Bundespräsident Horst Köhler ist zurückgetreten. Im Zorn, wie es scheint, denn er informierte Kanzlerin und Vizekanzler erst zwei Stunden vor der Pressekonferenz, auf der er seinen Rücktritt verkünden wollte. Er war anscheinend nicht umzustimmen. Der Mann, der 2004 ins höchste Staatsamt gehievt wurde, um die politische Wende von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb einzuläuten, der sich jedoch politisch nicht vereinnahmen ließ und die Bundesregierung – die schwarz-gelbe wohlgemerkt – für viele ihrer Entscheidungen rügte, so etwa für die Mehrwertsteuersenkung fürs Hotelgewerbe. Eine tagespolitische Entscheidung. Das war damals schon ungewöhnlich für einen Bundespräsidenten, der doch eigentlich qua definitionem überparteilich zu sein hat und der jetzt mit Tränen in den Augen Konsequenzen zog – doch woraus?
Die Abdankungsrede war denkbar knapp und lässt erkennen, dass seine Motive vor allem im mangelnden Respekt der Politiker vor ihm und seinem Amt liegen. Die Politik reagiert auf seinen Schritt mit Unverständnis. Die Kanzlerin scheint sogar regelrecht wütend zu sein. Eine übertriebene Reaktion Köhlers auf die Kritik? Er hatte sich bei einem Besuch in Afghanistan vor Soldaten missverständlich geäußert zum Sinn von Bundeswehreinsätzen geäußert: „Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“ Worte also, die man durchaus so verstehen könnte, als befürworte der gewesene Bundespräsident Militäreinsätze zum Schutz von Handels- und Wirtschaftsinteressen.
Das zog Kritik aus allen Lagern nach sich. Rupert Polenz, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag (CDU), äußerte sich noch vorsichtig: Politiker sollten den Bundespräsidenten in seiner Amtsführung möglichst nicht kritisieren, doch dessen Worte seien „keine besonders glückliche Formulierung“. Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion hingegen reagierte schärfer: „Köhler schadet der Akzeptanz der Auslandseinsätze der Bundeswehr.“ Und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin: „Es ist mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren, Kanonenbootpolitik zu betreiben.“
Kanonenbootpolitik? Starker Tobak! Das kann einen Bundespräsidenten schon treffen. Nun hat dieser Präsident sich mit seinen Worten in Afghanistan für seine Verhältnisse relativ frei und ungefiltert geäußert. Er las nicht, wie sonst meist, vom Manuskrikt ab. Hat er also, gewissermaßen befreit von schriftlichen Fesseln, mal ehrlich gesagt, was er eigentlich denkt? Haben seine Kritiker ihn möglicherweise bewusst missverstanden und einen Moment der Schwäche ausgenutzt? Und muss einer, auch wenn er Bundespräsident ist, sich nicht gefallen lassen, kritisiert zu werden, wenn er seinerseits ins politische Tagesgeschäft einsteigt wie kaum ein Präsident vor ihm und deutliche Kritik übt? Meinte er, dass der Respekt vor dem Amt, den er jetzt vermisste, ihn vor der kritischen Begegnung schützen würde?
Horst Köhler war der „Bürgerpräsident“. Vielleicht meinte er, Volkes Stimme artikulieren zu müssen. Rein verfassungsrechtlich artikuliert sich Volkes Stimme aber in den Wahlen zum Bundestag, während der Bundespräsident nicht direkt vom Volk gewählt wird. Er hat also kein Mandat des Volkes, nur das Mandat der Politik. Insofern ist die Ausübung des Präsidentenamts ein Drahtseilakt. Er muss Präsident aller Deutschen sein. Das entrückt ihn der Tagespolitik. Doch auch sein Rücktritt spielt vor dem Hintergrund dieser Tagespolitik. Finanzkrise, Eurokrise, Krieg in Afghanistan, die NRW-Wahl, die koalitionsinternen Streitereien um Steuer- und Sparpolitik – mitten in einer tiefen Krise schmeißt der Bundespräsident hin und überlässt das Land sich selbst. Zornig, beleidigt, dünnhäutig, mimosenhaft. Er löste damit zu allem Überfluss noch eine Staatskrise aus, die niemand braucht. Der Vorgang ist historisch einmalig. FR-Chefredakteur Joachim Frank schreibt dazu in seinem Leitartikel: „Aber die Legende, die der Bundespräsident um seinen Rücktritt zu stricken versucht, wird keinen Bestand haben, schon gar nicht in historischer Perspektive.“ Eigene Befindlichkeiten haben angesichts der Situation zurückzustehen. Das gilt insbesondere für den Inhaber des Präsidentenamtes.
