Eben noch Hoffnungsträgerin, jetzt belastet und befrachtet: Annalena Baerbock von den Grünen, die Bundeskanzlerin werden will, kämpft mit Plagiatsvorwürfen. Sie könnte ihre Position viel offensiver vertreten. Eine Meinung – und dann Ihre Meinungen. Armin Laschet (Kanzlerkandidat der CDU) hat zwei Bücher geschrieben: „Europa im Schicksalsjahr“ (Herder-Verlag 2016) und „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance“ (Kiepenheuer & Witsch 2009). Christian Lindner (Spitzenkandidat der FDP) hat zwei Bücher geschrieben: „Brückenschläge. Zwei Generationen, eine Leidenschaft“. (Mit-Autor: Hans-Dietrich Genscher. Hoffmann und Campe 2013) und „Schattenjahre. Die Rückkehr des politischen Liberalismus“ (Klett-Cotta 2017, alle vier Titel zitiert nach Wikipedia). Es sind programmatische Bücher, die von Einstellungen, Positionen und Haltungen zeugen. Es ist nicht bekannt, ob sich damit bisher ein „Plagiatsjäger“ befasst hat. Auch nicht der österreichische Publizist Stefan Weber, der Annalena Baerbock derart gern hat, dass er sich, wie er es gegenüber dpa ausdrückte, „in das Thema Baerbock verbissen“ habe, „weil da einiges zusammenkommt“.
In der Tat, das war schon einiges, was Baerbock Glaubwürdigkeit gekostet hat. Der Umgang mit ihrem Lebenslauf zum Beispiel. Sehr unschön. Die Grünen wurden davon im beginnenden Wahlkampf offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Sie hätten allerdings advon ausgehen können und sogar müssen, dass dieser Wahlkampf nicht auf der Basis von Sachthemen und Fakten geführt werden würde. Jedenfalls dann nicht, wenn man den Beharrungskräften in diesem Land den Vortritt lässt, so wie es jetzt geschehen ist. Die haben die Themen gesetzt, und diese Themen heißen nicht „Klimaschutz“, „Energiewende“, „Verkehrswende“ und was der Felder mehr wäre, denen sich dieses Land jetzt unbedingt zuwenden sollte. Sondern es geht um „Baerbock und ihre Plagiate“. Um Schläge unter die Gürtellinie. Wie gesagt: Die Grünen hätten es wissen können und sogar müssen.
Dabei könnten sie viel offensiver auftreten. Denn was ist ein Plagiat? (Statt zu zitieren, verlinke ich.) Kurz: Raub geistigen Eigentums und dessen Nutzung im eigenen Interesse ohne Kenntlichmachung. Was Literatur betrifft, könnte man sagen: Es geht ums Abschreiben. Feiner formuliert: ums Zitieren. In der wissenschaftlichen Literatur ist das eine unumgängliche Kulturtechnik, um Bezüge herzustellen, eigene Positionen zu bekräftigen und andere Positionen zu diskutieren. Von dieser Literatur reden wir aber nicht, denn das Buch „Jetzt“ von Baerbock ist keine wissenschaftliche Arbeit. In der Kunst-Literatur – sperriger, unschöner Begriff, aber um der Abgrenzung halber sehen Sie mir das bitte nach – wird die Sache mit der Transparenz völlig anders gehandhabt. Die Kommunikationsberaterin Claudia Cornelsen nennt das in der FR „literarisches Recycling„.
Ich mache es mal am Film fest. Nach „Lawrence von Arabien“ von David Lean aus dem Jahr 1962 konnte kaum noch ein Filmheld über eine Wüstendüne stolpern, ohne dass die Filmmusik die unvergessliche Melodie des Komponisten Maurice Jarre zitierte – leicht abgewandelt, denn sonst gäbe es urheberrechtliche Probleme, aber dennoch unverkennbar. Einer der meistzitierten Sprüche der Popkultur – „Beam me up, Scotty!“ – aus der 60er-Serie „Raumschiff Enterprise“ ist so zwar nie gefallen, findet sich aber z.B. auch in Songs von Marteria oder in „Big Bang Theory“. Ähnlich prägnant: „Ich hab da ein ganz mieses Gefühl“, erstmals geäußert von Han Solo in Star Wars (Episode IV) taucht nicht nur in allen Star-Wars-Filmen auf. Marvel hat dieses Konzept mit den zahllosen „Easter Eggs“ in seinen Superhelden-Filmen lustvoll auf die Spitze getrieben. Aber wie oft wohl die berühmte Szene aus „Casablanca“ mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in der einen oder anderen Weise in anderen Filmen zitiert wurde? Oder das „Hasta la vista, baby!“ aus Terminator II?
