Der Staat hat sich selbst arm gemacht

Deutschland soll in seinen öffentlichen Haushalten sparen. 10 Milliarden pro Jahr! Ein Problem? Nun ja, wenn der Staat als Großinvestor – Straßenbau, Infrastruktur und vieles mehr – weitgehend wegfällt, bedeutet dies nicht gerade Rückenwind für die Wirtschaft. Das Problem ist hausgemacht, denn es wäre ja nicht nötig gewesen, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu verankern. So ist die Bundesregierung gezwungen, in Krisenzeiten einzusparen, in denen eigentlich eine offensive Haushaltspolitik nötig wäre, jedenfalls nach Keynes – und dessen Lehren hat die Regierung in der Finanzkrise ja durchaus umgesetzt. Doch jetzt tut sie wieder das Gegenteil. Wir werden sehen, was das fürs Wirtschaftswachstum und für die Arbeitsplätze bedeutet. Jedenfalls hat die Bundesregierung in Sachen Wirtschaftspolitik keine klare Linie, um es vorsichtig auszudrücken. Es kann gut sein, dass sie das Problem abermals verschärft. So gravierend ist unsere Verschuldung nicht, wenn man sie ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt setzt und das Ergebnis dann mit den Zahlen vieler anderer EU-Länder vergleicht. Und die Gefahr besteht, dass Einsparungen, zumal an den falschen Stellen, die Binnennachfrage weiter abwürgen, so dass die Importe sinken, wodurch die Leistungsbilanzdefizite der Länder, aus denen wir importieren, während Deutschland weiterhin fließig exportiert. Selbst wenn es uns Deutschen gelingt, unsere Haushalte auf diese Weise zu sanieren, verschärfen wir damit die Probleme in der Eurozone, beispielsweise für Griechenland, das viel importieren muss und kaum nennenswerte Exportgüter hat. Das könnte dazu führen, dass wir Griechenland tatsächlich stützen müssen – bisher sind ja nur Bürgschaften ausgesprochen. Mit einem Wort: Diese Haushaltspolitik könnte sich kontraproduktiv auswirken, für alle – auch für uns.

Hier kommt das Streich-Szenario – und hier die Kritik der Leserinnen und Leser. Ralf Schrader aus Marburg meint:

„Nachdem die Politik von Rot-Grün, dann der Großen und nun der schwarz-gelben Koalition durch Entlastung Besserverdienender und Steuergeschenke an die Wirtschaft systematisch zu unterfinanzierten Haushalten geführt hat, werden jetzt Ausgabensenkungen als unvermeidlich dargestellt. Leider beteiligt sich auch die FR an der Medien-Kampagne der Herrschenden, Einsparvorschläge unters Volk zu bringen, statt in Erinnerung zu rufen, dass es der Staat selbst ist, der sich arm und die Reichen reicher gemacht hat. Schon vergessen, dass die Regierung mit der Verteilung von Steuerprivilegien an Unternehmen (irreführend „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ benannt) die Haushaltslücke gerade erst vergrößert hat? Dass man den Staat handlungsfähig machen kann, um die dringendsten Gemeinschaftsaufgaben zu finanzieren, indem man das notwendige Geld da holt, wo es a-sozial dem Haushalt entzogen ist, davon wird abgelenkt. Jeder tut das auf seine Weise. Roland Koch, indem er ankündigte, die Ausgaben für Kinderbetreuung und Bildung zusammenzustreichen. Die Bundeskanzlerin, indem sie sich nicht entblödet, Sparzwänge damit zu begründen, dass sie behauptet, wir hätten jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt.
Die Art der Berichterstattung und Kommentierung der FR zu diesem Thema finde ich schon verwunderlich, reiht sie sich damit doch ein in die Apologeten des TINA-Syndroms („There Is No Alternative“ – das war und ist seit Margaret Thatcher das irreführende Mantra aller neoliberalen Politiker für die Begründung von Maßnahmen der Umverteilung des gesellschaftlichen Vermögens von unten nach oben).
Warum stellt die FR nicht den Haushaltslöchern die steuerpolitischen Maßnahmen gegenüber, die landauf landab nicht nur diskutiert werden, sondern für die es auch Mehrheiten in der Bevölkerung gibt: Anhebung des Spitzensteuersatzes, Einführung einer Reichensteuer, Erhöhung der Erbschaftssteuer, Wieder-Erhebung der Vermögenssteuern, Schließung der Steuerflucht-Schlupflöcher, angemessene Ausstattung der Finanzbehörden zwecks Steuerprüfung und Steuerfahndung usw. Diese Maßnahmen würden den Staat mit jährlich zusätzlich 75 Milliarden ausstatten, während die FR-Streichliste weniger als die Hälfte zusammenbringt und dabei eine vernünftige soziale Gewichtung nicht erkennen lässt.“

