Fatales Signal für die Reformbemühungen im deutschen Fußball

Uli Hoeneß ist nach gut eineinhalb Jahren in Haft und etwa ein Dreivierteljahr nach Haftentlassung auf seinen früheren Posten zurückgekehrt: Die Mitgliederversammlung des Bundesliag-Erstligisten FC Bayern München wählte ihn mit überwältigender Mehrheit wieder zum Präsidenten des Vereins. Es war das Comeback des Jahres. Hoeneß war 2014 wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Der Fall ist bekannt und ist damals auch hier im FR-Blog diskutiert worden (Vater Teresa und Um eine Illusion ärmer).

Ich stelle hier mal einfach zwei Positionen gegenüber, die Hoeneß‘ Rückkehr bewerten. FR-Leitartikler Christian Bommarius freut sich: „Resozialisierung gelungen„. Thilo Komma-Pöllath, Autor dees Buches „Die Akte Hoeneß“, hingegen meint: „Comeback ohne Anstand„.

fr-balkenLeserbriefe

Werner Fischer aus Kriftel meint:

„Ich finde es unmöglich, dass Herr Hoeneß wieder in Amt und Würden eingesetzt wird. Das hätte er vielleicht auch selbst einsehen können. Aber sein Streben nacht Macht und Ansehen ist zu groß, schade.“

Thorsten Oehl aus Nidderau:

„Wie schade, dass sich jetzt auch die Frankfurter Rundschau am Uli-Hoeneß-Bashing beteiligt. Ich bin nun wirklich kein Anhänger von Herrn Hoeneß (ganz im Gegenteil) und selbstverständlich hat er viele Fehler (strafrechtliche und moralische) gemacht. Aber auch für ihn gelten die Regeln des Rechtsstaats! Er ist rechtskräftig verurteilt worden und hat seine Strafe verbüßt. Und dann hat er, wie jeder andere Straftäter, die Chance, wieder in die Arbeitswelt einzutreten.
Natürlich ist das für ihn leichter als für einen „normalen“ Straftäter.  Seine Fehler der Vergangenheit sollten nicht vergessen werden, aber jetzt sollten alle erst einmal abwarten, wie er in Zukunft handeln wird und ihn nicht mit den alten Fehlern in die gleichen Schubladen von früher stecken. Diese Chance hat selbst Uli Hoeneß verdient, auch wenn er mir niemals sympathisch sein wird.“

Wilma Fischer aus Eschborn:

„Es ist doch nicht zu glauben. Aber irgendwie hatte ich auch damit gerechnet, dass ein Herr Hoeneß sich wieder als Präsident des Fußballverein Bayern München wählen lässt. Es ist passiert, er wurde mit 98,5 Prozent der Stimmen gewählt.
Wie bedeutet uns Anstand und Ehrlichkeit? Wie können wir unseren Kindern diese Begriffe beibringen, wenn Menschen wie Uli Hoeneß und Donald Trump gewählt werden? Es sind Machtmenschen, die um ihre Vorteile zu erreichen jeden Anstand verloren haben. Sind dies Vorbilder für unsere Gesellschaft?
Man sollte auch bedenken, dass Herr Hoeneß als Steuerhinterzieher wieder der mächtigste Mann bei einem Fußballverein wird, und dort für die Jugend ein Vorbild ist. Ich als Mutter würde mein Kind nie in einem solchen Verein anmelden.
Die Rückkehr von Uli Hoeneß ist, wie der Moderator schreibt, auch ein fatales Signal für die Reformbemühungen im deutschen Fußball, wenn es diese je gegeben hat. Nach dem Sommermärchen, wollte man für mehr Transparenz sorgen. Auch der Bestechungsskandal sollte konsequent aufgearbeitet werden. Da passt die Hoeneß-Personalie voll ins Bild. Das Aushängeschild (wie Komma-Pöllath schreibt) wird von einem Vorbestraften geführt und kontrolliert. Die Liga applaudiert dann sehnsüchtig.“