Ich darf auch aus meiner eigenen Praxis als Romanautor berichten, denn ich habe in meinen „Virenkrieg“-Romanen unzählige Zitate verarbeitet, vor allem aus Filmen. Ich habe sie selbstverständlich nicht im Buch kenntlich gemacht, da ich erwarte bzw. hoffe, dass meine Leserinnen und Leser ihren Spaß daran haben, diese Zitate zu erkennen und dann auf die Suche nach weiteren Zitaten zu gehen. Aber ich habe in meinen Texten auf meiner Autoren-Webseite ybersinn.de darüber geschrieben. Nicht um die Zitate offenzulegen, sondern um den Kontext zu offenbaren, in dem ich meine Romane sehe, angefangen bei dem Zitat: „Wie knüpft man an ein anderes Leben an?“ Wer das erkennt (es stammt aus „Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs“), wird auch sofort begreifen, dass das Romangeschehen in dem Moment, in dem das Zitat im Roman auftaucht, vor einen Hintergrund gestellt wird. Muss nicht funktionieren, denn nicht jede und jeder wird das Zitat erkennen. Kann aber funktionieren.
Indem Literatur sich auf sich bzw. frühere Literatur bezieht, stellt sie sich in einen Bezugsrahmen, der größer ist als sie selbst. Dabei ist exaktes Zitieren nach wissenschaftlichen Kriterien geradezu kontraproduktiv, denn es muss Raum zur Ausdeutung durch andere bleiben. Prof. Ingeborg Tömmel aus Osnabrück sagt genau dies in anderen Worten in ihrem Leserinbrief, der gleich als erster folgt, bezogen auf politische Literatur. Was genau politische Literatur ist, das sollte hier vielleicht mal die Frage sein. Denn Annalena Baerbock hat in „Jetzt“ weder eine Biografie noch ein Sachbuch geschrieben. Am ehesten ist das Buch nämlich eine Positionsbestimmung. Also die Bestimmung von Baerbocks Position. Statt darüber zu reden und es nach Kriterien zu durchforsten, die in dem Bezugsrahmen, auf den es sich bezieht, kontraproduktiv wirken, weil sie die Diskussion ablenken bzw. aufs falsche Gleis setzen, sollte man es auf seinen inhaltlichen Gehalt und damit auf die Konsistenz von Baerbocks Position prüfen. Was nicht bedeutet, dass eine Danksagung am Schluss des Buchs geschadet hätte, die Bezüge transparent gemacht hätte.
Nun? Wer hat’s gelesen?
Keine Einzelleistung, sondern Teil kollektiver Meinungsbildung
Baerbock, die „Plagiate“ und der Plagiatsjäger Stefan Weber: „Jetzt erst recht?“, FR-Tagesthema vom 8. Juli
Angesichts der anhaltenden Debatte über die angeblichen Plagiate von Annalena Baerbock, bei der leider auch die FR suggeriert, es handele sich um begründete Vorwürfe, möchte ich folgendes hervorheben: Baerbock hat ein Buch geschrieben, in dem sie ihre politische Positionen und die der Grünen insgesamt darstellt. Was daran soll ein Plagiat sein, selbst wenn Manches (laut FR ca. 250 Zeilen von 240 Seiten!) so oder so ähnlich schon mal von anderen gesagt oder geschrieben wurde? Politische Positionen sind das Ergebnis eines kollektiven Prozesses der Meinungsbildung und Prioritätensetzung und keine urheberrechtlich geschützten Einzelleistungen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich zu einem großen Teil um Positionen der eigenen Partei handelt, an deren Zustandekommen Baerbock ja ständig beteiligt ist. Es handelt sich bei einem solchen Buch somit keinesfalls um die Vorlage einer Einzelleistung wie bei einer wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit. Von Betrug wie bei Plagiaten in einer Doktorarbeit, bei denen die jeweiligen Autor-inn-en eine eidesstattliche Erklärung abgeben müssen, dass die Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und unter Angabe aller benutzten Quellen erstellt wurde, kann erst Recht keine Rede sein. Schon die Benutzung des Begriffs Plagiat ist somit im Fall Baerbock völlig fehl am Platze.
