So ein Neusprech geht gar nicht!

Der Suchmaschinenriese Google hat innerhalb kürzester Zeit eine marktbeherrschende Position erreicht. Chapeau: Zur richtigen Zeit die richtige Idee gehabt – ein glanzvoller Aufstieg. Doch wo viel Licht ist, ist bekanntlich auch viel Schatten. Die Vorwürfe sind nicht neu: Google scheint Daten über die Internetnutzer zu sammeln und ist bereits in der Lage, Werbung gezielt zu platzieren. Insbesondere bei Datenschützern ist Google daher umstritten. So kann Google über seinen Browser Google Chrome das Surfverhalten der User nachvollziehen. Auch mit Google Mail sammelt der Konzern Daten über seine Nutzer. Geradezu rücksichtslos ging der Konzern bei der Digitalisierung von Büchern vor, die über Google Books angeboten werden, obwohl es Ärger mit den Urheberrechten gibt. Und seit einiger Zeit macht Google mit Street View von sich reden.

Dieser neue Dienst, der mit Google Maps verknüpft wird, bietet Straßenansichten vom Erdboden aus, in 360-Grad-Rundumsicht. Das scheint in datenschutz- und persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht unbedenklich zu sein, weil dieser Geodienst nicht in den Geltungsbereich des des Bundesdatenschutzgesetzes fällt. Trotzdem lud der Konzern zu einer Pressekonferenz und wird den Datenschützern wohl Zugeständnisse machen. Die Sorge vor einem PR-Desaster scheint groß zu sein. Bereits seit 2008 wird die Republik gescannt, teils gegen erheblichen Widerstand. Manche Bürger befürchten, dass ihre Häuser so leichter von Dieben ausgespäht werden könnten. Google will Hauseigentümern daher die Gelegenheit geben, Aufnahmen ihrer Häuser löschen zu lassen. Weite Teile Deutschlands könnten in Google Street View daher schwarz bleiben.

Derweil kriegt Google gerade Probleme mit der EU-Kommission, der Beschwerden von Unternehmen vorliegen, die sich in der Google-Suche herabgestuft sehen, da sie direkte Google-Konkurrenten seien. Ähnliches ist auch in der Medienbranche zu vernehmen; da liegen dem Bundeskartellamt Beschwerden vor. Derzeit wird auf Stellungnahmen Googles gewartet. Der Verdacht liegt in der Luft, dass Google seine marktbeherrschende Position zur Sicherung eigener Vorteile nutzt. So hehr, wie das Unternehmen sich selbst darzustellen versucht, sind seine Motive möglicherweise nicht. Auch der Street View-Dienst böte in dieser Hinsicht Möglichkeiten.

FR-Redakteur Steven Geyer hingegen kann Street View in seiner Analyse „Schluss mit Straßenkampf!“ eigentlich nur Gutes abgewinnen: „Wenn ich mir für den San-Francisco-Urlaub ein Hostel übers Internet buche, muss ich nicht den Werbefotos auf seiner Homepage vertrauen. Ich kann flugs die Adresse googeln – und mir von Googles Angebot Street View die Fassade und per Rundum-Kameraschwenk Umgebung und Wohngegend zeigen lassen. Hilfreich, oder?“ Die Bedenken der Bundesregierung hält er für unglaubwürdig: „Das kommt aus einer Regierungspartei, die Informationen über all unseren Festnetz-, Handy- und E-Mail-Verkehr ohne Verdacht speichern lässt. Die Weitergabe von Kontobewegungen und Flugreise-Essgewohnheiten an die USA gilt als unproblematisch. Werden aber Marktplätze und Vorgärten fotografiert und zu Stadtplänen zusammengefügt, würde man das am liebsten verbieten.“ Er rät der Regierung, zunächst umfassend über echte Probleme zu informieren und unsere Rechte sachlich geltend machen. „Statt blindem Kampf gegen Straßenfotos könnte sie Google die Höhe vorschreiben, in der Kameras zu postieren sind, damit nicht über Zäune geknipst wird, oder das Einspruchsrecht konkretisieren, das Google verspricht. Es gibt viel zu regeln – ohne jede hilfreiche, praktische Technik gleich abzuwürgen.“

