Sicher sind nur die Mehrbelastungen

Und sie zofft sich weiter! Der schwarz-gelben Wunschkoalition in Berlin will und will es nicht gelingen, mit einer Stimme zu sprechen. Angela Merkel bekommt ihre Lausbuben nicht in den Griff. Mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat sie ein spezielles Problem, seit er Staatsgarantien an Opel rasch eine Absage erteilte, was offenbar gegen Merkels politischen Willen geschah. Jetzt ist Brüderle wieder vorgeprescht, er will die Rentengarantie abschaffen. Merkel dazu prompt: Njet!

Diese Rentengarantie, 2009 erst von der Großen Koalition beschlossen, soll ein Absinken der Renten verhindern. Bisher galt: Die Entwicklung der Renten ist an die der Löhne gekoppelt; sänken letztere, müssten auch die Renten sinken. Doch die gut 20 Millionen Rentner in Deutschland sind eine riesige Wählergruppe – allerdings wohl eher nicht FDP-affin, sonst hätte diese Klientelpartei diesen Vorschlag vermutlich nicht gewagt.

Die Rentengarantie also. Ein komplexes Thema, eigentlich viel zu komplex für hitzige Debatten im Sommerloch. Trotzdem geht es seitdem hoch her zwischen FDP und CDU/CSU. Die Fronten verlaufen quer durch die Parteien. Dass die Arbeitgebervertreter Brüderle beispringen, wird niemanden überraschen. Eher schon – jedenfalls angesichts von Merkels Ruhe-Ermahnungen – der Beistand aus der CDU selbst. So der Unions-Vizefraktionschef Michael Fuchs zur FR: „Wenn Arbeitnehmern Lohnkürzungen zugemutet werden, müssen Rentnern auch Rentenkürzungen zugemutet werden.“ Es könne nicht sein, dass nur Arbeitnehmer durch die Krise belastet würden. Die Rentengarantie sei eine „Politik zulasten der jüngeren Generation“. Und der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß in der Rheinischen Post: „Das Kriseninstrument Rentengarantie kann es nicht geben. Wir müssen wieder zur Normalität zurück. Die Schutzklausel hat verhindert, dass die Westrenten in diesem Jahr um ein Prozent gekürzt wurden.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dagegen forderte ein Ende der Diskussion um die Schutzklausel: „Mit dieser Gespensterdebatte muss sofort Schluss sein. Eine Abschaffung der Rentengarantie kommt für die CSU überhaupt nicht infrage.“ In der Rentenpolitik brauche es «Verlässlichkeit und keinen Schlingerkurs“. Genau dieser Schlingerkurs aber scheint zum Markenzeichen der Berliner Wunschkoalition zu werden.

Peter Zimmermann aus Ottendorf-Okrilla meint:

„Brüderle hat Recht. Die Renten„garantie“ ist die Aufkündigung des generationenübergreifenden Solidarpaktes. Wenn man möchte, dass Renten nur steigen, nie sinken oder stagnieren, müsste man die Rentenzahlungen an die Höhe der Zinserträge der Vermögenden koppeln, nicht an die Einkommen der Arbeitenden.“

Friedrich Grimm aus Weinsberg:

„Insofern hat Herr Brüderle Recht: Was ausgegeben werden soll, muss erst erwirtschaftet werden. Seine Denkfehler, und die sind gravierend, möchte ich nur kurz anschneiden. Da wären einmal die teuren Klientelgeschenke. Mit wessen Geld, Herr Brüderle, wird denn das bezahlt? Dann kämen da die überzogenen Pensionen vieler, vor allem hochrangiger Beamter, die mehr als doppelt so hoch sind wie eine einfache Arbeiterrente, und das, obwohl von diesen „Staatsdienern“ nie eine müde Mark dafür zurückgelegt wurde.
Der Großteil der heutigen Rentenbezieher verfügt weder über Weihnachts- oder Urlaubsgeld geschweige denn über regelmäßige Erhöhungen. Sicher dagegen sind die ständig steigenden Mehrbelastungen durch Krankengeld und Pflegeversicherung.
Herrn Brüderle und seiner gesamten Partei schlage ich vor, die vollkommen unnötig neu eingerichteten Stellen für Staats- und sonstige Sekretäre abzuschaffen, die  aus reinen Versorgungsgründen „treuer“ FDP-Mitstreiter geschaffen wurden. Und wenn wir das dann auf alle anderen Parteien übertragen könnten, dann hätte der Staat wieder etwas mehr Luft.“

