Der beste Schutz für Israel

Esther Schapira, Ressortleiterin der Abteilung Zeitgeschichte beim Fernsehen des HR, hatte am 30. April einen Gastbeitrag in der FR. In „Verordnete Staatsräson“  wirft sie Fragen nach dem Verhältnis der Deutschen zu Israel auf: „Warum bleiben Juden in Deutschland unter sich, wenn sie sich über die Existenz des einzigen jüdischen Staates freuen? Israel lebt im permanenten Ausnahmezustand. Noch in der Gründungsnacht erklärten sechs arabische Staaten Israel den Krieg, und die Vereinten Nationen, die mehrheitlich die Teilung Palästinas beschlossen hatten, überließen den jüdischen Staat seinem ersten Überlebenskampf. 64 Jahre ist das her. Es bestätigte die Jahrtausende alte jüdische Erfahrung, im Ernstfall allein zu sein. Sie bestimmt die israelische Politik bis heute – und das Lebensgefühl auch der Juden in Deutschland sobald über Israel geredet wird. (…) Israels Existenz ist „Staatsraison“, aber eben keine Herzenssache. Vielleicht ist die politisch verordnete Freundschaft mit einem Staat, der durch seine bloße Existenz deutsche Schuldgefühle auslöst, der zudem das Verhältnis zu den Ölstaaten erschwert und dem beizustehen, das Risiko erhöht, selbst zur Zielscheibe von Terroristen zu werden, den meisten einfach lästig. Das ist bitter, aber normal.“

In mehreren Leserbriefen wird Esther Schapira Kontra gegeben. Auch meine Erfahrung ist, dass Israel durchaus „Herzenssache“ vieler Deutscher ist – gerade hier im FR-Blog hat es schon diverse engagierte Diskussionen zu diesem Thema gegeben, und das wäre sicher nicht so, wenn Israel den Menschen hierzulande egal wäre. Was die israelische Politik von den Deutschen jedoch nicht erwarten kann, ist bedingungslose Unterstützung ihrer Aktionen und Positionen. Aus den Leserbriefen geht deutlich hervor, wie unzumutbar die FR-Leserinnen und -Leser das fänden. So meint Friedrich Gehring aus Backnang:

„Esther Schapira meint, glaubwürdiger Einsatz für die Existenz Israels müsste „bereit sein, im Ernstfall selbst militärisch für die Sicherheit Israels einzustehen.“ Sie findet es „verstörend“, dass solcher Schutz Israels den Deutschen „keine Herzenssache“ ist. Sie fragt nicht nach den Gründen. Sie liegen meines Erachtens auf der Hand. Frau Schapira behauptet, Israel habe immer wieder erlebt, „wie gefährlich es ist, sich nicht rechtzeitig zu wehren“. In dieser militärischen Logik haben sich die Deutschen aufgerüstet, um nie wieder eine Schande wie in Versailles zu erleben. Das Ergebnis war der 8. Mai 1945 und ein zerbombtes Deutschland. In dieser Logik hätte wieder aufgerüstet werden müssen, um nie wieder Territorien wie Elsaß-Lothringen zu verlieren. Die Deutschen haben stattdessen die friedliche Koexistenz mit dem Erbfeind Frankreich eingeübt. Selbst der Ex-Mossad-Chef Meir Dagan nennt einen Präventivschlag gegen den Iran das „Dümmste, was ich je gehört habe“ (FR vom 30.4.2012, S. 9). Der Iran kann sich bei allem Maulheldentum einen Atomschlag gegen Israel niemals leisten, weil damit viele Muslime getötet und das muslimische Heiligtum in Jerusalem zerstört würde. Kann man es auf diesem Hintergrund als „verstörend“ empfinden, dass die Deutschen die Lektion Jesu gelernt haben: „Wer zum Schwert greift, wird durchs Schwert umkommen“ (Mt 26,52)?“

Michael Strake aus Hütschenhausen:

„Sehr flott und forsch schreibt Frau Schapira. Aber mit eingeschränkter Sichtweise. Ich wähle nur ein Beispiel: „Weder der permanente Raketenbeschuss aus Gaza…“ beginnt Frau Schapira einen langen Satz.
Die Journalistin und pax christi –Aktivistin W. Rösch-Metzler schreibt ausführlicher:
„International bekannt ist der völkerrechtswidrige Mörser- und Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel. Weniger bekannt ist, dass es eine Zeit kurz vor dem israelischen Krieg gegen Gaza gab, in der der Raketenbeschuss gegen Null ging. Nach einer Statistik des israelischen Verteidigungsministeriums wurden im Juli 2008 aus dem Gazastreifen eine Rakete abgefeuert, im August acht, im September und Oktober je eine. Im Gegenzug dazu verpflichtete sich Israel, die Blockade des Gazastreifens weitgehend zu lockern. Diesen Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel hatte Ägypten vermittelt. Er hielt nicht. Die Blockade blieb, und als die israelische Armee am 5. November Tunnel in Gaza bombardierte und ein Hamas-Mitglied gezielt tötete, feuerten die Milizen im Gazastreifen wieder Raketen ab: 126 im November, 98 im Dezember 2008.“ An weiteren Einzelaussagen könnte ich Frau Schapira Einseitigkeit nachweisen.
Sehr erschrocken bin ich vom Schluss des Artikels: Da wird ganz offen der militärische Einsatz für Israel, natürlich nur „im Ernstfall“, gefordert, wenn man ein glaubwürdiger Freund Israels sein will. Für mich, der sich für zivile Lösungen von Konflikten einsetzt, bleibt da keine Möglichkeit, ein glaubhafter Freund Israels zu sein. Kann, nach Frau Schapiras Gedankengängen, der kleine Staat Israel es sich bei seiner Suche nach Frieden leisten, auf uns Friedenskämpfer zu verzichten? Friedenskämpfer, die in etlichen Fällen ihren gewaltfreien Kampf mit ihrem Blut bezahlten, bezahlen und bezahlen werden?“

Gerold Hefele aus Staufen:

„Deutscher Solidarität mit Israel und dessen Unterstützung in seinem Behauptungswillen gegenüber Feinden, die seine Existenz bedrohen, ist zuzustimmen. Wie aber sieht es mit dieser Bedrohung wirklich aus? Die iranische Führung dürfte kaum jemals so irrational handeln, Israel – atomar (sollte es einmal solche Waffen besitzen) oder „konventionell“- mit einem Vernichtungskrieg zu überziehen und dadurch gleichzeitig die eigene Vernichtung durch einen israelischen Gegenschlag zu provozieren. Und würde der Iran wohl durch einen solchen Angriff einfach so nebenbei eine der heiligsten Stätten des Islam in Jerusalem zerstören wollen? Und die Hamas, die ebenso wie der Iran glaubt, Israel aus religiös-ideologischen Gründen das Existenzrecht absprechen zu müssen? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde die Hamas innerhalb der palästinensischen Bevölkerung an Einfluss verlieren, wenn Israel endlich zu einer gerechten Friedenslösung mit den Palästinensern bereit wäre.
Eine gerechte Friedenslösung wäre auch der beste Schutz Israels vor etwaigen Feinden und würde diesen den Wind aus den Segeln nehmen. Was die verbalen Bekundungen seiner Friedensbereitschaft durch Israel wert sind, kann man beurteilen an den für die Palästinenser unannehmbaren diesbezüglichen israelischen Vorstellungen, die keineswegs gerecht sind. Nicht zuletzt zeigt sich für jeden Blinden im fortwährenden Siedlungsausbau die wahre Natur des angeblichen israelischen Friedenswillens. In Wirklichkeit tut Israel seit Jahr und Tag alles, um die Gründung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu verhindern und sich die weitere territoriale Expansion im Westjordanland und in Ostjerusalem zu ermöglichen. Weitgehend ausgearbeitete Pläne für eine Friedenslösung liegen seit Jahren vor. Israel hat es bis jetzt vorgezogen, diese zu ignorieren.
Es ist zutreffend: Nach der Gründung des Staates Israel erklärten sechs arabische Staaten Israel den Krieg (was den großen historischen Fehler auf arabisch/palästinensischer Seite darstellt), aber es ist auch historische erwiesen, dass in Israel das Motto galt: Wir nehmen erst einmal, was wir gekriegt haben und sehen zu, wie wir Weiteres dazubekommen können. Das gilt bis heute.
Zurück zur Staatsräson und die von Frau Schapira beklagte mangelnde Empathie in der deutschen Bevölkerung für die Sicherheit und Existenz des Staates Israel. Eine solche Empathie könnte entstehen bzw. zurückkehren, wenn man nicht nur die großartige Aufbauleistung in Israel, sondern auch ein konstruktives und ehrenhaftes Friedensengagement seitens Israel bewundern könnte.
Welches Existenzrecht ist im übrigen gemeint, wenn es beschworen wird? Existenzrecht z.B. in den Grenzen von 1967 oder in den Grenzen inklusive von „Judäa“ und „Samaria“ (was weitgehend mit dem Westjordanland identisch ist) und die Existenz eines Palästinenserstaates ausschließt?
Klar sollte sein, dass weder schiitische Heilserwartungen, in denen ein jüdischer Staat im „Heiligen Land“ keinen Platz hat und andere islamische ideologische Vorstellungen auf der einen Seite noch alttestamentarische Mythen und Verheißungen auf der anderen Seite Grundlagen für politisches Handeln im 21. Jahrhundert sein und als solche akzeptiert werden können, sondern allein das internationale Recht und die Menschenrechte. Das sollte gegenüber beiden Konfliktparteien (Israel und Palästinenser/arabisch-islamische Welt) nachdrücklich und kompromisslos und ohne diplomatische Zurückhaltung vertreten werden, auch durch die deutsche Regierung.“

Elias Davidsson aus Alfter:

„Als in Palästina geborenen Jude (Jahrgang 1941) möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Iran nie in den letzten 300 Jahren ein anderen Staat angegriffen hat. Das zionistische Staat Israel hat abermals Jordanien, Syrien, Libanon, Ägypten, Irak und Tunesien angegriffen und verletzt seit seine Gründung im Jahre 1948 das allgemeine Völkerrecht, das humanitäre Völkerrecht und die allgemeine Menschenrechte der nicht-jüdischen Bevölkerung, von der ein Teil vertrieben wurde. Es gibt kaum eine völkerrechtliche Norm, die der Staat Israel eingehalten hat.
Während Israel ohne internationale Aufsicht ein ganzes Arsenal von Atomwaffen besitzt und damit seine Umgebung einschüchtert, hat der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte, Ajatollah Ali Khameini, ausdrücklich und wiederholt erklärt Iran strebe nicht Atomwaffen zu erhalten noch seien solche Waffen vereinbar mit dem Islam. Iran hat abermals zu einer atomwaffenfreie Zone im Vorderen Orient aufgerufen.
Als Jude ist es meine Pflicht die Wahrheit über die Nakba (die Nationaltragödie des palästinensischen Volkes) als Sühne zu zeugen genau wie es die Pflicht jedes Deutsche ist den Holocaust durch Wiedergutmachung zu sühnen. Juden, die die Nakba verleugnen oder verharmlosen, verhalten sich wie Holocaustverleugner und schaden dem Ruf des Judentum.“

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65 Kommentare zu “Der beste Schutz für Israel

  1. Dazu kann ich nur sagen Israelis sind auch Menschen und als solche sollte man sie auch behandeln. Ich bin mir nur nicht sicher ob sie das wollen.

  2. Sorry, Hans, ich verstehe Sie nicht. Als was wollen Israelis Ihrer Meinung nach behandelt werden, wenn nicht als Menschen?

  3. Nicht nur Herrn Abraham, sondern allen Interessierten empfehle ich diesen Artikel aus dem Kölner Stadtanzeiger von Jürgen Todenhöfer, hier der Link: http://www.ksta.de/html/artikel/1335978680737.shtml.

    Für mich hat zumindest die derzeitige israelische Regierung und mit ihr ein (hoffentlich nicht Groß-)Teil der Bevölkerung eine wohl historisch begründete kollektive Paranoia entwickelt, rund um das alttestamentarische: Auge für Auge, Zahn für Zahn. Wenn sich Israel in ein gemeinsames (U-)Boot setzen möchte, und damit gegen Iran fahren, mögen Sie dies (hoffentlich nicht) tun. Ich verweigere meine Mitfahrt, auch nicht auf Einladung, geschweige denn als Aufforderung. Schon schlimm genug, daß hier bei uns Wiedergutmachung (ein ekelhaftes Wort, der Holocaust läßt sich nicht „wieder gutmachen“) mit irgendwelchen regierungsamtlichen Treueschwüren verwechselt wird. Treueschwüren, die dann doch nicht, gell Frau Merkel, gehalten werden würden, und das zu Recht. Wenn jemand sich im Wald aufhängen will, und ich es ihm nicht ausreden kann, soll er es tun. Er soll nur nicht von mir verlangen, daß ich mich aus Solidarität zu ihm und seinem Wahn einen Strick kaufe, einen Baum aussuche und mich mit aufhänge.

  4. zu@Wolfgang Fladung
    Ich habe den Artikel gelesen. Für mich stellt sch immer noch die Frage was will man im Iran mit einem AKW das in der Wüste steht und extrem teueren Strom produziert. Es wäre schon beruhigend wenn man darauf irgendwo eine vernünftige Antwort bekommen würde, dann könnte ich das was in dem Artikel steht leichter glauben.

  5. Auch Saddam Hussein hat ja, im Vertrauen auf US-amerikanische Unterstützung oder zumindest Tolerierung, gerne den „Dicken“ markiert, zumindest bis 1991. Und seine angeblich vorhandenen Monsterwaffen, mit denen er natürlich auch Israel bedrohte, entpuppten sich als Potemkinsche Dörfer. Dies hielt die Amis natürlich nicht von der Kriegsführung ab, mit allen Folgen bis heute beim „Nation Building“ im Irak. Überlegen sich all die, welche jetzt einen Präventivschlag Israels gegen den Iran befürworten, ob sich vielleicht die Geschichte hinsichtlich Graf Potemkin doch wiederholen könnte? Abgesehen davon, ob sich die iranischen Atombomben (die erst noch gebaut werden müßten) wirklich nicht als Fake herausstellen – wer hat sich schon einmal überlegt, welche Folgen ein israelischer Erstschlag politisch, wirtschaftlich und global mit sich bringen würde bzw. welch Tornado dann – nicht nur – in der arabischen Welt entfesselt würde? Würde Pakistan ruhig zusehen? Wie würde sich die Türkei verhalten, wie Saudi-Arabien?

    Und wie wir aus der Geschichte wissen, gab es rund um die Gründung des Staates Israel sehr unrühmliche Taten auch auf israelischer Seite, wo die HAGANA und deren Abspaltungen als ganz gewöhnliche Terroristen auftraten.
    So mancher britische Soldat und so manche rechtmäßig auf eigenem Land wohnende palästinensische Familie mußte damals am eigenen Leib spüren, daß es mit den eingeforderten Menschenrechten nicht so weit her war. Die vor kurzem in ARTE in zwei Teilen gesendete Spielfilm-Dokumentation „Gelobtes Land“ hat dies gut bebildert und geschildert.

  6. hans am 8. Mai 2012 um 16:39 – der Versuch einer Antwort:

    AKWs stehen im Verdacht, im laufenden Betrieb Strahlung zu emittieren. Außerdem läßt sich der anfallende Atommüll bzw. die abgebrannten Brennstäbe besser lagern als rund um Teheran. Die einzige Frage, die für mich beim Standort bleibt, wäre: wie sieht es aus mit der Kühlung? Nicht umsonst stehen die europäischen Reaktoren in Flußnähe. Aber vielleicht gibt es ja einen Atomphysiker oder gebildeten Laien, der hier mehr sagen kann.

  7. zu @ Wolfgang Fladung
    (im Beispiel : Kernkraftwerk Stade)

    (Schema eines Druckwasserreaktors : Anlage II)

    Durch das Wasser wird die in den Brennelementen erzeugte Wärme abgeführt. Um ein Sieden zu verhindern, wird der Betriebsdruck im Hauptkühlkreis auf ca. 158 bar heraufgesetzt und durch einen Druckhalter geregelt. Das Kühlmittel tritt mit einer Temperatur von 288 °C in den Reaktor ein und verläßt ihn wieder mit einer Temperatur von 316 °C. Etwa 44.000 t Kühlmittel werden je Stunde durch den Reaktor bewegt.

    Das erhitzte Wasser gibt nun seine Wärem in 4 Dampferzeugern an das Wasser des Sekundärkreises ab.Aufgrund der hohen Temperatur und des niedrigen Druckes verdampft es im Sekundärkreis und liefert pro Stunde insgesamt 3592 t Sattdampf von 265 °C und einem Druck von ca. 52 bar. Durch ein solches Zweikreissystem wird erreicht, daß die im Reaktorkühlmittel auftretenden radioaktiven Stoffeauf den ersten Kühlkreislauf beschränkt bleiben und nicht in die Turbine und den Kondensator gelangen.

    Mit Hilfe des erzeugten Dampfes wird eine Turbine betrieben, die direkt mit einem Drehstrom-Synchrongenerator gekoppelt ist. Der Generator liefert an den Klemmen eine Leistung von 662 Megawatt bei einer Spannung von 21 kV.

    Im Kondensator wird der aus der Turbine austretende Dampf wieder verflüssigt. Dazu sind etwa 107 000 t Kühlwasser pro Stunde erforderlich, die hier im Beispiel Stade der Elbe entnommen werden. Das Kondensat wird durch eine Speisewasserpumpe einer Vorwärmanlage zugeführt, auf 207 °C vorgewärmt und anschließend in den Dampferzeuger zurückgeleitet.

    Hier mal ein paar Zahlen zum Kühlwasserbedarf eines AKW. Nochmal die Frage: Was soll das??? Bei dem derzeitigen Stand der Solarenergie sollte man im Iran mit PV für 4-5Cent/KWSth.Strom erzeugen können. Mit dem vorhandenen Wasser sollte man anderes tun als in den Reaktor blasen, oder man hat etwas anderes im Sinn. Wobei ich Krieg auch nicht für ein Mittel der Politik halte.

  8. Esther Shapira hat recht. Die Nazis haben die Juden vernichten wollen. Die Kinder der Nazis, Generation 68 hat von Anfang an den Staat Israel in Frage gestellt. In den Herzen sieht es noch viel schlimmer aus. Manche sind dann wenigstens so ehrlich und machen aus ihrem Herzen „keine Mördergrube“. Aber die Liebe zu Israel liegt bei höchstens 10 Prozent.
    Ich persönlich habe gute Erfahrungen in israel gemacht.

  9. Danke, Hans, Sie sind wohl vom Fach. Nur noch eine Frage:
    Sie sprachen von einem „AKW, das in der Wüste steht“. Sie meinen doch damit sicherlich nicht Buschehr, siehe hier:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Buschehr. Das, was die Iraner vorhaben, ist ja wohl die – umstrittene – Uran-Anreicherung. Und das wäre dann kein AKW. Den genauen Standort kennt bei uns niemand, oder wissen Sie da mehr? Dann bitte einen Info-Link.

    Sicherlich gebe ich Ihnen Recht, die Erzeugung von Solarenergie wäre sicherlich sicherer, billiger und vor allem sinnvoller. Aber warum etwas von den Iranern verlangen, was selbst bei uns nicht funktioniert, siehe z.B. die Hermes-Bürgschaft für das umstrittene AKW Angra 3 in einer Erdbebenzone in Brasilien.

