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Leserforum 2 20190916Forum vom 12. November 2024

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Digitalisierung bedeutet auch Konsumzwang

Gastwirtschaft: „Wider Digitalzwang“, FR-Wirtschaft vom 2.11., und „Menschen mitnehmen“, FR-Meinung vom 22.10.

Dem Kommentar von Wolfgang Kessler zum Digitalisierungszwang kann man nur zustimmen. Es braucht weiterhin die analoge Option. Hinter der Digitalisierung steckt ja mehr als der Zwang, sich die Fähigkeit zur Nutzung all der Tools anzueignen. Digitalisierung ist auch mit einem enormen Konsumzwang verbunden, sich all die Endgeräte anzuschaffen und immer wieder zu erneuern. Plus all den Gebühren für Datenverbindungen und Anschlüsse. Das überfordert viele finanziell, und vor allem schränkt es die Freiheit empfindlich ein.
Zu diesem Thema passt auch die Meldung über den gigantischen Stromverbrauch der Digitalisierung, die damit auch zu einem gewaltigen Klima- und Umweltbelastungsfaktor wird.

Matthias Schulze-Böing, Offenbach

Überfordert, technikavers und ängstlich

Wie viele Medien hat auch die FR in zahlreichen Artikeln, Interviews und Kommentaren den Scheinwerfer auf die datenschutz- und bürgerrechtlichen Risiken und Gefahren des Missbrauchs im Bereich der allumfassenden Digitalisierung gerichtet. Wenn allerdings die Scheinwerfer wieder abgebaut sind, sollten die Alltagslämpchen und -leuchten trotzdem noch brennen. Was stattdessen häufig geschieht, lässt sich im Kommentar „Menschen mitnehmen“ betrachten. Da scheint mir dieser häufig festzustellende, bedenkenswerte Umstand beispielhaft aufzuscheinen: die notorisch auftretende Figur des digital ahnungslosen, ängstlichen Zeitgenossen. Obwohl Steffen Herrmann seinen Kommentar mit der Verleihung des „Big Brother Award“ an die Deutsche Bahn einleitet – eine „Auszeichnung“, die aufgrund oben genannten Missbrauchs verliehen wird –, beendet er selbigen mit dem Aufruf, die „vielen Menschen nicht zu vergessen, denen der Umgang mit digitalen Tools schwerfällt“, und deren „Ängste ernst zu nehmen“.
Obgleich jedem Medienschaffenden seit zwanzig Jahren der Satz von „den Daten als Erdöl des 21. Jahrhunderts“ leicht von der Hand geht, taucht er zuverlässig immer wieder auf: der überforderte, technikaverse Angsthase.

Jochen Klumpp, Heidelberg

Strahlende Zukunft

„Neue Energie-Agenda“: „Die nukleare Union“, FR-Klima vom 31. Oktober

Wenn die CDU/CSU-Agitatoren „Wirtschaft und Klima zusammen denken“, weiß man von vornherein, wer den Kürzeren zieht: das Klima. Schließlich hat für die Christparteien die Befriedigung der Profiterwartungen der deutschen Kapitalistenklasse grundsätzlich oberste Priorität.
Ausgerechnet „mit Marktwirtschaft zum Klimaziel kommen“ zu wollen, heißt zudem, den Bock zum Gärtner zu machen. Just die vergötterte Marktwirtschaft mit dem zügellosen Raubbau an der Natur und der hemmungslosen Ressourcenverschwendung durch ständiges Wirtschaftswachstum hat in das globale Klimaelend geführt.
Völlig abgefahren ist das Hirngespinst einer Reanimation der Atomkraft. Nicht wissen, wohin mit dem massenmordtauglichen Kernenergiemüll des abgelaufenen Atomzeitalters, und nun auch noch zusätzlich neuen anhäufen. Fazit der schwarzen „Neuen Energie-Agenda für Deutschland“: mit Merz und Söder in eine strahlende Zukunft!

Joachim Bohndorf, Bensheim

Es gibt vieles zu erneuern

Gastbeitrag: „Reformiert das Auswärtige Amt“, FR-Meinung v. 28.10.

