Es ist noch nicht vollbracht

Mit der Bundestagswahl ist es noch nicht getan, eine neue Regierung bildet sich noch nicht eindeutig ab. Merkel rauscht mit ihrer CDU knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Die FDP ist nicht mehr dabei. Gibt es jetzt also Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün, oder wird Merkel eine Minderheitsregierung wagen müssen?

Heinz Abraham schreibt:

2005 hatte die SPD erklärt, sie sei nur mit der CDU zusammengegangen, weil der Wählerwille das so wollte. Die SPD-Wähler sahen dies nicht so, weil vorher anderes erklärt worden war. Ihre Stimmen wurden also gegen ihre Absicht verwendet. Aber Opposition gilt ja als nutzlos in der Führungsriege der SPD.
Die Quittung erhielt sie 2009 mit einem grottenschlechten Stimmenanteil, auch als Reaktion der Stammwähler wegen Schröders Hartz-IV-Reform. 2013 war es erneut so, dass vor der Wahl nicht auch nach der Wahl sein sollte. Wozu SPD wählen, wenn man nicht zusätzlich an der Urne für oder gegen Koalitionen abstimmen kann, oder wenn kein Wahlgesetz existiert, das solche beliebige Verwendung von Ergebnissen entgegen klarer Wahlversprechen verbietet oder ausschließt!?
Auch diesesmal also nicht Opposition mit Erneuerungsbestrebungen, sondern den Kabinettstisch, die Ministergehälter und die Aufweichung eherner Vorhaben und Versprechen. Und da fragen manche, wo die Enthaltungen und die Nichtwähler herkommen? Dem Ansehen der Demokratie hat die SPD nicht genützt.
Die Linkspartei hat in Länderparlamenten beim Mitregieren mehrfach gezeigt, dass auch sie für schmerzliche Kompromisse offen ist, wenn es ernst wird. Eine linke Mehrheit für zum Beispiel Soziales, Steuergerechtigkeit und gegen Neoliberalismus konnte man erkennen, wenn beim Wahlomat die Übereinstimmungen von SPD und Linker innenpolitisch zu erkennen waren. In Koalitionsverhandlungen hätte man ringen und sich einigen können. Man wollte aber nicht, weil Steinmeier, Steinbrück, Scholz und andere Rechte in der SPD im Grunde lieber die Anerkennung durch die Wirtschaft und durch die Ideologen der liberalen Marktwirtschaft erstreben. Wovon sind sie als Parlamentarier eigentlich unabhängig? Vom Wählerwillen und, sofern vorhanden, vom im Grundgesetz erwähnten Gewissen.

Also die SPD solle sich hüten, wieder in die falsche Richtung zu laufen. Ein anderer Leser beklagt, dass es keine Partei gebe, die verlässlich ökosoziale Politik betreibe.

Michael Lübbers schreibt:

In Deutschland grassieren seit Jahrzehnten die Armut und der Reichtum. Immer mehr Menschen können sich immer weniger leisten. Gleichzeitig werden enorme Mengen Geld von unten an sehr wenige Reiche nach oben verteilt.
Es droht weiterhin ein globaler Klima-Gau durch zunehmende Treibhausgase. Und die radioaktiven Lecks im Kernkraftwerk Fukushima sind nicht zu stopfen. Zeitgleich laufen in Deutschland unnötig viele Atom- und Kohlekraftwerke.
Die Wähler in Deutschland lehnen mehrheitlich in Umfragen die zunehmende Einkommensschere und die Umweltzerstörung ab. Aber sie finden keine Partei, die die Probleme mithilfe einer ökosozialen Marktwirtschaft lösen könnte. SPD und Grüne erzielten dramatisch schlechte Ergebnisse bei der abgelaufenen Bundestagswahl. Links von der CDU gibt es also keine glaubwürdigen ökosozialen Parteien. Denn SPD und Grüne glorifizieren auch in der Niederlage immer noch die absolut asoziale und unökologische Agenda 2010.
Spätestens jetzt ist es eigentlich für jeden leicht zu erkennen: Neoliberalismus ist asozial und zerstört unsere Umwelt. Er hat deshalb in ökosozialen Parteien keinen Platz! SPD und Grüne: Schmeißt endlich die Neoliberalen aus euren Parteien raus! Und fangt oben an der Spitze an! Für diese Leute gibt es genügend Platz rechts von SPD und Grünen. Und distanziert euch endlich von der asozialen Politik der rotgrünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder!
(Material dazu findet man in den Büchern „Machtwahn“ und „Die Reformlüge“ von Albrecht Müller.) Deutschland und die Welt stehen vor drängenden Problemen. Wir brauchen deshalb kraftvolle ökosoziale Parteien. Ökologisch und sozial!

Und wieder ein anderer Leser empfiehlt Rot und Grün, in die Opposition zu gehen.

Friedrich Gehring schreibt:

Stephan Hebel meint in seinem Kommentar, Angela Merkel stehe nun „einem starken linken Lager gegenüber“. Tatsache ist doch aber, dass sie mit einer linken Mehrheit konfrontiert ist. Sie hat sich durch ihren Wohlfühlwahlkampf derart selbst eingelullt, dass sie unter Verlust ihrer bisherigen Stärke, des Machtinstinkts, die Zweitstimmenkampagne für die FDP verneinte, ganz auf ihre Beliebtheit setzte und damit ihre schwarzgelbe Mehrheit verspielte. Steinbrück konnte so am Wahlabend genüsslich feststellen, dass sie nun erst eine Mehrheit suchen muss. Hebel meint, Merkel regiere nun „unbehelligt weiter“ und die SPD habe es „ungleich schwerer“ als bisher, „sich aus den selbstgemachten Fesseln zu befreien“.
Aber wenn die von der Kanzlerin als Koalitionäre umworbenen Roten und Grünen schlau sind, dann stellen sie unannehmbare Forderungen, um die Verhandlungen platzen zu lassen und Merkel als geschäftsführende Kanzlerin in eine Minderheitenregierung mit Seehofer zu zwingen. Dem kann sie leicht die Ausländer-PKW-Maut zugestehen, der im Bundestag acht Stimmen fehlen. Ihre Ohnmacht wird sich schnell erweisen, wenn Rot-Grün mit den Linken den flächendeckenden Mindestlohn, die Steuererhöhungen für Superreiche, die Rücknahme der Strompreisgeschenke an steinreiche Unternehmen wie Saarstahl, das Ende der Zweiklassenmedizin und eine zügige Energiewende beschließt.
Rot-Grün könnte sogar die Deutsche Bahn AG per Gesetz zwingen, sich an das Aktienrecht zu halten und dem Milliardengrab Stuttgart 21, Merkels heiliger Kuh des Neoliberalismus, ein Ende setzen. Das wären dann hessische Verhältnisse mit Angela Merkel als Sekretärin linker Politik. Die SPD umginge dabei die Ypsilantifalle, denn Gabriel konnte am Wahlabend süffisant lächelnd dabei bleiben, dass es in der neuen Legislaturperiode keine Koalition mit der Linken geben wird.
Alle Welt wird erkennen können, dass Opposition nicht Mist sein muss, wenn sie die Mehrheit hat. Bis zur nächsten Wahl wird sichtbar sein, dass mit der Linken gute Gesetze zu machen sind. Dann ist sie aus der Schmuddelecke heraus. Und der Wahlabend am 22. September 2013 wird in die Geschichte eingehen als verfrühter CDU-Jubel.

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73 Kommentare zu “Es ist noch nicht vollbracht

  1. Die Ausführungen des Friedrich Gehring sind so utopisch nicht. Ich finde, auf diese Art könnte eine Opposition mal zeigen, wie man gegen eine selbstherrliche Regierung regieren kann !
    Das wäre ein großer Verdienst für die Demokratie und den Wählerwillen.

  2. Es stimmt, Merkel ist im Parlament mit einer linken Mehrheit konfrontiert. Festzuhalten wäre allerdings auch, daß insgesamt die linken Wähler in der Minderheit sind (ca. 45% gegenüber 51%, die sog. „sonstigen Parteien“ allerdings dabei nicht aufgedröselt und mitgerechnet). Aber dieses Detail mag Linke nicht besonders stören beim Ausarbeiten ihrer Strategievorschläge, denn schließlich steht links ja für das Gute, Schöne, Wahre… und die andern eben für das Gegenteil.

  3. @ Max Wedell :

    Na,ja,denken nicht alle Parteigänger so, dass sie für „das Gute“ eintreten ? Ich finde, das sollte man den „Linksdenkenden“ nicht vorhalten.
    Übrigens, entscheident in einem Parlament sind eben nun mal die gewonnenen Sitze, nicht mehr die abgegebenen Stimmen…

  4. Die „Linksdenkenden“ beanspruchen jedoch die „Guten“ zu sein.
    Eine Vermögenssteuer wird die Mieten erhöhen. Das nur am Rande.

  5. @runeB: Vorsicht, Sie bewegen sich mit solchen Behauptungen auf dünnem Eis. Es könnte sein, daß Sie bei bestimmten Blognutzern an tiefe Gefühle rühren und einen Aufschrei provozieren, mit dem Sie schnell als unredlicher Mensch gebranntmarkt werden. Das hatten wir schon mal Anfang Juli.

    Übrigens ist es doch wohl eher so, daß die als rechtsdenkend geltenden Konservativen sich als die Bewahrer des des Wahren, Schönen und Guten sehen, während sie die Linksdenkenden doch eher als die mit teuflischer Fratze daherkommenden Unterwanderer, Zersetzer und Zerstörer aller heiligen Werte der christlich-bürgerlichen Gesellschaft darstellen.

  6. Daß wir in einem System leben, daß die Wahlberechtigten zuerst nötigt, zur Wahl zu gehen, unter dem Motto: „Jede Stimme zählt“, um dann anschließend die Wahlstimmen von ca. 6,6 Mio. Menschen so zu behandeln, als wären sie nicht abgegeben worden, also praktisch zu annulieren („Jede Stimme zählt… doch nicht… ätsch“), sodaß es im Parlament zu nicht repräsentativen Verhältnissen kommt, will ich ja nicht abstreiten. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß diese Annulierung bestimmter Stimmen in der parlamentarischen Praxis nicht dazu führen sollte, sich einzubilden, es gäbe im Lande bei den Wählern momentan eine linke Mehrheit.

    Es ist ja wirklich nicht aus der Luft gegriffen, daß Linke sich so etwas jetzt einbilden, als Beispiel sei Jakob Augstein genannt, der gestern in seiner Spiegel-Kolumne schrieb: „In Deutschland festigt sich eine gesellschaftliche Mehrheit links der Mitte. Sie ist schmal, aber stabil.“ Wohlgemerkt, angeblich eine „gesellschaftliche Mehrheit“, nicht bloß eine „parlamentarische Mehrheit“. Hier ist, jedenfalls vorerst, der Wunsch der Vater des Gedankens. Aber woher kommt dieser Wunsch, der die Urteilskraft derart vernebelt, wenn nicht aus der Selbstgerechtigkeit heraus, das einzig „Gute“ zu vertreten? Mathematikschwäche?

    Was dieses Eintreten fürs „Gute“ angeht, so reklamiert das selbstverständlich nahezu jeder für sich… allerdings erkenne ich öfter mal deutliche Unterschiede zwischen Rechts und Links, was die Selbstgerechtigkeit angeht, mit der man die eigene Position vertritt. Mir ist z.B. nicht bekannt, daß von rechts her ein Wahlkampf einer demokratischen Partei derart gestört wurde wie von links der Wahlkampf der AfD, wo die Selbstgerechtigkeit bestimmter Linker sogar dazu führte, vor roher Gewalt nicht zurückzuschrecken.

  7. Vielleicht hätte Herr Festerling den Leserbrief von Friedrich Gehring („Seid schlau, lasst die Verhandlungen platzen“, FR vom 24.09.2013, S.18) lesen sollen, dann wäre sein heutiger Leitartikel zur Minderheitsregierung vielleicht weniger naiv ausgefallen.
    Die Tatsache, die Herrn Festerling entgeht, ist, dass die CDU/CSU im Bundestag eben keine Mehrheit hat. Und damit kann sie nicht „regieren“, sondern sie muss am Ende das ausführen, was das Parlament beschließt. Wenn man das will, wie Herr Festerling suggeriert, dann braucht man keine „Regierung“, das machen dann die Bürokraten in den Ministerien. Minister und Kanzler können wir einsparen bzw. sie sind nur noch Repräsentanten und Staffage, die sich ein Staat halt leisten muß, die „Royal Family“ für feierliche Anlässe.
    Leider entspricht die politische Realität nicht der „Hänschen- Klein-Vorstellung“, die bei Herrn Festerling mitschwingt: Politische Entscheidungen können nicht „Thema für Thema so gestaltet werden, dass die Regierung im Parlament eine Mehrheit für ihre Positionen findet“. Das würde das Parlament überfordern, da es sich mit Details befassen müsste, die in der Alltagsarbeit der Regierung täglich „politisch“ entschieden werden können, weil eben eine „Mehrheit“ hinter der Regierungsarbeit steht. Man denke –um nur ein Beispiel zu nennen- an Verordnungen, die die Umsetzung von Gesetzen regeln und natürlich „politisch“ entschieden werden: Sollen hier künftig die Lobbyisten nur noch mit den Beamten verhandeln, ohne dass es noch politische Verantwortung für die Entscheidungen gibt?
    Eine Minderheitsregierung ist eben KEINE Regierung, sondern die Herrschaft des Parlamentes. Das hat „basisdemokratisch“ gesehen, seinen Reiz, da es dem einzelnen Abgeordneten scheinbar die ihm grundgesetzlich garantierte Macht sichert, welche unter dem „Fraktionszwang“ immer wieder abhanden zu kommen scheint.
    Es ist nicht auszuschließen, dass es zunächst sogar dazu kommt, wenn SPD und Grüne sich so verhalten, wie Herr Gerling es beschreibt. Aber keine Regierung wird diese Unsicherheit, allein auf parlamentarische Entscheidungen angewiesen zu sein, länger als einige Monate durchhalten können und wollen.
    Aber eigentlich lenkt Herr Festerling ja die Diskussion in die falsche Richtung, da er gegen die Realität behauptet, der Wähler wolle „Angela Merkel soll Kanzlerin sein“: „Der Wähler“ will mehrheitlich, dass Deutschland künftig von einer Politik profitieren soll, die von SPD, der Linken und den Grünen gestaltet wird. Genauso wie man behaupten kann, CDU/CSU-Wähler hätten nur Merkel als Kanzlerin haben wollen, kann man feststellen, dass die hochgradige Übereinstimmung in vielen politischen Zielen eine Mehrheit der Wähler veranlasst hat, der Parteikonstellation „Rot-Rot-Grün“ die Stimme zu geben!
    Ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, dass die drei Parteien den Mut aufbringen, gemeinsam den Politikwechsel zu vollziehen, denn die Hinwendung zu einer sozialen Politik ist das, was die Mehrheit will und was Deutschland und Europa nützt.

