Ein schaler Beigeschmack

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, hat an einer Sitzblockade teilgenommen, als Protest gegen den Neonazi-Aufmarsch zum 1. Mai. Friedlich, fröhlich und gewaltfrei, wie er auf seiner Website schreibt. Denn man darf den öffentlichen Raum nicht den Radikalen überlassen. Das ist seine innere Haltung, aus der heraus er seit Jahren beherzt vor der braunen Gefahr warnt. Dass er es nicht bei Worten belässt, sondern Taten folgen lässt, sollte man eigentlich befürworten. Das Problem dabei: Der Neonazi-Aufmarsch war genehmigt und musste daher von der Polizei geschützt werden. So geriet Thierse in Konflikt mit der Polizei, auch wenn sein Protest nicht gegen die Polizei gerichtet war. Nachdem die Polizei mehrfach dazu aufgefordert und ein Einsatzleiter ihn gebeten habe, „die Sitzblockade aufzuheben, verließ ich mit seiner Hilfe widerstandslos die Fahrbahn“, sagt Thierse. Die Beamten hätten ihre polizeiliche, die Demonstranten ihre staatsbürgerliche Pflicht getan. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, forderte dennoch Thierses Rücktritt. Er habe Nötigung begangen. Man könne nicht „werktags mit Fahrer und Chauffeur auf Staatsmann machen und am Wochenende als Salon-Revoluzzer auf der Fahrbahn sitzen und die Polizeikräfte behindern“. Der FR-Kommentar von Volker Schmidt dazu: „Deutliches Auftreten gegen Rassisten und Nationalisten als „auf der Fahrbahn sitzen und die Polizeikräfte behindern“ zu beschreiben, zeugt von einer geschichtsvergessenen Perspektive. Wer sie vertritt, ist an der Spitze einer Gewerkschaft fehl am Platze.“

Die FR-Leser sind in dieser Sache zerstritten. So meint Lars Frischkorn aus Helmstedt:

„Wenn sich ein Vizepräsident des Bundestages (nebenbei auch potentieller Vertreter des Bundespräsidenten) an Sitzblockaden beteiligt, so stellt er sich auf eine Stufe mit jenen rechts- und verfassungsfernen Chaoten, die glauben selbst darüber entschei-den zu dürfen, wer in diesem Lande Grundrechte in Anspruch nehmen darf und wer nicht – so einfach ist das Fehlverhalten des Herrn Thierse zu beschreiben! Was schert es diesen Berufspolitiker und seinesgleichen schon, dass die NPD-Demon-stration in Berlin genehmigt war und dass allein das BVG über ein Parteienverbot entscheidet? Dieser Vertreter eines Verfassungsorgans maßt sich an, das Recht in seine eigenen Hände zu nehmen um sich damit im selbst gestrickten Image des „Querdenkers“ zu suhlen: indiskutabel!
Schlimmer noch ist der rotzfreche Rechtfertigungsversuch des Herrn Thierse: er habe ein gutes Gedächtnis! Damit spielt er auf die Zeit von 1933-45 an und konstru-iert sich so seine persönliche Rechtfertigung für seine aktuellen Rechtsbrüche. Schade, dass sein Gedächtnis und das seiner Sympathisanten so kurz greift, sonst hätte er sich daran erinnern können, dass gerade der extremistische Pöbel auf den Straßen der Weimarer Republik massiv zu deren Untergang beigetragen hat. Herr Thierse taugt eben nicht als Vorbild für unsere Demokratie und er sollte sein Amt im Präsidium des Bundestages zur Verfügung stellen!“

Frieder Bock aus Frankfurt dagegen meint:

„Da fällt es mir nun wirklich schwer sachlich zu bleiben. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft kritisiert einen frei gewählten Abgeordneten weil der sich öffentlich für unsere Demokratie und gegen Rechtsradikale einsetzt. Hat dieser Polizist in der Schule nicht aufgepasst? Die Exekutive ist doch wohl nicht dazu da die Volksvertreter zu kontrollieren oder zu maßregeln. Volker Schmidt hat völlig recht, nicht der Bundestagsvizepräsident muß zurücktreten sondern Herr Wendt! Und wenn er das selber nicht einsieht hoffe ich doch sehr, daß seine Mitglieder ihm klar machen daß die Polizei in einem Rechtsstaat dazu da ist die Demokratie vor den extremisten zu schützen und nicht umgekehrt!“