Zu Stefan Weber: Es ist schon merkwürdig, dass der Urheber der Vorwürfe in der Debatte kaum beleuchtet wird. Allenthalben ist von dem Medienwissenschaftler die Rede. Das suggeriert Objektivität. Beim Aufspüren von Plagiaten betätigt sich Weber allerdings nicht als Wissenschaftler. Vielmehr übt er diese Tätigkeit im Auftrag Dritter gegen Bezahlung aus, agiert also parteiisch. Wikipedia listet denn auch zu Weber zahlreiche Fälle auf, bei denen seine Plagiatsvorwürfe nachträglich von namhaften Persönlichkeiten oder Gremien als unberechtigt oder unbegründet zurückgewiesen wurden. Im Falle Baerbocks betont Weber allerdings, keinen Auftraggeber zu haben, sondern sein eigenes investigatives Hobby zu verfolgen. Das klingt kaum glaubwürdig, ist er doch als Österreicher nicht einmal von Baerbocks Wahlergebnis betroffen. Zudem erscheint es unglaubwürdig angesichts zahlreicher Akteure, die ein massives Interesse an der Diskreditierung Baerbocks haben: z.B. die Autoindustie, die Luftfahrtbranche, oder die INSM, die sich ja schon mit einer unsäglichen Kampagne hervorgetan hat. Sowohl die Motive als auch die Vorwürfe des selbsternannten Plagiatsjägers sind also mehr als fragwürdig.
Fazit: Die Medien und insbesondere die FR sollten den politischen Diskurs auf inhaltliche Positionen fokussieren und nicht sensationsheischend Schmutzkampagnen aufgreifen und weiterverbreiten. Das Beispiel USA sollte doch deutlich genug gezeigt haben, wohin das Abgleiten des politischen und medialen Diskurses in Lügen, Halbwahrheiten und Diffamierungen führt.
Prof. Ingeborg Tömmel, Politikwissenschaftlerin, Osnabrück
Tür und Tor sind offen für die Beliebigkeit
Kolumne „Literarisches Recycling“ und „„Risse bei den Grünen“, FR-Wirtschaft vom 10. Juli und -Politik vom 12. Juli
„Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?“, ließ Bertrold Brecht, der es auch nicht so genau nahm mit der Urheberschaft, seinen lesenden Arbeiter fragen. Natürlich hat Frau Cornelsen Recht, wenn sie konstatiert, dass ein Buch nicht das Werk einer einzelnen Person ist. Da gibt es Verleger:innen, Lektor:innen, Drucker:innen u.a. Aber das meint die Autorin wohl eher nicht. Sie spricht von einem Team, das ein Buch erarbeitet. Nur: Wenn es ein Team ist, dann sollten auch alle Teammitglieder als Autoren auftauchen oder wenigsten „unter Mitarbeit von“ erwähnt werden.
Sie beklagt das Verhalten Hitchcocks, Kandinskys, Thomas Manns. Alles Männer. Dies tut die Autorin, wie später deutlich wird, um die Gesamtproblematik zu gendern und damit wegzurelativieren: Wenn das Plagiieren bei Männern genial ist, dann ist es dies auch bei Frauen. Alles nicht so schlimm. Bei populären Bücher gelten nach Ansicht der Autorin noch niedrigere Standards (der Gesamteindruck zählt), womit Frau Baerbock dann reingewaschen wäre (wobei es mir nicht um Baerbock geht).
Nein, so geht das nicht. Plagiieren ist weder bei Frauen noch bei Männern „genial“. Es ist die Nutzung fremden geistigen Eigentums. Ein Sich-mit-fremden-Federn-Schmücken. Es ist die Verhöhnung aller Autor:innen, die sich der Mühe unterzogen, d.h. es sich nicht leicht machten (!), gründlich recherchierten und Quellen kontrollierten, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Mit dieser Argumentation werden Standards geschliffen und der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet.