Dazu meint ein Leser, den ich hier anonymisiere, da er nicht mit seinem Namen im Internet auftauchen will:

„Ich erkenne aus den Ausführungen des Herrn Geyer ein recht eingeschränktes Verständnis dafür, dass ich als Privatperson weder wünsche, irgendwo im Internet aufzutauchen noch meine Immobilie dort zu sehen. Das ist allein Privatsache und hat nichts mit deutscher Empfindlichkeit zu tun.
Gebäude von öffentlichem Interesse wie Shops oder Restaurants oder Hotels etc. sind durchaus geeignet, öffentlich zur Schau gestellt zu werden. Nur so hat Street View einen „Nutzwert“, wie der Autor konstatiert.
Wenn also Google unbedingt mich als Privatperson „öffentlich“ machen will, ist es nur mein   gutes Recht, von Google zu verlangen, mich persönlich um Erlaubnis zu bitten. Alles andere ist – gelinde gesagt – Müll. Das Recht auf Privatsphäre dürfen auch so genannte Hobbyfotografen nicht verletzen.“

Karl Schock aus Braunschweig meint:

So ein „Neusprech“ in der FR geht gar nicht. Bereits der erste Satz der „Analyse“ entlarvt Steven Geyer  als rundum manipulierten, des kritischen Denkens beraubten Wellenreiter der Generation Web 2.0. In  perfektem „Neusprech“ im Orwell’schen Sinne sagt er: Misstraue den Werbefotos eines Hostels. Verlasse dich stattdessen auf Googles Street View Bilder. Googles Bildern wird damit eine objektive Aussagekraft und ein absoluter Wahrheitsgehalt zugesprochen. Warum? Ist Google eine gemeinnützige Organisation, nicht gewinnorientiert, eine gläserne „Fabrik“, kontrolliert durch unabhängige Gremien und nur dem Streben nach Wahrheit und dem Gemeinwohl verpflichtet? Sozusagen ein globales „Ministerium für Wahrheit“?  Die Geyers dieser Welt scheinen das zu denken und auch noch ganz toll zu finden. Vermutlich weil sie dem Firmenmotto von Google „Don’t be evil“ wie die Lemminge vertrauen. Wie kann man nur so naiv sein?
Stellen wir uns vor, es gibt zwei Hostels in San Francisco. Das eine macht mehr und das andere weniger Werbung über Google.  Die Street View des einen wird „zufällig“ bei Sonnenschein und ohne Müll auf dem Bürgersteig gezeigt, und die Street View des anderen an einem grauen Regentag kurz vor der Sperrmüllabfuhr. Welches Hostel buchen Sie, Herr Geyer?
Ich würde unter der Überschrift „Analyse“ viel lieber mal lesen, wo die Ursachen dafür liegen, dass Leute wie ich 1987 („aufgeklärt“ u.a. durch die FR) gegen eine Volkszählung Sturm gelaufen sind und Leute wie Herr Geyer in der (gleichen?) FR keine 25 Jahre später „neusprechen“, dass einem die Luft wegbleibt.“

Markus W. aus Frankfurt:

„Ich bin mir sicher, dass Google (durch das Einschreiten der EU-Kommission, d. Red.)  mit hohen Strafen zu rechnen haben wird, denn das Geschäftsgebaren des Suchriesen unterscheidet sich in keinster Weise von den anderen Branchengrößen wie Microsoft, welche ja auch schon mehrfach Ziel der EU Kommission waren.
Meine persönlichen Erfahrungen zu dem Thema sind, dass einzelne Blogger durch Google benachteiligt werden könnten, wenn kritische Beiträge zum Unternehmen veröffentlicht werden. So wies mein persönliches Blog bis zum 19.1. 2010 noch eine tägliche Besucherrate von durchschnittlich 60-70 Besuchern aus (unique) – seit einem Beitrag am 19.1.2010 (als bekanntwurde, dass Microsoft gegen Google Beschwerde einlegte) zu dem Thema dümpelt das Blog bei etwa sieben bis acht Besuchern, was ich anhand der Google-Analytics-Auswertung belegen kann.
Sicherlich kann das alles ein Zufall sein, aber es hinterlässt einen bitteren Beigeschmack und spricht m. E. im Kleinen für das Geschäftsgebaren im Großen.“

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10 Kommentare zu “So ein Neusprech geht gar nicht!

  1. Dass wir Menschen, in einer pluralistischen, offenen Gesellschaft lebend, immer „durchsichtiger“ werden, ist wohl nicht mehr aufzuhalten.
    Der „großen Masse“ mag das auch egal sein, mit dem Standpunkt : „Ich habe nichts zu verbergen“.

    Karl Schock hat das in seinem letzten Absatz gut beschrieben wie sich die öffentliche Meinung in den letzten drei Jahrzehnten verändert hat.

    Eine erneute Volkszählung dieser Art würde heutzutage doch keinerlei Protest mehr hervorrufen.

    Waren wir damals übertrieben besorgt oder sind wir jetzt übertrieben sorglos ?

  2. 1. Auf Google trifft sinngemäß ein Satz aus „Das siebte Kreuz“ zu: „Sie wissen, was man ihnen sagt.“
    Man muss also aufpassen, was man in die Öffentlichkeit pustet. Das ist schon mal besser als unsere Regierung mit Vorratsdatenspeicherung usw.

    2. Die heruntergestuften Seiten waren ciao usw., d.h. „Störtreffer“, deren Ausblendung aus den Suchergebnissen eine *Dienstleistung* am Kunden (d.h. dem Suchenden!) ist. Wenn ich nach irgendwelchen Produkten suche, muss ich schon heute eingeben:

    produktname -preis -ciao -ebay -dooyoo -mrwong -preisvergleich -shop -buy (noch ca. 10-20 weitere)…

    und das nervt (auch wenn ich einen Bookmark dazu habe), und eliminiert falsch-positive (z.B. Seiten, die einen Link namens „Shop“ in der Ecke haben, aber sonst OK sind). Eleganter wäre ein Checkbutton neben dem Suchfeld mit der Beschriftung „Spam einblenden (Default=aus).

    3. Ich hoffe, dass Google sich bei Googlebooks nicht allzuweit kleinkriegen lässt. Da die Verlage und Händler offenbar auch nur durch Schmerzen lernen (wie die Musikindustrie), lernen sie hoffentlich schnell und kümmern sich um moderne Vertriebsmethoden, sonst sind wir in 5 Jahren das Land der verhungerten Dichter und Denker. Dennett zitierte eine Idee von McCarthy schon 1989 (Vortrag „Memes and the Exploitation of Imagination“), das Problem ist also über 20 Jahre bekannt.

  3. Vor einiger Zeit berichtete die FR über alternative Suchmaschinen. Eine davon war „Webcrawler“. Seit ich diese benutze, bekomme ich kaum noch Spam. Auch ein schöner Erfolg, schliesslich habe ich so ein wenig zu meiner eigenen Anonymität im Netz beigetragen. Doch zu meinen Kommentaren im FR-Blog stehe ich, darum auch mein richtiger Name

  4. Zunächst einmal zu Google Street View. Ich denke, ganz viel Kritiker kennen Street View gar nicht, und stellen sich irgendwie vor, ihr Haus würde dann so im Internet zu sehen sein wie auf den Fotos, die man selber, mit einer Kamera ausgerüstet, sie machen würde. Wer Street View also kritisiert, sollte es sich vorher doch einmal ein Stündchen anschauen. Dazu muß man gar nicht nach den weitgehend verstreetviewten USA gehen (herrje, die armen „durchleuchteten“ Menschen dort), ich „streetsurfte“ neulich in den nördlichen Nachbarn Dänemark und Norwegen (und realisierte dabei so einmal mehr, daß man dort mit der deutschen Big-Brother-Hysterie einfach nicht mitkommt). Ich denke, dann werden die gröbsten der absurden Vorwürfe, die ich schon hörte, wie z.B. „Man kann dann sehen, wie ärmlich die Möbel sind“, vom Tisch sein.