Jost Krüger aus Dortmund:

„Ich bewundere den Staatsbürgermut und die Zivilcourage von Herrn Thierse und allen, die an der gewaltfreien Sitzblockade teilgenommen haben. Er hat sich nicht gegen die Polizei gestellt, sondern gegen die Rechtsextremen. Wenn Herr Wendt und Herr Freiberg das nicht nachvollziehen können, sind sie ungeeignet, sich für die Schützer des höchsten Rechtsguts halten zu dürfen – das ist unser Grundgesetz. In welcher Klemme sich dabei die einzelnen Polizisten an Ort und Stelle befinden, ist ebenso nachfühlbar, aber Polarisierungen, wie sie Wendt und Freiberg forcieren, helfen unseren Polizisten nicht weiter.“

Joachim Storck aus Kelsterbach:

„Für das, was Wolfgang Thierse und viele andere am 1. Mai gemacht haben, gab es früher den heute weitgehend verschwundenen Begriff der Zivilcourage. Das Eintreten für Freiheit, Demokratie und Verfassung auch dann, wenn es unbequem ist, selbst dann, wenn die offiziellen Staatsorgane damit Probleme haben, ist ein Anzeichen für demokratisches Verantwortungsbewusstsein. Dass in diesem Falle die Aktion Erfolg hatte, ist ein Sieg der Demokratie. Dass die Polizeibeamten im Dienst nicht mitblockieren konnten, ist selbstverständlich. Im Nachhinein jedoch demokratisch gesinnte Bürger wegen deren Einsatz für unsere Gesellschaftsordnung verfolgt sehen zu wollen, ist unerträglich.“

Holger Arppe aus Rostock:

„Mag sein, dass Rücktrittsforderungen in Richtung Wolfgang Thierse etwas überzogen sind. Jedoch, es bleibt ein schaler Beigeschmack, wenn Bürger, zumal in höchsten Staatsämtern, ganz offen propagieren, dass man schon mal die Gesetze brechen kann, solange man nur einen hehres Motiv vorzuweisen hat. Fehler werden auch nicht dadurch besser, dass sie in ähnlicher Form bereits von den Herren Böll und Grass begangen wurden. In der Welt linker Klassenkämpfer war es allerdings schon immer ein wesentlicher Grundsatz, dass das wunderbare Ziel der Erlösung von allem Unrecht bei seiner Durchsetzung an demokratische Spielregeln nicht gebunden ist. Ergo lässt es sich nicht weg diskutieren, dass viele linke Gruppierungen in der Tat extremistisch sind und sich einen Dreck um unsere politische Ordnung scheren. Wir konnten das am 1. Mai gerade wieder besichtigen. Und auch Ihre Zeitung wird die autonomen Krawalle gegen die Polizei und das Eigentum unbescholtener Bürger nicht mit dem Kampf gegen Rechts schönreden wollen.“

Kai König aus Bad Vilbel:

„Aus Sicht des Rechtsstaates ist das Verhalten von Thierse berechtigterweise nicht tragbar. Als Stellvertreter des zweithöchsten Repräsentanten des Deutschen Staates darf er nicht vorsätzlich das Recht, das er selbst repräsentiert, brechen.
Allerdings gibt es noch eine zweite Sichtweise auf dieses Geschehen. Vor dem Hintergrund der Radbruchschen Formel wäre Thierses Verhalten durchaus legitim. Denn das positive Recht ist aus philosophischer Sicht nicht die letzte Instanz. Es ist die naturrechtliche Gerechtigkeit, die sich – in der Regel – im Gewissen jedes Einzelnen manifestiert. Nach der Radbruchschen Formel soll der Richter (!) das geltende Recht brechen, wenn seine Durchsetzung „unerträglich“ erscheint. Das ist die rechtsphilosophische Lehre aus dem Holocaust, der formaljuristisch rechtmäßig war.
Zwar ist ein Demonstrationszug von selbsternannten Nachfolgern der Holocaust-Mörder nicht mit dem monströsen Unrecht des Holocaust selbst gleichzusetzen. Jedoch berührt die – unter staatlichem Polizeischutz stehende – inzidente Verherrlichung dieses Unrechts in Form einer „Demonstration“ durchaus den Anwendungsbereich der Radbruchschen Formel, wenn auch nur in einer sehr schwachen Form. Aus dieser „schwachen Form“ der Einschlägigkeit der Radbruchschen Formel eröffnet sich meiner Ansicht nach aber auch ein „schwaches Recht (strenggenommen eine Pflicht) auf Widerstand“ gegen die Nachfolger der Holocaust-Mörder. Eine friedliche Sitzblockade in diesem Fall entspricht meines Erachtens einer solchen Form schwachen Widerstandes. Hiernach wäre das Verhalten von Thierse legitim und – letztendlich – auch rechtmäßig. Vor allem, weil Thierse nach Rücksprache mit der Polizei freiwillig die Sitzblockade geräumt hat und sich nicht hat wegtragen lassen o.ä.
Das macht Thierse aber noch lange nicht zum Helden für Zivilcourage oder zum Verfechter von Menschenrechten. Schließlich hat Thierse einst die Fusion der SPD mit der Linken/Linkspartei/PDS/SED befürwortet. Offenbar ist Thierse auf dem „linken Auge blind“, wenn es um Unrecht aus der Zeit der DDR geht. Es wäre besser für unsere Gesellschaft, wenn sich moralisch integere Persönlichkeiten als Thierse für solch ein Verhalten erwärmen könnten. Das würde das Verständnis für ein solches Verhalten in der Gesellschaft besser fördern.

Verwandte Themen

18 Kommentare zu “Ein schaler Beigeschmack

  1. Hut ab vor seiner Courage. Er gehört zu den wenigen Aufrechten, die den Rechtsextremisten keinen Fußbreit weichen wollen. Es wird Zeit, dass die Schlapphüte aus den verantwortlichen Stellen der NPD abgezogen werden. Erst dann kann vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verbot eingeleitet werden.

  2. Hängt das doch mal tiefer bitte!
    Prominente Sitzblockier (2 Nobelpreisträger, 3 Minister):
    Heinrich Böll
    Güther Grass
    Otto Schily
    Oskar Lafontaine
    Joschka Fischer

  3. Es wird immer wieder Grenzfälle wie diesen geben.
    Eine lebendige Demokratie braucht Demonstrationen – und Gegendemonstrationen.

    Wie weit der einzelne Teilnehmer dabei gehen kann und darf ist der Situation angemessen zu betrachten.

    Bei obigen Vorgang gleich von „Rücktritt“ zu reden, finde ich überzogen.

  4. Es kann nicht akzeptiert werden, dass jeder Hanseln das Recht in seine Hände nimmt und es dahingehend uminterpretiert, dass er selbst darüber zu entscheiden habe, wer Grundrechte in Anspruch nehmen darf und wer nicht. Schlimm, wenn sichein ehemaliger Bundestagspräsident und aktueller Vizepräsident des BT, als ein Stellvertreter des Bundespräsidenten auf das Niveau von Chaoten reduziert und Recht bricht sowie dazu öffentlich auffordert. Thierse ist als Vertreter eines Verfassungsorgans nicht mehr tragbar!

  5. Herr Thierse hat deutlich gemacht, dass, wenn man bestimmten Demonstratoren freie Bahn verschafft, Verfassungsorgane aus dem Weg geräumt werden.

    Egal, wo sie sitzen.

  6. Dass sich Wolfgang Thierse couragiert in
    Sachen *Wehret den Anfängen* zu Wort
    meldet, finde ich gut!

    Doch die Sitzblockade des *Bundestags-Vice*
    ist das falsche Signal.

    Er hat sich hier nicht den Rechten entgegen gestellt bzw. gesetzt, sondern der Polizei.

    Diese ist für Recht und Ordung in unserem Land zuständig! Und gerade ihr sollte
    seine größte Unterstützung gelten.

    Mit seiner Aktion gibt er Steine- und
    Molotow-Coktail-Werfer nur einen
    gewissen Auftrieb und das
    darf nicht sein!

    Ganz sicher wollte der Politiker sich nur
    im Lichte der Öffentlichkeit sonnen.