Rüdiger Erdmann, Pattensen
Entscheidend ist das politische Tagesgeschäft
Die Kritik an Annalena Baerbock führt in eine falsche Richtung, auch wenn man zu Recht von einer Person, die sich für das Kanzleramt und damit immerhin das wichtigste politische Amt in Deutschland bewirbt, verlangen sollte, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und sich nicht gefühlt ständig zur Selbstbeweihräucherung mit falschen oder fremden Federn zu schmücken. Schließlich besteht die entscheidende Achillesferse, die über die Kanzlerinnenfähigkeit entscheidet, vor allem im Auftreten im politischen Tagesgeschäft, wobei zum Beispiel bei sehr vielen Stimmenthaltungen bei wichtigen Abstimmungen im Bundestag, dem selbstgewählten Rollenbild als außenpolitischer Falke insbesondere gegenüber Russland und China trotz des pazifistischen historischen Markenkerns der eigenen Partei und der Missachtung spezifisch ostdeutscher Befindlichkeiten in ihrem ausgesuchten Potsdamer Wahlkreis 61 sowie des in ihrer Zeit als grüne Landesvorsitzende in Brandenburg stattgefundenen nicht unerheblichen Veruntreuungsskandals sehr viele Zweifel existieren. Deshalb sollten die Grünen hier in jedem Fall trotz allen Ärgers, kaum noch über ihre eigentlichen Inhalte wie die Klimaschutzpolitik sprechen zu können, mehr Selbstreflexion zeigen, anstatt gleich Begriffe wie „Rufmord“ zu verwenden, die ebenfalls die politische Debatte vergiften und von wenig Souveränität und Professionalität zeugen!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Wen kratzt das angesichts des Brandes der Zukunft?
Die Demontage von Baerbock war doch zu erwarten. Statt weiter auf die sowieso aussichtslose Kanzlerinnen-Chance zu hoffen, erwarte ich jetzt Klartext. Egal, wie viele Stimmen es kosten wird: Sagt endlich, welche Politik unser Klima JETZT braucht. Plagiiert es ruhig Wort für Wort von der einschlägigen Wissenschaft. Wen kratzt das angesichts unserer längst in Brand geratenen Zukunft?
Der „Plagiatsjäger“ Stefan Weber, der herausgefunden hat, dass Annalena Baerbock bei Joschka Fischer und Jürgen Tritin (!!) abgeschrieben haben soll,will sich also jetzt Roland Habeck vornehmen. Für die GRÜNEN bleibt da nur zu hoffen, dass er nichts findet, was Habeck bei Baerbock abgeschrieben haben könnte.
Annalena Baerbocks Buch ist ein politisches Druckerzeugnis, kein literarisches Werk, kein Sachbuch und vor allen Dingen auch keine wissenschaftliche Arbeit im universitären Kontext, und nur für Letzteres gelten knallharte Regeln des Zitierens. Um Plagiate zu entdecken, muss man wiederum nicht über eine beachtliche Allgemeinbildung verfügen, und man muss sich auch nicht durch hinreichendes Wissen in den relevanten Fachgebieten auszeichnen. Der Plagiatejäger benötigt lediglich eine Suchmaschine. Und wenn er dann sogenannte Plagiate findet, zeigt das bei einem politischen Druckerzeugnis lediglich, dass Überlegungen anderer letztlich konstruktiv aufgegriffen worden sind, um die eigene politische Position inhaltlich zu verbreitern. Viel interessanter, aber auch für den Jäger herausfordernder und mühevoller wäre es, das politische Druckerzeugnis auf echte sachliche Fehler hin zu untersuchen. Denkt man an die Bundestagsdebatte, in der Annalena Baerbock die Erfindung der Sozialen Marktwirtschaft der SPD zuschrieb, gibt es jedenfalls eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, in ihrem Buch im Hinblick auf Fehler fündig zu werden. Diese Fehler müssen noch nicht einmal von großer Bedeutung sein wie etwa ihre Darstellung, im Reichstagsgebäude sei das Ermächtigungsgesetz beschlossen worden. Um das zu erkennen, hilft indes keine Suchmaschine. Man muss aber wissen, dass mehr als einen Monat vor dem Ermächtigungsgesetz der Reichstagsbrand war.
