Das entwickelt sich immer mehr zum billigen Schmierentheater

Die hessische SPD und die „hessischen Verhältnisse“ – oh je. Es ist immer noch nicht vorbei, denn Jürgen Walter gibt nicht auf. Er ist einer der vier Aufrechten … Stopp! Ich höre schon den Leserprotest. Jürgen Walter – ein Aufrechter? Dieser Verräter? Dieser Rebell? Wie wollen wir ihn nennen? Abweichler? Nun, dazu mache ich lieber mal einen eigenen Tagebuch-Eintrag. Jetzt aber: Vorhang auf für Jürgen Walter, den Schrecken der hessischen SPD! (War das jetzt gut?) Der Mann will ja nötigenfalls bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen, um gegen die Beschlüsse der SPD-Schiedsgerichte anzustinken. Anders kann man es eigentlich kaum nennen. Jürgen Walter ist klar erkennbar auf dem absoluten Ego-Tripp. Die Partei, für die er sich mal engagierte, ist ihm egal, seit sie ihm die Möglichkeit entzogen hat, einen Ministerposten zu bekleiden. Die Inhalte, für die er sich mal engagierte, indem er SPD-Mann war, scheinen ihm auch völlig egal zu sein. Für ihn scheint es jetzt nur noch drauf anzukommen, Recht zu bekommen – oder wenigstens, nach seinem Gefühl, nicht im Unrecht zu sein. 

Und doch mehren sich die Anzeichen, dass er sehr wohl im Unrecht ist, denn nun kam heraus, dass zumindest eine der Abweichenden, Silke Tesch, sich Rat bei der CDU geholt. Manche Leserinnen und Leser haben es schon früh vermutet: Da wird an irgendwelchen Seilen gezogen, die Schafte zur CDU haben. Andere vermuteten, da müsse auch Geld geflossen sein. Diese Verdachtsmomente erscheinen auch wieder in neueren Leserbriefen, die mich anlässlich der Nachrichten um Silke Tesch erreichen. Jedoch noch nicht bei Wolf Opel aus Heusenstamm, der sich vielmehr zur Nabelschau der Hessen-Spd äußert:

„Zum Donnerwetter,  hat die hessische SPD denn wirklich überhaupt nichts gelernt? Mag Herr Walter auch unbequem sein, todreden  kann man ihn nicht. Auch wenn man ihm jetzt ‚gesteuerte Parteinahme‘ unterstellt (was ein absoluter Quatsch!) , er hat den Begriff ’nur seinem Gewissen verantwortlich‘ sehr deutlich gemacht – alles andere ist doch nur Parteien-Mischmasch. Kein Wunder: Auch ich kann und mag nicht mehr SPD hören bzw. wählen !“

Dr. Hans Dietschmann aus Frankfurt erzählt von Roland Koch, dem Märchenonkel:

„Wenn Roland Koch das plötzliche Auftauchen von Schwarzgeldern erklären muss, wird der Öffentlichkeit ein Märchen mit dem Namen ‚Jüdische Vermächtnisse‘ aufgetischt. Wenn einer der engsten Vertrauten von Roland Koch, der Sprecher des Ministerpräsidenten Dirk Metz, in einer höchst dramatischen Situation heimlich Gespräche mit SPD-Mitgliedern führt, die letztlich dieMachterhaltung der CDU zum Ergebnis haben, dann heißt das Märchen ‚freundschaftliche Beratung des politischen Gegners‘. Da fällt einem der Wahlspruch des britischen Hosenbandordens ein: ‚Honi soit qi mal y pense‘ (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt).
In den letzten Jahren wurde immer wieder bemängelt, dass die Menschen das Vertrauen zu Politikern verloren haben. Verwundert Sie das noch?“

Horst Hahn aus Frankfurt:

„‚Unsere wiederholt geäußerten Bedenken gegen die Beteiligung der Linkspartei und das schwerwiegende Moment dieser Entscheidung werden ausgeblendet, um stattdessen ein Bild von kühl planenden Akteuren zu stellen.‘ – Diese von Walter und Everts vorgebrachte Selbstrechtfertigung zeigt wohl recht deutlich, dass sie immer noch nicht begriffen haben, wie sehr ihr Vorgehen sich immer mehr zu einem billigen Schmierentheater entwickelt: Vor ihrer behaupteten ‚Gewissensentscheidung‘ hatten sie Gelegenheit, in Probeabstimmungen ihre ablehnende Haltung zu dem von Andrea Ypsilanti – wegen des Ergebnisses der Landtagswahl  als einzige Alternative zur Verhinderung von Koch – geplanten Duldungsbündnis mit der Linken zum Ausdruck zu bringen. Dass sie dies nicht wahrgenommen haben und sich auch nicht früher mit Dagmar Metzger geoutet hatten, lässt nicht vermuten, dass sie ‚kühl planende Akteure‘ gewesen seien; eher verstärken sie die Annahme der hinterhältigen Intrige. Wenn jetzt auch noch bekannt wird, dass sich eine der ‚Komödiantinnen‘ mit dem Sprecher von Koch, Metz (dessen Name noch aus der hessischen Spendenaffäre in Erinnerung ist), ‚beraten‘ hat, werden diese Einlassungen von Walter, Everts, Tesch immer skurriler, unglaubwürdiger, einfach billig.
Einzig Dagmar Metzger gebührt in dieser Affäre Hochachtung, da sie ihre Auffassung unerschrocken und rechtzeitig bekannt hat; was diese Hochachtung allerdings relativiert, ist, dass sie sich mit diesen ‚Spätgewissensentdeckern‘ gemein gemacht hat; von daher ist es nur konsequent, dass sie sich aus der Politik zurückgezogen hat.“

Dimitrios Slimpas aus Stuttgart:

„Jetzt wissen wir es auch offiziell wie die ‚Rebellen‘ in der letzten Minute ihr Gewissen enteckt hatten. Wenn Gelder bis jetzt nicht geflossen sind, werden die in der Zukunft, auch mit Recht, die finanzielle Not spüren. Denn es muss auch denen bekannt sein: ‚Den Verrat haben viele geliebt, die Verräter selbt niemand.'“

Gerhard Edelmann aus Rickenbach:

„Dass im Hintergrund mit Vertetern einer anderen Partei gemauschelt wurde, hat man schon immer vermutet. Denn anders kann man den plötzlichen Gesinnungswechsel dieser vier Parteivertreter, Volksvertreter wäre eine Anmaßung, nicht erklären. Dies bestätigt erneut, dass in der SPD auch Mitglieder sind, denen die Gesinnung nichts, aber der eigene Vorteil alles bedeutet.“

Emil Pohl aus Hofheim:

„Mein Gott Walter, vieles haben wir ihm ja zugetraut, dass er und seine Damen es so toll getrieben haben, überrascht aber doch. Und – natürlich hatte auch der MP seine Finger ihm Spiel, vertreten durch seinen Schatten Metz, dem  Mann, der regelmäßig bei Talkshows mit Koch im Publikum als Claqueur sitzt, was ja auch nicht die politisch feine Art ist.
Es wird Zeit, dass es in Hessen wieder eine glaubwürdige Politik gibt, in der die Sozialdemokratie den Platz einnimmt, der ihr schon aus geschichtlichen Gründen, aber vor allem wegen ihrer anti-neoliberalistischen Grundüberzeugung zukommt.“

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5 Kommentare zu “Das entwickelt sich immer mehr zum billigen Schmierentheater

  1. Das Dumme ist, daß Frau Ypsilanti es damals jedem Recht machen wollte.
    Rausgekommen ist bloß, daß CDU/FDP weitermacht und belustigt zuschaut, wie die mehr oder weniger Linken sich gegenseitig den politischen Garaus machen.
    Das liegt daran, daß jeder Linke glaubt, in ihm schlüge das einzige wahre linke Herz. Übrig bleibt eine unentschlossene Amöbe, die sich bis zum Zerreissen dehnt.

    Aber daran wird auch deutlich, welchen Konflikt die SPD nicht gelöst hat: Es ist nicht klar, in welchem Verhältnis Solidarität und individuelle Freiheit zueinander stehen und wo man sich gegenseitig überfordert (und wie man das demokratisch löst).
    Wenn man eine Partei der Mitte sein will, muß man das geklärt haben.

  2. Das ganze ist vorallem eins
    Vergangenheit
    Es wurden schon alleine hier zu viele Worte über diese Geschichte verloren.
    Wie H. Walter im Moment tickt ist doch ziemlich egal. In 2-3 Jahren würde mich mal intressieren wie er sein Geld verdient, weil das dann möglicherweise die Vergangenheit klärt. Ansonsten wäre ich mehr daran intressiert zu erfahren wie es in der Politik in Zukunft weiter gehen soll. Nach dem 27.09.
    Sorry schon wieder zu viel dazu geschrieben