    Doch das war der falsche Ort
    und die falsche Zeit.

    Er sollte lieber in öffentlich geführten verbalen Auseinandersetzungen den
    Leuten die Maske vom Gesicht
    reizen.

  7. So, von „billigem Populismus“ (Polizeigewerkschaft) bis zu „seltener Courage“ (Werner Thiele-Schlesier) reichen also die Bewertungen. Nun, es kann ja jeder selber überlegen, was hier wohl zutrifft.

    Dabei kann man sich auch nochmal vergegenwärtigen, daß jene, die das NPD-Verbot verhindern, indem man sich z.B. zum Abzug der „Schlapphüte“ aus der NPD nicht entschließen kann, im Bundestag sitzen. Thierse ist übrigens Mitglied des Bundestags, nur mal so zur Erinnerung. Unternimmt er deswegen solche Aktionen, die im Kampf gegen die NPD eigentlich Pipifax darstellen, aber ihn persönlich ganz gut medial „entschulden“?

  8. Max,
    das sehe ich ähnlich.

    Er wollte sich doch hier nur im Lichte
    der Öffentlichkeit sonnen.

    Er hat unserem Rechtssytem geschadet
    und der NPD in die Tasche gespielt.

    Die feiern doch jetzt diese
    Sache wie einen Sieg.

  9. Die FR veröffentlicht einen Leserbrief mit beleidigendem und herabsetzendem Inhalt von Herrn Lars Frischkorn (Nomen est Omen?), bei dem die Sympathie für die NPD nur so aus den Zeilen trieft, und zugleich Bundestagsvize-präsident Thierse als „rotzfrecher“, mit „rechts- und verfassungsfernen Choten“ Gleichzustellender verunglimpft werden soll. „Der extremistische Pöbel“ wird für den Untergang der Weimarer Republik verantwort- lich gemacht, obwohl ausschließlich die Nationalsozialisten den 2. Weltkrieg, den Holocaust und die Vernichtung Andersdenkender systematisch propagiert und vollzogen haben.

    In einem weiteren Leserbrief von Herrn König, der eher rechtsstaatlich daherkommt, wird unter anfänglicher Berufung auf den fortschrittlichen Juristen Prof. Radbruch die tollkühne These aufgestellt: „Das ist die rechtsphilosophische Lehre aus dem Holocaust, der formaljuristisch rechtmäßig war“. Herr König hat offenkundig die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse komplett verschlafen, sonst wüßte er , dass der Holocaust ein eklatantes Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ein offensiv geplanter, auch unter der NS-Gesetzgebung rechtswidriger Massenmord war und ist. Sonst hätten sich die damaligen Machthaber auch nicht bemühen müssen, dieses zu vertuschen.

    Der dritte Leserbrief von Herrn Arppe strotzt nur so von dumpfen Stammtischparolen (Böll, Grass, 1. Mai, Linksextremismus, autonome Krawalle und linke Klassenkämpfer), darauf kann und will ich nicht mehr inhaltlich eingehen.

    Ich bin der Meinung, die Leserbriefseite der FR sollte nicht Tummelplatz verquaster rechtslastiger Meinungsmache und -Ideologie sein. Ich schreibe das auch, weil mein im letzten Jahr verstorbener Vater einer der letzten Zeitzeugen der Nürnberger Prozesse war.

  10. In diesem „Rechts“staat kann auch die Polizei in die Situation kommen, den Falschen den Weg freiräumen zu müssen. Dagegen muß man in einer Demokratie legitim protestieren können, eben auch durch sitzen auf der Straße. Mögliche „Chaoten“ waren wohl eher für gewaltsame Zwischenfälle verantwortlich, das wäre nicht friedlich verlaufen.
    In einer Demokratie sollte JEDER seine Meinung kundtun dürfen, auch wenn das den neuen ELITEN schon wieder zu umständlich wird.
    Was soll der Buhei gegen Thierse, er ist schließlich auch ein Bürger mit gleichen Rechten.

