PIN muss Löhne selber zahlen

Die Debatte um Mindestlöhne geht weiter. Nach den Beschlüssen zum Postmindestlohn hat die PIN Group erst Massenentlassungen angekündigt und stellt nun Überlegungen an, den Mindestlohn zu umgehen. Die Entlassenen sollen nun angeblich bei der Post unterkommen. Während die Union weitere Mindestlöhne verhindern will, ist die SPD überzeugt von diesem Weg.

Auch die FR-Leserinnen und -Leser sind das – und stellen PIN miserable Zeugnisse aus. Etwa Erhard Schmidt aus Neumünster:

„Müssen die Betroffenen, müssen wir den 1000 wegfallenden Arbeitsplätzen bei PIN hinterher weinen? Ändert sich für die Betroffenen etwas, wenn sie weiterhin zur Arge gehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern? Ändert sich für uns etwas, wenn wir die Sozialleistungen weiterhin finanzieren müssen, die wir vorher auch schon finanziert haben? Für PIN ändert sich natürlich insofern etwas, als sie ihre Gewinnerwartungen nach unten korrigieren müssen, weil ihre Lohndrückerei nicht mehr durch die Sozialkassen subventioniert wird. Da kommt keiner mehr, um für PIN zu arbeiten und dafür das Geld von den Sozialkassen zu beziehen. Da muss PIN selbst Löhne zahlen. Wie unangenehm!
Schluss mit dem Sozialschmarotzertum solcher Unternehmen! Da schreien die Weltmeister der Marktwirtschaft aus FDP und CDU selbstverständlich auf. Aber der flächendeckende Mindestlohn ist ein Mittel, um die Subventionierung von Lohndrückerei zu erschweren. Ein anderes Mittel wäre es, die Sozialkassen zu berechtigen, von den Unternehmern, deren Hungerlöhne ausgeglichen werden müssen, diese Auslagen zurück zu verlangen.“

Georg-Michael Mathes aus Frankfurt:

„Erst heißt es „der Markt regelt alles“. Jetzt haben wir gleiche Bedingungen beim Lohn, den Arbeitgebern im Briefzustellergewerbe ist das aber auch wieder nicht recht. Die Arbeitsplätze, die da jetzt angeblich wegfallen, dürften mehrheitlich durch den Staat, also von uns allen, aufgestockt gewesen sein. Wenn die Unternehmen merken, dass in dem Gewerbe doch Geld verdient werden kann, werden diese Leute zu besseren Bedingungen wahrscheinlich wieder eingestellt. Der „Markt“ wird das regeln, denn Springer und andere wollen Geld verdienen!
Solange diese „Dienste“ sich nur die Rosinen aus dem Kuchen picken, die Briefe in der Fläche aber von der Deutschen Post verteilen lassen, ist hier keine Rede von gleichen Bedingungen. Erst wenn Pin und Co. auch in jeden Winkel dieses Landes die Briefe bringen, ist ein Wettbewerb möglich. Dann wird sich zeigen, wer das besser kann. Wenn Gewinne möglich sind, werden neben der Post andere Unternehmen bestehen, wenn nicht, machen diese eben wieder zu. So ist das mit dem „Markt“.“

Und wenn man hört, was Peter Bischer aus Lambertheim zitiert, dann kann man durchaus am Fortschritt der Menschheit zweifeln:

„’Unternehmen, deren Existenz lediglich davon abhängt, ihren Beschäftigten weniger als einen zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, sollen in diesem Land kein Recht mehr haben, weiter ihre Geschäfte zu betreiben. Mit einem zum Leben ausreichenden Lohn meine ich mehr als das bloße Existenzminimum, ich meine Löhne, die ein anständiges Leben ermöglichen.‘ Das sagte Franklin D. Roosevelt vor fast 75 Jahren. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Außer dass dieser Satz leider so gut wie in Vergessenheit geraten ist.“

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9 Kommentare zu “PIN muss Löhne selber zahlen

  1. Springer, WAZ, SZ… sind doch Eigentümer von PIN oder nicht?

    Was wollen die ihren Lesern nun verkaufen? Derartige Einstellungen sind schon pervers, anders kann man dafür keine Worte finden. Peter Bischer hat schon Recht, nicht das Recht auf Arbeit muß ins Gesetz rein, sondern das Recht auf ein anständiges Leben. Was als anständig zu definieren ist, wird Anhand con 1/5 der Diätenbezüge von Abgeordnete incl. Altersversorgung als Minimum definiert

    Ein scheiß Staat ist das geworden.

