Maut: Wegelagerei wie im Mittelalter

Immer noch Koalitionsgespräche in Berlin, Einigungen weiterhin nur tröpfchenweise und unter Finanzierungsvorbehalt. Einer der Punkte, an denen es hakt, ist die Pkw-Maut. Aufgebracht worden war sie von der CSU vor der Bundestagswahl, von Kanzlerin Merkel (CDU) vor der Bundestagswahl war sie ausgeschlossen und von der SPD ohnehin nicht gewollt. Die CSU hatte ursprünglich eine  Maut nur für Ausländer im Blick, die Deutschland als Transitland benutzen. Eine typische CSU-Idee – ein bisschen europakritisch, ein bisschen populistisch, ein bisschen Stammtisch. Wer sollte auch ernsthaft was dagegen haben, dass sich Transitler an der Finanzierung der Infrastruktur beteiligen, die sie ja schließlich nutzen?

Ja, aber Europa. Maut nur für Ausländer? Geht nicht. Ginge nur, wenn man eine Maut für alle erheben würde, also auch für alle Deutschen, die ein Auto haben und die Autobahnen nutzen. Entlastungen zum Ausgleich der Mautgebühren könne es an anderer Stelle geben, beispielsweise bei der Pkw-Steuer. Von diesem Modell will die CSU natürlich nichts wissen. Und erst recht nichts wissen will sie von einem Maut-Modell, das kilometerabhängig abrechnet, so wie bei der Lkw-Maut. So wie es in Frankreich, Spanien, Italien und wer weiß wo sonst noch üblich ist. Man zahlt nur für die tatsächliche Benutzung der Autobahnen.

Ich bin für dieses Maut-Modell. Warum auch nicht? Wer sich für 50.000 Euro einen netten BMW leisten kann, der kann auch die paar Kröten für die Straßen abdrücken, die er braucht, um sein Auto fahren zu können. Für Fahrten zur Arbeit kann man ja vielleicht was mit der Pendlerpauschale machen, zumindest für jene, bei denen die Maut empfindlich ins Kontor hageln würde. Sehr gut fände ich, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mehr zu fördern und die Tarife zu senken; auch auf diese Weise könnte die Maut angerechnet werden. Unsere Autobahnen sind sowieso viel zu voll.  Der Autoindustrie wird’s kaum schaden, der Umwelt kann es nur nutzen. Nur: Machen müsst‘ man’s halt mal.

Marko Ferst aus Gosen ist völlig anderer Meinung:

„Aktuell wirbt die CSU auf ihrer Webseite erneut für die Wegelagerei wie im Mittelalter, die Maut. Dabei hatte die Kanzlerin im Fernsehduell wie selten Klartext geredet: Mit ihr gibt es keine Maut. Von mir aus kann Seehofers CSU eine Mauer um Bayern bauen und an jedem Dorfeingang ein Mautstelle aufstellen. Gegen den Widerstand von 15 Bundesländern kann die politische Mautmafia in Bayern keine solche neue Abzocke gegen die Bürger durchsetzen. Es glaubt doch niemand einem Politiker, der behauptet, die Belastungen der Bürger würden dadurch nicht steigen. Vielfahrer würden belohnt. Dies kann ökologisch nicht sinnvoll sein.
Außerdem ist der ökonomische Aufwand unvertretbar hoch. Bayrische Politiker können offensichtlich nicht rechnen. Und eines ist doch wohl klar: Der Mautfanatiker Ramsauer darf nicht weiter Verkehrsminister bleiben.
Es kann nicht sein, dass die Münchner Politik über Jahre hinweg den Rest der Republik mit Rezepten aus dem Mittelalter terrorisiert. Wie wäre es wenn man endlich ein bezahlbares Drei-Liter-Auto auf den Weg bringen würde, wie es Greenpeace schon vor Jahren vorgestellt hat? Aber da schlafen CSU und CDU seit Jahren. Klimaschutz ist dort unbekannt, statt dessen verhandelt man der Autoindustrie immer wieder neue Vorteile herbei, Klaeden von der CDU ist eben nur die Spitze des Eisbergs bei dieser Korruption.“

Dr. Klaus Kröger aus Hasselroth:

