Die Linke hat’s derzeit nicht leicht. In den Umfragen ist sie auf Sturzflug, und auch intern geht es rund. Die parteiinternen Gräben taten sich auf, nachdem Übervater Lafontaine sich ins schöne Saarland zurückgezogen hatte. Da schwadronierte die neue Vorsitzende Gesine Lötzsch schon mal über Wege zum Kommunismus – so fing es an. Nun dürfen und sollen unsere PolitikerInnen natürlich darüber nachdenken, was der Allmacht des Turbokapitalismus‘ entgegengesetzt werden könnte – nach vorne denken, in die Zukunft. Doch die Linke scheint dazu nicht in der Lage zu sein. Wann, wenn nicht jetzt, wo der Turbokapitalismus seine Schwächen zeigt, wären Antworten von links besonders wichtig? Es kommt aber nichts. Die Debatten, die die Linke führt, gehen an den Menschen vorbei.

„Man stritt über den Sinn der Berliner Mauer und die Frage, ob man sich erheben soll, um Mauertote zu ehren. Man zankte über Israel und die Nahostpolitik, und die Linke musste sich fragen, ob sie Antisemiten in ihren Reihen duldet. Schließlich ein allzu freundlicher Geburtstagsbrief an Fidel Castro. Was auch immer die Linke anfasste, es verwandelte sich in Mist.“

Das schrieb Bernhard Honnigfort im FR-Leitartikel, und das blieb natürlich nicht unbeantwortet. So meint Dieter Hooge aus Frankfurt:

„Offensichtlich wird die Linke von der FR in besonderem Maße gebraucht. Das Abarbeiten an dieser Partei nimmt kein Ende. Ist das vielleicht eine Hass-Liebe, eine enttäuschte Liebe oder journalistische Leidenschaft? Auf jeden Fall tragen die Aktivitäten der FR bei diesem Thema weder zur Wahrheitsfindung noch zur Erbauung bei der Lektüre (für mich) des Blattes bei. Gönnen sie sich doch mal etwas Ruhe.“

Jürgen W. Fritz aus Frankfurt:

„Das war ein recht lesenswerter Kommentar, der mir voll aus dem Herzen sprach. Das kommt davon, wenn man alles will, keine logische Richtung einhalten kann und mit der Vergangenheit der Partei total im Unreifen verharrt (Fusion von KPD und SPD in der Russischen Besatzungszone am 21./22. April 1946).
Am besten gefiel mir der Satz: „Was immer die Linke anfasste, es verwandelte sich in Mist.“ Das ist auch ein Talent dieser Partei. Da braucht es gar nicht die „böse Presse“ oder die übelwollenden „Rechten“.
So lange die sich nicht klar geworden sind über den „antifaschistischen Grenzwall“ („Der Bau der Mauer war in jedem Fall eine Maßnahme, um zu verhindern, dass weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten“), über den Schießbefehl dort, den es angeblich nicht gab (Bisky), über den Bundespräsidenten, eher Hitler oder mehr Stalin (Dehm), über die „Taliban in Nadelstreifen“ (Lötzsch), über gute und böse Juden – so lange werden die „Linken“ nicht locker zu neuen, antikapitalistischen Ufern voranschreiten können!“

Prof. Dietrich Rabenstein aus Hamburg:

„Dieser Leitartikel nervt. FR-Abonnenten wissen doch inzwischen zur Genüge, dass die FR die Linkspartei kleinschreiben will. Um die Grünen umso besser zu unterstützen. Wo sind denn noch Fundis bei den Grünen? Warum berichtet die FR höchst ausführlich über die Abstimmung zum Rettungsschirm EFSF im Bundestag, schreibt aber nichts, gar nichts darüber, aus welchen Gründen nur die Linkspartei den Beschluss abgelehnt hat? Wo bleibt der Informationswert der FR? Rolf Verleger darf in den Blättern für deutsche und internationale Politik überzeugend die These vom angeblichen linken Antisemitismus entlarven. In der FR kaum mehr vorstellbar! Will die FR zum Parteiblatt verkommen? Die meisten Leser erwarten Information und nicht ein leicht durchschaubares Gelaber wie diesen Leitartikel.“

Stephan Noack aus Berlin:

„Ich komme nicht umhin, aus Ihren Zeilen über die „Unbrauchbaren“ eine Prise langersehnter Genugtuung herauszulesen, denn sie sehen für die Linke „gute Chancen, im Bund und Schleswig-Holstein rauszufliegen“.
Mir ist klar, dass sich die FR eher dem rot-grünen Lager verbunden fühlt. Das ist auch in Ordnung. Doch schlagen sie mit gleichem Argument zickig gegen die Linken, wenn sie die Medien als Opfer darstellen, nur weil die Linken angeblich „ständig wehklagen würden über diese bösen Medien“, nur weil die Linken selbst aber eine vermeintlich ungerechte Medienresonanz anprangern würden. Journalisten fühlen sich oft angegriffen von derartigen Aussagen. So auch Sie.
Ich frage Sie, warum sammeln die Medien jene inhaltlichen Aussagen und Statements der Linken nicht ein – denn die gibt es sehr wohl? Und das Missverhältnis in der Resonanz bestand ja schon vor vermeintlichen Debatten. Warum fokussieren sich Journalisten eher auf Personaldebatten als auf Inhalte? Es ist ja sicher nicht so, dass die Linken nur streiten würden. Es gibt Handelnde und Beobachter – und warum sucht der Beobachter sich Streitereien heraus?“

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11 Kommentare zu “Zickig gegen die Linke

  1. Honnigfort und Die Linke, einige Beispiele aus diversen Artikeln
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    Honnigfort über Sahra Wagenknecht: „Und so steht sie am Rednerpult: Das dunkelrote Kleid, knöchellang und hoch geschlossen, die Haare nach hinten gesteckt, ganz streng, ganz Rosa Luxemburg.“ Immer wieder wird dieses Bild kolportiert: Wagenknecht = Luxemburg. Wie in der Boulevard-Presse („schöne Kommunistin„) wird über das Erscheinungsbild geschrieben. Würden die FR-Schreiber (männlich!) über das Outfit von Leutheusser-Schnarrenberger oder Schavan schreiben? Da hält man sich vornehm zurück, weil man um den Sexismus weiß, der in dieser Art politischer Berichterstattung steckt.
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    Honnigfort über Oskar Lafontaine: „Sollte er antreten und wieder vorne mitmischen, ‚dann bekommen wir einen innerparteilichen Bürgerkrieg‘, heißt es.“ Das ist nicht seriös. Mutmaßliche negative Folgen als Zitat einfließen lassen, jedoch ohne Nennung der Quelle.
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    Honnigfort über die Führung der Linken: „Oskar Lafontaine rückte 2005 mit der Fusion der WASG und PDS zur Linken in den exklusiven Herrenclub auf.“ Nie würde die FR die SPD-Führung so kennzeichnen. Dieses Zitat stammt nicht mal aus einem fortlaufenden Text, sondern ist einem dem Artikel beigefügten „Info-Kasten“ entnommen.
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    Man könnte noch unendlich viele Zitate von Honnigfort bringen. Es fließt immer wieder die selbe Art von Häme ein, die er als Mitarbeiter der FR der Linken gegenüber pflegt. Als Leser weiß man das mittlerweile. Deshalb liest man die Honnigfort-Artikel vor diesem Hintergrund.
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    Das Gegenstück stellen Karl Doemens und Peer Steinbrück dar. Doemens steht auf den Rechtsaußen der SPD, den er gerne als „eloquenten Sozialdemokraten“ den Lesern rüberbringt. Er verrät uns auch so ganz nebenbei mal, dass der „brennende“ Kanzlerkandidat an einem Buch schreibe: „Und gerade legt Steinbrück letzte Hand an das Manuskript des gemeinsam mit Alt-Kanzler Helmut Schmidt verfassten Buches ‚Zug um Zug‘, das im Oktober präsentiert werden soll.“
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    Die FR, die liebten wir mal. Jetzt haben wir sie nur noch im Abo und hoffen auf bessere Zeitungen.

  2. Mir geht das Linkenbashing in der FR auch zunehmend gegen den Strich.
    Rot-Grün finde ich zum Sterben langweilig, für Rot-RotGrün dagegen könnte
    ich mich begeistern, zumal das die Mehrheit wählen wird, darauf wette ich.
    Vielleicht gefällt sich gerade deshalb die FR in der Rolle der Königsmacherin?

