Als ob es nie wieder einen Abschwung gibt

Mich würde mal interessieren, ob es hier jemanden gibt, der das Wort „Steuersenkungen“ noch hören kann. Seit diese Bundesregierung vor knapp zwei Jahren angetreten ist, palavert sie über Steuersenkungen. Zwischendurch gab es ein paar andere Themen, über die sie sich streiten konnte, aber wenn – außer dem Atomausstieg, der nicht ihre Idee war, und der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat in der Libyen-Frage – irgendetwas von dieser Regierung in den Geschichtsbüchern stehen wird, dann wohl dies: Wir haben vergeblich versucht, Steuern zu senken, aber das haben wir immerhin vorher im kleinen Kreis abgesprochen.

Dass mit dem kleinen Kreis geht so: Kanzlerin Merkel setzt sich mit zwei anderen Parteivorsitzenden namens Seehofer und Rösler hin und brütet in dieser Kungelrunde was aus, was sich mal auf 24 Milliarden (2009), mal auf sieben Milliarden (2011) und mal auf 0,335 Milliarden Euro (2013)  beläuft, und das verkauft sie dann als großen Erfolg der Einigung über alle Parteigrenzen hinweg. Dieser Erfolg aber gefällt einem anderen Kreis nicht, einem wesentlich größeren, der aus Etatisten, Ministerpräsidenten und Oppositionellen besteht. Die stellen sich dann hin und skandieren unschöne Wörter wie das von der Schuldenbremse im Grundgesetz. Manche kommen auch mit Keynes: Saniere dich in guten Zeiten, damit du in schlechten antitzyklisch gegensteuern kannst. Andere argumentieren mit den löchrigen Länderhaushalten. Wieder andere schreien: Wir brauchen das Geld für die Eurokrise! Und noch mal andere: Wir brauchen das Geld für die Energiewende! Und alle sind sich einig: Die Steuern sollen nicht gesenkt werden.

Auch die FR-Leserinnen und -Leser sind sich einig – nämlich über den Zweck, den Merkel mit dieser Politik verfolgt. So meint Roland Klose aus Bad Fredeburg:

„Wilhelm Hauffs ‚Das kalte Herz‘ erzählt die Geschichte von Peter Munk, der vom armen Köhler zum erfolgreichen Geschäftsmann aufsteigen möchte. Dafür verkauft er dem Schatzhauser sein Herz und erhält im Gegenzug ein Steinherz. Doch glücklich wird er damit nicht. Er wird geizig, verhält sich rücksichtslos gegenüber den Armen und scheitert.
Kanzlerin Merkel und ihrem Juniorpartner Rösler geht es im Gegensatz zu Peter Munk nicht nur um Geld und Glück, sondern in erster Linie um den puren Machterhalt im Hinblick auf die Bundestagswahlen 2013. Deshalb sollen jetzt bei einer Rekord-Staatsverschuldung von sage und schreibe fast zwei Billionen Euro weitere zehn Milliarden Euro an Steuergeschenken verteilt werden. Diese Steuerreform entlastet aber die Wohlhabenden in unserem Lande weitaus stärker als die Bezieher von kleineren und mittleren Einkommen. Das ist wieder einmal Ausdruck der „merkelschen Ferkel-Politik“: Den Reichen geben und von den Armen nehmen. Merkels Herz schlägt dabei nicht erst seit der Finanzkrise für die Banken, Unternehmer, Millionäre, Kriegsgewinnler.
Den sogenannten Armen in unserer Gesellschaft zeigt sie dagegen nur ihr „kaltes Herz“. Hartz IV-Empfänger und -Aufstocker, Alleinerziehende, Bezieher von Dumpinglöhnen und Minirenten werden an die Tafel verwiesen, wo sie sich kostenlos mit abgelaufenen Lebensmitteln und den Brotkrumen unseres ach so reichen Landes versorgen können. Schlechter hätte es Peter Munk mit seinem Steinherz auch nicht machen können. Dabei sind Merkel und Rösler längst ein Fall für den Schuldnerberater Peter Zwegat. Denn wer auf Dauer mehr Geld ausgibt als einnimmt und trotzdem noch die Steuern senken will, der muss dringend unter Vormundschaft gestellt werden, damit er Deutschland nicht vollständig gegen die Wand fahren kann.“

