Steuerhinterziehung in Deutschland hat ein neues Gesicht: das von Uli Hoeneß. Frühere Gesichter waren Otto Graf Lambsdorff und Klaus Zumwinkel, aber bei denen hat sich irgendwie niemand so richtig darüber gewundert. Anders jetzt im Fall Hoeneß, da fallen alle wie aus allen Wolken. Der Präsident des 1. FC Bayern München, 1974 Fußball-Weltmeister mit der deutschen Nationalelf, zwei Jahre zuvor Europameister – galt als Saubermann, als sozial engagiert – als Vorzeige-Manager und -Millionär. Zitat aus der Bild-Zeitung (2005): „Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern.“ Jetzt kam heraus: Nicht nur das stimmt nicht, sondern es gibt sogar bereits einen Haftbefehl gegen den Mann.

Ein Schritt nach dem anderen. „Ich habe im Januar 2013 über meinen Steuerberater beim Finanzamt eine Selbstanzeige eingereicht.“ Diese hänge „mit einem Konto von mir in der Schweiz“ zusammen. So zitierte der Focus aus einer schriftlichen Stellungnahme von Uli Hoeneß, mit der das Ganze an die Öffentlichkeit kam. Selbstanzeigen eröffnen Steuerhinterziehern grundsätzlich die Möglichkeit, nachträglich Straffreiheit zu erlangen, wenn dies dem Fiskus verborgene Steuerquellen erschließt, d.h. wenn noch kein Verfahren eingeleitet ist. Hoeneß sagte laut Focus, dass er die Angelegenheit ursprünglich über das von der Bundesregierung aus Union und FDP angepeilte deutsch-schweizer Steuerabkommen habe „regeln“ lassen wollen. Diese „Regelung“ – er hätte bis zu 41 Prozent pauschal an Steuern gezahlt – war mit der Ablehnung des Steuerabkommens  hinfällig. Hoeneß wäre als Steuerhinterzieher anonym geblieben – man darf annehmen, dass ihm genau dies am wichtigsten war.

Nun bitte alle Verschwörungstheoretiker vorgetreten! Wir hatten ja gerade eine Debatte über Offshore Leaks, in deren Verlauf zahlreiche Kommentatoren ebenso wie Leserbriefautorinnen und -autoren vermuteten, dass eine nachhaltige Verfolgung von Steuerhinterziehung seitens der Regierenden gar nicht gewollt sei. Die Bundesländer Hessen und Bayern, auch dieser Vorwurf steht im Raum, verfolgten demnach eine Wirtschaftspolitik, bei der aktive Steuerprüfungen … nun, sagen wir mal: nicht unbedingt im Vordergrund standen. Der Vorwurf könnte jetzt viel weiter gefasst werden, denn wie kommt es, dass gerade der bayerische Ministerpräsident und Hoeneß-Freund Horst Seehofer so lange für das deutsch-schweizer Steuerabkommen eingetreten ist? Für die Opposition ist der Skandal im Wahljahr natürlich eine Steilvorlage, denn sie kann die Regierung jetzt so hinstellen, als habe sie mit dem Steuerabkommen die Steuerhinterzieher schützen wollen

Noch einen Schritt zurückgetreten: Sobald es um Steuerhinterziehung, haben wir ja auch immer gleich den Vorwurf einer Neiddebatte. Jetzt mal ein bisschen anders: Wir wissen bisher weder, um welche Summen es geht, die da in der Schweiz auf dem Hoeneß-Konto liegen, noch wie hoch die Steuerschuld ist noch aus welchen Geschäften das Geld stammt. Wir wissen nur: Selbst die Sache mit dem Haftbefehl kam erst jetzt heraus, fast einen Monat nach der Ausstellung des Haftbefehls. Der Bayern-Präsident im März gegen fünf Millionen Euro Kaution auf freiem Fuß, und niemand von der Münchner Presse will etwas davon mitbekommen haben? Ha ha!