    Gegen die SPD könnte man mindestens genausoviel wettern, ihre Wiedergänger
    Steinmeier und Steinbrück sind nun das genaue Gegenteil eines Lernens aus
    dem Agenda-Depakel. Und die Linke macht sehr gute inhaltliche Arbeit im
    Parlament, einfach mal die Anfragen und Anträge durchlesen. Das gilt auch für
    einige Grüne in der Bundestagsfraktion, die sich nicht an dem grünen Hype beteiligen,
    der den Grünen den Blick für die soziale Wirklichkeit immer wieder zu vernebeln
    droht. Sie brauchen eine linke Korrektur, und wann die SPD zuletzt links war: ich
    kann mich nicht erinnern.

  3. Schade, dass sich die Berichterstattung der FR über die LINKE nicht mehr von der der Springerpresse unterscheidet. Ich habe die FR mal aboniert um umfangreicher und ausgewogener informiert zu werden. Über die LINKE erfahre ich aber nur noch etwas, wenn es in der Partei Streit gibt oder einzelne Mitglieder mehr oder weniger kritikwürdige Äußerungen von sich geben. Über die praktische Politik im Bundestag oder in den Landesparlamenten, über Initiativen und Kommentare der LINKEN berichtet die FR leider nicht mehr. Die FR schweigt über die Politik der LINKEN ebenso wie ein Großteil der deutschen Medien und macht sich anschließend darüber lustig, dass die LINKE das kritisiert.
    Der deutschen Politik würde es gut tun, wenn mehr über die LINKE berichtet würde. Viele gute Ideen wären ohne sie lange vergessen, wie beispielsweise der Mindestlohn, den Rot/Grün damals unter Schröder/Fischer hätte einführen können. Ich befürchte, dass die Anhänger der Politik Schröders, die heute in der SPD das Sagen haben, wie Steinbrück usw. seine unsoziale Politik fortsetzen werden. Und die Grünen machen inzwischen jede sozialpolitische Schweinerei mit, um an Posten zu gelangen.
    Natürlich ist Vieles bei den LINKEN kritikwürdig, aber sie sind nun mal die einzige Partei, die keine neoliberale Politik macht.

  4. Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen, die Berichterstattung über die Linke in der FR ist m.E. das Letzte vom Letzten. Als einzige Partei, die noch linke Politik vertritt, wird sie von den etablierten Medien/Parteien hemmungslos durch den sprichwörtlichen Dreck gezogen. Berichte über politische Inhalte sind absolute Fehlanzeige, stattdessen Häme vom Feinsten, wie es der Vorredner Rudi sehr schön anhand von Zitaten heraus gearbeitet hat. Man weiß bald nicht mehr, welche Zeitung man eigentlich noch kaufen soll. So nen ideologisch gefärbten Unsinn mit Verlaub, den kann man auch in der Springerpresse lesen.

  5. Ich kann und will mich meinen VorrednerInnen nicht anschließen.

    1. Die Linke gibt in der Tat zurzeit einen desaströsen Auftritt. In Zeiten, in denen sie ihre Themen ganz weit nach vorn bringen könnte, ist sie fast ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Dabei bräuchten wir dringend eine klare linke Position in unserem Land. Aber von einer Partei, die noch immer kein Parteiprogramm hat bzw. die sich nur mit Formelkompromissen auf windelweiche Formulierungen in ihren Programmentwürfen verständigen kann, ist mit Sicherheit auch in Zukunft keine klare linke Politik zu erwarten. Die Kritik der Medien und auch der FR, mit der ich sehr zufrieden bin, trifft die Linke daher völlig zu recht.

    2. Es ist nicht Sache der Medien, parteipolitische Inhalte nach vorn zu bringen, sondern es ist Sache der Parteien, ihre Inhalte so zu verkaufen, dass die Medien sie kaufen – salopp formuliert. Ich kenne die Parteiarbeit von der Pike auf und weiß, dass man da manchmal auch mit Ignoranz zu kämpfen hat, aber diesen Vorwurf muss sich gerade die FR nicht gefallen lassen. Wenn eine Zeitung stets – na ja, weitgehend stets – kapitalismuskritisch war, dann die FR. Ich lese außer der FR die SZ, FAZ, Welt, taz und Junge Welt. In der SZ waren zeitweise unschöne neoliberale Tendenzen zu bemerken. FAZ und Welt haben sowieso nur die Marktfreiheit gepredigt; ich lese sie nur, weil ich sie lesen muss. Die taz hat manche gute Ansätze, lässt aber manchmal die Neutralität vermissen. Und die Junge Welt ist amüsant, aber hat keinen klaren Blick, sondern ist ideologisch verstellt. Wenn die FR – bei gewissen Mängeln – die Linke kritisiert, hat sie damit recht. Die Linke schafft es nicht, ihre Themen nach vorn zu bringen. Warum?

