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Forum vom 8. Januar 2025
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Wir erleben eine neue Art von Diplomatie
Israel: „Kritik an Berlins Botschafter“, FR-Politik vom 28.12.
Eine Vermutung drängt sich auf, wenn man die Kurznachricht in der FR liest. Berlins Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, wird von Israels Regierung einbestellt, weil er schon mehrfach in öffentlichen Verlautbarungen auf Menschenrechts- und Kriegsverbrechen der israelischen Armee im Gazastreifen hingewiesen hat. Gibt es hier etwa eine Rollenaufteilung zwischen deutschem Außenministerium und dem Botschafter? Anstelle der Außenministerin spricht der Botschafter. Für sie ist es zu riskant die Vergehen zu verurteilen. Bei ihren vielen Besuchen in Israel hat sie es wahrscheinlich im diplomatischen Gespräch getan. So will man hoffen. Nun also der kluge und aufrechte Botschafter.
Man wird hier Zeuge einer neuen Art von Diplomatie: Früher war es die Aufgabe des Botschafters, in vertraulichen Mitteilungen an sein Entsendeministerium über die Lage im Land und die Politik dort an seine Regierung zu berichten. Neuerlich verkündet der Botschafter, was seine Regierung an Israels Regierungshandeln kritisiert und verurteilt. Früher fasste eine Außenministerin nach Gesprächen in einer „aide mémoire“ zusammen, was sie als zukünftige Richtschnur in den beiderseitigen Beziehungen einforderte. Dieser Weg wird versperrt durch eine Mehrheit im deutschen Bundestag, die in wiederholten Resolutionen Kritik und Verurteilung am Netanjahu-Regime verbieten will.
Statt solcher diplomatischer Pirouetten wäre der deutschen Regierung zu empfehlen, alle Waffenlieferungen nach Israel zu untersagen. Das ist die einzige Sprache, die man derzeit dort in der Netanjahu-Regierung mit ausgewiesenen Rassisten versteht. Die Voraussetzung für die Waffenhilfe, dass Israel einen Verteidigungskrieg führt, entfällt. Denn spätestens nach dem Sieg über die Hisbollah und dem Sturz des Assad-Regimes ist Israel nach der Türkei zur stärksten Militärmacht in Nahost geworden. Seine derzeitigen Militäreinsätze sind Vergeltungs- und Eroberungskriege, z.B. in Richtung Syrien ohne Respektierung der von den UN eingerichteten Sicherheits- und Friedenszonen. Premier Netanjahu präsentiert sich in Siegerpose auf dem Berg Hermon.
Dieter Reitz, Mainz
Es besteht dringender Handlungsbedarf
Fernwärme: „Keine Lösung für alle“, FR-Wirtschaft vom 18. Dezember
Die aktuell üppigen Wärmepumpen-Förderungen werden im neuen Jahr wohl gestrichen. Dazu kommt noch, dass Gas unerschwinglich teuer wird. Herr Zwingmann und Verbraucherzentralen warnen ausdrücklich vor dem weiteren Betrieb oder gar einer Neuanschaffung von Gasheizungen.
Fast alle Parteien haben in ihren Parteiprogrammen angekündigt, das „Heizungsgesetz“ abzuschaffen, zumindest die Förderung erneuerbarer Energien. Für Millionen Menschen und Unternehmen bedeutet dies ein neuer Heizungsschock und weitere Verunsicherung. Gasheizungen sollen wohl aus politisch niederen Beweggründen wieder schmackhaft gemacht werden.
Soll denn die Bevölkerung in ihren Wohnräumen oder im Büro frieren? Wie kommen wir ohne staatliche Förderungen vom nicht mehr bezahlbaren Gas weg?
