Hier kommt nun eine ziemlich lange Liste von Leserbriefen zum Wahlsieg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in den USA. Ich habe mich dagegen entschieden, sie einfach als Kommentare in der bereits laufenden Diskussion über dieses einschneidende Ereignis zu posten, weil es so viele sind. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es im FR-Blog bereits eine Diskussion zu diesem Thema gibt, die sich an meinem Kommentar „Trump, der politisch-inkorrekte Gegenentwurf“ entzündet hat, und möchte vorschlagen, die weitere Diskussion auch dort zu führen. Trotzdem bleibt die Kommentarfunktion auch hier natürlich geöffnet.

fr-balkenLeserbriefe

Thomas Ewald-Wehner aus Nidderau meint:

„Cholera hat gewonnen; Pest verloren. Die „Demoskopie“ hat sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert. Es gilt weiterhin der Grundsatz; „Wahltag ist Zahltag“. – Das Gute an der Wahl von Trump: Er ist nicht teamfähig und auch nicht gut international vernetzt, so dass uns vielleicht Kriege – wie sie Frau Clinton schon plante – nicht geben wird. Ansonsten: Die us – amerikanische Gesellschaft ist eine harte Klassengesellschaft mit Millionen Menschen in den Knästen. Hoffentlich wird die berechtigte „Wut“ der vielen Millionen Armen ein Ziel finden und in eine dritte Partei münden, die als konsequente „Linkspartei“ die Interessen der unendlich vielen Nichtbegünstigten organisiert. Das ist mein Traum.“

Dietrich Brauer aus Oberhausen:

„Die neoliberale Politikausrichtung amerikanischer wie europäischer politischer Eliten fällt ihnen nun in Form der Wahlsiege von Populisten auf die Füße. Die Bevölkerungen suchen ihr Heil wieder rechts. Was folgt?“

Hans Möller aus Frankfurt:

„Die US-amerikanischen Demokraten sollten sich jetzt fragen, wie es passieren konnte, mit einer Kandidatin Hillary Clinton so daneben gelegen zu haben, dass selbst gegen einen Donald Trump die Präsidentenwahl verloren worden ist.
Wer jetzt auf der deutschen Linken immer noch rot-rot-grünen Hirngespinsten mit einem Kanzlerkandidaten Sigmar Gabriel das Wort redet, der hat den Schuss in den USA nicht gehört.“

Johannes M. Pechstein aus Nürnberg:

„Die Wahl Trumps in den USA und das Brexit-Votum in Großbritannien sind das direkte Ergebnis von 40 Jahren verfehlter libertärer Freihandels-Politik. Seit Margaret Thatcher und Ronald Reagan beherrscht dieses Diktat das politische Handeln in diesen Ländern und darüber hinaus. Das Ergebnis sind u.a. die wachsende Einkommens-Ungleichheit und ein katastrophales Bildungswesen. Davon profitieren bis jetzt nur die Demagogen und Rechts-Populisten. Europa: Mach‘ nicht den gleichen Fehler und denke in diesen Bereichen wieder um!
So sollte Bildung kostenfrei bleiben und nicht weiter amerikanisiert werden. Wasserversorgung muss ein Recht bleiben und darf nicht zum Business werden. Armut sollte in Europa und anderswo bekämpft und nicht ausgenutzt werden. Sinnvolle Regelungen, wie die Milchquote, sollten nicht aufgrund libertärer Fehlannahmen abgeschafft werden. Drittweltländer, vor allem in Afrika, sollten von der EU wie Partner und nicht wie Hilfsempfänger behandelt werden. Freihandelsregelungen, die diesen Ländern schaden sollten ihnen nicht aufgezwungen werden. Und vieles mehr.
Es gibt Alternativen zu dem, was der Welt in den letzten 40 Jahren von den USA und Großbritannien aufgezwungen wurde, zum Beispiel anstatt ‚freier Marktwirtschaft‘ die ‚soziale Marktwirtschaft‘. Jetzt ist es an der Zeit, das zu verstehen und dementsprechend zu handeln.“

Anja von Lüde aus Friedrichsdorf:

„Die Wähler sind nicht blöd; das Maß ist irgendwann voll. Die Wahlergebnisse zeigen, dass die versuchte Wahlmanipulation durch die Medien gescheitert ist. Die Wähler lassen sich nicht für dumm verkaufen, und beweisen, wie schlecht die Medien und Politiker sie kennen, und wie wenig ernst sie genommen werden.
Nun dürfen die Trump-Wähler sich Beleidigungen und Beschimpfungen anhören. Vielleicht sollten die Clinton-Anhänger sich fragen, ob nicht ihre permanente Beleidigung der Trump-Wähler einen erheblichen Teil zur Niederlage beigetragen hat. Im Übrigen liegt der Grund für Clinton’s Niederlage nicht darin, dass sie eine Frau ist, wie viele glauben. Das Argument sie zu wählen, weil sie weiblich ist, ist das fadenscheinigste Argument überhaupt, und hat nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Wäre sie die richtige Person für die Präsidentschaft gewesen, hätte sie gewonnen. Wenn die Wähler einem Kandidaten nicht vertrauen, warum sollen sie diesen dann wählen?
Das Ergebnis zeigt, dass die Menschen korrupte Politiker satt haben. Dass sie dafür beschimpft werden, ist eine Frechheit. Das Wahlergebnis war aber der benötigte Paukenschlag, den die amerikanische Politik, aber auch die Weltpolitik brauchte.“

Karl Petry aus Tutzing:

„Mit solchen Fehlern der Meinungsforscher ist auch bei uns zu rechnen. Die Verdammung der Wähler der AFD usw. führt dazu, daß Wähler bewußt falsch oder gar nichts angeben. Das Eintreten der sogenannten Intellektuellen für einen Kandidaten wirkt sich zu seinem Nachteil aus. Schauspieler und sonstige Künstler genießen nicht den Ruf, den sie gern hätten. Sie werden schon aufgrund ihres Lebenswandels kaum noch ernst genommen. Ähnliches gilt für die Schreiberlingen aller Medien.In einer Wahl kann man denen die „Zähne“ zeigen, indem man anders stimmt, als die das wollen. Der Sieg Trumps war bei dem schlechten Image von Hillary Clinton gar nicht so ungewöhnlich. Daß sie ständig lügt, ging durch viele Medien und blieb „hängen“. Dass unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier Trump nicht gratulierte, ist an Dummheit und schlechtem Benehmen kaum noch zu überbieten. So disqualifiziert er sich als Kanditat für das Amt des Bundespräsidentne. Wie will der Mann Deutschland bei Trump vertreten.“

Jörg W. Kröber aus Landau:

„Sexismus, Chauvinismus, Rassismus, Narzissmus, Dilettantismus (noch dazu zum Prinzip erhobener!) feiern fröhliche Urständ‘. Nach „Nine-Eleven“ jetzt „Eleven-Nine“: Amerika, das Land der unmöglichen Begrenztheiten. (Zu den letzteren zählt übrigens auch dieses anachronistische Wahlmännersytem: Clinton hatte landesweit 160.000 Stimmen mehr als Trump. So wie bei der Wahl 2000 auch schon Gore mehr Stimmen hatte als Bush. – Wo bitte ist das noch reell?)
Bezeichnend, wer, inner- wie außerhalb der USA, dieses Wahlergebnis so alles feiert: Waffenlobby, Ku-Klux-Klan, Marine Le Pen, Geert Wilders, Orbán, FPÖ, AfD, Pegida, Putin. – Wie meinte einst Max Liebermann: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Werner Fröhlich aus Altenstadt:

„Immer wieder habe ich mich gefragt, warum man ungehobelte und hirnlose Wüstlinge als „Trampel“ bezeichnet. Nun weiß ich es: Ich hatte nur die falsche Schreibweise!“

Werner Arning aus Mörfelden-Walldorf:

„Der Wahlsieg Donald Trumps ist insofern ein Sieg der Demokratie, als sich ein Volk, trotz einer einzigartigen Propagandamaschinerie, an der ein Großteil der Medien und des Staatsapparates beteiligt waren, trotz der Unterstützung Prominenter und der Auslandsmedien, anders entschieden hat. Es ließ sich nicht manipulieren, sich nichts einreden, sich nicht moralisch unter Druck setzen und es fiel auf keine Taschenspielertricks hinein. Alle Achtung, die Demokratie lebt.“

Paul R. Woods aus Neumagen-Dhron kommentiert den Kommentar „Keine Macht dem Trumpismus„:

„Nun halten Sie doch bitte mal den Ball ganz flach. Ähnliches wurde doch vor acht Jahren, nur mit anders ausgerichteten Prognosen über Barack Obama gesagt und geschrieben. Mein Kommentar war damals: „Mal sehen, wie schnell er wie viele Anhänger enttäuschen wird.“ Und genau das hat er dann ja auch getan – einschließlich der Personen, die für die Vergabe des Friedensnobelpreises zuständig waren. Und genau dasselbe möchte ich zu Trump sagen, jedoch dieses Mal an die „Trumpisten“ gerichtet.“

Wolfgang Mohr aus Hattersheim:

