Der Friedensnobelpreisträger will offensichtlich den Krieg

Haben auch Sie gerade das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben? Da sind sie wieder, die „weapons of mass destruction“. Wenn ich diesen Begriff höre, habe ich sofort die Gesichter der Kriegstreiber Powell, Rumsfeld, Rice, Cheney und Bush jr. vor meinen geistigen Augen, die mit dreisten Lügen den Irak-Krieg herbeiredeten und die Welt veränderten. Und jetzt sollen die syrischen Streitkräfte also solche Massenvernichtungswaffen nicht nur besitzen – was niemand anzweifelt -, sondern auch im Bürgerkrieg eingesetzt haben. Die Rede ist von 1300 Opfern, darunter viele Kinder. US-Präsident Barack Obama hatte genau hier eine rote Linie gezogen. Jetzt treibt er den Militäreinsatz gegen das syrische Regime voran. Alles deutet darauf hin, dass es zu einer Intervention kommen wird.

Die Frage ist jedoch: Wer hat das Gas eingesetzt? Denn das es eingesetzt wurde, dürfte feststehen. Wer also hat den größten Nutzen von einem solchen Giftgaseinsatz? Das Assad-Regime, das vielleicht einfach nur ein Exempel statuieren wollte, in völliger Verkennung der weltpolitischen Lage? Zudem zu einem Zeitpunkt, da sich gerade UN-Inspektoren im Land befinden? Der Westen hat zwar bisher nicht eingegriffen, aber dass ein US-Präsident nicht zulassen kann, dass er vor der ganzen Welt plötzlich mit runtergelassenen Hosen dasteht, weil er zwar eine rote Linie gezogen hat, deren Überschreitung er dann aber hinnimmt – dass so ein US-Präsident also reagieren muss, das muss doch einem Assad eigentlich klar gewesen sein. Oder verlässt sich der Tyrann blind auf seinen russischen Verbündeten, der jedes UN-Mandat für eine Intervention in Syrien im UNO-Sicherheitsrat gewiss unterbinden wird? Dann hätte ihn jemand daran erinnert sollen, dass der Westen schon einmal ohne UN-Mandat Krieg geführt hat, nämlich gegen das Serbien des Slobodan Milosevic. Oder hofft Assad darauf, dass der Westen eine Intervention nicht wagen wird, weil diese nur ein einziges Ergebnis haben wird, nämlich die weitergehende, tiefgreifende Destabilisierung des Nahen Ostens? Iran hat schon gedroht, Israel wappnet sich für den Militärschlag, auch die Türkei ist bereit. Der Westen, meint FR-Leitartikler Thomas Schmid, muss jetzt Flagge zeigen und in Syrien eingreifen.

Doch gemach. Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass das Gas tatsächlich von den syrischen Streitkräften eingesetzt wurde. Das wäre dann an Dummheit nicht zu überbieten. Den größeren Nutzen von diesem Einsatz aber haben die Rebellen. Sie drohen nämlich zu unterliegen. Das Kräfteverhältnis im syrischen Bürgerkrieg hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten zugunsten der Regierungstruppen verschoben. Ein fingierter Giftgaseinsatz, den die Rebellen erfolgreich der syrischen Armee und Assad in die Schuhe schöben, wäre in der Lage, die Wende im Bürgerkrieg zu Gunsten der Rebellen herbeizuführen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass diese Rebellen ein heterogener Haufen sind, in dem Islamisten und Dschihadisten eine wichtige Rolle spielen – und der Westen müsste sich dann vorhalten lassen, sich von Islamisten manipulieren und instrumentalisieren zu lassen. Ohnehin bietet keines der Szenarien, die am Ende des Krieges stehen könnten, glänzende Aussichten, nur Pest und Cholera. Bleibt Assad, dann wäre vermutlich politische Stabilität gewährleistet, aber der Tyrann würde im eigenen Land natürlich kräftig „aufräumen“. Siegen die Rebellen, dann dürfte Syrien im Chaos versinken. Genau das ist die Strategie, die al-Kaida verfolgt: Destabilisierung um jeden Preis. Sie scheinen nahe am Ziel zu sein, denn Barack Obama, der Friedensnobelpreisträger, scheint willens zu sein einzugreifen.

Vielleicht kann der gegenwärtige Konflikt – und damit tausendfaches menschliches Leid – auf diese Weise wirklich beendet werden. Was mich jedoch skeptisch macht: Es gibt kein Konzept für die Zeit nach Assad, so wie es für Libyen kein Konzept für die Zeit nach Gaddafi gab. Und wie es kein Konzept für den Irak gab. Einen Diktator wegzubomben, das ist eine Kleinigkeit für den selbsternannten Weltpolizisten USA. Im günstigsten Fall genügt dafür ein einziger Marschflugkörper. Aber was kommt dann?

PS: Kleine Fußnote – denn es ist eigentlich unpassend: Für Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt dieser Konflikt natürlich zur Unzeit. Sie ist im Wahlkampf, und sie bezieht nicht gern klare Positionen. Zwei Drittel der Deutschen sind gegen einen Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Doch wenn die USA rufen, wird Merkel Farbe bekennen müssen. Wäre sie zu Zeiten des Bush jr. Kanzlerin gewesen, dann hätten deutsche Soldaten in bedingungsloser Gefolgschaft vermutlich an der Invasion des Irak teilgenommen. Man mag es sich gar nicht ausdenken.

Jürg Walter Meyer aus Leimen meint:

„Einsatz chemischer Kampfstoffe durch die Regierungstruppen in Syrien – das behaupten, einmal mehr, die „Rebellen“.
„Cui bono?“ Die „Rebellen“ erleiden Rückschlag um Rückschlag. Was liegt da näher, als mit Behauptungen bzw. Manipulationen die UN, die USA, die Nato und/oder die EU zum Eingreifen zu bewegen? Laut ZDF verfügen auch die „Rebellen“ über chemische Kampfstoffe. Es ist durchaus denkbar, dass die „Rebellen“ chemische Kampfstoffe dahin verlagert haben, wo sie einen Angriff der Regierungstruppen erwarteten oder sogar direkt gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Die Hemmschwelle der radikalislamistischen „Rebellen“ ist bedeutend geringer als die des eher westlich orientierten Assad! Denn – sie sind sich sicher, dass der Islam, der Koran und der Prophet auf ihrer Seite sind und all die Getöteten als Märtyrer in den „Himmel“ kommen.
Wir erinnern uns des Irak-Krieges ab 2003 – eine völkerrechtswidrige Invasion durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten und Großbritanniens – und seine schrecklichen Folgen, die bis heute andauern. Die unhaltbare Situation in Ägypten – Militärdiktatur, etwas verbrämt mit einer „Übergangsregierung“ – erleben wir tagtäglich am Fernseher. Wenn schon die Muslimbrüder nicht genehm sind, wollen wir, dass in Syrien Islamisten, Salafisten, Wahhabiten, Dschihadisten und Al-Qaida um die Macht streiten? Zudem – der Einsatz von Flugzeugen allein genügt nicht. Nur die Macht beherrscht ein Land, die es terrestrisch besetzt hat und hält.
Alle Nachrichten aus den USA deuten darauf hin, dass Obama, der Friedensnobelpreisträger, offensichtlich den Krieg will. Er wird damit keine Probleme lösen. So wie Bush 2003 im Irak behauptet auch er, er hätte eindeutige Beweise, dass die Regierung chemische Kampfstoffe eingesetzt hätte. Da er das nicht beweisen kann, weil dem nicht so ist, erklärt er – geschickter als Bush – Assad habe sie vorher beseitigen lassen. So einfach ist das.“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Die Unfähigkeit des UN-Sicherheitsrats, in der Syrienfrage einzuschreiten, erfordert auch von Deutschland eine Gegenreaktion, etwa die Suspendierung von Zahlungen an die UNO oder UNO-Einrichtungen. Zwar liegen endgültige Beweise für den Einsatz von Giftgas durch das syrische Militär noch nicht vor. Syrien hat aber die völkerrechtliche Vereinbarung über den Nicht-Einsatz von Giftgas nicht unterschrieben. Das läßt die Schlußfolgerung zu, daß sich der noch amtierende Präsident Assad die Hände für den Giftgaseinsatz frei halten will.“

Eric Boule aus Amsterdam (NL):

„Was ein glücklicher Zufall. Kaum haben die Kriegstreiberländer von Syrien, USA, UK, Deutschland, Frankreich und Israel in den Vereinten Nationen durchgepeitscht, dass Giftgaskontrolleure geschickt werden müssen, und siehe: Da ist schon der erste Giftgaseinsatz. Dabei soll man bedenken, dass mindestens USA, UK, Frankreich und Israel Giftgas besitzen.“

Renate Schumacher aus Frankfurt:

„Assad ist von Beruf Arzt. Er wird so etwas sicher nicht veranlassen. Aber die Islamisten haben zur Genüge bewiesen, dass sie vor Menschenleben keine Achtung haben.“

Roland Klose aus Bad Fredeburg:

„‚Für den französischen Untermenschen ist Giftgas gerade gut genug‘. Dieses Zitat stammt nicht von Adolf Hitler, sondern von dem deutschen Kaiser Wilhelm II., der das tödliche Chlor-Giftgas erstmalig im Ersten Weltkrieg am 22.04.1915 im belgischen Ypern einsetzte.
Für den syrischen Rebellen ist Giftgas gerade gut genug? Ist das etwa die Rechtfertigung von Syriens Präsident Baschir al-Assad? Oder fand vor Damaskus die Auferstehung von Iraks Chemie-Ali statt? Genau diesen Fragen sollen die UN-Inspekteure in Syrien objektiv und unvoreingenommen nachgehen. Dabei warne ich vor voreiligen Urteilen und Kriegseinsätzen ohne UN-Mandat wie seinerzeit im Zweiten Golf-Krieg von 2003. Oder soll der gesamte Mittlere und Nahe Osten brennen? Dann wäre der Friedensnobelpreisträger Barack Obama keinen Deut besser als der Kriegshetzer George W. Bush. Die Welt und Syrien braucht jetzt dringender denn je wahre Friedensstifter, die den Dialog mit allen Beteiligten suchen. Papst Franziskus könnte diese Rolle als Friedensstifter übernehmen: ‚Friede sei mit Euch!'“

Ursula Samman aus Frankfurt:

„Thomas Schmid meint, Deutschland müsse das Risiko eingehen. Aber was soll das bringen außer noch mehr Toten? Ich gehe davon aus, daß Giftgas eingesetzt wurde, aber von wem?? Man mag Assad vieles unterstellen können, Dummheit gehört sicher nicht dazu. Ausgerechnet vor der Nase der UN-Experten! Abgesehen von den sehr zerstrittenen Oppositionellen gibt es nicht genug Staaten in der Region mit z. T. sehr potenten Geheimdiensten und verschiedensten Interessen,die sich vom Eingreifen der USA viel versprechen und Obama unbedingt zwingen wollen?  Leider steigt dann auch die Gefahr eines neuen Weltkrieges. Herr Schmid, muß Deutschland wirklich dieses Risiko eingehen?“

Gerhard Wagner aus Ratingen:

„Die Amerikaner, Franzosen und Engländer wollen Syrien bombardieren, sobald sie glauben, dass Assad Chemiewaffen im Kampf gegen die Aufständischen eingesetzt hat. Eine UN – Kommission untersucht jetzt, ob Chemiewaffen eingesetzt worden sind. Merkwürdigerweise hat die Kommission nicht den Auftrag, versuchen herauszufinden wer die Waffen eingesetzt hat. Damit ist das Schicksal Assads besiegelt, sobald Rückstände von Chemiewaffen gefunden werden. Endlich haben die Westmächte einen Grund wieder ein Land anzugreifen und unregierbar zu machen, wie vorher schon Irak und Libyen, und die Verfügungsgewalt über die Bodenschätze dieses Landes zu erlangen. Das Schicksal der Christen, Alawiten und anderer Minderheiten in Syrien ist ihnen offenbar völlig egal. Die Außenpolitik Deutschlands muss man loben. Sie macht bei diesen völkerrechtswidrigen Kriegen nicht mit“

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26 Kommentare zu “Der Friedensnobelpreisträger will offensichtlich den Krieg

  1. Aus Chemikersicht muss ichbeim aktuellen Erkenntnisstand zum SV zu größter Vorsicht raten.

    Es ist bisher nicht nachgewiesen was am vermentlichen Wirkungsherd tatsächlich vorgfallen ist. Für einen Scud-B Gefechtskopf mit GB-Füllung (Sarin=)ist der Wirkungsherd zu klein und eine gegebene Abwindwirkung ist nicht berichtet worden.

    Die lokale Symptomatik ist auch durch Freisetzung bestimmter chemisch den Kampfstoffen eng verwandter Insektizide denkbar.

    Die Symptome können aber auch durch andere Substanzgruppen ein ähnliches Vergiftungsbild bieten.

    CM

  2. Das Problem ist das man den Politikern im Westen, auch in D., nichts glauben kann. Speziell die USA haben in den letzten Jahren jede Glaubwürdigkeit verspielt und die heutige Kanzlerin ist vor einigen Jahren in die USA geflogen und hat sich dafür entschuldigt das D. im Irak nicht mitgemacht hat. Jetzt kann sie das ja besser machen.

