Wer heute noch auf die gesetzliche Rente vertraut, dürfte blöd dastehen, wenn er/sie in 15, 20 Jahren in Rente geht. Die Zahl der Rentenempfänger/-innen in Deutschland wird weiter wachsen, vor allem wenn sich die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre in den Ruhestand verabschieden. Die Demografie sieht also ungünstig aus. Die Schröder-Regierung hatte nach Lösungen gesucht, wie trotzdem ein anständiges Rentenniveau erreicht werden kann, und fand damals die Lösung „private Vorsorge“. Stichwort Riester-Rente. Doch die scheint nicht zu funktionieren. Milliarden an Steuergeldern sind bereits in die staatlichen Zulagen zur privaten Vorsorge geflossen – bis 2010 waren es 8,7 Milliarden, bis 2015 dürften weitere 17,3 Milliarden fällig werden. Mit welchem Effekt? Vor allem, wie es scheint, mit dem Effekt, dass niemand weiß, wo diese Milliarden geblieben sind.
Nur knapp fünf Millionen Deutsche haben in 2007 die komplette Förderung erhalten, weil sie den geforderten Betrag anlegten. Bedenkt man, dass es rund 30 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer und Arbeitslose gibt, ist eines klar: Mehr als drei Viertel der Rentenversicherten haben entweder gar keine Riester-Anlage, oder sie sparen weniger als vorgesehen.
Viele Versicherte haben aufgegeben. Bis Ende 2008 wurden rund 1,4 Millionen Verträge gekündigt. Schätzungsweise 1,8 Millionen weitere Verträge von insgesamt 14,6 Millionen Kontrakten wurden bis dahin „ruhend gestellt“, diese Anleger zahlen also keine Beiträge mehr. Bei Riester häufen sich die Hinweise, dass etwas gründlich schief läuft: Zu hohe Kosten, mangelnde Transparenz, Rückforderungen von Zulagen – es knirscht gewaltig. Und die Regierung hat keine Ahnung. Das Sozialministerium von der Leyens erhebt anscheinend keine Zahlen. Warum verabschieden sich die Leute vom Riestern? „Hierzu liegen keine Angaben vor“, teilte das Ministerium der FR mit.
Sind die Milliarden gut investiert? Wer profitiert, wer fällt hinten runter? Die Politik weiß es schlicht nicht. Weder die rot-grüne noch die schwarz-gelbe Koalition hat es für nötig befunden, systematisch untersuchen zu lassen, wie die Reform wirkt. Etwa weil die Finanzindustrie der große Profiteur ist? Bei der umstrittensten Sozialreform in der Nachkriegsgeschichte – den Hartz-Gesetzen – war die Politik mutiger: Sie ließ und lässt Forscher prüfen.
Herbert Messer aus Langenselbold meint:
„Wo sind die Milliarden geblieben? In den Händen der Versicherungswirtschaft. Der Staat lenkt über die Versicherten jährlich Milliarden in deren Kassen. Dabei ist es völlig ungewiss, was am Ende an zusätzlicher Rente für die Versicherten übrig bleibt.
Schon vor zehn Jahren hatte ich den Verdacht, dass es Absicht und Ziel ist, den Versicherungsgesellschaften ein Riesengeschäft zu besorgen und das System der gesetzlichen Rentenversicherung zu schwächen. (Da kann ja keiner was dran verdienen, und außerdem müssen die Arbeitgeber die Hälfte an den Beiträgen zahlen, was die Arbeitskosten erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit schwächt).Wie viel effektiver im Sinne der Versicherten wäre es, wenn die staatlichen Zuschüsse in das System der gesetzlichen Rentenversicherung fließen würden? Es ist eine zusätzliche Behörde (Zentrale Zulassungsstelle für Altersvermögen) entstanden, ein stetig wachsender Moloch, in dem Jahr für Jahr weitere Millionen Euro unproduktiv verbraucht werden. Zusätzlich fließen riesige Summen für Provisionen, Abschlussgebühren, Verwaltungsgebühren und Werbung der Versicherungsgesellschaften. Vermutlich gehen dafür Summen in der Größenordnung der staatlichen Zuschüsse nutzlos drauf. Davon haben die Versicherten später keinen Cent Rente. Entweder sind unsere Volksvertreter zu blöd, so etwas zu erkennen, oder es ist ihre Absicht.
Jedem denkenden Menschen ist schon lange klar, dass sinkende Lohnanteile an den Produkten und Dienstleistungen auch zu sinkenden Einnahmen bei der Rentenversicherung führen müssen. Es wird weniger menschliche Arbeitskraft benötigt, die Rentner werden älter und sie werden am Arbeitsmarkt auch gar nicht mehr gebraucht. Da sind einfach zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten notwendig. Lohnanteile der Beschäftigten reichen nicht mehr aus. Dazu gibt es seit Jahren verschiedene Vorschläge. Schon in meiner Jugend (ich bin 67 Jahre alt) haben wir über die Maschinensteuer diskutiert.