Selbst wenn das ambitionierte Fernwärmeausbauziel > 30 % in den Großstädten erreicht wird, bedeutet dies, dass 70 % der Gebäude im Bestand anders beheizt werden müssen. Sollte allerdings der angedrohte Förderstopp für Wärmepumpen kommen, droht eine Vollbremsung für Wärmepumpeninvestitionen plus erhebliche Preisexplosionen bei Gas und der Fernwärme. Das gilt auch für kommunale Fernwärmekraftwerke, die weiter Gas einsetzen. Dazu kommt noch, dass das alte Gebäudeenergiegesetz der Vorgängerregierung wieder in Kraft tritt und den Betrieb von Ölheizungen ab 2026 verbietet.
Dass Vertreter der Fernwärmeunternehmen Photovoltaik schlechtreden, verwundert nicht. Dabei besteht mit Photovoltaik erstmals die Chance, dass sich Menschen ihre benötigte Energie für Hausstrom, Wärme/Kühlung und E-Mobilität zu großen Teilen selbst herstellen und speichern. Fernwärme liefert eben nur Wärme und keine Energie für den Hausstrom, Wärmeerzeugung oder dem Elektroauto.
Besonders für fast 12 Millionen Bestands-Gebäude, die vor 1977 gebaut wurden, besteht dringender Handlungsbedarf. Denn die Heizungen sind meist genauso alt und fallen entsprechend zeitnah aus.
Die Lage ist aber nicht so hoffnungslos, wie im Artikel und in unseriösen Medien beschrieben. Der Photovoltaik-Anteil im Winterbetrieb beträgt mindestens 30 % und liegt nicht bei null, wie im Artikel behauptet. Die Wärmepumpenleistung hat sich von dem im Artikel erwähnten Verhältnis Strom/Wärmeerzeugung von 1:5 auf 1:7 oder mehr erhöht.
Für Privatpersonen und Unternehmen existieren wirtschaftlich sinnvolle, finanzierbare und technisch ausgereifte erneuerbare Alternativen. Dadurch sind Reduzierungen von 2/3 der üblichen Investitionssummen und drastische Kosteneinsparungen für Strom, Heizung/Kühlung und E-Mobilität möglich.
Fachlich qualifizierter Rat ist der richtige Weg, um mit finanzierbaren Alternativen der Kostenfalle Gasheizung und der Nichtförderung von Wärmepumpen zu entgehen. Onlinerechner und Beratungsangebote speziell für erneuerbare Investitionen in Eigentum- oder Mietobjekten bietet der gemeinnützige Verein der Europäischen Energiewende Community an.
Jürgen Eiselt, Frankfurt
Die Ukraine hat sich friedlich verhalten
Friedensfragen: „Wie stehen die Chancen für Verhandlungen?“, FR-Politik vom 11.12.
Das Interview mit Angelika Wilmen am 11.12.24 hat mir bestätigt, dass mein Austritt aus der IPPNW richtig war. Seit 1983 war ich Mitglied und an vielfältigen Aktionen beteiligt, obwohl merkbar war, dass sich die Friedensnobelpreisträgerin von 1985 allmählich immer mehr von ihren Zielen entfernt hat und immer einseitiger ausschließlich die westlichen Fehler verurteilte.
Die Organisation war 1980 angesichts der atomaren Bedrohung von zwei Ärzten, Bernard Lown (USA) und Jewgeni Tschasow (Sowjetunion), gegründet worden. Es folgte die Gründung zahlreicher Sektionen, 1982 die deutsche, die bald 10 000 Mitglieder zählte. Das Leitmotiv der Ärzteorganisation ging über das alleinige Thema der atomaren Bedrohung hinaus: „Unsere Aufgabe als Arzt oder Ärztin ist, jede Bedrohung für Leben und Gesundheit abzuwenden, erdumspannend und über alle politisch und gesellschaftlichen Systeme hinweg“.
Angelika Wilmen geht einfach darüber hinweg, dass es sich bei Russlands Krieg gegen die Ukraine um einen Aggressor gegen ein Land handelt, das sich friedlich verhalten hat. Sie lässt außen vor, dass Russland erstens die Krim annektiert hat, zweitens sich den Donbass einverleibt hat, drittens die Ukraine überfallen hat (die übrigens ihre Atomwaffen abgegeben hat – mit der Zusicherung der Unverletzlichkeit ihrer Grenzen), viertens zusätzlich seit dem Krieg fast alle Nachbarländer infiltriert oder mit Einzelaktionen bedroht und fünftens sogar mit Atomwaffen droht.
