Jetzt wird sogar Bayern langweilig

Ich bin versucht, „Skandal!“ zu rufen. Also, warum nicht – dann tu ich’s eben mal. Skandal! Jetzt wird sogar Bayern langweilig! Was waren das noch für Zeiten, als die Querschüsse aus München straußsches Format hatten. Aber dann ging FJS, ein gewisser Fuldaer Bischof, der ihm stets fleißig nachgeeifert hatte und darum von mir ebenfalls heftigst vermisst wird, folgte ihm, und was blieb, waren kraftlose, blutleere Einlassungen von Leuten namens Huber, Beckstein und Glos, die vergeblich die Populismus-Pauke bemühten. Es ging stetig abwärts mit dem Bayern-Personal. Jetzt wird Horst Seehofer den Huberling als Parteivorsitzender der CSU beerben, einer, der gern mal nebenaus tappt und ein uneheliches Kind hat. Was geht nur in Bayern vor?

Anlass der Verwerfungen, die Bayern in die bundesdeutsche Normalität kaptapultiert haben, ist das Wahlergebnis vom Sonntag. Keine 44 Prozent mehr für die CSU. Bayern gleich CSU – das ist vom Tisch, und es ist fraglich, ob diese Sinn-Einheit jemals wieder hergestellt werden kann. Wo CSU draufsteht, ist nicht mehr CSU drin. Das Markenzeichen ist futsch. Und das ist gut so! Einerseits. Denn solange sich die Querschüsse aus München weiter auf dem huberschen Niveau bewegt hätteen, wird niemand sie vermissen. Andererseits werden sie mir fehlen, aus eher nostalgischen Gründen. Man konnte sich so schön darüber aufregen. Doch nun ist Bayern ein normales Bundesland geworden. Mit Folgen auch für die Schwesterpartei CDU.

Die FR-Leser betrachten das Wahlergebnis schadenfroh, aber auch mit Skepsis.  Peter Vogelgesang aus Walldorf triumphiert:

„Ja mei, das war ein Fest – die CSU hat endlich einen Dämpfer bekommen. Für mich als Träger der ‚Stoppt Strauß‘-Plakette ist das eine späte Genugtuung. Jener skandalumgebene Mensch, manche sagten Waffenhändler, der, wäre er an die Macht gekommen, vermutlich Atomwaffen und Todesstrafe eingeführt hätte, jener Mensch, der gewisse Verantwortung für die Toten der Starfighterabstürze hatte, jener Mensch hat sich wahrscheinlich im Grabe umgedreht und den Engel Aloisius gefragt, was mit seinen Bayern los ist. Und der Paparazzi in Rom fragt sich wohl, was mit der katholischen Kirche los ist, wenn sie duldet, dass ein Ehebrecher und Erzeuger eines unehelichen Kindes Parteivorsitzender der CSU werden soll. Und ich frage mich, ob Herr Beckstein mit dem Klammerbeutel gepudert ist, wenn er mit der FDP verhandeln will, der nichtssagenden Partei der Besserverdiener und der Tabakdrogensüchtigen.“

Axel Schmeißner aus Erding meint süffisant:

„Tja, wenn man über des Bürgers Kopf hinweg eine Magnetschwebebahn bauen wollte, eine A94 ohne Berücksichtigung der Kosten durchdrückt, ein radikales Rauchverbot einführt, das eigene Personal mit einer 42-Stunden-Woche OHNE Lohnausgleich beglückt, Märchen über eine Pendlerpauschale erzählt, muss man damit rechnen, dass der Bürger eben mal kein guter Bayer ist.“

Carsten Dietrich Brink aus Gauting hat im Wahlkampf eine Beobachtung gemacht:

„Ich möchte das Thema Bayernwahl um einen ganz persönlichen Eindruck ergänzen, weil keiner der sicher anwesenden Journalisten davon berichtet.
Am Freitag vor der Wahl war ich nach Büroschluss zu Besorgungen kurz in der Münchner Innenstadt. Ich stieg am Marienplatz aus der S-Bahn. Als ich auf den Marienplatz vor das Münchner Rathaus kam, lief gerade die Abschlusskundgebung der CSU mit Angela Merkel als Hauptrednerin und der CSU-Prominenz auf dem Podium. Ein Häuflein von ca. 200 (!) Zuhörern scharte sich um das Podium. Obwohl Angela Merkel auf der Großbildwand zu sehen war, kümmerte sich fast keiner um diese Veranstaltung. Auf dem Bahnsteig der S-Bahn war mehr los. Auch ich ging vorbei, denn das Geschwätz der Politiker ist mittlerweile unerträglich. “

Carmen Engels aus Bottrop meint:

„Da verliert die CSU haushoch mit fast 20 Prozent. Nun wäre doch zu erwarten, dass die zweitstärkste Partei, die SPD, davon profitiert – insbesondere, weil sie bei der vorletzten Wahl mit fast 10 Prozent Verlusten ein Desaster erlebt hatte. Doch die SPD unterbietet das desaströse Ergebnis von 2003 nochmals! Mit dem ’neuen‘ Agenda-2010-Personal und insbesondere mit dem Rentenabbau-Münte ist sie nicht zukunftsfähig.“

Herbert Gaiser aus München dagegen:

„Die Äußerungen vieler Politiker verschiedener Couleur hinterlassen den Eindruck, als befinde sich Bayern in einem Tollhaus. Was ist denn geschehen? Die CSU hat bei der Landtagswahl zwar enorme Verluste erlitten, die absolute Mehrheit im Parlament aber nur um zwei Sitze verfehlt. Die SPD dagegen vergaß bei ihrer primitiven Häme, dass sie das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren hat. Über 43 Prozent der bayerischen Wähler wollen, dass die erfolgreiche Politik der CSU, die Bayern in der Bundesrepublik zum wirtschaftlich erfolgreichsten Land gemacht hat, fortgesetzt und nicht durch unausgegorene Splitterparteienpolitik zunichte gemacht wird. Diese übergroße Zahl der Wähler will, dass Bayern auch weiterhin eine Zukunft mit Vernunft hat. Nicht durch Emotionen, sondern nur durch die richtige Lösung von Fachproblemen macht man gute Politik!“

Rudolf Kuhr aus Schöngeising hat mal gerechnet:

„Was ist das für eine Demokratie, in der nur etwa die Hälfte der Bürger zur Wahl geht? Eine schwache. Was sind das für Zahlen, bei denen nur etwa die Hälfte der Wahlberechtigten gewertet werden? Täuschende Halbwahrheiten. Hier ein Vergleich der Ergebnisse der üblichen Zählweise mit denen aller Wahlberechtigten, also auch der Nichtwahlwilligen oder -fähigen (in Klammern die offiziellen Zahlen): CDU 25,2 (43,4); SPD 10,8 (18,6); Freie Wähler 5,9 (10,2); Grüne 5,5 (9,4); FDP 4,7 (8,0); Linke 2,5 (4,3); Andere 3,5 (6,1); Nichtwähler 41,9 (0,0) Prozent.
Die Fragwürdigkeit der bisherigen Auswertung wird bei der Vorstellung deutlich, dass nur noch ein einziger Bürger zur Wahl ginge. Die gewählte Partei erhielte 100 Prozent und könnte mit Recht die so gern von Politikern benutzte Formulierung verwenden, der Wähler habe der Partei damit den Auftrag gegeben. – Demokratische Politik ist für alle da, auch für Politikverdrossene und Bildungsschwache. Das Einbeziehen aller Wahlberechtigten in die Auswertung könnte zu mehr Glaubwürdigkeit auch der Medien beitragen, die in Grafiken auch über die Wahlbeteiligung informieren sollten.“

Und Werner Straat aus Frankfurt fragt giftig:

„Sagte Beckstein: ‚Deshalb rufe ich: weder mit der FDP noch mit den Freien Wählern.‘ Und wenn er jetzt genau mit denen koaliert, wird die Presse auch über ihn herfallen, als ob er Wahlversprechen bricht? Oder war das bei Ypsilanti nur, weil sie eine Frau war?“

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4 Kommentare zu “Jetzt wird sogar Bayern langweilig

  1. Nach jahrelangem Höhenflug, welcher der CSU meistens zwischen 50 und 60% bescherrte, war dies eigendlich zu erwarten. Die politische Landschaft, auch im „Freistaat“ Bayern, hat sich geändert, wo nur noch „eine“ Partei das Land mit „absoluter“ Mehrheit regiert hat.Beckstein und Huber, welche ihren Posten jetzt „aufgegeben“ haben, sind an diesem „Niedergang“ der CSU nicht alleine Schuld. Man kann zum Beispiel auf der einen Seite, (bei der Landtagswahl) für die sofortige Wiedereinführung der Pentlerbauschale plädieren und auf der anderen, in Berlin, stimmt die CSU Gruppe dagegen. Aber seis drum.
    Auch die CDU und hier besonders Angela Merkel, muß „dieses“ Problem, einer geschwächten „CSU“ bis zur Bundestagswahl 2009, in den Griff bekommen, was aber für die CDU, gegenüber einer „total“ geschwächten SPD, kein Problem sein dürfte ?

  2. Ich sehe das so:
    wer ein Schiff Idiotensicher fahren will „WEIL ES IMMER SO WAR „bekommt auch nur Idioten an Bord.
    Das gilt zu Land und zu Wasser 😀

  3. Kann mir nicht helfen; Die bayrische Klamotte von Sonntag schenkte mir manch schadenfrohen, herzhaften Lacher. „Bayern ist sooooooooo schön!“
    Doch frage ich mich, wie es kommt, dass die Umfragen und Vorhersagen der diversen Institute nicht nur schief, sondern völlig daneben liegen konnten? Was will uns dies über modernen Medien sagen?;-))

  4. Na Detlef von Seggern, es ist klar, dass man sich freut und hofft, auch Bundespolitisch möge das ein Signal gewesen sein, aber ich habe da meine Zweifel.
    Hier bei uns in der Region (Oberfranke) haben die Freien Wähler nicht den Status einer Splittergruppierung die man aus Protest wählt, sondern gehören seit jeher auf kommunaler Ebene zu den fest etablierten Kräften.
    Die Freien Wähler sind in der Realität oft „CSUler ohne Parteibuch“, will sagen, Konservative, Heimatverbundene. Oder aber von der Mutterpartei enttäuschte, bei Nominierungswahlen nicht durchgekommene usw.
    Die Bayern haben auch in diesem Jahr wieder genauso konservativ gewählt wie zu den letzten Wahlen.
    Von denen die eine wirtschaftsliberale Politik erwarten, sind einige zu der FDP abgewandert, das muss als Konsequenz des pseudosozialen Geblökes der letzten Monate gesehen werden.
    Diejenigen die von Huber und Beckstein enttäuscht waren, das Rauchverot zum Kotzen fanden oder als Oberbayern einfach keinen Franken verkraften konnten, die sind zu den FW übergelaufen.
    Zur Bundestagswahl sind die FW nicht am Start, da wird dann die Stimmenverteilung in Bayern wieder traditioneller ausfallen.
    Jede Wette!

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