Winfried Hochgrebe, Berlin:

„Der Staat sind wir alle! Drum müssen wir in dieser prekären Finanzsituation alle sparen. Wir alle wissen, der Staat schafft es nicht ohne uns! Bildung, Forschung, die Jugend werden ebenso leiden müssen wie Altenpflege, Krankenhäuser und Kommunen.
Was ist zu tun? Der Pfingstmontag, ein christlich-kirchlicher Feiertag, an dem die Gottesdienste so wenig besucht werden wie selten im Jahr, die Biergärten und Strände im In- und Ausland dafür überfüllt sind, gehört abgeschafft und als normaler Arbeitstag erklärt. Alle geben ihren Verdienst dieses einen Tages, also einen 30. Teil ihres Monats-Einkommens, an den Staat ab. Auch die Rentner verzichten an diesem einen Tag auf den 30. Teil ihrer Rente genau wie die Vorstände, Bänker, Politiker. Ungeschoren bleiben sollten die Hartz IV-Empfänger.
Wir wollen nicht, dass der Euro zerfällt, wir wollen reisen, ohne an Grenzen überprüft zu werden, ohne bei Banken unsere Urlaubskasse umtauschen zu müssen. Wir wollen nicht, dass unsere Kindeskinder leiden, weil unsere Generation verwöhnt wurde! Also, seien wir alle opferbereit! Eine Kollekte für den Staat. Was ist daran so schlimm?“

Patrick Alexander Brehm aus Wuppertal:

„Schade, dass in Ihrem Beitrag zu den möglichen Steuererhöhungen eine Fortentwicklung ökologischer Steuern mit keinem Wort erwähnt wurde. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat in einem Bericht die Wirkungen der Ökosteuer der rot-grünen Bundesregierung 1998-2003 analysiert und kam zu dem Schluss, dass die Ökosteuer entgegen der Behauptungen von Bundesverkehrsminister Ramsauer durchaus eine Lenkungswirkung entfaltet hat – wenn auch keine, die zur Reduzierung der deutschen CO2-Ziele ausreichen würde. Das spricht aber nicht im Prinzip gegen die Ökosteuer, sondern zeigt lediglich, dass ihre Sätze noch gesteigert werden sollten. Die im Gegenzug reduzierten Rentenversicherungsbeiträge haben ihrerseits zur Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen beigetragen (gemäß Studie des UBA rund 250000).
Es gibt unzählige Gründe, dass nicht nur der Finanzsektor stärker zur Erzielung eines Steueraufkommens herangezogen werden sollte, sondern auch die umweltorientierten Steuern als zentrales Element der Fiskalpolitik dienen müssten. Erwähnt sei zum Beispiel die Peak Oil-Prognose, wonach ein eklatanter Preissprung beim Rohölpreis eine Frage der Zeit ist. Diese Gefahr lässt sich nur über rechtzeitiges Umsteuern in der Energiepolitik erreichen, zu der die Ökosteuer einen wertvollen Beitrag leisten könnte. Und man fragt sich gerade in Zeiten der darniederliegenden Wirtschaft, welche Innovationen eigentlich eine Belebung der Konjunktur auf breiter Front leisten sollen, die zur Schuldenbekämpfung nötig wären. Und diese Belebung ist nach Kondratieffs Theorie nur mit einem technologischen Innovationsschub zu erreichen. Dass es sich dabei nur um ökologische Innovation – gestützt von einem passenden Steuer- und Abgabensystem – handeln kann, findet man aber leider selbst bei den Grünen fast nur noch im Kleingedruckten.“