„Dem Leitartikel „Keine Macht dem Trumpismus“ von Andreas Schwarzkopf kann man eigentlich nicht zustimmen. Zwar war der Wahlkampf äußerst schmutzig, dennoch ließ Trump gestern nach der Wahl etwas sanftere Töne von sich hören. Natürlich wird sich nun in der Politik Vieles ändern. Aber die Tatsache, wie undiplomatisch auch unsere Regierungsvertreter in Berlin und Brüssel sich einseitig auf die Seite von Hillary Clinton schlugen war unvernünftig. Die USA verkörpern eine lange Demokratie, auch wenn uns das Wahlsythem mit denWahlmännern unbekannt erscheint. Trump wurde nun gewählt und zur Demokratie gehört auch gelegentlich ein Seitenwechsel. Ich denke, dass in so einer großen Nation, die auch eine große intellektuelle Bevölkerungsschicht hat, man denke nur an die Harvard-Universität, dass dort reiner Populismus kaum dauerhafte Chancen hat. So wird auch Trump manche seiner Ankündigungen im Alltag des politischen Geschäftes nicht erfüllen können. Auch halte ich eine Annäherung zwischen USA und Russland nur für positiv. Als Europäer ist man an einem erneuten „Kalten Krieg“ , der unter Clinton zu befürchten war, nicht mehr interessiert. Vielleicht schweißt Trump durch seine Ankündigung ,sich mehr auf das eigene Land zu beziehen und nicht mer überall Weltpolizist zu spielen, endlich mal wieder unsere erlahmten europäischen Politiker fester zusammen. Gewiss es wird mit Trump eine Kehrtwendung geben, aber wurde nicht zu Recht die USA für ihre Einmischungen im Nahen Osten oft kritisiert und hat der Westen nicht auch große Schuld am Konflikt mit Russland? Ich erinnere mich noch, als nach Gorbatschow unter Jelzin eine enge Partnerschaft mit Russland möglich gewesen wäre. Damals hat sich der Westen gegenüber Russland zu Überheblich gezeigt und die Quittung haben wir nun mit Putins Politik. Es wäre daher geboten vor dem Hinterfrund einer möglichen Annäherung zwischen Amerika und Russland, wenn die EU bald die Sanktionen gegen Russland aufheben würde, die auch unserer Wirtschaft geschadet haben.
Ich hoffe auch das unsere Medien auch hier die FR die Politik Trumps in Zukunft in kritscher, aber sachlicher Art kommentieren. Denn derzeit ist er und seine zukünftige Administration in Washinton noch völlig unbekannt. Also warten wir mal seine Präsidentenschaft im kommenden Jahr ab.“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist eine politische und humanitäre Katastrophe sowohl für die Menschen in den USA als auch für die gesamte internationale Staatengemeinschaft. Eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat den Werten Demokratie, Freiheit und Solidarität eine Absage erteilt. Vieles deutet darauf hin, dass neben den gefährlichen rechtspopulistischen Entwicklungen in Europa, jetzt auch in Amerika diejenigen Oberwasser erhalten, für die eine liberale Demokratie ein Dorn im Auge ist. Rassismus, Folter, Intoleranz und die Spaltung der Gesellschaft scheinen an die Stelle einer menschenrechtsorientierten Politik zu treten. Die armen Menschen in den USA werden zuerst spüren, was es bedeutet, wenn ein Politiker zum Präsidenten gewählt wird, der die von Präsident Obama gegen den erbitterten Widerstand der Republikaner durchgesetzte Gesundheitsreform rückgängig machen wird und den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko realisieren will. Minderheiten wie etwa Homosexuelle werden unter dem neuen Präsidenten zu leiden haben und das Wort Klimaschutz ist für Trump ein Fremdwort. Es ist höchste Zeit, dass all diejenigen, denen eine liberale, soziale und rechtsstaatliche Demokratie etwas bedeuten, sich zusammenfinden, um den Menschenverächtern entgegen zu treten. Es ist keine Übertreibung, den 8. November 2016 als schwarzen Tag in der Geschichte der USA mit unabsehbaren Auswirkungen auf Europa und alle Kontinente zu bezeichnen.“

Conrad Fink aus Freiberg am Neckar:

„Es ist noch nicht so lange her, da ängstigte eine neue amerikanische Modewelle die braven Bürger: Sogenannte Horrorclowns verbreiteten bei uns Angst und Schrecken.
Ein Horrorclown ganz besonderer Art erschreckt viele Zeitgenossen noch viel mehr. Es ist Donald Trump, der amerikanische Multimilliardär, der jetzt zum mächtigsten Mann der Welt aufgestiegen ist. Es gab im Vorfeld zahlreiche kritische Stimmen, die befürchten, dass der Mann unter schweren Persönlichkeitsstörungen leidet.
Nach allem was da aber in den Medien über den Oligarchen* bekannt wurde, ist der Mann nicht nur ein Exzentriker sondern auch ein Demagoge. Er weiß ganz genau wie seine Landsleute ticken. Über diesen sogenannten Geist Amerikas, der diametral zu unserem Denken steht, sollten wir uns im Klaren sein wenn wir wissen wollen, was auch auf uns zukommt.
Nach dieser Denkweise, die auch im Wahlkampf deutlich zum Ausdruck kam, schützt und fördert Amerika das egoistische Individuum, das sich über die Masse erhebt. Gemeinsinn und Mitmenschlichkeit sind nicht kompatibel mit dem amerikanischen Politikverständnis. Der Staat wird gehasst. Trump ist wie viele Amerikaner ein Verfechter des entfesselten Kapitalismus.
Diese Denkweise ist auch in den Köpfen seiner Wähler, immerhin über die Hälfte der Amerikaner, fest verankert und wird sich auch auf uns auswirken.
*Die Oligarchie bei Platon (427–347 v. Chr.) ist die gesetzlose Herrschaft der Reichen, die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind (Quelle: Wikipedia)“

Otfried Schrot aus Ronnenberg:

„Der Erste und der Zweite Weltkrieg waren die Folge eines in Europa grassierenden und bis zum Hass gesteigerten Nationalismus. Bilanz beider Kriege: 87 Millionen Tote. Verantwortungsbewusste Politiker haben 1945 und danach die UNO und die EU gegründet, um den Nationalismus zu überwinden und das Tor zu einem besseren Zeitalter für die Menschheit aufzustoßen. Nun kommen die triumphierenden politische Dilettanten Donald Trump, Wladimir Putin, Teresa May, Geert Wilders, Marine Le Pen und Jörg Meuten daher, die offensichtlich alle im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst haben und jubeln über die Rückkehr des Nationalismus. Wer aus der Geschichte nicht gelernt hat, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen. Wenn wir dem Nationalismus und den Begleiterscheinungen Fremdenhass und Rassenhass nicht mit aller Energie entgegentreten, dann wird als nächstes der EURO wieder abgeschafft und danach beginnt dann ein neues Zeitalter der Kriege der Nationalstaaten gegeneinander. Holzköpfe auf der Rechten, hören Sie zu: Wenn wir in das Zeitalter der Nationalstaaten zurückkehren, in ein Zeitalter des Hasses aller gegen alle, dann rückt der Zeitpunkt näher, an dem die Menschheit sich mit ihren 15000 Atomsprengköpfen auslöschen wird. Die Menschheit wird nicht mit Nationalismus, Hass, Rivalität und Konfrontation überleben, sondern nur mit globaler Solidarität. Reinigen Sie Ihre verklebten Gehirne vom Sirup des Hasses, studieren Sie die Geschichte der letzten hundert Jahre und beenden Sie Ihren Traum von einem „Salto mortale“ rückwärts in eine Vergangenheit, in der scheinbar alles besser war! Wer mit rückwärts gerichtetem Blick vorwärts geht, wird früher oder später stolpern. Lassen Sie uns gemeinsam dafür beten, dass Donald Trump während seiner Präsidentschaft nicht zu viel Unheil auf Erden anrichtet!“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Laute brüllende Cassandra-Rufe und Nostradamus-Unkerei sind keine angemessene Reaktion auf den Präsidentschafts-Sieg Donald Trumps. Absolute Nüchternheit ist angesagt. Nicht die existentielle ökonomische Schieflage weißer männlicher Sozialschichten hat die Wahl entschieden, sondern eher – wie beim Brexit in England – der unbedingte Wille, die „greatness“ der US-Nation wiederherzustellen. Wenn Trump insbesondere in der Außen- und Militärpolitik damit ernst macht, also US-amerikanische weltweite militärische Interventionen gnadenlos einstellt, dann wird sich das Machtgleichgewicht in der Welt gewaltig ändern, was insbesondere Auswirkungen auf die Nato hat. Man muss den Brexit und den Trumpismus zusammendenken als Wiedererwachen des Souveränismus. Auf der Ebene der zwischenstaatlichen Beziehungen wird sich vorläufig ein Politstil à la Erdogan durchsetzen: „our Nation first“. Für Europa bedeutet dies, dass an der Aufstockung der militärischen Ausgaben überhaupt kein Weg vorbei führt, ob die nationalen Bevölkerungen dies nun wollen oder nicht.
Es ist davon auszugehen, dass das Auswärtige Amt in Berlin sehr wohl einen Plan B für den Fall des Trump-Erfolges in der Schublade hatte. Die Frage, ob nun die US-amerikanische Innenpolitik das ganz westliche Netzwerk an Beziehungen gewissermaßen überlagert, lässt sich erst beantworten, wenn Trump seine erste Rede an die Nation hält, in der er Prioritäten für seine Außenpolitik (und Innenpolitik) setzen wird. Ob diese dann überhaupt Fakten kompatibel sind oder doch wieder nur rhetorische Dunstschwaden von „Yes we can“ den politischen Horizont bevölkern, wird man sehen. Mit dem jetzt gewählten Uncle Sam wird auf jeden Fall nicht gut Kirschen essen sein!“

Torben Waschke aus Sulzbach:

„Martin Luther King erwähnte in seiner Rede in Chicago den Satz: „Die alte Ordnung vergeht, eine neue Ordnung entsteht.“ Die aktuellen Entwicklungen in Amerika sind charakterisiert durch ein Erstarken des Populismus. Eine wichtige Frage die heute mehr denn je in den Fokus rückt ist: Kann Demokratie der Entwicklung zu einem Populismus widerstehen, der auf emotionale Appelle an die Massen anstatt auf den Meinungsbildungsprozess setzt? In der Stunde des Populismus läuft die amerikanische Gesellschaft in Gefahr, sich weniger von konstruktiven Argumenten als vielmehr von aktuellen Stimmungen leiten zu lassen. Meinungsmacher Trump profilierte sich im Wahlkampf mit Dramatisierungen. Die Gefahr seiner „politischen Agenda“ liegt darin, dass er mit gewieft gewählten Formulierungen eine kurzsichtige und fahrlässige Politik betreibt. Die Politik reduziert sich auf eine Reihe von Slogans, die kurzfristigen Beifall heischen. Anstatt Zukunft zu gestalten, indem er auf die Stärkung der Urteilskraft und das Streben nach eigenständigen Denk- und Meinungsbildungsprozessen setzt, könnte seine Politik in Gefahr geraten sich immer mehr vom radikalen Massenkonsens antreiben zu lassen. Gesucht wird Konsens weniger durch Austausch von Gedanken als durch Mitteilung von Gefühlen. Die zugrunde liegenden politischen Verhältnisse im Land und deren Beziehungen zu anderen strategischen Prioritäten werden zweitrangig gegenüber dem gewaltigen Imperativ, sich der Stimmung des Augenblicks anzupassen. Dabei wird der Faktor Mensch zum Getriebenen seiner selbst, weil das populistische „Sein das Bewusstsein bestimmt“, wie es Karl Marx formulierte. Die amerikanische Gesellschaft steht an der Schwelle zu einer veränderten Konzeption des Wesens von Wahrheit, wodurch im schlimmsten Fall eine gesellschaftliche Spaltung drohen könnte. Trump versucht eher durch Willensstärke oder Charisma zu dominieren, weil er weniger der Urheber seines politischen Programmes ist. Doch bereits Kissinger wies daraufhin, „dass Führung mehr ist, als die Bestätigung und Ergebnisse von Meinungsfragen ins aktuelle Tagesgeschehen umzusetzen.“ Dies gilt ebenfalls für die Außenpolitik. Die weltpolitischen Akteure werden seine Schwächen – aufgrund mangelnder Erfahrungen – analysieren und für ihre eigenen Interessen maximal zu nutzen wissen. Otto von Bismarck machte den Amerikanern vor über hundert Jahren ein zweifelhaftes Kompliment: „Das Schicksal beschützt Kinder, Idioten, Betrunkene…und die Vereinigten Staaten.“ Was die Zukunft für Amerika unter Trump bringen wird, bleibt erst einmal abzuwarten. God bless America!“