Sorry! Ich habe in meinem Kommentar beim Formulieren kurzzeitig die Zahlen vertauscht. Am 28. Februar 1933 brannte das Reichstagsgebäude in Berlin, und am 23. März 1933 wurde in der Berliner Krolloper das Ermächtigungsgesetz verabschiedet. Der Reichstagsbrand war somit etwa drei Wochen vor dem Ermächtigungsgesetz und nicht, wie ich geschrieben habe, mehr als einen Monat davor.
Gestern diskutiert man bei Markus Lanz eine Stunde fast nur über das Buch von Annalena Baerbock während gleichzeitig Feuerwehrleute in vom Klimawandel verursachtem Starkregen mit entsprechendem Hochwasser ersaufen. Das Ganze nennt sich dann Wahlkampf für die Bundestagswahl im September. Kann man eigentlich falscher unterwegs sein?
Und Laschet besitzt die Frechheit, vor der Kamera zu sagen, man müsse etwas gegen den Klimawandel tun.
Unmittelbar, nachdem ich hierzu sagte :“ausgerechnet der“, sagte der Reporter, als habe dieser meinen Ausspruch gehört: „Ausgerechnet Laschet, der ständig das Gegenteil praktiziert hat,…“
Ja, so sieht es, wie Hans oben schreibt, im Wahlkampf aus.
man kann als halbwegs intelligenter Mensch nur den Kopf schütteln ob der amateurhaften, naiven Fehler in der Darstellung der Kanzlerkandidatin Baerbock. Darüber könnte man müde lächeln, wenn es nicht schlimme Konsequenzen hätte:
Das völlige Versagen der grünen Kampagnenführung mit diesen anfängerhaften Fehlern hat zur Folge, daß die notwendige und von großen Teilen der Bevölkerung gewünschte Veränderung einer Politik des „Weiter so“ nach der Wahl im September ausbleiben wird.
Daß von den anderen Parteien (inkl. SPD und Linken!) und vor allem der Bildzeitung so brutal und teilweise unfair draufgeschlagen wurde – und weiter wird – ist nicht überraschend und hätte nicht stattfinden können ohne die gemachten Fehler der Grünen (nicht nur von Baerbock, wo waren die professionellen Berater?).
Wenn die anderen Kanzlerkandidaten von der Mehrheit der WählerInnen aus guten Gründen für inkompetent bzw. inakzeptabel gehalten werden und jetzt dennoch für wählbarer als die grüne Kandidatin erachtet werden, läßt das darauf schließen, daß einerseits die Gesellschaft durch derartige Kampagnen sehr zu beeinflussen ist und andererseits die Fehler der Grünen unverzeihlich sind, auch wenn sie objektiv im Vergleich zu Maskenbetrug von Unionsabgeordneten und dem Versagen von Verkehrs- und Gesundheitsminister keine negative Auswirkung haben, außer auf die Glaubwürdigkeit der Kandidatin, und das scheint entscheidend zu sein.
Es bleibt ein Traum, sich vorzustellen, was nach September mit einer grünen Kanzlerin alles möglich gewesen wäre, und es ist ein Horror, was bei einem „Weiter so“ vor allem beim Klimaschutz nicht passieren wird.
Schlimm für die Umwelt und schade für die enttäuschten Hoffnungen so vieler WählerInnen!
Ich bin gespannt, wann sich herausstellt, dass der ehrenwerte Herr Weber sehr wohl über den neutralen Aufklärungswillen hinaus die Interessen auch anderer betreibt, die sich über die Demontage von Annalena Baerbock freuen und ob er nicht doch auf irgendeine Weise dafür honoriert wird! Das Maß an Gehässigkeit mit der er – und andere – dies Geschäft betreiben, ist schon erstaunlich.
Dass sich jetzt auch die FR exzessiv daran beteiligt zu vermuten und zu spekulieren, noch dazu auf einer Doppelseite, finde ich als treue Leserin peinlich. Wenigstens Ihr könntet es einfach lassen. Es gibt so viele wichtige Themen!