  8. Soll Merkel ihre Peer haben, wenn sie den Volker von uns nimmt.

    So ein kleiner Deal zwischen Bundesland und Bund wäre ja angebracht, der Horst spielt ja auch den Zweitkanzler in seinem Ländchen.

    Also: Im Bund eine große Koalition mit der ohnenhin nicht mehr linken SPD-Führung (links ist nicht schon alles, was nicht Merkel ist), dafür ein Aufblasverbot für Seehofer und einen Wirtschaftsminister Bouffier, dafür in Hessen eine ohne Häme akzeptierte rotrotgrüne Koalition unter Führung von TSG, unnd Hannelore passt auf die Stones auf, damit die nicht wieder denselben Blödsinn verzapfen wie damals.

  9. Die AfD war also im Wahlkampf der rohen Gewalt selbstgerechter Linker ausgesetzt. Aha! Auf diesem Hintergrund ist wohl auch die „flammende“ Rede des AfD-Führers, Bernd Lucke, am Wahlabend zu verstehen. O-Ton Lucke: „Wir haben so viel an Entartung von Demokratie und Parlamentarismus in den letzten vier Jahren erlebt“. Der Herr Professor hat also, trotz der rohen, linken Gewalt, durch die er bedroht ist, kein Problem damit, tief in die Kloschüssel der Nazi-Begriffswelt zu greifen. Die AfD macht überhaupt höchst „innovative“ Vorschläge. Der AfD-Vordenker Peter Oberender (Universität Bayreuth) plädiert zum Beispiel dafür, dass Hartz-IV-Empfänger zur Verbesserung ihrer Finanzen ihre Organe verkaufen dürfen sollten, während das AfD-Vorstandsmitglied Roland Vaubel, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Mannheim, der „Unterschicht“ das passive Wahlrecht entziehen will.
    Herrmann Behrendt aus dem Landesvorstand NRW möchte u.a. für “falsche Migranten” und “Arbeitsscheue” die Interessenvertretung einschränken. Schon 2005 hat der Partei-Repräsentant Hans-Olaf Henkel bedauert, dass es in Deutschland kein Mehrheitswahlrecht gäbe, könnte dieses doch ein Linksbündnis verhindern. Usw. usw.. Ich höre jetzt lieber auf, zumal mir mal wieder übel wird. Aber klar doch, @Herr Max, diese „Herrschaften“ müssen vor der rohen Gewalt selbstgerechter Linker unbedingt geschützt werden, zumal sie doch Deutschland und die Deutschen in eine glorreiche Zukunft führen wollen. Amen!!

  10. Ich hatte gehofft, dass dieses Blog ein Forum sei, in dem auch mal ein Vorschlag – wie z.B. von Friedrich Gehring – ernsthaft diskutiert werden könnte. Als einfacher FR-Leser, der nicht über die große Möglichkeit verfügt, sich „Hintergrundwissen“ anzueignen, wie es m.M. die meisten der hier Schreibenden können.
    Also nochmal meine Bitte : Warum sollte eine Minderheitsregierung nicht mal versucht werden ?
    Warum sollte sich eine der geschädigten Parteien der Linksdenkenden wieder dazu hergeben, die große Merkel zu stützen ? Aus Staatsraison ? Weil das große Deutschland sich eine Minderheitsregierung unmöglich leisten kann ? Weil Europa dann auseinderfällt ? Weil unser Finanzwesen dann zerbricht ? Weil das tausende Arbeitsplätze kosten würde ?

  11. @ maderholz: Sie sprechen mir mit Ihrem Beitrag in jeder Hinsicht aus der Seele!
    Übriogens gibt es in diversen kritischen Medien weitere kluge, einleuchtende (und (nicht Schwafel-) Beiträge zum Thema „Minderheitsregierung“.

    Wie viele oder wenige Menschen machen von diesem Blog Gebrauch? Man hat den Eindruck, dass es sich bei manchen Themen um ein Insider-Kaffeekränzchen handelt, das nur noch Schlagabtausch macht. Täusche ich mich? Wo bleiben die anderen Beiträge?

  12. Mir fiel nach der Wahl der alte Sponti-Spruch ein: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, würden sie verboten werden.“ Und ein alter Ami hat schon am Ende des 19.Jahrhunderts gemeint, die Demokratie würde nur zum Einlullen der Massen so genannt. Was ist das auch für eine Volksherrschaft? Alle 4 Jahre mal 2 Kreuzchen machen. Ich bin auch diesmal nicht wählen gegangen, ich bin noch nie nach 1990 wählen gegangen (als „Ossi“ mußte ich…).
    Ich hätte mir auch diesmal gewünscht, alle Parteien wären mit 0,00% aus dieser Wahl gegangen. Denn dann hätten alle Politiker, Staatssekretäre ect. ihre Daseinsberechtigung mal erklären und nachweisen können. Das wäre lustig geworden. (Was da für immenses Geld verpulvert wird…z.B.)
    Alles Institutionelle hat den Drang zum Einschlafen und Versteinern, egal, ob Parteien, Kirchen oder sonstwas. Es gibt keine wirkliche Erneuerung auf diesen Ebenen – und es wird auch nach dieser Wahl keine Erneuerung geben. Paar Köpfe werden ausgetauscht, und das wars dann schon.
    Ich sage immer, wenn die Politiker (jeglicher Coleur) wahrhaftig daran interessiert wären, dass in unserem Land gesunde Verhältnisse entstehen, dann würden sie ihre Parteiabzeichen in die Mülltonne werfen und sich an EINEN Tisch setzen. Dann würde ich wahrscheinlich sogar wählen gehen. Nein, bräuchte ich ja dann nicht mehr…
    Alles andere ist und bleibt tiefstes Mittelalter: verkrustet, lobbygelenkt usw. Eben ein riesiger Kindergarten.
    Wen es nur nicht so ernst wäre…

    Erneuerung kann nur von „unten“ kommen, zeigen wir doch mal denen „da oben“, was Volksherrschaft bedeuten könnte. Viele Probleme wären schnell(er) lösbar, z.B. das der Finanzkrise. Schaut doch mal, wie das die Gemeinde Wörgl in Österreich Anfang der 30er Jahre (nach einer ebenso riesigen Finanzkrise!)geregelt hat! Nach 1 Jahr gab es keinen Arbeitslosen mehr usw.. Als das Kreise zog und 800 Gemeinden ebenso tun wollten, schritt die Österreichische Bundesbank ein – ja, warum wohl? Es gäbe einige andere Beispiele zu nennen.
    Schade, dass Zeitungen wie die FR kaum etwas zu möglichen Alternativen bringen! So wird Bewußtseinsbildung verhindert.

  13. Keine Angst vor „Hessischen Verhältnissen“

    Lieber Tarek, Lieber Torsten,

    Ich wolltet einen Politikwechsel in Hessen ! Und Ihr wolltet als weiteres Wahlziel unbedingt die Partei „die Linke“ aus dem Parlament raushalten !?

    Beides zusammen geht wohl nicht !

    Ist Euch klar, dass Ihr Euch bei den „Linken“ bedanken könnt, dass CDU / FDP ihre Mehrheit verloren haben – und jetzt mit Euch sprechen müssen (wie würden sich Bouffier und Hahn aufführen ohne die „Linken“ im Hessischen Landtag – sie würden auf eine Zusammenarbeit mit SPD / Grünen scheis… und arrogant durchregieren).

    Also: anstatt über „Hessische Verhältnisse“ zu jammern: nutzt die Chance auf eine neue Regierung und eine neue Politik. Die „Linken“ sind gar nicht so radikal und sektiererisch, wie immer beschrieen wird; sie haben 5 Jahre lang eine konstruktive Oppostionspolitik gemacht und die einzelnen Abgeordneten sind (im Gegensatz zu manchen Parteigängern in Berlin) ehrliche Leute, die in sozialen Bewegungen und Gewerkschaften verwurzelt sind und die durch viel weniger Skandale aufgefallen sind als die „Noch Regierungsparteien“.

    Nutzt Eure Chance ! Jetzt ! Ihr werdet in 5 Jahren an Euren Taten gemessen werden.

  14. @ 10, Stefan Schulze,

    Zum letzten Satz : Das stimmt so nicht ! Die FR bringt einige andere Alternativen ( siehe Eingang ),
    aber es sieht so aus, dass niemand sich ernsthaft damit auseinander setzen will. Immer nur das altbekannte…Bla, Bla…
    Deine Vorschläge in Ehren, aber so radikal geht das bestimmt nicht – außer durch Revolution oder Krieg – was sich niemand ernsthaft wünschen mag.
    Zu WÖRGL muss ich erst forschen. Oder stellst du noch Erklärendes hier ein ? Wäre fein !

  15. @ 6, Max Wedell,

    Man mag zur 5%-Hürde bei Wahlen nach den diesmaligen Ergebnissen durchaus Bedenken äußern. Aber eines sollte man sich immer vor Augen halten :
    Wer die Bedingungen nicht erfüllt, gehört nicht dazu, darf nicht mitspielen ! Er hat eben nicht genug Masse hinter sich gebracht…
    Das hat auch etwas für sich. Oder wollen wir eine z.B. „20%-Partei“, die sich mühsam vier bis fünf weitere kleine Parteien suchen muss, um eine Mehrheit zu bilden ? Wie stabil wäre das ?

  16. @maderholz
    Vielleicht ist ja auch A. Merkel froh, diese ewige Selbstdefinition der Koalitionspartner los zu sein. Eine Minderheitsregierung wäre zumindest insofern direkter, als sich die Parteien nur bei Entscheidungen miteinander beschäftigen müssen und nicht über die ganze Wahlperiode lang auf das Image und die Umfragewerte des „Partners“ schielen müßten.

    Bei einer Minderheitsregierung, so stelle ich mir vor, daß eine offenere, sachlichere und besser vorbereitete Arbeit möglich wäre, bei der allerdings auch die Entscheidungswege offener werden müßten. Das wird den Lobbyisten nicht so gefallen. Störend bis untragbar sind dann die „Machtpolitiker“,die nur das Scheitern der Regierung mit Blick auf den nächsten Wahltermin im Auge haben.

    Im besten Falle bliebe uns der permanente Wahlkampf erspart, im schlechten Falle würde er sich unerträglich auswachsen, aber das führt dann sowieso zu Neuwahlen.

  17. @maderholz
    Vielleicht ist ja auch A. Merkel froh, diese ewige Selbstdefinition der Koalitionspartner los zu sein. Eine Minderheitsregierung wäre zumindest insofern direkter, als sich die Parteien nur bei Entscheidungen miteinander beschäftigen müssen und nicht über die ganze Wahlperiode lang auf das Image und die Umfragewerte des “Partners” schielen müßten.

    Bei einer Minderheitsregierung, so stelle ich mir vor, daß eine offenere, sachlichere und besser vorbereitete Arbeit möglich wäre, bei der allerdings auch die Entscheidungswege offener werden müßten. Das wird den Lobbyisten nicht so gefallen. Störend bis untragbar sind dann die “Machtpolitiker”,die nur das Scheitern der Regierung mit Blick auf den nächsten Wahltermin im Auge haben.

    Im besten Falle bliebe uns der permanente Wahlkampf erspart, im schlechten Falle würde er sich unerträglich auswachsen, aber das führt dann sowieso zu Neuwahlen.

  18. Was Wörgl betrifft hier ein paar Buchtitel:
    ISBN 3981089456 – 3931156710 – 978-3706552981. Das letzte Buch ist sehr zu empfehlen! Auch die Bücher von Bernard A. Lietaer, eines Ex-Bankers, empfehle ich vorbehaltlos.
    Wir sollten nicht in „Angie`s“ Kategorien der Alternativlosigkeit denken – denn: es gibt immer mindestens eine Alternative. Nur: wer beschäftigt sich ernsthaft damit?

  19. Zum Thema Minderheitsregierung siehe # 9 maderholz # 13 BvG
    Rein innenpolitisch sicherlich eine eher theoretische Möglichkeit.
    Außenpolitisch wäre das sicherlich ein unkalkulierbares Wagnis. Wie würden nämlich die europäischen Partner darauf reagieren?
    Sie erwarten eine Stabilität in der deutschen Politik. Kann das eine Minderheitsregierung sicherstellen?
    Wer soll diese Minderheitsregierung bilden? Und mit welchem Programm? Da gäbe es mehrere Möglichkeiten.
    Eine Minderheitsregierung würde wahrscheinlich alsbald eine Neuwahl zur Folge haben.
    Was wäre damit erreicht?

