Naive Auffassungen aus der Kindheit

Die Erde wurde am 23. Oktober 4004 vor Christi Geburt erschaffen. Das ermittelte der anglikanische Theologe James Ussher schon im Jahr 1650 (n.C.), und manche Mitmenschen glauben Derartiges anscheinend noch heute. Ich weiß nicht, ob die Lehramtstudenten, die Professor Dittmar Graf befragen ließ, ebenfalls bestätigen würden, an dieses Datum zu glauben; in jedem Fall aber lehnen 15 Prozent aller Studienanfänger die Evolutionstheorie ab. Die geht auf Charles Darwin und Alfred Russel Wallace zurück und versucht, die Entstehung der Arten und auch des Menschen als Prozess zu verstehen, der viele Jahrmillionen gedauert hat und auch heute noch anhält. Seit ihrer Entstehung hat die Evolutionstheorie dabei selbst ebenfalls eine Evolution durchgemacht. Und wie Wissenschaft eben so ist: Sie bildet keine endgültigen Wahrheiten ab, sondern immer nur den Stand der Kenntnisse – Zwischenschritte auf dem Weg zur Wahrheit.

Diese Studienanfänger zeigen sich erstaunlich uninformiert. Sie halten die Evolutionstheorie für ein Dogma, an das man glauben könne – oder eben nicht. Das legt den Schluss nahe, dass sie vor dem Studium, in der Schule nie mit der Evolutionstheorie konfrontiert wurden. Schwer vorstellbar, dass unsere Schulen derart versagt haben sollen. Auch sieben Prozent der künftigen Biologielehrer lehnen die Evolutionstheorie ab. Professor Graf hat allerdings die Hoffnung, dass diese jungen Leute sich aufklären lassen, bevor man sie auf Schüler loslässt.

Dazu meint Volkmar Taube aus Frankfurt:

„Angesichts der alarmierenden Zahlen von potenziellen Kreationisten unter angehenden Bio-Lehrern verweist Graf darauf, dass Schüler in ihrer schulischen Ausbildung zu spät mit der Evolutionstheorie konfrontiert werden. Die Forderung nach mehr und früher anberaumten Unterricht  ist richtig, reicht aber nicht aus. Wie der renommierte  Kognitionspsychologe Howard Gardner  unter Verweis auf eine erdrückende Fülle empirischer Studien belegt hat, werden früh erworbene kindliche  Denkweisen im schulischen Alltag nur partiell außer Kraft gesetzt. Der Schüler lerne  zwar,   auf ritualisierte  Prüfungsfragen die ‚richtigen‘ Antworten zu geben. Würden diese Fragen aber nur  geringfügig modifiziert, kämen die naiven Auffassungen aus der  Kindheit unvermittelt wieder zum Tragen – wie durch Graf  eindringlich belegt.
Forschungsergebnisse wie die von Gardner machen auf  überraschende Weise Grenzen schulischer Bildungsprozesse sichtbar. Mag sein, dass das  regulierte System Schule mit Begrenztheiten leben muss, aber es gibt Hinweise, dass Reformen sich lohnen. Die allerdings können nicht ernst genommen werden, wenn – wie  bei Bildungspolitikern üblich – Fragen nach den Lernbedingungen, nach Klassengrößen,  Umfang an Lernstoff oder ausuferndem Benotungsdruck, hartnäckig aus der  Betrachtung ausgeklammert werden.“

Matias Leão Rautenberg aus Wiesbaden:

„Dies ewige Spiel mit den scheinbaren Gegensätzen wird solange gehen, solange es nichtwissenschaftliche Interessen gibt, onto- und biogenetische Theorien gegeneinander laufen zu lassen.  Schöpfungstheorien haben in aller Regel einen eschatologischen Anspruch. Biogenetische Theorien befassen sich eher mit dem ‚Woher und wie?‘ von Phänomenen. Ontogenetische Theorien mit dem ‚Wohin und warum?‘
 Was ist der große normative Unterschied zwischen Evolution und Devolution? Er lässt sich nicht beweisen oder widerlegen. Wenn die Schöpfungsredaktoren der Thora den Schwerpunkt auf das ‚Woher und wie?‘ gesetzt hätten, hätten sie ihre Story sicher nicht auf sechs Tage verkürzt. Ihr Ziel ist aber gewesen, dem jüdischen Volk zu erklären, warum sie sich in ihrer Bewusstseinsbildung ausgerechnet im Zustand der Sklaverei befinden. Die Antwort ist: Wir sind selbst daran schuld. Egal wie lange das ‚Woher und wie?‘ gedauert hätte. Der Schöpfungsmythos als Gesamtwerk zeigt aber die Reise  ins ‚Wohin und warum‘.
Da die oberflächlichen Anhänger des  ‚intelligenten Designers‘ mit der  poetischen Verschlüsselung des jüdischen Devolutionsmythos’ nichts anfangen können, sehen sie aus reiner Verbohrtheit die überragende Überlegenheit der Evolutionstheorie nicht ein.“

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67 Kommentare zu “Naive Auffassungen aus der Kindheit

  1. a) Die Hälfte der Briten glaubt nicht an die Evolution, 22 Prozent bevorzugen den Kreationismus.
    b) Mehr als die Hälfte der Engländer kann nicht richtig lesen und schreiben – drei Viertel kann nicht richtig rechnen.

    c) Einer Umfrage des Gallup-Instituts zufolge glauben 66 Prozent der US-Amerikaner, dass „Gott den Menschen innerhalb der vergangenen 10.000 Jahre erschuf“.
    d) 32 Mio. Erwachsene in den USA können keine zusammenhängenden Sätze lesen.

    Ich denke, dass das eine (Ablehnung der Evolution) mit dem anderen (mangelnder Bildung) zu tun hat. Ist der Zusammenhang nicht offensichtlich?

  2. Mag sein, daß dies höhere Wesen die Kreation ganz gut hinbekommen hat, bis auf die Erschaffung der Vernunft.

    Na, das wird noch ein langer Tag…

  3. Ernsthaft, so wie ich Gott verstanden habe, als wir uns mit etwas Zeit zu einem Kaffee trafen, hat er ein ganz wunderbares Programm entworfen, dessen Erfolg er im Laufe der Zeit beobachten wollte.

    Es war ihm bloß zu langweilig erschienen, die folgerichtigen Abläufe bekannter Routinen zu verfolgen, weil er einen Beweis seiner Unfehlbarkeit nun wirklich nicht mehr brauchte.

    Er hat den Zufall erfunden, die Intelligenz und die potenzierte Rückkopplung, kurz: Die Evolution.

    Er hat dies getan, wie er mir verriet, weil es einfach ein unlösbarer Widerspruch ist, gleichzeitig allmächtig und allwissend zu sein.

    Er wollte stattdessen einfach, daß das Leben allen Beteiligten lange Zeit richtig Spaß machen könne.

    Es wäre also besser, mit dem Streiten aufzuhören. Sonst dreht er wieder das Wasser auf…

  4. Zu all diesem Thema erinnere ich mich an einen Artikel in der Züricher Zeitung vom 13.März 1979 mit der Überschrift: Woher kommt der Mensch?
    Dort wird das Zitat von Arthur Kait eines überzeugten Darwinisten abgedruckt, der sagte: Die Evolution ist unbeweisbar und unbewiesen. Wir aber glauben daran, weil die einzige Alternative dazu der Schöpfungsakt eines Gottes ist, und das ist undenkbar!
    Ferner konnte man lesen: Ein Gruppe von Naturwissenschaftlern weisen darauf hin, das diese Theorie gegen grundsätzliche wissenschaftliche Gesetze verstößt, wie gegen die Informationstheorie, der Molekularbiologie usw. Der deprimierende Dogmatismus der Abstammungslehre kann nur verstanden werden, wenn man den Evolutionsgedanken als Philosophie und nicht als Naturwissenschaft versteht.
    -Der Artikel führt weiter Beweiße für diese Darstellung an-
    Ich meine auch, den Darwinismus haben viele Menschen sich zu eigen gemacht, er legitimiert bei ihnen die Gewalttätigkeit. Und versteckt nur die materialistische Philosophie.

  5. … ich vergesse es nie, dass mein Vater meiner Biologielehrerin vor versammelter Elternschaft am Elternabend im Gymnasium einen entzürnten Vortrag darüber hielt, dass ER ganz bestimmt NICHT von einem Affen abstamme…

  6. @W.Schmid #4
    Angesichts der Fülle von Beweisen frage ich mich, wie man behaupten kann, die Evolution sei unbeweisbar und unbewiesen. Dass die Wissenschaft nicht ALLE Fragen beantworten kann, sagt sie sogar selbst. Dennoch sind die Beweise, die für die Evolution sprechen, geradezu erdrückend. Manche wollen sie bloß nicht zur Kenntnis nehmen.

    @Otto #5
    Dass der Mensch vom Affen abstammt, hat selbst Darwin nie behauptet. Es sagte lediglich, dass sie (Affe und Mensch) einen gemeinsamen Vorfahren haben.

  7. @Michael Schöfer
    Nun, das ist ja eigentlich das Problem, mit den „Füllen von Beweisen“. Auch die Archäologie besitzt eine Fülle von Beweisen – aber in vielen Archiven ruhen Fundstücke, welche so manche „Entdeckung“ schlecht aussehen lassen. So ist es auch mit der Evolutionstheorie. Steine kann man ja zum Beispiel nicht „Altersbestimmen“ wie man es mit und bei organischen Material feststellt und mißt.
    Und da ist zum ersten diese Messungen der Altersbestimmungen, die stimmen selten. Beim genauen Hinsehen, kommt man zu dem Ergebnis, man will es so sehen.
    Auch dann, die Menschheitsentwicklung! Sie soll in einer Evolution sich entwickelt haben. Beim Vergleich der vielen Jahre stutzt man, da kann man nachlesen, dass es Kulturen gab, die vor dem Neandertaler zum Beispiel, an unsere heutige heranreicht oder sogar im Wissen über uns stand!?
    Und?

  8. @ 8.Werner Thiele-Schlesier

    “Du, Papa, stammen wir vom Affen ab?”
    “Du vielleicht! Ich nicht!

    Die Subtilität dieses Witzes muss Leuten wie W.Schmid, glaube ich doch leider erklärt werden, sonst glauben sie noch sie bekämen Argumentationshilfe:

    Wenn Der Vater immerhin die Möglichkeit einräumt, dass sein Sohn vom Affen abstamme, wenn auch nicht durch ihn, dann muss die Linie wohl über seine Frau, die Mutter des Jungen gelaufen sein.

    Als Anhänger der Evolution kann ich da die „Last“ als gleichermaßen verteilt sehen.

  9. @9.Werner Thiele.Schlesier
    Danke, das Sie „Leuten“ wie ich es bin, Argumentationshilfen geben. Als bekennender und gläubiger Evolutionist wäre es ja ein Sakrileg, wenn ihr Glaube Schaden nehmen würde. Auch neigen ja die Gläubigen zum Fanatismus und sind gefährlich, sachlich und prüfend kann man da nicht kommen!

  10. @ W.Schmid

    Ich verstehe nicht, welche Position Sie vertreten. Argumentieren Sie gegen die Evolutionslehre auf der Ebene des ‘Woher und wie?’, also der (natur-)wissenschaftlichen Erkenntnis, oder des ‘Wohin und warum?’, der Ebene der Weltaunschauung, wie es Matias Leão Rautenberg recht präzise differenziert hat?

    Wenn Sie vom wissenschaftlichen Standpunkt die auf Evolution bassierende Erklärungen der Entstehung der Arten in Frage stellen, welches Gegenmodell bieten Sie an? Welche wissenschaftliche Beweise können Sie für eine mögliche Gegenthese, etwa einer unveränderlichen Existenz der Arten seit der Entstehung des Lebens, vorweisen?

  11. @ 10. W.Schmid

    Entschuldigen Sie werter Herr Schmidt,

    aber wenn ihr Kreationistenglaube so scharf blickt, wie sie hier lesen, dann sehe ich schwarz.

    Es war nicht Werner Thiele-Schlesier, sondern ich, der Ihnen Hilfe anbot.

    Die Art, wie Sie diese zurückwiesen, empfinde ich als ungehörig und vor allen Dingen unlogisch: Sie als Kreationist „glauben“, während ich mich auf gemeinhin als gesichert anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse, also Wissen stütze, das Sie hier nicht widerlegten, ihrer eignen These mit Glauben auch gar nicht widerlegen können. Wer also Ihrem Diktum nach der Fantiker ist, stelle ich Ihnen nach erneutem Nachdenken Ihrerseits anheim.

    P.S.: Vielleicht erklären Sie mir ja einmal den Witz von Werner Thiele-Schlesier, falls Sie meinen, ich hätte ihn nicht verstanden?

  12. Natürlich ist die Welt von Gott in sechs Tagen erschaffen worden. So sicher, wie die Erde eine Scheibe ist und Schweine fliegen können. Wie kann man daran nur zweifeln?

  13. @ Bonski (Ich schreibe hier von einem anderen Rechner)
    @ All
    Wer hier schon länger liest, weiss, dass ich eher Atheist bin. Jeder Gläubige, meint auf den Beweis verzichten zu können, dass es Gott gibt. Auf diesem Unwissen dann aber Lehren (Leeren) aufzubauen, isdt m.E.n. lächerlich

  14. @ # 13 Napez

    Auch Sie scheinen, wie die Kraetionisten, die beiden Ebenen zu vermischen. Das Konzept, Gott habe die Welt erschaffen, bewegt sich auf der Ebene des ‘Wohin und warum?’, nicht auf der naturwissenschaftlichen Ebene prüfbarer Fakten des ‘Woher und wie?’.

    Wissenschaftliche Fragen lassen sich nicht durch Glauben klären, Glaubensfragen aber auch nicht durch Wissenschaft.

  15. @ # 14 Werner Thiele-Schlesier

    Wie oft müssen wir die Diskussion widerholen? Können Sie beweisen, dass es Emotionen wie Liebe, Glück und Hass gibt? Sie können diese erleben, wissenschaftlich aber nur deren „Außenwirkung“ feststellen.

    Die Wahrnehmung (und das Bewußtsein) des Menschen ist doch nicht nur auf die materielle Welt begrenzt, die wir mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschen können.

    Sie brauchen religiöse Konzepte nicht teilen, Sie müssen sie auch nicht verstehen wollen. Warum wollen Sie aber anderen die innere Berechtigung für Religiosität absprechen?

  16. @.12 j.u.t
    Sie haben Recht, da möchte ich mich auch bei Herrn Werner Thiele-Schlesier entschuldigen.
    Aber auch Sie, scheinen nicht so richtig zu lesen, mein Name schreiben Sie falsch!
    Nun, ich glaube, dieser „Hickhack“ führt zu nichts. Ich habe ja nur den Kommentar aus der Züricher Zeitung hier eingeworfen, weil es mir doch sehr zu denken gab und gibt, was die Evolutionstheorie so beinhaltet und eine leise Hoffnung in mir getragen, vielleicht richtungsweisende Antworten zu finden.
    In dem genannten Artikel – der stammt nicht von mir – wurden sehr viele Gegenargument angeführt. Ein weiteres Beispiel (alles hier aufzuführen ist nicht möglich!): Wenn die Erde so alt ist, wie gesagt wird, so haben Geologen ausgerechnet, dass durch den Einfall von Universumstaub die Meere heute nur noch breiig wären.
    Und so findet man weitere Argumente.
    Ich bin heute der Auffassung – das darf ich doch sein, ohne als „Leute“ usw abfällig bezeichnet zu werden – dass in den Religionen, und da ist nicht nur die Christliche gemeint, vieles verbogen wurde und ebenso in der Evolutionstheorie.
    Die Frage ist doch auch, welche Lehre, Theorie oder Tatsache hilft dem Menschen?
    Wieso nehmen sich in unserem Land alleine an die 35000 Menschen das leben?
    Wieso kann ein vernuftbegabtes Wesen morden?
    Wieso gibt es soviel Haß?