  2. Ich nochmal.. tschuligung.

    Man muß sich das mal reinziehen: Ich mache eine Firma auf, stelle Leute ein, die bezahle ich so, das sie bei 800paargequetschte rumkrebsen, diese gehen dann zu Vater Staat und der Steuerzahler bezahlt den Rest, damit sie nicht umfallen. Ich lache mir ins Fäustchen, mein Profit steigt und wenn Vater Staat meint, entlasse ich die Hälfte, hole mir die Aushilfe aus Rumänien oder so. Dann sagt Vater Staat ohje, müssen wir noch mehr bezahlen, also soll er sie ausbeuten, wir geben dann bißchen dazu, damit es nicht gar soo schlimm wird.

    Normal ist das alles nicht mehr.

    Tschuldige für das Doppeltippsing.

  3. Würde PIN (bei Lohndumping) mit Briefzustellungen erfolgreich sein, gingen dann logischerweise (besser bezahlte) Jobs bei der Deutschen Post verloren, weil nicht mehr Briefe befördert werden. Den eventuellen Einsparungen beim Briefporto stünden geringere Steuer- und Beitragseinnahmen des Staates und der Sozialkassen entgegen, die wir als Steuerzahler und Kassenbeitragszahler ausgleichen müssten. Ein solcher „Wettbewerb“ ist ein Nullsummenspiel. Wenn Monopole beseitigt werden sollen (wofür durchaus manches spricht), dann bedarf es dafür inteligente Unternehmenskonzepte, die auch Mindestlöhne vertragen.

  4. Die Briefe, die PIN bis jetzt beförderte, werden ja auch weiterhin zu befördern sein. Insofern entsteht bei der gelben Post ein Mehraufwand, der durch Einstellungen qualifizierter Mitarbeiter zu beheben sein wird. Diese finden sie am Arbeitsmarkt als ehemalige PINner. Wo ist das Problem ?

    Man kann eben nicht auf Teufel komm raus den Staatssäckel plündern………

  5. noch ein paar Ergänzung,

    erstens ist der Verlag DuMont-Schaumberg auch an PIN beteiligt, ferne die ddvg (indirekt).

    Zweitens hat Herr Gester selbst gesagt, warum die PIN AG und TNT konkursgehen, auch wenn er damit gegen den mindestlohn argumentierte: Die kleinen Zusteller sind nicht so produktiv wie die Deutsche Post AG, daher können sie nicht so hohe Löhne zahlen. Da sage ich, nuja das ist doch der Kapitalismus den die BILD und konsorten immer Einfordern: Billig, produktiv und gut. Kaum können sie es selbst aber nicht, wollen staatlich abgestütztes Lohndumping haben. Würde diese Konkurrenz zugelassen, dann würde die DPG AG weniger Briefe befördern, kleiner und unproduktiver werden. Ergebnis dieses Kampfes sind mehrere kleine Unternehmen, die sich den Briefmarkt aufteilen, unproduktiver sind als die Deutsche Post AG und damit im Ergebnis die Briefe entweder teurer machen müssen, oder über Lohnsenkungen und Qualitätsverlust sich niederkonkurrieren müssen. Denn der Briefmarkt ist ein natürliches monopol, ich bekomme nur viele Briefe, wenn ich die fläche komplett abdecke, dies geht aber nur, wenn ich neben den mühen der Ebene auch die Sahnehäupchen der Ballungszentren habe.

    Jeder vernünftige Mensch hätte von vornherein die Liberalisierung auf diesem Markt verhindern müssen und statt dessen einen vernünftig geführten Staatskonzern aufbauen sollen. Selbst im telekommunikationsmarkt hat die Liberalisierung zu schlimmsten Praktiken geführt: Wenn das TK-Unternehmen fehlerhaft liefert (Störungen, etc) dann muss ich auf meine Kosten (hotline etc.) dem Problem hinterher telefonieren. Regelmäßig passiert da erstmal eine pauschal Schuldzuweisung an mich (sie haben bestimmt), dann wird man mit offensichtlicher totaler inkompetenz der MitarbeiterInnen hingehalten, bzw. für dumm verkauft. Ich habe aus langjähriger Erfahrung mit TK unternehmen eins gelernt, ohne Einschreiben, Androhungen von fristloses Kündigung und Schadensersatforderung bewegt sich da nur wenig. Wer solchen Umgang begrüßt muss Rechtsanwalt oder total bescheuert sein. Und bevor jetzt irgenwelche auf die PReisfrage kommen: die Preise sind nicht aufgrund der Konkurrenz, sondern vornehmlich des technischen Fortschritts gesunken. Und außerdem sind die Preise nach der Liberalisierung künstlich nach oben getrieben worden (von der RegTP) um die Konkurrenz zu ermöglichen. Dass danach lange Preissenkungen möglich sind ist ja eh klar. Aber hat nichts mit den Leistungen des Marktes zu tun.