Das Ministerium muss modernisiert werden: Das würde die Außenpolitik verbessern. Beim Lesen des Beitrags (von Sarah Brockmeier-Large, Anm. d. Red.) musste ich schmunzeln. Warum? Weil in Deutschland so vieles zur Modernisierung ansteht, zum Beispiel auch unser Bildungssystem, das nur unwesentlich jünger als das Auswärtige Amt ist.
Wir haben in Europa so viele nette Nachbarn, mit denen man sich wahrscheinlich erfolgreich über Verbesserungen bzw. Modernisierung zu Schule, Personalmanagement, Mobilität, Radwege und so weiter austauschen könnte.
Meine Nachbarin freut sich immer, wenn ich sie um ein Rezept zur Verbesserung meines Speiseplans bitte; ein solcher Austausch wäre auf europäischer Ebene auch eine bereichernde Verbesserung, oder? Spannend wäre zum Beispiel Finnland, wo das zehnjährige Bildungsangebot mittlerweile fächerübergreifend gestaltet wird. Viele Schulen haben für diese Art zu arbeiten bereits den deutschen Schulpreis erhalten. Kinder lernen an diesen Schulen mit Freude und Erfolg.
Aber nein – Modernisierung wäre sowohl für das Auswärtige Amt als auch für die Bildung eine zu große Herausforderung, auch wenn’s für alle Kinder eine Verbesserung wäre.

Birgid Oertel, Hattersheim

Leserforum 2 20190916Forum vom 13. November 2024

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Vage Erinnerung an eine verblassende Jugend

Trump: „Der Systemsprenger“, FR-Meinung vom 9. November

Das Staatsgebiet der USA war zu keiner Zeit größer, als es heute in seinen Grenzen besteht. Der Slogan der bei den Präsidentschaftswahlen siegreichen Republikaner „Make America great again“ kann sich folglich allein in zeitlicher Dimension auf eine völlig unbestimmte und nie klar benannte zurückliegende Phase der Geschichte beziehen. In einem kenntnisreichen Rückblick auf diese kaum mehr als 100 jährige Geschichte der US Nation als weltbedeutende Macht, lässt sich allerdings nur ein Moment wirklicher Größe bestimmen, als nämlich US Truppen maßgeblich an der Befreiung Europas von der Naziherrschaft und ihrem brutalen Diktator beteiligt waren. Drei Monate danach warf die Zündung der ersten und einzigen Atombombe der Menschheitsgeschichte schon einen ewigen Schatten auf diese Nation. In der folgenden Zeit gab es dann kein Jahrzehnt in dem das US Militär nicht in einen kriegerischen Weltkonflikt eingebunden und die Geheimdienste nicht in politische Unruhen in anderen Ländern unrechtmäßig verwickelt gewesen wären. So wirkt die regressive Fixierung auf einen zurückliegenden Moment wieder zu gewinnender Größe wie das naive Gefühl einer vagen Erinnerung an die besseren Zeiten einer verblassenden Jugend, mit der einhergehenden Verleugnung aller problematischen toxischen Anteile der Lebensgeschichte. Ein pathologischer Narzisst in seinem fortschreitenden Senium wird im fiktiven Bezug auf eine nicht existente Vergangenheit sicher keinen tragfähigen konstruktiven Zukunftsentwurf generieren, sondern die Vision des Deal Makers in Dürre, Sturm und Überschwemmung untergehen.
Die Gefahr von vier neuen Regierungsjahren des alten und künftigen Präsidenten liegt aber in der vorsätzlichen Destruktion der Strukturen, die für eine Arbeit an der Gestaltung der Zukunft der realen Welt tatsächlich nötig sind. Bis sich die Entwicklung wieder in eine gesunde und mutige, vorwärtsgewandte und zukunftsweisende Richtung wenden kann, droht mehr Zeit zu vergehen, als wir als Menschheit vielleicht noch zu Verfügung haben. Ob Europa zur rechten Zeit die Kraft findet, das große Amerika von dem Versagen eines künftigen Diktators zu befreien, kann heute noch niemand wissen.

Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg

Ein Verlust für die ganze Welt

Ich habe mir die Abschiedsrede von Kamala Harris auch angehört und war noch mehr traurig, dass sie nicht gewählt wurde. Ein Verlust für die Welt.