  17. @W.Schmid #18 Alter der Erde

    Hier ähnliches Beispiel für die absurde Argumentation der Vertreter der Schöpfungsgeschichte:

    Zitat: „Die Astronomen berichten, dass die weitest entfernten Himmelskörper bis 18 Milliarden Lichtjahre weit weg seien. Das würde bedeuten, dass das Universum mindestens 18 Milliarden Jahre alt ist. Stimmt daher die Schöpfungsgeschichte der Bibel doch nicht, in der steht, dass Gott Himmel und Erde in nur 6 Tagen gemacht habe? Dieser Widerspruch lässt sich auf verschiedene Art lösen. Eine Möglichkeit ist folgende: Man macht folgende Annahmen: Die Lichtgeschwindigkeit ist unendlich gross, wenn das Licht auf uns zukommt, aber nur die Hälfte des konventionellen Wertes, wenn es sich von uns entfernt. Dann sieht man die sehr weit entfernten Sterne sofort, sobald sie geschaffen wurden. Die gemessene Lichtgeschwindigkeit bleibt unverändert. Daher ist es möglich, dass das Weltall nur 6000 Jahre alt ist, dessen Ausdehnung aber 18 Milliarden Lichtjahre sein kann. Die ersten Menschen haben daher auch die weit entfernten Sterne sofort gesehen, trotzdem diese viele Lichtjahre entfernt sind. Die Annahme einer richtungsabhängigen unterschiedlichen Lichtgeschwindigkeit ist zwar schwer verständlich. Aber die übliche Annahme einer von der Geschwindigkeit der Lichtquelle unabhängigen konstanten Lichtgeschwindigkeit ist ebenso unverständlich.“ Quelle: http://www.intelligente-schoepfung.ch/

    Nimmt man an, die Lichtgeschwindigkeit sei wirklich unendlich groß, wenn das Licht auf uns zukommt, steht ein Alter des Universums von lediglich 6.000 Jahren in der Tat nicht im Widerspruch zu 18 Milliarden Lichtjahre entfernten Himmelskörpern. Bedauerlicherweise – für die Vertreter des Intelligent Design – präsentieren sie für ihre Behauptung keinerlei verifizierbare Belege. Dafür, daß die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, gibt es hingegen eine Fülle von Beweisen.

  18. @ # 17 Michael Schöfer

    „Wer hat Gott erschaffen? Und wann?“

    Das sind durchaus Fragen, die auch innerhalb einer Religion diskutiert werden. Eine mögliche Antwort: Das erste Wort der hebräischen Bibel, Bereschit, bedeutet nicht „Am Anfang“, sondern „Im Anfang“. Dies will sagen, dass es kein „vorher“ vor dem Schöpfungsakt gab.

    Wenn Ihnen das zu „sophistisch“ erscheint, dann verweise ich an die moderne Physik. Die ist auch der Ansicht, dass mit dem Urknall Raum und Zeit entstanden sind und es ken „davor“ oder „wo“ gab. Womit ich nicht Gott mit Physik verweisen will, sondern nur andeute, dass bei Beschreibung von Phenomenen, die sich unserer täglichen Wahrnehmung entziehen, unser „Denkvermögen“ an seine Grenzen stößt.

  19. @ # W.Schmid

    Alle die von Ihnen gestellten berechtigten schwerwiegenden Fragen und die Antworten, die darauf die Religionen (oder andere Weltanschauungen)zu geben versuchen, können wir doch diskutieren, ohne die Evolutionslehre in Frage zu stellen. Die Religionen sind doch weit mehr, als „naive Auffassungen aus der Kindheit“.

  20. #17, Michael Schöfer,

    1.Frage : Ein Mensch, als er sich zum ersten Male fürchtete.

    2.Frage : Bei einem schweren Gewitter, zig-tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung.

    Beweise habe ich leider keine. (Aber es klingt doch glaubwürdig ?)

  21. O Gott was hast Du Dir dabei gedacht?
    Was für verbrecherische Gedanken muß man haben,
    die Menschen leben zu lassen um sie eines Tages sterben zu lassen.Warum gibst Du aus unerforscherlicher Weisheit den kuriosesten Menschen Geld in die Hand,vermutlich weil sie sonst verhungern.
    Oder gibt es Dich nur ,damit wir einen Sündenbock haben?
    Hast Du die Welt erschaffen um danach zu gieren uns zu erniedrigen?

    Du schaffst das Böse,damit wir an Dich glauben,wäre es nicht einfacher gewesen ,wenn es das Böse nicht geben würde?
    „wir bräuchten Dich nicht“
    Du sendest Leiden um der Menschheit das Gefühl für Religion zu geben.
    „Vor jedem Gericht der Welt würdest Du Lebenslänglich bekommen“
    Kann es sein lieber Gott,dass Du auch die Hölle verwaltest ?
    Du mußt viel schlafen,wie sonst könnte der teufel so viel anrichten!
    Wäre die Welt nicht schöner ohne Menschen,warum tust Du Dir und uns das an?
    Sind die Affen eventuell die besseren Menschen,weil Du sie nicht ereichst und sie sich Deinem Einfluß entziehen?
    Sind es die Affen ,die das Paradies noch gar nicht verlassen haben?

    Fazit:Die Herrlichkeit der Welt geht einher mit der Herrlichkeit des Geistes,wobei, der Gute hat sein Paradies auf Erden und der schlechte genießt schon die Hölle auf Erden.

  22. Die eigentliche Trennlinie verläuft bei solchen Diskussionen zwischen Aufgeklärtheit und Borniertheit, und keineswegs, wie so manche Exponenten sich einzubilden pflegen, zwischen einem wissenschaftlichen Weltbild, das sozusagen automatisch Rationalität für sich beanspruchen könnte, und vermeintlich irrationalem religiösem Glauben.

    Menschen sind zu allen Zeiten auf Orientierungen für ihr In-der-Welt-Sein angewiesen, und und in dieser Hinsicht stellt jede kulturgeschichtliche Epoche bestimmte Grundmuster bereit, innerhalb derer die Menschen sich relativ fraglos bewegen. Das Kennzeichen unseres zeitgenössischen alltäglichen Weltverständnisses ist eine Wissenschafts-GLÄUBIGKEIT, die mit Aufklärung und Rationalität genauso viel oder sowenig zu tun hat wie die dogmatische Anerkenntnis des wortlauts der Schöpfungsgeschichte als historische Wahrheit. Beide sind gleichermaßen borniert, ergänzen sich und gleichen sich bis in die Sprache hinein. So wie das zeitgenössische Alltagsbewusstsein ehrfurchtsvoll jede im Gestus der wissenschaftlichen Erkenntnis daherkommende Weisheit kritiklos zu übernehmen bereit ist – mangels der erforderlichen Sachkompetenz bleibt ihm auch gar nichts anderes übrig, als zu GLAUBEN, so sind die Kreationisten keineswegs naive Gläubige des Schöpfungsmythos, sondern sind um einen wissenschaftlichen Nachweis ihrer Dogmatik bemüht. Noch ein Luther war keineswegs Kreationist in diesem Sinne, sondern er hätte ich der selbstverständlichen Annahme, dass die Bibel in jeder Hinsicht die WAHRHEIT enthalte, überhaupt nicht verstanden, wie man solche Dispute führen kann, von den Kirchenvätern und den mittelalterlichen Philosophen-Theologen ganz zu schweigen.

    Ein sinnfälliges Musterbeispiel für die Irrationalität des zeitgenössisch-modernen Glaubens ist der Beitrag von Rautenberg mit seiner bunten, aus wissenschaftlichen Termini und scheinrationalen Erklärungen bunt zusammengewürfelten Mischung.
    Dabei ist das ein einziger begrifflicher und gedanklicher Schmarren, was man aber nicht versteht, weil man es sowieso nicht versteht. Was soll zum Beispiel schon der Eingangssatz bedeuten:
    „Dies ewige Spiel mit den scheinbaren Gegensätzen wird solange gehen, solange es nichtwissenschaftliche Interessen gibt, onto- und biogenetische Theorien gegeneinander laufen zu lassen“?
    Der Begriff „Ontogenese“ kennzeichnet die individuelle Entstehung und Entwicklung eines Lebewesens im allgemeinen und eines Menschen im besonderen. Der Gegenberiff ist die „Phylogenese“, welche die stammesgeschichtliche Entwicklung bezeichnet. die „Biogenese“ ist das biologische, die „Psychogenese“ das psychische Moment der Ontogenese. In der Biogenese, zumal im Embrionalzustand, rekapituliert nach älteren biologischen Theorien das Individuum die Stammesgeschichte noch einmal im schnellen Durchlauf.

    Was so mit dem Satz „Biogenetische Theorien befassen sich eher mit dem ‘Woher und wie?’ von Phänomenen. Ontogenetische Theorien mit dem ‘Wohin und warum?“ gemeint sein soll, ist so für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Vielleicht folgt Rautenberg hier selber einem „nichtwissenschaftlichen Interesse“, „onto- und biogenetische Theorien gegeneinander laufen zu lassen“.

    Weiter: „Schöpfungstheorien haben in aller Regel einen eschatologischen Anspruch“.
    Was der „Anspruch“ hier zu suchen hat, ist mir unklar, klar ist jedoch, dass „Eschatologie“ die Lehre von der Endzeit ist, wogegen Schöpfungsmythen eindeutig die Lehre von der Anfangszeit darstellt und, mit anderen Worten, erklären soll, was ist, und nicht, was sein wird.

    Weiter: „Wenn die Schöpfungsredaktoren der Thora den Schwerpunkt auf das ‘Woher und wie?’ gesetzt hätten, hätten sie ihre Story sicher nicht auf sechs Tage verkürzt. Ihr Ziel ist aber gewesen, dem jüdischen Volk zu erklären, warum sie sich in ihrer Bewusstseinsbildung ausgerechnet im Zustand der Sklaverei befinden.“

    Nun, die „Schöpfungsredaktoren“ waren meines Wissens Esra und Nehemia. Unter ihrer Ägide wurden die Schriften kanonisiert, als der Perserkönig Kyros „das jüdische Volk“ just aus der babylonischen Sklaverei befreit hatte.

    Es gibt allerdings eine andere Schrift, in der die Abhängigkeit der Israeliten, zwar nicht als Sklaven, aber als Staatsvolk, ideologisch begründet wird. Das ist das 1. Buch Samuel. Da kommen die Israeliten zu ihrem „Richter“ und fordern, „Wir wollen einen König haben, wie die anderen Völker auch“. Samuel ist entsetzt und antwortet: „Aber Jahwe ist euer König“. Als sie keine Ruhe geben, warnt er sie: „Na schön, ihr sollt einen König haben, aber beschwert euch anschließend nicht, dass er hohe Steuern von euch nimmt und eure Söhne in den Krieg schickt! Dann denkt daran: Ihr habt es nicht besser gewollt!“, worauf die späteren Könige dann vermutlich bei jeder Streikdrohung mit dem Finger gedeutet haben.

    Mit dem Schöpfungsbericht hat das nüscht zu tun, und wenn Rautenberg und andere sich nicht in die Lage eines müden und abgearbeiteten archaischen Ackerbauern und Handwerkers oder Viehzüchter-Nomaden versetzen können, der die Geschichte von den sechs Tagen als Kind schon in der Hütte oder dem Zelt mit Staunen von seinem Großvater erzählt bekam, sich vorstellt, wie Gott am Abend sah, dass er Immenses geschaffen hat und dass sein Werk gut war, und ihm solcherart anhand seiner eigenen Lebenswirklichkeit selber mythisch-sinnbildhaft deutlich wurde, wie unermesslich groß im Vergleich zu ihm der Schöpfer einer so gewaltigen Schöpfung sein muss, dann können diese ebenso einpacken wie Menschen mit ihrem ebenfalls durch Wissenschaftsgläubigkeit verdorbenem Gehirn, die sich anschicken, akribisch auszurechnen, wann genau und in welchem Jahr diese Woche gewesen sein muss, Dann kann ich nur sagen: in beider Gehirne müsste es mal zu einem gewaltigen Urknall kommen, der aus dem Nichts eine geordnete Welt entstehen ließe.

  23. @ #24

    Schade das solche Diskussionsansätze allzuschnell in relativierende Belanglosigkeiten abgleiten:

    „So wie das zeitgenössische Alltagsbewusstsein ehrfurchtsvoll jede im Gestus der wissenschaftlichen Erkenntnis daherkommende Weisheit kritiklos zu übernehmen bereit ist – mangels der erforderlichen Sachkompetenz bleibt ihm auch gar nichts anderes übrig, als zu GLAUBEN“

    Eine solche Aussage ist per se nicht haltbar!, natürlich „glaubt“ eine Person die keine Kenntnis wissenschaftlicher Arbeitsweisen hat was ihr unter dem Deckmantel „Wissenschaft“ serviert wird; leider! Einem jeden Menschen sollte es aber möglich sein solche vermeintlich wissenschaftlichen Aussagen kritisch zu würdigen. Letzteres geht den Menschen mehrheitlich ab. Dazu muß niemand alle Fächer inhaltlich durchdringen. Wer es sich einfach macht präferiert sowieso Glaubensinhalt…

    Auch ist es bezeichnen dreist zu behaupten:

    “ so sind die Kreationisten keineswegs naive Gläubige des Schöpfungsmythos, sondern sind um einen wissenschaftlichen Nachweis ihrer Dogmatik bemüht. “

    Das ist ein Affront gegen jede Form naturwissenschaftlicher Arbeit an sich. Selbstverständlich sind Kreationisten mit ihren erbärmlichen vorsienzistischen Ansätzen naive Gläubige. Was Ihnen für sich nicht vorzuwerfen ist. Allerdings stehlen diese tanszenten und inhaltslosen Überlegungen den Naturwissenschaftler nur Lebbenszeit. Es gibt hier, entgegen der bloßen Behauptung, keine rational nachvollziehbare Möglichkeit das wirre Geschwurbel von Kreationisten sachlich zu diskutieren, da von dieser Seite faktisch nichts belastbares vorgelegt wird.

    Im übrigen ist die allgemeine Denkfaulheit meiner Mitmenschen, so diese „Wissenschaft als Heislerwartung“ sehen, nicht mein Problem solange niemand zu Handlungen wieder Naturwissenschaft unf FDGO aufruft.

    Abschließend:

    „Die eigentliche Trennlinie verläuft bei solchen Diskussionen zwischen Aufgeklärtheit und Borniertheit, und keineswegs, wie so manche Exponenten sich einzubilden pflegen, zwischen einem wissenschaftlichen Weltbild, das sozusagen automatisch Rationalität für sich beanspruchen könnte, und vermeintlich irrationalem religiösem Glauben.“

    Dazu ist festustellen:

    Religiöser Glaube = Nicht Wissen ist nach naturwiss. Maßstäben, in Abhängigkeit vom angesetzten Bezugssystem selbstverständlich irrational und entzieht sich so jeder einordnender Wertung. Schwafelnde Beliebigkeit die nur zum ideologischen Kampf um die Köpfe und Herzen der „Gläubigen“ dient.

    Haben Sie selbst nicht verstanden was Naturwissenschaft beinhaltet oder versuchen Sie so lediglich irrationale Betrachtungsweisen rethorisch auf eine Stufe mit Naturwissenschaft zu stellen?

    Kreationsimus mag seinen Platz haben, bei den Naturwissenschaften liegt er jedenfalls nicht.

    Gruß Karl

  24. Sehr geehrter Herr Karl,

    ich fühle mich gemeinhin sehr verantwortlich für das, was ich sage und schreibe, nicht hingegen dafür, dass es Leser gibt, die meine Gedanken „allzuschnell in relativierende Belanglosigkeiten“ umdeuten.

    Wenn sie sich entschließen können, ihre moralisch abwertenden Äußerungen mir gegenüber, wie sich sich im Attribut „dreist“ manifestieren, belangvoll zu relativieren, das muss ja, da Besonnenheit nie schadet, nicht allzuschnell passieren, dann erkläre ich ihnen ggf. gerne ihr eklatantes Missverständnis meiner Aussagen.

    In der Zwischenzeit können sie ja einem Schwachkopf wie mir, der „nicht verstanden hat, was Naturwissenschaft beinhaltet“, dies gerne erklären, aber bitte mit Geduld und Verständnis für meine Beschränktheit, gell?

    Ich hätte ihnen ansonsten für die weitere Diskussion z.B. die Unterscheidung zwischen „irrational“ im Sinne von „vernunftwidrig“ und „transzendent“ im Sinne von „die menschliche Vernunfterkenntnis übersteigend“ vorgeschlagen im Wörterbuch nachzuschlagen.

    Allein, nicht ahnend, dass ich hier vor dem Richterstuhl der Vernunft lande, der sein „abschließendes“ Urteil „nach naturwiss. Maßstäben“ fällt und die Urteilsbegründung einleitet mit dem kategorischen „Dazu ist festzustellen“, habe ich dazu nichts weiteres festzustellen.