Horacio Staché aus Hünfeld:

„An den Qualifikationen mancher FDP-Minister zur Lösung der  von ihnen übernommenen Aufgaben  ist ohnehin manchmal zu zweifeln, aber dass der Bundeswirtschaftsminister solch eine Aussage macht, taugt noch nicht einmal als Füllwitz für das Sommerloch.  Ich will ihm zugutehalten, dass er sich in Sorge um den Bundeshaushalt befindet und nach Kosteneinsparungen sucht, was schließlich bitter nötig ist. Ich habe ihm daher einen Brief mit den nachstehenden Vorschlägen geschrieben, deren Realisierung sofort zur Einsparung von  mehreren Milliarden Euro führen kann:
1.  Auflösung des Regierungssitzes Bonn;
2.  Auflösung aller nach der letzten Wahl zusätzlich geschaffenen Ministerialabteilungen;
3.  Entlassung sämtlichen überflüssigen Personals in den Bundesministerien,     zumindest aller neu eingestellter Staatssekretäre, wobei die Auswahl     hierfür durch qualifizierte Rentner erfolgen kann;
4.  Übertragung durchgreifender Vollmachten an Bundes- und Landesrechnungshöfe,     damit die Verschleuderung von Steuergeldern gegenüber den Verursachern     sofort und spürbar geahndet werden kann, und zwar angefangen in den     Bundesministerien bis hinab zu den Bürgermeisterämtern;
5.  Nullrunden für alle Gehälter der Bundesminister samt deren Personal      sowie für Diäten der Abgeordneten, bis die enorme Staatsschuld, welche     den Bürgern Deutschlands zum gegenwärtigen Zeitpunkt zugemutet wird, abgebaut worden ist.“

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7 Kommentare zu “Sicher sind nur die Mehrbelastungen

  1. Das Problem ist nicht die Rentengarantie sondern die sinkenden Löhne. Wenn man zuläst das über Leiharbeit und Befristung von Arbeitsverhältnissen Druck auf die Löhne ausgeübt wird, darf sich niemand wundern das die Renten auch unter Druck geraden.

  2. Warum gibt es denn diese Probleme? Brüderle meint, dass die heute Arbeitenden von der produktivitätssteigerung ebenso abgekoppelt werden sollen wie es derzeit geschieht. Außerdem ist die Beitragsbemessungsgrenze ein Grund für die Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung. Ein weiterer Grund für die fehlenden Finanzmittel sind die Anteile der Finanzierung der Renten, die mit der Einheit zu tun hat. Das sind politische Lasten, die der Staat zu tragen hat. Als Kohl die regierungsgeschäfte übernahm, mussten die Renten- bzw Krankenversicherungen 3 Monatsbeiträge ihrer Versicherten vorhalten. So war es gesetzlich geregelt. Das ist heute nicht mehr der Fall. Es wird Zeit, dass alle Einkommen in voller Höhe zur Finanzierung der Renten herangezogen werden.