    3. Weil die Linke zurzeit rückwärts gewandt ist. Sie diskutiert immer noch über die Mauer und hat es in ihren eigenen Reihen mit Fundamentalisten zu tun. Sie schickt Grußbotschaften an ein totalitäres Regime, das Blut an den Fingern hat. Sie denkt öffentlich über Wege zum Kommunismus nach, obwohl sie weiß – oder wissen müsste -, dass sie damit keinen Blumentopf bei den Wählern gewinnen kann. Niemand in Deutschland – na ja, fast niemand – will, dass dieses Land einen Weg zum Kommunismus beschreitet.

    Deswegen ist es richtig, wenn Herr Honnigfort in seinem Kommentar schreibt, dass alles, was die Linke angefasst hat, sich in Mist verwandelt hat.

    Ich will diese Partei gar nicht mehr im Bundestag sehen, und ich begrüße, dass ihre Umfragewerte zurzeit in den Keller gehen. Dieses Land bräuchte eine richtige linke Partei – aber nicht diese Partei.

  6. Nun, es ist wenig erstaunlich, dass jemand, der diese Partei nicht im Bundestag sehen will und der die zurück gehenden Umfragewerte begrüßt, auch die einseitige Berichterstattung begrüßt. M.E. haben die zurückgehenden Umfragewerte viel mit der eiseitigen, oft geradezu hämischen Berichterstattung zu tun. Ich begrüße das keineswegs, ich würde die Linke sehr gerne weiterhin möglichst stark im Bundestag sehen. Weil sie die einzige Partei ist, die keine neoliberale Politik betreibt.

  7. So kann allerdings nur jemand argumentieren, der die Missstände bei der Linken partout nicht zur Kenntnis nehmen will.

  8. Die Politik, die SPD und Grüne unter Bundeskanzler Schröder betrieben, war unsozial, begünstigte nur der Reichen und Vermögensbesitzer (Stichworte „Hartz-Reformen“, Steuergeschenke für Hedgefonds und „Heuschrecken“ etc.) und beteiligte sich außenpolitisch an militärischen Abenteuern. Spätestens seitdem haben wir es im Bundestag mit einem Kartell von vier Parteien zu tun, die in allen wesentlichen Fragen dieselbe Politik betreiben und die im Grunde austauschbar sind. Diese vier Parteien bieten dem Wähler keine inhaltlichen, politischen Alternativen mehr an, und er hat keine Möglichkeit, durch seine Wahlentscheidung eine inhaltliche Änderung der Politik herbeizuführen. Obwohl Grüne und SPD z.Zt. nominell in der Opposition sind, werden bspw. Verlängerungen der Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan oder der europäische „Rettungsschirm“, der die finanziellen Folgen der Bankenspekulation in Griechenland und anderen Staaten nun zu Lasten der Steuerzahler vergesellschaften soll (anstelle des gebotenen und unumgänglichen Schuldenerlasses), von SPD und Grünen mit den Regierungsparteien mitbeschlossen.

    Die einzige tatsächliche Opposition im Bundestag ist zur Zeit die Partei „Die Linke“. Und wer will in Zeiten der Finanzkrise, in der selbst prominenten FAZ-Journalisten zunehmend Zweifel am Kapitalismus kommen, die Notwendigkeit einer linken Oppositionspartei in Frage stellen?

    Das Bemerkenswerte ist nun aber, das es der „Linken“ offenbar nicht gelingt, sich als Alternative zur herrschenden Politik zu präsentieren, während es v.a. den Grünen, aber auch der SPD, erfolgreich gelingt, ihre Rolle, die sie seit 1998 spielen, vergessen zu machen und sich als vermeintliche „Alternativen“ zur schwarzgelben Koalition zu präsentieren. Schwarzgelb durch Rotgrün zu ersetzen, hätte doch nur die Folge, einer verbrauchten Politik durch Präsentieren „frischer“ Gesichter wieder Akzeptanz zu verschaffen.

    Und ausgerechnet die Piratenpartei, die überhaupt kein Programm hat und deren führende Funktionäre ihre Unwissenheit etwa über den aktuellen Stand der Staatsverschuldung (wie in Berlin geschehen) als „Offenheit“ hinstellen, wird nun allen Ernstes als „Alternative“ zur Regierungspolitik hochgejubelt. So lässt sich Unzufriedenheit der Wähler ideal in Folgenlosigkeit kanalisieren.