  6. Mindestlohn kostet Arbeitsplätze!!!
    Arbeitsplätze werden ins Ausland verlagert!!!
    Diese Sprechblasen werden von Politikern, die sich vom Volk wählen lassen dann aber die Interessen von Lobbyisten vertreten immer wieder angeführt.
    Keiner von diesen Politikern und sonstiger „Experten“ kann aber belegen, welche und wieviele Arbeitsplätze bei der Einführung des Mindestlohns in England, Frankreich und sonst wo, von dort in das Unternehmerparadies Deutschland oder sonst wohin abgewandert sind!

  7. Es ist schon erstaunlich, wie sowohl von einzelnen Unionsvertretern als auch von einem Professor gegenteiligen Namens der Unsinn verkündet wird, es entstünden mehr Arbeitsplätze für Postzusteller, wenn deren Lohn auf ein „markträumendes Niveau“ sinke, während ein Flächentarif Arbeitsplätze vernichte. Wieso eigentlich? Werden mehr Briefe geschrieben, wenn Zusteller schlechter bezahlt werden? Oder vergrößern sich dann Zustellbezirke? Wodurch entsteht der angebliche Mehrbedarf? Der angekündigte Abbau von Arbeitsplätzen der PIN bedeutet doch nur, dass die Verdrängung der bei der DP besser bezahlten Arbeitsplätze nun nicht mehr stattfinden kann! Und das ist auch gut so.

    Ein gesetzlicher Mindestlohn, der in nahezu allen vergleichbaren Industriestaaten (EU und USA) existiert, hat nirgends zu erkennbaren Arbeitsplatzverlusten geführt. Die Stärke der Marktwirtschaft liegt theoretisch (wie auch empirisch) nicht in einem Wettbewerb der Lohndrückerei, sondern bei gleichem Lohn (Flächentarif!) in höherer Qualität, effizienterer Vermarktung und Vertrieb, besserer Arbeitsorganisation oder Produktionsverfahren.
    Gleicher Lohn in einem Produktionsbereich ist überhaupt erst die Bedingung dafür, dass die originäre unternehmerische Leistung sich am Markt durchsetzen kann.

    Der in der Debatte um einen gesetzlichen Mindestlohn gebetsmühlenartig vorgetragene Verweis auf die Globalisierung und die Löhne in China oder Rumänien ist ganz abwegig, weil die einschlägigen Sektoren (Friseure, Gärtner, Sicherheitskräfte, Gebäudereiniger) gar nicht ins Ausland verlagert werden können. Wenn 1 Deutscher mehr Güter auf dem Weltmarkt verkaufen kann als 13 Chinesen, so kann es um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht so schlecht bestellt sein.

  8. @7. Horst Coujad
    aber klar: wenn es erst einmal Porto im Sonderangebot / Sommer- oder Wnterschlussverkauf gibt, können sich die Postzusteller vor lauter Arbeit nicht retten 😉
    )
    Aber im Ernst: Die Diskussion um (die längst fälligen) Mindestlöhne ist genau so pervers wie die „Geiz-ist-geil“-Mentalität, passt aber genau so in unsere verquere Zeit.

  9. Es ist gigantisch: Union und FDP votieren für den Missbrauch von Sozialleistungen! Was ist es denn anderes, wenn milliardenschwere Unternehmen wie der Springer-Verlag Löhne zahlen, die ein menschenwürdiges Leben ohne staatliche Stütze unmöglich machen.
    Ist es nicht super, dass der ehemalige Sozialminister Gerster aus Rheinland-Pfalz, Mitglied der SPD nun als Arbeitgeberverbandsvertreter Stimmung gegen den Mindestlohn macht. Der gleiche Gerster, der als Chef der Agentur für Arbeit verantwortlich war für die Umsetzung von Hartz IV. Hartz IV: Das war und ist die Grundlage für Löhne von 4 €; denn es gilt: jede nicht sittenwidrige Arbeit ist zumutbar.
    Und als Herr Gerster an der Spitze der Agentur für Arbeit total versagt hatte, wurde er mit einer millionenschweren Abfindung gegangen.

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