  3. Gut lanciert ins Sommerloch – könnte man sagen, – auch wenn diese Diskussion und Argumentation hirnrissig ist.
    Aus einem warmen Nest, mit gerade erhöhten Bezügen, kann man als Minister (Brüderle) und Ministerpräsident (Tillich) gut argumentieren! Zuerst sollte man seinen eigenen Gürtel einmal kräftig enger schnallen, bevor man woanders oder bei Anderen diesen versucht noch strammer anzuziehen.
    Was soll man als junger Mensch mit einem Volontariats- oder Teilzeitvertrag oder einer Praktikantenstelle oder Zeitvertrag denn da noch über 40 bis 50 Jahre an Rente einplanen? Selbst bei Riester und Lebensversicherungsverträgen hat die Poliltik die Renditen ja während der Laufzeit in den letzten Jahrzehnten kräftig um zweistellig Prozent verringert und auf Bestandsschutz KEINE Rücksicht genommen (Erhebung von Krankenkassenbeiträgen auf 10 Jahre!!!).
    Diese Art der wieder angestoßenen Diskussion ist überhaupt nicht zielführend und verunsichert jeden potentiellen Lebensentwurf und produziert zusätzliche Versorgungslasten, da man besser jetzt „lebt“ als nachher sich zu ärgern, wegen von der Politik kaputtgekürzten Erwartungen!
    Jeder der jetzt im Rentenalter oder Rentner ist, hat seine Lebensleistung abgeliefert, viele mit über 45 Jahren Arbeitszeit und / oder Rentenzahlzeiten. Es ist eine Schande, wenn dann sich überversorgte Politiker immer wieder hinstellen und genau bei den Rentnern kürzen wollen und damit gerade damit die Überlegungen der Jungen im Vorsorgebereich torpediert!
    Ich kann mich an Zeiten erinnern, da war nicht nur die Rente absolut sicher, sondern horrende Überschüsse vorhanden. Wer hat die verspielt (nicht nur zur Wiedervereinigung!) – doch wohl genau dieselben Leute, die jetzt lauthals „haltet den Dieb“ rufen, um von ihrem eigenen Unvermögen und der Veruntreuung anvertrauter treuhänderisch zu verwaltetenden Gelder abzulenken! …. und weiterhin eigene Klientel-Politik unterstützen zu können! Gerade die „Mövenpick-Partei“ sollte sich da heraushalten!

  4. Der erste vernünftige Satz von Brüderle, und schon wird er zerissen. Die so genannte Rentengarantie war ein Wahlgeschenk, nicht weiter. Und an Unsinnigkeit kaum zu überbieten.

    Das Desaster des deutschen Rentensystems zeichnet sich spätestens seit den 70er Jahren ab. Seit Mitte der 60er haben wir rückläufige Geburtenraten bei steigenden Rentenbezugszeiten (fast verdoppelt!). Aber keine Regierung hat sich dieses Problems ernsthaft angenommen. Die Belastungsgrenze von Arbeitnehmern (und Arbeitgebern) ist längst erreicht oder gar überschritten. Ein völlig neues, weitgehend kapitalgedecktes System muss her. Mehr Verantwortung zu Eigenvorsorge. Aber niemand aus der Politikergarde traut sich aus der Deckung. Stattdessen kauft man Wählerstimmen und behauptet weiterhin, die Renten seien „sischää“

  5. @ Napez:
    Ich gebe Ihnen weitgehend recht. Allerdings liegt ein Problem der kapitalgedeckten Systeme auch auf der Hand – bei einer Geldentwertung bleibt nichts übrig.

  6. Die seinerzeit von Bismarck eingeführte Sozialversicherung basierte auf Kapitaldeckung, war also nichts anderes als Zwangssparen. Trotzdem hat dieses System Wirtschaftskrisen und Währungsreformen überlebt. Bei Umstellung auf das aktuelle Umlagesystem (1957) ging man, wie wir heute wissen, fälschlicherweise davon aus, das die Geburtenraten konstant sind und bleiben.

    Die Problematik der Kapitaldeckung ist mir durchaus bewusst. Mir schwebt auch eher ein der Schweiz vergleichbares System vor, nämlich eine steuerfinanzierte Grundrente, eine Betriebsrente sowie Eigenvorsorge. Durch geschickte Anlagestrategie kann man das Wetverlustrisiko zumindest minimieren.

    Die ganze Diskussion um das Renteneintrittsalter zeigt doch die Notwendigkeit eines Systemwechsels. Die Umlagefinanzierung ist nicht mehr bezahlbar.

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