  10. zu @ Wolfgang Fladung
    Ich bin nicht vom Fach. Habe nur mal gelesen das AKW jede Menge Wasser brauchen und mir das dann im Internet rausgesucht. Was ich damit sagen will ist einfach: Warum will jemand für den es wirtschaftlich keinen Sinn macht ein AKW bauen. Ich glaube zwar auch nicht zwingend das es darum geht mit einer Bombe Israel anzugreifen, aber solange mir keiner einen anderen Grund nennt glaube ich schon das sich da jemand die militärische nukleare Option schaffen will. Darüber muss man auch nicht begeistert sein. Bei dem Projekt der Hermes-Bürgschaft vermute ich nicht das militärische Absichten dahinter stehen. Vorallem kann man die Möglichkeiten die Iran beim Thema Energie hätte sicher nicht mit Brasilien vergleichen. In Brasilien kann man sich vielleicht noch einreden das es wirtschaftlich ist.

  11. Hans, Sie müssen nicht vom Fach sein, um meine Fragen zu beantworten. Thema Buschehr und Uran-Anreicherung. Leider haben Sie das nicht getan. Und beim Thema „Hermes-Bürgschaft für Brasilien AKW-Bau“ geht es nicht um irgendwelche militärischen Absichten, sondern schlicht und ergreifend um die Technik an sich, mit allen Folgen und Nebenwirkungen. (die wohl eine Förderung der Solar-Energie nicht hätte.)

    Ansonsten werde ich mich aus dem Blog verabschieden, wenn die Kommunikation nur zwischen uns beiden läuft.

  12. zu @ Wolfgang Fladung
    Die Frage ist doch bedroht der Iran mit dem Bau eines AKW Israel? Diese Frage kann man nicht mit einem klaren nein beantworten, weil die Frage was will der Iran sonst mit einem AKW nicht vernünftig beantwortet werden kann. Wie dierekt die Bedrohung ist ,ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich will sich wieder nur ein Staat die nukleare Option erschließen aber das weiß derzeit niemand ganz genau.

  13. @ Hans,

    die Kühlung gelingt nur mit dem Autausch großer Wasservolumina, die Wärmekapazität war immer ads Argument für Wasserkühlung, wenn auch am Golf schon die Einlauftemperatur recht hoch ist….

    Für die Anreicherung brauchts nicht solche Kühlwasserströme; da ist, je nach Methode, eher entscheidend, ob ggf. Zentrifugen eine ausreiche lange Zeit erschütterungsfrei (Erdbeben)laufen können!

    Laserbasierte Anreicherungsverfahren sind wohl nicht so empfindlich gegen seismische Effekte und könnten mit deutlich reduziertem Raumbedarf theoretisch auch auf einem größeren Schiff betrieben werden. Aber auch nicht emissionsfrei….

    Was die „Bombenkonstruktion“ angeht, da gibt es eine Reihe von stark unterschiedlichen Konstruktionsansätzen die mit ebenso unterschiedlichen Anreicherunggraden auskommen, sowas läßt sich aber nicht rein rechnergstützt darstellen, von daher eine schwierige Frage; genauso schwierig wie die Überlegung welche Sprengkraft für die iranisch Seite zweckmäßig erscheinen könnte.

    MfG Karl Müller

  14. zu @14 Karl Müller
    Wenn ich mich recht erinnere hat man die Kühlung mit Salzwasser vor einem Jahr in Japan recht kritisch gesehen. Wenn das richtig ist fällt das Rote Meer als Kühlbehälter aus.

  15. @ Wolfgang Fladung

    Sie fragen: „Wer hat sich schon einmal überlegt, welche Folgen ein israelischer Erstschlag politisch, wirtschaftlich und global mit sich bringen würde bzw. welch Tornado dann – nicht nur – in der arabischen Welt entfesselt würde? Würde Pakistan ruhig zusehen? Wie würde sich die Türkei verhalten, wie Saudi-Arabien?“

    Damit ignorieren Sie, dass eine solche Diskussion längst stattfindet, auch in den deutschen Medien, aber auch in Israel. Esther Shapira schreibt dazu ausdrücklich: „Die Angst vor einer militärischen Eskalation ist dabei durchaus verständlich…. Nun gibt es gute Gründe, gegen einen Militärschlag gegen den Iran zu sein, die vor allem in Israel heftig diskutiert werden. Es gibt aber keine Rechtfertigung dafür, Israel lediglich aufzufordern abzuwarten, ob Teheran seine Drohung wahr macht.“

    Sie – und viele andere in Deutschland – ziehen sich bequem auf die Position zurück, Iran mit der rosaroten Brille anzuschauen, wie es auch Jürgen Todenhöfer in dem von Ihnen verlinkten Beitrag in sträflicher Weise macht. Wer Iran als Hort der religiösen Toleranz preist, nimmt die Realität nicht zur Kenntnis. Mag sein, dass Juden im Iran in die Synagoge unbehelligt gehen können (und Christen in die Kirche), sie riskieren „nur“ als Zionisten oder „Agenten des Westens“ verhaftet und (im schlimsten Falle zu Tode) verurteilt zu werden, was zu einem stetigen Exodus von Juden aus dem Land führt, in dem sie lange friedlich mit ihren Nachbarn gelebt haben. Die Religionstoleranz der Mullahs endet schnell, wenn ein jüdischer (oder christlicher) Mann eine Muslima heiraten will, ohne zum Islam zu übertreten. Und wie „Tolerant“ das Regime z.B. zu den Bahais ist, zeigt die blutige Verfolgung dieser vorbildlich friedliebenden Religionsgemeinschaft. In welcher Scheinwelt Todenhöfer lebt, zeigt auch seine rhetorische Frage „Dieses Land des Lächelns sollte der Welt finsterster Terrorstaat sein?“ Hat er noch nichts davon gehört, dass Hisbollah und Hamas (bzw. ersatzweise der Islamische Dschihad im Gaza-Streifen) längst im Auftrag Irans einen Terrorkrieg gegen Israel führen? Auch mit seiner Verteidigung des Rechts der Iraner auf friedliche Nutzung der Kernenergie besorgt Todenhöfer das Propagandageschäft der Mullahs: Dieses Recht bestreitet niemand. Nur wozu baut das Regime auch nach eigenen Angaben Anlagen, mit denen ein Anreicherungsgrad erreicht wird, der zwar für eine zivile Nutzung nicht benötigt wird, aber die militärische Optionen eröffnet?

    Es geht mir nicht darum (und wie ich Esther Schapira verstehe auch ihr nicht), dass Deutschland derzeit einen Militärschlag gegen Irans Atomanlagen unterstützen sollte. Es geht darum, dass die Bedrohung Israels ernst genommen wird, was auch die Verantwortlichen in der westlichen Welt (und wohl auch in Russland und China) in den Verhandlungen mit Teheran und durch die beschlossenen Sanktionen tun. Wenn aber in der deutschen Öffentlichkeit die Gefahr einer iranischen Atombombe kleingeredet wird, ist das nicht nur politisch falsch, sondern auch kontraproduktiv. Dadurch wird bei der israelischen Bevölkerung und Politik nur die Befürchtung bestätigt, dass man sich auf den Beistand des Westens nicht verlassen kann. Damit werden jene gestärkt, die der Meinung sind, Israel müsse selber handeln.

  16. zu @ Abraham
    Es ist relativ offensichtlich das der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommen will. Da keine andere Verwendung der Atomanlagen im Land plausibel ist. Das ist ein Problem der Weltgemeinschaft die das verhindert oder nicht. Israel kann daraus nicht das Recht auf einen Erstschlag ableiten, da es sehr unwahrscheinlich ist das der Iran seinerseits einen Erstschlag gegen Israel führen wird. Bei den vorhandenen Machtverhältnissen würde so etwas den Charakter von Selbstmord haben. Deshalb glaube ich nicht das dieses passiert.

  17. Jetzt stellt sich die Frage warum will der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommen? Dafür gibt es meiner Meinung nach eine relativ einfache Antwort. Wenn man sieht das die Regierung der USA einfach ein Lügengebilde über den Irak verbreitet hat um dann einzumaschieren liegt die Möglichkeit nahe das ein Präsident gleiches irgendwann mit dem Iran versucht. Da der Iran dabei ist Regionalmacht zu werden würde ich nicht allzuviel dagegen wetten wollen das es solche Überlegungen in den USA gibt. Was kann der Iran erfolgversprechendes dagegen tun?
    Glaubt jemand die USA wäre im Irak einmaschiert wenn klar gewesen wäre das die Atomwaffen haben? Ich nicht.

  18. @ hans

    Sie halten es für „sehr unwahrscheinlich, dass der Iran seinerseits einen Erstschlag gegen Israel führen wird“. Auch die Stromkonzerne haben lange genug behauptet, dass der GAU in einem Kernkraftwerk „sehr unwahrscheinlich“ sei. Trotzdem sind Sie (genauso wie ich) dafür, aus der Kernkraftnutzung auszusteigen. Während wir das Risiko einer atomaren Verseuchung durch einen Kernkraftunfall für nicht akzeptabel halten, soll Israel das Risiko einer atomaren Verseuchung durch eine iranische Atombombe hinnehmen müssen? Welche Garantie können Sie Israel geben, dass religiöse Fanatiker nicht doch Selbstmord begehen, der sie und andere Muslime als Märtyrer ins ewige Paradies befördert, während auf die „Ungläubigen“ die Hölle wartet?

  19. zu @ Abraham
    Welche Garantie können Sie geben das nicht bei einem Erstschlag ein genauso unakzeptables Ergebniss raus kommt wie bei einem Atomangriff auf Israel?
    Israel muss aufpassen nicht einen Stellvertreterkrieg für die USA zu führen. Eine Atommacht Iran ist in dieser Region für die USA auch völlig inakzeptabel.Wie schon oben geschrieben halte ich die Vorgehensweise der USA gegen den Irak für den Hauptgrund dessen was jetzt passiert. Das israelische Volk sollte sich nicht vorbeugend des Völkermordesschuldig machen und erst einmal auf die Vernunft und die Völkergemeinschaft vertrauen.