  25. Um meine ideologiekritische Differenzierung hier noch einmal politisch zuzuspitzen: Die Kreationisten, sofern das Phänomen um sich greift und sie mit missionarischem und weltverbesserischem Eifer Einfluss auf die säkulare Gesellschaft zu gewinnen suchen, stellen eine Bedrohung für diese dar. Um sie und ihren einfluss zurückzudrängen, bilden aber tunlichst die vernunft-orientierten Gläubigen und Nichtgläubigen eine gemeinsame Front, unter Hintanstellung, was nicht heißt: Leugnung, ihrer weltanschaulichen Differenzen.

    Um das Phänomen wirksam bekämpfen zu können, ist es aber zunächst unabdingbar, sein relativ plötzliches Auftreten und den massenhaften Zuspruch aus dem Bedingungen der Zeit heraus zu begreifen. Wer eine bessere Erklärung dafür hat als ich: Ich bin begierig, sie zu erfahren.

    @ Abraham

    Die Differenzierung, das „Woher und Wie?“ ziele auf (natur-)wissenschaftliche Erkenntnis, das ‘Wohin und warum?’, auf die „Ebene der Weltaunschauung“, ist keineswegs so präzise, wie du annimmst und m.E. wenig geeignet, die Unterscheidung zu kennzeichnen, auf die du hier abzuzielen scheinst.

    Das Fragewort „Warum“ ist im deutschen nämlich logisch doppelsinnig, es kann einmal causal nach einer Ursache fragen und zum anderen final nach einem Zweck („Warum fährst du bei rot über die Ampel?“ a) weil ich sie übersehen habe (Ursache), b) weil ich nicht zu spät kommen will (Zweck). Kann ggf. sogar auch noch nach dem „Wie“ der begleitenden Umstände fragen, steht insofern also zumindest nicht im eindeutigen Gegensatz zum „Woher“ und Wie?“.
    Zudem ist das „Wohin“ nicht eindeutig zweckgerichtet, sondern drückt im Horizont religiöser Fragestellung eher tatsächlich die Eschatologie aus, also eine Erwartung des Wegziels.

    Wieso also nicht stattdessen die klassische Unterscheidung zwischen „Erkenntnis“ und „Sinn“? Nach beidem suchen und streben die Menschen, jedoch ist eben (wissenschaftliche) Erkenntnis nicht sinnstiftend für ihr Leben und gibt ihnen auch keine Antworten auf die existenziellen und transzendenten Fragen, die die Vernunft nicht endgültig beantorten kann, die sie aber deswegen, so, wie sie beschaffen ist, nicht zu stellen aufhört (Kant). Wer umgekehrt die vielfältigen Antworten, die Menschen auf diese Vernunftfragen (!) geben, „nach naturwiss. Maßstäben“ misst und umstandslos für irrational erklärt, unterliegt dem zeitgenössischen Glauben an die Sinnstiftung der Wissenschaft für das Leben. Die modernen Gebetbücher sind solchen Zeitgenossen Vitamin- und Eiweißtabellen, und ihre Kniebeugen machen sie statt in der Kirche in ihren Muckibuden. That’s Ratio versus Irrationalität.

    Deine Antworten scheinen mir in dieser Hinsicht etwas zwiespältig und unausgegoren. Einmal verfällst du dichotomischem Denken und sagst: „Wissenschaftliche Fragen lassen sich nicht durch Glauben klären, Glaubensfragen aber auch nicht durch Wissenschaft“, dann, statt selbstbewusst bei deiner Deutung des Beginns der Schöpfungsgeschichte zu verweilen, sagst du: „Wenn Ihnen das zu “sophistisch” erscheint, dann verweise ich an die moderne Physik“.

    Dabei finde ich deine entsprechende Differenzierung von „Am Anfang“ durch „Im Anfang“ in der hebräischen Bibel und deine Deutung daraus höchst aufschlussreich. Aber für unsereinen schreibst du wohl nicht. Deine Deutung wird gestützt, ja verstärkt, durch die griechischen und lateinischen Bibelübersetzungen bzw. -texte. Das „Am Anfang …“ der Lutherschen deutschen Übersetzung stellt hier eine ungemäße Vereinseitigung dar. Der griechisch schreibende Johannes greift im Prolog seines Evangeliums die Worte der Schöpfungsgeschichte wieder auf und schreibt : „En arche en ho logos“, „Im Ursprung war der Logos“. Das Wort „Arche“ war ein zentraler Begriff der vorsokratischen griechischen Philosophen, die mit Vernunft-Argumenten nach dem Ursprung des Seienden suchten, nicht temporal gedacht, sondern im Sinne von „bestimmende Ursache“, lateinisch sinnhaft übersetzt mit „in principio“, was heißt: Gott ist ursächlich für die Welt.

    Diese Aussage steht der symbolischen Erzählung des Werks von sechs Tagen voraus, deren Sinnghalt: Trennung von Feuchtem und Trockenem, Entstehung des Lebendigen, sich gleichwohl zu vergegenwärtigen lohnt und in der Elementenlehre der von der jüdischen Bibel gänzlich unbeleckten vorsokratischen Philosophen seine Entsprechung findet.

    Auf die „berechtigten schwerwiegenden Fragen“ von M. Schöfer und W. Schmid referiere ich bei Interesse gerne noch die Antworten der Philosophen.

    Hier noch der Hinweis, dass auch in der christlichen, zumal der katholischen, Theologie die Frage des Verhältnisses von Vernunft und Glaube seit jeher eine bedeutsame Rolle spielt. Im elften Jahrhundert war das einer der zentralen Diskussionsgegenstände zwischen den theologischen und philosophischen Geistesgrößen der Zeit.

    „Credo, ut intelligam“ („Ich glaube, damit ich erkennen kann“) war der Leitspruch von Anselm, der kein Geringerer war als der Erzbischof von Canterbury, ein früher Vorläufer auf dem Stuhl des jetzigen geistlichen Oberhauptes der anglikanischen Kirche, und sein Gegenpart, Peter Abelard, eine der tragischsten Figuren der Kirchengeschichte, hält dagegen: „“intelligo ut credam“, Gott hat mir die Vernunft gegeben, durch deren Gebrauch ich zum Glauben finden kann.

    P.S. Zur Tragik der Gestalt gehört neben den Anfeindungen durch mächtige Kirchenmänner auch die tragischste Liebesgeschichte, die sich denken lässt und die die Fantasie und die Gemüter der Nachwelt bis in die jüngere Zeit erregt hat. Der einflussreiche Onkel von Abelards Schülerin und junger Geliebten Heloïse hat die Verbindung hintertrieben und Abelard entmannen lassen. sie gingen beide ins Kloster und schrieben sich bis zu seinem Tod herzanrührende Liebesbriefe, pflegten aber auch einen philosophisch-theologischen Austausch, wobei Heloïse sich als ihm ebenbürtige Denkerin auf der Höhe der Zeit erwies. Nach seinem Tod ließ sie seinen Leichnam in ihr Kloster überführen, um sich nach ihrem Tod neben ihm bestatten lassen zu können. Die französischen Revolutionäre, nicht frei von Sentimentalität, exhumierten das Paar und errichteten ihm auf einem Pariser Friedhof ein Ehrengrab.

  26. @ # 27

    Lieber Heinrich, bitte um Nachsicht für meine Unzulänglichkeiten, aber bei mindesten dritten Widerholen der gleichen Diskussion fehlt mir für sorgfältigere Formulierungen neben Zeit auch die Geduld.

    Daher schließe ich mich (ganz unironisch) deinen besseren Argumenten an. Ohnehin kommt es mir hier an die von dir angemahnte gemeinsame Front der „vernunft-orientierten Gläubigen und Nichtgläubigen“ gegen die Krationisten, die wir beide wohl bilden.

    Wer an seinem Gottesglauben festhalten will, muss Darwin nicht negieren. Wer Darwin verteidigen will, muss nicht den Gottesglauben angreifen. Wäre das die gemeinsame Front?

    Dass die Kreationisten für die Gesellschaft in den USA gefährlich sind, darin stimme ich dir zu. Einen wachsenden Einfluss in Deutschland sehe ich aber nicht.

    Die 15 % der Studienanfänger, die die Evolutionstheorie „ablehnen“, werden wahrscheinlich nicht in der Lage sein, deren Inhalt einigermaßen widerzugeben, so wie sie kaum die religiöseBedeutung der Schöpfungsgeschichte erklären werden können.

    In meiner Zeit an der Uni habe ich erlebt, dass über 50 % der Leharmtskandidaten in einer Klausur zur theorethischen Mechanik nicht in der Lage waren, eine gültige Gleichung zu erkennen, obwohl dazu allein die Einheitenprobe reichte (d.h. dass links und rechts des Gleichheitszeichens die gleiche physikalische Größe, z.B. Masse mal Geschwindigkeit, stehen muss).

  27. @ Abraham

    „… bei mindesten dritten Widerholen der gleichen Diskussion fehlt mir für sorgfältigere Formulierungen neben Zeit auch die Geduld“. Dann solltest du vielleicht deine knappe Zeit nicht mit Bloggen verbringen. Dessen Sinn besteht doch in der ewiggleichen Wiederholung derselben Weisheiten durch dieselben Leute, worin denn sonst?

    „Wer an seinem Gottesglauben festhalten will, muss Darwin nicht negieren. Wer Darwin verteidigen will, muss nicht den Gottesglauben angreifen. Wäre das die gemeinsame Front?“

    Durchaus! Wer die Evolutionstheorie in Frage stellen möchte, sollte das innerwissenschaftlich mit den dort anerkannten und etablierten Verfahren tun, wie es einige zeitgenössische Biologen durchaus tun. Übrigens hatte gut fünfzig Jahre vor der Veröffentlichung von „Über die Entstehung der Arten …“ schon Lamarck eine Evolutionstheorie formuliert, auf die neben Darwin auch Sigmund Freud und Friedrich Engels zurückgreifen.

    Friedrich Engels wusste denn auch als einer der Frühen die Bedeutung Darwins in seiner „Dialektik der Natur“ zu würdigen, und es ist nur wenig bekannt, dass Darwins Einsichten erst in den dreißiger Jahren durch die Nazis in den Schulen zur Geltung gebracht und mit ihren „sozialdarwinistischen“ rassistischen Theorien in Verbindung gebracht wurde, von denen Darwins Darstellung selber wohl nicht ganz frei ist.

    Friedrich Engels jedoch, der zu den dezidiertesten und wissenschaftlich fundiertesten atheistisch-materialistischen Denkern seiner Zeit zu zählen ist, erklärt die von ihm so genannte „Grundfrage der Philosophie“, die Entscheidung zwischen „Materialismus und Idealismus“ ausdrücklich eben zur Entscheidungsfrage, wonach gute Gründe für den Vorrang des Materialismus gebe, im strengen Sinne aber keine Beweise.

    Mit der Frage “Wer hat Gott erschaffen? Und wann?” glaubt Michael Schöfer wohl, die Schöpfungsfrage ad absurdum geführt zu haben. Er ist allerdings keineswegs der erste, dem das logische Problem in dem Zusammenhang aufgefallen ist. Der großen Logiker Aristoteles (384-322 v.u.Z.), der die bis heute entscheidenden logischen Sätze geprägt hat, hat das lange vor ihm gesehen.

    Die beiden wesentlichen Sätze sind der Satz des Widerspruchs und der Satz vom zureichenden Grund. Nach dem letzten muss es für alles, was ist, eine Ursache geben.“Ex nihilo nihil fit“, nichts entsteht aus nichts. So entsteht und entwickelt sich alles innerhalb einer Kausalkette, in der jeweils die Folge von etwas wiederum die Ursache von anderem ist. Dass etwas Ursache oder Folge von sich selber sein könnte, widerspricht aber dem zweiten logischen Grundgesetz, dem Satz des Widerspruchs, nach dem nicht etwas etwas und zugleich sein Gegenteil sein kann. Also muss es, so folgert Aristoteles, in der Kausalkette von Bewegtem und Bewegendem, die nicht als unendlicher Progress denkbar ist, ein erstes „unbewegtes Bewegendes“ geben, und dies, sagt im Mittelalter der bedeutende Theologe Thomas von Aquino, ist uns allen unter dem Namen „Gott“ bekannt.

    Dagegen steht, begründet durch Demokrit (ca. 460-370 v.u.Z.) die materialistische Sicht, nach der die Welt die Selbstorganisation der in sich selbst und von sich selbst bewegten Materie ist.

    Diese beiden gegenläufigen Weltsichten stehen seit dieser Zeit gegeneinander, und die wechselnden Begündungen sind philosophisch allemal Interessanter und wichtiger als die endgültige Antwort, von der ich nicht glaube, dass im FR-Blog diese von irgendjemandem zu erwarten wäre.

    Was W.Schmid in # 18 anspricht, ist das in Philosophie und Theologie vielleicht noch weniger gelöste oder lösbare Problem, das der Philosoph Leibniz mit der Bezeichnung „Theodizee“ versehen hat: Wie verträgt sich die Vorstellung eines allwissenden, allmächtigen und allgütigen Gottes mit dem Übel in der Welt? Dazu verweise ich nur auf die umfangreiche lexikalische Erörterung, z.B.:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee

  28. Da es wohl keine praktisch anwendbare Antwort gibt,liegt wohl auch kein erdenklicher Sinn in der Frage.
    Allein schon weil man nie die Probe auf die Richtigkeit einer Hypothese machen kann.
    Es bleibt alles Spekulation!
    Es ist wohl auch allgemein üblich,historische Ereignisse nach ihrem Eintreten auf grund vorgefasster Meinung des betreffenden Historikers zu erklären.

  29. Auch hier gibt es einen schönen Spruch:

    Wenn man die Evolution nicht mag,
    soll man sich aus ihr raushalten.

  30. „Wer an seinem Gottesglauben festhalten will, muss Darwin nicht negieren. Wer Darwin verteidigen will, muss nicht den Gottesglauben angreifen.“

    Mehr als 99% aller Arten von Lebewesen, die je existierten, sind ausgestorben. Auch der Mensch wird eines Tages aussterben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche (no pun intended). Wird ein Schöpfer ins Spiel gebracht, dann fragt man sich natürlich: Ist der denn völlig wahnsinnig? Erst kreiert er das alles, diese Milliarden von Arten, dann läßt er sie binnen Kurzem wieder verschwinden? Der übliche Trick, mit dem man von Glaubensseite allem Rätselhaften begegnet („Die Wege Gottes sind unergründlich“), reicht mir persönlich nicht aus, dieses „Designen für den Abfalleimer“ doch extrem merkwürdig zu finden. Evolutionsgeschehen und Schöpfer sind schwer unter einen Hut zu bringen, finde ich.

    Insbesondere kann ja gar nicht geplant worden sein, den Mensch mithilfe von Evolutionsvorgängen zu erzeugen, bzw. es kann nur etwa so geplant worden sein, wie man einen Sechser im Lotto plant. Man nimmt sich vielleicht vor, ihn zu bekommen, aber ob dieser Plan aufgeht, steht in den Sternen. Oder Gott hat in den Zufall eingegriffen, dann aber ist es nicht mehr Evolution, wie sie die Wissenschaft versteht.

    Nein, sorry, ich denke, Schöpfer und Evolution passen einfach nicht zusammen. Es sei denn, dem Schöpfer wäre es nicht auf die schaffung des Menschen angekommen. Er wollte einfach eine Fülle von Leben schaffen, ohne im einzelnen zu planen, wie dies dann aussehen sollte. Das aber widerspricht doch allem, was die Religionen über den menschen behaupten.

    Noch ein Wort zum Vorwurf der Wissenschaftsgläubigkeit. Natürlich hat nicht jeder, der eine konkrete wissenschaftliche Erkenntnis „glaubt“, sämtliche Arbeiten, Beweise, Experimente, Doktorarbeiten, und was weiß ich noch zur Erkenntnis durchgelesen, sodaß er „wissen“ könnte, statt nur zu glauben (weil FR im Wissenschaftsteil mal kurz was dazu erwähnte). Aber der fundamentale Unterschied zum religiösen Glauben ist doch, daß er sich jederzeit aufraffen könnte, es zu tun. Selbst wenn er momentan nur glaubt, könnte er mit ein wenig, meistens aber auch leider sehr viel Anstrengung WISSEN!

    In der Religion geht das nicht. Da kann man immer nur glauben. Die Grenze zum Wissen wird nicht deswegen nicht überschritten, weil die Menschen zu faul oder zu dumm sind, es zu tun, sondern weil ES NICHT GEHT.

