landtagswahl ist keine Meinungsumfrage, das verwechseln heutige Politmanager immer wieder. Wer in einem Land Erfolg hat, der hat ihn nicht notgedrungen auch anderswo oder im Bund. Zudem zerschlägt eine solche Gesichterpolitik ständig die (zögerlich) nachwachsenden Strukturen der SPD, weil jeder, der ein klein wenig in der Wählergunst hochgehandelt wird, sogleich anderswo verbrannt wird.

    Es kommt aber am wenigsten auf die Bundespartei an, sondern im wesentlichen auf eine starke Basis in Landkreisen und Ländern und diese braucht Personen, die aus ihnen heraus gewählt wurden und auch das tun, wozu sie gewählt wurden. Wenn das nicht der Fall ist, verkommt die ganze Parteistruktur zur Karrieremaschine mit ständigem Kandidatenverschleiß. Einer Karrieremaschine, die im Lande kaum noch wahrgenommen wird, weil die Menschen, denen man vertraut und denen man die Verwirklichung des Wählerwillens zutraut, ständig in der Scheinwelt des bundespolitischen Theaters verschwinden.

  9. Ich glaube nicht (Weiß es aber nicht) das es vor der Bundestagswahl zur großen Eurokrise kommt. Da wird vorher unsere Bundeskanzlerin den Rettungsschirm noch um einiges aufblähen. Ich denke mindestens 2 Billionen wird sie noch draufpacken. Dann geht es irgendwann so nicht mehr weiter. Wann das sein wird wird man sehen. Sie wird aber alles tun um den Termin hinter die Bundestagswahl zu drücken.

  10. Ach Hans, wieviel Naivität wollen Sie sich denn noch leisten? Kennen Sie unsere Gesetzeslage, z.B. das Haushaltsrechts des Bundestages? Woher soll denn unsere Kanzler-Darstellerin die 2 Billionen nehmen, wer soll das bezahlen, wie wäre dieser Entschluß mit dem Fiskal-Pakt und der jetzt grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse vereinbar? Also bitte vorher informieren, bevor Sie solche Klopse loslassen. Außerdem – eine „Aufblähung“ des Rettungsschirmes wäre eine Entscheidung aller 13 Euro-Staaten. Danke.

    Und wir entscheiden nicht, ob es zu einer (Euro-)Krise kommt, sondern ganz Andere. Es sind die Zustände in Spanien, Italien (Griechenland habe ich schon abgehakt) und das, worauf Merkel blickt wie das Kaninchen auf die Schlange: die ach so wichtigen und wohl alles dominierenden „Märkte“. Und genau das ist es, was immer mehr Menschen ankotzt, und in die Wahlenthaltung treibt, und wohl bald auch dazu, auch bei uns radikale Parteien (die bis jetzt nur als Splitterparteien vorhanden sind) zu wählen. Aber auch eine Marine Le Pen oder ein Geert Wilders sind ja nicht vom Himmel gefallen.

  11. zu @ Wolfgang Fladung
    Bei der nächsten Erhöhung des Rettungsschirmes werde ich Sie an den Beitrag erinnern. Natürlich habe ich diesen Rettungsschirm gemeint der erhöht wird um meiner Meinung nach 2 Billionen. Man wird auch Spanien retten. Das eine Schuldenbremse das verhindert ist wirklich naiv. Unsere Regierung verhält sich bei den derzeitigen Summen die für den Rettungsschirm verbürgt werden schon so als ob es keine Schuldenbremse gäbe. Ich bin mal gespannt wer von uns beiden am Schluß naiv gewesen ist. Meiner Meinung nach bricht das Ganze erst nach Spanien zusammen.

  12. Wenn Sie die Kombination von ESM und Fiskalpakt meinen, ab 07/12 mit 700 Milliarden ausgestattet, liegt jetzt bereits Verfassungsklage vor, siehe hier: http://www.berliner-zeitung.de/politik/fiskalpakt-daeubler-gmelin-kuendigt-verfassungsklage-an,10808018,14798508.html.