    Eine politisch relevante, im Bundestag vertretene Partei, die inhaltliche Alternativen zur herrschenden Politik anbietet, ist dringend erforderlich. Über die Grußbotschaft an Castro und die Mauer-Diskussion kann man in der Tat geteilter Meinung sein. Aber dies sind doch „Nebenkriegsschauplätze“. Es kommt auch niemand auf die Idee, den politischen Standort der CDU etwa auf Äußerungen von Erika Steinbach zur Kriegsschuldfrage zu reduzieren.

    Hoffen wir, dass es nicht gelingen wird, die „Linke“ bis zur nächsten Bundestagswahl unter und die FDP über 5% zu schreiben.

  9. Genau so sehe ich das auch, ein ganz hervorragender Kommentar, Herr Neumann. Man kann über alles mögliche geteilter Meinung sein, aber keine Partei wird von den Medien derart in den Keller geschrieben, wie die Linke. Zum Nutzen des herrschenden Einparteienkartells – die haben zwar unterschiedliche Namen, aber sie betreiben alle diesselbs Politik, neoliberal, marktradikal, Kriegstreiber, Umverteilung von unten nach oben.

    Hoffen wir, dass es den Medien nicht gelingen wird, die Linke noch weiter nach unten und die FDP nach oben zu schreiben.

  10. Manches Mitte-Links -Blatt ist hämischer gegenüber der Linken aufgestellt als so manch konservatives .

    Die Linke leidet teilweise unter der alten linken Krankheit , sich über die Farbe des Türschilds zu zerstreiten und deshalb schon mal ne eigene Partei zu gründen.
    Da kämpft die marxistisch – leninistische Volksfront gegen die leninistisch – marxisitische Front des Volkes und den einzig wahren Weg kennt natürlich nur die Volksfront von Marx und Lenin.

    Diese Dispute werden aber schwer überzogen dargestellt in der mittlerweilen sattsam bekannten Propagandawelt der Medien.

    Die Linke selber reagiert viel zu panisch auf ihre derzeitigen Verluste, diese sind aus mehreren Gründen völlig normal.

    Es kann nicht immer nur aufwärts gehen , es war klar , daß ein Einbruch kommen würde.

    Der Aufstieg der Grünen führt naturgemäß dazu , daß einige enttäuschte Grün-Wähler nochmal zu ihrer alten Liebe zurückkehren , als zweite Chance gewissermaßen.
    Das liegt nicht an der Schwäche der Linken , sondern an der gefühlten Stärke der Grünen.

    Im Osten werden die alten Stammwähler weniger und auch das war seit langem zu erwarten.

    Also mal locker bleiben , jetzt in Panik zu verfallen , wäre aus Sicht der Linken grundfalsch.

    Vielleicht sollte sich so mancher Linker mal überlegen , ob jede Einladung ins TV auch angenommen werden muß.
    Es wäre kein Schaden , den Talkshow-Lakaien auch mal ne Absage zu erteilen , anstatt sich durch die Sendung pöbeln zu lassen.

  11. 1. Welch‘ Anmaßung!

    Nein, nein, nein und nochmals nein! Die Partei „Die Linke“ ist nicht die Linke, sondern allenfalls ein Teil von ihr! Indem diese Partei den Gattungsbegriff „die Linke“ usurpiert, zeigt sie schon deutlich, wie sie mit den anderen aus dem linken Spektrum umzugehen gedenkt – „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!“

    2. Welch‘ Bärendienst!

    Dieses Besetzen von Bedeutung findet sich auch bei ihrem kapitalistischen Gegenstück: VW heftet sich das Etikett „Das Auto“ an.

    Wüsste man nicht, dass es die Delegierten der Partei selber waren, die ihrem Haufen den Namen „Die Linke“verpasst haben, man könnte es glatt für eine Erfindung der Rechten halten!

    Denn der Schuss, den „Die Linke“ abgeben wollte, geht umso kraftvoller nach hinten los. So mutiert die Kritik an einzelnen Entscheidungen oder Verhaltensweisen der Partei „Die Linke“ begrifflich sofort zu einer Kritik an der Linken. Das sieht man in Bronskis Einleitungstext deutlich. Die selbsternannte Vorhut erweist so der Bewegung insgesamt einen zerstörerischen Bärendienst.