Wolfgang Fladung aus Bad Camberg:

„Vielleicht müsse mir erst all uff die Gass gehe, damit auch die letzten Lobbyisten begreifen, dass nicht wieder nur beim kleinen Mann und seinen Kindern gespart werden kann. Höhere Steuern auf Vermögen(de), Subventionskürzungen bei Unsinnigem, alles prima, wenn zusätzlich. Aber wie wäre es, die Steuerfahnder endlich einmal ihre Arbeit gründlich machen zu lassen und sie personell zu verstärken? Das würde wohl einen größeren Betrag in die Kassen spülen als alle Sparvorschläge zusammen. Doch wahrscheinlich muss erst wieder der alte Schlager gesungen werden: „Hängt sie auf im Stadtpark an Laternen“, bis auch die letzten Neolibs checken, dass dieses Volk nicht alles mit sich machen lässt. Die sich jetzt anbahnende GroKo in NRW könnte das Signal dafür sein, dass die SPD als Arzt am Krankenbett der CDU sich beim Abnicken der Grausamkeiten wieder dem neoliberalen Mainstream anschließt – eine wundervolle Wahlwerbung für die Linken.“

Dr. Tilmann Leidig aus Heidelberg:

„Bei der Haushaltssanierung wird es mit bloßen Einsparungen nicht getan sein. An Steuererhöhungen führt kein Weg vorbei. Wo aber soll die Schraube ansetzen? Vermutlich wird es bei uns wieder auf eine Umsatzsteuererhöhung hinauslaufen: die unsozialste Steuer, die es gibt, da sie die Allerärmsten genauso trifft wie die Besserverdienenden. Gerechter wäre es, da anzusetzen, wo die Wurzeln vieler Übel liegen: bei den Kinderlosen, die in vielfacher Hinsicht die Verursacher unserer Probleme sind! Sie sparen sich Mühe und Kosten der Kinderaufzucht, rechnen aber darauf, dass anderer Leute Kinder ihre Rente erwirtschaften. Sie verursachen, dass die ständig schrumpfende Zahl junger Leute einen stets wachsenden Prozentsatz alter Menschen finanzieren und der Staat die auftretenden Defizite aus Steuermitteln decken muss. Es ist ein zentraler Fehler unseres Steuersystems, dass solches Verhalten sich rentiert: Kinderlose können sich Urlaubsreisen oder Anschaffungen leisten, von denen Familien mit drei oder vier Kindern nur träumen können, von deren viel größeren Berufs- und Wohnungsproblemen (Mietkosten!) mal ganz abgesehen. Daher wäre es nur gerecht, diese stets wachsende Personengruppe gründlich anzuzapfen, und zwar in einem Ausmaß, das einen wirklichen Lastenausgleich im Verhältnis zu Familien mit Kindern schafft. Ein Aufschlag von etwa 15 Prozent auf die Einkommensteuer könnte da die Richtgröße sein.
Ich selbst bin unverheiratet und kinderlos. Gerade darum weiß ich, welche materiellen Vorteile man hat. Ein Staat, der das zulässt, sollte das Wort „sozial“ lieber nicht in den Mund nehmen.“

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9 Kommentare zu “Der Staat hat sich selbst arm gemacht

  1. Au, au, au. Das habe ich befürchtet, daß sich bei den „Sparvorschlägen“ jetzt hier auch wieder alte Ressentiments niederschlagen. Eltern gegen Kinderlose, vielleicht noch Studenten gegen Rentner, oder Angestellte gegen Beamte. Berufstätige gegen Hartz-IV-Empfänger hatten wir ja erst mit der Westerwelle-röm.Dekadenz-Debatte.