Ein Anonymus aus Berlin (Identität der Red. bekannt) meint zu Köhlers Rücktritt:
„Erstmal macht einen diese Nachricht sprachlos. Wie naiv muss einer sein, zu glauben, dass besagte Äußerungen nicht kontrovers diskutiert würden? Köhlers Dünnhäutigkeit ist sympathisch, er unterscheidet sich damit wohltuend von abgebrühten Berufspolitikern, die in einem solchen Fall wohl brutalstmöglichst aufklären würden, was sie eigentlich wirklich gemeint haben und gut iss. Köhler dagegen erklärt mit Tränen in den Augen seinen Rücktritt. Eine solch emotionale Reaktion macht Köhlers Erklärung, es mangele an Respekt ihm gegenüber, auch recht glaubwürdig. Dazu passt auch Köhlers langjähriges Engagement für den afrikanischen Kontinent. Der Mann hat offenbar Werte. Seine Unprofessionalität machte ihn beim „gemeinen Volk“ beliebt. Insofern war er ein wenig die Princess Di der Deutschen Politik.
Den einzigen, alleinigen Grund für den Rücktritt in der (berechtigten) Kritik an Köhlers Äußerungen zu sehen, erscheint allerdings doch ein wenig fernliegend. Köhler war in den letzten Monaten kaum noch präsent – in die politische Debatte eingeschaltet hat er sich selten. Lang vergessen die Zeiten, als er noch einigermaßen souverän die verfassungswidrigen Gesetze der Großen Koalition kassierte. Im Wochentakt. Und nichts Substanzielles zu sagen hat. Vielleicht hat er sich das inzwischen selbst eingestehen müssen und die Konsequenzen gezogen. Und eine Gelegenheit gefunden, dies ohne allzu großen Gesichtsverlust zu tun. Vielleicht läuft er Herrn Koch ja bald in irgendeinem Flur in irgendeinem multinationalen Konzern über den Weg, der Herr Sparkassendirektor (frei nach Peter Zudeick).“
Karl Johé aus Groß-Umstadt:
„Wer das Köhler-Statement nachliest, sieht, dass der Bundespräsident Recht hatte, bevor er sich korrigierte. Er hätte noch präzisieren sollen, dass es primär um die Sicherung unserer Energieversorgung geht. Angeblich hat das auch Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe einmal – lange vor Afghanistan – gesagt. Köhler war Direktor vom IWF und weiß, dass die Welt nicht von Weihnachtsansprachen verändert wird. Jetzt sagt er endlich einmal die Wahrheit, und tritt prompt zurück. Das grenzt an Satire! Alle ihn kritisierenden Heuchler (sollten) wissen, dass unsere Soldaten inzwischen einen „falschen“ Eid leisten (siehe FR-Karikatur von Plassmann). Aber sie verschleiern die Wahrheit vor ihren Wählern, die dann mehrheitlich diese Einsätze auch ablehnen.
Die Parallelen zur Euro-Krise sind verblüffend. Jahrzehntelang verkaufen viele Politiker den Leuten die Lüge, Deutschland würde von Europa ausgenutzt, obwohl „wir“ in Wahrheit massiv von der EU profitieren. Wenn es dann daran geht, für diesen Nutzen z.B. in Form von Bürgschaften zu zahlen, lehnen die Wähler diese Politik ab – und die sie tragenden Politiker.“
Albert Knapp aus Frankfurt:
„Endlich! Dieser Mann war nie mein Präsident. Dies umso mehr, als man seine Reden im Internet nachlesen konnte. Nicht nur Reaktionär, sondern auch Schwadroneur! Keiner konnte mehr Floskeln aufeinanderhäufen. Erstaunlich diese Mischung aus Selbstüberschätzung und unfreiwilliger Komik.
Bezeichnenderweise ist seine umstrittene Rede zu künftigen Kriegseinsätzen nicht auf seiner Webseite nachzulesen. Dazu fehlte ihm dann doch der Mut. Früher forderten solche Leute wieder Kolonien oder mehr Lebensraum.