Da kommt Uli Hoeneß wahrscheinlich nicht mehr raus. Inzwischen hat er sich zu Wort gemeldet: „Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen“, sagte er der Sport Bild. „Ich will reinen Tisch machen.“ Das Verlangen ist glaubwürdig. Der Zeitpunkt nicht. Hoeneß, der Moralapostel, wird sich auch an seinen eigenen, in zahlreichen Talkshows geäußerten Worten messen lassen müssen. Es wird ein tiefer, tiefer Fall. Selbstverständlich ist er auch als Präsident des FC Bayern München nicht mehr tragbar.

Und noch einen Schritt zurückgetreten: Es gibt keine Vorbilder mehr. Sebastian Vettel und seine Tiraden gegen Team-Kollegen, Bushido und seine mutmaßlichen Mafia-Kontakte, jetzt hat sich auch noch Hoeneß disqualifiziert – wer bleibt da noch außer vielleicht Florian Silbereisen oder Helene Fischer? Wie wäre es also mit einer Rückbesinnung auf gute alte Heldenqualitäten? Dietmar Schönherr alias Cliff Allister McLaine in „Raumpatrouille“ – das war noch ein Vorbild! Frauenheld, Suffkopp und Regelbrecher in einem, ganz offen und transparent, und Deutschland liebte ihn! Vielleicht wird es in acht Jahren, wenn Uli Hoeneß aus dem Gefängnis kommt, ein Remake von „Raumpatrouille“ geben, mit Hoeneß in der Hauptrolle. Die Bavaria Studios sollen ja auch in Bayern angesiedelt sein. Irgendwas wird sich da doch sicher machen lassen.

Michael G. Hoffmann aus Flörsheim meint:

„Reich sein an sich ist in Deutschland keine Schande. Die Vermehrung von Geld mittels Betrügereien findet dagegen keine Akzeptanz. Aber bei fast jeder Reichendebatte werden die Kritiker, die die unersättliche „Habsucht“ und Geldgier vieler Reichen zulasten der Gesellschaft thematisieren, als Neidhammel gemobbt. Zu Unrecht, wie die Hoeneß-Affäre nun zeigt.
Bis zur Bekanntgabe seiner Selbstanzeige missgönnte kaum jemand Hoeneß seinen Reichtum, den er sich redlich als Wurstfabrikant und FCB-Manager verdient zu haben schien. Was die Menschen jetzt empört, hat nichts mit Neidgefühlen zu tun, sondern basiert auf Unverständnis und berechtigter Missbilligung seiner betrügerischen Geldvermehrung in der Schweiz. Besonders enttäuschend ist für viele, dass sie Hoeneß und seiner medialen Selbstinszenierung als moralische Instanz im Sport und in der Gesellschafts- und Sozialpolitik auf den Leim gegangen sind. Aus dieser Affäre kann man schließen, dass künftig alle Alarmglocken läuten müssen, wenn die Reichen bei Steuerdebatten ihr Hohelied auf Selbstverpflichtung und soziales Engagement singen. Ähnlich wie Hoeneß machen sie dies oft nur, um von ihren dunklen Geschäften in Steuerparadiesen abzulenken.“

Bodo Panitzki aus Oberursel:

„Steuerhinterzieher sind immer auch Opfer. Die Abgaben in unserem Land sind m.E. unanständig hoch. Wenn „die Politik“ ihre Hausaufgaben machen würde, könnten die Steuern schlagartig massiv gesenkt werden.
Die Kanzlerin ist sehr enttäuscht von Herrn Hoeneß, Steinmeier, Trittin und andere prominente Talkshowgäste empören sich – das ist alles erbärmlich hohl und scheinheilig. Solange ein ganzes Land wie Zypern auf Banken-Schweinereien fußt, in einem Land wie Griechenland jahrzehntelang kaum Steuern gezahlt werden, Ratingagenturen – Daumen hoch oder runter wie die römischen Kaiser – Schicksal spielen, Hunderte von Lobbyisten ums Bundeskanzleramt schwärmen, Firmen wie PricewaterhouseCoopers Tausende von Anwälten beschäftigen, um Steuervermeidungsmodelle zu stricken, dürfen sich die o.g. Politiker nicht wundern, wenn auch scheinbar ehrenwerte Menschen in die Kriminalität abrutschen.
Steuerhinterziehung in dem Maße, wie es sich im Fall Hoeneß abzeichnet, ist inakzeptabel, aber in gewisser Weise nachvollziehbar – wenn man denn nachvollziehen kann, dass jemand mit Hundert Millionen auf dem Konto einen Gedanken daran verschwendet, wie er daraus noch mehr machen kann.“