  20. @ 19 runeB,

    Innenpolitisch könnte die Opposition viel bewegen. Das käme auch bei der Bevölkerung an. Da würden sich manche verwundert die Augen reiben !So geht Demokratie auch ?!
    Doch dazu gehört auch Mut zum Gestalten wollen.
    Außenpolitisch kann die SPD doch „staatstragend und verantungsvoll für Deutschland und Europa“ mit der Regierung stimmen. Das wäre gar nicht so schwer zu erklären.
    Wer soll diese Minderheitsregierung bilden ? Die Frage verstehe ich jetzt nicht so recht.
    Dass Neuwahlen irgendwann nötig sein könnten, halte ich auch für wahrscheinlich. Doch bis dahin könnte sich viel bewegen. Wie die dann ausgehen, kann jetzt noch niemand sagen.

  21. Ich denke, daß dies Wahlergebnis eines ist, das Deutschland „verdient“ hat. Es war der Verdienst aller Lobbygruppen, „ihre“ Mutti weiter am Ruder zu lassen. Es war der Verdienst der – meisten – Medien (man betrachte sich nur das Nichtvorkommen der Linken in Bezug auf Alternativen), hier kräftig weiterhin die neoliberale Werbetrommel gerührt zu haben. Und jetzt gehen die Schaukämpfe, a la Wrestling, weiter, wo sich im Grunde genommen die vier neoliberalen Parteien doch einig sind. Na gut, SPD und Grüne wollen ein paar Retouschen anbringen, aber das Gesamtgerüst bliebe stabil. Jeder an seinem Platz, der Reiche in der Taunus-Hang-Villa, der Arme im Hochhaus in Griesheim oder sonstwo. Und es waren die Habenichtse, die Hoffnungslosen, die vorwiegend nicht zur Wahl gegangen sind, flaniert von einigen eitlen aufgeblasenen Intellektuellen, die sich ihre Nichtwahl gut leisten können, weil sich für sie – kontomäßig – sowieso nichts ändert.

    Am Beispiel Brüssel sehen wir, daß auch eine Wahlbeteiligung um die 40% den Herrschenden nichts ausmacht – ganz im Gegenteil, daß läßt sich’s als Lobbyist noch besser mitregieren. Wenn ich mir vorstelle, daß die Hartzer und alle anderen Outlaws sich aus ihrer Hoffnungslosigkeit befreit hätten, und zur Wahl gegangen wären – die Linke hätte Chancen gehabt, die SPD im Ergebnis zu überholen. Natürlich wäre dann auch die AfD zweistellig in den Bundestag eingezogen; politische Desorientiertheit, Desinformiertheit und die durch die BLÖD-Zeitung gezielt gestreuten Falschinformationen führen eher dazu, rechtspopulistische Parteien zu wählen. Wer vor kurzem Herrn Goeudevaert bei Plasberg gesehen hat, kennt dessen Statement: AfD-Parteiprogramm weitgehend identisch mit dem des FRONT NATIONAL von Le Pen.

    Insofern wäre eine Minderheitsregierung zwar ganz nett anzuschauen, ob aber dann wirklich Ergebnisse herauskämen, die nicht nur uns Deutschen (der Mehrheit), sondern auch Europa besser bekämen, wage ich zu bezweifeln. Das würden Friede Springer & Co. schon nicht zulassen. Natürlich will ich die Unwissenheit, gepaart mit einer „Leck-mich-Stimmung“ der Hartzer und anderen Abgehängten nicht nur in diesem Lager ansiedeln. Auch bei dem Rest des Volkes, bei Angestellten, Beamten, Rentnern, Pensionären, kleinen Selbstständigen trifft mensch auf ein erschreckendes Quantum von Desinformiertheit, um nicht zu sagen, Borniertheit. Da werden Vorurteile mehr kultiviert wie die Pflanzen auf Balkon oder Terasse.

    Und deshalb wird sich nichts ändern. Und wenn es innerhalb der nächsten drei Jahre zum Crash kommt, war sowieso keiner Schuld, oder höchstens die Linken, oder dann der evtl. Koalitionspartner der CDU, aber nie Mutti Merkel & Konsorten.

  22. Ich sollte noch ergänzen, was mir in den Programmen und überhaupt an den Aussagen der etablierten Parteien fehlt, und warum ich mir auch von Rot-Grün nicht allzuviel verspreche:

    Sicherlich gibt es da sinnvolle Forderungen, nach Bürgerversicherung, Mindestlohn etc. Aber die großen Fragen unserer Zeit bleiben unberührt:

    – Was ist mit der Ausschnüffelei durch NSA & Co., wie weit ist die angebliche Mündigkeit des Bürgers dadurch berührt?
    – Brauchen wir einen Verfassungsschutz und wenn ja, diesen, der auf dem rechten Auge blind zu sein scheint?
    – Wieso verdrängen wir das Problem der neuen Völkerwanderung, der Millionen von Asyl-Suchenden? Ist uns nicht klar, daß hier Umweltzerstörung, Armutswanderung (wenn sich China Land kauft, was macht der einfache Bauer dann?), die wachsende Bevölkerung und unsere glorreichen Waffenexporte in alle Welt – am liebsten in Spannungsgebiete – hier eine große Rolle spielen? So wie die AfD fordert, nur noch Menschen ins Land lassen, die deutsch sprechen und möglichst zwei Uni-Abschlüsse bieten? Was ist mit Syrern, die möglicherweise mit Chemiewaffen, mit deutscher Hilfe hergestellt, aus ihrem Land vertrieben wurden? Schicken wir rum. und bulg. Sinti und Roma wieder zurück, auch wenn sie in ihrer Heimat mit täglicher Gewalt konfrontiert werden, nur weil wir ihnen en bloc unterstellen, nur in unsere Sozialsysteme einwandern zu wollen?
    – Was ist mit dem Gefälle zwischen Arm und Reich, welches wohl, bei den rosigen Aussichten zur künftigen Rente, mit einem Mindestlohn von € 8,50 auch nicht behoben wäre? Einfach mal hoch rechnen, 172 Monatsstunden x € 8,50, gibt später bei 43% eine ganz tolle Rente. Und wieso wird nicht das gleiche Bohai wie zum gesetzlichen Mindestlohn gemacht, wenn es um die Stundenlöhne, pardon, Gebührenordnungen, von Rechtsanwälten, Ärzten, Steuerberatern und anderen honorigen Mitgliedern der Gesellschaft geht?
    – Was ist, wenn unsere Exporte, die ja wesentlich zu unserer immer doch ganz dollen Situation beitragen, wegbrechen und der Inlandskonsum, mangels Geld, wegbleibt?
    – Warum bekennt Rot-Grün nicht seine katastrophalen Fehler rund um die Agenda 2010, und bastelt nur verschämt an Folgen und Nebenwirkungen?
    – Wie geht es weiter mit dem Euro und damit mit Europa? „Natürlich“ haben sich die Griechen in den Euro hinein gemogelt, und wir, als Unschuldslamm, zeigen dann mit dem Finger auf dieses „Pack“ und verlangen die Methode Münchhausen. Und wenn das nicht funktioniert? Das Haus Europa war mit dem Euro von Anfang an falsch konstruiert, so wie man auch kein Haus mit dem Dachbau beginnt. Aber jetzt haben wir den Schlamassel, und nur Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.
    – schmarotzt ein sog. „Leistungsträger“, dem 25% Kapitalertragssteuer noch zu hoch sind, und der sein Geld auf den Caymans bunkert, weniger als ein Hartz-IV-Empfänger?
    – Welches Bildungssystem wollen wir haben, und warum schaffen wir es nicht, eines zu schaffen, daß gleiche Chancen für alle bietet?
    – Wie sieht es eigentlich mit unseren atomaren Abfällen aus, aus dem Auge, aus dem Sinn? Wo sind hier die Lösungen?
    – Wie ist es mit der Umwidmung der Prädikate? Ist eine Altenpflegerin weniger „Leistungsträgerin“ als ein Investment-Banker? Und warum wird gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht endlich gut oder besser bezahlt als die von Zockern?
    – Machen wir weiter in unserem Privatisierungs-Wahn, der noch nie die versprochenen Ergebnisse erbracht hat?
    – Wenn es um ein anderes Steuersystem geht, warum schielen dann alle nur auf den Spitzensteuersatz und nicht auf die lächerlichen 25% Kapitalerstragssteuer? Abgeschafft, würden diese Bezieher leistungsloser Einkommen dann zumindest mit dem gleichen Steuersatz wie Normalverdiener besteuert. Und für Erben gilt das gleiche in Bezug auf die Erbschaftssteuer.
    – Wie sieht es aus mit einer echten, nicht nur Energie-, -Wende? Würde ein konsequenter ökologisch-nachhaltiger Umbau der Gesellschaft nicht auf Jahre hinaus Arbeitsplätze sichern, und unser Leben zudem noch lebenswerter machen? Sie können sich jetzt lustig machen, aber Bienen haben, obwohl im Öko-Kreislauf immanent wichtig, eben keine Lobby so wie z.B. die deutschen Automobil-Bauer. Bedeutet Lebensqualität immer nur: mehr Geld?

    Und zum Schluß: Was ist mit der tickenden Zeitbombe der aufgelaufenen Pensionslasten in Höhe von – in Bund und vor allem Ländern – rund einer Billion (in Worten: eine Billion!) Euros? Rücklagen? Auch da stand nirgends etwas in irgendwelchen Programmen.

  23. zu # 9 Jutta Rydzewski
    Deutschland hat ein modifiziertes Mehrheitswahlrecht, weil bekanntermaßen Parteien mit weniger als 5% der abgegebenen Stimmen nicht in den Bundestag gelangen. Ohne diese Hürde gäbe es zurzeit keine Mehrheit im Parlament für rot-rot-grün, dann würden die Stimmen für die FDP und für die AfD eine Mehrheit der „Linksparteien“ verhindern.

    zu # 20 maderholz
    Minderheitsregierung können bilden die CDU (alleine) oder SPD und Grüne (mit Duldung durch die Linke) oder SPD und Linke (mit Duldung durch die Grünen)
    Ob das sinnvoll wäre, eine dieser drei theoretische Varianten zu realisieren, kann man nur ins Reich der Spekulationen verweisen.

    zu 22 Wolfgang Fladung
    Man kann gar nicht genug oft auf die Problematik Altersversorgung/demografische Entwicklung und die gewaltige Lawine der zukünftigen Pensionslasten verursacht durch die Beamten, die sich nicht an der allgemeinen Alterversorgung durch eigene Beiträge beteiligen, hinweisen. Es gibt keine Rücklagen, es gibt auch kein erkennbares Konzept, wie mit dieser enormen Bedrohung umgegangen werden soll.
    Es dürfte wahrscheinlich sein, dass die umlagefinanzierte Rentenversicherung nur noch ein kümmerliches Dasein fristen wird, weil nach dem jetzigen Modell nicht mehr finanzierbar. (Auch wenn Herr Fladung jetzt ausrastet). Die Zeichen stehen auf Rot oder Sturm, ist alles nur eine Frage der Zeit.
    Wer soll für die Sinti und Roma, die hier einwandern, aufkommen? Die Hartz IV Empfänger? Diese Problematik lässt sich leider nicht mit reiner Nächstenliebe lösen. Da ist sicher auch ein wenig Augenmaß erforderlich. Schließlich gibt es in Deutschland genügend Not, die es zu lindern gilt. Die ganze Welt zu retten, ist Deutschland nicht in der Lage. Das sollte trotz aller (berechtigten) moralischen Entrüstung auch ein wenig berücksichtigt werden.
    Nur mit moralischer Entrüstung lassen sich diese Probleme nicht lösen.

  24. Zunächst einmal an die bisherigen Schreiber: von Mal zu Mal werden die Beiträge länger (fast Parteiprogrammlänge!). Ist das hilfreich? Kurz zum Thema: warum keine Minderheitsregierung? Sollen sich SPD oder GRÜNE von den Schwarzideologen verheizen lassen? In der Opposition ist ihre Wirkmacht wesentlich größer! Hat einmal einer der Schreiber daran gedacht, dass dann der Bundesrat eine wichtige Rolle übernimmt? Und das Geschwätz von der Staatsräson gegenüber einer Parteiräson… Propagandageschwätz. Frau Merkel hat die Wahl gewonnen, soll sie eine Regierung bilden (Belgien ist etwa ein Jahr ohne Regierung ausgekommen). Ansonsten folge ich dem Blog von maderholz.