    Mein Stiefsohn hat nach seiner Ausbildung jahrelang keinen festen Arbeitsplatz gefunden, sondern nur Zeitverträge bei einer Leiharbeitsfirme bekommen, mit Stundenlohn von € 7,50. Womit hätte er da eine Familie gründen, ganz zu schweigen vom Ernähren, können? Seit 2 Jahren hat er jetzt eine Festanstellung erhalten im letzten Unternehmen, in dem er arbeiten durfte, verdient aber immer noch so wenig, daß er sich noch nicht einmal ein Auto leisten kann (und auch nicht will, weil er andere Prioritäten setzt). Mit Familiengründung wäre da weiterhin nix drin. Jetzt ihn mit einem Steueraufschlag zu bestrafen, halte ich für absurd.

    Es gibt gutverdienende Familienväter und wohl auch einige -mütter, und schlecht verdienende Singles. Am meisten gekniffen sind wohl, durch das Steuersystem, Alleinerziehende mit Kindern. Um hier Gerechtigkeit zu schaffen, müßte sich der Staat zunächst mal an die Ungerechtigkeit der Splittingtabelle machen, die vor allem die berühmten DINKS (Double Income No Kids) fördert. Er oder sie Gutverdiener, und der Partner vielleicht mit kleinem Nebenjob – die Differenz zahlt der Staat als Steuerbonus, im Gegensatz zu Geringverdienern mit Kindern, bei denen beide arbeiten gehen müssen, um über die Runden zu kommen.

    Ich würde also immer zunächst die persönliche Situation, also Ausbildung, Festanstellung ja oder nein, Einkommen etc. mir anschauen, bevor ich solche Vorschläge mache. Ich kenne dies auch aus unzähligen Gesprächen mit und Foren-Beiträgen von Gutverdienern, sie selbst sehen sich ja gerne als Leistungsträger (im Gegensatz zur schlecht verdienenden allein erziehenden Verkäuferin) und die Argumentation kommt immer mit dem „ach so hohen Einkommensteueranteil und den vielen Konsumsteuern“, die sie bezahlen.

    Aber die Auflösung des Splitting-Tarifes wäre auch nur eine der vielen Möglichkeiten, bei den Staatsausgaben zu sparen.

    Ich bin überzeugt, das Hauptproblem bei der jetzt anlaufenden Spardebatte wird werden, daß sich nur St.-Florians-Jünger versammeln, welche dann beim Schwarzer-Peter-Spiel versuchen, nicht beim Schummeln aufzufallen.

    Nebenbei, eine wirkliche Haushalts- & Finanzpolitik nach Kassenlage müßte nicht, wie viele Keynesianer befürchten, zum Absturz a la Brüning führen. Eine Investition ist nicht per se schon deshalb gut, weil sie gemacht wird und schlecht, wenn auf diese verzichtet wird. Gutbeleuchtete und fein gebaute Einkaufsviertel, leider ohne Konsumenten in den neuen Bundesländern könnten als eines von vielen Beispielen dienen. Prüfsteine müssten eben immer sein: wie effektiv, effezient und nachhaltig ist die Maßnahme, und führt sie zum gewünschten Ergebnis? Ich verstehe schon seit Jahren nicht, warum es einfach nicht gelingen will, den aus der Ökologie stammenden Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“ auch und vor allem auf (Finanz-)Wirtschaft und (Infra-)Strukturkosten anzuwenden

    Es würde z.B. mehr bringen, in Kindergärten- und -horten ohne Gebühren soziale Kompetenz zu erlernen, als jetzt das Studium von Kindern reicher Eltern noch durch Gratis-Stipendien zu fördern.