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20 Kommentare zu “Die Wut der Millionen

  1. Nachdem die FR nun eine Woche lang die Leser mit Sonderzseiten zu den Wahlen in den US strapaziert hat, ist es wichtig, die eigenen Probleme in Europa und Deutschland aufzugreifen, deren es mehr als genügend gibt. Denn wenn diese nicht ernsthaft angegangen werden, werden die Trumps in Gestalt von Frauke Petry oder Le Pen, Wilders etc. auch hier Oberhand gewinnen, in Polen und Ungarn sind sie schon vertreten.

    Hierzu zitiere ich Dr. Sahra Wagenknecht:

    „Nötig ist eine grundlegend andere Politik, die sich an den sozialen Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung orientiert statt an den Interessen von Superreichen und Konzernen.“

    Und an der Orientierung an den Interessen der Superreichen und Konzernen ist Clinton gescheitert. Ich kann nur wiederholen: Es sollte ein warnendes Beispiel besonders an die Parteien in Europa sein, die die Interessen der arbeitenden Bevölkerung und schlechter Gestellten Gestellten in ihren Programmen haben.

  2. FR-Blog: „Die Wut der Millionen“

    Ich teile weitgehend die Einschätzungen von Conrad Fink und Torben Waschke. Wobei bei ersterem einzuwenden ist, dass ein Trump nicht den „Geist Amerikas“ repräsentiert, sondern bestenfalls eine knappe Hälfte davon, die Nostalgie statt Zukunftsorientierung zur Richtschnur nimmt.
    Wie selektive Wahrnehmung eine Einschätzung bestimmen und zu Erwartungen führen kann, die nicht einmal anatzweise rational begründet oder hinterfragt werden, sei, beispielhaft für manche andere, an der Äußerung von Anja von Lüde ausgeführt.
    – “ Wahlmanipulation durch die Medien“:
    Hier werden Ursache und Wirkung auf den Kopf gestellt. Die Ursachen der Fehleinschätzung liegen in der unzureichenden Analyse der Einstellungen und Verhaltensweisen von Trump-Wählern. Die in der Öffentlichkeit wahrgenommenen Aggressiven, die lauthauls – wie auch bei uns – gegen „political correctness“ wettern, stellen eben nur einen, wenn auch zunehmenden, Teil dieser Wählerschaft dar. Die anderen sind die Heuchler, die sich nicht zu ihren wirklichen Einstellungen bekennen, weil sie diese nicht zu begründen vermögen, sich aber dennoch von unterschweligen Hassgefühlen leiten lassen. Die sind in den Analysen offensichtlich vernachlässigt oder unterschätzt worden.
    Analysen wie diese als „Beschimpfung“ von Wählern darzustellen, wie Frau von Lüde es tut, verdreht Ursache und Wirkung, indem „permanente Beleidigung der Trump-Wähler“ als eigentliche Ursache hingestellt, pausenlose Provokationen und Rundumschläge eines Trump fast gegen jedermann dagegen völlig unterschlagen wird. Dies ist charakteristisch für „populistische“ Denkformen, die sich nicht nur gegen Fremdes, sondern auch gegen rationales Denken abschotten. Die in der Regel mit hochemotionalen Allgemeinurteilen und hassgeprägten Verurteilungen um sich werfen, sich dann bestenfalls mit syllogistischen Verdrehungen in einen Diskurs einschalten.

  3. In fast allen Kommentaren wird unterstellt, dass die amerikanischen Wähler eine rationale Wahl zwischen Trump und Clinton getroffen haben in dem Sinne, dass da zwei Kandidaten waren, die ihr Programm vorgestellt haben und die Wähler den gewählt haben, dessen Programm ihnen am meisten zusagte. Das mag so sein, aber noch können wir nicht in die Gehirne der Menschen schauen.
    Die Kandidaten sind jedoch auch Kandidaten ihrer Parteien. Wenn ich die fast immer knappen Ergebnisse sehe, habe ich den Eindruck, dass es in den USA immer noch eine erhebliche Parteienbindung gibt. Es könnte doch auch sein, dass viele Wähler den Kandidaten «ihrer» Partei wählen, egal wie er aussieht oder was er sagt.
    Orakel haben uns noch vor kurzem gesagt, dass Trump die ganze republikanische Partei in den Abgrund treiben wird. Wegen Trump werden die Wähler die Republikaner nicht mehr wählen. Jetzt sieht es aber in meinen Augen so aus, als haben viele Wähler Trump gewählt, weil sie Republikaner sind.