  25. Nochmal zur „Minderheitsregierung“, weil sie ja nicht sozusagen „von alleine“ entstehen kann und man die Rolle des Bundespräsidenten nicht übersehen sollte:
    1.) die derzeitige Regierung Merkel bleibt derzeit geschäftsführend im Amt, Einzelne Minister/innen können jederzeit ausgetauscht werden, die müssen ja nicht gewählt werden (z.B. könnte Frau Merkel auch alle FDP-Minister bereits sofort entlassen). Solange dieser Zustand währt, haben wir bereits eine Minderheitsregierung, da Frau Merkel keine eigene Mehrheit im Parlament hat;
    2.) Der TOP „Wahl der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers“ könnte auf die TO des Bundestages gesetzt werden. Voraussetzung ist ein Wahlvorschlag des Bundespräsidenten. Hier gibt es die spannende Frage, wie lange der Bundespräsident abwartet, um einen solchen Vorschlag zu machen, falls ihm von den Parteien keine Vorschläge gemacht werden. Dann gibt es mehrere Möglichkeiten:
    a)Der Bundespräsident schlägt Frau Merkel vor und Frau Merkel wird mit Stimmen aus rot-rot-grün (es müssen ja nicht alle sein…) zu Kanzlerin gewählt. Dann haben wir eine Bundeskanzlerin, die eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit führt, das ist eine Minderheitsregierung.
    b) Ein Kandidat der SPD wird vom Bundespräsidenten vorgeschlagen und zum Bundeskanzler gewählt, vermutlich mit den Stimmen der drei Parteien „links“ von CDU/CSU. Auch das wäre eine Minderheitsregierung, solange die Parteien keine Koalition bilden. Wie er das Kabinett zusammensetzt entscheidet der gewählte Kanzler alleine.
    c)Der/die vom Bundespräsidenten vorgeschlagene Kandidat/in erhält nicht die absolute Mehrheit der Stimmen: dann bleibt Frau Merkel zunächst weiterhin geschäftsführend im Amt und der Bundestag hat 2 Wochen Zeit, ohne Vorschlag des Bundespräsidenten eine Bundeskanzlerin/einen Bundeskanzler zu wählen.
    Erfolgt eine Wahl mit absoluter Mehrheit, muß der Bundespräsident die Gewählte/den Gewählten ernennen. Sofern eine Wahl nur mir relativer Mehrheit erfolgt ist, kann der Bundespräsident entscheiden, ob er ernennt oder stattdessen den Bundestag auflöst.
    Wir sehen, die Rolle des Bundespräsidenten kann wieder richtig spannend werden!

  26. # 23 runeB

    „Deutschland hat ein modifiziertes Mehrheitswahlrecht, weil bekanntermaßen Parteien mit weniger als 5% der abgegebenen Stimmen nicht in den Bundestag gelangen. Ohne diese Hürde gäbe es zurzeit keine Mehrheit im Parlament für rot-rot-grün, dann würden die Stimmen für die FDP und für die AfD eine Mehrheit der “Linksparteien” verhindern.“

    Und was hat das jetzt mit der Entartungsäußerung Luckes, und den anderen braun/bräunlichen Vorstellungen führender AfD-Vertreter zu tun?

    Was nun die rot/rot/grüne Parlamentsmehrheit anbelangt, so ist die in der Tat vorhanden, aber sie wird doch ohnehin nicht genutzt und somit „folgenlos“.

  27. zu # 23, Rune B:

    Welches Rentenmodell wäre denn Ihrer Ansicht nach ein besseres außer dem Umlage-finanzierten?
    Private Vorsorge, in der sich Konzerne die Taschen vollstopfen, sicherlich nicht. Und warum sollte ein Beitrag von 18,9% in alle Ewigkeit festgemeißelt sein? Angedacht ist ja bereits eine Senkung auf 18,4% für 2014, angeblich „um den Arbeitnehmern mehr vom Netto zu lassen“. Na toll, und dafür dann schon früher Altersarmut. Hier wäre eine Beitragssteigerung auf 22% angebrachter, aber da bricht ja dann im Arbeitgeberlager das große Heulen und Zähneknirschen aus. Da raste ich auch nicht aus, sondern finde das prima!

    Natürlich gibt es mit den Sinti/Roma Probleme, weil sich eine alte Nomadenkultur nur schwer mit Hochhaus-Siedlungen verträgt. Wir können sie natürlich auch wieder nach Hause schicken, um diese Menschen dann den knüppelnden rechten Banden ihrer Heimat zu überlassen. Oder wollen Sie es machen wie unter Adolf, ab ins Lager? Wie sähe denn Ihr „Augenmaß“ aus? Eine Lösung, mit der alle zufrieden sind, gibt es wohl nicht.

    Ein Rentenmodell, das funktioniert, gibt es ja in der bekanntermaßen sozialistisch-kommunistisch regierten Schweiz: alle zahlen für alle, mit Deckelung nach unten und oben. Das, was monatlich reinkommt, wird auch sofort wieder ausgezahlt.

    Und an alle: Derzeit tippe ich eher auf schwarz-grün. Wer dem Tübinger OB Boris Palmer gestern bei Illner aufmerksam zugehört hat, und die Tagesmeldungen liest: „Grüne wollen in die Mitte rücken“, weiß, wohin der Hase läuft. Oder laufen könnte.

    Übrigens verstehe ich dieses Rücken in die Mitte nicht. Alle wollen dahin, und das scheint auch der Lieblingsplatz der deutschen WählerInnen zu sein. Eine verdammt dicke Mitte wohl, die sich bis zum rechten und linken Rand erstreckt, wenn ich mir einen Halbkreis vorstelle, in dem alle Parteien sich in der Mitte tummeln. Demnächst werden wohl auch Rechtsradikale sagen, sie seien „Mitte“. Na ja, eben aus der Mitte des Volkes.

  28. zu # 25 Jutta Rydzewski
    Die Linksparteien haben durch das modifizierte Mehrheitswahlrecht in Deutschland bei der Wahl profitiert. Müssten eigentlich doch zufrieden sein. Nicht mehr und nicht weniger ist anzumerken.
    Das Scheitern der FDP und der AfD hat somit den Linksparteien direkt genützt.
    Ob die Chance für eine Regierungsübernahme genutzt wird, sei es als Minderheitsregierung oder Dreier-Koalition, steht jedoch in den Sternen und dürfte auch von den Wählern kaum zu beeinflussen sein.

    zu #26 Wolfgang Fladung
    Aus einem Essay von Reiner Klingholz (Direktor des Berlin-Institus für Bevölkerung und Entwicklung:
    „Mit Armut leben lernen
    Es wird wohl bis 2050 knapp acht Millionen Erwerbsfähige weniger geben, die für das wirtschaftliche Wohl des Landes sorgen können – und zwar auch dann, wenn das Rentenalter auf 69 Jahre angehoben würde. Umgekehrt dürfte sich die Zahl der Rentner und Pensionäre selbst bei dieser Altersgrenze um knapp drei Millionen erhöhen.
    Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich verdoppeln. Und jene der jungen Menschen im Ausbildungsalter um fast ein Drittel sinken.
    Das sind jene Nachwuchskräfte, auf deren Schultern einmal die Kosten des demografischen Wandels lasten werden.“

    Es wird ferner festgestellt:
    „Es ist völlig klar, dass die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft nicht ausreichen wird, um die Sozialsysteme wie gewohnt zu finanzieren. Um zugleich in Familien, Bildung und Forschung zu investieren.“

    Ferner:
    „Notwendig wäre es, Widersprüchlichkeiten in der Familienpolitik zu beseitigen, um dem Nachwuchsmangel – eine der Hauptursachen der demografischen Probleme – zu begegnen. Denn die Politik fördert immer noch das klassische Zusammenleben mit Trauschein, unabhängig davon, ob diese Menschen überhaupt Kinder haben.
    Die Familienpolitik sollte unabhängig von der Lebensform jene unterstützen,die sich um Kinder oder Alte kümmern.“

    Facit (nicht aus dem Essay):
    Vermutlich wird man nicht um eine gezielte Anwerbung und Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte herumkommen, wobei man auf Asien wird zurückgreifen müssen, da in Europa sich überall das gleiche demografische Szenario abzuzeichnen beginnt … allerdings zeitlich etwas verzögert. In Deutschland beginnt es ab 2030 (hier endet bezeichnenderweise die Demografiestrategie der Regierung, genau dann, wenn die Verrentungswelle der kopfstarken Babyboomer anrollt) brenzlig zu werden.

    Ob in Anbetracht dieser Probleme eine simple Beitragssatzanhebung zurv Rentenversicherung diesen Gordischen Knoten löst, muss bezweifelt werden.
    Von den Infrastruktur-Problemen – Schrumpfung ganzer Landstriche, Rückbaumaßmahmen, Entvölkerung usw. gar nicht zu reden. Hierfür braucht man Pläne und auch rechtliche Rahmen. Man muss sich von der Illusion, in allen Regionen des Staates „gleichwertige Lebensverhältnisse“ zu garantieren, verabschieden.

    Nimmt man diese Ausführungen ernst – und das sollte man – dann kann einem nur angst und bange werden, vor allem für die nachfolgenden Generationen.
    Bleibt dann die Generationengerechtigkeit endgültig auf der Strecke?
    Diese bange Frage drängt sich geradezu auf.

    Erschienen ist der obige Essay am Freitag 16. August 2013 in(Herr Fladung wird jetzt böse die Stirne runzeln) „Die Welt“ auf Seite 2.
    Leider wird einem auch das, was man eigentlich gar nicht gerne lesen möchte, auch zur Kenntnis gebracht. Die Augen davor zu verschließen, dürfte nicht angebracht sein.

  29. #27 runeB

    Auf meine konkrete Frage, was die Entartung und weitere braun/bräunliche Sprüche von Lucke und Co. mit all dem zu tun haben, können, wollen, oder möchten Sie offenkundig nicht antworten. Okay, dann eben nicht. Mich über das Wahlergebnis, das Wahlrecht usw. aufklären zu wollen, ist allerdings überflüssig. Ich habe mich schon selbst aufgeklärt.;-))

  30. zu #28 Jutta Rydzewski
    „Entartung: negative Abweichung von der Norm“ aus Duden Deutsches Universalwörterbuch 6. Auflage 2006, Seite 493.
    Dieses Wort darf Herr Prof. Lucke nicht gebrauchen?
    Ist die Politik in den letzten vier Jahren nicht – oftmals besonders bei der Euro-Rettung – aus dem Ruder gelaufen? Darf man das nicht thematisieren? Gibt es bereits Verbote, bestimmte Worte zu benützen?

    Hans-Olaf Henkel bedauerte (zu Ihrer Verärgerung), es gäbe in Deutschland kein Mehrheitswahlrecht, weil es ein Linksbündnis verhindern würde. Jetzt hat gerade das modifizierte Mehrheitswahlrecht ein derartiges Bündnis ermöglicht. Darin steckt eine gewisse Ironie. Darf man darauf nicht hinweisen?

  31. #29 runeB

    Oh, je, wenn es heißt: man wird ja wohl noch sagen dürfen oder so ähnlich, wird es (fast) lustig. Aber immerhin, nun haben Sie, wenn auch nur zum Teil, geantwortet. Seltsam nur, dass Sie sich so lange geziert haben, denn schließlich wird man ja wohl noch sagen dürfen.

    Was den Begriff Entartung anbelangt zitiere ich aus Wikipedia: Zentrale Verwendung kam dem Begriff Entartung innerhalb der nationalsozialistischen Ideologie zu. In dieser Ideologe bildeten die Begriffe Entartung und Verfall den Gegenpol zur völkischen Idee. Entartung wurde im Nationalsozialismus nicht nur als Entartung der Seele, sondern als Entartung des Blutes aufgefasst. Entartung wurde verstanden als physischer und geistiger Niedergang einer Rasse, eines Volkes infolge von Rassenmischung, erblicher Krankheiten und Auswirkungen der modernen Lebenswelt. Die Vorstellung der Entartung wurde zur Legitimation für staatliche Maßnahmen und Eingriffe in das Leben der einzelnen herangezogen, die in der Ermordung von Menschengruppen gipfelten. Außerdem verwendeten die NS-Machthaber den Begriff Entartung für Formen von Kunst, die nicht ihrem ästhetischen Ideal und ideologischen Weltbild entsprachen.

    Den Begriff Entartung im Zusammenhang mit Demokratie, Parlamentarismus, oder für die so genannte Eurorettung zu verwenden … aber was soll`s, schließlich wird man ja wohl noch sagen dürfen … .

  32. Man muß allerdings der Sprachverschmutzung auch entgegentreten.

    „Entartung“ ist zunächst ein neutraler Begriff, der eine Überschreitung eines theoretischen Begriffs bezeichnet. Was „eine Art ist“, wird willkürlich festgelegt, ist also kein objektiver Begriff.
    Man braucht den Demagogen da gar nicht auf den Leim zu gehen. Wo es keine Entartung gibt, da gibt es auch keinen Fortschritt und keine Evolution und was ein Fortschritt sein kann, braucht man schon gar nicht den Demogogen überlassen.
    Das perfide an dem Begriff, wie er gebraucht wurde, ist, daß sich Ideologen berufen fühl(t)en, zu definieren, was denn eine „Art“ sei (biologisch und kulturell). Dazu fehlt ihnen das Recht, leider nicht immer die Macht.

    Der politisierte Begriff „Entartung“ resultiert aus einer dümmlichen Vermischung aus wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kategorien. Ob eine „Entartung“ positiv oder negativ zu bewerten ist, ergibt sich nicht aus dem Unterschied zum Ursprung, sondern aus dessen Wirkung. Diese Wirkung zu beurteilen entzieht sich der menschlichen Urteilskraft, weshalb der ideologische Begriff „Entartung“ vollkommen inhaltsleer ist.

  33. zu #30 Jutta Rydzewski
    Die Wikipedia ist nicht für den üblichen Gebrauch eines Begriffes zuständig. Seit Zusammenbruch des Nationalsozialismus sind inzwischen 68 Jahre vergangen. Auch der Sprachgebrauch hat sich gewandelt.

    In den Wissenschaften, insbesondere den Naturwissenschaften wird der Begriff „Entartung“ oder „entartet“ immer wieder verwendet, ohne jeden Bezug auf eine nationalsozialistische Ideologie.

    Prof. Lucke aufgrund dieses einen Wortes in die Nähe zum Nationalsozialismus zu rücken, mutet schon als eindimensionale Betrachtung an. Hier scheint es nicht um eine politische Auseinandersetzung, sondern um eine auf eine konkrete Person bezogene Dämonisierung zu gehen. Aber das gehört vermutlich zum Wahlkampfgetöse bzw. zum Echo desselben in der Wählerschaft dazu.