Klaus Matthies aus Hamburg:

„Hätte sich Uli Hoeness in Steuerdingen gesetzestreu verhalten, wäre er von seinen Freunden für verrückt erklärt worden. Er stieg auf im Bayern von Franz Josef Strauss und seiner CSU,in einem Umfeld, dass Vermögenden gegenüber bekanntlich sehr nachsichtig war. Die Steuerbeamten erhielten in jedem Fall spezielle Weisungen, wie sich sich in den einzelnen Fällen zu verhalten hatten. Wer sich von ihnen streng an die Gesetze hielt, hatte ein schweres Dasein zu erwarten. So nachzulesen in den Erinnerungen des Wilhelm Schlötterer, ehemals Staatssekretär im Bayerischen Finanzministerium.
Fazit: Hoeness ist einer von Vielen, die in dieser Zeit zu Geld gekommen sind.Daher lohnt es nicht, auf ihm als Einzeltäter herum zu hacken.Berichten Sie doch bitte über das gesamte Umfeld. Nur so ergibt sich ein Bild. Die CSU verhält sich still – ist das ewa ein Wunder?“

Michael Maresch aus München:

„Wenn die Selbstanzeige des Herrn Hoeneß nach der Veröffentlichung des Kaufs der Steuer CD durch Rheinland – Pfalz erfolgte und wenn Herr Hoeneß auf dieser Steuer CD ist, geht er in das Gefängnis.
Und da gehört er hin. Selbstanzeige hin oder her. Steuerhinterziehung in dieser Höhe ist das zweitwiderlichste Verbrechen gleich hinter Mord: Volksbetrug. Da kann der Saubermann Hoeneß in Zukunft vor jedem Hooligan den Hut ziehen. Die sind zwar doofer als, er aber ehrlicher doof. Die sind zwar vordergründig gewalttätiger als er, aber ehrlicher gewalttätig und nicht so hinterhältig und nicht in so großem Stil.
Gehen Sie ins Gefängnis, Herr Hoeneß, gehen Sie sofort dahin, gehen Sie nicht über das Los Selbstanzeige! Und verschwinden Sie sofort aus der Öffentlichkeit.“

Klaus Schäfer aus Reichelsheim:

„Wieder einmal stehen Anspruch und Wirklichkeit gegeneinander. Wieder einmal wird deutlich, dass Macht allein nicht für Wahrheit und Aufrichtigkeit streitet. Erneut geht ein vermeintliches Vorbild verloren, sind wir um eine Illusion ärmer.
Wer Steuern hinterzieht, was Uli Hoeneß unstreitig getan hat, kann niemals wieder Meinungsführer in unserer Gesellschaft sein. Dies gilt nicht nur für allgemeine Äußerungen zu politischen Fragen, sondern auch in Fragen der Sportpolitik und des Fussballs und seiner Organisation. Weder der DFB noch die DFL werden sich von einem, der massiv Steuern hinterzogen hat, Ratschläge geben lassen müssen. Nicht ein Verein im bezahlten Fussball wird sich mehr etwas von Herrn Hoeneß vorhalten lassen müssen. Der FC Bayern wird schon nach kurzer Zeit eines zu erwartenden gemeinsamen Durchhalteappells merken, dass Hoeneß auf Dauer nicht mehr gehalten werden kann. Eine Aera geht abrupt zu Ende: der Handelnde hat sich das ganz allein zuzuschreiben. Er sollte ganz schnell auch selbst zu dieser Einsicht kommen.“

Oliver Roßmüller aus Tauberbischofsheim:

„Die Medienwirksamkeit der Steuerflucht von Uli Hoeneß lenkt vom tatsächlichen Problem ab, und das kommt Einigen nicht ganz ungelegen. Der Staat hat ein Einnahmenproblem bei Steuern, was von politischer wie auch von institutioneller Seite jahrelang durch Verkomplizierung des Steuersystems und personellem Abbau bei den Finanzbehörden begünstigt wurde. Das offenbart sich durch politische „Kaltstellung“ von Politikern, die um Vereinfachung des Systems bemüht waren, genauso wie durch unverhohlen geforderten Wirtschaftsliberalismus und Steuersenkungsaktionismus einer Klientelpartei. Die Geißelung des Ankaufs von Steuer-CDs und der Vorwurf, die Unterzeichnung eines fragwürdigen Steuerabkommens verhindert zu haben, zielen auf rot-grüne Landesregierungen ab und sind Ausdruck von Nervosität.
Ich will das Verhalten von Uli Hoeneß nicht werten – er hat das Pech, ein Prominenter zu sein, der polarisiert. Was unserer Gesellschaft fehlt, ist die Erkenntnis, dass eine funktionierende Gesellschaft ein hohes Gut ist und einen Preis hat, der logischerweise von denen, die besonders profitieren, auch mehrheitlich entrichtet werden muss.“

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7 Kommentare zu “Um eine Illusion ärmer

  1. Ich finde es zum Kotzen, das die „großen Herren“ sich mit ihrem vielen Geld „freikaufen“ können. Woher stammen denn die fünf Millionen Kaution? Warum muss der kleine Mann ins Gefängnis, wird schlimmer bestraft als ein Gewaltverbrecher – und Herr Hoeneß? Hat Selbstanzeige erstattet – um einer gerechten Strafe zu entgehen. So leicht kann man es sich in unserem Staate machen. Super! Wo soll man denn da noch Vertrauen in den eigenen Staat haben? Die Großen lässt man laufen – die können sich frei kaufen – dies ist meine persönliche Meinung.

  2. Letzte Woche berichtete die FR vom milliardenschweren Steuerbetrug mittels Briefkastenfirmen in Steueroasen. Diese Woche wird mit viel größerer Empörung über den millionenschweren Steuerbetrug des Herrn Hoeneß geschrieben. Die Selbstanzeige des Herrn Hoeneß fand bereits in Januar statt, und mit dieser Selbstanzeige ist die Nachzahlung der hinterzogenen Steuern gegeben. Starbucks und Apple vermeiden über ihre Firmen in den Niederlanden und Irland (Irland: 85 Milliarden Euro an Kredithilfen in 2010) weiterhin weitaus größere Steuerzahlungen. Sensibilisierung der Bevölkerung für diese Praktiken könnte bei den Firmen vielleicht zu einem Umdenken führen. Stattdessen empört sich die FR weiter über Herrn Hoeneß. Dabei ist, was Uli Hoeneß macht, wirklich Wurscht.

  3. @Gabi van de Laar #2

    Es kann nicht um ein Umdenken bei den Firmen gehen – das Umdenken muss in der Legislative stattfinden. Was ist das für ein Staat, der es den Mächtigen und Leistungsstarken freistellt, ihn zu tragen, um sich den Ausgleich von den Kleinen zu holen? Da brauche ich gar nicht zu fragen, wer die Texte für diese Gesetze ausgearbeitet hat, und es ist auch ziemlich egal, ob ich die Steuerkürzung durch die Schlupflöcher für internationale Firmen direkt legalisiere, oder ob ich diese Kürzung bei Personen zwar unter Strafe stelle, aber über die Einrichtung des Bankgeheimnisses, das auch bei uns nur ganz langsam fällt, nur denjenigen ermögliche die Steuern zu kürzen, die ihr Einkommen nicht von einem Arbeitgeber beziehen, der es dem Fiskus automatisch meldet.

