Skandal! General Motors will Opel nun doch nicht an Magna verkaufen. Dabei ist es das gute Recht der Autobauer aus Detroit, so zu entscheiden. Vielleicht ist es sogar ihre Pflicht, denn ohne die innovativen Technologien aus Rüsselsheim wäre der einstige Autogigant vermutlich nicht zukunftsfähig. Zugleich ist es das Versagen der Bundesregierung – vor allem der Vorgängerregierung -, die Hinhalttaktik der Amerikaner nicht durchschaut zu haben. Denn GM hat so lange laviert, bis die Insolvenz überstanden war und die neue Unternehmsstrategie feststand. Trotzdem Skandal, denn das Umdenken in Detroit geht vor allem auf Leute zurück, die von der Obama-Regierung im GM-Vorstand installiert wurden. Obama selbst will von diesem Umdenken nichts gewusst haben. Trotzdem kann man nachvollziehen, dass Kanzlerin Merkel, gelinde gesagt, düpiert wurde: Sie erhielt von der Entscheidung am selben Tag Kenntnis, an dem sie ihre triumphale Rede vor den beiden Häusern des US-Kongresses hielt, erfuhr von der GM-Entscheidung aber erst anschließend. Ja, hätte doch nur, wie Frank Thomas Wenzel im FR-Leitartikel schreibt, der Staat „Opel komplett übernommen und dann aus einer souveränen Position heraus ein Sanierungskonzept erarbeitet“, so wie die Amerikaner es mit GM gemacht haben.

Und die Opelianer? Sind wieder in Ungewissheit und demonstrieren. Harte Einschnitte bis hin zu Werkschließungen stehen ihnen bevor. Wie sieht die Zukunft aus? Audi-Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer sieht die Marke Opel beschädigt.

Dietrich Puchstein aus Kronberg meint:

„Leider kann ich kein Mitleid mit der enttäuschten Bundeskanzlerin und ihren Beratern haben. War doch die monatelange Verzögerungstaktik von GM ein klares Zeichen für die Wahrnehmung der eigenen Interessen. Ob man sich in Berlin, Wiesbaden und Düsseldorf Illusionen hingegeben hat oder wegen Stimmenfang zur Bundestagswahl den 25000 Beschäftigten etwas vorgetäuscht hat, es bleibt der Eindruck der Unfähigkeit der deutschen Politik, Einfluss auf das globale Wirtschaftsgeschehen zu nehmen, vor allem wenn es sich um Interessen der USA handelt.“

Holger Koch aus Frankfurt:

„Opel wird doch nicht verkauft: der endgültige Unfähigkeitsbeweis dieser amerikanischen Versager von GM. Nicht Opel, sondern GM muss saniert werden. Vertan ist die letzte Chance der GM-Bosse, doch noch am Ende moralische Größe zu zeigen und zumindest dem technologisch hervorragenden „Blitz“ eine  echte Chance zu geben. Doch seien wir ehrlich: Wer hat denn in dieser Phase des totalen Kapitalismus Fairness erwartet? Shame on you!“

Renate Schumacher aus Frankfurt:

„Eine solche Schamlosigkeit tritt dem Fass den Boden aus! Schluss mit Konzilianz! Der US-Mafia mit ihrer „Hire and fire“-Einstellung muss ein Schuss vor den Bug gesetzt werden. Wenn man glaubt, Anstand und Menschenwürde mit Füßen treten zu können, nur wegen des Profits als oberstem Prinzip, dann sollte man jede Zusammenarbeit ablehnen und keine Schraube mehr für diese Leute drehen.  Der deutsche Staat soll seine eigene Firma aufmachen und alle hoch qualifizierten Fachkräfte abziehen. Dann kann GM zusehen, wer ihre Autos zusammenschraubt. Ganz Europa muss hier zusammenstehen und zeigen, wo Bartel den Most holt. Was machen sie denn, wenn kein Deutscher mehr einen Opel kauft? Man sollte Abschied nehmen von der Opferrolle.“