Sieglinde Kaßbaum Wuppertal

Die Macht der Konzerne

Zu: „KI auf der Weide“, FR-Wirtschaft vom 23. Oktober

Was Joachim Wille beschreibt, entspricht der umfassenden Entwicklung in der Digitalität: Alle Lebensbereiche werden durch digitale Entwicklungen neu strukturiert, selbst die so angeblich naturverbundene Landwirtschaft. Jenseits des Buzzwordings und des nebulösen Begriffs „KI“ finden sich Anwendungen, die auf der Grundlage neuronaler Netze neu Anwendungsbereiche erschließen, die auch zum Vorteil von Menschen und Natur genutzt werden können.
Was in diesem Artikel noch fehlt, sind Hinweise darauf, in welchem Zusammenhang diese KI-Modelle entwickelt und monetarisiert werden. Spannend wäre gewesen, darzustellen, „Ob und wie stark auch die kleinen und mittleren Betriebe davon profitieren“. Problematisch ist, wenn die Modelle unter der Herrschaft von Agrarkonzernen bleiben und damit deren Macht noch weiter ausgebaut wird. Hier wäre die Offenlegung des Codes und der verwendeten Daten eine Voraussetzung dafür, dass nicht nur die sehr großen bäuerlichen Betriebe profitieren, sondern auch kleine Betriebe.
Besonderes fatal ist, wenn solche digitalen Anwendungen mit staatlichen Mitteln gefördert und dann privat monetarisiert werden. Daher sollte gelten: „public money – public code“.

Axel Stolzenwaldt, Königstein

Auf die Beine zielen

Zu: „Polizei erschießt Mann in Nürnberg“, FR-Panorama vom 4.11.

Kann man einen Todesschuss nicht vermeiden? Schon vor Jahren konnte ich nicht verstehen, warum eine Person vor einer Bäckerei in Fulda durch mehrere Schüsse von Polizisten zu Tode kam. Und nun traf es einen einundfünfzigjährigen Mann aus Nürnberg. In beiden Fällen ging es darum, einen Angreifer außer Gefecht zu setzen. Warum ist es nicht gelungen, auf die Beine zu zielen? Werden solche Szenarien nicht in der Polizistenausbildung geübt?

Sabine Groß, Meinhard

Leserforum 2 20190916Forum vom 14. November 2024

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Trump ist vom Volk ermächtigt worden

US-Präsidentschaftswahl: „Der Systemsprenger“, FR-Meinung vom 9. November

Man darf zu Recht behaupten, dass es sich bei dieser regelrechten neuen Machtübernahme Donald Trumps als Präsident sowie die Erringung von Mehrheiten der Republikaner im Kongress, im Senat und der schon länger bestehenden Mehrheit im Supreme Court um eine Einreihung in die Gruppe der Autokratien der Welt handelt. Trump hat sich vom Volk in freien und unabhängigen Wahlen mit einem regelrechten Ermächtigungsgesetz ausstatten lassen, was zur Folge hat, dass er nun in fast allen Institutionen und Gremien der Gewaltenteilung durchregieren kann. Diese Machtfülle, die Trump nun erhält, hat er sich also nicht durch Gewalt oder durch einen Putsch angeeignet, sondern er herrscht ganz allein von Volkes Gnaden. Unverständlich bleibt sicherlich, wie Farbige nach einigen sehr verletzenden Äußerungen Trump wählten und dass Frauen sich in ein nicht nur konservatives, sondern reaktionäres und mehr als rückwärtsgewandtes Familienbild einpassen lassen. Des weiteren bedeutet dieser Wahlsieg auch die Bestätigung des sozialreaktionären Status quo der brutalen amerikanischen Ellenbogenpolitik. Man darf mit Verlaub feststellen, dass die vorangegangenen Wahlveranstaltungen mit sektenartigem Charakter schon an inszenierte Ovationsbekundungen mit Ein-Personen-Verehrung in der Vergangenheit, aber auch aus der Gegenwart erinnern Es ist nun zu erwarten, dass Trump keine Politik im Namen der Republikaner, keine Politik im Namen des Volkes praktizieren wird, sondern dass er seinen eigenen Privatstaat inszeniert, so wie es derzeitig auch in einigen Autokratien und Diktaturen zu beobachten ist, wo sich Regierungen teilweise als Familienunternehmen herauskristallisieren. Diese erneute Präsidentschaft Trumps mit der Festigung durch die Institutionen der Gewaltenteilung – Kongress, Senat und Supreme Court – bedeutet nicht nur eine Fortsetzung der alten Trump-Regierung, sondern es ist zu befürchten, dass Trump einen regelrechten Rachefeldzug gegen seine demokratischen Gegner eröffnet und dass er sich auch an diejenigen erinnert, die damals seinen Putsch nach seiner Wahlniederlage ahndeten.
Auch sei darauf hingewiesen und gewarnt, dass Trump mit seiner Gier nach Rache und nach Macht nun auch Oberbefehlshaber seiner Armee ist. Diesbezüglich besteht auch landesintern eine neue erhebliche Gefahr für seine politischen Gegner im Landesinneren. Nicht nur, dass es sich bei Trump um einen vorbestraften Straftäter handelt, nun hat er auch angekündigt, Straftäter, welche regelrecht zum Umsturz aufgerufen haben, zu begnadigen. Der Anlass dieser Polarisierung durch Trump sollte Europa, der EU und auch der VR China den Anlass geben, aufzuzeigen, welche Macht sie selber strategisch, aber auch marktpolitisch besitzen. Sollte Donald Trump seine Androhung wahrmachen, eine erhebliche Erhöhung der Einfuhrzölle verordnen und damit einen Handelskrieg inszenieren, sollte die EU – als durchaus gleichberechtigte Handelsmacht – diesen Federhandschuh aufnehmen und erhobenen Hauptes und mit Selbstbewusstsein diese Konfrontation reflektieren. Es ist auch bei Trump nicht notwendig, vor Amerika in „Sack und Asche“ zu gehen. Amerika und auch Trump hat nicht das Recht, sich über den Rest der Welt so zu erhöhen. Die EU und auch vor allem die VR China sind gleichberechtigte und meßbar gleichstarke Handelspartner, auf welche die USA als Exportmacht angewiesen sind.