Und dann profitiert auch noch von dem ganzen aufgebauschten Schlamassel ausgerechnet die unsoziale und uninspirierte Weiter-so-Laschet-Partei! Wie furchtbar! Soll das denn ewig so weiter gehen? Bild freut sich, die FDP reibt sich die neoliberalen Hände, weitere trübsinnige und rückwärtsgewandte Vertreterinnen der Scheuer- Seehofer-Klöckner-Ära dürfen so weitermachen wie bisher auf Kosten der unteren zwei Drittel der Gesellschaft, das diesen Leuten piepegal ist, denn von denen werden sie nicht gewählt. Auf diese Folgen darf ein Herr Weber wirklich stolz sein.
Was ist eigentlich ein guter und fairer Journalismus? Medienschelte für Analaena Baerbock ist ein Versuch, eine Kanzlerkandidatin als unglaubwürdig zu diskreditieren. Auch die übrigen Kanzlerkandidaten sind nicht ohne Fehl und Tadel und werden jedoch einfach nicht in gleicher Weise bewertet. Meinungsfreiheit von Journalisten sind in Wort und Schrift moralisch nicht grenzenlos und einfach so durch Schweigen hinzunehmen. Dafür gibt es die Rote Karte für unterlassene Fairness.
Der „Plagiatsjäger“ Stefan Weber, der herausgefunden hat, dass Annalena Baerbock bei Joschka Fischer und Jürgen Tritin (!) abgeschrieben haben soll, will sich also jetzt Roland Habeck vornehmen. Für die Grünen bleibt da nur zu hoffen, dass er nichts findet, was Habeck bei Baerbock abgeschrieben haben könnte.
Warum werden nicht Hochrüstung (rund zwei Billionen US-Dollar jährlich) und zahlreiche Kriege von den Grünen als die Umwelt und das Klima belastende unsinnige Ressourcenverbräuche, die beim sozialökologischen Umbau fehlen, thematisiert und skandalisiert?
@ Thomas Ewald-Wehner:
Ganz genau, dieses Thema betrifft uns alle, ist bedrohlich für den Weltfrieden, kostet viel Geld, das für viele wesentlich wichtigere Dinge gebraucht wird als für irrsinnige Kriege oder deren Exporte, Rüstung und Unterstützung von Rüstungskonzernen.
Statt dessen machen viele an Plagiaten herum, die nur einzelne Personen betreffen als ob wir keine anderen Probleme hätten. Herr Weber sollte sich mal um die Freilassung von Julian Assange kümmern.
Annalena Baerbock, die grüne Kanzlerkandidatin, hat ein Buch geschrieben. Dessen Aussagen decken sich zu großen Teilen mit dem Wahlprogramm ihrer Partei. Hier wie dort ist wenig Innovatives zu lesen. Zwar strebt man eine ökologische Wende an. Doch gleichzeitig will man die Ursache allen Übels, den Kapitalismus, reparieren. Welche Elemente dieser Profitideologie man durch menschenfreundliche ersetzen will, wird nicht klar. Frau Baerbock lässt den Leser im Unklaren, welche bereits theoretisch vorliegenden Gesellschaftsmodelle sie weiterdenken und letztlich umsetzen möchte.
Bei mir rief die Lektüre von „Jetzt“ den Eindruck hervor, dass die Autorin davon ausgeht, die Bürger würden politische Grundsatzfragen gar nicht interessieren. Weswegen eine Theoriediskussion nichts bringen und sich die Angesprochenen darum mit oberflächlichen Antworten auf nicht konkret gestellte Fragen zufrieden geben würden.
Baerbocks Ausführungen in den Kapiteln „Klimagerechter Wohlstand“, „Allianzen bilden“ und „Ein Industriepakt für die Zukunft“ liegen auf dem Niveau von Gerhard Schröders Agenda-Politik. Also nicht mehr als alter, gar vergorener Wein in neuen Schläuchen? Kein Wunder, dass dem investigativen Leser (anders als dem anscheinend drittklassigen Verlagslektorat) einiges bekannt vorkommt und man gern wüsste, welcher Geist da herumspukt. Dem Anschein nach hat Annalena Baerbock Ideen anderer aufgegriffen, ohne die Quellen zu nennen, möglicherweise gar bei wortwörtlichen Zitaten das Urheberrecht verletzt. Ihre Entschuldigung wirkt wie das Eingeständnis der eigenen Bildungsferne: Sie habe weder ein wissenschaftliches Buch noch ein Sachbuch geschrieben.