Wie kann Frau Wilmen diese expansive Politik ignorieren? Eine Friedensorganisation sollte umsichtig verschiedene Aspekte in ihre Haltung und ihr Handeln einbeziehen. Die IPPNW hat mit ihrer einseitigen Haltung diesen Anspruch aufgegeben. Damit verliert sie noch mehr an Bedeutung.
Dr. Amei Gnändiger-Mezger, Ritterhude
Im eigenen Mikrokosmos
Zu: „Demokratisch bleiben“, FR-Meinung vom 31. Dezember
Die Analyse von Kristina Dunz spielt den Ball noch nicht weit genug. Zum einen könnten auch Medien wie die gerne totgesagten aber immer noch eine sehr wichtige demokratische Funktion ausübenden Tageszeitungen wesentlich mehr zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen, indem sie zum Beispiel in regelmäßigen Abständen direkt vor Ort aus ärmeren Quartieren berichten und damit den dortigen Menschen eine hörbare öffentliche Stimme geben. Zum anderen gibt es auch entscheidende Gründe, warum die Populisten von rechts und von links gerade in den letzten Jahren in Deutschland so massiv erstarkt sind, die insbesondere darin bestehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung den Eindruck hat, dass wichtige soziale Probleme wie etwa bei den rasant gestiegenen Lebenshaltungskosten von der Politik überhaupt nicht richtig wahrgenommen und eher ignoriert werden. Deshalb muss sich in der „Hauptstadtblase Berlin“ vor allem der Blickwinkel ändern, wo sich viel zu viel nur um den eigenen Mikrokosmos dreht!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Geförderter Wohnraum
Nassauische Heimstätte: „Appell für Bau-Turbo“, FR-Region v. 7.12.
Es ist gut, dass die Nassauische Heimstätte (NH) dieses Jahr besonders viele Wohnungen baut. Noch besser wäre es, sie würde mehr Sozial- und andere geförderte Wohnungen bauen, anders als im Schönhofviertel in Frankfurt, wo sie 269 Eigentumswohnungen zu 7000 Euro pro Quadratmeter vermarktet (die Frankfurter Rundschau hat am 16. Oktober 2024 darüber berichtet, Anm. d. Red.).
In Hessen hat sich der Bestand an Sozialwohnungen seit 2007 halbiert. Derzeit fehlen etwa 80 000 Sozialwohnungen. Die Mieten auf dem Wohnungsmarkt steigen ständig, so dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger auf geförderte Wohnungen angewiesen sind oder Wohngeld beantragen müssen. Statt ständig mehr öffentliche Mittel für Wohngeld auszugeben, wäre es sinnvoller, mehr geförderte Wohnungen zu bauen.
„Wir wollen die Investitionen in den geförderten Wohnungsbau erhöhen“, so wurde es im Koalitionsvertrag der Hessischen Landesregierung festgelegt. Es wird Zeit, dass dem Taten folgen und die Nassauische Heimstätte finanziell entsprechend ausgestattet wird.
Außerdem sollte die Nassauische Heimstätte beauftragt werden, statt Eigentumswohnungen solange Sozial- und andere geförderte Wohnungen zu errichten, bis der Bedarf in Hessen gedeckt ist.
Inge Fichter, Frankfurt
Millionen Tonnen von Kohlendioxid
Zu: „Belohnung für mehr Flugverkehr“, FR-Region vom 21.12.