  4. Dass AfD, „Pegida“ und Co. über den Trump-Sieg jubilieren – wen wundert’s. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Lesenswert denoch ein FAZ-Artikel dazu: „Transatlantiker einer ungewohnten Sorte“
    (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/afd-gratuliert-donald-trump-zum-sieg-bei-us-wahl-2016-14520650.html)
    Dass, wie hier beschrieben, ein Lutz Bachmann Anregungen aus dem reichhaltigen Demagogen-Programm eines Donald Trump bezieht, kann auch nicht überraschen. So, wenn der auf Facebook empfiehlt, umgehend „ein Zimmer für den SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner im Gefangenenlager Guantánamo zu reservieren“ und eine Liste von Namen für den „Tag des Jüngsten Gerichts“ hinzufügt.
    Überraschend eher, dass eine Beatrix von Storch sinniert: „Vieles von dem, was Trump im Wahlkampf gesagt hat, ist kritisch zu sehen.“ Und der rheinland-pfälzische AfD-Landesvorsitzende Uwe Junge assistiert, ein Wahlkampf, wie ihn Trump geführt habe, sei „in Deutschland nicht durchführbar“. Sodass selbst ein André Poggenburg bei allem Jubel meint, ein Donald Trump würde in Deutschland „sicher kritischer betrachtet werden“.
    In anderen Worten: Amerikanische Wähler sind eben doofer als deutsche.
    Ich stelle mir vor, ich würde so etwas hier äußern. Und höre schon den Aufschrei über „Wählerbeschimpfung“ (wie etwa im Leserbrief von Anja von Lüde). Nun kommt das aber von der AfD. Dann ist das natürlich etwas ganz anderes.
    Moral von der Geschicht‘:
    Man gewöhne sich rechtzeitig an die besondere Dialektik von Trump-Wählern, die auch hierzulande Einzug zu halten verspricht: Nachhaltige Lügen, die eine Hillary Clinton zur „Verbrecherin“ machen, prädestinieren einen Donald Trump zum Präsidenten. – Glückwunsch, Herr Präsident!

  5. Ist es nicht zu einfach zu sagen das alle Trump Wähler doof sind. Auf D. übertragen, warum sollte ein Leiharbeiter SPD oder CDU wählen? Er muss nicht völlig verblendet sein um auf AFD zu kommen. Die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien haben ihm alle die letzten 10 Jahre genau 0 geholfen.

  6. Donald Trump ist das Produkt einer Synthese aus persönlicher Egomanie und jenen Medien, die inhaltliche Qualität durch Quoten ersetzen. So einer wie Trump kommt bei Menschen an, die mit der Komplexität der Welt überfordert sind – weil sie ihnen niemand erklärt, neben Eltern und Schule eben auch populäre Medien.

    Der öffentlich-rechtliche WDR kündigt für die Sendung „hart aber fair“ am 14. November eine Diskussion über Trumps Wahlsieg an. Dazu wurde auch Beatrix von Storch (AfD) eingeladen. Man orientiert sich in Köln anscheinend an jenen Vorbildern, denen die USA einen Präsidenten Trump zu verdanken haben und die Briten einen Brexit. Der von immer mehr Medien praktizierte unreflektierte Pluralismus erweist sich (nicht zum ersten Mal) als Steilvorlage für Faschismus.

    Die Programmverantwortlichen der ARD werden künftig nicht behaupten können, sie hätten nichts gewusst. Nein, sie werden ihre Hände nicht in Unschuld waschen können.

  7. An hans

    Es ist überhaupt nicht einfach über jemanden zu sagen, dass er doof ist. Das ist sogar ziemlich kompliziert, weil Doofheit nicht von ungefähr kommt. Sie ist das Ergebnis von mangelnder Bildung, ungerechten Voraussetzungen und persönlichen Voraussetzungen, die ungenügend sind. Ich halte Trump-Wähler in diesem Sinne für doof.

  8. zu @ Stefan Briem
    Dann kann sie ja das Wahlergebnis nicht überrascht haben. Ihre Beschreibung von Trump Wählern stellt sicher die Mehrheit in jedem Land da.

  9. Ich glaube, wir sollten uns an Trump als gewählten Präsidenten der USA gewöhnen. Ihn nehmen, so wie er ist, nicht dauernd „verteufeln“. Er hat einen für uns bisher ungewohnten Wahlkampf geführt. Aber, vielleicht ist das die zukünftige Art?
    Was hat sich in unserer Gesellschaft in den letzten fünfzig Jahren nicht alles geändert?
    Ausdrücke wie „Scheiße“ und „Arschloch“ gab’s praktisch nicht. Jetzt sind sie fast in aller Munde, siehe TV-Programme.
    Zu Trump : Er wird das wenigste von dem umsetzen, was er im Wahlkampf gesagt hat. War doch nicht so wortgenau gemeint…

  10. Sie gehen mir zu leichfüßig üebr das Problem hinweg, Herr hans. Auch doofe Menschen haben eine Verantwortung. Mir will nicht in den Kopf, wie man einen Mann zum Präsidenten wählen kann, von dem niemand genau weiß, was er eigentlich für eine Politik machen will. Für uns Deutsche ist Trump so etwas wie eine Black Box. Das Wort taucht ja immer wieder jetzt auf. Aber für die amerikanischen Wähler galt das doch genauso!
    Ich stehe immer noch fassungslos vor dieser Entscheidung. Wohin wird uns das führen? Vielleicht ist Trump gar nicht so schlimm, wie er im Wahlkampf aufgetreten ist. Das wird man abwarten müssen. Vielleicht enttäuscht er seine Wähler sogar schwer. Das werden wir sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Not in den USA so groß war, um zu rechtfertigen dsass die Menschen dort die Ungewissheit gewählt haben. Einfach aus Wut.
    Bloß keine Referenden bei uns!