    Es wird oft von manchen Segnungen der Religionen gesprochen, bei denen es, schaut man genauer hin, auf psychotherapeutische Vorgänge hinausläuft. Die Anstrengung zu unternehmen, vom Glauben zum Wissen zu kommen in den Naturwissenschaften, mit andern Worten, zu beobachten, zu lernen, zu denken, seine Neugier zu kultivieren und seine Kreativität beim Aufdecken von Geheimnissen… das ist die Psychotherapie durch Wissenschaft.

  31. @ # 29 Heinrich

    Selbst deine differenzierte Argumentation kann einige hier nicht davon abhalten, mich überzeugen zu wollen, dass ich einfach zu dumm bin (oder zu wenig wissenschaftlich gebildet), wenn ich an meiner Religion festhalte.

    Für solche Diskussion ist mir meine Zeit doch zu schade.

  32. @ Abraham

    Was bist du denn auch für’n alter jüdischer Sturschädel! Deinesgleichen haben sich nicht von Paulus überzeugen lassen, nicht von den katholischen Königen, nicht einmal von Luther, alles Leuten, die es nur gut mit ihnen meinten.

    Und nun kommen die Atheisten und „Freidenker“, halten ein Spruchband hoch, auf welchem in großen Lettern steht: „Nieder mit der Religion! Freiheit für Rationalität und Wissenschaft!“, und du lässt dich immer noch nicht bekehren.

    Was soll man davon nur halten?

    Von wegen „differenzierte Argumentation“! Man muss es krachen lassen, wie Widmann mit seinem Schrei, der unüberhörbar aus der FR herausschallt, „in bekannt scharfer Tonart“, wie Bronski schreibt, umso schriller, je armseliger der Inhalt.

    Warum machst du es nicht wie Lüdemann? Der war auch fünfzig Jahre lang verblendet, hatte dann ein umgekehrtes Damaskus-Erlebnis, wurde vom Paulus zum Saulus und prostituiert sich nun marktschreierisch mit ganz unerhörten Erkenntnissen über die Evangelien, die ich vor vierzig Jahren schon bei seinem katholischen (!) Kollegen in der Vorlesung gehört habe und die von seinen evangelischen Kollegen damals schon seit sechzig Jahren diskutiert wurden, z.B. von dem im Vergleich zu Lüdemann noch bedeutenderen Albert Schweitzer, von dem kaum bekannt ist, dass er nicht nur ein Arzt und Philanthrop war, sondern auch ein Theologe, der durch eine „Leben-Jesu“-Forschung hervorgetreten ist, und nebenbei ein Musiktheoretiker und ganz bedeutender Bach-Interpret auf der Orgel war.

    Dass die Evangelisten erstens unglaubwürdige Berichte verfasst haben und zweitens die „Allgemeine Deklaration der Menschenrechte“ durch die französischen Revolutionäre in ihren Werken zu wenig berücksichtigen, das weiß das Publikum in breiter Front nun endlich durch Lüdemann.

    Entsprechendes von einem ehemals gläubigen Juden über die Thora, sprachlich und gedanklich für das aufgeklärte Medienpublikum aufbereitet, das wäre DER Knüller, damit könntest du noch reich und bekannt werden.

    Aber vorher kannst du ja vielleicht doch noch dem Aufschreier in dem anderen Thread die Unterschiede und Vor- und Nachteile von laizistischem Staat und säkularer Gesellschaft in deren Verhältnis zu den Religionsgemeinschaften nahebringen, was du nach meiner Erinnerung hier im Blog schon mal geleistet hast.

    Ob es aber was nützt?

  33. @ Heinrich
    Albert Schweitzer hat aber auch schon 1956 in einer Rede im norwegischen Rundfunk öffentlich gegen Atomveruche Stellung genommen.

  34. (a) Mir hat der zitierte FR-Artikel von Prof. Dittmar Graf gefallen. Zum Thema gehört m.E. auch Folgendes: Wenn jemand sagt, warum soll er/sie der Wissenschaft(sgemeinde) die Theorie von der Evolution glauben, was dann?! Will sich jemand von der Wahrheit einer wiss. Aussage — z.B. ein Fund ist ca. eine Million Jahre alt — selbst überzeugen, dann müßte er sich das gesamte Wissen aneignen, die zu dieser Aussage führt bzw. sie begründet. Das können nur wenige tun (so viel lernen) und tun auch nicht. Der Zweifler muß nicht auch sämtliche Geräte nachbauen und prüfen, ob diese wirklich wie vorgeschrieben funktionieren. Bei der Übermittlung bzw. Weitergabe wiss. Wissens gibt es auch das Vertrauens-Element, auch dieser Aspekt ist wichtig und muß im Unterricht entsprechend bearbeitet werden.

    (b) Betr. #1, Michael Schöfer, 17.02.2009 19:27. Netter Beitrag und — wie man das in der Wissenschaft so sagt — elegante Beweisführung. Statistische Aussagen muß man eben immer sehr nüchtern, vorsichtig & nachdenklich genießen…

  35. @heinrich,

    „…Satz vom zureichenden Grund. Nach dem letzten muss es für alles, was ist, eine Ursache geben“

    Leider kann niemand sicher sein, daß solche Sätze der Logik, ähnlich wie sagen wir mal die Naturkonstanten, in ihrer Existenz nicht auf bestimmte „Bereiche“ beschränkt sind, z.B. auf jene, in denen der uns bekannte Raum und die uns bekannte Zeit und damit Ereignisse überhaupt existieren. Im Moment, als der Raum punktförmig war (um die gängige wissenschaftliche Hypothese vom Big Bang aufzugreifen), gab es ja womöglich eine Zeitsingularität dergestalt, daß etwas der Fall war, was niemals SPÄTER wieder der Fall war, nämlich daß es kein DAVOR gab. Ebenso kann zu diesem „außergewöhnlichen“ Zeit-Nullpunkt auch das Prinzip „Kein Ereignis ohne Ursache(n)“ ungültig gewesen sein, insbesondere da es ja im punktförmigen Raum gar keine Ereignisse gibt, weswegen es auch keine Ursachen braucht. Im punktförmigen Raum (wer sich unter „Raum“ etwas vorstellt, das etwas enthält, und sei es nur Leere, könnte vom nichtexistenten Raum sprechen) gab es also zum Zeitnullpunkt keine Ereignisse und keine Ursachen.

    Eine solche Aussage ist natürlich bzgl. ihrer „Wissenschaftlichkeit“ nicht weit entfernt von der, daß Gott die Welt schuf; worauf es mir aber ankommt, ist, daß sie ebensowenig beweisbar ist wie die Vorstellung, auch im Entstehungszeitpunkt von Zeit und Raum hätte das Ursache/Wirkungs-Prinzip schon bestanden, das Ursache/Wirkungsprinzip würde Zeit- und Raumsingularitäten also transzendieren; die Welt müsste deshalb eine Ursache haben.

    Sie schrieben, auf

    “Wer an seinem Gottesglauben festhalten will, muss Darwin nicht negieren. Wer Darwin verteidigen will, muss nicht den Gottesglauben angreifen. Wäre das die gemeinsame Front?”

    Durchaus!

    Wie soll ich dieses „Durchaus“ verstehen? Wie ich schon schrieb, sehe ich enorme Widersprüche zwischen den beiden Ideen. Wenn man an der ganz zentralen religiösen Idee festhält, Gott hätte die Schaffung des Menschen, so wie er jetzt ist, beabsichtigt, kann man unmöglich gleichzeitig an der Idee der Evolution festhalten, deren zentrales Element die zufallsgesteuerte Variation des Bestehenden ist. Die Natur beabsichtigt nämlich nichts (lt. Evolutionstheorie), nicht nur sind ihre Variationen des Bestehenden zufällig, sondern deren Auswirkungen (wenn es sich nicht um Wiederholungen handelt) unbekannt, von Planung kann daher nicht die Rede sein.

    An der Evolutionstheorie kann der Gläubige nur dann festhalten, wenn er aus ihr den Zufall eliminiert, also das, was die Wissenschaft als Zufall bezeichnet und somit als ungesteuert sieht, doch für gesteuert hält, und zwar durch Gott… dann ist es aber eine andere Theorie, nicht mehr die Darwinsche Evolutionstheorie… oder er kann an ihr festhalten, wenn er die Idee fallen lässt, Gott hätte den Menschen „geplant“ oder schaffen wollen. Dann besteht aber die Frage, ob er dann noch Gläubiger von etwas anderem als bloß seiner „Privatreligion“ ist. Eine Religion, die die Welt von Gott erschaffen postuliert, den Menschen aber als Zufallsprodukt sieht, das genausogut auch nicht hätte entstehen können, kenne ich nämlich nicht.

    Mein Verdacht ist, daß, wer Evolutionstheorie und Religion für vereinbar hält, verfährt wie jener Mann, dessen Lieblingsfarbe blau ist, der aber auf die Bemerkung seiner Frau „Gell deine Lieblingsfarbe ist doch rot“ antwortet: „Ja doch, Schatz“. Was tut man nicht alles der Harmonie wegen.

  36. @ # 34 Heinrich

    Lieber Heinrich,

    danke für den guten Rat. Dass man die Tora entweder ernst oder wörtlich nehmen kann, das hat schon vor mehr als 30 Jahren Pinchas Lapide versucht, der Christenheit in Deutschland zu erklären. Dass es z.B. nach moderner Forschung keine überzeugende archeologische Beweise für den Auszug aus Ägypten, die Wüstenwanderung der Kinder Israels und die gewaltsame Landnahme gibt, regt heute kaum einen Rabbinerstudenten auf, weil die religiöse Bedeutung (z.B. des Gebots „Bedrücke Fremde und Flüchtlinge nicht, weil du Sklave in Ägypten warst“) von der geschichtlichen „Wahrheit“ unabhängig ist. Außerdem kann ich sicher nicht so marktschreierisch wie Lüdemann oder Widmann formulieren.

    Was sollte ich zu Widmanns flammenden Aufruf zur Auflösung der theologischen Fakultäten noch neues schreiben?

    Dass, wenn Theologie keine Wissenschaft ist, Lüdemann in seiner Wissenschaftsfreiheit nicht eingeschränkt werden könnte? Dass, wenn die Theologenausbildung in privaten, von der Kirche betriebenen Instituten stattfinden würde, Lüdemann längst arbeitslos wäre?

    Aber auch wenn man vom „Fall Lüdemann“ abstrahiert, was soll man noch sagen?

    Dass es auch in Frankreich theologische Fakultäten an den Universitäten gibt, weil Laizismus nicht bedeutet, dass die Religionsgemeinschaften nicht Teil der Gesellschaft wären?

    Dass das in Deutschland bestehende Staatskirchenrecht historisch gewachsene Verhältnisse widerspiegelt und damit, wie vieles im Grundgesetz, einen gesellschaftlichen Konsens darstellt, über dessen Fortbestand man ohne Skandalisierung diskutieren kann? Dass es dazu aber Argumente braucht, die Widmann schuldig bleibt?

    Dass die Einbindung der Pfarrer- und Priesterausbildung in die der Öffentlichkeit zugängliche, durch Pluralität geprägte Universität eher der „Modernisierung“ der Religionsgemeinschaften dient und deshalb von progressiven Kräften innerhalb der Kirchen unterstützt und von Reaktionären eher bekämpft wird? Dass wegen dieser Öffnung auch liberale Juden und liberale Muslime die Integration der Ausbildung der Rabbiner und Imame sowie der Religionslehrer in die Universitäten anstreben?

    Dass der Rückzug der Theologenausbildung aus dem universitären Raum den Begegnungsraum unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen sicher nicht vergrößern und damit der pluralistischen Gesellschaft keinen Dienst erweisen würde?

    Dass die Ausbildung der Theologen an den Universitäten die Verfassungsrechte der an den anderen Fakultäten studierenden und lehrenden Atheisten in keiner Weise einschränkt?

  37. Nicht jeder bzw. alles, was auch irgendwie Teil der Gesellschaft ist, sollte seine universitäre Mitbestimmung bekommen. Ich finde es erschreckend, wie viele Menschen abergläubisch sind, an Astrologie glauben, an den Quatsch, den sie ständig im Mystery-TV beglotzen, das ist eine ernstzunehmende Anzahl von Menschen, die das nicht als Unterhaltung sehen, sondern als „Wahrheit“. Dennoch wird doch wohl niemand behaupten, es müssten daher an den Universitäten Fakultäten für Astrologie, Akte-X-Forschung, Aberglaubenforschung, Ufologie, Übersinnliches usw. eingerichtet werden, weil „die Menschen, die daran felsenfest glauben, eben Teil der Gesellschaft sind“.

    Teile der Gesellschaft dürfen einfach nicht die universitären Inhalte aufgrund irgend eines Proporzes bestimmen, wiewohl sie aber natürlich selber Inhalte von Forschung werden können, sich z.B. die Psychologie mit Glauben oder Aberglauben beschäftigen kann, oder die Geschichtswissenschaften mit der Geschichte des Glaubens oder des Aberglaubens… ja, es ist sogar so, je bedeutender „die Teile der Gesellschaft“, desto dringender sollten sie und ihre Befindlichkeiten Gegenstand der Forschung werden, das ist doch unbestritten…

    Daß im isolierten Sichbeschäftigenmitsichselbst der Religionswissenschaften Gefahren liegen, sehe ich auch so, die Frage ist nur, ob da die Universität der Regulator sein sollte. Dann könnte man ja wieder mit gleicher Berechtigung einen Lehrstuhl für Scientology oder ähnliches fordern, denn „die der Öffentlichkeit zugängliche, durch Pluralität geprägte Universität könnte ja der „Modernisierung“ der Scientology dienen.“ Und bestreite einer mal, daß diese sie nicht bitter nötig hätte… am besten Modernisierung bis zur einverständlichen Selbstauflösung, bitteschön…

    Daß ein „Begegnungsraum“ für den interkonfessionellen Austausch unbedingt an der Universität zu sein hätte, sehe ich auch nicht ein. Ich glaube, das Gemeinte ist was anderes. Begegnung gibt es nur, wenn sie auch finanziert wird. Da ist aber die Frage, ob die Töpfe für Bildung und Forschung das sein sollen, die Kirchensteuer hielte ich für angemessener.

    Und was die letzte Frage angeht, würden die Kreationisten in irgendeinem stillen Eckchen an den Universitäten ihren Platz bekommen, wessen verfassungsmäßige Rechte würden sie dann überhaupt einschränken?

  38. @ max wedell

    Ich streite mich doch hier nicht um die „Beweisbarkeit“ der Existenz eines Schöpfers. Erst recht liegt es mir fern, hier irgendjemanden davon überzeugen zu wollen. Dafür bin ich selber, wie Dittmar Graf, viel zu sehr Agnostiker, auch wenn mir mehr an der geistigen Auseinandersetzung als an der Etikettierung gelegen ist. In dieser Hinsicht erlaube ich mir folgenden Kommentar zu ihren Versuchen: Statt, was ich mit meinen ausgewählten Hinweisen auf philosophische und theologische Denker anregen wollte, einmal davon auszugehen, dass andere das hier diskutierte Problem vor ihnen schon etwas qualifizierter erörtert haben könnten als sie und sich entsprechend damit auseinanderzusetzen, konstruieren sie hier selber entsprechende Argumentationsmuster, die schlicht genug gestrickt sind, damit selbst sie sie „wissenschaftlich“ widerlegen können. Ich nenne die zugrundeliegende Haltung ignorant und das Verfahren sophistisch.

    Ich würde hier gegen irgendjemanden den „Vorwurf“ der Wissenschaftsgläubigkeit erheben oder gar dafür plädieren, wissenschaftliche Erkenntnisse zu missachten, das ist doch absurd. Ich habe auf ein zeitgenössisches kulturelles Phänomen verwiesen. Wenn sie es im Wortlaut des offenbar von ihnen geschätzten sir Karl Popper, über dessen „Falsifikations“- Methode man sich allerdings streiten kann und auch streitet:

    „Der Szientismus zeichnet sich vor allem durch den Glauben an die Wissenschaft aus. Diejenigen, die der Wissenschaftsgläubigkeit anhängen, sind keine Wissenschaftler. Der wahre Wissenschaftler darf an seine eigene Theorie nicht glauben. Er muß ihr gegenüber eine kritische Haltung einnehmen, er muß wissen, daß jeder sich irren kann und daß infolgedessen seine Theorie irrig sein kann. Deshalb gibt es in Wirklichkeit einen Gegensatz zwischen der Wissenschaft und der Wissenschaftsgläubigkeit. Ein Szientist zusein, das bedeutet, daß man die Wissenschaft nicht versteht.“

    Oder sie lesen die treffende Charakteristik hier:
    http://www.interdis-wis.de/wissenschaftsglaeubig.htm

    Den dort so genannten „Humbug“ fördern allerdings nicht nur manche Wissenschaftler, sondern im trauten Verein mit ihnen die Medien, die ständig auf „News“ aus, jeden Pups, den jene loslassen, dem ehrfürchtigen Publikum als „neue wissenschaftliche Erkenntnis“ servieren.