„Als die Lkw-Maut eingeführt wurde, hat sich sicher so mancher gefreut, dass nun endlich der Schwerlastverkehr für die von ihm verursachten Schäden an den Fernstraßen aufkommen muss und zusätzliche Mittel für die Verkehrsinfrastruktur verfügbar sind, wie es die Politik versprochen hatte.
Nichts ist davon wahr. Laut ADAC betrug in den Jahren 2003 bis 2011 der Aufwand für den Fernstraßenetat etwa fünf Mrd. Euro pro Jahr. Dieser Betrag wurde zunächst vollständig aus Steuermitteln finanziert. Der Steueranteil wurde kontinuierlich in dem Maße zurückgefahren, wie die Mauteinnahmen ab 2005 stiegen. 2011 wurde der Etat bereits fast vollständig durch die Mautgebühr finanziert. Der Staat spart nun fünf Mrd. Euro pro Jahr. Wer bezahlt die Zeche? Nicht der Transporteur, sondern der Verbraucher. Die Gebühren werden weitergereicht.
Nicht jeder macht es so offensichtlich wie ein Lieferant, von dem ich eine Glasscheibe kaufte. Die Rechnung enthielt nicht nur die Mehrwertsteuer, sondern auch einen Zuschlag für die Mautgebühr. Die Moral von der Geschichte: Der Verbraucher zahlt nun Lkw-Maut und Steuer.
Wenn jetzt die Pkw-Maut kommt, wird es für den Verbraucher nicht kostenneutral werden, es sei denn, die Finanzämter schicken jedem, der in Deutschland ein Auto angemeldet hat, kostenlos eine Plakette. Damit wäre auch die Frage gelöst, wie man mit Fahrzeugen umgeht, für die keine oder ermäßigte Steuer gezahlt werden muss. Mit dieser Lösung werden die Verwaltungskosten hoffentlich geringer sein, als die Einnahmen von ausländischen Autofahrern.“

Reiner Wolf aus Kastellaun:

„Wegen Seehofer und seiner Forderung vor der Wahl nach einer Autobahnmaut wählte ich die FDP, um Seehofers Einfluss zu schwächen, doch die Stimme war leider für Merkel verloren. Vergebliche Mühe. Nun begeht Merkel Wortbruch und stimmt wahrscheinlich der Maut zu.“

Carsten Dietrich Brink aus Gauting:

„Es ist dies der dürftigste Kommentar, den ich seit langer Zeit in der FR gelesen habe. Er verknüpft gerade wie die Politik der CSU dieverse Vorurteile, mehr nicht. Leider läßt sich auch die Redaktion der FR von den Politikern in Berlin und München ablenken. Warum fragt niemand danach, wo das viele Geld bleibt, das der Autofahrer fürs Fahren bezahlt? Ist denn zu viel verlangt, nachzurechnen, dass jetzt schon mehr Geld eingenommen wird, als im Straßenbau ausgegeben werden muss? Die Diskussion würde zielführend, wenn die Redaktion sich mit dem Wesen von Steuern und Gebühren auseinander setzte! Maut ist eine Gebühr und die ist einem Zweck gewidmet im Gegensatz zu Steuern! Wenn die Pläne der CSU so verwirklicht werden, wie vorgeschlagen, wird dem Steuertopf der Teil entzogen, der dem Kraftfahrzeugsteuerzahler für die Vignette angerechnet wird. Und damit beginnt die verschleierte Aktion, über die man diskutieren muss! Tendentiell werden natürlich auch die Benutzer verbrauchsstarker Fahrzeuge geschont, da ändert sich aber nichts am aktuellen Status, wenn die Mautgebühr gegen die Kraftfahrzeugsteuer abgeglichen wird. Allerdings sollte man sich fragen, wie sich die Politiker dieses Verfahren gedacht haben (Journalistenaufgabe!). Nach meinem Verständnis sinkt die Steuerschuld, die jeder Autohalter hat, um den Betrag der Mautgebühr. Somit müßte ich meine Kraftfahrzeugsteuerzahlung um genau den Betrag kürzen können, wenn ich darauf verzichte, eine mautpflichtige Straße zu benutzen! Reise ich beispielsweise in die Schweiz oder nach Österreich, kann ich dies tun, ohne eine Vignette kaufen zu müssen. Die Mautstraßen sind dann natürlich tabu. Diese Entscheidung muss mir auch im eigenen Land offen stehen, sonst werde ich klagen!“

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6 Kommentare zu “Maut: Wegelagerei wie im Mittelalter

  1. Ist es nicht so, daß das öffentliche Straßennetz seit Jahren bröckelt und ein gigantischer Finanzaufwand in den kommenden Jahren notwendig ist, um die Schäden nachhaltig und durchgängig zu beseitigen? Wird wirklich mehr Geld eingenommen, als im Straßenbau ausgegeben werden muß? Oder ist es nicht so, daß das eingenommene Geld gar nicht seinem Zweck zugeführt wird, obwohl eigentlich viel mehr für die reine Instandhaltung ausgegeben werden muß. Wo sind die Milliarden geblieben, die in Brücken und Fahrbahnoberflächen gesteckt werden müßten, um sie betriebsfähig zu halten? Wem wurde das auf Nimmerwiedersehen in den Rachen gestopft?