Jürgen Malyssek aus Wiesbaden:

„Er ist wieder da! Der unentbehrliche Uli Hoeneß. Sie ist wieder da! Die kritiklose Masse. Schwamm drüber! Über alles, was vor zwei Jahren gewesen ist. Hauptsache ER ist wieder da. Schließlich hat jeder Verurteilte seine zweite Chance verdient, und wenn’s der Präsidentenposten eines der mächtigsten Fußball-Vereine Europas ist. Die Haft habe Hoeneß verändert, heißt es in seinem Umfeld. Da möchte man doch gerne wissen, woran das zu erkennen ist?
Die Bayernfamilie funktioniert wie ein Clan. Bayern München ist ein großer Konzern und ein Familienbetrieb. Machtvoll und gleichzeitig volkstümlich. Das mögen die Menschen, die Fans. Es erinnert an Wachstum und Aufstieg aus der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders. Irgendwie so vertraut. Dann geprägt vom dauerhaften sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg. Die Nummer Eins halt.
Kapitän Philip Lahm sagt mit großer Erleichterung: „Das Team ist wieder zusammen.“ (Rummenigge und Hoeneß). Die Familie ist nach einer Zeit der zwangsweisen Trennung wieder vereint.
Uli Hoeneß wusste ja schon vor dem Absitzen seiner Haftstrafe, dass er wiederkommen würde. Nichts hat er von seinem Machtinstinkt und –einfluss verloren. Was er an Erkenntnis dazu gewonnen hat, ist mir jedenfalls schleierhaft.
Thilo Komma-Pöllath hat im Gastbeitrag desweiteren mit seinen Aussagen einen anderen Punkt sehr genau getroffen: „Der Volkssport Fußball war schon immer populistisch und ihm ist mit Mitteln der Vernunft nicht beizukommen. […] Es geht (bei der Wahl in München) nicht mehr um richtig oder falsch, es geht um Emotionen und ihr Zustimmungspotenzial. Brot und Spiele im besten Sinne ..“
Und, so sagt Komma-Pöllath weiter: „Das Problem ist nicht nur Uli Hoeneß, sondern auch die Liga, die ihm zujubelt.“ Dem ist wenig hinzuzufügen.“

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4 Kommentare zu “Fatales Signal für die Reformbemühungen im deutschen Fußball

  1. Wie bereits geschrieben, wir befinden uns in der Trump-Aera, in der Steuerbetrug, Filz, Korruption etc. Hochkonjunktur haben und von den Politikern ignoriert oder sogar gefördert wird.

    Wen wundert dann noch ein Aufstieg der AfD, die ebenfalls Wegfall der Erbschaftssteuer, Senken des Rentenniveaus u.ä. fordert?

  2. Was kann man denn von einem „Sport“ erwartern, in dem es – zumindest auf der höheren Ebene – nur noch um Kommerz und Macht geht? Die „Fans“ sind doch selbst schuld. Statt sich am Wochenende selbst zum vergnüglichen Kicken auf dem Sportplatz zu treffen, jubeln sie diesen millionenschweren Söldnern und ihren korrupten Bossen zu und machen diese unappetitliche Geschäftemacherei damit erst möglich.

  3. Der treffendste Ausdruck war für mich : „Die kritiklose Masse“ – sie ist wieder da ! (Kann aber auch sein, dass sie nie ganz weg war.)

  4. An werner.h: Sie haben natürlich auch recht. Ganz weg war sie nie. Aber immer, wenn es eng wird mit dem gesellschaftlichen Klima, dann ist sie wieder da. Wobei im Falle Hoeness & Gefolgschaft die Sehnsucht nach dem alt Vertrauten und der Garantie-Figur des dauerhaften Erfolgs (im Fußball) noch eine weitere Rolle spielt. Wenigstens da auf der Siegerstraße bleiben.

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