  3. Bemerkenswert , mit welcher Nonchalance Obama den NSA-Skandal und ein umsichtiges militärisches Verhalten mal eben so in die Tonne kloppt.
    Der Mann könnte sich noch als gefährlich erweisen , wie so mancher selbsternannte Protestler , wenn er sich mal entschieden hat , „dazugehören“ zu wollen.

    Ein Eingreifen des Westens ohne das Einverständnis Russlands könnte heikel werden , und die Chancen stehen wohl fifty-fifty , auf welche Seite sich Putin schlagen wird , er könnte Syrien durchaus dazu nutzen , die Stärke Russlands unter Beweis stellen zu wollen und noch einmal alte Rechnungen zu begleichen , für die miese Behandlung Russlands nach der „Niederlage“ im Kalten Krieg durch USA und NATO.

    Die Situation mag nicht unmittelbar einen weiteren Weltkrieg nach sich ziehen , unterschätzt werden sollte sie aber nicht, der große Krieg ist dann am wahrscheinlichsten , wenn keiner mehr mit ihm rechnet.

  4. Bei aller berechtigten Kritik an der Weltpolizisten-Rolle der USA und GB kann man nicht völlig ausblenden, dass Assads Luftwaffe täglich die ihm nicht genehmen Anteile der syrischen Zivilbevölkerung ausbomben lässt. Ich kann mich noch gut erinnern, als die Zahl der Opfer bei 500 stand, heute sind es Zigtausende, was ist seither passiert? Nichts. Und das würde solange weitergehen, bis Assad sich wieder fest in seinen Diktatorensessel geschossen und gebombt hat, um zusammen mit seiner religiösen Minderheit eine Mehrheit Andersgläubiger zu beherrschen. Dazu nimmt er die Angehörigen seiner Militärs in Haft, damit die bloß nicht auf die Idee kommen, Opposition gegen ihn zu machen. Die moderne Welt hat keinen Platz mehr für solche Herrscher, er gehört aussortiert und zwar unverzüglich.

  5. Noch kürzlich, im Zusammenhang mit den Machenschaften der demokratiefeindlichen geheimdienstlichen Schnüffelorganisationen, war aus marktkonformen Kanzlerinnenmunde zu hören, dass die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren gelten muss. Wer Geheimdiensten bescheinigt, auf dem Boden des Rechts zu agieren, glaubt auch an den Klapperstorch. Zum täglichen Geschäft gehören Lügen, Betrügen, Fälschen und Schlimmeres. Jetzt haben, natürlich, wer auch sonst, die Geheimdienste vorgeblich den Assad als Giftgasschuldigen ermittelt, und schon wird das Recht wieder außer Kraft gesetzt. Erinnert sei an den Irakkrieg und die „Massenvernichtungswaffen“, die ebenfalls von den Geheimdiensten „ausgemacht“ worden waren. Nun läuft das alte Spiel wieder ab. Die Nachrichten- Geheimdienste liefern die gewünschten und passenden „Beweise“, und der oberste Kriegsherr drückt, einschließlich seiner „Willigen“, auf den militärischen Knopf. Bush hatte in Sachen in Irak seinen Grund, um endlich losballern zu können. Die Folgen sind bekannt. Auch damals wurde das Völkerrecht außer Kraft gesetzt. Wenn nicht mit der UNO dann eben ohne sie, tönte der damalige Kriegsherr. George W. Obama wird dem Bush immer ähnlicher. Der Schuldige ist „ausgemacht“, also wird jetzt losgeballert. Natürlich ist das kein Krieg, sondern lediglich eine begrenzte Militäraktion bzw. ein Militärschlag. Gerne ist, auch von deutschen Leitartiklern, von einer Strafaktion gegen Assad die Rede. Hört sich so an, als ob Marschflugkörper, Bomben und Raketen nur den Assad treffen, während diese mörderischen Waffen an der Zivilbevölkerung vorbei fliegen. Die so genannten westlichen Wertegemeinschaftler werden immer verlogener und verkommener, insbesondere wenn es um Krieg geht. Mit Recht/Völkerrecht hat das alles nichts mehr zu tun. Ähnliches gilt im Übrigen für das deutsche Grundgesetz. Bei der völkerrechtswidrigen Kriegsbeteiligung Deutschlands 1999 gegen Ex-Jugoslawien wurde zumindest noch über das Grundgesetz diskutiert, auch wenn es letztlich gebrochen wurde. Mittlerweile wird, im Rahmen der Militarisierung der deutschen Außenpolitik, die Freiheit der Bundesrepublik nicht nur am Hindukusch sondern an vielen Orten in der Welt „verteidigt“. Offenkundig alles völlig normal, über das Grundgesetz spricht in diesem Zusammenhang kein Mensch mehr, auch kein Leitartikler. Kurzum: Natürlich gilt nicht die Stärke des Rechts sondern das Unrecht des Stärkeren.

  6. Am meisten regen mich die Kommentare der selbsternannten Weltpolizisten auf, die selbst Dreck am Stecken haben. Wenn ich mich im Internet irgendwie über Obama auslasse, und dabei womöglich das Wort „Bombe“ erwähne, so wie jetzt hier, habe ich wahrscheinlich gleich die Lämpchen mehrerer Geheimdienste zum Leuchten gebracht. Und NSA & Co. sollen nicht mitbekommen haben, das hier Assad oder syr. Rebellen etwas mit Giftgas planten? Wem nützt eigentlich das Ganze, und wie ist es mit Folgen und Nebenwirkungen? Die Wahrheit stirbt ja bekanntlich immer zuerst, mag es um den Irak gehen oder den fingierten Angriff am 1.9.39 auf den Sender Gleiwitz durch „Polen“. Nur scheint eben keiner über den Tag hinaus denken zu können. Ab welcher Eskalationsstufe würden sich Rußland – Schiffe sind bereits ins Mittelmeer unterwegs – oder der Iran gezwungen sehen, ihrerseits auch einen „begrenzten Schlag“ zu führen? Wenn diese schrecklichen Prozesse erst einmal laufen, sind sie nicht oder nur noch schwerlich zu stoppen.

    Natürlich ist Assad kein Engel, aber man sollte bitteschön nicht so tun, als wenn auf
    Rebellenseite nur Gutmenschen, Demokraten und sonstige Gesetzesbewahrer stehen würden. Ein Syrien unter Al Nusra – dem syrischen Ableger von Al Kaida – würde auf ihrem Weg zu einem Gottesstaat zunächst einmal alle Christen und Alawiten massakrieren. Ich will nicht für Diktatoren plädieren, aber die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte überall im Orient haben gezeigt, daß den mäßig schrecklichen Diktatoren immer noch schrecklichere Regimes folgten, oder, wie im Irak, täglicher Bürgerkrieg.