    Unsere Gesellschaft würde in allen Bereichen Milliarden einsparen, indem sie durch Geld für rechtzeitige Prävention eine spätere Kostenlawine vermeidet. Und das gilt nicht nur für den Gesundheitssektor. Leider haben wir uns aber inzwischen so aufgestellt, daß in allen Bereichen und allen Branchen mehr Personal arbeitet und dran verdient, Schäden zu reparieren und Löcher zu stopfen, als für die Vermeidung der Ursachen eingesetzt wird, um Schäden erst gar nicht entstehen zu lassen.

  2. ich finde es durchaus eine angemessene Formulierung, dass der Staat „sich selbst arm“ gemacht hat. Eine Ursache davon sehe ich in der Regelung, dass die Regierung die Gehälter für sich selbst bestimmt. Das führt im Extrem zu einer Selbstbedienung, die der Situation nicht angemessen ist. Zur Klarstellung (political correctness): die Alimentierung von Politikern zwecks Unabhängigkeit finde ich im Kern sinnvoll, aber es darf nicht ausufern.

    Ein Beispiel: die Stadt Bad Nauheim zahlt einem Stadtrat a.D. nach sechsjähriger Tätigkeit aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine Rente. Aufgrund seiner Qualifikation wurden ihm sogar noch 4 Jahre auf die Rentenzeit angerechnet. Der Mann ist gelernter Jurist und sicherlich nicht berufsunfähig. Warum bekommt er mit 47 Jahren schon Rente ausgezahlt und nicht mit 67?

    Quelle

  3. Es ist bekannt: nach jenem Schwarzen Freitag am 13.Oktober 1929 in New York, als alle Banken plötzlich pleite waren, ist die amerikanische Wirtschaft nicht wegen des Verlustes der Sparguthaben (wen interessiert im Alltag schon, was er auf der Bank hat?) in die Rezession gefallen, sondern weil der wirtschaftlich unfähige Präsident Hoover scheinbar unter einem logischen Zwang ein hartes Sparprogramm durchsetzte. Erst als Folge davon ist die Wirtschaft richtig in die Knie gegangen. Als dann Präsident
    Roosevelt drei Jahre später riesige Staatsschulden aufhäufte und in
    Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen steckte, hat sich die amerikanische Wirtschaft erholt und nach ein paar Jahren waren mit Hilfe der dann
    erhobenen hohen Einkommen-Steuern der Staatshaushalt wieder in Ordnung und die Schulden abgebaut. Auch für Griechenland gilt: auf keinen Fall sparen! Dies wird das Land völlig ruinieren. Und für Deutschland gilt das gleiche. Wenn wir uns sanieren wollen, können wir zwar bei einigen unproduktiven Ausgaben sparen: Beamtengehälter, Bundeswehr usw., im Wesentlichen müssen wir aber investieren und unsere Konjunktur antreiben. Hartz IV und die
    niederen Renten erhöhen, Mindestlohn einführen, die Teilzeitarbeit steuerlich fördern, den Städten und der Bundesbahn Geld für Baumaßnahmen geben, das wären echte Konjunkturprogramme, welche uns helfen würden. Niemals aber sparen – auf keinen Fall!

  4. Das Problem lautet „strukturelle Verschuldung“. Diese entstand in den 70er Jahren aus einer durchaus sinnvollen konjunkturellen Verschuldung. Alle Regierungen seitdem haben es grob fahrlässig versäumt, hochkonjunkturelle Überschüsse gezielt zur Defizit-Reduktion zu nutzen. Jetzt ist eigentlich für weitere Schulden keine Luft mehr.