    Google Street View ist eine großartige Sache, und zwar nicht nur für Hotelbuchungen in fremden Ländern, sondern für etwas, was man „Tourismus für Arme“ nennen könnte, das Streetsurfen in fremden Ländern oder auch dem eigenen Land. Das macht mir persönlich und allen mir Bekannten, die es kennen, sehr viel Spaß.

    Wer etwas dagegen hat, daß sein Haus neben allen anderen Häusern des Landes auf die Art und Weise abgelichtet und im Internet sichtbar ist, wie Google das macht, hat in meinen Augen Verfolgungswahn und sollte sich vermutlich besser auf seinen psychischen Zustand hin untersuchen lassen als seinen Mitmenschen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

    Nicht zuletzt kenne ich keine Information, die man per Google Street View erlangen kann, die man NICHT EBENSO UND VIEL BESSER dadurch erlangen kann, daß man sich vor Ort begibt. Der oft gehörte Einwand, Personalverantwortliche könnten sehen, in welchem Haus ein Bewerber wohnt, ist also letztlich keiner, denn ohne Google Street View können sie es auch sehen, und noch eine Menge anderer Dinge mehr, wenn sie sich persönlich zur Adresse begeben.

    Was Google insgesamt angeht, so „glänzt“ leider die allgemeine Berichterstattung über die Möglichkeiten des Konzerns mit einer Schlampigkeit, die allgemein ein Ausmaß angenommen hat, daß man im Endergebnis schon von verbeiteter Täuschung und Leuteverdummung sprechen kann.

    Google hat bestimmte Möglichkeiten. Dazu gehört z.B. das Protokollieren von Teilen des Surfverhaltens. Aber hier schon fängt das Problem an. Wenn der Surfer Google gegenüber seine Identität, d.h. seinen Realnamen, nicht preisgibt, also z.B. unter seinem Realnamen nicht ein Googlemail-Account eröffnet, dann kennt Google maximal Teile des Surfverhaltens eines anonymen Nutzers. Die Berichterstattung bläst aber grundsätzlich solche Sätze heraus wie: „Google erschnüffelt das Surfverhalten jedes Einzelnen und sammelt diese Daten“, und erweckt dadurch den Eindruck, Google hätte die Möglichkeit, Surfverhalten mit realen Personen in Verbindung zu setzen. Dieser Eindruck ist aber falsch, wenn die Einzelperson ihre Anonymität Google gegenüber nicht selber willentlich aufhebt. Dann hat Google keine Möglichkeit, die ermittelten Daten einem konkreteren Nutzer als einer anonymen Person, über die sonst nichts bekannt ist, zuzuordnen.