    Oder die rudimentären alten Erkenntnisse im öffentlichen Bewusstsein. Mich würde mal echt interessieren, wie differenziert die Kenntnisse hier bei den Schreibenden über die Evolutionstheorie und zumal über deren ernsthafte Kritiker in der zeitgenössischen Biologie sind. Dass die Menschen vom affen abstammten, wie hier witzig kolportiert wird, das nehmen jedenfalls die Paläanthropologen nach entsprechenden fossilen Skelettfunden seit über siebzig Jahren schon nicht mehr an, sondern vor ungefähr 10 Millionen Jahren spalteten sich zwei Arten vom „Ramapithecus“ als dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Affen und Menschen die niederen Primaten und die Australopithecinen ab. Die ersteren führen zu den „Pongiden“, den Halb- und Menschenaffen. Die Australopithecinen, die keine vier Kletterfüße mehr haben, sondern Lauffüße für den aufrechten Gang, bilden die „Hominiden“, die menschenartigen tierischen Vorfahren des Menschen, Irgendwann im Verlauf eines mehrere Mio Jahre dauernden sog. „Tier-Mensch-Übergangsfeldes“ beginnt dann die „humane Phase“ der Hominiden. Die Trennlinie zwischen Tier und Mensch ist so keine biologische, sondern die, wo der Mensch sich nicht mehr nur seiner Umgebung anpasst, sondern seine Umgebung an sich anpasst, durch zweckgerichtete und kooperative Umgestaltung der Natur.

    Aber das wissen hier die wissenschaftlichen Gralshüter der Evolutionslehre, an der ich übrigens nicht zweifle, natürlich selber besser als ich. Nur: Das alles ist Hypothese, die durch einen einzigen fossilen Fund des „Missing Link“ gründlich über den Haufen geworfen werden kann. Beides, den gegenwärtigen Erkenntnisstand sowie seine historische Relativität zu vermitteln, das wäre m.E. ein angemesseneres Bildungsziel als die Unterrichtung von ehernen Fakten, Fakten, Fakten!

    Ich empfehle im übrigen, dass man sich an Immanuel Kant halte, dessen Genie nach dem Kulturhistoriker Egon Friedell darin bestand, dass er das Organ des menschlichen Verstandes regelrecht hineinsehen und so die „Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis“ (Kant) erfassen konnte. Er räumt grundsätzlich auf mit aller Metaphysik vor ihm und teilt die Welt in zwei Bereiche, in die „phänomenale“ und die „noumenale“. Grundsätzlich nur die phänomenale Welt der Erscheinungen ist unserer Wahrnehmung, Erfahrung und Erkenntnis zugänglich, nicht jedoch eine mögliche noumenale Welt „an sich“, für deren Existenz die menschliche Vernunft zwar Anhaltspunkte sieht, über deren Existenz oder Nichtexistenz sie aber keine gesicherten Aussagen machen kann.

    Aber das war eben nur Kant im 18. Jh., zwischen dem und dem Bronski-Blog gibt es wahrscheinlich einen Quantensprung.

    Zum 19 Jh. sagt jedenfalls Niels Bohr, der an der Entwicklung der Quantenmechanik maßgeblich beteiligt war:

    „Die objektive Welt der Naturwissenschaft des vorigen Jahrhunderts war, wie wir jetzt wissen, ein idealer Grenzbegriff, aber nicht die Wirklichkeit“.

    Das hätte er mal hier behaupten sollen!

  39. @ Abraham

    Ja, danke, klasse! Nur hinter die Sätze gehört jeweils ein Punkt statt ein Fragezeichen.

    Drei Ergänzungen:

    1. Wie der Einfluss von Kreationisten in den USA aussieht, einem Land, in dem sehr strikt die formelle Trennung von Staat und Religion vollzogen ist, das lässt sich nicht nur an Bush erkennen, sondern auch an folgendem:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Discovery_Institute

    Hier kann man sich auch vergewissern, was ich damit meinte, dass der Kreationismus, zumindest in bestimmenden Teilen, keineswegs einem naiven Glauben anhängt, sondern, ganz Kind seiner Zeit, mit wissenschaftlichem Anspruch und entsprechenden Begründungsmustern daherkommt.

    2. Der ganze Lüdemann-Prozess stellt sich, auch im Zusammenhang mit dem Widmannschen Urschrei, als Farce, als reines PR-Manöver dar. Man wusste natürlich im vorhinein, dass das BVerfG gar nicht anders entscheiden konnte. Widmann schreibt selbst: „Das Verheerende ist, dass das Bundesverfassungsgericht Recht hat. Das ist die Gesetzeslage.“

    Über begriffliche Ungenauigkeiten wollen wir hier nicht streiten, der Journalismus ist schließlich keine Wissenschaft. Das Grundgesetz ist trotz des historisch bedingten bewusst bescheidenen Titels, keine Gesetzessammlung sondern unsere Verfassung. Das BVerfG hat nicht über die Artikel des GG zu befinden, sondern darüber, ob Gesetze, Gerichtsurteile und staatliche Verwaltungsakte mit diesen konform gehen oder ihnen widersprechen.

    Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ist aber ein expliziter Verfassungsgrundsatz, schon seit der Paulskirchenverfassung von 1849 und der Preußischen Verfassung von 1850, und findet sich in folgendem Wortlaut in Art. 147 der Weimarer Reichsverfassung von 1909, der im Wortlaut durch Art. 140 im GG übernommen wurde:
    “ Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“

    Das steht überhaupt nicht zur Disposition eines BVerfG-Urteils, sondern könnte nur von einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages aufgehoben oder verändert werden, wenn nicht, ja wenn nicht die bizarre Gemengelage bestünde, die Widmann andeutet. Die rührt nämlich in Bezug auf die theologischen Fakultäten erstens daher, dass die Universitäten unter die Kulturhoheit der Länder fallen, von denen einige entsprechende Bestimmungen in ihre Verfassungen und Gesetze übernommen haben, und zweitens mit einer ganz verzwickten Rechtsproblematik. Es liegt auf der Hand, dass die Regelungen für die evangelischen Fakultäten denen für die katholischen entsprechen müssen. Die sind aber in verschiedener Hinsicht durch ein Konkordat zwischen der Regierung des Dritten Reichs und dem Vatikan geregelt, das für die Bundesrepublik als völkerrechtlichen Rechtsnachfolger der 3. Reiches übernommen wurde.

    Darüber gab es in den Anfangsjahren der Bundesrepublik einen heftigen politischen Streit, in den das BVerfG einbezogen wurde, das sich aber ausdrücklich in der Hauptsache für nicht zuständig erklärte, denn seine Kompetenzen beziehen sich nur auf innerstaatliche Angelegenheiten, wogegen Verträge zwischen souveränen Völkerrechtssubjekten dem Völkerrecht unterworfen sind. Lüdemann könnte also dagegen, dass er nun im gleichen Beamtenverhältnis einen Lehrstuhl „„Geschichte und Literatur des frühen Christentums“ inneheat, was, für theologisch unkundige ja vielleicht auch berichtenswert, die exakte deutsche Übersetzung für „Neues Testament“ ist, wie sein früherer Lehrstuhl hieß, vor dem Internationalen Gerichtshof Klage erheben, der aber wieder nicht zuständig wäre, weil Lüdemann Professor an einer evangelischen Fakultät ist, für die der Konkordatsvertrag mit dem Vatikan natürlich keine unmittelbare Geltung hat.
    Wie gesagt: Eine Farce!

    Fehlen solche Informationen in der FR-Berichterstattung oder habe ich sie übersehen?

    3. und abschließend:

    Wie wäre es, wenn Widmann sich stattdessen, wenn ihm so an der Reinheit der Wissenschaft gelegen ist, zur Abwechslung mal dem Thema „universitäre Wirtschaftsexperten“, ihre Abhängigkeiten und ihr Einfluss auf Politik und öffentliches Bewusstsein Widmen würde, ein Thema, das bestimmt ganz andere Schreie evozieren könnte.

  40. @heinrich,

    ich habe mich doch in der Frage der Vereinbarkeit von religiösem Glauben und Evolutionstheorie, die übrigens überhaupt nichts mit der Beweisbarkeit der Existenz eines Schöpfers zu tun hat, nur deswegen an sie gewendet, weil ich meine eigenen Unzulänglichkeiten, auf die hinzuweisen sie nochmals nötig fanden, vielen Dank dafür, doch kenne. Damit meine ich, daß ich bei weitem nicht so belesen bin, daß ich zu diesen Sachverhalten sofort sagen kann, ach ja, diese oder jene Koryphäe der Denkgeschichte hat dazu schonmal dieses oder jenes Kluge gesagt, geschweige denn in der Lage wäre, was natürlich noch besser wäre, überhaupt nur von anderen Gesagtes und möglichst Unbestrittenes widerzugeben.

    Mit andern Worten, die Idee des Widerspruchs von Zufall und Absicht war meine eigene, wie die meisten Dinge, die ich hier äußere, nur meine Ideen sind, die ich gerade beim Schreiben so habe, und an sie habe ich mich gewendet, weil ich das Gefühl hatte, sie wären doch etwas belesener als ich, könnten also sagen, ja, zur Problematik Zufall und Absicht, bzw. Vereinbarkeit Gottglaube/Evolutionstheorie z.B. hat aber dieser oder jener große Name schon folgendes gesagt…

    Sie haben es nicht gemacht, schade, vielleicht holen sie es nochmal nach.

    Ansonsten habe ich den Eindruck, sie meinen, durch irgendwelche Missing Links an irgendwelchen konkreten Stellen des Evolutionsbaumes könnte die Evolutionstheorie erschüttert werden, wenn man sie dann doch fände. Das glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, daß durch die Entdeckung der Relativitätstheorie oder der Quantenmechanik die Newtonsche Mechanik erschüttert wurde… Die Evolutionstheorie hat ihre Gültigkeit jedenfalls soweit gezeigt, daß sie allenfalls noch ergänzt werden kann… sie kann nicht über den Haufen geworfen werden, so wie die Quantenmechanik die Newtonsche Mechanik ergänzte, und sie nicht über den Haufen warf. Das nur nebenbei.

    Was Kant da zu den Erkenntnismöglichkeiten der Welt sagte, hatte vor ihm schon ähnlich Descartes geäußert. Jenseits seiner zwei ersten Meditationes de prima philosophia driftet er dann zwar ab zu einem anderem Thema (Einem Gottesbeweis 😉 ), aber die ersten beiden Meditationes machten genau diese Aussage, daß Erkenntnis jenseits der Existenz des Ich fragwürdig ist. Eine Adoption dieser Haltung kann uns aber nicht weiterhelfen, denn das, was wir uns einbilden, mithilfe der Wissenschaft zu erkennen, ist dann doch nicht fragwürdiger als das, was wir uns einbilden, über Gott zu erkennen. Eine Adoption dieser Haltung würde eigentlich alle Diskussionen beenden, denn von nichts wüsste man dann, daß es überhaupt mehr als bloß Einbildung oder bloße Fälschung eines Informationsstroms in ein Etwas namens Ich ist.

    Ansonsten bin ich auch wieder der letzte, der abstreiten würde, daß es Welten oder Bereiche der Welt gibt, über die keine Aussagen zu machen sind. Es gibt keinen menschlich rezipierbaren Informationsfluß zwischen dieser und der/den anderen Welten, und damit kann man keine Aussagen über sie machen. Wer die Möglichkeit solcher Welten abstreitet, dem muß man mit Vorsicht begegnen. Die Religionen reden aber nicht über solche Welten. Sie erwecken zwar den Anschein, das „übernatürliche“ wäre ein solches Gebiet, um dann aber bis ins Detail die Beschaffenheit des Übernatürlichen zu beschreiben. Da gibt es Höllenbereiche, den Teufel, Engel, und selbstverständlich Gott. Selbst wenn dies nur Metaphern für etwas sein sollen, so sind es dennoch Informationen aus Welten, über die man eigentlich gar keine Informationen haben kann.

    Ich finde es jedenfalls merkwürdig, einem Religionskritiker etwas von der Begrenztheit der Erkenntnis zu erzählen, daß es eben Welten oder Bereiche der Welt gibt, die wir nicht erkennen können, um damit dann die Religionen zu schützen, die alle möglichen Aussagen über diese Bereiche macht, die wir eigentlich gar nicht erkennen können. Wenn also Kant mit seinen Erkenntnistheorien die Erkenntnismöglichkeiten der Wissenschaft einschränkt, und das tut er, dann schränkt er doch auch die Erkenntnismöglichkeiten des Glaubens ein.

    Was Bohr behauptet, nämlich daß die wissenschaftlichen Ansichten zu einem Zeitpunkt X bewirken, daß die Ansichten vom Zeitpunkt X-Y relativiert oder sogar revidiert werden müssen, ist doch klar… wer genau sollte sich darüber beschwert haben, wenn er dies hier gesagt hätte?

  41. Ich frag mich, ob die Evolutionstheorie und der Kreationismus nur zwei Seiten derselben Medaille sind, nämlich der Eitelkeit.

    Ein Problem ist, daß manche Menschen sich nicht mit der möglicherweise vollständigen Zufälligkeit ihres Seins abfinden wollen.

    Eine Möglichkeit ist, einen Schöpfer anzunehmen, der alles „so geplant hat“,
    eine andere Möglichkeit ist, einen zufälligen Prozeß anzunehmen, der jedoch letztlich zu einem sinnvollen Ergebnis führt.

    Beide Annahmen führen zu dem schmeichelhaften Ergebnis, daß der Mensch ein sinnvolles Ergebnis sei.

    Sie führen aber nur deshalb dahin, weil der Mensch sich für ein sinnvolles Ergebnis halten will.

    Wiederum wird aber anders ein Schuh draus:

    Ein sinnvolles Ergebnis muß der Mensch schon selbst hervorbringen, sonst evolutioniert er kreationistisch nicht mal in das Paradies.

  42. @ max wedell

    Ich bin da vielleicht der falsche Ansprechpartner für sie, da ich, auch wenn das hier womöglich anders erscheinen mag, persönlich nicht gottgläubig bin und mir die Evolutionstheorie auch eigentlich ziemlich wurscht ist.

    Was mir aber nicht wurscht ist, ist die simple Einsicht, dass es real eine Menge Gott- und Schöpfungs-gläubiger Menschen gibt, die kein Problem mit der Anerkennung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse haben, die einfach für schizo zu erklären „(Wenn man an der ganz zentralen religiösen Idee festhält, Gott hätte die Schaffung des Menschen, so wie er jetzt ist, beabsichtigt, kann man unmöglich gleichzeitig an der Idee der Evolution festhalten“) ich mich denn doch zurückhalten würde, ja, bei einer Reihe von ihnen würde ich mich sogar für die Intaktheit von Verstand und Psyche verbürgen.

    Will sagen: Ich hätte wohl kreative Ideen und vielleicht auch den Horizont, die fragliche Vereinbarkeit gedanklich zu vollziehen, aber darauf kommt es mir hier nicht an. Wenn sie deren Antworten interessiert, fragen sie meinetwegen Abraham, dessen lapidare Auskunft: Das eine ist Glaube, das andere Wissen, mich allerdings auch nicht so recht zu befriedigen vermag.

    Vielleicht sagt ihnen ja dies etwas:
    http://www.gemeinde-christi-wiesbaden.de/mediapool/36/365414/data/Evolution_im_Widerstreit_Rene.pdf

    Oder sie googlen mal den genialen Grenzgänger zwischen Theologie und Biologie Teilhard de Chardin oder andere Theologen und auch Naturwissenschaftler, die die Dinge nicht so einfach mit ja oder nein beantworten.