    Genausowenig Luft ist für Steuernachlässe, auch nicht für das Hotelgewerbe. Es muss wieder eine Umstrukturierung des Steuersystems hin zur Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit stattfinden, also höhere Spitzensteuersätze, weltweite Besteuerung aller deutschen Staatsbüger, auch bei Sitz im Ausland, und endlich eine angemessene Besteuerung hoher Erbschaften. Wann ist ein Steuerpflichtiger leistungsfähiger als nach dem Zufluss einer Erbschaft. Hier muss ganz dringend etwas geschehen, angesichts eines privaten Geldvermögens von ca. 4,5 Billionen Euro, von dem jedes Jahr ein erheblicher Anteil den Eigentümer ohne jegliche Gegenleistung wechselt. Das ist die Steuer der Zukunft!

    Natürlich gehört auch das Ehegattensplitting (Kosten ca. 17 Milliarden/Jahr) auf den Prüfstand. Und die vielzitierte Steuer auf Finanztransaktionen ist mehr als überfällig.

    Was die Ausgabenseite angeht: Zu allererst muss umgehend der Rückzug aus Afghanistan erfolgen. Hier wird für einen ebenso sinnlosen wie überflüssigen, von Bush angezettelten Krieg Geld verschleudert.

    Warum muss eigentlich das Kindergeld ohne Rücksicht auf die Einkommensverhältnisse gezahlt werden?

    Bevor man sich an Bildung und Infratsruktur vergreift sollten diese Themen angegangen werden. Wetten, dass nicht?

  5. Dem leserbrief von herrn hochgrebe aus berlin kann man fast uneingeschränkt zustimmen.

    2 änderungen wären mir sehr recht: 1. Keine ausnahmen, auch hartz IV empfänger leisten ihren beitrag zumal sie das ganze jahr von der gemeinschaft leben.

    2. unverzügliche und unwiderrufliche manifestierung im grundgesetz keine staatsschulden mehr machen zu dürfen. Im gegenteil: staatsverschuldung ist unter strafe zu stellen.

    In wenigen jahren könnten wir von den ersparten zinsen dinge finanzieren von denen wir heute nur träumen können und mühsam um jeden cent ringen müssen.

    Wer spannt sich vor diesen karren und rührt die trommel dafür??? Welcher kopf, welche institution hat den mumm dazu? Allein daran wird es scheitern. Aber die idee ist brillant.

  6. Zum Leserbrief von Dr. Tilmann Leidig:

    Was für ein Schock, von einem promovierten (!) Menschen solch einen Unsinn lesen zu müssen. Wir haben nicht das Problem von zuwenig Kindern, wir haben ein Qualitätsproblem! Für einen bestimmten Prozentsatz junger Leute bleibt schon heute nur die Perspektive auf einen Job, der lediglich durch zusätzlichen Sozialtransfer das Überleben ermöglicht. Ein kleiner Teil wird gänzlich oder weite Teile seines Lebens von einer existenzsichernden Tätigkeit ausgeschlossen sein. Hören wir also auf, ständig nach einer höheren Geburtenrate zu lechzen. Eine Steigerung der Geburtenrate um 10% heute, und 20 Jahre später eine Steigerung der Schulabrecher, Ungelernten und Geringqualifizierten um 25% ist nicht hilfreich sondern im Gegenteil schädlich.

    „Ein Aufschlag von 15 Prozent auf die Einkommensteuer“ von Kinderlosen mag für einen Gutverdiener leicht zu stemmen sein. Für einen Geringverdiener mit weniger als 1.500 brutto im Monat ist dies allerdings heftig. Leichter wäre solch ein Aufschlag sogar eher für einen Familienvater mit mehr als 10.000 brutto. Also, vielleicht doch erst einmal die ganze Problematik zu Ende denken?