    Geradezu erheiternd wirkten die nahezu panischen Reaktionen der etablierten Parteien auf das Vorhandensein der AfD. Da wurde auch stets versucht, die AfD als nationalsozialistisch zu brandmarken. Soviel aufgeregtes Getue wegen einer Gruppierung mit nur 4,7 % Stimmenanteil. Vermutlich regierte aber die Sorge, es könnte durch die AfD ein Tabuthema auf die Agenda des Wählers gesetzt worden sein.

    Liest man das Parteiprogramm der AfD, stellt man keinen nationalsozialistischen Hintergrund fest. Die Demokratie der BRD muss mit der AfD entspannt umgehen.
    Entweder entsteht eine neue Partei oder sie verschwindet wieder und schrumpft zur Bedeutungslosigkeit.

    Zu den angeblichen Aussagen weiterer AfD-Funktionäre können ohne das Vorliegen des vollständigen Textes keine Stellungnahmen abgegeben werden. Aus dem Zusammenhang gerissene Textteile liefern häufig ein falsches Bild.

  34. Im Bundestag gibt es eine absolute Mehrheit für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, für eine Steuererhöhung, die die oberen 10 Prozent belastet und den Rest entlastet, und insgesamt für mehr soziale Gerechtigkeit. Mit diesen zentralen Forderungen haben die betreffenden Parteien ihren Wahlkampf bestritten und damit haben sie eine Mehrheit im Deutschen Bundestag jenseits von der CDU gewonnen, die im übrigen zusammen mit der FDP einen um 2 Prozent geringeren Stimmanteil erzielt hat als bei der Wahl 2009. Es ist daher nicht nachvollziehbar, woher die CDU den Anspruch auf die Regierungsbildung nimmt, und woher SPD und Grüne ihren Kleinmut nehmen. Vielleicht aber kommt vor allem die SPD während der Verhandlungen mit der CDU doch noch zu der verspäteten Einsicht, dass die Möglichkeiten zur Durchsetzung der eigenen Wahlkampfziele in einer rot-rot-grünen Koalition weitaus besser sind als bei einer Großen Koalition. Das Wahlprogramm der SPD hat viele mehr Überlappungen mit dem der Grünen und dem der Linken als mit dem der CDU. Die logische Konsequenz kann am Ende nur Rot-rot-grün heissen.

  35. zu 23 runeB
    Auch ich habe für eine Minderheitsregierung plädiert. Die Verhältnisse sind einfach sehr knapp! Instabilität einer Regierung wird vom Wähler bei der nächsten Wahl abgestraft.

    Das wäre schon allein gut, um der Schildkröte Merkel ‚in der Ruhe liegt die Kraft‘ Paroli zu bieten, dann müsste sie vielleicht mal aus der Deckung kommen? Aber Sie haben recht, es liegt nach langer Verschleppung und Herumlavieren so vieles im Argen, und das auf diversen Tätigkeitsfeldern. Andererseits sehe ich nicht ein, dass sich eine verantwortungsvolle SPD aufopfert und versucht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Hartz IV muss nachgebessert werden, vor allem auch bei der Behandlung von behinderten Mitbürgern. Da das ja der SPD anhängt, ist der Elan in der CDU eher gebremst.

    Da ist die Europafrage, die uns noch schwer kneifen wird, wenn es da nicht bald ein Umdenken gibt. Nicht auf Seiten des Populismus ‚mir gebbe nix‘. Nationalegoismus ist passé! Das funktioniert nicht mehr. Wenn wir aus dem Euro aussteigen, wird die D-Mark sofort derart aufgewertet, dass unsere Exportwirtschaft kein Bein mehr auf den Boden kriegt. Ich weiß nicht, ob Sie’s gelesen haben, sogar die exportorientierten Niederlande kratzen jetzt schon am 3%-Verschuldungslimit und fahren Sozialleistungen zurück. In der Tendenz ist das aber fatal. Wohin diese extreme Sparwut führt, kann man an Griechenland sehen. Die politischen Verhältnisse werden instabil, Rechtsradikalismus lebt auf, Selbstmordrate steigt stark an, Einbrüche. Und das in einem Land, in dem die Ehrlichkeit der einfachen Leute so wohltuend war und ist.

    In dem Zusammenhang zu 22 Wolfgang Fladung

    Probleme müssen angepackt werden. Da gehört auch ein langer Athem, Geduld und Verständnis dazu. Um mal das Wort Zigeuner anzuführen, da man ja nicht so einfach erkennt, zu welcher Ethnie sie nun genau gehören. Ihre Kultur hat uns auch bereichert! Nur ist das ein Problem des vererbten Elends. Hierzu sind nun gar keine Ansätze erkennbar. Anstatt die Kinder in die Schule zu kriegen, werden Bußgeldbescheide ausgeteilt und wenn die Kinder dann 15 sind werden sie aufgegeben. Die Familien werden mit Kindergeld angelockt und die Kinder müssen dazu noch arbeiten, um als Strafunmündige für den Lebensunterhalt zu sorgen.

    Die Romas in Frankfurt unterhalten eine Vorschule, die den Kindern die nötigen Fähigkeiten für einen Schulbesuch beibringt. Das lernen unsere Kinder im Kindergarten. Die Romakinder dort haben vieles nachzuholen. Das ist zumindest ein Ansatz, das wäre eine staatliche Aufgabe. Wir können sie nicht mehr wegschicken wie früher. Rumänien ist ein OFFENES Armenhaus!

    Die Politik ist aber nicht interessiert. Ein unterschwelliges Grummeln in der Bevölkerung hilft beim Fischen am rechten Rand. Und dann wird die Wertegemeinschaft mit den USA hochgelobt. Die leben in einem latenten Bürgerkrieg. Wollen wir solcher Zustände?

    Ich hab so einen Hals. Wir können nur gemeinsam bestehen, mit Augenmaß, Geduld und einem guten Kompass.

    Nachsatz: Demokratie ist ein Projekt der Aufklärung. Woher soll die Bevölkerung einen guten Kompass bekommen, wenn die Intelligenz der Masse durch Demagogie verfälscht wird.

  36. # 33, solaluz: Danke für die Replik. Ich sprach ja von Sinti und Roma, nicht von „Zigeunern“, welcher Begriff sich wohl aus „ziehende Gauner“ ableitet. Wir haben hier, nicht nur in D oder EU, sondern auf der ganzen Welt das Problem, das Verständnis, Toleranz und Entgegenkommen in wirtschaftlichen Boomzeiten leichter von Statten geht, wenn es mies läuft, nicht mehr. Dann werden Schuldige gesucht, ausgegrenzt, werden biologische Gründe gesucht, warum manche Menschen „besser“ sind, und andere eben behaftet mit Untugenden. Dann wird auch nicht mehr groß versucht, mit besseren Lebensbedingungen, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, Schulen ohne Klassen-Gegensätze dagegen zu halten und zu steuern. Ist ja nicht nur anstrengend, sondern vor allem teuer. Dann kommt eben wieder der von Trieben und Vorurteilen gesteuerte archaische Urmensch in uns hervor, der seine Familie und Umfeld sichert und durch das „Ausgrenzen“ Fremder vorgeblich schützen muß.

    Und ich fürchte, auf diese Zustände, eine Art 30jähriger Krieg moderner Natur, steuern wir wieder zu. Auch Meinungsumfragen, nach denen es z.B. rund 75% hier in D „gut“ geht, traue ich nicht. Wer gibt schon gerne zu, eher zu den Loosern zu gehören? Da ist man gegen Steuererhöhungen (siehe neueste Umfragen), obwohl von diesen vielleicht nur 5% der Bevölkerung betroffen wären. Wetten das… wir keine Erhöhung von Lohn- und Einkommensteuer erhalten werden, stattdessen wieder mal eine der MWSt., die alle trifft, im Felde der „Harmonisierung der Steuersätze in Europa“? Und diese Geilheit Richtung private Absicherung aller Lebensumstände – wer all das, was ihm diese Privatisierungen von Leistungen, die früher staatlich waren, einmal zusammen rechnet, wäre vielleicht froh, bei einem Zurück zum Stand aus Kohl’schen Zeiten ein wenig mehr Einkommensteuer zu zahlen. Soli, private KV, RV & Pflege incl. Zuzahlungen etc. einschließlich aller Leistungen, die für uns Verwaltungsstellen früher gemacht haben und für die wir uns jetzt selbst die Zeit samt Einarbeitung in die Vorgänge nehmen müssen, einschl. entsprechender PC-Kenntnisse – einfach mal Bilanz ziehen. Oh schöne neue Welt!

  37. zu # 33 susaluz
    Die angebliche Aufwertung der DM wird gerne als Totschlagargument gebraucht.

    Beispiel Schweden, ebenfalls eine sehr stark exportlastige Industrienation lebt ohne Euro, hat eine Aufwertung gegenüber dem Euro hingenommen, ohne zugrunde zu gehen.

    Die deutsche Industrie fertigt oft schon in großem Umfang in anderen europäischen Staaten mit Eurowährung, rechnet dort also in Euro ab.
    Die DM könnte sogar auf Wunsch der anderen europäischen Staaten als Parallelwährung zum Euro in Deutschland eingeführt werden, die Industrie könnte trotzdem ihre Geschäfte auf Eurobasis abschließen und den Kurs gegenüber der DM absichern.
    Der Euro erweist sich inzwischen als Zwangsjacke für etliche europäische Staaten (unabhängig von der politischen Instabiltät Italiens).

    Die Frage, die sich stellt, lautet:
    Wäre es nicht sinnvoll, diese Zwangsjacke etwas aufzuknöpfen, damit die Staaten mit Schwierigkeiten entweder zu einer eigenen Währung zurückkehren oder mit einem Euro ohne Deutschland wirtschaften können.
    Deutschland wird gar nicht mehr gefragt, ob es was „gebbe will“. Kauft die EZB Staatsanleihen anderer Staaten (egal welcher Bonität) und das macht sie bereits in großem Umfang (!), dann haftet Deutschland automatisch immer mit 27 % der Summen, also bei 100 Milliarden mit 27 Milliarden.

    Ein Gleiches gilt für den ESM, hier hängt Deutschland ebenfalls mit 27% der gesamten Summe mit drin. Der Bürger als angeblicher Souverän wurde hierzu nicht befragt und das Parlament in einer Nacht und Nebelaktion zur Zustimmung genötigt.

    Noch eine Anmerkung: Der Italiener Mario Draghi, der Präsident der EZB ist ehemaliger Angestellter der Goldman-Sachs Bank. Er kennt also Blankfein, den Präsidenten von Goldman-Sachs, der größten Zockerbank der Welt, die ohne jede Skrupel nur ihre eigenen Interessen verfolgt, persönlich.

    J. Trichet, der Vorgänger Draghis als Präsident der EZB, erklärte in einem Interview auf die Frage nach der Person Draghis: Er habe diese Frage nicht erwarte. Und dann: Er wolle keine Antwort geben.

    Das stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Personalie Draghi und in die Rolle der EZB unter Draghi, von der deutschen Europapolitik gar nicht zu reden. Diese stellt eine einzige Kette von Ungereimtheiten, Wortbrüchen, gebrochenen Verträgen und Unwahrheiten dar.

    Es wäre viel schöner, von dieser Seite der Politik etwas Positives berichten zu können.

    Tippfehler werden nicht zurückgenommen

  38. zu runeB
    Das was sie da schreiben ist schon korrekt und eigentlich hätte ich nicht gedacht das man mit dem Ausblenden dieses Themas Wahlen gewinnen kann. Letztes Wochenende wurde ich eines Besseren belehrt. Der normale CDU Wähler möchte von so etwas nichts hören dafür hat er seine Mutti gewählt. Das sollten halt die Leute , zu denen auch ich gehöre und wenn es auch schwer fällt, akzeptieren. Nur das die Regierung unter diesen Umständen nichts sagt ist auch verständlich.

  39. zu #38 hans
    Das Schlimme ist, dass nicht nur die Regierung, sondern alle im Bundestag vertretenen Parteien diese Themen bewusst ausgeblendet haben. Die Probleme totgeschwiegen haben.

    Man fragt sich, wo bleibt da die Verantwortung den Wählern, den eigenen Bürgern gegenüber?

    Und die Wähler wollen (und vor allem sollen) nicht wahrnehmen, welchem Betrug sie ausgeliefert werden … egal ob sie links, rechts, schwarz, rot, gelb, grün oder infrarot (ultrarot) sind.

    Den Deutschen geht es (noch viel) zu gut, sie wähnen sich in Sicherheit. Sie glauben, in Deutschland würde es niemals griechische Verhältnisse geben.
    Was aber, wenn die Wirtschaft nicht mehr brummt?
    Wenn die Arbeitslosigkeit zunimmt?
    Die Schuldenlast weiter zunimmt, durch Übernahme fremder Schulden?
    Ist den Leuten eigentlich bewusst, dass Deutschland nicht nur für die Schulden anderer einsteht, sondern auch dafür noch Zinsen zahlen muss?

    Es wird aller Voraussicht nach bald einen Schuldenschnitt für Griechenland geben, die Wahlen in DE sind ja gelaufen, mal sehen wie viele Milliarden Euro das den deutschen Steuerzahlen kosten wird. Und noch interessanter dürften die Begründungen für diese Geldvernichtung ausfallen.

    Ist man gegen eine derartige Politik, wird man gleich in die Nazi-Ecke gestellt. So einfach wird das in der Bundesrepublik Deutschland und nicht nur dort gehandhabt.

    Lautete nicht ein Slogan: Stirbt der Euro stirbt Europa? Oder so ähnlich?
    Selten einen so dummen Spruch gehört. Es gab ein Europa, bevor es einen Euro gab und es wird auch nach einem Euro immer noch ein Europa geben.