  11. Mit großer Belustigung habe ich den Kommentar von T.G.Schätzler zum Leserbrief von Herrn Arppe zur Kenntnis genommen. Es ist wirklich lustig, was alles mittlerweile als dumpfe Stammtischparole zu gelten hat:

    „Böll, Grass, 1. Mai, Linksextremismus, autonome Krawalle und linke Klassenkämpfer“

    Sortieren wir das mal:

    Böll und Grass z.B. beteiligten sich an Sitzblockaden gegen den NATO-Doppelbeschluß, die ebenfalls andere in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigten (nicht nur das Militär, auch die ganz normale Bevölkerung). Aus heutiger Sicht kann man feststellen, daß Böll und Grass und alle anderen Irregeleiteten der historischen Entwicklung der Perestroika entgegenarbeiteten… die Perestroika musste in Angriff genommen werden, weil der SU keine andere Wahl blieb, und es blieb ihr keine andere Wahl, weil der Westen in der militärischen Konfrontation Härte zeigte, aber auch die Bereitschaft, bei Gegenleistungen zum Abbau mitzumachen. Böll und Grass und die anderen Irregeleiteten haben insofern keinen Schaden angerichtet, weil der ganze Sitzblockadequatsch konsequenzlos blieb, und die Entscheidung zur Nachrüstung vom Bundestag Gottseidank dennoch getroffen wurde.

    Nun aber zu den regelmäßigen Krawallen durch Banditen am 1. Mai bzw. den „autonomen Krawallen“ allgemein, die man auch an anderen Tagen genießen kann. Die sind also „dumpfe Stammtischparolen“… d.h. es gibt sie gar nicht? Die Fernsehbilder sind gefälscht, alles erfunden? Oder finden sie statt, aber sie als Banditentum, reine Aggressionslust, jedenfalls als etwas Negatives zu sehen, stellt „dumpfe Stammtischparole“ dar? Wahrscheinlich ist nur die Bewertung keine „dumpfe Stammtischparole“ für T.G. Schaeffer, die Zerstörungswut, blanken Haß und Asozialität in ganz legitimen politischen Protest umdeuten. Tut mir leid, aber eine solche Parole erscheint mir persönlich wiederum als reichlich „dumpf“.

  12. Oh Max Wedell, sie sind mir ja ein intellektueller Tiefstapler. Was hat denn in 3 Teufels Namen Heinrich Böll, der Vertreter des „aufgeklärten, kritischen, linksrheinischen Katholizismus“ mit den von Ihnen so genannten „Banditen“ des 1. Mai zu tun, die den 1. Mai als Gewerkschaftstag überhaupt nicht repräsentieren, und über deren überproportionale TV-Präsenz Sie sich vielleicht mit Recht aufregen? Haben Sie vielleicht H. Böll gar nicht gelesen oder gelesen und nicht verstanden?
    Aber bei der Perestroika, da waren Sie offensichtlich hautnah dabei und könnten die Geschichtsschreibung neu erklären. Schon mal was von „sic tacuisses“ gehört: 2000 Jahre alt und immer noch auch für Sie passend. „Oh wenn er doch geschwiegen hätte, dann wäre er wenigsten ein Philosoph geblieben!“
    Nastrowje! Th.G. Schaetzler

  13. @T. G. Schaetzler

    „Fehler werden auch nicht dadurch besser, dass sie in ähnlicher Form bereits von den Herren Böll und Grass begangen wurden.“

    In diesem Satz witterten Sie doch irgendwie „dumpfe Stammtischparolen“. Ich habe natürlich sehr lange nachgegrübelt, wo sich hier aus linker Sicht die „dumpfe Stammtischparole“ befindet, die sie diagnostizierten. Wie man die Ansicht begründen kann, daß diese ganze Nachrüstungshysterie kontraproduktiv und daher ein Fehler war, habe ich Ihnen aufgezeigt. Der Vertrag zum Abbau aller Mittelstreckenraketen aus Europa zwischen der UdSSR und den USA markierte das Ende des Kalten Kriegs, ohne NATO-Nachrüstung wäre es so schnell nicht zu diesem Abbau gekommen. Insbesondere wurden die dumpfen Parolen an linken Stammtischen sowie von den Herren Grass und Böll, nämlich daß die Nachrüstung einer grundsätzlichen militärischen Aggressivität des Westens in die Schuhe zu schieben sei, 1987 durch den Vertrag zum Abbau der Mittelstreckenwaffen, der als ständiges Angebot schon in der Nachrüstung angelegt war, gründlich widerlegt, gründlicher geht es ja nun nicht.