Georg Dovermann, Bonn

Die Wut ist verständlich

Flutkatastrophe: „130 000 protestieren in Valencia“, FR-Panorama vom 11.11.

Ob vielen Spaniern Spanien als gescheiterter Staat erscheint, wie Martin Dahms andeutet, vermag ich nicht zu beurteilen; für die über 100 000 Demonstranten in Valencia ist jedoch der Schuldige für das miserable Krisenmanagement nach der Flutkatastrophe klar: der Chef der Regionalregierung von der rechtskonservativen Partido Popular (PP), dessen Rücktritt sie meines Erachtens zu recht fordern.
So bildete die PP nach den letzten Wahlen mit der faschistischen Partei Vox die Regierung in der Region Valencia. Eine ihrer ersten Entscheidungen war es, die Instanz zur Vorsorge und Koordination der Maßnahmen bei derartigen Naturkatastrophen abzuschaffen. Für die Vox als Partei der Leugner eines Klimawandels waren diese Gelder „rausgeworfen“. Sie wurden dann zum Teil zur Förderung des Stierkampfes verwendet.
Obwohl die staatliche Wetteragentur AEMET bereits am frühen Morgen wegen eines heranziehenden Unwetters Alarm der Warnstufe Rot gegeben hatte, wurde von der Regionalregierung erst nach 20 Uhr das SMS-Warnsystem aktiviert, als die Flutwelle bereits da war. Auch bei der Anforderung nichtregionaler Hilfen versagte diese rechte Regionalregierung. So wurde viel zu spät militärisches Personal von der spanischen Regierung angefordert, ebenso wurden ausländische Angebote der Katastrophenhilfe oder forensisches Personal nicht abgerufen.
Die Bezeichnung des Regionalpräsidenten als „Mörder“ durch die Demonstranten ist juristisch sicher unsinnig, die deutlich gewordene Inkompetenz der rechten Regionalregierung in Valencia, teils ideologisch bedingt, macht die Wut der Demonstranten aber verständlich.

Johannes Rösner, Ulm

Von Hitler gelernt

Zu: „Abschrecken ist günstiger“, FR-Meinung vom 31. Oktober

Mit seiner Kolumne hat Paul Mason endlich und sehr nachdrücklich das Gleichgewicht zwischen den allzu vielen Ablehnungen der Friedenspreisrede von Anne Applebaum und bisher fehlenden Zustimmungen hergestellt. Es ist mir völlig unerklärlich, wie Leser Hülsbusch nach Aufzählung absolut richtiger Applebaum-Aussagen („klare Haltung“!) zu seinem Fazit „Schade um diesen Friedenspreis“ kommen konnte. Vielleicht verhilft ihm die Mason-Kolumne zu besserer Einsicht. Und sei es nur wegen der dort dargestellten Analogien zwischen 1938 und 2014 ff. Natürlich wiederholt sich Geschichte nicht én detail, aber man könnte meinen, Putin hat von Hitler gelernt.