    3. Welch‘ Absturz!“

    Die schäbigste Form des linksparteilichen Verhaltens zeigte sich in der Islamdebatte. Der Ausgangspunkt der Linken, ja sogar des aufgeklärt-säkularen Bürgers allgemein, war einmal das, was Karl Marx so formulierte: „Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“

    In volkstümlicher Form drückte sich dies z.B. in den Liedern der Arbeiterbewegung aus:

    „Es rettet uns kein höh’res Wesen,
    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun
    Uns aus dem Elend zu erlösen
    können wir nur selber tun!“
    (Die Internationale)

    „Und weil der Mensch ein Mensch ist,
    drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern.
    Er will unter sich keinen Sklaven sehn
    und über sich keinen Herrn.“
    (Das Einheitsfrontlied)

    Die Überwindung der feudalen Gesellschaftsordnung im Anschluss an die französische Revolution führte zu zwei grundsätzlich gegensätzlichen Grundauffassungen, die wir üblicherweise mit den Richtungsbegriffen „rechts“ und „links“ bezeichnen. Zentrales Element dabei ist die Frage der zwischenmenschlichen Herrschaftsverhältnisse.

    Was will die Rechte? Ihr Ziel ist die Aufrechterhaltung und Verfestigung bzw. Wiederherstellung hierarchischer zwischenmenschlicher Herrschaftsbeziehungen sowie „angestammter“ Vormachtpositionen und Privilegien. Dabei bedient sie sich herrschaftslegitimierender Ideologien, Moralkonzepte, Rituale usw.

    Neben die Verteidigung einer prämodernen Herrschaftsordnung mit einer religiösen Legitimationsideologie traten später (Kolonialismus, Imperialismus) neue herrschaftsbegründende Konzepte – z.B. „Nation“ oder „Rasse“.

    Was will die Linke? Ihr Ziel ist Überwindung der vorgefundenen Herrschaftsverhältnisse in Richtung auf eine individuelle und kollektive Emanzipation, d.h. die Befreiung aus unterdrückten, beherrschten, chancenungleichen etc. Lebensverhältnissen. Ganz wesentlich ist dabei die Entwicklung einer aufklärungshumanistischen Weltanschauung (im Kontrast zur traditionellen religiös-feudalen Legitimationsideologie), also neuer, kritischer, ethischer Leitkonzepte und ihrer praktischen Umsetzung.

    Genau hier hätte die Ideologiekritik der Partei „Die Linke“ am Islam ansetzen können, und zwar emanzipatorisch und herrschaftskritisch – also „links“. Hätte die Partei „Die Linke“ sich die Mühe gemacht, den Islam mit einem ideologiekritischen Ansatz zu betrachten, hätte sie unschwer feststellen können, dass es sich beim Islam um eine aufklärungsfeindliche, totalitäre Herschaftsideologie handelt – er also „rechts“ ist. So hätte es nie zu der unglaublichen Entgleisung kommen können, Islamkritiker als „rechts“ zu diffamieren.

    Der Religionsbegriff des Grundgesetzes impliziert eine Religion, die in blutigen Kämpfen von der antifeudalen und antiklerikalen Revolution in ihre Schranken gewiesen wurde. Ein solches modernes Religionsverständnis kann aber nicht unversehens auf den Islam übertragen werden. Denn: „Den Religionswandel des Christentums in Richtung einer Privatisierung der Religion als Folge der Moderne, d. h. die Säkularisierung, lassen selbst liberale Muslime für den Islam nicht zu“ [1].

    Der Islam, der nach alleiniger Geltungsmacht strebt (und diese in Abhängigkeit von konkreten Kräfteverhältnissen auch tatkräftig umsetzt, um es einmal freundlich zu formulieren), ist eben nicht einfach nur ein privates Glaubenssystem. Er ist umfassende Weltanschauung, politische Doktrin und Herrschaftsideologie in einem. Als solche ist er aber – wie jede nach totalitärer Deutungs- und Normierungsmacht strebende Weltanschauung – nicht durch Artikel 4 GG geschützt.