    Dass durch irgendwelche Missing Links an konkreten Stellen des Evolutionsbaumes die Evolutionstheorie erschüttert werden könnte, ist natürlich nicht meine Auffassung. Ich bezog mich ganz konkret auf den hypothetischen Charakter unseres Wissensstandes von der Anthropogenese, der auf Funden von maximal Viertelskeletten von Lebewesen aufgebaut ist, die mehrere hunderttausend Jahre nacheinander gelebt haben und wo rekonstruiert wird: jener war noch Tier, dieser war schon Mensch. Als „Missing Link“ wird in der Fachwelt das fehlende glied in der Kette bezeichnet, an dem der Übergang unmittelbar deutlich würde. Wäre ich religiös, würde ich sagen: Gott sieht die Anstrengungen und lacht sich ins Fäustchen.

    Wenn ich es hier doch mal ganz laienhaft versuchen soll: Geben sie bibel-online.net ein und wählen sie mose 1.1. Da haben sie den Schöpfungsbericht, und wer diesen über zweitausend Jahre alten Text nicht überwältigend findet, gläubig oder nicht, dem ist m.E. kulturell nicht auf die Sprünge zu helfen. Im 2. Kapitel heißt es: „Und Gott der HERR machte den Menschen aus einem Erdenkloß, uns blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele“. Also nahm der HERR mit anderen Worten von der Erde, was auf ihr war, das war der Australopithecus Africanus, den beseelte er am entscheidenden Tag der Evolutionsgeschichte und machte aus ihm den „Homo“, was lateinisch ist und mit „humus“ denselben Wortstamm bildet und also ebenfalls heißt: der Mann aus Erde, so wie „Psyche“ griechisch ist und ursprünglich bedeutet: das, was das Lebendige lebendig macht. Und die Lateiner wie die Griechen waren Poytheisten und pflegten gleichwohl diesen Wortgebrauch ohne Kenntnis der hebräischen Bibel. Und der HERR ist eben die Kraft, die solche Beseelung des Erdmännchens bewirkt und heißt bei den alten griechischen Philosophen und bei Johannes LOGOS, d.i. die waltende Weltvernunft.
    So ähnlich könnte eine „deistische“ Interpretation von Schöpfungsbericht und Evolutionslehre ineins und zumal aussehen.

    Descartes und Kant sind doch ein wenig unterschiedlicher. Dazu vielleicht ein andermal.

  43. @ BvG

    Das hatten wir doch schon mal, oder?

    Die Entwicklung der Menschheit

    Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
    behaart und mit böser Visage.
    Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
    und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
    bis zur dreißigsten Etage.

    Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
    in zentralgeheizten Räumen.
    Da sitzen sie nun am Telefon.
    Und es herrscht noch genau derselbe Ton
    wie seinerzeit auf den Bäumen.

    Sie hören weit. Sie sehen fern.
    Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
    Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
    Die Erde ist ein gebildeter Stern
    mit sehr viel Wasserspülung.

    Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
    Sie jagen und züchten Mikroben.
    Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
    Sie fliegen steil in den Himmel empor
    und bleiben zwei Wochen oben.

    Was ihre Verdauung übriglässt,
    das verarbeiten sie zu Watte.
    Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
    Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
    daß Cäsar Plattfüße hatte.

    So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
    Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
    Doch davon mal abgesehen und
    bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
    noch immer die alten Affen.

    (Erich Kästner)

  44. @heinrich
    „Doch davon mal abgesehen und
    bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
    noch immer die alten Affen.“

    Ziemlich einverstanden, weil sich der Mensch seines Ursprungs nicht entledigen kann, sei er aus den Affen oder den von Dir angeführten Vormenschen entsprungen.

    Aber es ist doch eine berechtigte Frage, ob man „davon“ absehen kann und unter wessen „Lichte“ betrachtet wir „im Grund“ dieselben alten Affen sind.

  45. „Wenn man an der ganz zentralen religiösen Idee festhält, Gott hätte die Schaffung des Menschen, so wie er jetzt ist, beabsichtigt, kann man unmöglich gleichzeitig an der Idee der Evolution festhalten“

    Wenn jemand das Bild abgibt, er könne beides für sich vereinen, kann das doch viele Gründe haben, nicht nur ausgesprochene Schizophrenie. Er kann z.B. die Implikationen einzelner Merkmale der Evolutionstheorie nicht richtig verstanden haben… vielleicht weil er sie gar nicht verstehen will, sondern ihm es nur darauf ankommt, eine Harmonie zu erzeugen wie in meiner Anekdote von den Lieblingsfarben.

    Der eine von ihnen angegebene Link schreibt ganz in Übereinstimmung mit meinen Vorstellungen:

    „Die Aussagen der Bibel über das WIE der Schöpfung reicht aus, um zu erkennen, daß die
    Evolutionsgedanken im Widerspruch zu ihr stehen.“

    Wie man religiöse Schöpfungstheorien und die Evolutionstheorie in Einklang bringen kann, wird hier also nicht zu finden sein.

    Dennoch ist das pdf wirklich stellenweise ganz amüsant. So amüsiert mich z.B., wie die einfache Befolgung des Sparsamkeitsprinzips in der Wissenschaft (Okkhams Rasiermesserprinzip) umgedeutet wird in eine doch schon irgendwie so gesehene Bösartigkeit der Wissenschaft, die einfach sich frecherweise weigert, einen Deus in der Machina zu sehen, wie kann sie nur. Interessant auch die Vorstellung, aus einer durch monistische Theorien zum Evolutionsgeschehen hervorgerufenen allgemeinen Gottlosigkeit wäre ja nun nichts Gutes erwachsen, und als Beispiel wird… der Marxismus genannt. Sollte sich die Wissenschaft wirklich bemühen, nur solche Hypothesen in Erwägung zu ziehen, die später „keinen Schaden anrichten“, und wenn ja, woher weiß man das vorher, wie der Schaden nachher sein wird? Zu fast jedem Satz des pdf habe ich entweder drei Einwände, oder drei Fragen.

    Nun ja, vielleicht sollte ich doch besser mal bei Chardin weitersuchen.

  46. Ja so ist das mit der Evolution und den Religionen (Judentum,Christentum,Islam). Das Universum (und damit die Erde) ist in sechs Tagen erschaffen worden – sagenhaft! Und meine Uhr am Handgelenk ist durch einen Zufall entstanden, sie wuchs mir am Arm vom ersten Lebensjahr an und ist heute fertig geworden – bald verschwindet sie wieder.

  47. @ W. Schmid

    Ich persönlich bin ja ganz zufrieden damit, wie der Schöpfer die Gaben verteilt hat. Aber ungerecht ist es schon, dass bei manchen nur die Uhr richtig tickt.
    Bei einem gottgefälligen Lebenswandel wird das vielleicht aber ja im Jenseits ausgeglichen.

    @ max wedell

    Sorry, da habe ich ihnen wohl ungeprüft ein ideologisches Machwerk gelinkt, aber sie wissen es ja kritisch einzuschätzen.

    Zum Ausgleich als Exkurs für sie doch noch eine Antwort zu Descartes und Kant:

    Descartes erfassen sie im Prinzip richtig, wobei natürlich Erkenntnis immer an ein erkennendes Ich gebunden ist. Der Gottesbeweis passt eigentlich nicht zu der übrigen Erörterung. Jeder Denker ist eben auch Kind seiner Zeit, und er leistet hier im 17. Jh. wohl einen Tribut an die Kirche, um deren Ächtung zu entgehen. In den „Meditationes“ entwickelt er aber weiter, dass Erkenntnis nur mit Hilfe der im Verstand vorhandenen Begriffe erfolge. So erkenne ich in einem Spaziergänger von oben einen Menschen, obwohl ich ihn ggf. von einem Regenschirm verdeckt gar nicht sehen kann.

    Von dieser „rationalistischen“ Sicht ist auch der junge Kant geprägt, vor allem durch die Lebniz-Wolffsche Schule, bis er, wie er schreibt, durch die englischen Empiristen, vor allem durch John Locke und David Hume, aus seinem „dogmatischen Schlummer“ gerissen wurde, die nämlich die Sinneswahrnehmung als die primäre Erkenntnis-Instanz ansehen. „Es ist nichts im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war“ (John Locke). Durch die Sinne, so differenziert Kant aus, werden die wahrgenommenen Dinge zu „Anschauungen“. Die Dinge sind uns aber nur in den im Verstand vorhandenen „reinen Anschauungsformen“ von Raum und Zeit gegeben, in denen sie uns nur erscheinen können, nicht als „Dinge an sich“. Im Verstand werden aus den Anschauungen dann Begriffe und Urteile gebildet, und zwar mit Hilfe der „Kategorien“ oder „urteilsbildenden Begriffe“. Z.B. Allgemeine und besondere Urteile: „Alle Menschen sind sterblich“ (Einheit), „Einige Autos sind gelb“ (Vielheit); bejahende und verneinende Urteile: „Dieses Haus ist rot“, „Dieses Haus ist nicht rot“. u.andere, die du unter „Kant, Kategorien“ nachlesen kannst.

    Wichtig für unseren Zusammenhang ist, wie gesagt, dass sich aus dem Verhältnis von Verstand und Wirklichkeit für die Vernunft notwendig Fragen ergeben, die sie aus sich selbt heraus nicht beantworten kann. Das sind vor allem die „Ideen“ „Seele“. „Welt (Kosmos)“ und „Gott“. Ideen können weder bewiesen noch widerlegt werden, die Vernunft lässt hier Platz für den Glauben.

    Sie haben also völlig recht: Wenn die Religionen „alle möglichen Aussagen über diese Bereiche machen, die wir eigentlich gar nicht erkennen können“, dann können sie das legitimerweise nur als Glaubensinhalte, nicht jedoch in diesem Sinne als nachweisbare Tatsachen-Aussagen.

  48. @ # 44 Heinrich

    In deiner Debatte mit Max Wedel empfiehlst du zur Frage der Vereinbarkeit von Schöpfungsglauben mit der Evolutionslehre: „Fragen sie meinetwegen Abraham, dessen lapidare Auskunft: Das eine ist Glaube, das andere Wissen, mich allerdings auch nicht so recht zu befriedigen vermag.“

    Wenn ich über diese lapidare Auskunft hinausgehen soll, müsste ich erklären, was in meinem religiösen Verständnis die Schöpfungsgeschichte (oder die Tora als Offenbarung insgesamt) bedeutet. Ich zweifle daran, dass dies im Rahmen des Blogs möglich ist. Neu ist eine solche Herausforderung nicht, denn schon der Talmud berichtet von einem ungeduldigen Römer, der zum Rabbi Schamaj mit der Aufforderung kam, ihm die Tora zu erklären, aber nur in der Zeit, die er auf einem Bein stehen könne. Schamaj verjagte den Mann, der daraufhin zum Rabbi Hilel ging und seine Zumutung wiederholte. Hilel antwortete: „Tue niemanden an, was du nicht wünschst, dass man es dir antue. Das ist die gesamte Lehre, der Rest ist die Auslegung. Gehe Heim und lerne.“

    Dieser Midrasch (Erzählung) will deutlich machen, dass das jüdische Konzept der Religion sich weniger mit Fragen des „Glaubens“ (da hätte die Antwort lauten können „Höre Israel, Gott ist Ein und Einzig“), sondern mehr mit denen der Lebensführung beschäftigt. Dazu passt, dass es verboten ist, sich ein Abbild von Gott zu machen und seinen hinter dem Tetragramm JHWH verborgenen Namen auszusprechen. Die Tora ist Gottes Botschaft, aber es kommt weniger auf den „Absender“ als auf deren Inhalt an.

    Ich weiß, dass dies für Außenstehende wenig nachvollziehbar klingen mag, nur haben gebildetere Menschen, als ich es bin, ganze Bücher darüber geschrieben, von Leo Baeck (Das Wesen des Judentums“) bis Jonathan Magonet (Einführung in das Judentum, Jüdische Verlagsanstalt Berlin).

    Wird fortgesetzt.

  49. Fortsetzung von # 51

    Bevor ich unzulänglich versuche, selber das Nebeneinander der Schöpfungsgeschichte und der Evolutionstheorie zu erklären, verweise ich auf den Kommentar von Rabbiner W. Gunther Plaut (Die Tora in jüdischer Auslegung, Gütersloher Verlagshaus). Dort heißt es im Abschnitt „Wissenschaft im Buch Genesis:
    „Viele, die die Bibel verteidigen wollen, räumen ein, dass sie in der Tat wenig über die wissenschaftlichen Ursprünge der Welt und ihrer Lebewesen sagt, dagegen sehr viel über die Beziehung von Gott zu dieser Welt und über Menschen und ihr Geschick. Da das wissenschaftliche Verständnis der Bibel auf das Weltbild ihrer Zeit beschränkt ist – so wie unseres auf das unserer Zeit -, sei es ertragreich, in der Bibel nach Hinweisen auf die Evolution zu suchen oder aber davon auszugehen, dass „ein Tag“ einem Millenium der modernen wissenschaftlichen Berechnung entsprechen könnte.
    Diese Sichtweise scheint zwar die größten Schwierigkeiten zu lösen, die der überholte wörtliche Zugang zu den Texten aufwirft, wird aber dennoch dem Text nicht gerecht. Denn er nähert sich ihm mit einem oberflächlichen modernen Überlegenheitsgefühl. Sicherlich ist unsere heutige wissenschaftliche Kenntnis un einiges größer als die der Antike. Dies bedeutet jedoch nicht, dass unsere Weltranschauung, die auf solchen wissenschaftlichen Einsichten beruht, der biblischen in irgendeiner Weise überlegen wäre. Wir täten besser daran, uns dem biblischen Text mit vollem Respekt vor seinen geistigen Einsichten zu nähern. Wir sollten begreifen, dass diese Einsichten oft in Bildern ausgedrückt werden und stets in der Sprache und unter den Rahmenbedingungen der Antike. Wir sollten unsere Neigung zurückhalten, die antike Darstellung der Schöpfung zu bestreiten oder nach modernen Vergleichspunkten zu suchen. Es geht darum, die Bibel zu lesen und zu sehen, was sie über das Wesen der menschlichen Geschichte, den Sinn unseres Lebens und die Gegenwart Gottes zu sagen hat.“
    Plaut zitiert außerdem Stanley Gevirtz, wonach der Zugang zur Bibel ähnlich wie derjenige zu einem Gedicht sei: „Zur Frage nach der Wahrheit des Buches Genesis kann die einfühlsame Antwort nur lauten: Natürlich ist sie wahr. Nicht in dem selben Sinne, in dem ein Naturgesetz wahr ist, aber das sind die wenigsten Dinge, die einen Dichter beschäftigen. Das Buch ist in der Weise wahr, wie große poetische Werke immer wahr sind: in der Vorstellungskraft des menschlichen Herzens und in der Ordnung des menschlichen Geistes.“
    Wenn sich Plaut auf den „Text“ bezieht, dann mit der in der jüdischen Tradition tief verwurzelten Haltung, dass dieser „in der Sprache der Zeit“ geschrieben ist, und wir ihn stets „in der Sprache unserer Zeit“ lesen müssen. Der jüdische Umgang mit dem hebräischen Urtext (der weit offener ist, als jede Übersetzung vortäuscht) ist immer von der Suche nach der „Wahrheit“ hinter den Worten geprägt, vom abwägen unterschiedlicher Bedeutungen, von der Frage, was Textlücken zu sagen haben. Das Ziel ist dabei nicht die Erkenntnis dessen, was Gott ist, sondern der Versuch, seinen „Willen“ zu erkunden, den moralischen Auftrag der Menschheit zu erraten. Diese Suche bewegt sich auf einer anderen Ebene als die wissenschaftliche Bewertung von materiellen Fakten.
    Habe ich mich, lieber Heinrich, verständlich gemacht?

  50. @abraham

    Wenn ich es recht verstehe, so ist es auf beiden Seiten der Medaille noch unentschieden, was „Wahrheit“ sei.

    Das ist ja schon mal gut, weil es den Absolutheitsanspruch von Religion und Wissenschaft relativiert.

    Man kann ja auch aufgrund „falscher Fakten“ (man weiß ja nicht mal, ob sie falsch sind) zur richtigen Erkenntnis gelangen.

    Was ich aber nicht verstehe, aber nachfühlen kann, ist die „andere Ebene“ auf der eine Suche nach der Wahrheit stattfindet.

    Kann man das erklären, oder kann man sich da nur auf ein persönliches „Heureka“ oder eine momentane „Erleuchtung“ beziehen?

    Das ist nicht so lapidar gemeint, wie es klingt, ich hab solche Momente selbst erlebt.

  51. @ # 53 BvG

    Mit der anderen Ebene meine ich nicht „Gotteserfahrungen“, wie man sie in der Meditation oder im Gebet erleben kann. Ich denke da an die unterschiedlichen Fragestellungen der Wissenschaft und der Religion.