Andreas Henke aus Siegen:

„Die Causa Opel zeigt auf erschreckende Weise die internationale Inkompetenz Deutschlands und der Deutschen. Wenn es das Interesse Opels gewesen ist, von GM loszukommen, sollte man sich die Frage stellen, was dies verhindert hat. Hätte man sich auf dieses Ziel fokussiert, hätte man dafür einen internationalen Konsens in Europa gefunden. Dann hätten die europäischen Regierungen einen Bürgschaftstopf aushandeln können, den man jedem Bieter gleichermaßen zur Verfügung gestellt hätte. Für diesen Topf wären dann fertige Konzepte abzuliefern gewesen, das tragfähigste Konzept wäre ausgesucht worden. Opel wäre längst verkauft. Man hat aber den nationalen Weg gewählt. Und auf diesem Weg hat man nicht EU-konforme Dinge getan, diese Tatsache ist nicht diskutabel. Die EU darf darüber nicht hinwegsehen.
In Deutschland meint man allerdings, man könne andere für die eigenen Fehler verantwortlich machen. Man schimpft auf Neelie Kroes, die nur ihre Pflicht getan hat. Man schimpft auf GM, die nur nachvollziehbar gehandelt haben. In den Köpfen des Volkes setzen sich diese antiamerikanischen und -europäischen Meinungen fest und gären zu gefährlichen Ressentiments (der überhebliche Ami). Und die Politik schaut seelenruhig zu.
Kürzlich sagte Kurt Beck, die Ministerpräsidenten würden sich am Freitag mit der Bundesregierung treffen, um ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren. Gelernt? Wo ist Europa?“

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5 Kommentare zu “Shame on you!

  1. Seien wir nicht fassungslos über die gekonnt gespielte und letztlich heuchlerische Empörung unserer sich „bürgerlich“ nennenden Politiker, z.B. unseres Bundeswirtschaftsministers Brüderle (sog. Altliberaler der F.D.P.), ggü. der finalen Action seiner neoliberalen Glaubensbrüderles bzw. politischen Gesinnungskumpane nicht nur bei GM/USA in Sachen „OPEL“, sondern in allen business-Sparten weltweit. Welche ideologischen Masken (der Niedertracht) Kapitaleigner und ihre Berufspolitiker/Funktionäre/Manager/Lobbyisten /Politökonomen- letztlich eine nicht heilige Allianz im Sinne der katholischen Soziallehre- in den Betrieben und außerhalb der Konzerne/Unternehmen auch immer tragen mögen und wie sie sich auch öffentlich äußern…. die notwendigerweise für sich in jeglicher Hinsicht profit- & boniheischenden , allein auf den Erhalt „ihrer“ Absatzmärkte sowie auf die von allen Skrupeln f r e i e Nutzung der ihnen gehörenden Produktionsstätten samt ihrer Menschen orientierten – natürlich nicht nur im Radius von 100 km agierenden Manager als Erfüllungsgehilfen… des Kapitals werden ihr effizientes Geschäft weiter betreiben… in aller F r e i h e i t, getragen von den Finanzen und der lebendigen menschlichen Arbeitskraft, welche den eigentlichen Produzenten, Konsumenten wie auch den in sozialer Mehrheit befindlichen abhängig Beschäftigten in Form von Steuern direkt oder indirekt unter oktroyiertem Lohnverzicht ungefragt/undemokratisch abgenommen wurde/wird. Verlustgeschäfte werden/wurden sozialisiert. Ja, für den neoliberalen Erfolg der nonworking bzw. business class zahlt immer die working class, für den Mißerfolg – und seien es Milliarden und mehr e b e n s o, ob in den USA oder in Deutschland, letztlich weltweit, das hat System , ist systembedingt. Im übrigen muß…diese neoliberale Politökonomie so weitergehen, in aller Freiheit, versteht sich,… wo sind wir denn, wenn nicht im organisierten – wohlstrukturierten – Kapitalismus, es läuft alles gesetzmäßig ab, ohne eben Gesetz zu sein. Brüderle zur Sonne…zur Freiheit, das ist politisches Management, weiter gehts, u.a. mit Worten des Bedauerns oder des Empörtseins unter Schielen auf die nächste Wahl. Ein Schelm wer Schlechtes dabei denkt.-