Aus dieser Auskunft lässt sich ableiten, dass man ihrer Meinung nach bei allen anderen literarischen Formen zum eigenen Vorteil extrem großzügig sein darf. Das darf man aber keineswegs, denn das Urheberrecht ist nicht auf wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Sachbücher beschränkt (siehe: Hartwig Ahlberg, Horst-Peter Götting (Hrsg.), Kommentar zum Urheberrecht; 4. Auflage, München 2018). Zudem lässt sich Frau Baerbocks Buch rein formal durchaus den Sachbüchern zuordnen. Siehe dazu „Sachbuch und populäres Wissen im 20. Jahrhundert“, Aufsatzsammlung, herausgegeben von Andy Hahnemann und David Oels, Frankfurt a. M. 2008.
Noch viel entscheidender aber ist aus meiner Sicht die Rolle, die den Staatsbürgern und Wählern zugedacht ist. Sie werden unterschätzt, geradezu diskreditiert. Und genau das lasse ich mir nicht gefallen.
Genauso wie ich von seriösen Autoren und Verlagen erwarte, dass sie die Regeln der deutschen Sprache einhalten, obwohl sie nicht wie Behörden, Schulen und die Rechtspflege zur Einhaltung der Amtssprache verpflichtet sind. Ein Kapitel wie „Von Staatskritikern zu Verfassungspatriot*innen“ ist allein wegen des Titels eine Zumutung – sowohl für Sprachästheten als auch für Demokraten.
zu @ Klaus Philipp Mertens
Ich kann nicht beurteilen ob ihre Sicht der Dinge die dieses Buch betreffen richtig ist oder die von Bronski in der Einleitung geschilderte. Es ist mir aber auch völlig egal. Wichtig ist dass das Richtige drinnen steht. Ob es abgeschrieben oder selbst erfunden ist wird wenn es umgesetzt wird keinen interessieren. Ob das so ist weiß ich nicht denn ich habe es nicht gelesen. Ich werde mir die nächsten Wochen genau anschauen was die Parteien zu unserer Zukunft sagen und dann meine Wahlentscheidung treffen.
Was mir bei ihnen schon lange auffällt ist das Olav Scholz ihr politischer Lieblingsgegner ist. Jetzt haben sie mit Frau Baerbock noch eine weitere Person gefunden gegen die sie anschreiben meinen zu müssen. Sie brauchen sich aber keine Sorgen zu machen sie werden ihren Herren Laschet schon als Kanzler bekommen. Zumindest kann ich mich nicht erinnern das sie zur Union etwas kritisches geschrieben haben. Ob aktuell nebenan oder in der Vergangenheit.
Ob Frau Baerbock bei irgendjemanden abgeschrieben hat oder nicht, ist mir völlig egal. Das sollen die betroffenen Menschen mit Frau Baerbock klären.
Wichtig ist doch, für welche Politik die Grünen stehen. Und da spricht die Vergangenheit, wie die aktuelle Lage Bände.
1999 der völkerrechtswidrige NATO-Krieg gegen Jugoslawien unter einer SPD-Grünen-Bundesregierung.
Privatisierung des Gesundheitssystems und Einführung der „Fallpauschalen“. Mit Hartz-Vier wurde laut Kanzler Schröder der größte Niedriglohnsektor etabliert. NATO-Kriege sind seitdem fester Bestandteil der Bundespolitik.
Alles unter aktiver Beteiligung der „Grünen“.
Woher kommt eigentlich die Idee, mit einer Grünen-Regierung würde eine fortschrittliche Politik in unserer Republik Einzug halten?
Wir brauchen Gewehre die schiessen, Drohnen zum Schutz „unserer Soldaten“. Die Rüstungsausgaben sollen auf 2% des BIP ausgeweitet werden. – Das wären über 80 Mrd. Euro. Baerbock nennt das „nicht zielführend“. Aus dem Kontext entsteht der Eindruck: Das ist zu wenig.
Habeck fordert Waffen für die Ukraine, Nordstream 2 soll nicht fertig gebaut werden. Die Hetze gegen Russland kennt keine Grenzen.