Dieter Hartwig, Kiel

Leserforum 2 20190916Forum vom 15. November 2024

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Die militärische Logik dominiert weiterhin

EU-Verteidigungskommissar Kubilius: „Aufrüsten für den Frieden“, FR-Politik vom 9. November

Noch ist es „nur“ ein Zweistufenplan, zu dem der „Experte“ der europäischen Christdemokraten Michael Gahler rät. Seine Empfehlung an die Bundesregierung: Abzug der nordkoreanischen Soldaten aus dem russischen Frontgebiet. Wenn kein Abzug erfolgt, erst Beschränkung zum Einsatz von Taurus aufheben und nach zwei Wochen Lieferung von Taurus vorbereiten. Und die „Expertin“ der Grünen in Europa H. Neumann pflichtet ihrem Kollegen bei: Aufhebung der Einsatzbeschränkung von Taurus durch die Bundesregierung und Zustimmung zum Angriff auf Ziele in Russland.
Putin führt ohne jeden Zweifel einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, das ist Konsens. Erinnerung: So haben die Entscheidungswege des Kanzlers bisher ausgesehen: Erst nein zu Waffenlieferungen, dann vielleicht, dann ja. Die Wirklichkeit habe sich verändert, heißt es lapidar.
Das schafft in der Breite des gesellschaftlichen Bewusstseins nicht nur Verwirrung, sondern auch – vielleicht sogar politisch gewollt – letztlich mehr Zustimmung zu einem ausschließlich militärischen Sieg über Putin, wenn man nur die richtigen Waffensysteme zur richtigen Zeit liefert.
Die Spirale der militärischen Optionen nimmt jetzt zum wiederholten Mal Fahrt auf. Da bleibt für diplomatische und zivile Lösungen kein Platz. Putin, so heißt es, wolle keine Verhandlungen, Putin eskaliere und wird es weiter tun, wenn man ihn lässt, so die simple wie brandgefährliche Argumentation. Mit dieser Art von Hilfe für die Ukraine erhöht man die Zahl der Kriegstoten und bringt noch mehr Leid, Zerstörung und Schmerzen über das Land. Ein Wahnsinn!
Der ausschließlich militärischen Logik folgend ist die Diskussion nun durch Frau Strack–Zimmermann bei ihrem Vorschlag zum Einsatz von Nato-Soldaten in der Ukraine „bereichert“ worden. Dazu die Taurus-Debatte, obwohl jeder weiß, dass es sich um Marschflugkörper mit hoher Reichweite und Zerstörungskraft handelt. Damit können und sollen dann ggf. auch Ziele in Russland angegriffen werden. Das muss zu Ende gedacht werden, bevor es zu spät ist. Zu spät ist es, wenn Atomwaffen eingesetzt werden und ein Flächenbrand in Europa entsteht. Mahnende und warnende Stimmen, die zivile Lösungsansätze entwickelt haben, die für Diplomatie, Dialog und Verhandlungsgeschick plädieren, gibt es. Nur nicht den politischen Willen.
Was meint denn wohl die Kommissionspräsidentin der EU, wenn sie sagt: „Angesichts einer Kaskade von Krisen müssen wir mehr tun, als nur zu reagieren … wir müssen unsere Denkweise ändern“.
Denken wir Sicherheit anders, von der militärischen hin zu einer zivilen Sicherheitspolitik. „Es ist unsere verdammte Pflicht, eine kriegerische Eskalation zu verhindern“. (Bundeskanzler Scholz in Moskau im Beisein von Putin)

Manfred Wewel, Billerbeck

Für die plurale Demokratie

Kolumne: „Mein 9. November“, FR-Meinung vom 11. November

Sehr geehrte Frau Kahane, ich teile mit Ihnen die Empörung über zunehmenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft und jetzt wieder aktuell über die Ausschreitungen gegen Israelis in Amsterdam. Judenhass ist Menschenhass und muss eindeutig und klar bekämpft werden.
Entsetzt bin ich aber über Ihre Formulierungen in Bezug auf die Unterzeichnerinnen der alternativen Formulierungsvorschläge zur Bundestagsresolution zum Schutz jüdischen Lebens, die am 23.10.24 in der Frankfurter Allgemeinen veröffentlicht wurden. Sie unterstellen diesen Menschen (und mir), sie würden „den Vernichtungswillen gegen Jüdinnen und Juden weniger schlimm finden als eine Resolution des Bundestages gegen Antisemitismus“. Sie behaupten ohne Belege, dass die Unterzeichnerinnen Hass und Antisemitismus auf keinen Fall einschränken wollen und dass sie für das „Relativieren des antisemitischen Geschreis“ verantwortlich seien.
Haben Sie die Formulierungsvorschläge und den Aufruf wirklich genau gelesen oder sehen Sie in jedem Menschen, der für einen differenzierten Diskurs, gegen Pauschalisierungen und für die Menschenwürde aller Menschen eintritt, einen „Relativierer“ oder gar eine Person, die dafür wäre, dass „Judenhass frei bleibt“?
Es sind keine Antisemiten, keine Israel-Feinde, sondern Demokratinnen und Demokraten, die diese Formulierungsvorschläge begrüßen und die Resolution unterzeichnet haben. Barbara Guggenheim, Eva Menasse, Luisa Neubauer, Susan Neiman, Esther Dischereit, Dany Cohn-Bendit oder Naika Foroutan, um nur einige von diesen Unterzeichner*innen zu nennen, stehen für plurale Demokratie, Menschenrechte, Antirassismus und explizit gegen jede Form des Antisemitismus.
Leider bekämpfen Sie, Frau Kahane, in Ihrem Furor ausgerechnet die Menschen, die eigentlich Ihre Verbündeten im Kampf gegen Antisemitismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit sein könnten.