    Meines Erachtens ist eines der Probleme, dass sich ein Teil der Bevölkerung ständig am Leistungslimit bewegt (steigende Zahlen psychischer Erkrankungen mit entsprechenden Sozialkosten), andere hingegen aus dem regulären (sprich existenzsichernden) Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind. Hier gilt es den Hebel anzusetzen. Und nicht in der Neoliberalen Art und Weise, dass diese „Ausgegrenzten“ dann halt für den Erhalt ihrer Sozialleistung gemeinnützige Arbeit zu leisten haben, bzw. dann ganz neue Tätigkeitsfelder besetzen, die allerdings kein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen. Erinnert sei an die Aussage unserer Neoliberalen Regierung, dass es noch moralisch ok ist, wenn im Ostdeutschen Friseurhandwerk ein Lohn von mindestens 3 Euro die Stunde gezahlt wird. Bei einer Vollzeittätigkeit entspricht dies etwa 500 Euro brutto im Monat (für eine Vollzeittätigkeit!!!). Der Rest wird dann vom Staat aufgestockt. Also: Warum kann ein Hartz IV Empfänger nicht in einem begüterten Haushalt für 2 Euro die Stunde putzen? Antwort: Weil es unverschämt und entwürdigend ist. Es braucht mehr reguläre (!) Jobs. (Stichwort Mindestlohn!)

    Also: Warum können die, die haben, nicht etwas abgeben? Z. B. 5 Arbeitsstunden die Woche. (inkl. der entsprechenden Bezahlung). Hier hätte auch der Gebende etwas davon: Nämlich mehr Freizeit, mehr Zeit sich um seine Kinder zu kümmern usw. Und eine intelligente und integere Regierung (Regierung für das ganze Volk, nicht nur für die eigene Klientel) würde dies fördern und unterstützen. (Es gab doch einmal den schönen Slogan: Fördern und fordern – leider blieb es nur beim fordern) Z. B. durch einen niedrigeren Satz bei der Arbeitslosenversicherung, wenn die Wochenstundenzahl einen bestimmten Wert nicht überschreitet. Wäre ja auch eine Möglichkeit, oder?

  7. Weswegen sollen immer die Kinderlosen, die in den meisten Fällen Kinder wollten und nicht bekamen, zusätzlich zu ihrem dauernden latenten Schmerz ob dieser Situation, als Melkkuh für die Nation herhalten?

    Kinderlose Paare geben schon heute der Gesellschaft sehr viel, z.B. in der Zwangsabgabe zur Pflegeversicherung, mit den doppelten Beiträgen zur Sozialversicherung und geringer Inanspruchnahme dieser – eine klassische Familie zahlt einen Beitrag zur Krankenkasse und 4 bis 5 Personen gehen davon regelmäßig zum Arzt.

    Auch unser Steuersystem berücksichtigt heute bereits die Einkommenssituation kinderloser Paare in Form von hohen Steuerleistungen, die besonders von den gut verdienenden Paaren geleistet werden. Da sollte doch noch etwas übrig bleiben, um ein bescheidenes Vermögen für den Status der Erbtante/des Erbonkels aufzubauen. In der Regel werden die Einkünfte ja nicht sinnlos verpraßt, sondern für die Absicherung des Alters verwandt. Daneben treten die kinderlosen Paare als kaufkräftige Nachfrager auf dem Markt auf und tragen so sehr viel zu einer guten Konjunktur mit den damit verbundenen Steuereinnahmen aus Umsatzsteuer, KFZ-Steuer, evt. Luxussteuern, Gewerbesteuern, und natürlich Einkommensteuern der Unternehmen bei.

    Darüberhinaus muß der Unfug aufhören, daß in der Regel die Frauen sich immer noch zwischen Kindern und Karriere entscheiden müssen, die geplanten Änderungen zum Elterngeld werden diesen Unfug weiter zementieren!

  8. Würde die Trennung von Kirche und Staat endlich wirklich vollzogen, wären pro Jahr ca. 15 Milliarden Entlastung dauerhaft möglich.