    Und das ist nur das Straßennetz. Der Blick auf das Schienennetz der Deutschen Bahn bringt noch einmal die gleiche Negativbilanz. Durch jahrelange Flickschusterei gerade immer so in Betrieb gehalten, werden nun Milliarden an Erneuerungskosten fällig, die erstmal als kleine bunte Papierscheine gedruckt werden müssen. Wo sind die Milliarden geblieben, die die Bahn jährlich an den Bund abführen muß, aber die doch dringend als Reinvestition in rollens Material und Strecken benötigt würde, um den Laden betriebsfähig zu halten? Wem wurde das auf Nimmerwiedersehen in den Rachen gestopft?

    Und wer zahlt die Zeche im Endeffekt? So oder so die Steuerzahler alias Verbraucher. Das seit Kohl etablierte neoliberale System ist nichts als eine gigantische Umverteilungsmaschine für Bürgergeld an globalisierte Konzerne, während die öffentliche Infrastruktur verrottet und auf das Niveau eines Schwellenlandes gebracht wird. Deshalb wird es sehr wahrscheinlich eine PKW-Maut geben, sind die Befürchtungen vor einer Mehrwertsteuererhöhung nicht unberechtigt, droht als Schreckgespenst die vom IWF geforderte Sparkontenabschöpfung zur Staatsschuldentilgung am Horizont. Es gibt viel zu kassieren, sacken wirs ein.

  2. @ Herr Dr. Kröger,

    auch ich bin gegen eine PKW-Maut, da diese ungerecht ist und nicht den Verursacher abkassiert! Sinnvoll wäre eine Ausweitung der LKW-Maut auf 2 Tonnen und die Einbeziehung der Bundesstraßen.

    Die Einnahmen decken ganz und gar nicht die Kosten des Straßenverkehrs! Sie dürfen nicht nur die Investitionskosten von Bund- und Ländern, mit den Einnahmen vergleichen. Auch die Kosten der Kommunen müssen berücksichtigt werden. Seit Jahren werden die Straßen auf Verschleiß gefahren, d.h. es wird zu wenig investiert! Dazu kommen Kosten für Verkehrsunfälle, Luftverschmutzung, Lärm, Wasserbelastung, Flächenbeanspruchung, Treibhauseffekt.
    Wenn Sie für die Lieferung einer Glasscheibe einen Zuschlag für die Maut bezahlen, dann ist das richtig, da Sie mit der Bestellung für Kosten gesorgt haben!. Warum soll ich mit meinen Steuern die Lieferung Ihrer Glasscheibe bezahlen (Verursacherprinzip)?

  3. Wer sich gestern abend „Anne Will“ angeschaut hat mit dem Trauer-Thema „Maut“, durfte Populismus a la Ramsauer in Reinkultur erleben. Es ging nicht um Mathematik, nicht um Sinn, nicht um Gerechtigkeit, nicht um Ökologie, sondern um die Stammtische. Gut, das die anderen 3 Anwesenden (außer Will) dagegen halten konnten.

    Warum wird nicht gnadenlos das Verursacher-Prinzip angewendet? Wer kaputt macht, bezahlt. Und das sind in erster Linie LKWs, und nicht erst die ab 12 Tonnen, die überhaupt gebührenpflichtig sind. Sinnvoll wäre eine Erhebung von Maut bereits ab 2,8 oder 3,5 to., um der Verlagerung und damit dem Unsinn des Sprinter-Unwesens Einhalt zu gebieten. Ein Schwerlaster mit, sagen wir, 25 to., macht die Straßen 10.000 mal so stark kaputt wie ein PKW. Er stößt erhebliche Mengen Schadgase aus, führt im Verkehr zu gefährlichen Überholmanövern und zu Unfällen, blockiert Fahrbahnen und der Betreiber zahlt, da meistens im Ausland ansässig, hier keine Steuern. Eine kräftige Erhöhung der Abgaben sollte dazu führen, dieses sinnlose hin- und her von Halb- und Fertigprodukten zu unterbinden und soweit wie möglich mehr auf die – umweltfreundlichere – Schiene zu verlagern. Natürlich müßten dann auch die Schienenwege saniert und ausgebaut werden, damit Intercitys nicht hinter Güterzügen herschleichen.