Laut Fraports Nachhaltigkeitsbericht 2019 wollte der Flughafenbetreiber seine betriebsbedingten CO2-Emissionen von damals 170 000 t in 2018 bis 2030 auf 75.000 t reduzieren und bis 2045 sogar auf null absenken. Dieses ambitionierte Projekt ist im Prinzip zu begrüßen. Allerdings kommen, wie dem FR-Artikel „Der Flughafen will am Boden klimaneutral werden“ vom 10. August zu entnehmen ist, dann noch mal aktuell 1,118 Mio. t CO2 dazu, die durch die landenden und startenden Flugzeuge bis 3.000 Fuß verursacht werden. Doch damit nicht genug. Nach dem amtlichen Bericht zur Treibhausbilanz des Landes Hessen produzierte der internationale, auf den Flughafen Frankfurt bezogene Luftverkehr, also alles über 3.000 Fuß, im Jahre 2019 weitere 14 Mio. t CO2. Um das Märchen vom „grünen“ Flughafen glaubhaft erscheinen zu lassen, erklärt Fraport einfach, die luftverkehrsbedingten CO2-Emisssionen hätten ja nicht sie, sondern die Fluggesellschaften zu verantworten. Dabei beruht ihr komplettes Geschäftsmodell doch gerade darauf, Flugzeuge in die Luft und wieder auf den Boden zu bringen. So einfach kann man sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Das Verhalten von Fraport erinnert doch stark an einen Bordellbesitzer, der lautstark verkündet, demnächst zölibatär leben zu wollen, der aber seinen lukrativen Betrieb auf jeden Fall weiterführt.
Hans Schinke, Offenbach
Überlastete Tierheime
Katzenkastration: „Tiere sind keine Geschenke zum Fest“, FR-Region vom 21.12.
In ihrem Artikel über Tierheime in Not in dem Frankfurter Teil vom 26.7.2024 wurde auf die prekäre Situation der Tierheime aufmerksam gemacht. Für uns als jahrzehntelange Halter von Katzen mit Freigang ist es unabdingbar, diese nur mit Kastration und Kennzeichnung zu betreuen sowie auch die Verantwortung für eine lebenslange und adäquate Pflege zu übernehmen. Wie schon oft vom Tierschutzbund gefordert, ist es an der Zeit dass der gesetzliche Rahmen dafür umgehend geschaffen wird, um die Anschaffung von Tieren in die Hände verantwortungsvoller Menschen zu legen. Dazu gehört eine klare Regelung über Anschaffung, Betreuung und Pflege. Lebende Tiere sind keine Plüsch- und Kuscheltiere! Die Tierheime in allen Kommunen sind derzeit mit der Flut von den vielen freigelassenen und grundlos abgegebenen Tieren – meistens Katzen – personell und finanziell überlastet; übrigens auch eine Folge der Pandemie. Wenn man die Beispielrechnung des Beitrags zur Grundlage nimmt, ist das wirklich kein Riesenbetrag für eine Kommune. Leider haben wir derzeit eine Zeitenwende in der die Beschaffung von todbringenden Waffensystemen und Stationierung von Raketen zur Massenvernichtung mit milliardenschweren Sondervermögen und zusätzlichen Kosten wichtiger ist als die Erhaltung unserer Welt, in der wir leben. Welche Welt hinterlassen wir da unseren Kindern, die uns ja auch kaum noch am Herzen liegen. Abschließend kommt mir nur eine Aussage von Mahatma Gandhi in den Sinn: „Die Größe und den Fortschritt einer Nation kann man dran messen, wie sie ihre Tiere behandeln.“ Jeder, der kann für sich selbst nachdenken und sein Handeln beurteilen.“
Hans-Joachim Harnack, Idstein
Forum vom 10. Januar 2025
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Kein Schutz vor Wahnsinnstaten
Nach der Amokfahrt von Magdeburg: „Die Gefahr übersehen“, FR-Meinung vom 31.12.
Die Todesfahrten von Berlin (2016), Magdeburg und New Orleans sind schlimm. Aber fast noch schlimmer ist der hilflose Umgang von Politik und Mainstreammedien mit dem Grauen. Obwohl Hintergründe der Massaker und die Tatmotive noch weitgehend unklar sind, haben die Gräueltäter dank ausufernder Berichterstattung schon jetzt maximale Aufmerksamkeit erzielt. In bestimmten Milieus genießen die Täter Heldenstatus, ihre Todesfahrten sind Muster für künftige Taten. Mehr Marketing geht nicht.