    [Exkurs]
    Selbstverständlich hätte eine derartige Ideologiekritik zwischen den beiden Ebenen unterscheiden müssen, die leider ständig durcheinandergewirbelt werden, nämlich zwischen

    a) der objektive Bedeutungsebene, die sich auf den Islam als subjektunabhängige Glaubens- und Normenvorgabe in Gestalt von Koran, Sunna und Scharia bezieht und
    b) der subjektive Einstellungs- und Verhaltensebene, die sich mit den konkreten Überzeugungen und der Lebenspraxis von Muslimen beschäftigt
    [Exkurs Ende]

    4. Welch‘ abscheuliche Anbiederung!“

    Der Verfall der Partei „Die Linke“ zeigt sich auch in ihrer Übernahme der stupiden Logik: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Da mutiert der Hass auf den Westen flugs zu einer antiimperialistischen Bewegung. Da werden die im Irak operierenden Terrorgruppen zu „Widerstandskämpfern“ gegen den US-Imperialismus, wo sie doch hauptsächlich unzählige friedliche Landsleute in die Luft jagen. Da solidarisiert man sich mit der radikalislamische Hamas oder der PKK, die seit 1993 in Deutschland verboten ist und seit 2002 auf der EU-Terrorliste geführt wird. [2] Der Kampf gegen die iranischen Ayatollas – antiiranische Propanganda von Islamophoben. [3] Nein, man muss dem Iran richtig dankbar sein, verkauft er sein Öl doch ausschließlich nach Europa! Antiimperialistisch = fortschrittlich. [4]

    Überall dort, wo die „Widerstandskämpfer“ die Kontrolle übernehmen konnten, wurde umgehend eine schariatische Schreckensherrschaft à la Taliban eingeführt. Diese geschichtliche Erfahrung ficht unsere tapferen linken Antiimperialisten und Antikolonialisten jedoch nicht an. Dabei wäre gerade die Revolution im Iran von 1979 eine Lektion für die Linken. Die iranische kommunistische Partei (bzw. Tudeh-Partei), die Mehrheit der Fedajin Guerilla und die linken islamischen Volksmujahedin sahen Khomeini als „fortschrittlich“ an und unterstützten ihn. (Dass er bereits 1963 gegen das Reformprogramm des Schahs demonstriert hatte – u.a.wegen der Einführung des Frauenwahlrechts! – übersahen sie geflissentlich.) Als die Mullahs an die Macht kamen, mussten die Linken für ihre Illusionen mit dem Leben bezahlen.

    Andere Teile der Linken sehen den islamischen Fundamentalismus als eine Form des Faschismus. Das bringt sie zu einer antifaschistischen Bündnispolitik, die schlimmstenfalls auch die Unterstützung von Imperialismus und kapitalistischen Staaten einschließt. Das konnte man gut am Beispiel Algerien sehen, wo Liberale und linke Sekten die FLN (Front de Libération Nationale – nationale Befreiungsfront) und die algerische Armee gegen die islamistische FIS (Front Islamique du Salut – Islamische Heilsfront) unterstützten. Gleichzeitig führte die FLN die politischen Vorgaben des Internationalen Währungsfonds aus.

    5. Welch‘ erstaunliche Allianz!“

    Diejenigen, die für eine Leitkultur des säkularen Humanismus und des Aufklärungsdenkens und damit für eine Befreiung von jeglicher Bevormundung und Herrschaft eintreten, sehen sich einem konzertierten Angriff aus den unterschiedlichsten Richtungen ausgesetzt:

    – durch marktradikale, global operierende Neoliberale, die mit jedem Geschäfte machen, sofern es Profit verspricht: saudi- und sonstige arabische Beteiligungen an deutschen Firmen und einen lockenden 3,5 Mrd.-Auftrag für Leopard-Panzer (während gleichzeitig deutsche Salafisten aus Saudi-Arabien finanziell und logistisch unterstützt werden).

    – durch religiöse Fundamentalisten und Beschwörer konservativer Wertorientierungen mit ihrem Kampf gegen die menschliche Emanzipation, die eine entmündigende Untertanen- und Gehorsamskultur (wieder) einführen möchten

    – durch multikulturelle Sozialromantiker, die glauben, unverbunden nebeneinander existierende Milieus würden einander kulturell bereichern

    – durch Integrationsillusionisten, die meinen, die schwer erkämpften säkular-humanistischen Werte der Moderne würden quasi automatisch kraft ihrer eigenen Strahlkraft auf importierte, reaktionäre, streng patriarchalische, repressive und oft hochgradig nationalistische Denk- und Lebensweisen positiv und mäßigend abfärben.