Hermann Roth, Frankfurt

Die Boni des Vorstands

Krise im Autobau: „Streicht VW die Treueprämie?“, FR-Wirtschaft v. 4.11.

Volkswagen geht es schlecht, und darum wird im Vorstand darüber nachgedacht, die Löhne zu kürzen. Wird auch darüber nachgedacht, die Gehälter und Boni der VW-Vorstandsmitglieder zu kürzen? Die sind ja ungleich höher als die Löhne. Allerdings war davon bisher leider nichts zu hören.

Fritz Brehm, Frankfurt

Leserforum 2 20190916Forum vom 16. November 2024

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Die USA steuern in eine unruhige Zukunft

Pete Hegseth: „Fernsehmoderator als Pentagon-Chef“, FR-Politik vom 14. November

Die mögliche Ernennung von Pete Hegseth zum Verteidigungsminister wirft eine Reihe berechtigter Fragen auf. Hegseth, der noch nicht mal die 50 zählt, ist vergleichsweise jung und bringt im politischen Bereich keine langjährige Erfahrung mit. Er könnte als ungewöhnliche Wahl erscheinen – vielleicht sogar als riskante. Allerdings hat er als Veteran mit Einsätzen im Irak und Afghanistan umfangreiche militärische Erfahrung sammeln können, was ihn auf der anderen Seite auch als Mann des praktischen Handelns auszeichnen könnte.
Sein Ruf als bekennender Patriot und „America-First“-Anhänger lässt darauf schließen, dass er die militärischen Interessen der USA mit klarer Ausrichtung auf die Sicherheit und das Wohl des amerikanischen Volkes vertreten wird. Dieser Kurs könnte einen stärkeren Isolationismus bedeuten und zugleich eine offenere Bereitschaft zur Eskalation gegenüber Ländern wie dem Iran, die ihre Feindseligkeit gegenüber den USA kaum verbergen.
Eines ist sicher: Mit Hegseth als Verteidigungsminister steuern die USA in eine unruhige Zukunft. Die politischen und internationalen Gewässer werden rauer, und die Entscheidungen, die auf uns zukommen, könnten von besonderer Härte geprägt sein. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Kurs die Vereinigten Staaten sicher durch die bevorstehenden Herausforderungen manövrieren kann.

Michael Ayten, Trier

Die Politik muss neu erfunden werden

Die zentrale weltpolitische Aufgabe der nächsten Jahre wird die Schaffung eines neuen Modells des Zusammenlebens der verschiedenen Kulturen, Völker, Ethnien und Religionen sein, die alle eine einzige Zivilisation in gegenseitiger Verknüpfung bilden. Nach meiner Auffassung gibt es für alle gesellschaftlichen Entscheidungsträger auf dem Erdball eine Verantwortung zukünftigen Generationen gegenüber an den Visionen einer Weltethik und Weltregierung mitzuwirken, denn ohne Visionen kann es keine Zukunftsfähigkeit der Gattung Mensch geben!
Die Politik muss neu erfunden werden ! Ein weltweit soziales, auf den Grundlagen der Solidarität aufgebautes neues Regelwerk ist das Gebot der Stunde. Wir brauchen eine neue Verbindlichkeit im Umgang der Menschen aller Kulturen, Religionsgemeinschaften und ethnischer Besonderheiten. Wir leben weltweit in einer kulturellen Zeitenwende, die nicht weniger als einer epochalen Neuausrichtung bedarf!
Mit der Wahl zum US-Präsidenten betritt zum 20. Januar 2025 mit Donald Trump einer der mächtigsten Politiker der einzelnen Nationen, dieses Mal als verurteilter Straftäter, erneut die politische Weltbühne, dem unberechenbare Hetze, pathologischer Narzissmus und weitere schlechte menschliche Eigenschaften nachgesagt werden.
Man kann nicht nur hoffen, sondern die Weltgemeinschaft muss fordern, dass Donald Trump und seine im Schlepptau befindlichen, ebenfalls machtbesessenen, trumphörigen (!) Gefolgsleute wie Elon Musk, Richard Grenell, Mike Pompeo, Robert F. Kennnedy, Stephen Miller, etc. nicht die eigene ruhmreiche Selbstdarstellung…sondern eine humane, ökologisch nachhaltige zukünftige Weltwirtschafts-und Friedensordnung anstreben.