Wieder einmal stimmen die wahlkämpfenden Politiker einen Entrüstungsorkan an. Sie äußern Mitgefühl für die Betroffenen, versprechen restlose Aufklärung und noch besseren Schutz der Bevölkerung (mehr Polizei, mehr Poller, noch engere Überwachung von Verdachtspersonen und zusätzliche Datenspeicherung). Bei der nächsten Todesfahrt werden sie diese Routinen wiederholen, immer und immer wieder. Doch es wird sich nichts ändern.
Tatsache ist nämlich, dass es vor solchen Wahnsinnstaten keinen wirklichen Schutz gibt. In einer Bevölkerung von 84 Millionen wird es immer wieder Verrückte, Hasserfüllte oder Verzweifelte geben, die vor nichts zurückschrecken, nicht einmal vor der Gefahr, das eigene Leben zu verlieren. Da helfen noch so viele Absperrungen nicht. Denn wenn alle Weihnachtsmärkte der Republik mit Mauern, Pollern und Polizisten lückenlos geschützt sind, dann wählt der Tatentschlossene ein anderes Ziel: Straßenfeste, Jahrmärkte, Uferpromenaden oder die Menschenmenge vor einer Fußballarena. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Wann endlich findet der erste Politiker den Mut, die traurige Wahrheit klar auszusprechen: Die beklagenswerten Opfer von Berlin und Magdeburg sind der unvermeidliche Preis für eine freiheitliche Gesellschaft. Wollte man jeden irgendwie Verdächtigen – Migrant oder Einheimischer – einsperren, die Straßen wären ziemlich menschenleer, die Anstalten hingegen hoffnungslos überfüllt. Leider gibt es kein Patentrezept. Aber wir müssen zu einer vernünftigen Risikoabschätzung finden: Wachsamkeit, so viel Schutz wie möglich, Vermeidung von Hysterie und – unbedingt – Beibehaltung unseres freien Lebensstils.
Peter Vonnahme, Richter i.R., Kaufering
Gute Gründe gegen zentrale Speicherung
Elektronische Patientenakte: „Für eine bessere Medizin“, FR-Titel vom 3. Januar
Der Kommentar auf der Titelseite der FR vom 3.1.2025 versucht uns einzureden, dass ohne „ePA“ keine solide ärztliche Behandlung möglich ist. Auch grobe Sicherheitslücken sind zu verschmerzen. Tim Szent-Ivanyl zählt die allseits bekannten angeblichen Vorteile der elektronischen Patientenakte auf. Die wenigsten Menschen wissen aber welche Daten über sie zentral gesammelt werden sollen. Warum sollte mein Zahnarzt darüber Bescheid wissen, ob ich möglicherweise eine Psychotherapie mache? Ich möchte doch bei einem Erstbesuch eines Arztes entscheiden können,welche Daten ich weitergeben möchte. Auch Abrechnungsdaten der Krankenkasse werden zentral in der „ePA“ gespeichert. Damit kann jeder der Zugriff hat, nachvollziehen, wieviel meine Gesundheitsversorgung gekostet hat. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist überwiegend privat organisiert. Arztpraxen und MVZ,s sind auch Unternehmen. Es wird dort sehr viel Geld verdient. Solche Informationen sind deshalb hoch sensibel.
Es muss jedem Patienten überlassen bleiben darüber zu entscheiden, welche Unterlagen sein Arzt weiterleiten soll. Herr Linnemann CDU hat mit seiner Forderung eine Liste über psychisch Kranke anzulegen, einen Vorgeschmack darauf gegeben, welche Möglichkeiten zukünftige Regierung mit zentral gesammelten medizinischen Daten bekommen. Es ist leicht Abrechnungsdaten von Patienten dazu einzusetzen, Menschen zu diskriminieren oder von Leistungen auszuschließen. Die zentrale Sammlung von streng persönlichen Daten ist gerade in Zeiten, in der die Zerbrechlichkeit unsere Demokratie erkennbar wird, eine gefährliche Option. Deshalb gibt es gute Gründe gegen die Nutzung der „ePA“.