    Ich weiß keine ad hoc-Lösung. Teilung Syriens? Dann müßten Millionen, über all die, die sich bereits im Lande und außerhalb der Landesgrenzen auf der Flucht befinden, zwangsumgesiedelt werden. Stellen wir uns einen 30jährigen Krieg in Neuauflage vor, mit Zwangsumsiedlungen von Katholiken, Protestanten und laizistisch Gesinnten von Landstrich zu Stadt zu Dorf und umgekehrt. Natürlich will jeder bei den Freßnäpfen, sprich, den Lagerstätten der Bodenschätze bleiben, und die anderen davon vertreiben.

    Und wir Deutschen? Vergießen eimerweise Krokodilstränen, mahnen und appelieren an die Einsicht, Vernunft und mahnen die Eskalationsvermeidung an. Und was machen wir seit Jahrzehnten? Wir sind zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt aufgestiegen, liefern natürlich auch in Spannungsstaaten – Saudi-Arabien wäre ja beinahe am deutschen Panzer-Wesen genesen – und drücken uns um eine klare Haltung, wie sie uns aufgrund unserer unrühmlichen Vergangenheit anstünde. Wer Herrn Mißfelder bei Anne Will gehört hat, weiß, was ich meine: Saudi-Arabien garantiert die Sicherheit Israels, so so, und dann natürlich die Arbeitsplätze etc. pp. Motto: „Was schießt am besten in Menschen ein Loch? Da sind die Produkte von Heckler und Koch.“

    Ich könnte kotzen ob dieser Heuchelei. Nur gut, daß anscheinend die Wahlumfragen jetzt bei den superchristlichen Demokraten einige Schrammen für den 22.9. voraussagen.

  7. Syrien wird für den Bruch von Kriegsrecht und von Menschenrechten durch Bombardement bestraft. Wann werden die USA für den Rechtsbruch und das Verletzen der Bürger- und Menschenrechte bestraft? Manche wundern sich, wieso die USA derart verhasst sind. Dies ist in Anbetracht von deren Auftreten und Verhalten als selbsternannte „Weltpolizei“ aber kaum verwunderlich. Auch die Behauptung von Massenvernichtungswaffen in Regierungshand ist wohl keine neue Begründung für einen Militärschlag der USA. Fehlt nur noch der Angriff der USA auf einen europäischen Staat, weil dieser sich geweigert hat, deren menschenverachtendes und völkerrechtswidriges Verhalten weiter zu tolerieren. Hier wird die „Demokratie“ mit den Mitteln der (Meinungs-)Diktatur „verteidigt.

  8. Saddam Hussein setzte im Iran-Irak-Krieg, den er begann, massiv Chemiewaffen ein. Die finanzielle Unterstützung aus Saudi-Arabien für den Irak nahm sogar noch zu und der Westen lieferte Saddam Hussein weiter Waffen. Natürlich will das Assad-Regime seine Handlungsspielräume austesten, das gilt nicht nur für den Giftgaseinsatz. Es wurde schon einmal bei einem Giftgaseinsatz durch das Assad-Regime nicht reagiert. Obamas Rote Linie erzwingt eine Abschreckung durch den Westen. Hier kann der Westen auf seine Stärke setzen und darf dem Assad-Regime nicht den Gefallen tun und mit den erwarteten Cruise Missiles reagieren, sondern der Westen muss mit asymmetrischen Aktionen antworten. Assad will sicher nicht so sterben wie Saddam Hussein.
    Assad sollte jedoch genau dieser Furcht ausgesetzt werden, er muss seine Sicherheit verlieren. Die Chemiewaffen müssen schnell zerstört werden. Das geht am besten mit einer Thermobombe, die die Chemikalien bei hohen Temperaturen verbrennt. Nur so kann die Zahl der zivilen Opfer begrenzt werden. Wenn die westlich orientierten syrischen Rebellen klug sind, bieten sie den Russen den Weiterbetrieb der Marinebasis Tartus nach einer Entmachtung Assads an, unter der Bedingung, dass Russland aktiv den dann notwendigen Kampf gegen islamistische Gruppen in Syrien unterstützt. Selbst der Iran könnte unter der Voraussetzung eines glaubwürdigen Gewaltverzichtes gegenüber Israel in eine langfristige Lösung eingebunden werden. Denn ohne einen funktionierenden Interessenausgleich des Westens mit dem Iran wird es keinen Frieden in Syrien, Irak und Afghanistan geben.
    Der Westen wird akzeptieren müssen, dass es eine schiitische Regionalmacht im Mittleren Osten gibt, die außer dem raumfremden Westen ein Gegengewicht zu den fundamentalistisch sunnitischen Kräften bilden kann. Der Westen muss sich entscheiden, ob er den Iran in ein Kräftegleichgewicht einbindet, oder ob er seine bisher erfolglose Unterwerfungspolitik fortsetzt. Der Westen steht seit dem Sykes-Picot-Abkommen (1916) für Syrien in der Verantwortung.

  9. Natürlich ist es mindestens peinlich, dass die Weltgemeinschaft nicht dazu in der Lage zu sein scheint, auf einen abscheulichen und völkerrechtswidrigen Giftgasangriff mit hunderten unschuldiger Opfer mit einer Stimme zu reagieren.

    Dass daran jedoch, wie wesentliche Teile der „deutschen Leitmedien“ insinuieren, im Wesentlichen das Russland Präsident Putins mehr oder weniger alleine verantwortlich ist, kann nicht unwidersprochen bleiben.

    1) Ist es ja keineswegs so, dass sämtliche Nationen der Welt für den von der USA angekündigten Militärschlag sind und nur Putin dagegen obstruiert. Vielmehr sind zwei der fünf Vetomächte im Sicherheitsrat gegen diesen Schlag. Selbst wenn Russland sich also der Stimme enthalten würde, käme es nicht zu einem gemeinsamen Votum des Sicherheitsrates, weil auch China dezidiert gegen einen solchen Schlag ist.
    Und auch beim G 20 Gipfel lautete das Verhältnis der „Militärschlagbefürworter“ zu den „Militärschlagsablehnern“ keinesfalls 19:1 oder 19:2 wie man meinen könnte, wenn man die Veröffentlichungen der Mehrheit der deutschen Presse in den letzten Tagen verfolgt oder das Interview des Herrn Roth mit Herrn Westerwelle vom Freitagabend (wobei Herr Westerwelle da sehr viel ausgewogener argumentiert hat als Herr Roth). Bestenfalls gibt es bei den G 20 eine leichte Mehrheit für eine militärische Reaktion, wobei es auch sehr gewichtige Gegenstimmen dazu gibt, wie z.B. die des Papstes oder die des UNO Generalsekretärs.