    Der Würschtlheini Hoeneß und Apple oder Ikea sind zwei Seiten der selben Medaille. Und es ist wirklich eigenartig: Je größer die Schere in der Einkommensverteilung klafft, desto mehr erscheint denen am oberen Ende die Steuerlast als ungerecht, Herr Panitzki macht sie sogar zu Opfern. Dabei zahlen bei uns nur nur Angestellte den Maximalsatz. Die, die wirklich das große Geld verdienen, zahlen im Schnitt zwischen 20 und 25%. Als in den 60ern der Anteil derer, deren Brutto sich jenseits der Grenzen für den Höchstsatz befand, noch kleiner war, und die auch relativ häufiger den Höchstsatz zu bezahlen hatten, weil all die Schlupflöcher noch nicht ausformuliert waren, war nicht nur der Höchstsatz noch höher als heute, komischerweise war die Akzeptanz unter den Betroffenen auch höher. Vielleicht lag das daran, dass die ein zerstörtes Deutschland erlebt hatten, und so aus unmittelbarer Erfahrung wussten, dass es der Staat ist, der die Voraussetzungen für ihren Verdienst liefert, während sich heute alle einbilden, es sei ihre eigene Leistung, die zu diesen Einnahmen führt.

  4. “ Vielleicht lag das daran, dass die ein zerstörtes Deutschland erlebt hatten, und so aus unmittelbarer Erfahrung wussten, dass es der Staat ist, der die Voraussetzungen für ihren Verdienst liefert, während sich heute alle einbilden, es sei ihre eigene Leistung, die zu diesen Einnahmen führt.“

    Auf den Punkt gebracht.

    Neben Hoeneß werden oben Vettel und Bushido als abgestürzte Vorbilder genannt.

    Das klingt jetzt furchtbar besserwisserisch , aber wer ernsthaft der Meinung war , daß sich Hoeneß , aber auch die beiden anderen als Vorbilder eigneten , ist selber schuld , wenn er aus allen Wolken fällt.
    Gerade Hoeneß mit dieser ätzenden Mischung aus Dauerbeleidigtsein und Ego- zentrik , aber auch Vettel ( Vorbild?!? ) , und erst recht Bushido , also bitte !

    Vielleicht sollten wir mal nicht so sehr auf die Lautsprecher schielen , sondern den Instinkt spielen lassen , einen zweiten Blick riskieren , und ganz generell nicht so schnell in den Staub sinken , wenn jemand zu Berühmtheit gelangt.

  5. Im Herbst schickt der Bodensee immer dicke Nebelschwaden über Konstanz und das schweizerische Kreuzlingen. Ideale Voraussetzungen für dunkle Geschäfte im Trüben: Bei dem Deisler-Transfer (von Hertha BSC zum FC Bayern) im Herbst 2001 wurden 20 Millionen DM auf die Deutsche Bank in Konstanz überwiesen, was aufgrund einer Indiskretion eines Bankangestellten öffentlich wurde. U. Hoeneß bezeichnete dieses „Handgeld“ als „eine Art Darlehen“. Wieso wurde das Geld nach Konstanz überwiesen? Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Grenze dort kein Nadelöhr für Handgeldboten ist. Für U. Hoeneß bedeutete diese Indiskretion „die größte Drecksgeschichte des Jahres“ und „eine Straftat“. Seine Steuerhinterziehung nennt er dagegen selbstverzeihend und milde „einen schweren Fehler“. Der normalerweise Plattitüden schwingende und mächtigste Mann im Deutschen Fußball schweigt und hängt am Rockzipfel seiner Advokaten.