Jörg Reuter-Radatz , Hannover
Bitten haben nichts bewirkt
Böller: „Freiwillig verzichten“, FR-Meinung vom 4. Januar
Den Kommentar habe ich mit einem gewissen Befremden gelesen. Der Kommentator meint zu Recht, dass keine Angsträume entstehen dürfen und die Gewalt gegen Unbeteiligte und Rettungskräfte bei der Böllerei an Silvester gestoppt werden muss. Warum er dann aber nur auf einen freiwilligen Verzicht auf private Feuerwerke setzt, ist unverständlich. Dem Kommentator müssten eigentlich die seit Jahren von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften kommenden Bitten zur Vorsicht bekannt sein, die aber nichts bewirkt haben. Ein Grundrecht, sich an Silvester mit einem selbst gekauften oder schlimmstenfalls selbst gebastelten Feuerwerk die Hand zu zerfetzen, ist mir nicht bekannt.
Das Argument, ein Verbot privater Feuerwerke „würde Gräben in der Gesellschaft aufmachen, von denen es schon zu viele gibt“, ist nach meiner Ansicht ein Verzicht auf Abwehr von Schäden an Leib und Leben sowie mit Blick auf die Zusatzkosten für Müllbeseitigung, Polizei und Rettungsdienste eine vergebene Möglichkeit, an einer Stelle sinnvoll zu sparen. Außerdem ist es ein Einknicken vor einer lautstarken Minderheit.
In Belgien haben meine Frau und ich 2015 und 2017 entspannte Jahreswechsel erlebt. Es gab jeweils ein von der Stadt organisiertes Feuerwerk, und man konnte am Neujahrsmorgen spazieren gehen, ohne ständig Müll ausweichen zu müssen. Bekannte von uns fahren seit Jahren mit ihrem Hund zum Jahreswechsel nach Frankreich, weil es dort ebenfalls keine privaten Feuerwerke gibt. Von keinem der beiden Länder sind mir soziale Unruhen bekannt, die sich am Verbot privater Feuerwerke entzündet haben.
Volker Harms-Ziegler, Frankfurt
Die Arbeitgeber könnten noch viel mehr einsparen
Karenztag: „Ein Tag krank, kein Lohn?“, FR-Wirtschaft vom 8. Januar
Der Vorschlag des Allianz-Chefs Oliver Bäte, am ersten Krankheitstag keinen Lohn mehr zu zahlen, weil der Arbeitgeber damit Geld sparen kann, ist hochinteressant. Und lässt mich tiefer darüber nachdenken. Der Arbeitgeber könnte doch sicherlich deutlich mehr einsparen, wenn er – sagen wir mal – fünf oder zehn Tage keinen Lohn auszahlen würde, oder? Hier stellt sich aber auch die Frage, wie schräg man für eine solche Führungsposition drauf sein muss.
Und ganz nebenbei könnte man dann ja auch mal überlegen, wie klug es ist, wenn sich Personen mit stark ansteckenden Krankheiten zur Arbeit schleppen, um dort die Kolleginnen und Kollegen anzustecken. Ist wohl doch nix mit dieser Schnapsidee.
Manfred Stibaner, Dreieich
Erstaunte Reaktion
Kolumne: „2025 ohne magisches Denken“, FR-Meinung vom 6. Januar
Wenn wir uns 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges „mit den Befreiern identifizieren“, werden wir die aktuellen schwierigen Zeiten durchstehen, schreibt Anetta Kahane.
Meine erstaunte erste Reaktion: Spricht sie etwa von der Sowjetarmee, die am 2. Mai 1945 die sowjetische Flagge am Reichstag in Berlin hisste (siehe das retuschierte Bild in der FR vom 3, Januar)? Macht sie gar Werbung für das BSW und Sahra Wagenknecht, die für billiges Gas aus Russland sind?