    Das Aus für den Euro in der vorliegenden Variante bedeutet keinen Untergang des Abendlandes. Dafür ist die europäische Idee bereits viel zu stark in den Köpfen der Menschen verankert. Das sollte man nicht vergessen.

  40. Zu Allen, die noch diskutieren wollen:

    Die Linksparteien haben gesiegt, aber im blog die Sprache verloren.
    Und das, eine Woche nach den Wahlen in Hessen und im Bund.
    Wo bleibt die Meinungsvielfalt? Ist sie schon geschreddert? Von Mutti?
    Bitte keine Resignation.

  41. (Nicht nur) zu runeB: Ich teile Ihre Euro-Kritik sogar weitgehend. Der „Linke“ Oskar Lafontaine hat sich ja darüber (unter anderem) mit seinen „Genossen“ überworfen, weil er die Art und Weise, wie der Euro eingeführt werden sollte, nicht gut fand, nicht jedoch die Europa-Idee an sich (was jedoch immer wieder behauptet wird). Wie ich schon mehrfach ausführte: Man kann ein Haus (Europa) nicht mit dem Dachbau beginnen, sondern das (Euro-)Dach hätte der letzte Baustein sein müssen. Aber, jetzt Hammadasalad, wie die Araber sagen. Hier teile ich sogar beim Euro die Kritik der AfD, jö schau! Und die Gefahr, daß der Euro, in der Art, wie er jetzt von den Goldman-Sachsern durchgepeitscht werden soll, koste es, was es wolle, und warum wohl? Weil ein stabiler Euro, mit einer durchschnittlichen europäischen Staatsverschuldung der Staaten von rund 100% nur weniger als die Hälfte der US-amerikanischen ausmacht. Und wenn die Bude kracht, bzw. zusammen kracht, dann gibt es immer noch genügend, die ihre Schäflein im Trockenen, also in Nicht-Euro-Währungen oder Immobilien oder Edelmetallen im Trockenen haben. Ganz im Gegenteil, Hungerleider und Habenichtse, die, weil arbeitslos, dann für ’n Appel & ’n Ei malochen, schaffen einem so dieses Wohlgefühl, was Besseres zu sein.

    Nicht nur Schweden wollte den € nicht, auch nicht Norwegen, auch nicht die Schweiz. Nur ist dort die Exportfixiertheit nicht so doll wie für Old Germany, außerdem bezahlen die anständige Löhne, haben funktionierende Sozialsysteme und zumindest Schätzchen, nämlich
    (Boden-)schätzchen (Norwegen: Öl und Gas, Schweden Erz im Norden, Schweiz nette SChwarzgeld-Konten), und haben außerdem weder die wirtschafliche noch politische Außenbedeutung Deutschlands.

    Und wenn wir die Chose weiter in die Scheiße fahren, dann haben auch wir die Chance auf eine rechtspopulistische Partei wie die FPÖ mit 30% Europa-Hassern. Wäre ein klasse Partner für die CDU, oder zumindest die CSU – da tummeln sich ja auch etliche aus der Anti-Europa-Fraktion.

    Sie sehen, daß ich, als Wähler der Linken, im Blog nicht meine Sprache verloren habe, und auch nicht gedenke, zu verstummen. Wird doch gerade erst spannend, so nach Österreich in Italien und vor allem der USA. Deppe gibt es halt überall, und es liegt auch an unserer Wagenburg- und Elfenbein-Turm-Nicht-Wähler-Intelligenzia, das die sich vermehren wie die Karnickel.

  42. Da sehe ich das Eine oder Andere etwas anders. Die SPD hat mit dem Thema Eurobonds versucht in die Richtung einer Lösung zu gehen. Eurobonds wären im Zusammenhang mit einer zusätzlichen Kapitalbesteuerung aus der dann die Zinsen der Eurobonds(mindestens die Zusätzlichen)bezahlt werden durchaus eine Überlegung wert. Nach dem allgemeinen Aufschrei haben die dann zurückgerudert und versucht CDU zu spielen. Wenn eine riesige Mehrheit das nicht diskutieren will kann man das halt nicht ändern.
    Den erwarteten Zusammenbruch des Euro sehe ich erst einmal nicht, weil es seit Zypern eine Option gibt die überall geht. Ich bin nur gespannt ob man sich wirklich traut Zypern auch überall anzuwenden. Man muss halt die Pleitebanken umgehen lassen sonst wird das Ganze wirklich zusammenbrechen irgendwann.

  43. zu # 42 Wolfgang Fladung
    Norwegen und die Schweiz sind nicht die einzigen Beispiele (außer Schweden), sind aber nicht Mitglieder der EU. Norwegen ist ohnehin ein Sonderfall, weil der norwegische Staat keine Schulden hat, sondern vielmehr auf einem riesigen Haufen Geld sitzt, dank Erdöl und Erdgas.
    Neben Schweden, das in einer separaten Volksabstimmung die Einführung des Euros abgelehnt hat (trotz massiver Regierungspropaganda!) und heute dafür dankbar ist, hat Dänemark die Einführung des Euros nicht mitgemacht. Und Dänemark lebt auch noch. Ein Gleiches trifft auf Großbritannien zu. Kein Euro, lebt aber auch noch.

    zu # 43 Hans
    Eurobonds sind der listige Versuch, Deutschland noch mehr an den Schulden anderer Staaten zu beteiligen als schon über die EZB Aufkäufe von Staatsanleihen und über den ESM.
    Eurobonds nützen den Südstaaten, nicht aber Deutschland. Sie würden zu einer unmittelbaren Staatsfinanzierung anderer Staaten durch den deutschen Steuerzahler führen. Die Südstaaten würden begeistert sein.

    Den Zusammenbruch des Eurosystems werden schon andere im Visier haben z.B. Hedge Fonds, da brauchen sich die Europäer keine Sorgen machen. Auch Goldman-Sachs könnte Wetten auf den Niedergang des Euros abschließen.
    Das sind zwar Spekulationen, aber keineswegs aus der Luft gegriffen.

    Die Südstaaten finanzieren sich zurzeit noch mit relativ moderaten Zinsen. Wenn der Zinssatz z.B. für italienische Staatanleihen über 5% steigt, dann wird es kritisch.
    Darauf können Goldman-Sachs + Co. ihre Wetten aufbauen.

    Steigt Deutschland in Eurobonds ein, dann wird sich seine Bonität zunächst langsam, dann aber sicher schneller und schneller verrringern und sich der Bonität der Südstaaten annähern. Mit der Folge steigender Zinsen (die der deutsche Steuerzahler aufzubringen hätte).

    Der Euro ist nicht Europa. Er ist nur eine Kunstwährung, ein letzter Schritt zur Errichtung eines Hauses Europa, der leider als erster gemacht wurde. Weil der dicke Oggersheimer es ja eilig hatte als großer Europäer in die „Gechichte“ einzugehen.

    Der europäische Gedanke ist jedoch in den Köpfen der Bürger schon so tief verankert, dass eine Neuordnung des Euro-Währungsraums kein Ende Europas zur Folge hätte. Die Bürger Europas sind mündig genug, selbst Entscheidungen zu treffen und sich nicht von ihren Regierungen gegeneinander ausspielen zu lassen.

  44. zu runeB
    Eurobonds wären zuerst einmal eine Möglichkeit aus der Zinsfalle heraus zu kommen. Ob ich dafür oder dagegen wäre würde von ihrer weiteren Ausgestaltung abhängen. Das Problem ist das bisher sich niemand ernsthaft bemüht eine Alternative zu finden. Die Auflösung des Euro halte ich für keine Alternative da sie zu kurzfristigen erheblichen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt in D. führen würde. Der europäische Gedanke hängt sicher nicht am Euro, das nutzt aber nichts wenn die deutsche Exportindustrie für ein bis zwei Jahre zusammen bricht.

  45. zu #45 Hans
    Euro Bonds lösen das Problem nicht, sondern schieben es nur auf. Je länger die eigentlichen Ursachen der Krise nicht beseitigt werden, desto schieriger und vor allem teurer wird es werden, aus der Krise wieder herauszukommen.

    Eurobonds werden die Bonität Deutschlands beeinträchtigen, mit der Folge steigender Zinsen. Das ist auch eine Zinsfalle. In die Deutschland tappt.

    Eurobonds werden auch politische Krisen wie zurzeit in Italien (und auch in den Niederlanden) nicht verhindern.

    Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, flankiert mit finanziellen Stützungsmaßnahmen zugunsten Griechenlands, könnte eine Entlastung bringen. Die restliche Eurozone könnte bestehen bleiben oder aber es tritt nur Deutschland kontrolliert aus der Eurozone aus und die restliche Eurozone bleibt erhalten. Siehe auch #37, die deutsche Industrie fertigt schon in großem Umfange in anderen Eurostaaten, kann durch Währungsabsicherungsgeschäften eine neue DM gegen eine befürchtete Aufwertung absichern. Darin hat sie in der Vergangenheit (DM Zeit)viel Erfahrung sammeln können.

    Die Spekulanten suchen sich immer das schwächste Glied (hier Griechenland) in der Kette aus, um den Euro zu sprengen.

    Man sollte nicht dem Gedanken erliegen (so schön er sich auch präsentiert), Deutschland könne den Euro retten (koste es was es wolle). Das übertrifft die Möglichkeiten Deutschlands und würde den Gesamtschaden in der Eurozone nur noch vergrößern.

    Was, wenn schließlich auch in Deutschland die Menschen wütend auf die Straße gehen? Und demonstrieren! Und streiken! Was wäre dann gewonnen?

    Deutschland scheint noch eine Insel der ungetrübten Seligkeit zu sein, das kann sich aber sehr schnell ändern. Schneller als erwartet ändern.

    Das unverrückbare Beharren auf dem Euro und der jetzigen Eurozone löst kein einziges der anstehenden Probleme, sondern treibt die Kosten nur in die Höhe.

  46. Was ändert denn ein Austritt von D. aus dem Euro an der Verschuldungssituation in Euroland? Ich sage dazu zuerst einmal ändert sich nichts man löst nur eine Wirtschaftskrise aus auf Grund der zu erwartenden Kapitalbewegungen. Die Staaten können diesen Schuldenberg eh nicht zurückzahlen. Für die Eurorettung gibt es eigentlich nur 3 Möglichkeiten erstens die Zinsen niedrig halten und die Schulden weg inflationieren, zweitens wie in Zypern Vermögen >100000 Euro heran ziehen und drittens das Kapital so besteuern das man mit dem Ertrag die Eurorettung zwischenfinanzieren kann. Das mit der Inflation ist in Zeiten der Lohndrückerei halt ein bisschen schwierig. Die beiden anderen Möglichkeiten würden eine Regierung voraussetzen die möglichst vor einer Wahl sagt was sie will um das Volk mit zu nehmen. So eine Regierung möchte das Volk halt nicht. Dazu muss D. übrigens nicht aus dem Euro austreten, denn dies Möglichkeiten sollten so gut es geht Euroland weit abgesprochen und realisiert werden. Ich bin mal gespannt wer eine bessere Idee hat.

  47. zu #47 Hans
    Der Euro ohne Deutschland würde abwerten und die Eurostaaten würden leichter exportieren können.
    Die Geldvermögen – hierunter auch das der Kleinsparer mit Lebensversicherungen und dem Sparbuch – wird bereits inflationiert. Trifft auch Pensionskassen. Eine sehr „soziale“ Maßnahme zur Eurorettung.
    Festgeld für 1 Jahr: 1% , Inflation geschätzte 1,8%, Abschlagsteuer 28% macht 0,72% Zinsertrag gegen 1,8% Inflation, Verlust ~ 1% pro Jahr.
    Das ist bereits Realität. Lässt sich aber noch steigern.

    Ein anderes Szenario:
    Was, wenn die Geldgeber nicht mehr bereit sind, die Staatsausgaben der Eurostaaten zu finanzieren? Wenn sie keine Staatsanleihen zeichnen? Dann steigen die Zinsen.

    Ab etwa 5% Zinssatz wird es für die ganze Eurozone (auch für Deutschland!) kritisch.
    Irgendwann kommt der Punkt, wo ein jeder Staat überlegen muss, ob er noch in dem Pokerspiel mitmacht, weil er vergeblich hofft, dass die Zinsen sinken. Dann muss gespart werden, auf Teufel komm raus oder die Steuern so erhöht werden, dass die Wirtschaft absackt.

    Die Eurokrise ist noch lange nicht ausgestanden, sie wird bald wieder hochkochen. Schon jetzt ist der Euro stark gestiegen und behindert die Exporte.

    Wenn George Soros (eigentlich György Schwartz) ein international erfolgreicher Spekulant in Sachen Währungen gerade jetzt die Ausgabe von Eurobonds (Schuldenvergemeinschaftung) empfiehlt, sollten die Alarmglocken schrillen. Zu glauben, von Soros einen ehrlichen guten Ratschlag erhalten zu haben, wäre fatal. Soros will sofort Wetten auf die Eurobonds abschließen, natürlich zu seinen Gunsten.
    Soros spekulierte 1992 aktiv gegen das britische Pfund, das seiner Meinung nach überbewertet war … mit Erfolg. Er tauschte geliehene Pfund gegen DM und franz. Franc. Und strich einen Riesengewinn ein.

    Das nur am Rande.