Wenn er nun zurücktritt, weil er sich nicht genügend geehrt fühlt, kann man nur sagen: Majestätsbeleidung ist in diesem Land abgeschafft – und das ist auch gut so.“
Gerd Weber aus Christianenhof:
„Die Äußerung zu Afghanistan waren so richtig wie das Amen in der Kirche.
Schade, dass Herr Köhler nicht dazu stehen konnte.“
Peter Wagner aus Wiesbaden:
„Was hat der Bundespräsident denn gesagt?! Doch nichts anderes, als die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2003 mit anderen Worten als Begründung formuliert haben. Abschnitt 3, 27: ‚Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen besonderen Abhängigkeit von empfindlichen Transportwegen und -mitteln zusätzlich verwundbar.'“
Wolfgang Scheinberger aus Radolfzell:
„Das riecht nach beleidigter Leberwurst, Herr Köhler! Ein Mann in Ihrer Position und Verantwortung sollte mehr Durchsetzungsvermögen und Standhaftigkeit zeigen und nicht aufgeben, wenn er angeblafft wird, nur weil er eine unbequeme Wahhrheit ausgesprochen hat!“
Stephan Schmidt aus Berlin:
„So kann man nicht aus dem Amt weglaufen. So verschafft der Desarteur der Rolle des Bundespräsidenten keinen Respekt. Wer mit der Macht des Wortes Wirkung entfalten will, muss sich auch dem Disput stellen.“
Jürgen Hedrich aus Berlin:
„Wenn jemand begreift, dass er kriminellen Interessen dient und sich dann doch lieber zurückzieht, ist das ehrenhaft, auch wenn es ein bisschen spät kommt. Jedenfalls wurde niemand beauftragt deutsche Wirtschaftsinteressen mit Gewalt durchzusetzen. Handelspartner bekämpft man nicht, sondern man macht Geschäfte mit ihnen. Dafür benötigt man kein Militär. Vielleicht sollte der Bundestag lieber beschließen, Hilfsgüter für Gaza mit militärischen Mitteln zu schützen.“
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:
„Monarchen treten selten zurück … eher werden sie zurück getreten. Wenn republikanische Staatsoberhäupter den Hut nehmen, dann verlangt dies zunächst Respekt So sollte es auch für den Rücktritt von Horst Köhler gelten. – Gemeinhin ist bekannt, daß reine „Expertenregierungen“ ohne Parteien – Hintergrund eine Zeit lang funktionieren können. Aber eben wegen der mangelnden Haftung in der Bürgermeinung nicht auf Dauer. Vielleicht wird sogar jetzt eine parteilose Persönlichkeit in das BP-Amt berufen … hoffentlich einmal eine Frau? Nur muß der Bürger sich darüber klar sein, daß ein deutscher Bundespräsident ohne e i g e n e Erfahrung im Politik-Geschäft es immer schwer haben wird. – Möglicherweise kann man die nötige Distanz zur Tagespolitik – die Horst Köhler als Bundespräsident eben leider nicht hatte – nur gewinnen, wenn man einmal selbst einmal im unmittelbar in diesem diesem Geschäft war.“
Tja, Angela, jetzt ist jeder wohl selbst der Nächste.
Nun verlassen sie das sinkende Schiff,gleich nach den Ratten, und Du kannst als bestes Ziel in’s Auge fassen, das Schiff möglichst nah am Strand in den Sand zu setzen.
Wenn der Kahn dann wieder flott ist, die Segel vernäht und die Lecks geflickt, werden sie ihn wieder entern und souverän die Richtung vorgeben: zu neuen Ufern.
Et da capo.
Hättest es wissen müssen: Wenn Männer mit dem Schiff nicht spielen dürfen, machen sie es kaputt.
(Na ja, nicht alle Männer, nur die Mannesanwärter)
Warum sollte er „mein“ Präsident sein? ich hab ihn doch nicht gewählt, also *muss* er nicht Präsident aller Deutschen sein, und deswegen auch nicht meiner. Diese Vereinnahmung im Artikel finde ich nicht gelungen.
Ich finde es in Ordnung, wenn er seine Meinung sagt, und insbesondere kann er auch der Regierung mal kräftig den Marsch blasen, wenn die Mist bauen – z.B. mit den Internetsperren und dem anderen Quatsch, den das BVerfG einkassiert. Ist das irgendwo ein Gesetz, dass der BP keine Tagespolitik machen darf/kannn/soll? Sehe ich nicht so. Er ist eine moralische Instanz „neben“ der Regierung.