  6. Was mir immer wieder bei und in dieser Debatte auffallt, ist das zweierlei Maß, mit dem gemessen wird. Die griechische Steuervermeidungs-Strategie und Vetterles-Wirtschaft – bei uns undenkbar? Wir haben eben kaum Reeder, dafür aber andere „Leistungsträger“ und sonstige durch Lobbyismus unserem Staat verbandelte Damen und Herren, die schon dafür sorgen, daß ihre „jüdischen Vermächtnisse“ nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Und in Bayern gehört es anscheinend zum guten Ton, Familienmitglieder zu hohem Salär in Abgeordneten-Büros zu beschäftigen. Eben, Griechenland ist überall! Die Steuervermeidungs-Ideologie, die der Steuerhinterziehung vorausgeht, basiert ja nicht nur auf den Lapidar-(Ge-)Sätzen: „Der Staat verschwendet zu viel Geld, kann nicht mit Geld umgehen, schmeißt es für die falschen Zwecke aus dem Fenster raus“, sondern der Steuervermeider adelt sich ja quasi durch die „richtige“ Idee, möglichst wenig zu zahlen, weil er ja sowieso ein ganz Wichtiger und Edler, auch ohne Adelstitel, ist. Zu diesen „Erfolgreichen“ gesellen sich dann eben gerne auch Politiker, wie Seehofer zu Hoeneß, oder Schröder zu Maschmeyer, oder Steinbrück (sic!) zu Hoeneß, wie die Leipziger Volkszeitung meldete – siehe hier: http://www.lvz-online.de/leipzig/polizeiticker/polizeiticker-deutschland-international/uli-hoeness-war-berater-von-bundesfinanzminister-steinbrueck/r-polizeiticker-deutschland-international-a-184973.html. Und wenn sie erwischt werden, trotz fehlender Steuerfahnder, aber mithilfe „ungesetzlicher“ Datenklau-CDs, dann adeln sie sich wiederum durch die Etikettierung „Steuer-Sünder“. Ist ein Mörder auch ein „Totschlags-Sünder“, oder ein Kindesmißbraucher ein „Mißbrauchs-Sünder“?

    Es scheint weltweit sich die Einstellung durchgesetzt zu haben, das der ehrliche Steuerzahler der Dumme ist. Dies führt dazu, daß Staaten ihren Aufgaben kaum nachkommen können, hochverschuldet sind (wer verdient an den Schulden, na???), immer größere Bevölkerungskreise – die natürlich gnadenlos, weil besitzlos – bei geringen Verstößen verfolgt werden (siehe Hartz IV-Empfänger) und alle anderen basteln und stricken sich mit Hilfe ihres Geldes, welches dann über Banken an die Politik, an Lobbyisten, und über Korruption an Entscheider, fließt, die ihnen genehme Situation selbst.

    Hoffnung habe ich keine mehr, selbst die Hoffnung, irgendwann mehr Wolf als Schaf sein zu können, oder zumindest eine parlamentarische Vertretung für meine Vorstellungen zu erhalten, habe ich aufgegeben. Der Linken wird ja bereits empfohlen, sich in eine Dreier-Koalition aus rosa-grün-rot zu begeben. Steinbrück oder Merkel – Pest oder Cholera???

  7. Steuerhinterziehung ist Volkssport.
    Eine Ertüchtigung, die vom Volk ganz freiwillig und mit großer Motivation ausgeübt wird. Sie regt die geistigen Kräfte an, die ja sehr vernachlässigt werden, da ja üblicherweise nur Körperertüchtigungen als Sport gelten.
    Diese spezielle und kreative Form des Volksports müsste mehr gefördert werden, sodaß auch die Dummen mal was zur Volksgesundheit beitragen.

    So könnte zum Beispiel ein Solidaritätskonto sehr hilfreich sein, auf das jeder Hartzler oder Ärmere 2,30 Euro pro Monat überwiese, die er durch Quittungen aus den Papierkörben der Würschtelfabrik belegt. So ein weggeworfener Verzehrbeleg über aufgenommene Würstelbrötchen, das sind schließlich Werbungskosten, ist ja sozusagen negative Steuerhinterziehung, also Steuerausgleichsunterlassung, da wollen wir doch wohl nicht hin! Das wäre ja gerade so, als beschüsse uns der Staat!

    Um aber den ganz und gar unsportlichen Gesundheitsverweigerern eine Chance zu geben, könnte man einen Ehrlichkeitsverdacht erheben, der darin bestünde, daß man diejenigen, die immer pünktlich Steuern zahlen, als perfide Volkssportverweigerer an den Pranger stellt und zur legalen Werbungsköstlerei mittels eines Parkbelegs zwingt.
    Das gäbe dem „Bringste aufm Weg noch Brötchen mit…“ immerhin den erotischen Reiz des nicht ganz Verbotenen. Man bräuchte nur ganz absichtlich, hinterlistig und von Bosheit durchdrungen die Brötchentaste nicht zu drücken und in sich hineinmurmeln: „So! Den Zettel reich‘ ich aber ein!“

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