    Warum habe ich bloß den dringenden Verdacht, daß eines Tages, wenn endlich das Problem NPD gelöst sein wird, die Aktion eines Herrn Thierse, NPD-Demonstranten summa summarum auf 500 Metern Laufstrecke ein wenig zu behindern, NICHT DAS GERINGSTE dazu beigetragen haben wird? Evtl. sogar, wenn die Bewältigung des Problems NPD mit Vernunft und Aufklärung erfolgen konnte, der Thiersesche Firlefanz sogar als kontraproduktiv angesehen werden kann?

  14. Wolfgang Thierse hat mit eigenen Worten an einer Sitzblockade teilgenommen, die er als friedlich, fröhlich und gewaltfrei beschreibt.
    Erstaunlich, wie viele Kommentatoren das als zivil-„couragiert“ betrachten.
    Wirkliche Courage brauchte er da nicht aufbringen – der Applaus der Medien war ihm ohnehin sicher.

    Interessant wäre weiterhin zu erfahren, was der hier als früherer Sitzblockierer aufgeführte Otto Schily zur 1. Mai-Blockade zu sagen hat.

  15. Der Katja gebe ich Recht!

    Wolfgang Th. hat hier nicht Courage gezeigt
    sondern Feigheit an den Tag gelegt.

    Denn was konnte ihm anders passieren als das, dass er von den Medien als „Held“ gefeiert wird.

    Er hat einem Gesetz zugestimmt, dass Bürgern erlauben zu demonstrieren. Natürlich wenn sie korrekt beantragt und von der Polizei genehmigt wurde. In diesem Fall ist die Polizei auch verpflichtet (egal, ob für Rechte, Linke oder *Mittige* für einen ungestörten Verlauf zu sorgen.

    Vor wenigen Wochen habe mich an W. Th.gewandt verbunden mit der Bitte, dass er sich dafür einsetzen möge, dass aufgeklärt wird, ob der Freistaat Sachsen im Jahre 2009 die ganze Welt (und somit auch die BRD) mit einem gefälschten Gerichtsprotokoll getäuscht hat – oder nicht?

    So gesehen, ist es eine geschlossene Frage und diese braucht er nur mit *Ja!* oder *Nein!* zu beantworten. Alles was darüber ist sei von Übel. Ruft ihn doch mal an und fragt ihn, ob er couragiert und mutig mit *Ja!* oder mit *Nein!* geantwortet hat?

  16. Die Kritiker meiner Zuschrift offenbaren uneingeschränkt, dass es mit dem Anstand und dem respekt vor dem hier in Deutschland geltenden Recht nicht weit her ist: jeder dahergelaufene Überzeugungstäter schreibt sich sein eigenes Recht, indem er sich über die Rechte anderer hinweg setzt – Klasse: Anarchie beginnt in diesen (hohlen) Köpfen. Herr Thierse ist nicht ein irgendwo hergelau- fener Chaot, sondern einer der Stellvertreter der Bundespräsidenten! Wenn dieser Typ das Grundgesetz „uminterpretiert“, dann erklären sich Rechts- und demokratischer Sittenverfall schon fast von allein. Übrigens: jeder Bundesbürger kann die Rechte des GG in Anspruch nehmen – dazu sind meine Kritiker aber nicht bereit. Statt dessen geschieht das Übliche, was diese armen, weil bodenlos verblödeten Zeitgeister auszeichnet: sie diffamieren die Verfassungs- und Gesetzes-treuen als rechtsextrem.

  17. Lars,

    ich gebe Ihnen in sachlicher Hinsicht
    uneingeschränkt Recht.

    Allerdings die Formulierung
    *…bodenlos verblödeten Zeitgeister…*
    ist aus meiner Sicht zu krass.

    Schließlich soll man andere
    nicht für dümmer halten
    als man selber ist.

    Wie gesagt, in sachlicher Hinsicht
    gebe ich Ihnen vollkommen Recht.

    Schöne Pfingsten
    wünscht Erhard

Kommentarfunktion geschlossen