  20. zu@Abraham
    Ich würde mir wünschen das Israel ein Angebot über z.B. die Uno macht die eigenen Atomwaffen abzubauen wenn der Iran auf seine Atomanlagen verzichtet. Das Ganze sollte unter Überwachung der Uno stehen. Sollte ich allerdings Recht haben und die iranischen Atomwaffen richten sich gegen einen Angriff der USA dann nutzt das natürlich alles nichts,aber ein Versuch wäre es wert.

  21. @ hans

    In Israel (und in den USA) wird als letztes Mittel zur Verhinderung des „point of no retourn“ ein gezielter konventioneller Angriff auf Irans militärische Nuklearanlagen diskutiert, nicht ein (atomarer) Erstschlag. Insofern ist der Vorwurf eines drohenden „Völkermordes“ unsinnig. Ansonsten stimme ich mit Ihnen überein.

  22. zu @ Abraham
    Ich bin nicht Experte genug beurteilen zu können ob ein gezielt konventioneller Angriff auf Nuklearanlagen eine Kernschmelze auslösen können oder nicht. Ich kann noch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit abschätzen. Das sie 0 ist glaube ich aber auch nicht.

  23. @ # 22 hans
    Ihre Gleichung stimmt nicht. Würde Iran die Anreicherung stoppen und das angereicherte Uran zur Weiterverarbeitung nach Russland bringen, wie es die fünf Vetomächte + Deutschland in den Verhandlungen fordern, wäre Iran nicht mehr durch Israel bedroht. Würde Israel sein Atomwaffenpotenzial als „Rückversicherung“ aufgeben, stiege die Gefahr eines konventionellen Angriffs z.B. durch ein möglicherweise bald schon islamistisch regiertes Ägypten deutlich. Die Folge wäre wohl ein gigantischer konventioneller Rüstungswettlauf im Nahen Osten.

  24. @ # 24 hans

    In einer Anreicherungsanlage kann keine Kettenreaktion ausgelöst werden. Wie groß die Strahlungsfolgen sein könnten, wenn angereichertes Uran durch Bombenangriffe in der Umwelt verstreut wird, kann ich nicht beurteilen.

  25. @ Abraham # 25 / hans # 22

    Ich frage mich ganz ehrlich: Warum sollten denn andere Mächte grundsätzlich auf Atomwaffen verzichten, die USA und Israel (u.a.) aber nicht?
    Das kommt doch einem imperialen Anspruch gleich, dass die ganze Welt zu akzeptieren hat, dass die USA und ihre Verbündeten letztendlich immer das letzte Wort haben dürfen – notfalls eben mittels militärischer Gewalt.
    Also ich kann gut verstehen, dass sich dagegen Widerstand regt.
    „Der Westen“ hat doch die Wahl: entweder verfolgt er weiterhin eine Politik der militärischen Überlegenheit und zettelt immer weiter neue Kriege an oder er akzeptiert endlich dass Konflikte mittels Verhandlungen und, ganz wichtig, auf Augenhöhe gelöst werden müssen.

  26. @ Anna

    In dem Ziel einer friedlichen, atomwaffenfreien Welt sind wir uns doch einig, nur sehe ich es nicht so einfach wie Sie, den Weg dorthin zu finden. Es fehlt mir leider auch der Glaube, dass jeder Konflikt durch Verhandlungen zu lösen ist. Manchmal bleibt keine andere Wahl, als sich gegen Angreifer zu währen.

  27. Hunde die Bellen beißen nicht!

    Das Problem ist, daß Israel bereits jetzt einen „Zweifrontenkrieg“ führt.
    Nach dem Motto „Hunde die bellen, beißen nicht“ halte ich den Iran zwar für eine Bedrohung, aber für eine „einkalkulierbare“. Die größte Gefahr geht für Israel nicht von der Shiitischen sondern sunitischen Welt aus. Hier spielt Saudiarbien ein übles Doppelspiel. Einerseits mit der USA „verbündet“ bietet es mit seinen Militätbasen Ausgangsbasen für einen Angriff auf den Iran. Andererseits arbeiten von hier aus islamistische Kräfte an der völligen Destabilisierung der Region. Stichwort „Syrien“.
    Sollten sich die (von den USA unterstützen) Salafisten in Syrien durchsetzen sieht es es für Israel schlimmer aus, als wenn ein schwächelnder Iran eine Bombe hat.
    Dann ist Israel von einem islamistischen Ägypten und Syrien umzingelt.
    Hier befinde ich mich übrigens solidarisch mitten im Linken Lager Gute berichte auf „Junge welt“. Das Assad-regiem und seine laszifen , moderaten Muslime, darf auf keinen Fall gestürzt werden!!!!!!!!
    Es gibt keine „arabische Revolution“, sondern nur eine „Reaktion“. Die „Revolution“ ist Reaktionär, wie Hitler und Musselinis „Revolution“. In Libyen haben arabische Rassisten Schwarze in KZ s zu Tode gefoltert.
    Sollten wirklich – wie ich gerüchte Weise gehört habe – jüdische Agenten in Syrien aktiv sein, kann ich nur sagen. Untergehende Staten machen alles, um ihren Untergang zu beschleunigen.

  28. zu@Anna
    Im Prinzip haben Sie recht.So lange man sich gegenseitig hochschaukelt wird es in dieser Region nie Ruhe geben. Der Verlierer wird am Ende Israel sein, weil Israel einfach zu klein ist. Das ist eigentlich nur eine Frage der Zeit. Deshalb verstehe ich nicht warum Israel nicht mehr den Verhandlungsweg sucht. Wenn sie den Iran angreifen ist Israel verloren da sich die Welt davon letztlich distansiert.

  29. @ Abraham

    Ich glaube schon, dass auf dem Verhandlungsweg sehr viel zu erreichen ist – aber natürlich nur dann, wenn man dem anderen nicht immer nur „the short end of the stick“ zugesteht.

  30. Ich kann nur dazu sagen, das immer wenn das wort israel fällt es gleichgesetzt ist mit unruhen oder groll gegen dieses land.
    warum das so ist ist mir ein rätzel, ich denke nicht das die nazis noch etwas damit zu tun haben, das ist zu lang her. israel wird ja meißtens mit negativschlagzeilen in verbindung gebracht, im tv oder anderen medien

  31. Auf der Grundlage einer UN-Resolution“ – FR vom 11. Mai 2012

    Jürgen Kasiske übersieht bei seinem engagierten Einsatz für die Kriegs- und Besatzungsmacht Israel, daß auch halbe Wahrheiten ganze Lügen sein können. Nach dem bedingungslosen Untergang des Nazireiches am 8.5.1945 gab es keine faschistische Gefahr mehr für Leib und Leben der jüdischen Menschen in Europa. Der Wunsch europäischer Juden, in ein fremdes Land – auch mit Gewalt – einzuwandern, wurde schon Ende des 19. Jahrhunderts geboren – A.H. war noch ein Niemand. Die Einwanderung nach Palästina vollzog sich, ohne die dortigen Menschen, die Araber, zu befragen – das ging teils im Guten, überwiegend aber nicht (s. Jakob Moneta, Arnold Zweig). Die britische Kolonialmacht, die die Oberhoheit auszuüben hatte (auch ohne Mitwirkung der „Eingeborenen“), schickte sich mal wieder an, Grenzen neu zu ziehen. Die eingewanderten Juden, aber auch die Sabres, wollten allmählich, nach dem Kriegsende in Deutschland, Tatsachen schaffen: endlich einen eigenen jüdischen Staat. Die Briten zögerten, weil sie den Arabern „eigentlich“ Anderes versprochen hatten – auch einen eigenen Staat, wie auch immer. Um ihrem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, kämpften die jüdischen Terrororganisationen (Irgun und andere) mit vielen kriegserprobten Soldaten, die bei den Alliierten ihr Handwerk gelernt hatten, gegen die Briten – und kochten sie schließlich weich (King-David-Hotel), diese regten bei der UNO eine völkerrechtliche Lösung an.

    1947 deklarierte die UNO zwei Gebiete/Staaten in Palästina, selbstverständlich ohne die eingeborenen Araber zu befragen, ob sie von ihrem Territorium „‚was“ abgeben wollten. Und: ohne völkerrechtlich verbindliche Grenzen dieser neuen Gebilde zu definieren. Die eingewanderten Juden wie die Sabres machten sich sogleich daran, so viele der den Arabern zugesprochenen Gebiete zu erobern (Ben Gurion) wie es nur möglich war. Kein Problem, die Juden in Palästina waren nicht nur hoch motiviert, sie waren auch gut bewaffnet, in vielen Kämpfen erprobt (gegen die Wehrmacht, gegen die Briten in Palästina), daß sie die arabischen Menschen (alles Zivilisten!) förmlich hinwegfegten, massakrierten, verjagten, vertrieben. Mit großer Brutalität und Rücksichtslosigkeit.

    Erst darauf hin wandten sich die gepeinigten, um ihr Land wie um ihr Leben kämpfenden Araber (heute: Palästinenser) an die arabischen Nachbarstaaten mit der dringenden Bitte um Hilfe. Die zögerten lange, hatten kaum Militär, auch keine Motivation; die einzige arabische schlagkräftige Truppe, die Arabische Legion unter Glubb Pascha, wurde seitens Transjordaniens aus machtpolitischen Gründen (in Aussicht genommene Verständigung mit den Juden in Palästina/Israel) nicht zum Schutz der unterdrückten Palästinenser eingesetzt.