Hans-Jürgen Ferdinand, Aachen

Geben wir Trump ein wenig Zeit

Trump spaltet die Gemüter, etwa wie bei Corona, die einen auf der Seite, die anderen vis a vis. Jetzt ist Trump Realität. Messen wir ihn an seinen Taten. Wenn er so gut ist, wie er Reden hält und sich präsentiert, beginnt just ein großartiges Zeitalter. Ein Macher und Typ ist er de facto, ein Schlitzohr aber auch. Nun schon zu verurteilen wäre anmaßend und ist nur Zeitverschwendung. Dort wo Donald Trump steht, muss er Sprüchen Taten folgen lassen, gute Redner gab es schon viele. Geben wir ihm Zeit. Entweder er schafft mächtig gewaltiges oder ist auch nur ein Gespenst einer lange überholten Epoche. Sicher ist, er wird uns alle gut unterhalten, auch wenn gute Unterhaltung nicht unbedingt einen Sinn ergeben muss.

Enrico W.Arndt, Heidelberg

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4 Kommentare zu “FR-Forum vom 12. bis 16. November

  1. @Sabine Groß zu „Auf die Beine zielen“: Der Angreifer hat eine Frau mit einem Messer aus nächster Nähe bedroht! Es war wohl Gefahr im Verzuge! Denken Sie allen Ernstes, dass ein Schuss in die Beine, den Täter von seinem Tun abgehalten hätte? Das Leben der Frau stand an erster Stelle! Übrigens wird jeder polizeiliche Schusswaffengebrauch auf seine Rechtmäßigkeit hin von einer entsprechenden Behörde geprüft! Siehe auch § 32 StGB!

  2. Sehr geehrter Herr Hartwig,
    wer braucht ein Gleichgewicht zwischen Ablehnung und Zustimmung angesichts der Rede von Anne Applebaum? Und zu welcher besseren Einsicht soll die Kolumne von Paul Mason dienen? Er kennt offenbar nicht die günstigste Lösung unseres Grundgesetzes von 1949 in Art 24: „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen.“ Gorbatschow hat auf Grundlage dieser Idee die teuren Risiken der Abschreckung unnötig gemacht und uns die günstige Wiedervereinigung geschenkt. Putin hat 2001 vor dem Bundestag großen Beifall bekommen für das Angebot einer solchen Sicherheitspartnerschaft. Der Westen ist nicht darauf eingegangen. Nun zahlen wir den Preis des Niedergangs unserer Wirtschaft, weil das günstige russische Gas fehlt, das wir für unsere Konkurrenzfähigkeit und zum Ausbau der erneuerbaren Energien, für Wärmepumpen und E-Autos bei Dunkelflauten benötigen. Die zwei Prozent des BIP für das angeblich günstig abschreckende Militär sind kaum zu stemmen, worauf selbst der militäraffine Sicherheitsfachmann Ischinger hinweist. Man muss schon ein dickes Brett vor dem Kopf haben, um zu behaupten, Abschreckung sei günstiger. Was soll da ein argumentatives Gleichgewicht? Anne Appelbaum hat mindestens vor einem Auge ein Brett: Es ist für eine US-Historikerin wohlfeil, die russischen Verbrechen zu untersuchen. Aber Putin wird es nicht mehr schaffen, das Maß der US-Verbrechen seit Hiroschima aufzuholen. Applebaum verdient einen Einäugigkeitskriegshetzerinnenpreis. Einen Friedenspreis verdient eher der israelische Filmemacher Yuval Abraham, der mit seinem palästinensischen Freund Basel Adra die Siedlerverbrechen im Westjordanland dokumentiert (Der Spiegel, 9.11.2024, S. 114f.). Mason müsste im Fach Gemeinschaftskunde nachsitzen, um sich mit dem deutschen Grundgesetz näher zu beschäftigen.
    Friedrich Gehring, Backnang

  3. zu @ Johannes Rösner, Flut in Spanien
    Bei dem lesen ihres Leserbriefs stellen sich mir ein paar Fragen. Das eine Regionalregierung die den Klimawandel leugnet nicht gut aufgestellt ist wenn er dann zuschlägt kann eigentlich nicht wirklich verwundern. So eine Regierung fällt aber nicht vom Himmel sondern ist gewählt worden. Haben da die Leute gegen sich selbst demonstriert? Die Parallelen zu den Neuwahlen in D. sind offensichtlich. Der Klimawandel wird im Wahlkampf keine Rolle spielen obwohl es hier im Land schon einige Regionen gibt die ein bisschen viel Wasser abbekommen haben. Die große Mehrheit interessiert sich erst dafür wenn sie selbst betroffen sind. Dann gehen sie zur Demo und genau so verhält sich die Politik. Demokratie eben.