Wenn wir in diesem Jahr das Ende des Krieges als Befreiung feiern, sollten wir, bei aller aufgeheizten Stimmung, auch über eine Aussöhnung mit dem russischen Volk nachdenken. Das schulden wir unserem Grundgesetz und der Demokratie, finde ich.
Gregor Böckermann, Neu-Isenburg
Retter des Weltklimas
Wirtschaft: „Wird schon!“, FR-Titel vom 30.12
„Wir werden das Klima nicht retten, indem wir die europaeische Wirtschaft bekaempfen und schaedigen“. Aussage des Ex-Kanzlers Sebastian Kurz (Österreich).
Es scheint so, dass unser Nachbarland einen Schritt voraus ist. Es ist doch wirklich so, dass Deutschland die Retter des Weltklimas (dank Grünen) sind. Aber es sollten doch unsere Nachbarn, China, USA, Indien etc. auch was für die Umwelt beitragen. Wir schließen z.B. Kernkraftwerke und kaufen den Strom in Frankreich. Unsere Kohlebergwerke werden bei uns dicht gemacht, und wir werden dann die Kohle in Polen kaufen. Natürlich werden wir in Deutschland uns umweltbewusst verhalten, aber hoffen wir, dass nicht „Arbeitslose“die Ernte sind.
Rainer Prosik, Hattenhofen
Forum vom 11. Januar 2025
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Diese Utopie wird nicht funktionieren
„Friedensfragen“: „Wie kann der Weg zum Frieden aussehen?“, FR-Politik vom 6. Januar
Die angesprochen „Logik des Krieges“ ist, dass eine winzige Minderheit aggressiver Narzisten die riesige Mehrheit friedliebender und kompromissfähiger Weltbürger zur Vorbereitung von Verteidigungsmaßnahmen zwingt. Die im Artikel dargelegte Utopie funktioniert nie, sobald Gruppen von mehr als vielleicht 100 Menschen betrachtet werden.
Michael Schnell, Krefeld
Wir müssen unsere Welt schützen
Am heutigen Erscheinungsfest, vielerorts auch das Fest der Geburt des Friedefürsten, erlebe ich es als stimmige Wohltat, dass Sie auf Seite 7 die Initiative „Sicherheit neu denken“ vorstellen mit ihrem neuen Szenario für Wege aus den Kriegen heraus. Seit gut sieben Jahren unterstütze ich diese Arbeit, die in der Badischen Landeskirche durch viele dortige Gemeinden hindurch begonnen worden ist. Denn ich sehe darin die einzige Hoffnung, wie wir unsere Welt – ja auch die Welt meiner Enkelkinder – vor dem Zum-Untergehen-Gebracht-Werden schützen können. Jetzt gerade die Auszeichnung der japanischen Atom-Kriegs-Opfer-Arbeiten mit dem Friedensnobelpreis 2024 (an Nihon Hidankyo) war ein deutliches Warnsignal, was uns allen droht.
Die Planungen aus den USA zur Stationierung von hochgradig neu entwickelten und durch Radar kaum noch erkennbaren Mittelstreckenwaffen in Deutschland lassen mich erzittern, scheinen sie doch nicht nur der „Abschreckung“ zu dienen, sondern einen Erstschlag denkbar zu machen!
So bitte ich sehr darum, dass wir aufhören, Russland beständig hier als EU-„Bedrohung“ (wie in der FR vom 6.1.) einzuordnen, der nur noch militärisch begegnet werden könnte. Stattdessen bitte ich Sie darum, den Blick zu weiten und endlich wieder zu überlegen, auf welchen Wegen denn neu Vertrauen aufgebaut werden kann. Und nun wirklich auch die vielfältigen Möglichkeiten zivilen Widerstands darzustellen. Davon gibt es nach wie vor auch Initiativen in der Ukraine. Vor allem wird es hierzulande Augen-öffnend wirken, wenn die (endlich auf Deutsch erschienene Übersetzung aus dem Amerikanischen) umfangreiche Studie der beiden Forscherinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan „Warum ziviler Widerstand funktioniert“ (2024, Nomos-Verlag) bekanntgemacht wird. Hierfür sehe ich gerade auch für „meine“ FR eine lohnende Aufgabe!