Ulrich Finckh aus Bremen:

„Jetzt ist die Bundesregierung zur Mischung von Lügen, Verantwortungslosigkeit und Klientelpolitik geworden. Lügen, weil von Erleichterungen für untere und mittlere Einkommen gesprochen wird. Aber jede Erleichterung da bedeutet größere Steuererleichterungen bei großen Einkommen. Das passt zur FDP-Politik für die „Besserverdienenden“. Verantwortungslos, weil jetzt schon die Zinsen und Rückzahlungen der Riesenschulden die Haushalte einschnüren und dafür sorgen, dass die notwendigen Mittel für die Betreuung von Alten und Kindern, für Schulen und Hochschulen und viele andere Infrastrukturaufgaben fehlen. Gleichzeitig sind die neuen Schulden für schwächelnde Länder auf jeden Fall höher als die so wortreich beschriebenen Steuermehreinnahmen. Sich da mit Steuererleichterungen den nächsten Wahlsieg erkaufen zu wollen, kann nicht funktionieren. So dumm sind wir nicht. Wenn man von der hohen Staatsverschuldung herunter will, muss man günstige Einnahmen nutzen und nicht verschenken.“

Peter Krapf aus Ulm:

„Jetzt soll’s also eine Steuersenkung geben, weil die Konjunktur gerade so gut läuft – als ob es nie wieder einen Abschwung geben wird. Frau Merkel und Herr Rösler handeln wie jemand, der seine Winterkleidung wegwirft, weil gerade Sommer ist, und sich ein paar Monate später wundert, wenn’s wieder schneit. Dabei müssten beide nur in den aktuellen Monatsbericht aus Röslers Wirtschaftsministerium reinschauen. Dort heißt es, dass der Aufschwung schon jetzt nachlässt, es also schon herbstelt. Eigentlich dumm, oder? Merkels Logik besteht vermutlich darin, dass Mama dem Klein-Philip jetzt auch mal ein Zuckerle spendieren will (auf Steuerzahlers Kosten), damit Klein-Philip und seine FDP bis 2013 so groß und stark werden, dass es nach der Bundestagswahl für Schwarz-Gelb noch einmal zum Weiterwursteln reicht.“

Henning Gabel aus Frankfurt:

„Die FDP fordert mal wieder Steuer“entlastungen“ (als wenn ihre Klientel ständig unter Steuern ächzen würde). Wenn die FDP aber nicht an ihre Klientel liefert, dieser also keine klaren finanziellen Gewinne beschert, wird diese sie nicht mehr wählen. Denn die Klientel der FDP rechnet mit sehr spitzem Bleistift – im Gegensatz zu den Wählern der großen Parteien, die auch mal Fünfe gerade sein lassen, wenn ihre Partei nicht „liefert“. Und deshalb „liefert“ die FDP seit Jahrzehnten, indem sie vom jeweiligen großen Koalitionspartner nach dem Prinzip der Salamitaktik von der Öffentlichkeit möglichst unbemerkte bzw. scheinbar unproblematische Zugeständnisse erreicht. Das waren jahrelang immer neue Abschreibungsmöglichkeiten für ihre Klientel, welche dafür sorgten, dass sich hinter der Nebelbank der nominalen Steuersätze ein konkurrenzloser und wegen des Steuergeheimnisses leider nicht für Aussenstehende nachvollziehbarer realer Steuersatz verbarg und verbirgt.
Dafür nahmen die FDP und die, welchen die FDP die Bundestagsmehrheit verschaffte, in Kauf, dass das deutsche Steuergesetzbuch das dickste und unübersichtlichste auf der ganzen Welt geworden ist.
Nachdem sich dieser Weg erschöpft hatte, müssen es seit einiger Zeit Senkungen von nominalen Steuersätzen sein. Zunächst wurden diese damit begründet, dass sie sich rechnen, weil dadurch ja die Wirtschaft wächst. Nachdem massive Steuersenkungen das kaum oder garnicht geleistet haben, musste ein neues Argument her. Man ist sich deshalb nicht zu fein dazu, trotz einer (s.o. durch die FDP-Politik beförderten) riesigen Staatsverschuldung und trotz in der Verfassung verankerter Schuldenbremse das in letzter Zeit wieder gewachsene Steueraufkommen des Staates als scheinbares Argument zu nutzen: Die so entstandenen Mehreinnahmen sollten doch eigentlich per „Entlastung“ an die Bürger zurückgeben werden – oder ? Und diese glauben das auch noch. Dabei kommen in einem gut geführten Staate die Staatsausgaben letztlich den Bürgern immer zugute – sei es durch Dienstleistungen, Infrastruktur, Sicherheit usw.
Was die FDP dabei auch noch verschweigt, ist, dass das Steueraufkommen von Konjunkturzyklen abhängig ist (also über die Jahre auf und ab geht) und das , was jetzt an Steuern mehr herein kommt, sehr bald durch das dann absinkende Steueraufkommen wieder aufgezehrt wird. Es ist also auf mittlere Sicht fast nie ein Steuerplus für den Staat vorhanden. Deshalb muss dieser für seine Ausgaben das durchschnittliche Steueraufkommen ansetzen. Wenn er trotzdem die steuerlichen Mehreinnahmen zum Zeitpunkt A verschenkt, dann muss er zum nicht fernen Zeitpunkt B entweder seine Verschuldung erhöhen oder Leistungen an seine Bürger kürzen. Wohin diese Leistungskürzungen führen, sieht man z.B. daran, dass an Personal gespart wird (Schulen, Finanzämter, Lebensmittelkontrollen, …) oder an der Instanthaltung öffentlicher Einrichtungen (Gebäude, Strassen, …), oder daran, dass Staatseigentum privatisiert werden muss (und dadurch fast immer die Qualität der privatisierten Dienstleistung leidet). Bei Steuergeschenken an die FDP-Klientel haben die Bürger also letztlich das Nachsehen.
Das ist aber noch nicht alles, denn Abschreibungsmöglichkeiten und nominale Steuersenkungen sind fast immer dauerhaft, weil später keiner wagt, sie zurückzunehmen. Deshalb wirken sie auch in den Jahren, in denen das rückläufige Steueraufkommen des Staates für seine Aufgaben nicht mehr ausreicht, und das führt zu weiteren Staatsschulden oder Leistungskürzungen.“

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13 Kommentare zu “Als ob es nie wieder einen Abschwung gibt

  1. Hätte man konsequent in Aufschwungphasen Staatsschulen abgebaut, hätten wir das aktuelle Problem von bald 2 Billionen (Bund, Länder und Kommunen) Schulden gar nicht. Grundsätzlich ist aber eine Reform des Steuersystems überfällig. Wie erklärt man bitte dem Durchschnittsverdiener, dass ein zusätzlicher Euro nicht nur mit 35% (oder mehr) Steuern belastet wird, sondern zusätzlich noch 9,95% RV, 1,5% AV sowie 8,2% GKV, also insgesamt bis zu 60% belastet wird, während Topverdiener mit 45% davon kommen?

    Eine Rechtsverschiebung der Progressionskurve bei gleichzeitiger Glättung und deutlicher Anhebung des Spitzensteuersatzes wäre schon sehr hilfreich und – bei entsprechender Ausgestaltung – aufkommensneutral. Zudem könnte endlich die Erbschaftssteuer auf ein Niveau anhoben werden, dass ihrem Namen gerecht wird und die Leistungsfähigkeit von Steuerzahlern bei leistungslosem Mittelzufluss angemessen berücksichtigt.

    Steuersenkungen „auf Pump“ sind in Aufschwungsphasen schlicht Unsinn. Aber angesichts des sich langsam abzeichnenden Wahlkampfs wird diese „FDP-Rettungsaktion“ kommen, so sicher, wie das Amen in der Kirche. Alle vier Jahre wieder…

  2. In meinem provinziellen Kopf geistert noch immer die Vorstellung, daß, wenn einer Schulden macht, es ja auch einen Verleiher geben muß, also das geliehene und geschuldete Geld irgendwo vorhanden sein mußte.