  3. Meines Erachtens zeigt das Buch von Volker Zastrow eindeutig, was schon lange klar war: Jürgen Walter wollte Ypsilanti scheitern sehen – und ist nichts anderes als ein Egomane, dessen Äußerungen die Haltbarkeit eines Joghurtbechers nicht überschreiten. Nachdem er das von ihm angestrebte Wirtschaftsministerium nicht erhalten hat, entdeckte der Herr plötzlich sein Gewissen – ebenso wie seine Bekannte Carmen Everts – und stürzten Ypsilanti. Und möglicherweise war Roland Koch davon informiert. Und außerdem suggeriert das Buch, dass es niemand anders als Jürgen Walter war, der Dagmar Metzgers Entscheidung, Ypsilanti nicht zu wählen, vorzeitig an die Presse weitergab, um beiden – Ypsilanti und Metzger – eine gesichtswahrende Einigung unmöglich zu machen. Vor allem zeigt sich in dem Buch, dass Frau Ypsilanti bereit war, Walter das Verkehrsministerium mit erweiterten Kompetenzen auszustatten, also es um Europa und Raumordnung zu erweitern, sodass Walter dann doch für den Flughafen zuständig war. Nachdem er zunächst zögerte, lehnte er – möglicherweise nach Rücksprache mit der hessischen Landesregierung und Kochs ??? – dieses Amt ab. Ypsilanti möglichst nicht selber stürzen, sondern andere diese Drecksarbeit erledigen zu lassen, um ihr Nachfolger zu werden – das war das Ziel dieses aus meiner Sicht nur an seiner eigenen Macht und Herrlichkeit interessierten Politikers. Schade, dass die SPD Walter und Everts nicht aus der Partei geschmissen hat. Hochachtung habe ich nach der Lektüre des Buches lediglich für Dagmar Metzger, die als Einzige frühzeitig und ehrlich ihr Abstimmungsverhalten deutlich gemacht und Ypsilanti nicht in die „Falle“ eines zweiten Versuches gelockt hat – was das Ziel Roland Kochs war – und möglicherweise auch das Ziel von Walter. Ob er Ypsilanti nicht gestürzt hätte, wenn sie ihm das Wirtschaftsministerium angeboten hätte, ist wahrscheinlich, es kann aber auch sein, dass schon die Ermunterung zum „zweiten Anlauf“ von Walter und Koch diesbezüglich geplant war, weil offensichtlich gewesen ist, dass neben Metzger auch Frau Tesch aus grundsätzlichen Erwägungen Frau Ypsilanti nicht wählen würde und die CDU erwog, bei der Ministerpräsidenten-Wahl nicht teilzunehmen, um möglicherweise Koch-Unzufriedenen in der Fraktion keinen Anlass zu geben, heimlich Ypsilanti zu wählen.
    Ich bin wenigstens froh, dass solche Intriganten – das Wort „Intrige“ stammt von Volker Zastrow – wie Walter und Everts nicht mehr im hessischen Parlament sitzen und politisch unbedeutend werden – denn diese werden nirgends mehr in einer politischen Partei hochkommen – und dies geschieht ihnen m.E. durchaus recht.

  4. Nach der Abstimmung, wer Spitzenkandidat der ?PD in Hessen würde, wurde aus der Körperhaltung Walters klar, dass er Frau Ypsilanti bei der Ministerpräsidentenwahl gegen die sprichwörtliche Wand fahren lassen würde. Das habe ich schon gleich nach der Wahl 2008 behauptet. Und so wurde meine Voraussage, die ?PD sei ein unglaubwürdiger Haufen leider wahr. So ist es nun mal mit diesen sog. Parteifreunden!

  5. Thema Jürgen Walter: Heute am 26.08.2009 gibt Walter in der BILD bekannt, dass er die 2-jährige Parteistrafe akzeptiert. Auch jetzt fällt ihm kurz vor der Bundestagswahl ein, dass er mit einer Revision „der SPD schade“. Auch hier wieder das bekannte „Last-Minute-Gewissen“ dieses Herrn, dem wir letztendlich die vorzeitige Vernichtung des Kelsterbacher Waldes zu verdanken haben. Es wird in der Diskussion viel zu wenig erwähnt, dass die von Walter geführte Intrige letzlich Koch und der Fraport ermöglicht hat, wenige Stunden nach der Hessenwahl den europarechtlich geschützten Mönchwald zu vernichten. Er ist nach Bernd Petri (Vogelschlagexperte), Manfred Ockel (Kelsterbacher Bürgermeister) der dritte und letzte Sargnagel der Rhein-Main-Region und Protagonist des brutalen Flughafenausbaus.
    Pfui Teufel.

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