    Die Juden/Israelis setzen ihren Siegeszug fort, bis zur vollständigen arabischen Niederlage… und bis zur eigenen temporären Zufriedenheit. Was den Juden Europas die Shoa ist, ist den Palästinensern seitdem die Nakba (800.000 Opfer), die Katastrophe. Und daraus wurden, da Israel bis zum heutigen Tag die eigenen Staatsgrenzen nicht definiert, aber immer wieder Kriege mit den arabischen Nachbarn provoziert und gewonnen hat, die Besatzungsregime über die Westbank, Ost-Jerusalem, Gaza und den Golan. Israelische Massaker und immerwährende Schikanen sind keine Erfindung von Erzählern aus dem Morgenland – sie sind alltägliche bittere Realität.

    Und die UNO? Hat unzählige Resolutionen verfaßt, daß Israel die absolut völkerrechtswidrigen Besatzungen und Repressionen beenden möge – doch das interessiert den Staat Israel nicht im mindesten: man ist groß und stark, rühmt sein hochleistungsfähiges Militär mit etwa 300 Atombombern, hat die stärkste Militärmacht der Erde an der Hand und die BRD per „Staatsräson“ als ewigen Unterstützer durch Dick und Dünn am Stöckchen.

    Und der immer wieder als Rechtfertigungsgrund für die eigene Kriegslust bemühte Iran mit seinem Präsidenten Ahmadinedschad? Persien/Iran hat seit 300 Jahren keinen Fuß auf fremden Boden gesetzt – aber viele Eroberungsmächte im eigenen Land zu spüren bekommen. Es hat sich „eigentlich“ allmählich in der sog. Freien Welt(-Gemeinschaft) herumgesprochen, daß der Iran nicht den Staat Israel von der Landkarte tilgen will sondern das Besatzungsregime. Nichts weniger verlangt auch die UNO. Und die immer wieder herbeiphantasierten Atomwaffen des Iran? Eines ist jedenfalls klar: hätte der Iran Atomwaffen, gäbe es ein paar israelische Kriegsdrohungen weniger. Wie ja auch kluge israelische Geheimdienstköpfe erkannt – und öffentlich geäußert – haben. Klar, Kriege unter Gleich-Starken sind eine häßliche Sache. Was will der Iran also? Nicht angegriffen werden, nicht erpreßt, nicht in irgendeiner Weise überfallen oder bedroht. Das ist verständlich, oder?

    Ergo: Israel sollte Friedensmacht werden, endlich, auch, um den zunehmenden Zerfall seiner Gesellschaft aufzuhalten, der Brutalität im eigenen Land gegenzusteuern. Ich denke, Israel könnte das wünschenswerte Ziel, ein respektierter und geschätzter Nachbar zu werden, erreichen – dabei allerdings seine behauptete Einzigartigkeit verlieren, immer ein Opfer zu sein… Der Eine würde dann sicher mit Lob nicht sparen.

  32. Herbert Steffens wirft Jürgen Kasiske vor, „daß auch halbe Wahrheiten ganze Lügen sein können“. Damit beschreibt er exakt seinen eigenen Beitrag, der die halbe Wahrheit in der komplexen Geschichte der Entstehung des Staates Israel ausblendet und historische Fakten, die ihm nicht ins Bild der Araber /Palästinenser als wehrlose Opfer der Juden/Israelis passen, verdreht.

  33. @ Abraham # 34

    „Damit beschreibt er exakt seinen eigenen Beitrag, der die halbe Wahrheit in der komplexen Geschichte der Entstehung des Staates Israel ausblendet und historische Fakten, die ihm nicht ins Bild der Araber /Palästinenser als wehrlose Opfer der Juden/Israelis passen, verdreht.“

    Dem muss ich nun entgegenhalten, was Steffen Hagemann in seinem Buch, „Israel – Wissen, was stimmt“, zu dieser Problematik schreibt:
    „Geschichtsschreibung ist niemals nur die Aneinanderreihung von Fakten und Ereignissen – diese werden stets selektiv ausgewählt und interpretiert, um politische Ansprüche zu legitimieren.“

    Ein schönes Beispiel dazu ist doch schon wie verschieden der erste arabisch-israelische Krieg von 1948 bezeichnet wird („Israelischer Unabhängigkeitskrieg“ vs. „Nakba“ – Katastrophe) und auch wie bis heute noch darüber gestritten wird, ob das palästinensische Flüchtlingsproblem mehr durch Vertreibung oder aber durch Flucht entstanden ist.
    Genauso strittig ist, ob die Gründung Israels als Teil des europäischen Kolonialismus oder aber als legitime Rückkehr des jüdischen Volkes in sein historisch angestammtes Land zu begreifen ist.

    Egal wie die geschichtliche Bewertung auch ausfällt, Fakt ist heute, dass die Palästinenser unter der Knute Israels stehen und dass der Nahe Osten dadurch ein Pulverfass ist.

  34. @ Anna

    Inzwischen gibt es in Israel ein Schulbuch, in dem auf der einen Seite der Unabhängigkeitskrieg und auf der gegenüberliegenden die Nakbah beschrieben werden, weil jede „Erzählung“ ihre Berechtigung hat. Aus der blutigen Geschichte, in der durch Krieg, Terror und militärische Gewalt Menschen auf beiden Konfliktseiten Unrecht geschehen ist, wird man durch einseitige Schuldzuweisungen nicht herauskommen. Notwendig ist, dass beide Seiten erkennen, dass ihr eigenes Leid erst beendet werden kann, wenn auch das Leiden der anderen Seite ein Ende findet. Von außen kann man nur helfen, wenn man versucht, beide Seiten zu verstehen und ihre Ängste und Bedrängnis nicht negiert. Eine Dämonisierung Israels, in die schnell Kritik hierzulande abgleitet, hilft auch den Palästinensern nicht weiter.

  35. @anna
    „Genauso strittig ist, ob die Gründung Israels als Teil des europäischen Kolonialismus oder aber als legitime Rückkehr des jüdischen Volkes in sein historisch angestammtes Land zu begreifen ist.

    Was ist da strittig? Ein paar Juden sind „damals“ durch die siegreichen Römer ausgewiesen worden – die Masse blieb, wo sie schon immer gelebt hat. Und was wurde daraus? die heutigen Palästinenser. Sie sind die Ureinwohner oder Nachfahren selbiger.
    Das sind die bekannten Lügen: es gibt keine frei zu haltenden Gebiete für irgendwelche Leute, die vorgeblich irgendwann irgendwo gewesen sind. Und die Vorfahren der heutigen Juden stammen nicht ab von den Altvorderen, die „vertrieben“ wurden, sondern sind die die Nachfahren von Konvertiten in vielen Ländern und Kulturen. Ein „jüdisches Volk“, wie seit 100 Jahren versucht wird uns weis zu machen, gibt es nicht. Trotz aller Antisemitismus-Schreie nicht. Religiöse Zugehörigkeit zur jüdischen Religion: klar doch, überhaupt keine Frage.

  36. @ Herbert Steffes

    Zu den höchst zweifelhaften Thesen von Shlomo Sand („Die Erfindung des jüdischen Volkes“) hatten wir im Bronski-Blog beeits eine lebhafte Diskussion. Damit ich mich nicht wiederholen muss, kann hoffentlich Brinski hier den entsprechenden Link setzen.

    Der Begriff des jüdischen Volkes („am jisrael“), der mehr als eine Religionszugehörigkeit bedeutet, wurde von den Rabbinen spätestens nach der Zerstörung des 2. Tempels geprägt.

    Ob die häutigen Palästinenser „Nachfahren“ der biblischen Juden sind, ist bei den vielen Einwanderungswellen, die Palästina aus dem arabischen Raum und dem osmanischen Reich erlebt hat (die letzte arabische Masseneinwanderung fand – parallel zu der jüdischen Einwanderung – Anfang der 20. Jahrhunderts statt) äußerst unwahrscheinlich.

  37. @abraham
    Klar doch, das paßt unseren heutigen Juden und -Freunden nicht: Shlomo Sand. Doch das sind Tatsachen, die von keinem vernüftigen Menschen mehr in Frage gestellt werden. Daß „die“ Juden nach unterschiedlichen Kriterien zu definieren sind – alles Tatsache. Doch die wichtigste Tatsache ist eben, daß die heutigen Juden, weltweit, wo auch immer sie leben, nicht Nachfahren der von den Römern „vertriebenen“ Juden sind. Und damit verlieren die Juden Israels den von ihnen penetrant behaupteten Charakter des Ganz-Besonderen. Sie sind Angehörige einer Religion – das gibt es anderweitig auch, ist nichts Besonderes. Sie sind allerdings Erfinder und Nutznießer einer ganz besonderen Ideologie: die Juden als ewige Opfer, die den Anspruch erheben, etwas Besonderes zu sein, etwas besonders Schutz-Würdiges. Das ist nicht nur anmaßend, das ist impertinent.
    Wer sich den unterdrückten Palästinensern gegenüber und gegenüber dem Iran als so kriegstreiberisch zeigt, sollte – in aller Ruhe – erst einmal vor der eigenen Tür kehren, bevor wieder Forderungen gegen die „Weltgemeinschaft“ erhoben werden.
    Im Übrigen: wenn Israel endlich das Völkerrecht anerkennen würde und damit einen eigenständigen palästinensischen Staat, dann wäre es bald mit dem behaupteten „Antisemitismus“ vorbei. Israel als normaler Staat unter anderen: wunderbar.
    Doch Israel und seine Zeloten wollen das nicht: der einzigartige Charakter des Staates Israel würde nach dero Betrachtung verloren gehen. Dazu darf es nicht kommen – vermutlich in Ermangelung anderer Groß-Taten der israelischen Gesellschaft von heute. Mit den Bürgern des Staates Israel, auch den jüdischen, möchte ich wahrlich nicht tauschen.
    Kein Fortschritt – eine Schande.