    2) Ist es das Verschulden der USA selber, dass es der Öffentlichkeit so schwer fällt, die „Beweise“ für die Urheberschaft des Assadregimes an dem Giftgaseinsatz nachzuvollziehen. Alles das, was der amerikanische Außenminister vor der Weltöffentlichkeit als „Beweis“ präsentiert, hat man so oder so ähnlich auch in der Causa Irak vor Jahren von Collin Powell gehört. Auch damals waren die USA „sicher“, dass Hussein Massenvernichtungswaffen besessen hat, auch damals gab es daran „keinen Zweifel“, auch damals hat es „unwiderlegbare Unterlagen“ gegeben, die den amerikanischen (und britischen) Geheimdiensten vorlagen und die „keinen Zweifel“ an den Plänen Husseins gelassen haben. Im Nachhinein stellten sich sämtliche Beweise als Fälschungen und Falschinterpretationen heraus. Nach diesem Desaster fällt es schwer, nun in einer ähnlich unübersichtlichen Situation, den erneut vorgebrachten Behauptungen der amerikanischen Administration, „einfach so“ Glauben zu schenken.
    Dies umso mehr als erstens der Entschluss des amerikanischen Präsidenten zum Militärschlag ja schon länger feststeht und man seitens der USA nicht einmal die Ergebnisse der UN-Untersuchung zum Chemiewaffeneinsatz in Syrien abwarten möchte.
    Und schließlich wäre auch die altbekannte Frage zu stellen „Cui bono?“- zu wessen Gunsten? Vorliegend dürfte feststehen, dass ein Militärschlag sicher zugunsten der Rebellen erfolgen würde- welches Interesse sollte das Regime dann aber haben, einen derartigen Militärschlag gegen die eigene Armee ausgerechnet zu einem Zeitpunkt zu provozieren, in dem die UN-Inspekteure grade in Damaskus eingetroffen sind und in dem das Assadregime militärisch auf dem Vormarsch zu sein scheint? Wohlweislich ist das kein Beweis für die Täterschaft der syrischen Rebellen- aber es sind Fragen und Überlegungen, die geeignet sind die angeblich einwandfrei bewiesene Täterschaft des Regimes in Zweifel zu ziehen.

    3) Auch die Umgang, des Westens mit dem Mandat des UN-Sicherheitsrates in der Libyenfrage, macht es heute so schwer, Russland und China mindestens zu einer Stimmenthaltung im Sicherheitsrat zu bewegen. Seinerzeit hatten sich Russland und China der Stimme enthalten, um einen Schutz der Zivilbevölkerung vor den Bomben des Regimes zu ermöglichen. Der Westen hat dieses Mandat aber dazu missbraucht, einen Regimechange in Libyen durch, von der Resolution des Sicherheitsrates nicht gedeckten, Bombardements der Truppen von Gaddafi massiv zu unterstützen- gegen die Proteste Russlands und Chinas im Sicherheitsrat. Auch dieses Verhalten des Westens hat sicher dazu beigetragen, dass Russland und China entsprechenden Anfragen heute sehr skeptisch gegenüberstehen, haben sie doch schon einmal erlebt, dass ein unter der Fahne der Humanität begonnener Einsatz zu macht- und geopolitischen Zwecken missbraucht worden ist.

    4) Schließlich sind die legitimen Interessen Russlands im Vorfeld und auch während des Konfliktes nie thematisiert oder gar verhandelt worden. In Syrien befindet sich Russlands einizge Marinebasis im Mittelmeer. Selbstverständlich müsste Russland mit einem Verlust dieses Basis rechnen, wenn sich die Rebellen in dem Konflikt durchsetzen würden- dies ist aber gegen die legitimen Interessen Russlands gerichtet- die muss der Westen nicht teilen, aber er sollte sie respektieren, wenn man Russland ins Boot holen möchte, um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu erreichen. Dass Russland in dieser Lage aus machtpolitischen Erwägungen heraus, der Schwächung des ihm freundlich gesonnenen Regimes nicht zustimmt, solange es keine „hieb- und stichfesten“ Beweise gibt, kann der Westen, dem geopolitische und militärstrategische Erwägungen ja nun auch keineswegs fremd sind, nicht ernsthaft kritisieren.

    Zuletzt muss man aber auch die Frage stellen, was ein begrenzter Militärschlag gegen das Assadregime denn zur Lösung des Konfliktes beitragen würde- und da fällt mir nicht sehr viel ein. Der Krieg würde dadurch nicht beendet, die Grausamkeiten- auch und gerade gegen die Zivilbevölkerung- würden von beiden Seiten der Auseinandersetzung mit unveränderter Heftigkeit weitergehen. Vielleicht hätte Barack Obama sein Gesicht gewahrt und das Übertreten roter Linien bestraft- aber wäre das den Preis von weiteren Hunderten Menschenleben, die ein solcher Militärschlag kosten würde, wirklich wert- zumal durch einen derartigen Militärschlag eine politische Lösung des Konflikts- und auf die muss es letztendlich ja hinauslaufen- weiter erschwert wird?
    Wäre es nicht viel intelligenter, den deutschen Vorschlag, die Angelegenheit „Giftgas“ an den internationalen Strafgerichtshof abzugeben und zu versuchen, diesen mit entsprechenden Untersuchungsbefugnissen auszustatten, zu folgen, damit die tatsächlich Verantwortlichen für diesen Massenmord zur Rechenschaft gezogen werden können und gleichzeitig eine Syrienkonferenz einzuberufen, an der dann aber auch sämtlichen „Player“ in der Region teilnehmen sollten (also auch Russland und Iran) und in der auch die Interessen von „nicht-westlichen Staaten“ Berücksichtigung finden müssten? Solange nur die Interessen einer oder einiger Gruppen in dem Konflikt Berücksichtigung finden, wird man die nicht berücksichtigten Interessen im wahrsten Sinne des Wortes „niederringen“ müssen- und das würde dem Bürgerkrieg noch lange Nahrung geben.

    Mit freundlichen Grüßen

    A.H.

    P.S. : Was mich persönlich einmal interessieren würde wären zwei Fragen- vielleicht kann die FR in ihrer Beichterstattung ja auch einmal darauf eingehen:

    1) Es ist ja inzwischen bekannt, dass die Geheimdienste auch der westlichen Welt alles abhören und über Sateliten auch alles beobachten, was von Interesse sein könnte. Kann es wirklich sein, dass es bei der Genauigkeit der Bilder, die die Spionagesateliten heutzutage angeblich liefern z.B. keine Satelitenbilder der fraglichen Szenerie gibt, auf denen man zweifelsfrei erkennen kann, wer die Raketen abschießt?