    Dazu kommt die Überlegung, daß ein Schuldner dem Verleiher Sicherheiten bieten muß, damit im Falle der Zahlungunfähigkeit der Gegenwert des Geliehenen dem Verleiher übereignet wird, dieser also nicht auf das Geliehene, sondern nur auf die Zinsen verzichten muß.

    Bei Staatsverschuldung kommt dabei als Sicherheit nur der materielle Wert des Staates, also seiner Ressourcen, und die Produktivität seiner Bewohner in Frage. Im Falle eines Staatsbankrott also nur der Zeitwert des Staatsgebildes, die Zinsverpflichtungen verfallen, da sie das (bewußt eingegangene) Risiko des Verleihers darstellen.

    De facto übersteigen Schuldenlast und Zinslast längst die Möglichkeit der Rückzahlbarkeit, weshalb sich das Problem in zwei Teile spaltet:
    a. Die Zinszahlungen können verweigert werden (Staatsbankrott), dies betrifft lediglich das bewußte Risiko des Verleihers und dieser verliert dabei nichts, sondern er muß nur auf den (zusätzlichen) Zinsprofit verzichten.
    b. Der geliehene Wert wird durch Ressourcen und Produktivität zurückgezahlt (Sicherheiten), die Bundesrepublik wird also dem Verleiher übereignet und alle Bewohner arbeiten für dessen Wohlergehen.

    De facto gehören also das Land und dessen Bewohner dem Verleiher und die Verantwortung für dessen Funktionsfähigkeit auch, sowohl im Sinne der Zinszahlung, als auch im Sinne der Sicherheiten.

    Geben wir doch einfach denen, die uns besitzen, die Pflicht, uns zu regieren…oder, geben wir Ihnen die Möglichkeit, sich bescheiden aus der Affaire zu ziehen!

    Eigentum verpflichtet.

  3. Man müsse doch ein Herz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, rechtfertigte CDU-Kauder, mit gespielter Treuherzigkeit, die Rösler-Merkelschen Steuerpläne am 8.7. im ARD-Morgenmagazin. Wer dem Herrn Kauder besonders am Herzen liegt, offenbart die Aufschlüsselung der Entlastungspläne (FR, 24.6., S.4): 5 € für ein Jahreseinkommen von 10000 €, 320 € (also das 64fache!) bei einem Jahresverdienst von über 50000 €: Steuer„entlastung“ als Mittel der Umverteilung von unten nach oben! – „Neusprech“ nannte Orwell solche Form der Manipulation durch Wortverdrehung in seinem Roman „1984“ gegen totalitäre Herrschaftsformen.
    Und dass von geplanter „Haushaltssanierung“ in Zeiten guter Wirtschaftsentwicklung keine Rede sein kann, belegt die von Schäuble veranschlagte NEUverschuldung des Bundes von „nur“ 27,2 Milliarden € für 2012.
    Wer also wird für das Schmiergeld für FDP-Klientel aufzukommen haben? – Natürlich die nachfolgende Generation.
    Merkwürdig nur, dass beim Gedanken an Entlastung für unsere Kinder Herrn Kauders ach so heißes Arbeitnehmerherz ganz kalt zu werden scheint.