  2. „…boniheischenden…“

    Verbreitete Boni gibt es ja schon sehr lange, die Aufregung über sie ist aber erst seit dem Punkt allgegenwärtig, wo fast jedes zweite Wort in der Wirtschaftsberichterstattung „Bonus“ lautet.

    Ab und zu, in stillen Momenten, ergreift mich ein tiefes Gefühl des Erschauerns ob jener bislang unbekannten, mitten unter uns befindlichen Unsäglichkeiten der heutigen Zeit, von deren Bösartigkeit wir heute noch nichts wissen, über die wir aber zukünftig schon adäquat lamentieren werden können (keine Angst!), sobald man uns nur erstmal passend aufgeklärt hat.

  3. Mein Mitgefühl für die Opelaner und alle anderen, die unter der Krise leiden. Aber es gibt eine Krise, Spekulationen über die diversen Akteure und Polemik helfen wenig, weder zum Verstehen noch zur Überwindung der krise.

    Es gibt einen Markt, Hersteller und Käufer. [Wer wüßte das nicht?!] Wo nichts zu holen ist, weil Markt übersättigt oder Käufer geldlos, was will oder kann ein Hersteller machen?! Sanierungskonzepte?! Man könnte ein par Schiffe versenken, das ergibt Aufträge für die Werfte. Das soll aber die Lösung, die Überwindug der Krise sein?! M.E. müßte der Staat — als Instrument der Gemeinschaft — zum Wohle der Gemeinschaft eingreifen und u.a. auch neue Ziele setzen. Ordnet man z.B. die Verbesserung des ÖPNV an, dann braucht man plötzlich viele viele Autos…

  4. Im Prinzip ist mein Mitgefühl für alle die in der derzeitigen Krise ihren Arbeitsplatz verlieren gleich. Beim Thema Opel fehlen wahrscheinlich 99% aller die sich dazu äußern die Kenntnisse um zu beurteilen ob ein Verbleib bei GM für Opel langfristig gut oder schlecht ist. Mir auch. Deshalb sollte man zumindest abwarten bis GM einen Zukunftsplan vorgelegt hat und hoffen das es gelingt Opel, wie alle anderen von der Krise betroffenen Firmen, sich und ihre Mitarbeiter möglichst gut doch die Krise zu bringen. Die jetzige große öffentliche Aufregung halte ich für reine Polemik. Die Diskussion sollte mehr in die Richtung gehen was kann die Gesellschaft für Unterstützung geben um möglichst Firmenübergreifend Arbeitsplätze zu erhalten. Zum Beispiel waren die Zahlen die am Samstag in der FR gestanden haben zum Thema Kurzarbeit erfreulich und zeigen auf wie es unter anderem weiter gehen könnte

  5. GM hat in den vielen Jahren nicht aber absolut gar nichts positives für Opel beigetrage,sondern nur gesaugt.
    Geld und Technologie.Opel allein wäre schon viel weiter ohne diese Hansels in den USA.
    Ich wünsche den Opelanern die Möglichkeit selbst und allein den Beweis anzutreten wie es geht ohne diesen Sumpf aus Übersee.
    Allerdings sollte sich auch die Politik aus der Wirtschaft raushalten,dass sind nun wirklich die letzten die etwas davon verstehen.(Geld ja ,reinsabbeln nein !
    Weltwirtschaftskriese und Opel.
    Waren es nicht die USA die uns in so unglaublich teure Kriege gezogen haben und diese Kriese mitverantworten mit all den Kosten für unser Land?

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