  38. @ Herbert Steffes

    Sie verwechseln Thesen mit Tatsachen und halten wohl die Historiker, die meines Wissens durch die Bank Sand widersprochen haben, für „keine vernünftigen Menschen“. Was den von „den Juden Israels … penetrant behaupteten Charakter des Ganz-Besonderen“ betrifft, ist Ihnen wohl unbekannt, dass es das erklärte Ziel des Zionismus war, ein ganz gewöhnliches Volk in einem Staat zu werden, der sich in nichts von anderen Staaten unterscheidet. Außerdem gehört es zum Selbstverständnis der jüdischen Israelis, nicht mehr Opfer zu sein, sonder ihr Schicksal selber zu bestimmen und für eigene Verteidigung zu sorgen.

    Schon Ihr Posting # 33 zeigt, wie einseitig Sie Partei ergreifen. Wer meint, die Situation der Überlebenden der NS-Judenverfolgung mit dem Satz beschreiben zu können „Nach dem bedingungslosen Untergang des Nazireiches am 8.5.1945 gab es keine faschistische Gefahr mehr für Leib und Leben der jüdischen Menschen in Europa.“ Ignoriert die Tatsache, dass es in Deutschland nach Mai 1945 mehr als eine halbe Million entwurzelte jüdische Flüchtlinge („displaced persons“) vor allem in US-Lagern gab, die als überrlebende der Nazi-Lager und als Flüchtlingen vor dem osteuropäischen Antisemitismus (in Polen wurden noch nach dem Krieg Juden in Pogromen ermordet) keine Heimat mehr hatten. Er ignoriert auch die Erfahrung, dass nach 1933 (und z.T. auch nach 1945) kaum ein Land der Welt bereit war, jüdische Flüchtlinge in größerer Zahl aufzunehmen. Ist es verwunderlich, dass nach der Schoa die überwiegende Mehrheit der Juden aktiv für einen jüdischen Nationalstaat eingetreten ist?

  39. Hallo,

    aus beruflichen Gründen musste ich mich für einige Tage ausklinken.
    Ich denke, dass es bei der laufenden Diskussion vermieden werden sollte, sich auf die Perspektive einer einzigen Konfliktpartei zu beschränken. Es ist für eine konstruktive Lösung nötig, das unendliche Leid, das Israel UND die arabischen Völker in der Nachbarschaft – nicht nur die Palästinenser, auch die Libanesen, die Ägypter, die Iraker… – erlitten haben, einfach wahrzunehmen und anzuerkennen, dass es extrem schlimme Erfahrungen waren, ohne ihnen einen historischen Sinn beilegen zu wollen oder sie als Konsequenz zu erklären.

    Das kann man zwar tun, wird aber dem Gefühl des Bedroht- und Verfolgtseins nicht gerecht und kann die daraus sich ergebenden Reaktionen dementsprechend auch nicht angemessen beantworten.
    Hier kann ich auf zwei Quellen verweisen, die dieses globale Verständnis befördern können:
    – die Frankfurter Aktion „Frieden vom Krieg“
    – Gavrons Roman „ein schönes Attentat“

  40. @ Wolf v. Augsburg

    „Das kann man zwar tun, wird aber dem Gefühl des Bedroht- und Verfolgtseins nicht gerecht und kann die daraus sich ergebenden Reaktionen dementsprechend auch nicht angemessen beantworten.“

    Ich weiß jetzt nicht so richtig, was Sie damit sagen wollen.
    Der von Ihnen empfohlene Roman, zeigt wohl sehr anschaulich auf, wie sowohl die palästinensische als auch die israelische Seite in diesem Dauerkonflikt gefangen sind. Aber das ist doch allgemein bekannt. Natürlich schafft die gegenseitige Gewalt immer mehr Misstrauen und auch immer neue Gewalt, das ist ja das Problem.
    Nur haben die Palästinenser eben wenig Spielraum etwas zu ändern. Denn nicht die Palästinenser besiedeln israelisches Land und zerstören damit die Lebensgrundlage von Israelis, sondern es ist umgekehrt.

    Erklären Sie doch bitte etwas näher – sofern Sie Zeit haben – worauf Sie aufmerksam machen wollen.

  41. @ Anna # 43 / @ Abraham in einem mittlerweile archivierten Beitrag

    gerne…

    In den aus meiner Sicht ziemlich einseitigen Beiträgen, die jeweils nur fehlerhaftes Verhalten auf der einen Seite thematisieren und / oder Verständnis für die andere Seite äußern, fehlt mir die Perspektive, wie man aus der auch von Ihnen wahrgenommenen Befangenheit in einem Dauerkonflikt herauskommen kann.

    Da wir – davon gehe ich jetzt nun einmal aus, da ich es nicht anders weiß – nicht ganz so direkt vom Nahostkonflikt betroffen sind wie die dort lebenden Menschen, sollte es uns doch leichter fallen, beide Seiten in ihrem Leid, in ihren Ängsten, aber auch in ihren Wünschen und Hoffnungen wahrzunehmen.

    Ich stimme Ihnen natürlich zu, dass die Palästinenser weniger Handlungsoptionen haben als die Israelis. Dass man aber nicht unbedingt mit Gewalt antworten muss, zeigen eben die verschiedenen Figuren des Romans exemplarisch: Bilal ist der dogmatische Kämpfer, der seinem Bruder Fahmi vorwirft, das Glas stets halb voll zu sehen. Dieser wird vom Mitorganisator von schrecklichen Terroranschlägen zu einem distanzierteren Betrachter; ihm gelingt zumindest zeitweise der distanzierte Blick auf die „berufsmäßigen“ Kämpfer, eben weil er nicht seine ganze Wahrnehmung der Ideologie und dem Kampf unterordnet. Gleichzeitig vollzieht er aber keinen echten Schritt weg von der Beteiligung am Kampf, wie es sich sein (und Bilals) Vater wünschen würde. Dessen „angepasste“ Position ist die dritte Option. Keine der drei ist besonders attraktiv. Aber es gibt auch hier keine Alternativlosigkeit.

    Und genau diese angebliche Alternativlosigkeit ist es, die eine echte Friedensentwicklung – nicht nur im Nahen Osten – blockiert. Ähnliche Mechanismen kann und konnte man in vielen Konflikten beobachten: Baskenland, Nordirland, Bosnien…

    Zu Abrahams Aussage in unserem inzwischen archivierten Blog, dass deutsche Waffenexporte in bestimmten Fällen auch in Krisengebiete sinnvoll seien, wozu dann ausgerechnet der Spanische Bürgerkrieg angeführt wird, möchte ich Folgendes sagen:

    Mit dieser Logik kann man ungehemmt bei jedem noch so schmutzigen Krieg Waffen liefern. Man findet immer einen „Guten“, den man unterstützen sollte.
    Stellen wir uns vor, die Westmächte hätten tatsächlich 1936 wie die faschistischen Staaten und die UdSSR mit Waffenlieferungen oder auch mit offziellen Truppen eingegriffen – wäre deswegen der Bürgerkrieg gleich beendet gewesen? Nein, er hätte sich ausgeweitet. Wahrscheinlich hätte der Zweite Weltkrieg dann nicht in Polen, sondern in Spanien stattgefunden. Das finden Sie erstrebenswert????

    Die Alternative wäre damals gewesen, entschlossen auf die Verletzung der Neutralitätspflicht aller Staaten beim innerspanischen Konflikt zu reagieren. Aber nein, man musste ja bei den Olympischen Spielen im August 1936 mitmachen. Von Boykott keine Spur. Wie wir heute wissen, hat die abwartend-vorsichtige Politik in den Jahren vor 1939 die längst laufenden Kriegsvorbereitungen erleichtert.

    Ich verstehe einfach nicht, wie man bei einer so einfachen Frage tausend Finten finden kann, um den Waffenexport doch zu rechtfertigen. Genauso abwegig finde ich die im gleichen Zusammenhang aufgetretene Argumentation, ein U-Boot sei ja nicht nur militärisch nutzbar. Von ziviler U-Boot-Fahrt außerhalb der Forschung habe ich jedenfalls noch nichts gehört, und ich zweifle daran, dass Israel sich die U-Boote für die Erforschung des Mittelmeeres bestellt hat.

    Der Skandal geht ja noch weiter: die U-Boote werden ja nicht nur von Deutschland geliefert, sondern zum Teil auch bezahlt! Ich verstehe es einfach nicht.

  42. @ Anna
    Der Roman von Assaf Gavron zeigt nicht nur die Spirale von Gewalt und Gegengewalt, sondern weist darüber hinaus: Sowohl der Autor als auch die zahlreichen Leser in Israel sind offensichtlich bereit, auch die Situation „der Anderen“ wahrzunehmen. Die Siedlungspolitik und die Siedler sind in Israel nicht populär, was Umfragen bestätigen. Die Mehrzahl der Israelis befürwortet auch den Rückzug aus den besetzten Gebieten. Dieser eher langfristigen Option steht aber die unmittelbare Sorge um die eigene Sicherheit gegenüber, die das Wahlverhalten dominiert.

    Solches in sich widersprüchliches Verhalten gibt es auch auf der palästinensischen Seite: Obwohl die Mehrheit der Palästinenser bereit war, eine Zwei-Staaten-Lösung zu akzeptieren, haben sie – aus Protest gegen die Korruption der Fatah – in den letzten Wahlen der Hamas zu Mehrheit verholfen, obwohl diese für die bewaffnete „Befreiung“ ganz Palästinas eintritt.