  4. Auf Druck der FDP will die Bundesregierung von Angela Merkel trotz Rekord-Staatsverschuldung ab dem 01.01.2013 nun doch die Steuern und Sozialabgaben senken, damit vor allem die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlastet werden. Gleichzeitig bastelt jedoch der selbsternannte „Steuerreformator“ Paul Kirchhof an einem vereinfachten Steuersystem, wonach jeder Einkommensbezieher pauschal 25% Einkommensteuer bezahlen soll – ganz egal, ob es sich dabei um ein niedriges oder hohes Einkommen handelt. Im Klartext heißt das: Geringverdiener zahlen statt bisher 14% Eingangssteuersatz dann 25% Einkommensteuer und Spitzenverdiener statt bisher 45% nur noch 25% Einkommensteuer. Wie passt das zusammen? Ist das denn überhaupt sozial gerecht, wenn die schwachen Schultern prozentual genauso viel Steuer zahlen müssen wie die Reichen in Deutschland? Irgendwie habe ich bei dieser schwarz-gelben Koalition mittlerweile den Eindruck, dass die Rechte nicht weiß, was die Linke tut. Wenn Paul Kirchhofs Steuermodell kommt, dann sind doch wieder einmal die kleinen und ehrlichen Leute die Dummen. Und die Steuerreform zum 01.01.2013 wäre damit ein weiterer Treppenwitz und Schildbürgerstreich in der deutschen Steuergeschichte.

  5. Den Optimismus das die Schulden erst die nächste Generation einholen kann ich nicht mehr teilen. Deshalb sind Steuersenkungen derzeit absolut fehl am Platz. Mann sollte eher über eine Erhöhung von Erbschaft oder Vermögenssteuern nachdenken

  6. Den derzeitigen Zustand des schwarz-gelben Deutschlands als Bananenrepublik zu bezeichnen, ist eine Beleidigung der Bananenrepubliken.

  7. @Hans, #5
    Natürlich stimme ich Ihrer Einschätzung zu. Ich meine ja auch nicht, dass es NUR die künftige Generation betrifft. Man kann aber auch an solchen scheinbaren „Peanuts“ zeigen, wie gebrochen das Verhältnis zu jeglicher Zukunftsperspektive bei dieser Regierung ist, für welche die Bezeichnung „Kirchturmpolitik“ schon fast beschönigend ist.
    Freundl.Grüße
    W.Engelmann

  8. Das Märchen „Schuldenbremse“

    Geldvermögen = Kredite + M1 – (über Fristentransformation verliehener Anteil von M1)

    Die Summe der Geldvermögen ist immer um die Liquiditätsreserve größer als die Summe der Kredite. Die Liquidität M1 ist die Bargeldmenge plus Guthaben auf Girokonten, von denen die Geschäftsbanken nur etwa ein Zehntel durch Fristentransformation längerfristig verleihen dürfen, weil die Guthaben jederzeit abgehoben (in Bargeld getauscht) oder auf andere Konten überwiesen werden können. Die Guthabenzinsen landen vor allem bei Großsparern und nicht bei den Banken, die deren Geldersparnisse nur weiterverleihen und ihre sämtlichen Kosten sowie die Risikoprämie von einer Bankmarge bezahlen, die nur etwa ein Fünftel aller Kreditzinsen ausmacht, die von verschuldeten Unternehmern aufgebracht werden. Diese legen ihre Finanzierungskosten auf die Produktpreise um, die darum heute zu etwa 35 Prozent nur aus Zinsen bestehen. Die Wohnungsmieten bestehen sogar zu etwa 75 Prozent nur aus Zinsen, und alle Steuern und Sozialabgaben enthalten mittlerweile etwa 25 Prozent Zinsanteil.

    Die Geldvermögen der Großsparer wachsen durch Zinseszins exponentiell und erzwingen auf der Kreditseite eine (fast) spiegelbildliche Verschuldung von Mittelstand und Staat. Kann die mittelständische Privatwirtschaft keine weiteren Schulden mehr aufnehmen, muss sich der Staat weiter verschulden, um den Geldkreislauf aufrecht zu erhalten. Es gibt also in einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) keine Möglichkeit, die Verschuldung jemals abzubauen – es sei denn, durch einen Krieg! Dazu ein Zitat aus der Zeitschrift des Sparkassenverbandes von 1891:

    „Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin gefunden, daß die besonders rentablen Kapitalanlagen großen Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben. …Nur ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure Kapitalzerstörung, welche er bedeutet.“