    Durch Verzicht auf Einnahmen fehlen ca. 6,5 Milliarden an Steuern pro Jahr, nämlich u.a.:

    3,5 Mrd. Steuerverluste durch steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer
    1,4 Mrd. Befreiung der Kirchen von der Zinsabschlags- und Kapitalertragssteuer (neu: Abgeltungsteuer)
    1,2 Mrd. Befreiung der Kirchen von der Umsatzsteuer

    An direkten Subventionen erhalten die Kirchen pro Jahr ca. 8 Mrd. u.a. für:

    2,5 Mrd. für den konfessionellen Religionsunterricht (trotz des Glaubens an denselben Gott in zweifacher Ausfertigung – kath. und evang.)
    0,7 Mrd. Ausbildung der Theologen an den staatlichen Universitäten
    1,0 Mrd. Ersparnis durch staatlichen Einzug der Kirchensteuer
    0,8 Mrd. Zahlungen der Bundesländer („Dotationen“ usw.), u.a. die Bezahlung der Bischöfe und Erzbischöfe (8000 EUR/Monat bzw. 11000 EUR/Monat) samt ihrer Dienstwagen
    2,5 Mrd. Zahlungen der Kommunen an die Kirchen (Baubereich, Geschenke, Kultur)
    0,2 Mrd. Zuschüsse an kirchliche Missionswerke
    0,3 Mrd. Orden, Medien, Kirchentage
    0,2 Mrd. Denkmalpflege, Baulast-Verpflichtungen, Militärseelsorge

    Diese Zahlen sind z.T. geschätzt, weil die Kirchen nicht bilanzierungspflichtig sind und ihre Geldangelegenheiten durch ein weites, und weitgehend undurchschaubares, Geflecht von Firmen, Vereinen etc. (Experten sprechen von ca. 80000 Rechtsträgern) verschleiern.

    Jeder Deutsche, egal ob Moslem, Jude, Atheist oder Konfessionsloser muss dafür geradestehen. Zusätzlich zu diesen Steuervergünstigungen und Subventionen erhalten die Kirchen ca. 10 Mrd. an Kirchensteuern (die sie zu 80% für ihre Personalkosten verwenden. Ein Pfarrer verdient soviel wie ein Regierungsrat, also ca. 5000 EUR/Monat!)

    Dass Bischof Mixa seine fürstliche Dotation auch weiterhin erhält, resultiert daraus, dass Bischöfe – ähnlich wie Universitätsprofessoren – emeritiert werden: sie erhalten ein Ruhegehalt, das ungefähr der Besoldung vor Eintritt der Emeritierung entspricht. Bei Mixa sind das halt 8000 Euro/Monat – zahlbar von /allen/ Steuerpflichtigen, auch seinen Opfern.

    Darüber hinaus erhalten die Kirchen weitere 10 Mrd. Euro pro Jahr für Sozialeinrichtungen, die der Staat zu rund 90% finanziert (Krankenhäuser und Altenheime zu 100%). Statt „Evangelischer Kindergarten“ müsste es eigentlich heissen: „Staatlicher Kindergarten mit geringer finanzieller Beteiligung der evang. Kirche, mit abgespeckten Arbeitnehmerrechten“.

    Dass das Vermögen der Kirchen in Deutschland auf 500 Milliarden Euro geschätzt wird, sei nur am Rande erwähnt.

  9. http://www.berndsenf.de/pdf/Bankgeheimnis%20Geldschoepfung%204.pdf
    Ich habe gerade diesen Link gelesen. Die letzten Monate habe ich oft erfolglos versucht diese Argumente in die hier laufenden Diskussionen einzubringen. So gut wie es in diesem Link zusmmengefasst wird kann ich es wohl nicht beschreiben. Allerdings schließe ich draus das die Schulden des Staates vom Kapital bezahlt werden müssen oder es kommt zu einer Geldentwertung, weil sonst der Staat verarmt

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