    Sicher sind die Spielräume der Palästinenser durch die Besatzung eingeschränkt, aber durchaus vorhanden. Das zeigt die gegenwärtige Führung im Westjordanland, die anders als unter Arafat auf die konsequente Bekämpfung des Terrors (einschließlich der Sicherheitszusammenarbeit mit Israel) sowie durchaus erfolgreich auf eine wirtschaftliche Entwicklung setzt und realistische Verhandlungsbereitschaft zeigt – während in Israel ein Rechtsruck stattgefunden hat, der Hardliner an der Macht hält. Dies ist wiederum auch eine Reaktion auf die Doppelzüngigkeit der Arafat-Führung, die nach außen Verhandlungsbereitschaft gepredigt und intern Hasspropaganda bis zur Unterstützung des Terrors in der zweiten Intifada betrieben hat. Ebenfalls wirkt sich aus, dass die Hamas-Regierung nach dem israelischen Rückzug aus Gaza, der für Israel mit der gewaltsamen Räumung der Siedlungen ein innerpolitischer Kraftakt war, sich für Konfrontation statt für Kooperation entscheiden hat – auch da hätte es Spielräume gegeben. Auf der anderen Seite steht die Erfahrung der Palästinenser, die sich nach wie vor mit ungebrochener Siedlungstätigkeit und Unterdrückung durch das Besatzungsregime konfrontiert sehen. Damit überlappen sich positive und negative Entwicklungen, die noch dazu auf beiden Seiten zeitversetzt verlaufen.

  43. @ Wolf von Augsburg

    Wenn man Ihrer Logik folgt, hätten sich die Westmächte auch nach dem Überfall Polens durch Hitlers aus dem Konflikt heraushalten sollen, um einen Weltkrieg zu vermeiden. Das Gegenteil ist meiner Meinung nach richtig: Man hätte schon in Spanien und spätestens bei der Bedrohung der Tschechoslowakei Widerstand leisten sollen. Vermutlich hätte dies viele Menschenleben gerettet.

    Ich bin kein Militärexperte und kann nicht beurteilen, wie sich die Lieferung eines deutschen U-Botes auf den Konflikt mit Iran auswirkt. Möglich ist, dass sie die Verteidigungskraft Israels erhöhen und damit die Furcht vor einem atomaren Erstschlag Irans verringern könnte. Dies würde die Position derer stärken, die sich gegen einen Präventivschlag gegen Irans Atomanlagen aussprechen. Wenn zutrifft, dass sich damit die Gefahr der militärischen Auseinandersetzung verringert ließe, wäre die Lieferung auch moralisch zu rechtfertigen.

  44. @abraham
    Worte, immer wieder Worte, die nur eines sollen: verhüllen, verwirren, verfälschen.
    Heute kommt es allein noch auf das an, was ist: Israel ist hochgerüstet, in jeder Beziehung äußerst aggressiv, immer wieder Kriege führend (aus eigener Veranlassung), vor allem aber grausame, barbarische Besatzungsmacht. Selbstverständlich handelt Israel jeden Tag gegen das Völkerrecht, gegen die Menschenrechte, gegen UNO-Resolutionen, die, wenn sie gegen mißliebige Staaten gerichtet sind, absolute Marschbefehle sind… mit militärischem Vollzug.
    Israel und seine treuen Diener heulen uns was vor von der Opferrolle, die Israel heute noch einnimmt, von der angeblichen Bedrohung, tauchen immer wieder ab in die Vergangenheit, als wenn die sich wiederholen würde. Es hilft alles nichts: Israel muß die Besatzung beenden: jetzt, hier und heute.
    Wir sollten Israel dabei unterstützen, wenn es logistische Probleme hat, indem wir 10.000 Möbelwagen liefern anstelle der die Angriffswaffen unterstützenden U-Boote.
    Und die Erkenntnisse von Shlomo Sand und vielen anderen? Realitäten, die verbiestert geleugnet werden. Macht nichts, über Leugner kann man nur mitleidig lächeln, man kann sie auch verachten. Wie die Shoa-Leugner.

  45. @ Herbert Steffes

    Ich kann Ihrem Beitrag nur zustimmen.

    Und in einem ausführlichen Bericht, in dem die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten sehr eindrücklich beschrieben wird, merkt der Autor einleitend folgendes an:

    „Israel hätte grundsätzlich die Möglichkeit, sich für eine moderatere Politik, vor allem ein Ende der Expansion und der Besatzung zu entscheiden. Das zeigt schon ein oberflächlicher Blick in die historischen wie aktuellen Debatten im Lande selbst.
    Zwar kann niemand garantieren, dass die Feindseligkeit und Gewalttätigkeit antiisraelischer und antisemitischer Gruppierungen im Nahen Osten vollständig zur Ruhe käme, wenn der Territorial- und Herrschaftskonflikt zwischen Israel und den Palästinensern in einem tragfähigen Kompromiss aufgehoben würde. Andererseits gibt es ausreichend Hinweise dafür, dass ein sehr großer Teil der Unterstützung für die Radikalen weniger mit ihrer islamistischen Programmatik zusammenhängt als mit ihrem entschiedenen Widerstand gegen die Besatzung und die damit verbundenen alltäglichen Diskriminierungen, Entbehrungen und Gefahren für Leib und Leben.“

    http://www.gert-krell.de/Menschenrechte.pdf

  46. Nachtrag zur Shlomo-Sand-Debatte:

    http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/13051

    In dem Artikel „Vettern fünften Grades“ heißt es:

    „Der renommierte amerikanische Humangenetiker Harry Ostrer hat soeben sein neues Buch Legacy: A Genetic History of the Jewish People vorgelegt. Darin vertritt er die These, Juden in aller Welt seien genetisch miteinander verwandt, bildeten also tatsächlich ein »Volk« und nicht nur eine Religionsgemeinschaft….

    Harry Ostrer und sein Team hatten … die DNA von 237 Aschkenasim, Sefardim und Mizrachim untersucht, die in New York, Seattle, Thessaloniki, Athen, Rom und in Israel lebten und die einer der folgenden sieben Gruppen angehörten: iranischen, irakischen, syrischen, italienischen, türkischen, griechischen und osteuropäischen Juden. Die Forscher verglichen deren DNA mit der von mehr als 1.000 Nichtjuden (vgl. Jüdische Allgemeine vom 17. Juni 2010). Und es stellte sich heraus: Die jüdischen Probanden waren im höheren Grade miteinander verwandt als mit der Mehrheitsbevölkerung der Region, aus der sie jeweils stammten.

    Juden stellen damit in genetischer Hinsicht ein »abgrenzbares Bevölkerungscluster« dar, so Ostrers Schlussfolgerung. Zudem weise die genetische Spur auf gemeinsame Vorfahren vor 2.000 Jahren im nahöstlichen Raum hin. Sämtliche Aschkenasim seien überdies so eng miteinander verwandt wie Cousins fünften oder sechsten Grades.

    Ein überraschender Nebenaspekt von Ostrers Studien: Zwar sind fast alle über die Welt verstreuten jüdischen Gemeinschaften genetisch miteinander verwandt – dies gilt jedoch nicht für die indischen Bnei Israel und auch nicht für die äthiopischen Juden. Diese müssen folglich, so Ostrer, einst durch Konversion ins Judentum aufgenommen worden sein. Gemeinsamkeiten in der DNA gibt es allerdings mit heutigen Palästinensern, Drusen und Beduinen in Israel….“

  47. @ Standort

    Der Hinweis auf genetische Verwandschaft der Juden bezieht sich auf Herbert Steffes (# 39), der schrieb:

    „Klar doch, das paßt unseren heutigen Juden und -Freunden nicht: Shlomo Sand. Doch das sind Tatsachen, die von keinem vernüftigen Menschen mehr in Frage gestellt werden. Daß “die” Juden nach unterschiedlichen Kriterien zu definieren sind – alles Tatsache. Doch die wichtigste Tatsache ist eben, daß die heutigen Juden, weltweit, wo auch immer sie leben, nicht Nachfahren der von den Römern ‚vertriebenen‘ Juden sind.“

  48. @ Abraham,

    Ach Du meine Güte! Stellen Sie sich mal vor, was Sie da aus der Jüdischen Allgemeinen zitieren, hätte – sagen wir mal – Thilo Sarrazin in einem Nebensatz geäußert… nicht auszudenken, die Aufregung!

    😉

  49. @ Max Wedell

    Harry Ostrer hat sich ausdrücklich dagegen verwehrt, dass sich Sarrazin bezüglich des angeblichen „jüdischen Gens“ auf seine Untersuchungen bezogen hat. Ostrer wertet genetische Variationen aus, aus denen man auf gemeinsame Abstammung, nicht aber auf irgendwelche erbliche Eigenschaften der Individuen wie Intelligenz schließen kann.

  50. ..wobei man sogleich sieht, wie man durch S. Argumentationen von einem Schlagloch in das nächste getrieben wird.
    Selbst wenn man aufgrund der genetischen Unterschiede auf Eigenschaften schließen könnte, wäre dies kein Grund, Unterschiede in den Rechten abzuleiten,es ist laut Verfassung sogar explizit untersagt.

    @abraham: Danke für die Erläuterung

  51. Standort/Abraham

    „..wobei man sogleich sieht, wie man durch S. Argumentationen von einem Schlagloch in das nächste getrieben wird.“

    Das sehe ich auch so.
    Ich frage mich deshalb ernsthaft, welchen Zweck Ostrers Studie haben soll.
    Ok schön, die Juden sind laut Ostrer ein „abgrenzbares Bevölkerungscluster“ und sämtliche Aschkenasim sind miteinander so eng verwandt wie Cousins fünften oder sechsten Grades.

    Für mich sagt das aber eigentlich kaum mehr aus, als dass Juden der Tradition, nur unter sich zu heiraten und Familien zu gründen, sehr treu sind.
    Was daran gut sein soll, weiß ich nicht.
    Die einzige Schlussfolgerung, die ich mit meinem laienhaften Verstand daraus ziehen würde, ist die, dass es innerhalb des jüdischen „Bevölkerungsclusters“ womöglich ein paar Erbkrankheiten weniger gäbe, wenn sie sich mehr mit anderen Völkern mischen würden.