    Die gesammelten Daten zu einer Einzelperson, die also vollständig anonym sind, wenn der Nutzer die Anonymität nicht selber aufhebt, haben keinen kommerziellen Wert für Google. Ein kommerzieller Wert entsteht erst, wenn Google statistische Auswertungen über alle User hinweg macht und am Ende statistische Aussagen machen kann, der Art z.B. „wer in unserer Suchmaschine Suchanfragen mit erotischem Bezug startet, kommt, über alle Automarken hinweg ermittelt, besonders häufig von der Webseite der Marke X“. Diese Information könnte der Automarke X evtl. verkauft werden oder die Werbung dieser Marke in bestimmte Umfelder verlegt werden. Hier kommen wir zur nächsten weitverbreiteten Falschaussage, der Art: „Google macht aus uns den gläsernen Menschen“. Die Medien erwecken den Eindruck, mithilfe der Daten wären die Handlungen von Einzelpersonen völlig „vorhersehbar“ geworden. Das ist grober Unfug. Die Wahrscheinlichkeiten können nie dazu verwendet werden, im Einzelfall völlige Gewißheit zu bekommen. Der Einzelfall interessiert im Übrigen auch niemanden. Die Autofirma X hat nicht das Ziel, Person Y ihr Auto zu verkaufen, sondern immer nur das Ziel, den Absatz in der Gruppe aller Kunden zu steigern. Die Behauptung, Google würde den „gläsernen Menschen“ schaffen, ist daher etwa gleich der Realität verhaftet wie die Behauptung, Wahumfragen würden „den gläsernen Wähler“ schaffen.

    Schaut man also im Detail auf alle diese Anschuldigungen, die die Medien überfluten, lösen sich die meisten davon in Luft bzw. harmlose Sachverhalte auf, da sie augenscheinlich von Journalisten verfasst wurden, die selber nicht die geringste technische Ahnung haben, die das Thema daher nicht selber einschätzen können, und die deshalb von anderen Journalisten abschreiben, bevorzugt natürlich von denen, die Google „problematisch“ sehen. Auch Wichtigtuer, die sich mit Alarmismus in den Vordergrund drängen wollen, gibt es genügend, auch von denen schreibt man gerne ab oder lässt deren Alarmismus abfärben auf das Geschriebene. Und so gibt es mittlerweile, eingedenk des Satzes, „Nur schlechte Nachrichten sind erwähnenswerte Nachrichten“, eine Lawine der Fehlinformationen, die sich aus dem Schneeball begründeter Besorgnisse entwickelt hat, und die aufgrund der Faulheit der Informationsverbreiter, sich mit den technischen Möglichkeiten tiefer auseinanderzusetzen, weiter wächst und wächst und den Bürger, der sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen möchte, in Angst und Schrecken versetzt, sodaß der am Ende hysterische Abwehr entwickelt, wenn ein von der Straße aufgenommene Ansicht seiner Nachbarschaft, zu der sein Haus gehört, im Internet, neben allen anderen Häusern des Landes, zu sehen ist.

    Nur ganz selten gibt es adäquate Auseinandersetzungen mit dem Thema. Manche der Anmerkungen Schirrmachers in „Payback“ z.B. sind sehr bedenkenswert, und müssten allgemein diskutiert werden. Auf dem verbreiteten Primitivniveau deutscher Medien, auf dem man unqualifiziert über die „Datenkrake Google“ herumjammert, geht das aber nicht.

  5. P.S. Man muß gar nicht lange suchen, um ein Beispiel zu finden, zu welchem Aberglauben diese ganze mediale Google-Hetze führt. Da bilden sich Menschen schon ein, der Umfang der Spammail im Maileingang wäre besonders hoch, wenn man Google als Suchmaschine benutzen würde. Reinhold Hinzmann, ich kann Sie beruhigen, wenn Sie nicht gerade ein Googlemail-Konto haben, hat der Umfang des Spameingangs nur etwas damit zu tun, an wen sie die Email-Adresse weitergeben. Anderes zu glauben ist für mich Paranoia, solange sie nicht erklären können, wie das überhaupt technisch funktionieren sollte. Das ist in etwa so, wie wenn ich sagen würde, nur weil ich kürzlich häufiger ins Einkaufszentrum XYZ einkaufen ging, habe ich jetzt mehr Werbemail im Briefkasten. Absurd!