    2) Mich würde einmal interessieren, wie eigentlich andere Länder zur Syrienfrage stehen- Länder wie Brasilien, Indien, Südafrika und Indonesien- alles Länder die man jetzt nicht automatisch einem „Lager“ zurordnen kann. Vielleicht könnte die FR da auch mal berichten.

  10. Erstaunlich die Ruhe der Blogger.

    Bewegt sich denn nichts mehr im Blog seit der Ankündigung Assads, die Chemiewaffen kontrollieren lassen zu wollen? Heute sind Flüchtlinge aus Syrien in Hannover gelandet, auf dem Weg in eine friedliche Zuflucht.
    Vor diesem Hintergrund gewinnt Westerwelles Statement „Zitat des Tages vom 26.8.“ an Aussagekraft. So verkehrt war diese Formulierung gar nicht, egal, ob man Westerwelle mag oder nicht.

    zu # 8 Udo Schäfer
    Eine interessante Analyse. Es fehlt nur noch die Rolle der Türkei, auch eine nicht unbedeutende Regionalmacht auf dem Weg nach oben.

  11. @runeB
    Ich finde, Obama hat diesen Konflikt sehr klug gelöst, wenn auch mit dem Kompromiß, nur geächtete Waffen kontrollierbar zu machen, ohne bewaffnete Konflikte grundsätzlich als unmenschlich zu definieren. Er hat dabei die Rolle als Weltmacht neu definiert, im positiven Sinne.
    Ob es denn eine friedliche Zuflucht für die Flüchtlinge gibt, hängt davon ab, ob wir uns als stark erweisen. Solange Deutschland nicht in der Lage ist, 8 Millionen Flüchtende (andere Staaten proportional) ohne innere Konflikte zu verkraften, bleibt das Volk jeden Staates eine Geisel seiner Regierung und eine Geisel des inneren Widerstands.

    Ein paar Gedanken sollte man sich um den Begriff „Flüchtlinge“ machen, der mir allzu abwertend erscheint. „Friedensuchende“ wäre angemessen, wenn im „friedenbietenden“ Land tatsächlich auch Frieden zu finden ist. Dies hängt von der Fähigkeit ab, auch im Konflikt friedlich zu bleiben, eine Eigenschaft, die wir anderen Ländern gern vorschrieben, die uns selbst aber wegen einiger „Unfriedenstifter“ oft fehlt.

    Manchmal denke ich, daß es sinnvoll wäre, jeden „Friedensuchenden“ einen „Konfliktsuchenden“ einzutauschen.

    Man hätte dann ein Maß.

  12. Warum fängt man jetzt an Flüchtlinge aufzunehmen? Zumal das eh der falsche Weg ist. Nenneswerte Mengen an Flüchtlingen können und wollen wir nicht aufnehmen, da ist es egal ob wir 5000 oder 50000, wie von den Grünen gefordert, aufnehmen. Das Geld das man dafür ausgibt sollte man für die Flüchtlingsläger einsetzen um die Lebensbedingungen dort auf ein Mindestmaß anzuheben. Man würde damit viel mehr Menschen helfen, als wenn man letzlich ein paar aufnimmt. Wenn dieser Unsinn von Krieg dann vorbei ist hat man wieder das Probem die Flüchtlinge zurück zu bringen. Das kostet dann wieder Geld das man besser für den Wiederaufbau ausgeben würde u.s.w.

  13. „Die Ruhe der Blogger“ – verstehe ich so, dass wir, als normale Zeitungsleser, kaum einen Durchblick über das Geschehen im vorderen Orient haben.
    Vielleicht wissen auch manche Diplomaten dort nicht, was warum geschieht.
    Mir fällt nichts weiter ein : Ich bin gegen jedes so sinnlos erscheinende Blutvergießen. Hört auf damit !

  14. Wenn man vor einem Bürgerkrieg flieht, ist man ein Flüchtender oder eben ein Flüchtling. So abgrundtief verkehrt ist diese Bezeichnung nicht.
    Ob Deutschland in der Lage ist, 8 Millionen Flüchtlinge, ohne innere Konflikte auszulösen, aufzunehmen,dürfte eher dem Bereich frommer Wünsche zuzuordnen sein.

    Die Ruhe der Blogger erstaunt, denn das Spiel der Diplomatie beginnt jetzt erst richtig auf Hochtouren zu laufen. Vielleicht überschattet die bevorstehende Wahl in DE alles andere und lässt die Blogger (vorübergehend) verstummen.

    Assads Forderung, im Tausch gegen seine Chemie-Waffen (vermutlich auch Sarin) den vorderen Orient frei von Massenvernichtungswaffen zu machen, schließt die Forderung nach Beseitigung israelischer Atomwaffen ein. Zusätzlich sollen die USA auf einen militärischen Schlag verzichten.

    Eine Forderung, der die USA niemals werden zustimmen können und wollen. Das aber wissen wiederum Assad und die Russen ganz genau und letztere spielen sich jetzt als Friedenstifter auf.
    Also bleibt alles beim Alten? Spielt Asad wiederum im Verein mit Putin nur auf Zeit? Oder bewegt sich doch etwas? Wenigstens ein bisschen? Hoffentlich gibt es noch einen Funken Hoffnung auf eine Lösung des Konflikts, ohne einen endlos langen Krieg zu führen.

    Obama muss den Druck auf Assad aufrechthalten, die Drohung gezielt die Helicopterflotte der syrischen Armee auszuschalten, ist möglicherweise nur eine von mehreren Optionen.

    Zu #8 Udo Schäfer
    Eine Thermobombe zur Vernichtung von Chemiewaffen einzusetzen, ist eine gefährliche Illusion. Chemiewaffen lassen sich nur unter streng kontrollierten und beherrschbaren Bedingungen gefahrlos beseitigen. Dazu gehören u.a. vor allem abgeschlossene Reaktionsgefäße z.B. Verbrennungsöfen oder Autoklaven. Bedingungen, die der Einsatz einer Thermobombe nicht im Geringsten gewährleistet.

  15. Theoretisch ist das alles sehr einfach: Wenn einige einen Krieg veranstalten, muß man allen anderen eine Möglichkeit geben, sich dem zu entziehen.

    Wer siegt, ist ohnehin gleichgültig, da die neuen Machthaber sich erfahrungsgemäß nicht von den alten unterscheiden.