Präsident wanted
Von Roland Bunzenthal
Warum fahren Politiker ungern mit der Bahn? Weil die Durchsage immer fordert „bitte zurücktreten“. Ach Sie kannten den Kalauer schon. Jetzt scheinen die Superstars der Union doch mit der Bahn zu fahren – bis zum Abstellgleis. Aber wissen Sie auch, weshalb Horst Köhler einstmals Bundespräsident wurde? Nun, damals sollte eigentlich Helmut Kohl zum Übervater der Nation gewählt werden. Der lehnte in einem Anfall geistiger Vermachtung ab. Also ging die an Persönlichkeitsmangelerscheinungen
leidende Union auf die Suche nach dem Motto „ich geh meilenweit für einen Prösidenten.“ In W ashington wurde sie damals fündig. Dass der Kandidat noch eine Steigerung gegenüber dem Altkanzler war liegt auf der Hand – statt Kohl kam Köhler. Jetzt müssen die Christstollen Demokraten den köhlsten aller Kandidaten finden. Diesmal soll eine Frau erster Mann im Staat werden. Aber welche? Die Schulmädchen-Vertreterin Frau Schröder ist zu jung, zu verwechselbar und zu komparativ (Schröder kommt von Schrot). Van der Leyen ist zu familiär und Angela Merkel herself muss als Rücktrittsbremse den Haufen zusammenhalten. Also Anleihen nehmen beim liberalen Koalitionspartner. Doch auch dort gibt es nur eine präsidiable Frau – und der steht ihr Name im Weg. Oder können Sie sich vorstellen, dass Mrs. Lighthouser-Shnurenburger Deutschland in der Welt vertritt.
Also doch ein Mann. Sollte Roland Koch etwas vom Köhler-Rücktritt geahnt haben, um ins Schloss Bellevue arbeitssuchend Gemeldeter per Ein-Euro-Job einzu ziehen.Sonst hat die Union kaum noch Pfeile im Köcher (Komparativ von Koch). Bleibt noch die Möglichkeit einer Stellenanzeige:
Anzeige
Aufstrebende, jung gebliebene Partei sucht BewerberInnen für höchste Ansprüche. Mütterliche Typen bevorzugt. Repräsentatives Äußeres sowie Fremdsprachenkenntnisse sind Voraussetzung. Bevorzugt werden regelmäßige Kirchgänger und großzügige Sponsoren. Bezahlung ist Ehrensache.
Michel-Land hat es nun wirklich nicht leicht. Mitten im grenzenlosen Freudentaumel – Wir sind Lena – versetzt Herr Köhler die Republik in einen Schockzustand. Lena, die „stimmlose“ Siegerin des größten europäischen Gesangwettbewerbs, hat kaum ihre triumphale Pressekonferenz beendet, da tritt Horst Köhler vor die Deutschen und tritt zurück … mit sofortiger Wirkung. Unverantwortlich, verehrter Herr Ex-Bundespräsident, was Sie da Ihren Landleuten zumuten. Einerseits ausufernde Lena-Freuden und andererseits, quasi übergangslos, bundesweite Bundespräsidentenrücktrittstrauer. So etwas hält auf Dauer kein Land aus. Pardon, aber ohne Ironie und Satire vermag ich die Vorgänge in diesem Lande nicht mehr zu ertragen. Was ist denn nun geschehen? Bei Lena habe ich relativ schnell begriffen. Nicht die Stimme ist bei einem Gesangswettbewerb entscheidend, sondern die Natürlichkeit, Authenzität und ein gutes Management. Okay, meinetwegen, so verrückt ist die Sangeswelt nun mal eben. Beim Bundespräsidenten dürften, wie ich hoffe, aber doch (noch) andere Maßstäbe gelten. Er ist, neben dem BVerfG, oberster Hüter des Grundgesetzes, und äußert sich eindeutig grundgesetzwidrig. Dafür wird er, mit Fug und Recht, massiv kritisiert (auch aus Reihen der Union). Diese Kritik, die im Übrigen von den so genannten Lei(d)medien erst einige Tage nach den umstrittenen Köhler-Äußerungen erfolgten (warum wohl?), empfindet Herr Köhler als Mangel an Respekt vor dem Amt und tritt deshalb zurück. Der Rücktritt selbst war zwingend und auch konsequent, Köhlers Begründung dagegen schlicht absurd. Ein Bundespräsident, bei dem nicht klar ist, ob er noch auf dem Boden des Grundgesetzes steht (was offenbar in der aufgeregten Rücktrittsdiskussion gar keine Rolle spielt), kann und darf nicht mehr oberster Repräsentant dieses Landes sein. Regierungen und Präsidenten kommen und gehen, das Grundgesetz bleibt … hoffentlich.