  6. [Anti-Google-Kampagne] Das ganze ist m.E. doch etwas komisch… Sicherlich muß man die demokratischen Persönlichkeitsrechte und auch Anderes (be)schützen, ggf. auch vorbeugend. Aber wir leben in einer sich schnell — eigentlich immer schneller & gewaltiger — verändernden Welt, da tun sich ständig neue Technologien und Märkte usw. usf. auf. Die Regulierung — wenn also der Staat eingreift, Weichen setzt, steuert & kontrolliert — muß irgendwie in Gleichschritt geschehen, darf weder zurückbleiben noch vorgaloppieren… Man muß die Sache schön diskutieren, meinetwegen auch emotional beladen, aber immer sachlich & nüchtern.

    Im Hauptbeitrag wird zuerst ein Anonymus zitiert. Hat er auch seine Weltanschauung in Hinblick auf die Moderne dargelegt bzw. wurde sie nicht zitiert?! Ist er nun nur gegen Straßensicht (streetview) oder auch gegen Vogelperspektive (bird view) oder gar gegen Weltraumsicht (space view)?!Also ich will hier keinen URL posten, aber er könnte sich beraten lassen und erfahren, wie viele Anbieter dies&das anbieten…

    Übrigens, verkehrt Herr Anonymus im öffentlichen Raum? Würde er von WebCam (wäbkäm) kontrollierte Zonen überhaupt und ggf. nur vermummt betritt? Und was ist mit den öffentlich-rechtlich Video-überwachten Zonen (ÖRVÜZ)?

    Markus W. aus Frankfurt — liebe FR, bitte schreiben Sie dazu ob Oder oder Main 😉 — führt Google-Analytics an. Nur eine kurze Anmerkung: Auf der Eingangsseite von Websites sehe ich immer häufiger den Hinweis, daß die Besuche mit den Google-Werkzeugen (tools) erforscht werden.

  7. @Ney,

    ich sehe schon, daß die Möglichkeit der Anonymität ein hohes Gut ist, das man schützen muß. Man muß daher dafür kämpfen, daß Verbindungsdaten (d.h. die Zuordnung IP zu Realnamen) nicht Hinz und Kunz zur Verfügung gestellt werden, ja sogar am besten gar nicht gespeichert werden (ein über gestriges Urteil hinausgehender Wunsch). Ansonsten sollte man aber die Menschen aufklären, welche Verhaltensweisen ihre Anonymität aufheben, und wie die zu vermeiden sind. Ich bin der guten Hoffnung, daß es immer Möglichkeiten geben wird, adäquat am digitalen Leben teilzunehmen, ohne gezwungen zu werden, seine Anonymität preiszugeben, ganz einfach weil die Menschen das VERLANGEN werden. Bis jetzt ist das jedenfalls der Fall. Ich hoffe nur, daß das allgemeine Technikverständnis nicht noch weiter abnimmt. Dann könnte das mit dem „die Menschen verlangen ihre Anonymität“ sich ändern. Wenn am Ende die Menschen nur noch staunend vor den Möglichkeiten der digitalen Welt stehen und sofort alles konsumieren möchten, ohne die technischen Abläufe zu verstehen oder verstehen zu wollen, oder Warner vor konkreten Produkten oder Verhaltensweisen wahrzunehmen, dann bestünde wirklich die Gefahr, daß Konzerne alles mit unseren Daten machen können, die dann WIRKLICH unsere, d.h. auf bekannte Realpersonen bezogene Daten sind.

    Herr Ney, ihr Hinweis auf die Satellitendaten ist interessant. Wo bleibt da der Aufschrei der Übervorsichtigen, wo man doch schon seit Jahren deutlich erkennen kann, ob sie einen Swimmingpool im Garten haben? Einbrecher können aufgrund der Luftsicht auch einen groben Lageplan des Grundstücks und seiner Gebäude bekommen, im Gegensatz zu Street View aber auch für die Areale, die von der Straße aus gar nicht eingesehen werden können. Wollte man z.B. nicht ins Wohnhaus eindringen, sondern nur Schuppen o.ä. Nebengebäude leerräumen, kann man mit den Luftansichten die Grundstücke ausfindig machen, die überhaupt solche Gebäude haben, usw. Glaubwürdig wären für mich jetzige Kritiker nur, hätten sie damals schon bei Einführung der Sat/Luftbilder die Stimme erhoben. Da hörte ich aber niemanden.