  48. zu runeB
    Der letzte Beitrag von ihnen geht nicht auf die Fragen die gestellt habe ein. Leider. Das die Länder ohne D. ihre neue Währung abwerten können ist schon klar damit werden ihre Schulden in Euro aber aufgewertet und wahrscheinlich das eine oder andere Land endgültig pleite sein außer D. schießt Geld zu. Dann sind wir soweit wie vorher, weil die Pleite eines Landes wie Italien oder Spanien können sich möglicherweise die deutschen Lebensversicherungen auch dann nicht leisten. Also es braucht schon eine Maßnahme die auch das Problem bekämpft. Das die derzeitigen niedrig Zinsen nicht sozial sind genau so wie Inflation mag so sein, aber ich sehe derzeit keine Alternative außer den oben genannten.
    Zu dem Thema der Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit eines Teiles der Euroländer. Euroland hat nach außen eine ausgeglichene Handelsbilanz. Das bedeutet das Euroland eigentlich eine stabile Position im Welthandel hat. Wenn jetzt einige Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit deutlich erhöhen wird Euroland einen Exportüberschuss haben. Wer soll dann das Defizit bekommen? Das Modell D. ist weder zukunftsfähig noch auf jedes Land übertragbar. Es können nicht alle Länder Exportüberschüsse haben. Es muss immer genau so viele Importüberschussländer geben. Wie es den Leuten geht wenn man versucht in einem Abwertungswettlauf immer die eigene Währung zu drücken und am besten die Löhne gleich mit, darüber wird es auch keine zwei Meinungen geben. Vielleicht gibt es einfach nicht mehr genug Arbeit für alle im arbeitsfähigen Alter um alle Güter und Dienstleistungen zu erzeugen die in Euroland gebraucht werden bei einer ausgeglichenen Handelsbilanz. OK, das ist aber ein anderes Thema als die Eurorettung.

  49. danke Hans, bleiben Sie dran, endlich ein Mensch mit m.E.Durchblick.
    Diese ganze Eurodebatte krankt auch daran, dass viele Leute die Vergangenheit vermissen. Wir D. hätten den Euro abgelehnt, aber uns hat man absichtlich nicht gefragt. Nicht vergessen, der Euro ist auch ein Preis der deutschen Wiedervereinigung.

    Nur hilft das nicht weiter, alte Leute werden sich immer nach der vermeintlich sicheren Vergangenheit sehnen.

    Zu den Problemen, der in der Vergangenheit versuchten ‚Problembewältigung‘ ein paar Sätze:
    Das Geld ist nicht weg, es ist nur woanders.
    Die Krise begann mit schlechten Ratings und in der Folge ruinös hohen Zinsen. Eine Menge Geld ist geflossen. Reaktion der Bundesregierung wie immer durchlavieren, auf Wahlen schielen, nur nicht den Bürger wecken. Die ganzen Rettungsschirme waren eine Folge dieses Fehlers.

    Eurobonds zum richtigen Zeitpunkt hätten dem ganzen Zinswucher die Grundlage entzogen und viel Geld gespart. Erst die Ankäufe von Staatsanleihen durch die Zentralbank haben dieses Leck geschlossen. Europa ist ein großer Binnenmarkt, der zu einem gedeihlichen Miteinander geführt werden muss. Kaputtsparen ist kein Weg. Europa könnte auf Grund seiner Größe allein schon wirtschaftlich stabil sein. Momentan wird es aber zunehmend politisch instabil.

    Eurobonds sind kein Füllhorn für Verschwender, das ist eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung. Die Schuldenstaaten bekämen das Geld ja unter Auflagen weitergereicht.

    Aber wieder einmal hat es keinen Sinn, vergangene Fehler korrigieren zu wollen. Die Frage ist, wie geht es weiter?

  50. zu #49 Hans
    Deutschland löst sich vom Euro, die übrigen Länder behalten alle den Euro. Die DM wird sich gegen den Euro aufwerten (siehe Beispiel Schweden, die den Euro nicht eingeführt hatten).

    Es findet vermutlich eine Abwertung des Euros (ohne DE) z.B auch gegen US $ statt, das erleichtert Exporte, die Schulden werden jedoch nicht aufgewertet, da die Länder ja im Euro verbleiben. Der Eurowährungsraum bleibt erhalten, allerdings ohne DE.

    Die Euro-Schulden werden lediglich abgewertet gegen US $ und die DM (nur als Beispiel genommen) wird aufgewertet.Im Euro-Währungsraum bleibt ein Euro ein Euro. Da ändert sich nichts.

    Es bestünde noch die Möglichkeit, in DE eine DM als Parallelwährung schrittweise einzuführen, um einen gleitenden Ausstieg aus dem Euro zu ermöglichen.

    Guthaben deutscher Versicherer in Euro-Anleihen von Italien oder Spanien werden entsprechend der Abwertung des Euros an Wert gegen eine DM einbüßen, das wären vielleicht 20 bis 25%. Dieser Wertverlust könnte durch den deutschen Staat kompensiert werden.

    Ist Ihre Frage (hoffentlich wenigstens zum Teil)nun beantwortet?

  51. zu runeB
    Ich will nicht jeden Denkansatz einfach abwehren, aber warum sollten die anderen Euroländer damit einverstanden sein das sich D. vom Acker macht? Wenn wir das machen ohne die anderen zu fragen wird das zur Folge haben das jedes Land, das die Möglichkeit hat, sich absetzt. Das Ergebnis wird sein das die Pleitestaaten mit ihrem Euro übrig bleiben und dann auch wirklich pleite sind. Das hätte wiederum Zahlungen von den Ländern die ausgestiegen sind zur Folge und wir wären wieder wo wir hergekommen sind. Das Problem ist einfach die Schulden sind da und es muss eine Lösung her wie mit ihnen umgegangen wird. Sich vom Acker machen wird wohl nicht der gangbare Weg sein. Leider.

  52. zu # 52 Hans
    Die Schulden sind nur eine Seite der Medaille, die andere ist die fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Die Schuldenseite müssen die Staaten selbst in den Griff bekommen, die fehlende Wettbewerbsfähigkeit wird durch die Abwertung des Euros (ohne DE)verbessert. Man kann diese Staaten nicht aus der Pflicht entlassen, ihre Aufgaben selbst zu lösen.
    Im Extremfall bleibt nur ein Schuldenschnitt übrig, wie er wohl in Bälde in griechenland kommen wird.
    Wenn sie das Schuldenproblem nicht selbst erledigen, werden dies die Geldgeber bewerkstelligen, indem keine Staatsschulden mehr finanziert werden. Das könnte DE auch passieren, wenn DE in zunehmenden Umfang über Eurobonds andere Staaten direkt finanziert. Das bleibt den Finanzmärkten nicht verborgen. Eurobonds schieben die Probleme nur auf, die Endabrechnung kommt irgendwann und die Rechnung wird dann noch teurer.

    Das Ausscheiden DEs aus dem Euro müsste einvernehmlich ablaufen, anders geht das gar nicht, die übrigen Staaten könnten DE dazu drängen, um den deutschen Einfluss zu beseitigen. Diese Idee hatte Soros bereits laut geäußert. Soros siehe auch #48.

    DE ist bereits bei den anderen Staaten verhasst, wegen der Spardiktate. Ohne DE könnten die anderen Staaten sich nach eigenem Gusto entwickeln und finanzieren.
    DE muss auf Sparen bestehen, sonst wird DE mit in den Abgrund gezogen. Es wäre verfehlt zu glauben, dass DE alleine den Euro retten kann.
    Eine Alternative wäre der freiwilige Austritt der besonders problembelasteten Staaten wie Griechenland, Zypern etc. Diese Staaten müsste man herauskaufen, wäre günstiger als die gesamte Eurozone gegen die Wand zu fahren.

  53. zu runeB
    Warum sollten Staaten wie Östreich, Finnland, Benelux und ähnliche auch nur im Traum daran denken das zu akzeptieren? Ich denke die schweigen im Moment dazu weil gar kein Anlass derzeit besteht zum Ausscheiden von D. nein zu sagen.

  54. zu # 54 Hans
    Wenn es um eine Abstimmung gehen würde, sind diese Staaten in der Minderzahl. Das ist ja auch eine Crux der EU, DE wird in der Regel überstimmt.
    Österreich und Finnland könnten auf die gleiche Idee wie DE kommen und eine eigene Währung (parallel zum Euro) einführen. Das Schweigen dieser Staaten ist beredt. Sollen die Deutschen doch die ganze Drecksarbeit machen, wir warten erst einmal ab, wie sich alles entwickelt. Dann könnten wir auch vielleicht aussteigen.

    Eine andere Variante wäre, die Aufteilung der Eurozone in einen Nordeuro und einen Südeuro.
    Anfangs, bei Einführung des Euros, war angedacht, auf den Eurobanknoten das Herkunftsland anzugegen. Das ist an dem heftigen Widerstand der Südstaaten gescheitert.

    Frage: Warum wohl? Dann wäre bald ein italienischer Euro weniger wert als ein deutscher oder finnischer Euro und einer aus Spanien noch weniger.

    Den Euromünzen ist jedoch anzusehen, woher sie kommen. Ein Schelm, wer Böses dabei (Banknoten) denkt.

    Eurobonds, also Vergemeinschaftung der Schulden, wird den Druck von den Problemstaaten nehmen, ihre Schwierigkeiten selbst zu lösen, und den Schuldenstand Deutschlands nur noch erhöhen. Mit der Konsequenz, dass DE auch noch für die Schulden anderer Staaten Zinsen zahlen müsste.
    Ob man das der eigenen Bevölkerung als sinnvoll verkaufen kann?

    Eurobonds Folgen liefern nur einen kostspieligen Zeitgewinn, lösen jedoch keines der Probleme.

    Im Endeffekt kann es zu einer Art Urknall kommen und die gesamte Eurozone fliegt auseinander, frei nach dem Motto: Rette sich wer kann.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die 18 EU Staaten (San Marino, Vatikanstaat und Monaco nicht mitgerechnet), die den Euro eingeführt haben, effektiv an einem Strang ziehen, ist nicht sehr vielversprechend.

    Der neue 5 Euro-Schein weist neben der lateinischen Schrift Euro, die griechische EYPO und neuerdings auch die kyrilische Bezeichnung: EBPO (=Euro) auf. Das bedeutet im Klartext, die jetzt schon beabsichtigte Aufnahme Serbiens und Bulgariens in die Eurozone.

    Es drängt sich die Frage auf, wieviele Problemfälle sollen noch in die Eurozone aufgenommen werden?

    Größte Skepsis ist angebracht. Leider!

  55. zu #50 sulaluz
    Die Einführung des Euro als Preis für die Wiedervereinigung ist eine schöne Legende, aber leider nicht wahr. Diese Legende diente als Argument, den (ungeliebten) Euro den den Deutschen aufzuzwingen.
    Helmut Kohl und Theo Waigel wussten genau, dass bei einer Volksabstimmung, die Einführung des Euro abgelehnt worden wäre. Es bestand doch nicht der geringste Anlass die DM, eine solide Währung, durch eine Kunstwährung zu ersetzen.

    Alte Leute sehen manche Probleme anders als junge. Das hat nicht unbedingt mit einer Sehnsucht nach alten guten Zeiten zu tun. Alte Leute denken an die Zukunft ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder, wollen vielleicht Geldvermögen – und seien es nur einige tausend Euro – vererben. Ist es da verwunderlich, dass man sich um die Stabilität der Währung Sorgen macht, wenn man schon erkennt, wie Geldguthaben systematisch inflationiert werden .. über niedrigste Zinsen, die obendrein noch versteuert werden müssen (vom Freibetrag einmal abgesehen).
    Alte Leute haben noch die Währungsreform in Erinnerung, als das alte Geld, die Reichsmark, wertlos geworden war.
    Seien Sie daher nicht so streng mit der Bewertung alter Leute.

    „Eurobonds sind keine Füllhörner für Verschwender, das ist eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung. Die Schuldenstaaten bekämen das Geld ja nur unter Auflagen weitergereicht.“
    Gott erhalte Ihren guten Glauben an die Redlichkeit der Politik. Bislang sind nahezu alle der angeblichen „Auflagen“ entweder fallengelassen oder aufgeweicht worden.
    Die Kanzlerin ist immer wieder vor den Forderungen der Südstaaten eingeknickt und es steht zu befürchten, dass sie diese Praxis fortsetzen wird, sucht sie doch schon Partner (SPD oder Grüne) für diesen Kurs.

    Erst die Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB (waren die überhaupt legal? Hat Draghi nicht sein Mandat überdehnt?)haben das Leck geschlossen. Kein Wunder, denn Deutschland haftet stets mit 27%, ohne jedes Mitspracherecht.
    Gleiches trifft auf den ESM zu. Auch hier haftet Deutschland mit 27%. Und der ESM sollte klammheimlich am Parlament vorbei in einem Küchenkabinett beschlossen werden.
    Hoffentlich setzt jetzt eine breite Diskussion über den Euro und dessen „Rettung“ ein, damit den Menschen die eigene Rolle in diesem Tauziehen bewusst wird. Ohne eine öffentliche Meinungsbildung wird die Politik weiter wursteln und die Lösung von Problemen von Wahl zu Wahl verschleppen.
    Leider .. leider.

    Tippfehler verbleiben ungestraft im Text.

  56. zu runeB
    Sie schreiben eigentlich ja selbst in ihren beiden Beiträgen das es wohl kaum möglich wäre das sich D. alleine vom Acker macht. Wenn die anderen halbwegs gesunden Länder auch noch gehen kann man die Krisenstaaten auch gleich pleite gehen lassen. Außerdem warum sollten sie es nicht tun? Als Südeuro alle Schulden durch eine Insolvenz streichen und wieder von vorne Anfangen. Es ist halt so das ab einer bestimmten Schuldenhöhe die Gläubiger mindestens das gleiche Problem haben wie die Schuldner. Außerdem haben wir auch heute keine Probleme damit Waffen nach Griechenland zu verkaufen obwohl klar ist das sie die nie werden bezahlen können.
    Zu dem Thema Diskussion in D. zur Zukunft des Euro. Das wäre schon wünschenswert, aber noch wünschenswerter wäre das vor einigen Wochen gewesen, dann hätte man rausarbeiten können das wir nicht davon laufen können und wie mögliche Lösungen aussehen könnten. 3 Möglichkeiten habe ich oben genannt. Eine davon ist Eurobonds. Keine halte ich für wünschenswert aber mir zumindest fallen keine anderen ein.