Spätestens jetzt ist auch deutlich geworden, dass Herr Köhler mit diesem Amt von Anfang an völlig überfordert war. Nun könnte man zur Entschuldigung Köhlers sagen, was sollte auch von einem Präsidenten erwartet werden, der von den Westerwelles und Co. beim Frühstück ausgekungelt wurde. Allerdings scheint nicht nur Herr Köhler überfordert sondern die ganze Republik. Wir sind zwar Lena aber nicht mehr Bundeshottepräsident. Tiefe Depression hat das Land erfasst, nach dem Lena-Lachen nun Hotte-Weinen. Dieser „Ausnahmezustand“ ruft natürlich auf allen Kanälen das ohnehin täglich wachsende Experten(un)wesen auf den Plan. Möglichst nicht zuhören, kann ich da nur empfehlen. Unglaublich, welche Vorschläge im Minutentakt gemacht werden. Abschließend möchte ich erneut die Satire bemühen. Es würde mich gar nicht wundern, wenn z.B. der Herr Müller-Vogg in der BILD „unsere Lena“ als Nachfolgerin vorschlagen würde, zumal in diesem Lande offenbar nichts mehr unmöglich zu sein scheint.;-))
mfg
Jutta Rydzewsk
zu 4.
Sie haben Recht, es geht fast wirklich nur noch mit Ironie und Satire. Auf dem Level würde ich Mutter Beimer aus der Lindenstr. vorschlagen, die gewiss auf eine breite Zustimmung stieße. (Lena könnte erst ab 40. Lebensjahr BP werden.)Aber man zieht mit solcher Haltung das Amt eben auch runter. Der BP hat ja auch sinnvolle Funktionen, die Köhler m.E. durchaus genutzt hat.
Der Rücktritt ist irgendwie nachvollziehbar, aber die Begründung hört sich an, als hätte er nach einer Gelegenheit gesucht, sich endlich zu befreien. Schade.
Man kann nur hoffen, dass aus diesem ganzen Chaos sich eine Ordnung entwickelt, die zu einer würdigen (d.h. ohne Kungelei usw.)Neubesetzung führt.
Die Diskussion um Köhlers Aussage: “Meine Einschätzung …, dass ein Land unserer Größe … wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, … .
Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.” sollte doch einmal nüchtern betrieben werden.
Sein Ansatz müsste in der Tat eine (verfassungsmäßig mögliche) Grundgesetzänderung nach sich ziehen. Solches ist bereits mehrfach geschehen und sollte grundsätzlich nicht tabu sein – die Welt ändert sich eben.
(Ich persönlich stünde jedoch gerade einer Änderung des Artikel Artikel 87a GG zumindest kritisch gegenüber!)
Es wird jedoch bei der ganzen Diskussion völlig übersehen, dass eine Diskussion um die Änderung des Grundgesetzes auch schon früher von Regierungsseite nicht gewollt war.
Kanzler Gerhard Schröder hat sie mit seiner Vertrauensfrage wirkungsvoll unterdrückt und die Aussage von Herrn Struck „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“ habe ich folgendermaßen verstanden: „Ich sch… auf die Verfassung“.
Es scheint mir, dass Köhler durchaus den größeren Anteil an seiner Demission trägt. Ihm sind die fähigen Berater abgesprungen. Solches zeugt nicht davon, dass er mit fähigem Personal umgehen kann. Ein Bundespräsident ohne eigenen Sprecher ist IMHO nicht denkbar.
Dann gibt es außerdem noch die Anzeigenkampagne gegen ihn vor der Bundesanwaltschaft. Das könnte der Anlass zum Rücktritt gewesen sein.