  4. Mit der im Interview mit Winfried Hermann gefallenen Aussage, wonach „es ja gleich zu Beginn des Krieges einen fast unterschriftsreifen Vertrag“ gegeben habe, stellt er sich gegen den Leserbriefschreiber Friedel Glüder, der unter Berufung auf den ARD-Faktenfinder genau das bestreitet. Nun wird sich die Wahrheit nicht gänzlich aufklären lassen, solange keine völlige Transparenz durch Veröffentlichung seinerzeitiger Protokolle und Papiere oder eidesstattliche Aussagen derjenigen vorliegen, die bei den Verhandlungen zugegen waren. Dennoch sollte einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, dass die Verhandler damals zumindest sehr nah an einem Vertrag dran waren und dass der Grund des Scheiterns in einem plötzlichen Umschwenken des Westens zu sehen ist, der seine geostrategischen Interessen mit einem so schnellen Friedensschluss nicht mehr gewahrt sah. Dazu zitiere ich nachfolgend aus einer Reihe von Quellen. Während sich Anfang März 2022 die Regierungschefs der deutschen, britischen, französischen und amerikanischen Regierung noch „einig waren, dass jedwede diplomatische Anstrengung zur Überwindung der Krise Unterstützung verdiene“, änderte sich bis Ende März dann die Tonart. Am 26. März äußerte Joe Biden, dass Putin „nicht mehr an der Macht bleiben“ könne und US-Verteidigunsminister Austin schob im April nach, dass er Russland „militärisch geschwächt“ sehen wolle. Das strategische Ziel sei, so ein Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der USA, „diese Invasion zu einem strategischen Fehlschlag für Russland zu machen.“ Der damalige Leiter der ukrainischen Verhandlungsdelegation, Davyd Arakhamia erklärte später: „Als wir aus Istanbul zurückkamen…kam Boris Johnson nach Kiew und sagte, dass wir überhaupt nichts mit (den Russen) unterschreiben würden – und wir einfach weiterkämpfen sollten“. „Keine Einigung mit Russland, solange die Ukraine nicht die Peitsche in der Hand hat.“ Man wolle die Gelegenheit nutzen, „um Russland im Zuge des Ukraine-Krieges auf Dauer militärisch und wirtschaftlich zu schwächen“ (L. Austin). Der als Vermittler in Istanbul beteiligte, damalige israelische Ministerpräsident N. Bennett bestätigte viel später, dass der Krieg Ende März 2022 zu Ende hätte gehen können, aber der Westen das zu diesem Zeitpunkt nicht gewollt habe. Gleiches äußerte auch der langjährige UN- und OSZE-Diplomat Michael von der Schuldenburg. Am 5. April berichtete dann die Washington Post: „Für einige in der NATO ist es besser, wenn die Ukrainer weiterkämpfen…als einen Frieden zu erreichen, der zu früh kommt oder zu einem zu hohen Preis für Kiew und das übrige Europa“, weshalb so lange weitergekämpft werden solle, „bis Russland besiegt ist“. Letzteres äußerte dann der gleiche Präsident Selenskyj, der noch am 27. März die Ergebnisse der ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen vor russischen Journalisten in aller Öffentlichkeit verteidigt hatte. Spätestens nach dem Massaker in Butcha zerstob dann jegliche Hoffnung auf einen baldigen Frieden: „Lieber bewaffnen wir die Ukrainer bis an die Zähne, als dass wir Putin einen Erfolg gönnen“, so die britische Unterhausabgeordnete Alicia Kearns. Mein Fazit: Beide Seiten sind heute von der Erreichung ihrer strategischen Ziele meilenweit entfernt; dafür ist die Ukraine v.a. im Osten eine Trümmerwüste und es sind hunderttausende Menschen auf beiden Seiten elend verreckt, seelisch verstört und körperlich verstümmelt. Wer trägt die Verantwortung dafür? Putin? Sicher, aber keinesfalls alleine!

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