    – durch postmodernistische Zeitgeistbastler, die kritisches Denken durch kreativen Konsum ersetzen. So verbringt man eine ganze Nacht in Form eines sozialistischen Wartekollektivs bibbernd vor einem Telefonladen, wird einzeln eingelassen und verlässt den Kosumtempel anschließend mit einem grenzdebilen Lächeln, weil man ein überteuertes Produkt erstehen durfte.

    – durch entwurzelte Linke, die sich in einer pseudofortschrittlichen Antihaltung ergehen und gleichermaßen Hitler besiegen und die Verbrechen kommunistischer Gewaltherrschaft vergessen machen wollen. Die Linke, die mancher für den natürlichen Verbündeten der Konfessionslosen und Atheisten angesehen hatte, stellt sich als ideologischer Steigbügelhalter einer reaktionären Herrschaftskultur heraus. [5]

    – durch jene Teile des europäischen Rechtsextremismus, die (ganz im Geist der Nazis) den Schulterschluss mit den antijüdischen Kräften des Islam suchen (und die iranische Gottesdiktatur um Spenden anbetteln). Erinnert sei an den ehem. RAF-Anwalt und späteren Neo-Nazi Horst Mahler, der nur durch den Entzug seines Reisepasses davon abgehalten werden konnte, an einem Kongress von Holocaustleugnern in Teheran teilzunehmen.

    – durch die Verbreiter einer kultur- und werterelativistischen, islamophilen Ideologie in Parteien und Medien, im Justizapparat, im Bildungssystem und in der Integrationsindustrie. Es ist schon erstaunlich, wieviel Aufmerksamkeit und Einfluss sich eine kleine Gruppe von 4% der Bevölkerung zu verschaffen weiß, während ein gutes Drittel der Bevölkerung (nämlich die Konfessionslosen) nahezu ohne Erwähnung und Einfluss sind!

    [1] Bassam Tibi: Der wahre Imam. Der Islam von Mohammed bis zur Gegenwart. München 1996, S. 231

    [2] siehe F.A.S. vom 23.10.2011, S. 8 „Eine nützliche Verbindung – Zwischen der Linkspartei und der PKK gibt es enge Verflechtungen“

    [3] „Der Bundestagsabgeordnete Niema Movassat (DIE LINKE) wird über … die antiiranische Propaganda in westlichen Medien sprechen, die sich auf Elemente der Islamophobie stützt.“ Endstation Teheran? Der Iran im Fadenkreuz westlicher Macht- und Interessenpolitik, Veranstaltungsankündigung des Landesverbandes Hamburg vom 22.09.2010

    [4] Siehe auch Frank A. Meyer, in „Cicero“ – Magazin für politische Kultur – vom 23.11.2004: „Das ist die Falle, in der die traditionelle Linke steckt: Ihr dogmatischer Antiamerikanismus – der kleinste und krudeste gemeinsame Nenner möglichst vieler Menschen auf allen Kontinenten, also eine Basis, die das abhanden gekommene Proletariat zu kompensieren scheint. Der Islam mit seinen islamistischen Einpeitschern trägt zu dieser Streitmacht mehr als eine Milliarde Muslime bei. Endlich fühlt man sich der drangsalierenden Macht des globalen Kapitals gegenüber wieder stark.“

    [5] Wie weit sich die Linkspartei dem religiös-reaktionären Milieu anbiedert, zeigt nicht nur das Verhalten anlässlich des Besuchs von Papst Benedikt XVI., sondern auch ein Interview Lafontaines mit dem Neuen Deutschland über „Schnittmengen zwischen linker Politik und islamischer Religion”:

    „Der Islam setzt auf die Gemeinschaft, damit steht er im Widerspruch zum übersteigerten Individualismus, dessen Konzeption im Westen zu scheitern droht. Der zweite Berührungspunkt ist, dass der gläubige Muslim verpflichtet ist zu teilen. Die Linke will ebenso, dass der Stärkere den Schwächeren hilft. Zum Dritten: im Islam spielt das Zinsverbot noch eine Rolle, wie früher auch im Christentum.”

    (Reents, Jürgen: „Wir können nicht warten, bis Bush etwas merkt”. Gespräch mit Oskar Lafontaine über Schnittmengen der Linken mit dem Islam, Atomgefahren, Rohstoff-Imperialismus und Entscheidungsfragen einer gemeinsamen Linken. In: Neues Deutschland vom 13.02.2006.)

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