@ Katja Wolf
Es ist schlimm genug, wenn uns vorgeheuchelt wird, dass wir uns aus humanitären Gründen an einem Krieg beteiligen. Eine klare Steigerung dessen ist es aber, wenn es „in der Breite der Gesellschaft“ VERSTANDEN werden soll, dass wir uns für den Erhalt unsere Arbeitsplätze „notfalls“ auch an Kriegen zu beteiligen haben. Nee, das war einfach ein dicker Hund, was Köhler da gebracht hat.
Sicher „Zeiten ändern sich“, aber bitte nicht in diese Richtung.
@ Anna
auch ich bin für die Beibehaltung des Artikel
87a GG in seiner jetzigen Form und lediglich für Einsätze der Bundeswehr im Falle der Landesverteidigung.
Allerdings sollte darüber eine offene Debatte geführt werden, auch im Interesse der deutschen Soldaten.
Retten Sie die Ehre unseres Horst Köhlers !
Kann ich als Christ noch einem teilweise korrupten und moralisch verkommenen System dienen, dass aufrichtige Staatsdiener ins Irrenhaus schickt, uns auf Schritt und Tritt großkotzig belügt, uns im Ausland durch kindisches Benehmen lächerlich macht und unsere und die Zukunft unserer Kinder verzockt ?
In dem die Medien Respekt und Anerkennung heucheln gleichzeitig aber permanent negativ Journalismus betreiben.
Wenn denn schon die Äußerung von Horst Köhler missverständlich war und wir alle Ihn so Wert schätzen ? warum lassen ihn dann seine engsten „ Freunde“ im Stich ?
und warum sielt sich die Presse im Dreck der Respektlosigkeit vor seinem Amt, wo doch jeder weis das diese Auslegung weder dem Wesen, noch dem aktiven Handeln eines Horst Köhlers entsprechen. Horst Köhler ist nicht zurückgetreten weil er persönliche Befindlichkeiten auslebt, er musste zurücktreten ! weil wir einen Bundespräsidenten, egal wie er heißt , so nicht behandeln dürfen ! wenn dieses Amt in der Zukunft noch etwas Wert sein soll. Hier wurde eine Grenze überschritten, die er offensichtlich erkannt hat.
Sind wir alle, die es nicht merken oder nicht sehen wollen was in unserer Regierung abläuft krank oder nur zu feige ?
Gestörte Verhältnisse
Herr Köhler hat zum richtigen Zeitpunkt auf ein gestörtes Verhältnis der „Meinungsbildner“ zur Autorität in der Demokratie hingewiesen. Wenn maßgebende Teile der Staatsbürger nicht mehr bereit sind, in freiwilliger Selbststeuerung (man könnte es Anstand nennen) Respekt für den selbstgewählten(!) Repräsentanten des eigenen demokratischen Staates zu erbringen, demontieren sie die Garanten der eigenen (Meinungs-) Freiheit.
Sie schaden dabei nicht nur der Demokratie, sie schaden sich selbst und, schlimmer noch, sie schaden denen, die nicht in der Lage sind, Meinungsbildung zu betreiben.
An dieser Stelle wird die Abkehr von Autoritäten zum Kahlschlag, der von autoritären Meinungsmachern wieder aufgeforstet wird, monokulturisch, in Reih‘ und Glied, undemokratisch.
Ob dem Präsidenten ein höherer Respekt gezollt werden muss als jedem anderen Bürger, mag ich aus der Gleichheit vor dem Gesetz nicht zu erkennen. Klar ist aber der monarchistische Ursprung des Präsidentenamtes, welches der Herrschaft des gesamten Volkes widerspricht und unsere Demokratie als Trug erscheinen lässt. Das Präsidentenamt ist deshalb nichts als eine historische Schleppe der Monarchie, von der sich der demokratische Mensch zu befreien hat.
Das Bundespräsident ist als Repräsentant des gesamten Volkes gewählt. Der Respekt ihm gegenüber ist also im Grunde der Respekt uns selbst gegenüber.
Den Sinn der Definition einer Regierungsstruktur muss man hier wohl nicht diskutieren. Inwieweit sich die Menschen von ihr im demokratischen Prozess befreien können, ist fraglich.
Erfahrungsgemäss verlieren gerade die, die solche Strukturen vehement bekämpfen, nach deren Ablösung die größte Orientierungslosigkeit und ersetzen die abgeschafften Strukturen durch weit rigidere.
Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, man sei schon dann frei, wenn die Herrschaftstrukturen entfallen.
….empfinden gerade die, die solche Strukturen vehement bekämpfen, nach deren Ablösung die größte Orientierungslosigkeit ….
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Oberflächlichkeit fast die gesamte Presse bis hin zu FR und TAZ urteilt, unisono über den „fahnenflüchtigen“ Horst Köhler herfällt und sich auch nicht scheut, in ihrer gespielten Entrüstung über Köhlers Abgang die in diesem Wort enthaltene Konnotation des „Verräters“ mitschwingen zu lassen. Und Birgit Homburger, Guidos Marionette vom Dienst, lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen, auf die Opposition einzudreschen und sie für das Chaos verantwortlich zu machen. – Wer ist es da wohl, der es an Respekt vor dem höchsten Staatsamt und dem Menschen Köhler mangeln lässt?
Allein Hildegard Hamm-Brücher, der ehemaligen Grand-Dame der FDP (die wohl weiß, warum sie in einer Westerwelle-FDP nichts mehr zu suchen hat), und Giovanni di Lorenzo von der „Zeit“ bleibt es vorbehalten, darüber zu reflektieren, welche psychischen Auswirkungen es haben muss, als Präsident von Guidos und Angies Gnaden zu walten, in einer geheimen Kungelrunde auserwählt.
Wer sich zur „Fahnenflucht“ entschließt, der hat schon lange aufgegeben, an seine Mission zu glauben. Und ausgerechnet einem solchen Menschen lastet man an, das krisengeschüttelte Land „im Stich zu lassen“? Was sollte er denn noch bewirken können?
Die Demontage des Horst Köhler und seines Amtes hatte schon mit seiner Inthronisation begonnen. Immerhin war es sein Glück, erst mit vierjähriger Verzögerung mit dem konfrontiert worden zu sein, was die Wunschkoalitionäre ausgeheckt hatten. Dass er nun das Handtuch geworfen hat, bedeutet nach der Verwarnung in NRW eine gelbe Karte für den Tigerentenclub – und auch die Chance, seine Spielweise zu ändern: will heißen, nach den Verirrungen der ersten Köhler-Wahl nun wenigstens Korrekturen vorzunehmen.
Indem die Wunschkoalitionäre das Angebot ausgeschlagen haben, eine von allen Parteien geachtete Persönlichkeit zu suchen, haben sie freilich nicht nur gezeigt, dass sie daraus nichts gelernt haben. Sie dokumentieren auch, was sie von einem Präsidenten für das ganze Volk und von dessen Unabhängigkeit halten.
Sie werden es sich ganz alleine zuzuschreiben haben, wenn aus der gelben Karten demnächst eine rote werden wird.
Schon lustig, daß Köhler der erste Politiker wäre, welcher wegen Aussprechens einer Wahrheit, und nicht einer ertappten Lüge, zurücktritt. Leider sind die parteitaktischen Spielchen bezüglich Nominierung von Herrn Gauck auch nicht so, daß wir uns damit „mehr Demokratie“ erwarten dürften. Gauck ist ein Erz-Konservativer, Neo-Liberaler, und unterscheidet sich somit nicht von Herrn Wulf. Aber das werden wer wahrscheinlich erst erleben, wenn er, was durchaus wahrscheinlich ist, aufgrund Stimmen aus der Ost-FDP, es schafft. Wer Gauck vorschlägt, könnte auch Biedenkopf vorschlagen – da paßt kein Blatt dazwischen.
Wer den Artikel 87a GG ändert um die Bundeswehr im Inland als Polizei Hilfstrupp einzusetzen begeht schon in der Überlegung Verfassungsbruch und destabilisiert diese Pluralistische Gesellschaft.Die Bundeswehr darf auch nicht außerhalb der Grenzen von der BRD eingesetzt werden um Wirtschaftliche aber auch keine politischen Interessen durch zusetzen.Deshalb ist dieser Einsatz Verfassungs wiedrig auch wenn der Bundestag ihn beschlossen hat.
NATO Verträge dürfen nicht die Verfassung brechen.Einige konservative Politiker wollen sich zur Hilfs Weltpolizei aufspielen.Das steht Deutschland mit seiner Vergangenheit nicht an.
Köhler hat aus versehen nur ausgesprochen wovon einige Politiker träumen.Das er damit sich keine Freunde machte ist klar.