    Ansonsten bin ich geneigt Shlomo Sands Bemerkung zustimmen: „Hitler hätte seine Freude daran gehabt.“

  52. @anna

    Und schon wieder so ein Schlagloch:

    Vererbungseinschränkungen, also Verminderungen der Vielfalt, entstehen nicht aus Inzucht, sondern sie häufen sich nur in dieser. Sie können sich in jeder denkbaren Auswirkung zeigen, zuweilen auch, als Mutation, in undenkbaren Auswirkungen, was keinesfalls negativ gemeint ist. Es ist sowohl eine Verminderung der Erbkrankheiten, als auch eine Erhöhung der Erbkrankheiten möglich, wenn die Vielfalt eingeengt wird. Es ist auch eine Vermehrung oder Verminderung der Erbkrankheiten in der Vermischung denkbar, analog zu allen anderen genetischen Eigenschaften. Es geht ja nicht nur um Erb“krankheiten“, sondern auch um Erb“gesundheiten“.

    Eine Zuchtwahl des Menschen durch den Menschen, wie sie leider in Ihrem Beitrag anklingt, ist deshalb unzulässig und unmenschlich, weil das betroffene Wesen selbst für seine Art versucht, subjektiv „positive“ oder „negative“ Erscheinungen zu erkennen und zu sortieren. Da jedoch die zukünftigen Bedingungen der menschlichen Existenz die Erkenntnisfähigkeit des Menschen übersteigen, ist ein Kriterium des Sortierens in keinem Fall gegeben.

    Insofern ist Ihrer Forderung des „Mischens“ zuzustimmen.

    Könnte es aber noch andere, nicht-aggressive, nicht-defensive, rein subjektive Gründe geben, „unter sich“ zu bleiben?

    Das Problem ist ja nicht, daß Einzelne oder Völker ihre Einfalt pflegen, das Problem ist, daß manche Einzelne oder Völker Ihre Einfalt zum Prinzip erheben wollen.

    Vielfalt bedeutet, daß es viele Besonderheiten geben muß, es aber keine alles beherrschende Besonderheit geben darf. Ein Rückweg aus den Irrtümern der Evolution ist nur durch eine solche Vielfalt denkbar. Ein Überleben der Art ist nur dann möglich, wenn es verschiedene Entwürfe gibt, die auf Veränderungen reagieren können.

    Gleichzeitige Vielfalt und Einfalt sind deshalb kein Widerspruch, sondern Bedingung zum Überleben der Art Mensch.

  53. Nachtrag:
    Die Evolution, oder was oder wer auch immer, hat deshalb zweierlei Sehnsüchte in das Wesen Mensch gepflanzt. Die Sehnsucht nach dem Vertrauten und die Sehnsucht nach dem Fremden. Das allzu Fremde ruft nach Begrenzern, das allzu Bekannte nach Grenzüberschreitern.

    Beide sind zu respektieren, sofern sie nicht danach trachten, das andere zu eliminieren.

  54. @ Standort

    Also wie Sie darauf kommen, dass ich mich für eine „Zuchtwahl des Menschen durch den Menschen“ ausgesprochen hätte, ist mir schleierhaft.
    Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Liebe soll nach meiner Überzeugung dahinfallen dürfen, wo sie eben hinfällt, selbst wenn es auf den Misthaufen ist, wie der Volksmund so schön sagt. Oder anders ausgedrückt: Ich finde gesellschaftlich aufoktroyierte Restriktionen bei der Partnerwahl hochmütig, dünkelhaft und potenziell kontraproduktiv.

  55. @ Abraham,

    Ostrer kann sich natürlich dagegen verwehren, daß sich Sarrazin auf seine Studien bezog, das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sich Sarrazin auf seine Studien (und die anderer, Ostrer ist ja da nicht alleine) bezog. Dabei wollte er nicht Eigenschaften ableiten, sondern aufzeigen, daß es Fälle von genetischer Gemeinsamkeit bestimmter Völker gibt in Abgrenzung zu anderen Völkern. Daß er die genetischen Gemeinsamkeiten der Juden nicht als Ursache z.B. statistisch beobachteter Intelligenzvorteile nach D eingewanderter Juden sieht, bewies er in seinem Buch… dort erklärte er sie als kulturell bedingt.

    @ Anna,

    das ist nun mal das Wesen der Wissenschaft, daß sie das herauszufinden versucht, was der Fall ist. Fragen wie: „Wozu soll das gut sein, das herauszufinden“ werden da (hoffentlich) nicht gestellt, und gar ein „Die Political Correctness verbietet uns jetzt diese Erkenntnis, also verschweigen wir sie“ wäre in meinen Augen katastrophal. Die Gesellschaft hat immer noch alle Optionen, auch mit den ungeliebten/ungewollten Erkenntnissen klarzukommen… also z.B. zu sagen: Wir haben Prinzipien, die dies nicht berührt… wie es Standort in 54 ja anspricht.

  56. @anna #58
    Nein, Sie haben sich nicht dafür ausgesprochen, das wollte ich auch nicht behaupten. Sorry.

  57. @ Standort

    Passt schon. 🙂

    @ Max Wedell

    „das ist nun mal das Wesen der Wissenschaft, daß sie das herauszufinden versucht, was der Fall ist.“

    Dem stimme ich grundsätzlich schon zu. Allerdings würde ich mir wünschen, dass sich die Forschung mit Themen beschäftigt, die die Menschheit insgesamt voranbringen anstatt sie auseinander zu dividieren, weil das, wie die Geschichte zeigt, immer wieder zu Katastrophen geführt hat.

  58. @ Anna #55
    „Ich frage mich deshalb ernsthaft, welchen Zweck Ostrers Studie haben soll.“
    Vermutlich ging Osters der gleichen Frage nach wie Sand, nämlich der, ob Juden als eine historisch im nahen Osten verankerte „ethnische“ Gruppe angesehen werden können. Während Sie Sands mit geschichtlichen Quellenstudium begründetes Ergebnis einer „Dekonstruktion“ des „zionistischen Mythos“ eines „jüdischen Volks“ als legitim betrachten und daraus politische Implikationen in Bezug auf Israel ableiten, rücken Sie Osters Schlussfolgerungen, mit denen kein „Bevölkerungscluster“ über oder unter einen anderen gestellt wird, in der Nähe der Nazi-Rassenkunde.
    Ostrer stellt nur fest, dass sich Juden der Diaspora mit der Umgebungsdiaspora in der Vergangenheit nicht „gemischt“ haben, er wertet diese Tatsache nicht. Wer sich aber mit der jüdischen Geschichte nur oberflächlich beschäftigt hat, dürfte wissen, dass Juden in der christlichen Welt als verfolgte, in der muslimischen Welt als geduldete Minderheit überhaupt keine Möglichkeit hatten, außerhalb ihrer Religionsgemeinschaft zu heiraten. Und auch Konversionen zum Judentum standen unter der Drohung der Todesstrafe. Die gesellschaftliche Ausgrenzung reicht weit bis in das 20. Jahrhundert: Ehen zwischen Nichtjuden und Juden (selbst wenn es sich um getaufte und assimilierte Juden handelt) werden von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt und mit gesellschaftliche Ächtung bestraft. Insofern finde ich Ihren Satz „Die einzige Schlussfolgerung, die ich mit meinem laienhaften Verstand daraus ziehen würde, ist die, dass es innerhalb des jüdischen ‚Bevölkerungsclusters‘ womöglich ein paar Erbkrankheiten weniger gäbe, wenn sie sich mehr mit anderen Völkern mischen würden“ im höchsten Masse unangemessen.

    Erlaubt ist eine Gegenfrage: Welchen Zweck hat Sands Buch? Egal ob das jüdische Volk ethnische Grundlagen hat oder ein ideologisches Konstrukt des Zionismus ist, die vor über 100 Jahren begonnene „Rückkehr“ der Juden ins „Erez Israel“ ist genauso eine historische Tatsache wie es die Flucht und Vertreibung der Palästinenser und der arabische Terror vor und nach der Gründung des Staates Israel sind. Eine Lösung des fatalen Konflikts wird nicht dadurch gelingen, indem das auf beiden Seiten begangene Unrecht aufgerechnet wird, sondern nur in der Verhinderung eines neuen Unrechts. Wir, die den Konflikt nur aus der Ferne beobachten, können wahrscheinlich kaum einschätzen, wie schwierig es ist, aus dem Kreislauf von Gewalt und Hass auszubrechen.

  59. @ Abraham

    Leider fehlt mir im Moment die Zeit, angemessen auf Ihren Beitrag zu antworten, weil ich gerade auf dem Sprung zu einer längeren Reise bin.
    Deshalb nur so viel: Ich leite aus Sands Thesen keine „politischen Implikationen in Bezug auf Israel“ ab. Ich persönlich finde es völlig unerheblich, ob die Juden eine eigene Ethnie oder nur eine Religionsgemeinschaft sind. Außerdem finde ich den Anspruch der Juden auf eine eigene Heimstätte völlig legitim. Gerade weil ich schon des öfteren über mehrere Jahre hinweg als „Ausländerin“ in verschiedenen Ländern gelebt habe, kann ich sehr gut nachvollziehen, wie beruhigend es ist, wenn es ein Heimatland gibt, dem man sich zugehörig fühlt und in das man jederzeit zurückkehren kann.

    Mich stört bei dem Palästina-Israel Konflikt vor allem, mit welcher Übermacht über die ebenfalls legitimen Ansprüche der Palästinenser hinweggewalzt wird und wie diese immer mehr zurückgedrängt werden.
    Und Sand hat mit seinen Thesen anerkannt, dass Israel eben nicht mehr Rechte auf das Land hat als die Palästinenser. Das betrachte ich als Grundlage für eine faire Lösung für beide Parteien. Und damit hat Sands meinem persönlichen Anspruch genüge getan, dass Ansätze gefunden werden müssen, die alle Beteiligten vorwärtsbringen.

  60. @ Anna

    Wir sind uns also einig, „dass Israel eben nicht mehr Rechte auf das Land hat als die Palästinenser“. Sands Buch wird aber als Begründung dafür genommen, dass Israel kein Recht auf das Land hat.

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