Leben wir eigentlich in einer Demokratie oder in einer Diktatur des Kapitals? – Interessenvertreter der Industrie der Banken und Versicherungen schreiben die Gesetze. Die Abgeordneten stimmen das dann ab.“
Peter Himstedt aus Hamburg:
„Die Regierung erklärt, zum Verbleib der Milliarden lägen ihr keine Angaben vor. Die Versicherungen sind da wahrscheinlich wesentlich weniger blauäugig, sondern haben das Geschäft genauestens kalkuliert. So wie beispielsweise bei meiner Frau: 2002 haben wir bei der Gesellschaft, für die jetzt der honorige „Mr. Tagesthemen“ Ulrich Wickert Reklame macht, eine Rentenversicherung abgeschlossen. Während in den ersten sechs Jahren die Kosten stets über dem Ertrag lagen, haben wir inzwischen bei Eigenbeiträgen und staatlichen Zulagen in der Höhe von 9.040,20 Euro den stattlichen Gewinn von 4,48 Euro erzielt, das sind 0,38 Prozent über die gesamte Laufzeit. Bei einer klassischen Sparbucheinlage wären wir jetzt um 180,80 Euro reicher. Als wir erklärten, wir wollten den Vertrag zur Finanzierung unseres Hauses nutzen, wurde dreist behauptet, dies sei steuerschädlich und erhaltene Zulagen müssten zurückgezahlt werden. Erst nach Verweis auf externe Beratung entschuldigte man sich und bedauerte das Missverständnis.
Die Gewinner sind auf jeden Fall die Versicherungen, die das Kapital unter anderem auch zur Finanzierung von Streubomben einsetzen, welche zwar international geächtet sind, trotzdem aber (oder vielleicht auch gerade deshalb) eine respektable Rendite abwerfen.
Gewinner ist aber auch der Herr Walter Riester, der sich sein Engagement für diese Gesellschaften fürstlich honorieren lässt. Gewinner sind auch jene Top-Vertreter, die zur Belohnung in den Puff nach Budapest fahren dürfen.“
Grundsätzlich war einer angesichts einer seit Mitte der 60er Jahre fast konstanten Geburtenrate von ca. 1,4 die Betonung der Eigenvorsorge durch Rot-Grün absolut richtig. Gut umgesetzt wurde es aber nicht. Gut gemeint ist eben nicht gleich gut gemacht. Aber vor allem Vorgängerregierungen, allerspätestens die unter Kohl, hat das Volk sehenden Auges ins Verderben rennen lassen (Eins is sischää, die Rende). Das 1957 eingeführte umlagefinanzierte Sysstem ist bei den bestehenden und wohl auch in Zukunft zu befürchtenden demographischen Realitäten in dieser Form nicht haltbar.
Ein möglicher Ausweg wäre, in Anlehnung an die Schweiz, eine steuerfinanzierte Grundrente, staatlich geförderte betriebliche und private Vorsorge. Leider hat sich bislang keine Regierung an dieses heikle Thema herangetraut. Nachdem bislang ausnahmslos alle Versuche, die Geburtenrate zu steigern, jämmerlich gescheitert sind (zuletzt das hochgelobte Elterngeld), ist es allerhöchste Zeit, die Altersvorsorge eines austerbenden Volkes den aktuellen und zukünftigen Rahmenbedingungen anzupassen (s. o.).
Der demographische Wandel (der eigentlich „demographische Normalisierung“ heißen sollte – einen rentenkassenfreundlichen Altersbaum kriegt man nur durch hohe Sterblichkeit in allen Altersklassen oder
exponentielles Anwachsen der Bevölkerung) hat genau *nichts* mit der Wahl der Rechtsform der Rente (Umlage oder privat zu tun). Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Mackenroth-These (kurz gesagt, ist auch Ansparen in jeder Form genaugenommen eine Umlage, nur woandershin).
Angesichts der dreisten Lobby-Politik der letzten Jahre wäre es verwunderlich , wenn die Rentenreformen nicht im Sinne der Finanzwirtschaft gestaltet worden wären.
Geld ist schließlich Geld , ob für Privatvorsorge investiert oder ins herkömmliche System – die Frage ist nur , wers bekommt…
Bei den Untersuchungen zu Hartz 4 wäre ich vorsichtig. Wie wahrscheinlich ist es , daß wirklich unabhängige Leute damit beauftragt werden ?