    Wird über einige Jahrzehnte an der Vermehrung von Sachkapitalien (Häuser, Fabriken, etc.) gearbeitet, sinkt aufgrund marktwirtschaftlicher Konkurrenz der Kapitalmarktzins, was an sich positiv ist, weil dadurch der Arbeitslöhne steigen. Weil aber ein fehlerhaftes Geld mit Wertaufbewahrungsfunktion (Zinsgeld) nur gegen eine Liquiditätsverzichtsprämie (Urzins) verliehen und somit in Sachkapital investiert werden kann, wird nicht mehr investiert, wenn der Zinsfuß auf die Liquiditätspräferenzgrenze von etwa 3 Prozent absinkt (der Anstieg des Zinsfußes etwa in Griechenland resultiert allein aus einen Anstieg der Risikoprämie). Dann kommt es zu der von J. M. Keynes beschriebenen Liquiditätsfalle – und am Ende zur globalen Liquiditätsfalle! Die Heilige Schrift bezeichnet dieses Ereignis als „Armageddon“:

    http://www.deweles.de/willkommen/cancel-program-genesis.html

  9. Was mich wirklich wundert ,ist die strategische Unfähigkeit hinter der Steuersenkung.
    Es ist nätürlich eine wahltaktische Maßnahme , erreicht aber genu das Gegenteil.

    Eine Senkung müßte deutlich spürbar sein , ansonsten sollte die FDP lieber zugeben , daß sie in diesem Punkt eben nichts erreicht hat.
    So aber wirkt es eher wie eine weitere Bauchlandung der FDP.

  10. zu @8 Stefan Wehmeier
    und warum kann man nicht mit einer Besteuerrung des Vermögens in nennenswerten Mase diese Entwicklung stoppen. Am sympatischsten wäre mir da eine deutlich höhere Erbschaftssteuer um die Schulden abzubauen die der Staat hat. Aber Vermögens oder Finanztransaktionssteuer könnten dazu auch beitragen. Wenn man das nicht tut was leider wahrscheinlich ist werden sie recht haben mit der Einschätzung zu was das führt

  11. „… und warum kann man nicht mit einer Besteuerrung des Vermögens in nennenswerten Mase diese Entwicklung stoppen. ….“

    Geld- sowie Sachvermögens – Einkommen können grundsätzlich nicht wirksam besteuert werden, da der potentielle Geldanlager bzw. Investor die freie Wahl hat, das Anlegen bzw. Investiren auch zu unterlassen!

    Auch bei Selbstständigen werden in Wirklichkeit auch immer nur die leistungsbezogenen Anteile ihres Einkommens wirkungsvoll (also tatsächlich) besteuert!

    Mit freundlichem Gruß

    Bernd van Straelen

  12. zu @ 11 van Straelen
    deshalb habe ich als erstes die Erbschaftssteuer genannt. Das Sterben kann man nicht unterlassen und dem Zahlen kann man besonders bei Sachwerten auch bestenfalls teilweise ausweichen.
    Was mir auch noch zB einfällt ist die steuerfreie Wertschöpfung bei der Verabschiedung von Bebauungsplänen. Allso es sind schon Möglichkeiten denkbar den Berg von Vermögen in privater Hand
    bei gleichzeitigem Staatsbankrott gegen zu steuern

  13. Danke Hans, ich bin mit meiner Meinung nicht allein auf dieser Welt. Man muss sich beim Thema Erbschaftssteuer (leider derzeit eine Landessteuer) vor Augen führen, dass diese trotz ca. 4,5 Billionen (!) Euro Geldvermögen des deutschen Privatvolkes nur ca. 4,5 Mrd. Euro an Erbschaftssteuer in die Staatskasse fließen lassen, etwa ein Drittel des Tabaksteueraufkommens. Erbschaften sind leistungsloses Einkommen (die Leistung dafür haben andere erbracht, nicht die Erben). Leistungsfähiger als im Falle des Zuflusses eines Erbes kann ein Steuerzahler kaum sein. Hier ist in der Tat der Hebel anzusetzen. Aber ganz sicher nicht mit der FDP.

    Die Idee, Wertzuwächse bei Veränderung von Bebauungsplänen zumindest teilweise abzuschöpfen, gefällt mir auch.

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