Gisa Luu, Frankfurt
Wurden Ihre Termine abgeglichen?
Sehr geehrte Damen und Herren, statt mich in längeren Ausführungen zu verlieren, habe ich nur eine Frage an die Vertreterinnen und Vertreter der dialogischen Initiative für Friedens- und Sicherheitspolitik: Haben Sie ihre detaillierte Terminplanung mit dem Kriegsinitiator Putin abgesprochen bzw. mit dessen weiteren Planungen nach 2014 und 2022 abgeglichen?
Dieter Hartwig, Kiel
Ein sinkendes Paddelboot namens FDP
Dreikönigstreffen: „Vorsicht vor Abwegen“, FR-Meinung vom 7. Januar
Nun hat sich der ausgemusterte Ampelminister Christian Lindner (FDP) in seiner unverbrüchlichen Selbstgefälligkeit vollends ins Wolkenkuckucksheim verstiegen. Er propagiert sich weiterhin als Gralshüter der Schwarzen Null in seiner Wunschfantasie eines schwarz-gelben Regimes. Wer – wie von den Profiteuren der Ellenbogengesellschaft lauthals gefordert – die neoliberale „Wirtschaft vor Mensch und Natur“-Wende befeuern will, wählt das Schlachtschiff CDU/CSU von Merz und Söder und ganz sicherlich nicht das sinkende Paddelboot von Lindner und Buschmann.
Joachim Bohndorf, Bensheim
AfD-Politik unter dem Siegel der FDP
Christian Lindner habe ein Selbstbewusstsein? Dazu müsste er Zugang zu seinem Selbst haben, es erkennen können. Dazu finde ich in seinen Reden keine Anhaltspunkte. Eher vermute ich, es handelt sich bei ihm um einen Größenwahn.
Und weiter: Man hole sich gemäßigte WählerInnen (von der AfD) zurück, indem man ihnen ein bisschen entgegenkommt. Ich kann weder sehen, was an diesen WählerInnen gemäßigt sein soll, noch was an diesem Entgegenkommen das Bisschen ausmachen soll. Die FDP wirbt für eine grundgesetzwidrige, unmenschliche, zudem noch bürokratische Politik. Das ist kein Bisschen, sondern diese Partei steuert m.E. schnurstracks in Richtung Rechtsradikalität.
Dass mit der „Überfremdung“ in seiner Rede mag ihm „herausgerutscht“ sein in diesem Sinn, dass er genau das gesagt hat, was er meint: AfD-Politik unter dem Siegel der FDP!
Robert Maxeiner, Frankfurt
Kostenloser Nahverkehr
Kolumne: „Was uns eine alte Steuer lehrt“, FR-Meinung v. 7.1.
Die Idee, kostenlosen Nahverkehr mit 18 Euro Steuern pro Wohnung zu finanzieren, ist nicht abwegig. Sie wäre aber nur in der Stadt sinnvoll. Auf dem Land ist sie jedoch ungerecht, da ein Bus oft nur vier Mal am Tag fährt.
Alle Themen und Kommentare im FR-Blog sind wichtig. Ein Thema aber war wieder einmal nur kurzzeitig auf der Agenda – und kaum ist das neue Jahr in Fahrt, ist die absolut sinnfreie Knallerei, das absolut überflüssige Geldverbrennen, ist die unglaublich leichtfertige Gefährdung von Menschen und Tiere, von Hab und Gut schon wieder aus den Kommentarspalten. Die 2 Mio. Petitionsstimmen sind abgeliefert – sind sie auch schon archiviert? Liebe Leute – wir müssen das Thema auf der Agenda halten. Darum bitte ich die FR-Redaktion.