    Die Evolutionstheorie (deren „Wahrheit“ ich anhand von Fakten prüfen kann) erklärt das Vergehen und Werden der Arten aus dem Selektionsprozess des Überlebens der am besten Angepassten. Sie gibt mir aber noch keine Richtschnur dafür, warum ich der Erhaltung der bestehenden Arten einen Wert beimessen soll, auch außerhalb den reinen Nützlichkeitserwägungen.

    Der Schöpfungsbericht der Bibel, so wie ich ihn im Rahmen meiner Religion verstehe, macht mir aber deutlich, dass (um wieder mit den Bildern der jüdischen Tradition zu sprechen) die Welt das Eigentum Gottes ist und nicht den Menschen beliebig zur Verfügung steht. Auf der biblischen Aussage, dass (jeder) Mensch als „Abbild“ Gottes geschaffen wurde, kann ich die Überzeugung von der Individualität, aber auch der Gleichwertigkeit der Menschen ableiten. Dazu ist der „Glaube“ daran, der Schöpfungsbericht enthalte die „Wahrheit“, nicht notwendig. Wichtiger ist, dass die Bibel für mich eine „wahre“ Botschaft enthält.

    Vermutlich ist meine Argumentation nicht nur auf das Judentum beschränkt: Ich kenne viele Christen, denen die Bedeutung der Bergpredigt wichtiger ist als die Frage, ob Jesus von einer Jungfrau geboren wurde.

    Um Missverständnisse zu vermeiden: Moralische Maßstäbe und Ethik können und werden auch aus anderen Überzeugungen und Überlegungen gewonnen, nicht nur aus der Religion. Es gibt für mich aber auch keinen Grund, den Religionen und der Religiosität ihren Platz in der (modernen) Gesellschaft abzusprechen.

  52. @ heinrich,

    danke für die Erläuterungen zu Kant. Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob Kant die Grenzen der Erkenntnis für den Menschen zieht (den wir heute als Spezialfall eines informationsverarbeitenden Apparats bezeichnen würden), oder ob diese Grenzen grundsätzlich für alle anderen möglichen informationsverarbeitenden Apparate ebenso gelten.

    Welche Fähigkeiten ein informationsverarbeitender Apparat hat, ist natürlich abhängig von seiner Beschaffenheit. Auch die Ameise kann Kategorien bilden, sonst könnte sie ja nicht unterscheiden, welche Objekte sie in den heimischen Bau zurückschleppen kann und solte, und welche nicht. Dennoch hat der Mensch eine ganze Reihe von geistigen Möglichkeiten, die die Ameise nicht hat. Genauso sind natürlich informationsverarbeitende Apparate denkbar, deren Möglichkeiten so sehr jenseits der unseren liegen, wie die unseren jenseits denen der Ameise.

    Mit anderen Worten, ist der Strahl des Parameters Erkenntnisfähigkeit einer, der in die Unendlichkeit geht, oder gibt es eine obere Grenze, die z.B. durch die lokale Beschaffenheit der Welt bestimmt wird, in der sich der Apparat befindet.

    Wenn Kant von „Anschauung“ redet, vermute ich, daß er den Mechanismus meint, der im informationsverarbeitenden Apparat ein Modell von Ausschnitten der Wirklichkeit anlegt. Dies ist immer mit Unzulänglichkeiten verbunden, denn ein Modell ist immer dann weniger als das Modellierte, solange es nicht einfach eine Kopie der Quelle ist (wenn es nicht sogar Abbildungsfehler enthält, was dann allgemein „irrige Vorstellung“ genannt wird). Eine Kopie der Welt kann aber kein informationsverarbeitender Apparat enthalten, das ist einfach eine Platzfrage.

    Falsch hingegen ist meiner Meinung nach die Auffassung Kants (wenn er sie hatte, ich weiß vielleicht nur zu wenig über seine Ideen), wenn er meint, nur mit auf der Anschauung basierenden Konzepten könne sich die informationsverarbeitende Maschine beschäftigen. So ist ganz klar die Mathematik ein Werkzeug, das die Exploration von Bereichen erlaubt, die jenseits aller Anschauung liegen.

    So wird ein hypothetisches Wesen aus räumlich zweidimensionalen Bereichen der Welt, so es sie gibt, nicht in der Lage sein, räumlich dreidimensionale Bereiche der Welt wie der unserige zu bereisen, dorthin Sonden zu entsenden, oder sie sich anschaulich vorstellen zu können. Die mögliche Existenz solcher dreidimensionaler Welten könnte es aber mathematisch herleiten. Wir Menschen machen das auch gerade mit Welten von solcher Beschaffenheit, daß wir sie uns nicht anschaulich vorstellen können.

    Die Frage ist, ob die Mathematik auch ein wiederum beschränktes Werkzeug ist, d.h. das durch die Mathematik Erkennbare ist wiederum auch nur eine Untermenge von allem, was ist, d.h. nicht nicht ist.

    Gott ist dabei gar nicht mal das Problem, all jene, die sich das Konzept Gott ausgedacht haben oder es vertreten, verkünden uns ja übereinstimmend, daß Gott in unsere Welt hinein ausstrahlt und wirkt. Für jene Bereiche aber, die in keinster Weise in unsere Welt ausstrahlen, für Bereiche jenseits von Gott, da bliebe nur die Mathematik, um sie zu erkennen oder gar ihre Möglichkeiten auszuloten, und es wäre sehr ärgerlich, wenn sie es nicht könnte.

    @ Abraham,

    gut, wenn Glaubende in der Lage sind, den „Tag“ als Metapher für Zeiträume zu sehen, die Jahrmilliarden währten, dann sind sie vielleicht ja auch in der Lage, den „Menschen“ (Wie in „Und Gott Schuf den Menschen“) als Metapher für „Leben, das ausreichend intelligent ist, um Gott für möglich zu halten“ zu nehmen. Dann wären solcherart Glauben, der Gott nicht mehr die Absicht zum Menschen unterstellt, und Evolutionstheorie schon viel besser vereinbar.

    Aber eine ganz wichtige psychische Wirkung von Religion, die Befriedigung der menschlichen Eitelkeit (wie sie ja in der von Menschen geprägten Phrase „nach seinem Ebenbild“ durchschimmert), wäre dann natürlich ziemlich perdu. Vom Wunschkind zum Zufallsprodukt. Da ist das bloße Umskalieren von Zeiteinheiten ja doch ein Klacks dagegen.

    Zu: „warum ich der Erhaltung der bestehenden Arten einen Wert beimessen soll“
    Der Eindruck, den man vom Wert bekommen kann, den die Erhaltung der Arten für Gott zu haben scheint, wenn es ihn gibt, ist katastrophal, wenn man die Tatsache betrachtet, daß mehr als 99% aller jemals existierenden Arten AUSGESTORBEN sind, und zwar völlig ohne Zutun des Menschen. Warum sollte sich das Ebenbild Gottes nicht auch berechtigt fühlen, im Handeln sein Ebenbild zu sein?

    Ich glaube daher, es wäre besser, wenn wir dem LEBEWESEN, auf individueller Ebene, einen Wert beimessen. Achtet der Mensch jedes einzelne Lebewesen (der eigenen Art und auch aller anderen), so werden die Arten sich schon von allein so erhalten oder auch nicht erhalten, wie, Ihrer Meinung nach, Gott das vorgesehen hat. Diese Achtung vor dem Lebewesen beim Menschen zu bewirken (wozu auch das Beimessen eines Rechts auf ungestörten Lebensraum gehört), wäre eine positiv zu sehende Aufgabe von Religion.

  53. „Habe ich mich, lieber Heinrich, verständlich gemacht?“

    Das, lieber Abraham, glaube ich wohl sagen zu können, wobei ich aber wohl nicht der eigentliche, zumindest nicht der einzige Adresssat deiner Darlegung bin.

    Die ist aber auch jedenfalls eher für die Denkenden als für die Freunde der Einfachheit, die mit Widmann besser bedient sind.

    Natürlich fand ich mich besonders in dem Zitat wieder:
    „Zur Frage nach der Wahrheit des Buches Genesis kann die einfühlsame Antwort nur lauten: Natürlich ist sie wahr. Nicht in dem selben Sinne, in dem ein Naturgesetz wahr ist, aber das sind die wenigsten Dinge, die einen Dichter beschäftigen. Das Buch ist in der Weise wahr, wie große poetische Werke immer wahr sind: in der Vorstellungskraft des menschlichen Herzens und in der Ordnung des menschlichen Geistes.“

    Hatte ich nicht oben zum Schöpfungsbericht geschrieben: „Wer diesen über zweitausend Jahre alten Text nicht überwältigend findet, gläubig oder nicht, dem ist m.E. kulturell nicht auf die Sprünge zu helfen.“?

    http://www.bibel-online.net/buch/01.1-mose/1.html

    Ich würde auch, da ich es generell für erkenntnisträchtiger halte, die Dinge gegen den Strich des Mainstreams zu bürsten, die Kenntnis dieses Textes für die Bildung für vorrangig ansehen im Vergleich zur Evolutionslehre. Ob damit nun im Biologie- oder in sonstwelchem Unterricht vertraut gemacht werden sollte, an solchen Fragen könnte man den Widersinn eines nach Wissenschaftsdisziplinen kategorisierten allgemeinbildenden Unterrichts diskutieren. Viel entscheidender wären geeignete Lehrer, die von den alten Texten ergriffen sind und sie deswegen auch begreifbar machen können.

    Die Bibel ist seit über zweitausend Jahren in unserer Kulturgeschichte das „Buch der Bücher“, und bestimmt nicht zu Unrecht, da sollten wir als Zeitgenossen mal nicht zu überheblich sein, die Evolutionslehre ist dagegen eine wissenschaftliche Theorie unter vielen, und ob zwanzig Prozent der Bevölkerung „evolutionskritisch“ sind oder nicht, kann der Evolution auch egal sein. Viel bedeutsamer für das Leben der Bevölkerung wäre es z.B., wenn diese durch den Schulunterricht zur Kritik überhaupt in die Lage versetzt würden, gegenüber fraglos übernommenen Theorien und Meinungen genauso wie gegenüber fraglos anerkannter religiöser und pseudoreligiöser und nicht zuletzt politischer Führung.

    In diesem Sinne, lieber Charles Darwin: Herzlichen Glückwunsch zu deiner wissenschaftskritischen Haltung und zwei Wochen nachträglich zu deinem 200. Geburtstag!

  54. @ max wedell

    ich gehe hier nur noch kurz auf ihre Einwände und Überlegungen ein und möchte die Diskussion nicht fortsetzen, sie wird mir hier zu speziell. Zu Descartes und Kant habe ich als Exkurs gesagt, was ich zu sagen habe. Kants Philosophie gilt, wie dargelegt, im wesentlichen der Untersuchung der „Bedingungen und Möglichkeiten“ der menschlichen Erkenntnis, neben seinen Untersuchungen zur Ethik, Ästhetik, Religionsphilosophie und Anthropologie, mit Betonung auf „menschlich“.

    Er ist weder der modernen Auffassung, dass die Ameisen und Affen seine Brüder wären, noch erst recht die Apparate. Wenn sie zu letzterem kulturkritisch-Philosophisches lesen wollen, empfehle ich: „Günther Anders, Die Antiquiertheit des Menschen“. Dort beschreibt er kritisch eine Tendenz der Zeitgenossen der zweiten Industriellen Revolution, ihre Selbstbestimmung aufzugeben und sich den Apparaten zu unterwerfen.

    Kant geht es auch, wie gesagt, nicht um erkennbare oder nicht erkennbare „Ausschnitte“, sondern um die Welt der Erscheinungen, die wir allein zu erkennen vermögen. Die Mathematik gehört m.E. gar nicht hierher, weil sie, seit Descartes die Zahlen der klassischen Arthmetik von der Bindung an Gegenstände, welche sie dort repräsentieren, gelöst hat und als bloße definierte Zahl-„Begriffe“ etabliert hat, mit denen der Verstand im Zusammenhang mit operativen Regeln abstrakte Denkvorgänge leisten kann. Eine mathematische „Welt“ gibt es weder in der erkennbaren noch in einer möglichen transzendenten Wirklichkeit.

    Damit würde ich es gut sein lassen wollen. Es stehen ihnen aber zur weiteren Erforschung natürlich noch weitere erkenntnistheoretische Modelle zur Verfügung, die über Kant hinausgehen, z. B. postmoderne Theoretien, die meinen beschränkten Horizont z.T. allerdings etwas überschreiten.

  55. @ # 55 Max Wedell

    Sei fordern mich in zweifacher Weise heraus, als (früheren) theoretischen Physiker und als religiösen Mensch.

    Zunächst schließe ich mich der Antwort von Heinrich an: „Eine mathematische “Welt” gibt es weder in der erkennbaren noch in einer möglichen transzendenten Wirklichkeit.“ Die Mathematik schafft auch keine „Räume“, sondern entwickelt Ideen. Sie findet erst dann ihren Weg in die Welt, wenn mit ihrer Hilfe die Welt modelliert wird: Die Formel der Lorenz-Transformation ist erst durch Einsteins Relativitätstheorie zur Beschreibung der Welt geworden.

    Ein wissenschaftliches Beschreiben und Erkennen der Welt ist ohne ein „Modell“ nicht möglich. Ohne (theoretische) Annahmen kann ich gar nicht aus der Komplexität der Welt die Aspekte abstrahieren, die ich beobachten will. Ich muss eine Quark-Theorie haben, um die Messapparatur zu konstruieren und die Messsignale zu interpretieren, die diese Theorie stützen können.

    Den für Sie immer noch bestehenden Widerspruch zwischen Evolutionslehre und dem Schöpfungsbericht der Bibel kann (und muss) ich nicht auflösen. Ich kann darüber nachdenken, ob „Gottes Plan“ Zufall mit einschließt (Was wäre, wenn Moses nicht von der ägyptischen Prinzessin gerettet worden wäre?), ich kann aber diesen Widerspruch auch ertragen. Meine Religion sagt mir, dass die Welt nicht unsinnig ist und dass es sinnvoll ist, an deren Verbesserung zu arbeiten. Dazu gehört natürlich die Achtung vr jedem Lebewesen, eine Haltung, die Albert Schweitzer auch aus seiner Religion abgeleitet hat. Ich glaube nicht, dass Darwin, den ich wie Heinrich grüße, dem widersprochen hätte.

  56. @ Heinrich & Abraham,

    „Apparate“ war vielleicht ein ungeschickter Ausdruck meinerseits, Maschinen waren damit nicht (unbedingt) gemeint, sondern ganz allgemein Träger informationsverarbeitender Prozesse. Die Ameise, der Affe und der Mensch sind unabhängig von etwaigen genetischen Gemeinsamkeiten, die in diesem Zusammenhang aber auch gar nicht interessieren, alle Träger informationsverarbeitender Prozesse, natürlich in unterschiedlichem Ausmaß, das hätte aber auch Kant sicher so gesehen.

    Was die Mathematik angeht, so muß ich ihnen beiden recht geben. Ich habe da wohl einfach zu sehr drauflos getippt, ohne gründlich genug nachzudenken (passiert in Internetforen halt). In den Fällen, die ich im Hinterkopf hatte, werden mathematische Formalismen bekannter physikalischer Theorien variiert, extrapoliert oder spezifisch interpretiert und dann so ausgedeutet, daß sich wiederum Welteneigenschaften ergeben. Nimmt man die „physikalischen Anteile“ dieser theoretischen Betrachtungen weg, ergibt die Mathematik alleine keinen Sinn bzw. kann ontologisch nicht ausgedeutet werden.

    Um auf das Threadthema zurückzukommen, kann ich natürlich Heinrichs Behauptung, die Evolutionstheorie wäre eine Theorie von vielen, nicht so stehen lassen. Natürlich gibt es viele wissenschaftliche Theorien, aber zur Entwicklung des Lebens und der Artenvielfalt eben nur EINE. Wissenschaftlich disputiert werden Teilaspekte, es sind auch sicher noch Ergänzungen möglich, aber die grundlegenden Prinzipien sind doch unumstritten.

    „Eines von vielen“ ist hingegen die Bibel, als Buch betrachtet, das poetisch Anmutendes beinhaltet, und, ehrlich gesagt, auf diesem Gebiet auch nicht so außergewöhnlich. Einen Großteil der letzten 2000 Jahre war sie auch gar nicht das „Buch der Bücher“, sondern nur „das Buch“, weil es keine anderen Bücher gab. Vor der Erfindung des Buchdrucks war es sehr aufwändig, ein Buch herzustellen, das haben nur Menschen mit sehr viel Zeit und Hingabe unternommen… Mönche z.B., die natürlich den Text wählten, der ihnen am Herzen lag.