  11. zu @ Stefan Briem
    Es ist schon die Frage wer von uns beiden leichtfüßig über Probleme weg geht. Die Tage hat in der FR ein Bericht über private Verschuldung gestanden. In D. sind das 10% der erwachsenen Bevölkerung und in den USA 18%. Wenn sie jedem dieser Menschen noch 2 ihm nahe stehende Menschen zurechnen dann haben sie das Wahlergebnis. Oben habe ich die sehr konkrete Frage gestellt warum ein Leiharbeiter SPD oder CDU wählen sollte wenn doch keine der im Bundestag vertretenen Parteien die letzten 10 Jahre etwas für ihn gemacht hat. Wenn dann noch Milliarden Programme für Flüchtlinge aufgesetzt werden ist dass das ein Grund das Fass überlaufen zu lassen. Ich habe übrigens kein Wort geschrieben das ich das richtig finde. Man sollte aber endlich kapieren was gerade in der westlichen Welt vor sich geht.

  12. @ Klaus Philipp Mertens:

    Sie haben völlig Recht. Die AfD wird von den Medien immer mehr hoffähig gemacht, und hinterher ist das Erstaunen wieder groß,warum diese Leute so bekannt sind und Stimmen fangen können.

    Ausgerechnet Plasberg gehört zu denen, die in ihren Sendungen sehr subjektiv mit den Gästen umgehen und unterschiedlich zu Wort kommen lassen.

    Man sollte solche Sendungen einfach boykottieren, damit die Zuschauerquoten sinken, und die Sendung abgesetzt wird. Um die finanzielle Zukunft des Moderators muss man sich ohnehin keine Sorge machen.

  13. An hans

    „Oben habe ich die sehr konkrete Frage gestellt warum ein Leiharbeiter SPD oder CDU wählen sollte wenn doch keine der im Bundestag vertretenen Parteien die letzten 10 Jahre etwas für ihn gemacht hat.“

    Und warum soll das ein Grund sein, AfD zu wählen? Deren Programm enthält nichts für Leiharbeiter. In der FR stand, die AfD hält die derzeitigen gesetzlichen Regelungen für ausreichend. Währenddessen arbeitet die Groko an Gesetzesänderungen, um den Missbrauch von Leiharbeit durch Unternehmen zu verhindern.

    Auch Ihr Argument mit den Milliarden für die Flüchtlinge halte ich für zu oberflächlich. Niemand hat diese Flüchtlingswelle erwartet. Die Menschen müssen nun einmal versorgt werden. Das sind alles minimale Leistungen. Kein Leiharbeiter kann auf die paar Euro Taschengeld neidisch sein, die ein Flüchtling zuerst bei uns bekommt. Niemand wird einen Flüchtling beneiden, der dann von unseren Regeln dazu verdammt ist, in einem Heim die Zeit totzuschlagen.

    Das alles sind keine Gründe, die AfD oder Trump zu wählen. Der einzige Grund dafür ist die um sich greifende Verdummung durch Internet und Smartphones. Das Internet sollte ja dazu führen, dass wir zu einer Informationsgesellschaft werden. Aber anstatt sich zu informieren, suchen die Wähler sich die Seiten raus, die das sagen was sie glauben. Alles andere ist einfach nicht wahr. So werden die Leute aufgestachelt statt informiert. Und dann laufen sie eben dem ersten hinterher, der weit genug das Maul aufreißt.

    Das sollen mündige Bürger sein? Ich könnte kotzen.

  14. Ich finde es schon stark wie viele Demokratie Feinde es hier gibt. Vor vielen Jahren hat mal ein SPD Vorsitzender den Satz: Mehr Demokratie wagen, gesagt. Dies Person würde heute seine Partei wohl nicht wieder erkennen. Auf die Idee das es wahrscheinlich nicht zu solchen Protestwahlen kommen würde wenn man über einige große Themen das Volk abstimmen lassen würde kommt wohl niemand. Wenn man dem Volk nicht zutraut zu wählen stellt man letztlich die Demokratie in Frage. Warum soll das Volk bei einer Parlamentswahl die richtige Adresse sein und bei einer Abstimmung zu einzelnen Themen unfähig? Das es manchmal Fragen geben kann die nicht mit ja/nein zu beantworten sind mal außen vor. Es gibt auch andere Fragen.

  15. @ all

    Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es zur Frage „Referenden – pro und contra“ hier im FR-Blog den Thread „Als aufmerksamer Politik-Beobachter“ gibt, den ich für besser geeignet halte, dieses Thema zu besprechen, wenn es vertieft werden soll. Darum habe ich den Kommentar von hans dorthin kopiert. Es gibt ihn jetzt zwei mal. Bitte bleiben Sie im Thread „Die Wut der Millionen“ beim Thema US-Wahl.

  16. Es ist schwer eine Meinung nur zur US Wahl zu haben, weil ich nicht genug über die Verhältnisse dort weiß. Ich denke die Probleme sind in der westlichen Welt alle ähnlich und deshalb beziehe ich mich auf D.
    zu @Stefan Briem
    Das was sie als letztes geschrieben haben trifft die Realität auch nur teilweise. Jahrelang sind die von mir als Bespiel genommenen Leiharbeiter einfach in den Bereich der Nichtwähler gewandert. Das haben zwar scheinheilig alle beklagt, aber es war in Wirklichkeit kein Problem. Die Wahlbeteiligung ging zwar zurück, das hat aber niemanden interessiert. Man hat diesen Leuten gesagt für sie ist einfach kein Geld da. Die Bankenrettung und auch die Flüchtlinge haben das als Lüge entlarvt. Das ist die Grundlage die dazu führt das die Leute aus der Wahlenthaltung zurück kommen und merken das es zumindest erst einmal Aufmerksamkeit bringt wenn sie Protest wählen. Die Protestwähler würden auch im Moment bleiben wenn alle Flüchtlinge morgen freiwillig nach Hause gingen. Das Thema hat nur den Startschuss gegeben. Bis jetzt ist es ein Erfolg für die Protestwähler auch in D. Man redet über sie. Das hat man in den letzten Jahren nicht gemacht. Die Welle der Protestwahlen muss jetzt durchlaufen. Bis die Leute merken das es so für sie auch nicht besser wird. Wahlprogramme sind da erst mal Nebensache. Trump hat diese Wähler noch gezielt angesprochen und ihnen das Blaue vom Himmel versprochen. Deshalb und die von mir oben genannte Höhe der Verschuldung der privaten Haushalte in den USA, die ich als Indiz dafür sehe das die Verhältnisse da eher schlimmer als in D.sind, ist es, nach meiner Meinung, in der USA zu dem Ergebnis gekommen.