    Gehen wir davon aus, daß Sie, Herr Hans, die Zustimmung von Frau Merkel innnerhalb der Euro-Staaten auf eine Erhöhung von insgesamt 2,7 Billionen meinen, würde sich dadurch allein der deutsche Anteil insgesamt auf rund geschätzt 900 Milliarden Euro erhöhen – das wäre knapp das dreifache des derzeitigen kompletten Bundeshaushalts. Und da ist eben der grundgesetzlich verankerte Haushaltsvorbehalt des Parlaments vor, welches das wohl nicht genehmigen würde, weil im Falle eines Falles eben dieser Betrag auch eingestellt und bezahlt werden müßte. Abgesehen davon, wo sollen denn bitteschön die anderen Euro-Schuldnerstaaten, zu denen natürlich auch Italien, Spanien, Frankreich, Belgien und Irland (usw., um nur die jetzt schon kritischen zu nennen) gehören, dieses Geld hernehmen – von der EZB drucken lassen? Wenn Deutschland pleite ist, ist niemand mehr da, um uns zu retten, da sind wir uns doch hoffentlich einig.

    Eben deshalb wird das Ganze, wie Sie schreiben, zusammenbrechen, ob nach Spanien und nach Italien, spielt keine Rolle mehr.

  13. Ergänzend: Hans, egal, von welcher ESM-Rettungsschirm Höhe in Euro Sie ausgehen, Deutschland trägt immer anteilig seiner Wirtschafts- und Finanzkraft rund 29%. Der Rest verteilt sich auf die anderen 16 Euro-Länder. Bei einer Gesamthöhe von 2,7 bzw. 2,75 Billionen wären das dann „nur“ schlappe 800 Milliarden. Mit 900 Milliarden lag ich dann um 100 Milliarden höher.

  14. Meine Kernaussage im Beitrag 9 ist das Frau Merkel alles tun wird um eine große Eurokrise vor der Bundestagswahl zu verhindern. Wenn es nötig ist den Rettungsschirm dazu auszuweiten dann wird sie das tun. Um wieviel Euro ist letztlich abzuwarten. Das es so wie das Ganze jetzt läuft nicht auf Dauer weitergehen kann ist meiner Meinung nach offensichtlich. Das eine konservative Regierung die Verursacher zur Kasse bittet ist nicht zu erwarten. Was hat unsere Regierung denn anders gemacht die letzten 3 Jahre als den Rettungsschirm zu erhöhen? So Sachen wie die Schuldenbremse sind doch eher ein Problem für zukünftige Regierunen und haben kurzfristig keine Wirkung. Die erforderliche Kreaktivität mit ihrgendwelchen Sondervermögen oder sonstigen Schattenhaushalten das gerade noch verfassungsgemaß darzustellen traue ich der Regierung schon zu.

  15. Noch ein Nachtrag. Wenn sie H. Fladung zu Recht darauf hinweisen das D. ja nur 29% von den Geldern zu zahlen hat,dann sollte man auch da mehr Kreaktivität walten lassen. Man kann der EZB mehr Freiheit geben oder Eurobonds in irgendeiner Form doch ins Spiel bringen. Meine Fantasie reicht wahrscheinlich nicht aus um auf das was man alles tun kann um das Ziel der Wiederwahl von Fr. Merkel nächstes Jahr zu erreichen.

  16. # 15, Hans: Inzwischen hat sich die Debatte auf einen Dialog zwischen uns beiden reduziert, daher jetzt meine letzte Anmerkung: Angela „Mutti“ Merkel kann Purzelbäume machen, Liedchen singen, fluchen, saufen, egal was noch; sie allein kann nicht entscheiden, wie hoch der ESM aufgestockt wird. Dies hängt zunächst von den anderen Euro-Ländern ab und deren „Vermögen“, und dann, sollte ein Entschluß irgendwie zustande kommen, von einer 2/3 Mehrheit des deutschen Bundestages. Selbst wenn Sie für Eurobonds plädieren, wären auch diese zustimmungspflichtig, weil im Falle eines Falles wieder die Haftungsklausel Deutschlands ziehen würde.

    Aber wahrscheinlich sowieso alles Wurscht, in Griechenland gibt’s Neuwahlen, die Syriza hat gute Chancen, stärkste Partei (incl. der dann fälligen zusätzlichen 50 Parlamentssitze) zu werden, und dann, mit allen Folgen und Nebenwirkungen, im Anschluß werden wir alle aus Solidarität unserem Stammgriechen die Ouzo-Vorräte wegsaufen.

    Wäre ich übrigens Grieche, würde ich auch die Syriza wählen. Dieser Klientel- und Stände-Staat hat keine Chancen, als alles nochmals auf „START“ zu setzen.

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