  8. Der Diskussionsfluß ist hier ein bischen träge, ich muß ihm auf die Sprünge helfen.

    Google und das Problem des Datensammelns. Nahezu alle Abwehrvorschläge sind passiver Natur, also dieses oder jenes Verhalten zu unterlassen. Warum nicht mal in die Offensive gehen? Man könnte doch z.B. dafür sorgen, daß die Daten, die Google sammelt, falsch sind. Bot-Programme könnten geschrieben werden, die zufallsgesteuert und vollautomatisch durchs Internet sörfen. Sie laufen im Hintergrund, ähnlich wie die Programme, die für SETI den Weltraum und seine Emanationen analysieren, und steuern regelmäßig Google an, klicken wahllos auf Googlewerbung, fälschen Cookies usw. Wenn ein solches Programm 10mal soviel sörft wie der Benutzer des Rechners, auf dem es läuft, dann enthalten die von Google „erschnüffelten“ Daten am Ende 90% Datenschrott. Das Problem für Google ist, daß, wenn man es richtig macht, die korrekten 10% nicht herausfindbar sind, also sind für Google am Ende 100% der Daten unbrauchbar. Würden genügend Menschen solche Anti-Google-Surfbots verwenden, wäre das Geschäftsmodell Googles, sofern es sich auf erfasstes Surfverhalten bezieht, am Ende.

    Um das zu erreichen könnten Datenaktivisten entsprechende Trojaner in Umlauf bringen, die sich auch auf Rechnern festsetzen, deren Besitzer nichts davon wissen. Das passiert ja heute schon, die entstehenden Botnetze, die Millionen von Rechnern umfassen können, werden allerdings zum Geldverdienen mit Hilfe von Emailwerbung verwendet, sog. Spam. Die könnten aber stattdessen Anti-Google-Funktionalität enthalten, d.h. die Daten, die Google vom jeweiligen Rechner abgreift, fälschen. Es käme somit zur millionenfachen Datenfälschung. Ich denke, es ist nur eine Frage der Zeit, bis es soweit kommt, und irgendein Russe oder Chinese mal diese lustige (allerdings nicht für Google) Idee verfolgt. Auch der Einwand, das solcherart gefakte Internetaktivität zur Irreführung von Google ja Bandbreite frißt, wird zukünftig mit weiter steigenden Bandbreiten immer weniger Bedeutung haben.

    Meine Meinung ist, daß Google mehr als andere darauf angewiesen ist, stark zu diversivizieren. Schnell könnte nämlich ein ganz bestimmtes Geschäftsmodell ad acta zu legen sein, weil Möglichkeiten zu seiner Sabotage durch aktive Gegenwehr auftauchen.

  9. @BvG,

    was die Botnetze angeht, ja.

    Der führende Virenhersteller Kaspersky schätzt, daß weltweit jeder zehnte Rechner Teil eines Botnetzes ist, d.h. fremde Software ausführt, die fremdgesteuert werden kann. Erschütternderweise ein Viertel davon nichtprivate, d.h. Arbeitsplatzrechner. Wären die Daten jedes zehnten Nutzers, die Google ermittelt, gefälscht, wäre das doch schon ein schöner Anfang.

    Automatisierte Anti-Google-Surfprogramme, die Surfverhalten vortäuschen, sind auf jeglicher Platform möglich, auch unter Linux oder MacOSX. Nur das Verbreiten über Exploits o.ä. ist in manchen Betriebssystemen schwieriger. Das wäre aber auch egal, wenn nur genügend Menschen die Entscheidung treffen, eine solche Software willentlich und bewußt einzusetzen… dann müsste man sie gar nicht hinter ihrem Rücken auf ihre Rechner schmuggeln.

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