  57. @ max wedell

    1. Sie drängen mich zur Wiederholung von schon Gesagtem, das erzeugt Unmut in mr.
    Egal, wie sie die Apparate nennen, die kategorische Antwort ist: Nein, Kant hätte das bestimmt nicht auch so gesehen. Dafür müssen sie wirklich neuere Philosophen bemühen. Kant war ein Mann der Aufklärung. Ihm ging es nicht um „Träger von informationsverarbeitenden Prozessen“, das hätte er gar nicht verstanden, sondern um den Menschen als autonomes und verantwortliches Subjekt von Denken, Erkennen und Handeln.

    Die Menschen schätzen es offenbar, ihre selbstgemachten Produkte zu hypostasieren, d.h. sie zu eigenständigen Wesenheiten zu stilisieren, die ihnen überlegen sind.

    In archaischen Kulturen sind das Fetische, ein Begriff, den man nicht googlen kann, denn da bekommt man nur Seiten, die dem Geschmack und Bildungsinteresse der Zeitgenossen entsprechen, nämlich über Lack und Leder. Die ursprüngliche Wortbedeutung ist jedoch: Selbst hergestellte Objekte, die als Heiligtum verehrt werden und denen übernatürliche Kräfte zugeschrieben werden.Vielleicht wehrt sich ja demnächst ein bestimmter Teil des aufgeklärten atheistischen Bürgertums gegen die Zumutung der Bevorzugungen monotheistischer Religionen und wendet sich vom Schamanismus ab und reaktiviert den Fetischismus, dergestalt, dass es den theologischen gleichgestellte Fakultäten für neunschwänzige Katzen, Lack und Leder an den Universitäten zu gründen beansprucht.

    Im 17. und 18. Jh. galt die Verehrung den mechanischen Maschinen. Denker wie Descartes und de La Mettrie („Der Mensch als Maschine“) entwarfen ein mechanistisches Weltbild und stellten sich den Menschen als immerhin mit einem Verstand versehene Gliederpuppe vor, eine eine entsprechende Ästhetik-theoretische Reflexion findet man noch in Kleits „Über das Marionettentheater“, zur gleichen Zeit ließ allerdings die überhöhende Faszination angesichts der monströsen und sich die Menschen unterwerfenden Maschinen der frühen Industrialisierung merklich nach.

    Und in den 80er Jahren begannen bestimmte Zeitgenossen, fasziniert von ihren Comptermaschinen, über die mögliche Überlegenheit „künstlicher Intelligenz“ über die natürliche zu schwadronieren, eine Diskussion, um die es merklich still geworden ist, wohl angesichts der vorhersehbaren Einsicht, dass der „Träger von informationsverarbeiten Prozessen“ nichts anderes kann als besser und schneller rechnen, was nach Günther Anders gleichwohl die Zeitgenossen dazu bewegt, sich selber für „unzurechnungsfähig“ zu erklären.

    2. Dass es nur EINE wissenschaftliche Theorie zur Evolution gibt, habe ich nicht bestritten, obwohl ich es bezweifle. Worauf es mir ankam, war die Frage, welche Wichtigkeit die Evolutionstheorie im Vergleich zur politischen Theorie und Praxis und meinetwegen auch zur musikalischen Harmonielehre für das Leben und den Alltag der Menschen habe, wenn es als quasi skandalös gewertet wird, dass 20 % der Bevölkerung „evolutionskritisch“ seine, was immer das im einzelnen heißen mag. Ich bin überzeugt davon, dass mehr Prozent nicht wirklich wissen, welche Institutionen und Ämter sie tatsächlich bei einer Wahl bestimmen können.

    3. Sie irren gewaltig, wenn sie meinen, es hätte vor dem Buchdruck keine anderen Bücher als die Bibel gegeben. Bei der Brandkatastrophe der Bibliothek von Alexandria, der berühmtesten der Antike, in der das geschriebene Weltwissen der Zeit versammelt war, im Jahre 48 v.u.Z., sind zigtausende, vielleicht sogar hunderttausende Schriftrollen dem Brand zum Opfer gefallen, aus anderen Bibliotheken später kopiert oder aus Zitaten rekonstruiert worden. Die berühmten Klosterbibliotheken, z.B. in St. Gallen, aber auch fürstliche Bibliotheken, wie die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, beherbergen eine Legion von mittelalterlichen Handschriften. Darunter allerdings auch viele „Palimpseste“, Handschriften, die man wegen der wertvollen Pergamente radiert und wieder beschrieben hat und wo man z.T. mit modernen Methoden die „gelöschten“ Seiten wieder lesbar machen konnte. Dass man die Schriften „heidnischer“ Autoren gelöscht und auf die Pargamente die Bibel kopiert hat, zeit: Die Bibel war das Buch der Bücher, ok.?

    So, nu is genug!

    P.S. In # 41 muss es natürlich heißen:
    “… und findet sich in folgendem Wortlaut in Art. 147 der Weimarer Reichsverfassung von 1919″, nicht “…von 1909″.

  58. @ Heinrich,

    leider geben ihre Texte manchmal einen ziemlichen Eindruck der Arroganz und vor allem der Undankbarkeit.

    ARROGANZ sehe ich in ihrer Fixierung auf eine bestimmte arrogante Sichtweise auf die Art, der sie angehören, sodaß es ihnen völlig unmöglich zu sein scheint, auch nur die Möglichkeit einer Existenz von anderen Trägern informationsverarbeitender Prozesse einzuräumen, die weitergehende Erkenntnisfähigkeiten als ihre eigne Art haben. Ich dachte dabei gar nicht mal an Computer (ihre Ausführungen zu Fetischen gehen daher ziemlich ins Leere), denn die
    Möglichkeiten von menschengebauten Computern liegen sowohl bei Intelligenz als auch Kapazität zur Speicherung von Weltwissen und Weltmodellen noch weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um das Wort „weitergehende Fähigkeiten“ in den Mund nehmen zu können. Ich dachte dabei an Leben, das anderswo im Kosmos entstand, aber z.B.
    eben nicht zum Zeitpunkt 0 + 14 Milliarden Jahre, sondern vielleicht zum Zeitpunkt 0 + 10 Milliarden Jahre, daß uns also 4 Milliarden Jahre evolutiver Entwicklung auch im Bereich der Intelligenz voraus wäre. Dieses Leben, leider scheint es nötig zu sein, es ihnen zu sagen, wäre NICHTS MENSCHENGEMACHTES. Bei all jenen, die sich so sehr schwertun, die Möglichkeit dafür zu begreifen, fragt man sich natürlich, was die Gründe dafür sein könnten… möchte man nicht gern vom Thron im Zentrum der Welt gestoßen werden, auf dem man sich sitzen sieht? Wie dem auch sei, einen arroganten Eindruck macht es allemal.

    UNDANKBARKEIT schreit einem aus nahezu jedem Satz entgegen, in dem sie sich auf Wissenschaft beziehen. Ich meine damit NICHT die bloße Kritik. Kritik ist ein integraler Bestandteil von Wissenschaft, ihre Denkinhalte müssen kritisiert werden, aber mehr noch, auch Kritik an dem was Wissenschaft ist und wie sie überhaupt bewertet werden soll, ist doch erlaubt. Sie gehen aber weiter und formulieren oft so, daß man den Eindruck einer „Verächtlichmachung“ bekommt. Sie halten nicht viel von Wissenschaft und lassen es deutlich merken. Nun kann man
    zu Wissenschaft stehen wie man will, aber Menschen, die der Wissenschaft verdanken, daß sie in ihren ersten Lebensjahren nicht mit ganz großer Wahrscheinlichkeit vor die Hunde gegangen sind, haben nicht das moralische Recht, sich über Wissenschaft so verächtlich zu äußern. Ich will nicht noch die lange Liste von weiteren Auswirkungen der Wissenschaft aufmachen, von denen wir alle profitierten. Mit ein wenig Phantasie wird jeder in der Lage sein, diese zu erkennen. Das moralische Recht, sich über Wissenschaft verächtlich zu äußern, hätten sie erst dann, wenn sie sich den teils beträchtlichen Vorteilen, die ihnen durch Wissenschaft zugute kommen, entziehen.

    Umgekehrt akzeptiere ich natürlich eine eventuelle Anschuldigung gerne, daß aus meinen Texten deutlich eine Undankbarkeit gegenüber Religionen spricht. Welcher Religion sollte ich dankbar sein, und wofür? Daß Religionen durch ihren jahrtausendewährenden Kampf gegen Wissenschaft die Auswirkungen von Wissenschaft behinderten, die z.B. ein
    drastisches Senken der Kindersterblichkeit viele Jahrhunderte vor der Zeit ermöglicht hätten, als sie dann eintrat, das macht doch die Religion zum Mitverantwortlichen am Tod von zig Millionen Menschen. Dafür sollen wir
    dankbar sein? Ich bin es nicht.

  59. @ 61

    „In Wirtschaftskreisen nennt man das feindliche Übernahme“.

    Ein merkwürdiger und unpassender Vergleich. Was ist hier wem weggenommen worden, und gar in feindlicher Absicht?

    @ max wedell

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  60. @ # 62 Max Wedell

    „Welcher Religion sollte ich dankbar sein, und wofür? Daß Religionen durch ihren jahrtausendewährenden Kampf gegen Wissenschaft die Auswirkungen von Wissenschaft behinderten, die z.B. ein
    drastisches Senken der Kindersterblichkeit viele Jahrhunderte vor der Zeit ermöglicht hätten, als sie dann eintrat, das macht doch die Religion zum Mitverantwortlichen am Tod von zig Millionen Menschen. Dafür sollen wir
    dankbar sein?“

    Wie kommen Sie zu diesem konstruierten Gegensatz? Moses Maimonides, die religiöse Autorität des Judentums des 11. Jahrhunderts, war gleichzeitig als Arzt tätig. Weder der Islam, noch das Judentum haben die Entwicklung der Medizin behindert. Theologie und Medizin wurden auch an christlichen Universitäten nebenanander gelehrt.

    Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist Ihr Vorwurf an Heinrich, er sei wissenschaftsfeindlich, nur weil er Ihre religionsfeindlichkeit nicht teilt.

  61. @ #62 max wedell
    Verwechseln Sie nicht vielleicht Religionen mit den menschlich geführten Institutionen?
    Ich glaube schon, dass wir Europäer ein wenig nachdenklich-dankbar sein können, dass es ein Christentum gab. Wie sehe denn unsere Geselschaft heute aus? Keltenmystik, Germanenkult, Nichts ?

  62. @ Abraham (u.auch Schmid),

    ich war leider zwischenzeitlich sehr beschäftigt, will aber die Antwort nicht schuldig bleiben:

    Für den medizinischen Fortschritt, wie er dann u.a. in der Reduzierung der Kindersterblichkeit Erfolge zeitigte, war ein besonderes Menschenbild notwendig, nämlich das des Menschen als einer Ansammlung biologischer Vorgänge. Die christliche Religion zumindest aber bewirkte weit mehr als tausend Jahre lang, daß den Menschen so zu sehen als anmaßend gesehen wurde, ja als gotteslästerlich.

    Wie ich eine unbekannte Maschine auseinandernehmen muß, um ihre Funktionsweise zu verstehen, muß man den Menschen auch aufschneiden können, aber das Aufschneiden von Leichen zu medizinischen Zwecken war ebenfalls aus religiösen Gründen lange verboten. Dieses nicht möglich, jenes verboten… das klingt harmlos. Um zu illustrieren, welchen Zwängen Mediziner hier unterlagen, ein kurzer Ausschnitt aus dem Lebenslauf des Arztes Pietro d’Abano (1250-1316) (Wikipedia):

    „Bald geriet er erneut mit der Kirche in Widerspruch. Da er sich weigerte zu widerrufen, wurde er der Häresie angeklagt und der Inquisition übergeben. Noch vor Beendigung dieses Gerichtsverfahrens verstarb d’Abano 1316 in der Engelsburg. Der Prozess wurde auch nach seinem Tode weitergeführt. Er wurde schuldig gesprochen und zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Aus verschiedenen Quellen geht nicht eindeutig hervor, wie das Urteil vollstreckt wurde: Teilweise wird berichtet, dass wegen Unauffindbarkeit des Leichnams nur ein Bild von ihm verbrannt wurde, andere Quellen berichten, dass die Leiche von den Dominikanern in Padua verbrannt wurde.“

    Womit man sich beschäftigen durfte und womit nicht, hatte lange ganz enge, genau vorgeschrieben Grenzen. Die Tatsache, daß sich die Medizin zu genau der Zeit emporschwang in ihren Erkenntnissen, als auch andere Wissenschaften sich von den ihnen von Seite der Religion auferlegten Zwängen befreiten und aufblühten, ist doch kein Zufall. Das Zeitalter der Aufklärung war doch eines der Säkularisierung, in erster Linie.

    Alle Mediziner des Altertums und des arabischen Raumes in Ehren, aber ihre empirische Kräutermedizin ist doch den Erkenntnissen der Bakteriologie und ihrer Anwendung durch Impfen beim Bekämpfen von bekannten Kinderkrankheiten, und auch von Milzbrand, Diphtherie, Tuberkulose, Lepra, Pest, Syphilis, Gonorrhö u.v.a unterlegen.

    Jenseits aller Medizin sind doch Krankheit und früher Tod auch eine Folge von Armut, und Armut eine Folge von einerseits unzulänglichen Ressourcen, andererseits aber auch Resultat ausbeuterischer Gesellschaftsverhältnisse. Durch Bekämpfung der Wissenschaft hat die Kirche im Mittelalter ersteres zu verbessern verhindert, durch Konservatismus letzteres doch weit öfter zementiert als behoben, eine weitere Mitverantwortung zu millionenfachem Tod und Elend.

    Müßig ist es, zu streiten, ob dies eine Verantwortung der christlichen Religion oder der auf ihr basierenden Institutionen ist. Auch wenn man behauptet, die christliche Religion wäre einfach nur jahrhundertelang missverstanden oder fehlinterpretiert worden… ohne sie hätte es diese fatalen Fehlinterpretationen jedenfalls nicht gegeben. Die Ansätze des Altertums in der Medizin waren sehr vielversprechend, ohne Christentum hätte die Menschheit sich vielleicht ein finsteres Jahrtausend plus mehrere ebensolche Jahrhunderte ersparen können…

  63. @ # 66 max wedell

    Aus dem zitierten Wikipedia-Eintrag geht überhaupt nicht hervor, dass Pietro d’Abano, der auch Philosophie und Astrologie lehrte, wegen seiner Tätigkeit als Mediziner in Konflikt mit der Kirche geraten ist, schon gar nicht wegen verbotenem „Aufschneiden von Leichen“.

    „Alle Mediziner des Altertums und des arabischen Raumes in Ehren, aber ihre empirische Kräutermedizin ist doch den Erkenntnissen der Bakteriologie und ihrer Anwendung durch Impfen beim Bekämpfen von bekannten Kinderkrankheiten, und auch von Milzbrand, Diphtherie, Tuberkulose, Lepra, Pest, Syphilis, Gonorrhö u.v.a unterlegen.“

    Das ist eine absolut unhistorischer Vergleich, die der Medizin des Altertum und des Mittelalters nicht gerecht wird. Zur arabischen Medizin schreibt Wikipedia:

    „Die arabische Medizin baute direkt auf den antiken Vorläufern auf. Die griechischen und lateinischen Texte wurden teils im Original tradiert, teils ins Arabische übersetzt. Im arabischen Raum erfuhr die Antike Medizin noch einmal eine Blüte, da arabische Mediziner auf ihr aufbauend auch zu neuen Erkenntnissen kamen. Die Araber entwickelten Spezialistentum und z. B. auch Krankenhäuser von einer Qualität, wie sie im Westen erst im 19. Jahrhundert wiederzufinden waren.“ Offensichtlich hinderte ihre Religion die Araber nicht daran, die Medizin weiter zu entwickeln.

    Zwischen der Entdeckung der Bakterien (laut Wikipedia 1676 durch Antoni van Leeuwenhoek) und der Entdeckung ihrer medizinischen Bedeutung beziehungsweise der Entwicklung von Impfungen liegen mehr als 200 Jahre. Was hat das mit dem Einfluss der Religion zu tun?

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