    Eine Maut für PKWs wäre Blödsinn, und als Maut „nur für Ausländer“ gegen EU-Recht verstoßend. Die Betriebs- und -verwaltungskosten würden die Einnahmen auffressen oder, je nach Ausgestaltung, sogar übersteigen. Noch mehr Verkehr würde von Mautstrecken auf Landstraßen ausweichen. Noch mehr Städte würden mit Abgasen kämpfen. Die jetzt schon negative deutsche CO2-Bilanz würde noch weiter ansteigen, und damit alle Bemühungen für mehr Klimaschutz konterkarrieren. Und eine Mauterfassung, aus der sich Bewegungsprofile für alle Autofahrer erstellen ließen, könnte dann der NSA betreiben, der ja Erfahrung mit Datenerfassung in großer Menge hat.

  4. Eine ernsthafte Frage stellt sich mir immer wieder : Werden wir tatsächlich noch von den Besten regiert, welche es durch freie Wahlen an die Spitze gebracht haben ?
    Nach Lesen der obigen, schlüssigen Betrachtungen steigt leichtes Unbehagen in mir auf.

  5. Aber, gibt es da nicht noch „höherwertige“ Themen als diese alberne Maut ? Das Ringen in Bund und Hessen ?
    Sorry, Bronski, ich bin etwas zu ungeduldig – Du hast da bestimmt schon was in Vorbereitung.
    Mir fiel nur gerade ein, dass es vor vier Jahren über „Hessen“ hier heiß herging.

  6. Leider ist die Rechnung, der Herr Cramer in seinem Artikel „Schluss mit dem billigen Maut-Populismus“ aufmacht, nur teilweise richtig, er erwähnt bei den Einnahmen nur die Posten Mineralölsteuer (40 Milliarden Euro), Kraftfahrzeugsteuer (9 Milliarden) sowie die Pkw-Maut (die es jedoch – noch – nicht gibt). Tatsächlich ist Kraftstoff mit folgenden Abgaben belastet: Mineralölsteuer, Ökosteuer, Erdölbevorratungsabgabe (EBB), Mehrwertsteuer (MWSt.) Außerdem wird für schwere Nutzfahrzeuge eine Maut erhoben, die im Jahr 2012 4,4 Milliarden erbracht hatte. Für den Verbrauch nur von inländischen Pkw und Nutzfahrzeugen kann man mit den bekannten Zahlen für 2010 zugrunde legen:
    Ökosteuer: 10,359 Milliarden
    EBB: 2,878 Milliarden
    MWSt.: 15,765 Milliarden
    Diese drei Abgaben zusammen machen 29 Milliarden aus. Wenn man die Mineralölsteuer hinzu rechnet, kommt man auf Kraftstoffabgaben von 69 Milliarden, mit der Kfz-Steuer und der Maut auf 82,4 Milliarden Einnahmen. Nicht mit eingerechnet ist hier die Versicherungssteuer auf die Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung, die man fairerweise auch noch zu den typischen Verkehrsabgaben hinzu rechnen müsste.
    Möglicherweise versteht der Autor unter seinem Posten „Mineralölsteuer“ auch die Summe aus den drei oben genannten Posten Mineralölsteuer, Ökosteuer und EBB, dann hat er sich aber ungenau ausgedrückt. In jedem Fall fehlt in seiner Rechnung die Mehrwertsteuer auf die Kraftstoffe!
    Wenn man die Kosten des Autoverkehrs mit 77 Milliarden ansetzt, wie dies Herr Cramer tut, dann bleibt nach oben aufgeführter Rechnung ein Überschuss von mindestens fünf Milliarden. Wir haben also kein Einnahmeproblem, wir haben vielmehr das Problem, dass die Abgaben, die auf den Verkehr erhoben werden, nicht für die Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur verwendet werden, sondern im allgemeinen Haushalt versacken.
    Trotzdem halte ich seine Forderung für richtig, die Maut auf Nutzfahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen nach unten auszudehnen, weil es vor allem diese schweren Fahrzeuge sind, die durch erhöhten Verschleiß die Verkehrswege abnutzen. Der Verschleiß, der von den Pkw herrührt, lässt sich dagegen vernachlässigen, er liegt im Promille-Bereich des von Nutzfahrzeugen bewirkten Verschleißes.

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