  17. In den Kommentaren zu dem als Erdrutsch empfundenen Sieg von Donald Trump als neuer US-Präsident wird immer wieder von regierenden „ Eliten“ gesprochen. Wenn, handelt es sich hierbei aber nur um Funktions-Eliten. Der Begriff Elite allein hat nämlich höchst anspruchsvolle Konnotationen – also mitlaufende Bedeutungsinhalte qualitativer Art. Funktionseliten sind ja gerade deshalb gerne auch verhaßt oder werden zumindest mit Argwohn beurteilt , weil sie eben n i c h t im engeren Sinne des Wortes Eliten sind.^^ Daß das sogenannte einfache Volk, die Stammtische, sehr häufig „auf die da oben“ einen Rochus haben ist ja nichts Neues. ^^ In Verachtung schlägt der Rochus aber erst um, wenn zum Beispiel, wie bei Boni süchtigen Investmentbankern, ganz offensichtliche Bereicherungsgier in die Funktionsausübung hineinspielt. Auch und gerade im Journalismus ist semantische Präzision wichtig !!

  18. „So weit, so schlecht. Aber was soll daran nun das Gute sein? Das lässt sich eine Woche nach der Wahl auf den Straßen der USA schon erahnen. Dort skandieren bereits Hunderttausende „Not my President“, dort kommt es zu Demonstrationen und zu Blockaden. Und allerorten in dem riesigen Land wird diskutiert. Eine Gesellschaft politisiert sich wieder, das war überfällig. Zu lange waberte das Land wie in einem riesigen Wattebausch einer immer düsterer werdenden Zukunft entgegen, was jedoch kaum einer erkennen und wahrhaben wollte.“
    http://www.fr-online.de/kolumnen/usa-donald-trump-als-chance,29976192,34937798.html
    So ernst kennt man Michael Herl sonst nicht. Und so überzeugend. Wo andere sich auf Lamentieren verlegen oder mit Allerweltssprüchen wie „nicht so heiß gegessen…“ sich von der Notwendigkeit zu befreien suchen, sich der Wirklichkeit zu stellen, bringt er die Sache – zumindest so weit sie jetzt erkennbar ist – auf den Punkt.
    Das heißt – Avaaz tut es mit seinem Aufruf „Die Welt gegen Donald Trump“ auch.

  19. Den Erklärungsversuchen, die davon ausgehen, Trump sei von den gesellschaftlich und ökonomisch Abgehängten gewählt worden, kann ich nicht zustimmen. Wie es Werner Engelmann an anderer Stelle bereits erläutert hat, setzt sich die Mehrheit der Trump-Wähler ja gerade NICHT aus Angehörigen der wirklich unterprivilegierten Gruppen (der Schwarzen und der Hispanics) zusammen, sondern aus Angehörigen der ungebildeten weißen, männlichen Landbevölkerung, die sich ein Amerika der 50er Jahre zurückwünschen, in dem der weiße Mann „die Schwarzen“ noch in Schach hielt und die Einwanderer aus Mexiko noch als leicht zu handhabende Ausbeutungsobjekte und nicht als rassische Bedrohung erlebte. Es ist eine Bevölkerungsschicht, die es immer als ihr gottgegebenes Vorrecht als Weiße ansah, die ökonomische Macht und das Sagen im Land zu haben, und die jetzt in Panik gerät, weil die Weißen sich zunehmend in der Minderheit befinden.
    In einer kürzlich ausgestrahlten Fernsehsendung stellte ein junger Afro-Amerikaner zu Trumps Spruch „Make America great again“ die Frage: „Welche Phase der Geschichte bezeichnet er denn als „great“? Die Zeit der Rassentrennung oder die der Sklaverei?“
    Die wirklich Unterprivilegierten haben nur zu einem geringen Teil Trump gewählt. Wahrscheinlich sind sie gar nicht zur Wahl gegangen. Und ich fürchte, dieser Präsident wird die ohnehin schon tiefen Gräben zwischen den „Rassen“ in den USA noch vertiefen.
    Die Enttäuschung darüber, dass Präsident Obama so wenig von den sozialen Verbesserungen, die er vorhatte, durchgesetzt hat, ist nebenbei nicht, wie hier z.T. behauptet wird, ihm anzulasten, sondern ist, ebenso wie Trumps Wahlsieg, dem problematischen amerikanischen Regierungssystem geschuldet, bei dem der Regierungschef nicht automatisch die Mehrheit im Parlament auf seiner Seite hat. Und dass die republikanische Mehrheit kaum etwas anderes im Sinn hatte, als Obama Knüppel zwischen die Beine zu werfen, um sein Scheitern herbeizuführen, ist ja bekannt.

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