    Praktisch wäre dies wahrscheinlich auch billiger und einfacher, als Kriege zu führen. Leben kommt immer von Arbeit, nicht von Macht.

    Wenn die friedlichen Staaten den vernünftigen Menschen (Flüchtlingen) die Möglichkeit gäben, ihre produktive Kraft zu entfalten, würden alle Aggressoren sehr schnell verstehen, was sie verlieren. „Friedensuchende“ wäre angemessen, für die anderen wäre „Konfliktlinge“ oder „Dummbatze“ treffend.

  16. Bronski setzt die Überschrift Der Friedensnobelpreisträger will offensichtlich den Krieg, und es war ja auch sehr offensichtlich sehr gewollt. Obama schart eine Allianz aus Unterstützern zusammen und rasselt kräftig mit dem Säbel, schickt sogar ein Kanonenboot ins östliche Mittelmeer, angebliche eindeutige Beweise für Assads Schuld werden präsentiert und erwecken ein weltweites Deja-vu. Hat nicht der Irakkrieg mit ebenso zweifelhaften und letztlich erlogenen Beweisen angefangen?

    Und dann verluscht sich die ganze Kriegstreiberei in Zweifeln an den Urhebern des Mordangriffs, in Wartepositionen und einer ganz offensichtlich geäußerten Unlust des amerikanischen Volkes an einem neuen Kriegsabenteuer mit ungewissem Ausgang im Nahen Osten. Die Russen fühlen sich endlich zum Handeln genötigt, und nach einem sehr plakativ durchs Restaurantfenster gefilmten Abendessen der Außenminister Kerry und Lawrow ziehen sich die Amerikaner diskret zurück und der Spiegel verkündet, Obama beuge sich russischem Druck.

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-obama-kommt-russland-entgegen-a-922212.html

    Da bleibt zu fragen, wie ernst die Säbelrasselei Obamas und seiner Verbündeten wirklich war, ob nicht der angekündigte Kanonendonner nichts als Theaterdonner war. Die Intervention einer westlichen Allianz hätte einen sehr wahrscheinlichen Flächenbrand im Nahen Osten versacht, der die lebenswichtige Ölversorgung des Westens gefährdet hätte. Die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen seitens Israel gegen eine wahrscheinliche antiisraelische Aggression des Irans war extrem hoch. Letztlich wäre eine Radikalisierung der gesamten muslimischen Welt gegen den sowieso argwöhnisch beäugten bis verhaßten Westen die Folge.

    Und das alles wegen letztlich einer geopolitisch und geostrategisch als Kollateralschaden eingestuften Giftgasattacke mit grad mal einer Handvoll Toten in einem Bürgerkrieg, der zwar grausam ist, aber die genuinen Interessen der USA und Europas nicht wirklich berührt – vor allem nicht die wirtschaftlichen. Das klingt brutal und zynisch, ist aber letztlich das machtpolitische Kalkül. So war die Drohkulisse nichts anderes als eine Erziehungsmaßnahme gegen Assad und die Rebellen, sich doch zukünftig wieder wie zivilisierte Menschen zu verhalten und sich gegenseitig konventionell abzuschlachten, aber bitte nicht weiter mit den geächteten weapons of mass destruction. Da wäre man dann auch gerne behilflich und würde die Streithähne freundschaftlich mit Waffen alimentieren, die Russen den Assad und die Amerikaner die Rebellen.

    Und morgen wird ein neues Drama auf der weltpolitischen Bühne gegeben.

  17. Angesichts der in der heutigen FR abgedruckten Blog-Beiträge möchte ich kurz zu RuneB und maderholz Stellung nehmen. „Die Ruhe“ im Blog zum Thema Syrien habe (auch) ich eher als Zeichen der Ratlosigkeit empfunden. Wir können einfach all die Informationen, die wir aus Medien, Internet etc. bekommen, nicht unhinterfragt in unsere Auseinandersetzung übernehmen. Man kann zwar – zu Recht – über den zähen, unbefriedigenden, nicht sehr menschenfreundlichen Umgang mit den Flüchtlingen diskutieren. Man kann hinterfragen, warum unsere „Staatsgewalten“ in den reichen Ländern (ausgenommen Schweden) so „zimperlich“ sind. A b e r hinter die Kulissen dessen, was in Syrien geschieht und wer die Fäden des immer schwerer zu entwirrenden Knoten webt – das scheint mir von Tag zu Tag komplizierter zu durchschauen.
    Im August gab es in der FR eine interessante Buchbesprechung des neuen Werks von Jürgen Todenhöfer „Du sollst nicht töten“. Ich habe das Buch gleich in Angriff genommen und bin gerade im letzten Viertel angelangt. Sehr bemerkenswert und brandaktuell finde ich das mir gerade vorliegende Kapitel „Der syrische Knoten“ – ab Seite 302. Todenhöfer versucht dieses komplexe Thema zu erklären, ohne zu dozieren… Und just nachdem ich die Blog-Kommentare in der FR gelesen hatte, stieß ich auf dieses Kapitel. Ich empfehle es allen, die sich wirklich informieren wollen und nicht hilflos zwischen unzähligen Interpretationen in den Medien hinundherschwanken. Es verleitet zum Nachdenken, Zurückhaltung zu üben statt einfach mitzureden, um dabei zu sein…Und weniger denn je lasse ich mich von Sensationsmeldungen beeindrucken…

  18. Eine Differenzierung der vielen Informationen, die zum Syrienkonflikt verfügbar sind, ist zweitrangig, vielleicht sogar bedeutungslos.
    Schon der Versuch, die Konflikte zu verstehen, ist mittlerweile Teil militanten Kalküls. Verstehen ist nicht mehr die Lösung.
    Es ist für die Welt und den FR-Leser in keiner Weise von Bedeutung, wer wo welche Fäden zieht oder das gar zu verstehen. Sie werden dadurch nur zu weiteren Geiseln des Konfliktes gemacht. Es geht nicht darum, sich mit dem Krieg zu beschäftigen, sondern darum, Frieden zu ermöglichen.

    In erster Linie geht es darum, die Friedlichen dem Konflikt zu entziehen. indem man ihnen attraktive Unterbringung, beste Versorgung und Umsorgung gewährt. Der Effekt wird sein, daß sich viele Opfer an den Kopf greifen, wenn sie Teil fremder Konflikte werden und sich sagen werden: „Blöd bin ich nicht, solange ihr schießt, gehe ich shoppen!“.
    Den unbedeutenden Siegern der Konflikte wären dann bloß noch die Kosten der Unterbringung der Friedensuchenden in Rechnung zu stellen und Rohstofflieferungen mit den Friedenslieferungen zu verrechnen, inklusive Taschengeld, Kleidergeld und Kulturetat.