  57. zu #57 Hans
    Doch es gibt noch etliche Möglichkeiten:
    Die Verträge überarbeiten und ergänzen. Wer sagt, dass DE immer mit 27% haften muss, aber nur eine Stimme in der EZB wie Malta oder Zypern hat.

    Wenn DE entsprechend seines Anteils Stimmrechte hätte (hatte vor kurzem Jens Weidmann, Präsident der Bundesbank ins Spiel gebracht), sähe einiges anders aus.

    Man könnte auch einen (eventuell zeitlich begrenzten) Austritt eines Staates aus dem Euro in die Verträge aufnehmen oder gar einen Ausschluss eines Staates bei andauerndem Fehlverhalten.
    Wo ein Wille, ist auch ein Weg.

    Anstatt immer nur Geld rauszuschmeißen, sind vertragliche Regelungen erforderlich, die aber im Gegensatz zu allen früheren gebrochenen Verträgen(z.B. Maastrich-Kriterien) eingehalten und streng und automatisch sanktioniert werden müssten. Anders wird das nicht mehr in den Griff zu bekommen sein.

    Dass vor der Wahl am 22. September das Thema Euro bewusst von allen im Bundestag vertretenen Parteien ignoriert wurde, hat seit langem System. Einfach ein Thema tabuisieren und diejenigen, die da nicht mitmachen entweder (noch vergleichsweise harmlos) als Populisten oder noch härter als Nazi zu diffamieren.
    Es ist doch bezeichnend, dass Lafontaine schon vor einiger Zeit eine Rückkehr zu nationalen Währungen andachte, aber von seiner eigenen Partei gleich zurückgepfiffen wurde.
    Im Prinzip haben die Gläubiger das gleiche Problem wie die Schuldner nur mit umgekehrten Vorzeichen. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Merken die Gläubiger, dass es mit einem Staat bergab geht, werden sie kein Geld mehr bereitstellen. So einfach ist das.

    Es ist erforderlich, das ganze Gebäude der EU neu zu justieren. Da hat D. Cameron schon Recht. Vielleicht ist das in den Köpfen unserer Politiker ein bisschen angekommen. Wäre zu wünschen.

    Tippfehler bitten um Gnade.

  58. zu #57 Hans
    Es gibt noch mehrere Möglichkeiten.
    Dazu müssten Verträge ergänzt und/oder verändert werden.
    Zum Beispiel, dass ein Staat (eventuell zeitlich befristet) aus der Euro-Zone austreten kann oder härter aufgrund wiederholter Verfehlungen ausgeschlossen werden kann.
    In Zukunft müssen die Auflagen, unter denen Gelder gezahlt oder Schulden erlassen werden, streng überwacht und mit automatischen Sanktionen verknüpft werden. Es darf keine Aufweichungen mehr geben. Und Sanktionen müssen erfolgen. Und zwar automatisch. Sonst wird es keine Disziplin geben.
    Zu verhandeln wären auch die Beteiligungen der einzelnen Staaten an der EZB und am ESM. Es ist ein Unding, dass DE mit je 27% beteiligt ist, aber nur ein Stimme wie Malta oder Zypern hat. Nämlich eine Stimme von 18.
    Unter diesen Voraussetzungen wird DE stets überstimmt, wenn es um die Interessen der Südstaaten geht.

    Im Umkehrschluss könnte DE seine Beteiligung entsprechend seinem Stimmrecht auf 1/18 = ~ 5% reduzieren. Oder das zumindest ernsthaft verlangen.
    Gerechter wäre es, wenn die Stimmrechte an die Prozentsätze der jeweiligen Beteiligungen geknüpft wären. Einen entsprechenden Vorstoß hatte vor kurzem Jens Weidmann, der Präsident der Bundesbank gemacht. Wäre das so geregelt, hätte Draghi nicht ohne ausdrückliche Zustimmung seitens DE nach Belieben Staatsanleihen aufkaufen dürfen.

    Kennzeichnend bei Gründung des Euro war, dass DE (unter H. Kohl) bei Verletzungen der Verschuldungsgrenze automatische Sanktionen verlangte, was aber J. Chirac strikt ablehnte, während der niederländische Ministerpräsident „Helmut, gib nicht nach!“ rief. Vergeblich wie man inzwischen weiß.
    Frankreich setzte auch durch, dass Italien und Spanien Gründungsmitglieder des Euros wurden, obwohl beide Staaten wegen überhöhter Verschuldung gar nicht die Beitrittskriterien erfüllten, also gar nicht hätten beitreten dürfen.
    Zudem müssten Kompetenzen von der EU-Kommission auf die Staaten zurückverlagert werden.
    Das gesamte Bauwerk namens EU bedarf einer kritischen Überprüfung und Neuausrichtung.So wie bisher darf es nicht weitergehen. In dem Punkt hat D. Cameron Recht.

    Tippfehler wollen gnädig behandelt werden

  59. Was mir an den Debatten nicht so sehr gefällt, ist die Herausstellung Deutschlands „mit 27%“.
    Das heißt doch auch, dass alle anderen, auch viel schwächeren, „mit 73%“ dabei sind !

  60. zu # 59 maderholz
    Was, wenn diese 73% die Verpflichtungen, die sie eingegangen sind, nicht zahlen können (oder wollen)?

    Wer will denn die Euro-Bonds? Doch die 73% anderen. Weshalb? Etwa weil diese 73% unbedingt zahlen wollen?

    Dann könnten sie doch ohne DE Eurobonds auflegen.

    Im Übrigen gefällt mir die Debatte auch nicht, genauso wenig wie Ihnen. Allerdings aus einer anderen Perspektive. Das sei doch gestattet.
    Hier geht es um riesige Geldbeträge, für die DE haften soll.

    Weshalb eigentlich? Europa besteht nicht aus dem Euro. Europa wird es auch ohne Euro geben, dazu ist die Idee Europas als gemeinsames Haus schon zu tief in den Köpfen der Menschen verankert.
    Zu glauben, die anderen Staaten wären DE für diese Bürgschaften dankbar, führt in die Irre.
    In der Politik gibt es keine Dankbarkeiten, sondern es geht aktuell immer nur um (gemeinsame oder gegensätzliche) Interessen.
    Wer glaubt, DE könne allein den Euro retten, täuscht sich. Das übersteigt die Kräfte von DE.
    Weshalb vermeiden alle etablierten Parteien jede noch so kleine Diskussion bezüglich Euro-Rettung? Etwa weil das irrelevant wäre?
    Weshalb wird dieses Thema totgeschwiegen .. auch von den öffentlichen Medien?
    Sollte das nicht Anlass sein, nachdenklich zu werden?
    Diese Fragen sollten man sich vorlegen, bevor man irgendwelchen Erklärungen einer Partei Glauben schenkt.

    Es steht zu befürchten, dass den Deutschen ihre Gutgläubigkeit noch sehr teuer zu stehen kommen wird.
    Tippen, ohne Fehler zu machen, ist recht anstrengend. Auch das nervt.

  61. Da ich mich in Finanzfragen, vorwiegend wenn es um Staaten und globale Geldflüsse geht, rein gar nicht auskenne, halte ich mich besser zurück.
    Ein gewisses Grundvertrauen in „die da oben“, auch dass sie ihr Geschäft verstehen, habe ich noch.
    Viele Interessen unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach. Jede Nation will für sich das Beste. Die Akteure wollen wiedergewählt werden – sind Zwängen unterworfen…

  62. zu #61 maderholz
    Griechenland beabsichtigt, seine Schulden innerhalb von 30 Jahren zurückzuzahlen. Das galt bis vor einigen Tagen noch.

    Gestern in der Presse nachzulesen, dass man in Griechenland die Bitte um Verlängerung auf 50 Jahre als Option prüft.

    „US-Inverstorenlegende George Soros forderte unterdessen einen umfassenden Schuldennachlass für Griechenland. „Jeder weiß, dass das Land seine Schulden niemals zurückzahlen kann“, sagte er. Nur wenn die Gläubiger noch einmal auf die Rückzahlung ihrer Schulden verzichteten, würden private Investoren in das Land zurückkommen, dann könne das Land sich rasch erholen, lautet seine Forderung, die sicherlich auch nicht uneigennützig ist.
    Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) machte unterdessen deutlich, dass es einen weiteren Schuldenschnitt für das Eurokrisenland nicht geben werde.“ Aus Die Welt vom 8.10.2013 Artikel: „Griechenland kommt zurück“

    Die bisherige Euro-Rettungspolitik der deutschen Regierung war ein Zickzack Kurs ohne erkennbare Linie. Da waren offensichtlich „die da oben“ überfordert, ob das inzwischen besser geworden ist, ist zu bezweifeln.
    Man sollte abwarten, was da auf die Steuerzahler zukommt oder auch nicht.

  63. …der Zickzackkurs nennt sich anderswo auch „Fahren auf Sichtweite“ und wurde als kluges Handeln vielerorts gelobt. Er brachte auch Kapitän(in) Merkel einen großen Sieg.
    Abwarten was auf uns zukommt – das ist gut, das verstehe ich. ;-).

  64. Bleiben wieder eine Menge Fragen offen, die hier schon gestellt, aber nicht beantwortet wurden. (Auch nicht von der FR)

    1. Wenn jemand Geld verleiht, dann hat er es übrig.
    2. Wenn jemand Geld verleiht, geht er ein eigenverantwortliches Risiko ein.
    3. Er schätzt das Risiko ab und akzeptiert die Möglichkeit des Verlustes.
    4. Er fordert Sicherheiten, die in seinen Besitz übergehen, falls die Rückzahlung ausbleibt und verwertet diese zum Zeitwert.
    5. Der Schuldner hat Sicherheiten.
    6. Der Verleiher hat das Kapital, Verluste zu verkraften.

    Warum ist das ein Problem der Steuerzahler??
    Es kann doch nur dann zum Problem der Steuerzahler werden, wenn die obigen 6 Punkte nicht erfüllt wurden, also eine unsaubere Kreditwirtschaft betrieben wurde.

  65. zu # 63 maderholz
    Interessant dürften im Falle eines Schuldenschnitts die „alternativlosen Gründe“ sein.
    zu # 64 BvG
    Der Steuerzahler muss nicht nur die Schulden des Staates – ob er will oder nicht – irgendwann zurückzahlen, sondern auch noch dafür Zinsen zahlen. Das ist das Problem.

  66. Was demnächst auch bei uns spannend werden dürfte: Wie wird es bei uns laufen bei der anstehenden Europa-Wahl mit dem Stimmenanteil für rechtspopulistische Parteien wie der AfD?
    Inzwischen wissen wir ja aus den Medien, daß sich hier etwas zusammenbraut. Wir lesen von an die 30% für diese Gruppierungen in Österreich, wobei z.B. die FPÖ für mich noch weiter rechts anzusiedeln ist als die AfD (aber vielleicht irre ich mich da auch, wenn ich es nur an Herrn Lucke festmache). Auch die kürzliche Meldung über die voraussichtlich hohen Stimmanteile für den FN von Marine Le Pen gibt zu denken. Hierzu paßt auch der aktuelle Deutschlandtrend, das die Deutschen zwar mehrheitlich für mehr Aufnahme von Flüchtlingen in der EU plädieren, aber für die Aufnahme in D nur eine Minderheit.

    Quo vadis, Deutschland? Werden wir bei den nächsten Bundestagswahlen einen Kanzler Lucke bekommen, oder sehe ich da zu schwarz? Und welche Signale sendet die Linkspartei aus, wenn sich hier die Reformer breit machen und die Parteilinken an den Rand drängen, weil die Reformer unbedingt mal mitregieren wollen? Und wenn ich Recht habe, welche Kröten wären dann zu schlucken?

  67. Es ist doch in Wirklichkeit ganz einfach es gibt nie nur Schulden sondern wo Schulden sind ist immer auch Vermögen. Wenn man die Schulden reduziert reduziert man auch die Vermögen. Das muss halt wie in Zypern auch geschehen. Wenn Griechenland aus dem Euro austritt wird es anschließend Insolvenz anmelden. Das bedeutet das die Vermögen der griechischen Geldgeber weg sind und das ist bei jedem Schulden/Vermögensberg so. Nur wie sage ich das meinen Wählern?

  68. Eigentlich schade um Europa ! Der Gedanke war gut, nach zwei solchen sinnlosen Kriegen die Völker zu versöhnen und zusammen zu schließen. Aber immer wieder muss der Egoismus der Verantwortlichen zerstörerisch wirken. Nur nicht über den Tellerrand schauen – ich will meine Suppe allein haben.
    Vielleicht bekommen wir unsere auch allein aus zu löffeln. Ich muss das – wahrscheinlich – glücklicherweise nicht mehr erleben.

  69. zu maderholz
    Die Schuldenproblematik ist kein rein europäisches Problem. In Europa versucht man nur das Kapital besonders zu schonen. In den USA wurden in der Finanzkrise viele Banken geschlossen und sind auch Bundesstaaten zahlungsunfähig gewesen. Die Insolvenz ist ein natürlicher Teil des Kapitalismus. In Europa versuchen die Regierungen die Insolvenz von Banken und Staaten zu vermeiden und sind nicht in der Lage Regeln dafür zu finden. Das wird halt nicht funktionieren und ist einer der größten Minuspunkte der alten Regierung.

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