    Und dann, wenn die Sieger ihre Rechnungen nicht bezahlen, dann ist es Zeit für Obamas und Putins Mahnung.

  19. BvG Sie wissen vermutlich, dass die regierungstreuen Syrerinnen und Syrer sich genauso verhalten- sie gehen shoppen, versuchen soviel Normalität wie möglich herzustellen. Es ist gut, dass Putin und Obama jetzt zusammen arbeiten und den Krieg beenden wollen. Ich hoffe, es klappt. Ich wünsche ihnen Erfolg. Die Al Kaida Leute werden ja wohl versuchen, das zu verhindern. Aber ich hoffe die westlich demokratische Opposition sieht ein, dass mehr als dies Remis nicht drin ist. Denn diese syrische Bevölkerung, ob sie nun shoppen geht oder stiften, sie kann einem leid tun. So ein Bürgerkrieg…! Mann, Mann, Mann, wenn sie den zuende bringen, dann sollte man Putin auch den Nobelpreis geben. Obama hätte seinen dann wirklich verdient. Oder auch Kerry, großartig, dieser Trick, den Ausweg so nebenbei dahin zu nuscheln. Herrlich, wie beim Mauerfall, Schabowski hat stilbildend gewirkt, will mir scheinen.

  20. Verstehen ist selbstverständlich nicht die Lösung, das was es noch nie. Es ist jedoch ein entscheidender Schritt in Richtung einer Lösung. Bewußtes Nichtverstehen, um sich einem Thema zu entziehen, ist schlicht Ignoranz. Dazu gehört auch zu verstehen, daß das Gerede vom Frieden und die Suche nach Frieden widersinnig ist, weil damit immer auch ein Krieg mitschwingt oder beschworen wird. Ich schrieb dazu am 7. Mai schon einmal das folgende:

    Frieden suche ich nicht, weil Frieden eine der großen Lügen ist. Der Begriff Frieden, wie wir ihn kennen, definieren und benutzen, ist untrennbar mit seinem Gegenstück Krieg verbunden. Beide bilden ein Gegensatzpaar, eine Dichotomie, das nur miteinander existieren kann. Wer Frieden sagt, meint auch automatisch Krieg. Frieden ist Krieg und Krieg ist Frieden. Machen Sie die Probe und fragen in einer größeren Runde, was den Leuten spontan zum Wort Frieden einfällt.

    http://www.frblog.de/berichten-sie-religionskritisch/#comment-40462

  21. @EvaK
    „Verstehen ist selbstverständlich nicht die Lösung, das war es noch nie. Es ist jedoch ein entscheidender Schritt in Richtung einer Lösung.“

    Das ist fraglich.

    “ Bewußtes Nichtverstehen, um sich einem Thema zu entziehen, ist schlicht Ignoranz. “

    Das ist, was sie unterstellen. Ich entziehe mich dem Thema nicht und ignoriere auch nichts. Realitäten wahrzunehmen oder sich ihnen zu unterwerfen, ist ein großer Unterschied.

    „Dazu gehört auch zu verstehen, daß das Gerede vom Frieden und die Suche nach Frieden widersinnig ist, weil damit immer auch ein Krieg mitschwingt oder beschworen wird. “

    Das halte ich für Unsinn.

    Das folgende Selbstzitat wiederhole ich nicht. Es zeigt aber eine pessimistische und meiner Ansicht nach verdrehte Sicht der Dinge, die Orwell thematisiert.
    (http://de.wikipedia.org/wiki/1984_%28Roman%29#Krieg_ist_Frieden)

    Die Lösung ist nicht, die vorgebliche Dichotomie von Krieg und Frieden pseudorealistisch zu akzeptieren, sondern sie (oder ihre Vorgeblichkeit) zu durchbrechen.

    „Machen Sie die Probe und fragen in einer größeren Runde, was den Leuten spontan zum Wort Frieden einfällt.“

    Genau das habe ich mit dem Satz „Es geht nicht darum, sich mit dem Krieg zu beschäftigen, sondern darum, Frieden zu ermöglichen.“ angesprochen.

    Den Frieden der Stärkeren gibt es nur durch den Sieg der Stärkeren. Wirklichen Frieden gibt es nur durch die allgemeine Solidarität der Friedlichen. Dies ist eine Frage der Mehrheit der Friedlichen und der wirtschaftlichen Kraft des Friedens. Diese gilt es herzustellen (siehe oben).

  22. Wenn Sie schreiben, die Lösung sei nicht, die Dichotomie von Krieg und Frieden zu akzeptieren, sondern sie zu durchbrechen, dann haben Sie doch schon was verstanden. Das Sie das zur Diskreditierung meiner Sichtweise mit Begriffen wie pseudorealistisch und vorgeblich verbrämen, habe ich von Ihnen nicht anders erwartet. Aber Sie durchbrechen die Problematik nicht, sondern fahren weiter auf der alten Schiene und benutzen die besetzten Begriffe voller Unbekümmertheit, als sei nicht weiter geschehen, behatten sogar noch darauf. Damit erreichen Sie allerdings keine Lösung, sondern alles bleibt beim alten. Dabei ist es wichtig, herkömmliche und festgefahrene Begriffe erst einmal zu dekonstruieren, um die ihnen innewohnende Lüge zu erkennen und offenzulegen. Das ist besonders bei einem Wort wie Frieden der Fall. Das ist – wieder einmal – die Sache vom Vordergrund und von Hintergrund. Sie bleiben im Vordergrund.

  23. Taj, offensichtlich gibt es hier keinen Dritten, der sich freut, wenn wir zwei uns streiten, und da Sie offensichtlich auch nicht nach Lösungen suchen, sondern nur Recht haben wollen, kann hier ebenso Amen sagen wie in der Kirche, dann bleibt alles beim ALTEN.

  24. seltsam…die sprachlich-ausgefeilten-sprachlosmachenden-inspirierenden-dennoch-eherzurückhaltungsübend-animierenden auseinandersetzungen (oder sollte man sagen: wort-satz-gesprenkel?) in diesem auf wenige teilnehmer reduzierten kreis machen es neu hinzu gekommenen, interessierten nicht gerade leicht einzusteigen… man hat eher das gefühl, erschlagen zu sein. um was geht ’s in diesem blog? konstruktive beiträge oder nabelshow? anregung oder abhaken. vielleicht bin ich ja zu spät in diesen kreis eingetaucht. aber wenn der erste eindruck stimmt, werde ich vermutlich nicht lange mithalten können.
    na, jetzt gibt es sicher gleich wieder einen rhetorisch hervorragend und ausgefeilten kommentar. bonne nuit!

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