Nicht steigende Rüstungsausgaben sind das Gebot der Stunde. Abrüstung und Abzug aller Soldaten aus anderen Ländern brauchen wir, nur so kann unser Land einen wirksamen Beitrag zum Weltfrieden leisten.
Die Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt ist heute aktueller denn je.
„Frieden ist nicht alles; aber ohne Frieden ist alles nichts“.
Doch von einer zukünftigen CDU-CSU-Grünen-Regierung ist eine solche Politik nicht zu erwarten.
Nachtrag:
in meinem Kommentar von eben habe ich die Aussage „Wir brauchen Gewehre die schiessen, Drohnen zum Schutz „unserer Soldaten“ – Nicht als Zitat von Frau Baerbock gekennzeichnet.
Das sei hiermit nachgeholt.
@ hans
Ein dicker Punkt für Sie, Hans. Ich stelle mir diese Frage bei so manchem Kommentar hier im Blog, wenn mal wieder ein Sozi oder eine Grüne kritisiert wird: Was ist denn die Alternative?
Die Antwort ist nicht schwer: Die Alternative ist Laschet. Na dann, Herr Mertens oder auch Herr Boettel: Der Mann wird Ihre Wahlkampfhilfe sicher gern annehmen.
@ Stefan Briem:
Wo habe ich hier einen Sozi oder eine Grüne kritisiert, oder wo habe ich etwa Laschet gelobt?
Bevor Sie meine Kommentare kritisieren, sollten Sie sie richtig lesen.
@ hans vom 18. Juli
Da ich als Staatsbürger und Wähler wissen möchte, was sich hinter grünen, aber auch roten, dunkelroten, schwarzen und gelben Floskeln verbirgt, hake ich nach (die braunen/blauen Phrasen vernachlässige ich in diesem Zusammenhang einmal). In meinem Blog-Beitrag zu Annalena Baerbock und ihrer Partei habe ich das dezidiert getan. Schließlich leide ich als in Hessen und Frankfurt Lebender seit Jahren unter einem grünen Etikettenschwindel. Wenn es den Grünen um Klimaschutz (und allem, was damit verbunden ist) ginge statt um Pöstchen, hätten sie spätestens bei der Rodung des Dannenröder Forsts die Koalition verlassen müssen. Doch bereits der Ausbau des Frankfurter Flughafens (Terminal 3), die Belastung der Region durch Fluglärm oder die Vergiftung des Wassers auf dem gesamten Areal wären Anlass für eine Nagelprobe gewesen. Im Programm der Grünen bzw. in Frau Baerbocks Buch entdecke ich nichts, was meine Skepsis entkräften könnte. Trotz antisemitischer Parolen der Metallarbeitgeber gegen sie („10 Gebote“) hält sie fest am angestrebten Bündnis mit dem Kapital, was sie zwar anders ausdrückt, aber ich kann zwischen den Zeilen lesen.
Sie glauben, eine besondere politische Gegnerschaft zu Olaf Scholz aus meinen Leserbriefen herauslesen zu können? Doch diese Vermutung ist falsch. Schließlich war die SPD über vier Jahrzehnte meine erste Wahl. In meiner Heimatstadt im Ruhrgebiet gab es drei Dinge, die für einen ordentlichen Menschen verpflichtend waren: Man stimmte für die SPD, war Mitglied in der Gewerkschaft und hielt zu Borussia Dortmund (ersatzweise zu Schalke 04). Knapp 13 Jahre war ich Mitglied. Einige aus meinem Umfeld sind der Partei trotz besserer Einsicht treu geblieben und erhalten zurzeit im Abstand weniger Tage per E-Mail eine geistige Aufrüstung zur Bundestagswahl. Die Botschaften sind von extremer Schlichtheit geprägt (zu allem Überfluss haben „Adams Rippen“ ihre Sternchen verstreut) und lassen vermuten, dass der Parteivorstand die typischen Wähler der Partei in den bildungsfernen Schichten vermutet. Ich könnte Trauergesänge über die SPD anstimmen, doch warum sollte ich mich mit Olaf Scholz auseinandersetzen? Ich habe das Vertrauen und die Hoffnung in bzw. für diese Partei verloren. Und ein Blick auf die sozialdemokratischen Mitglieder des Frankfurter Magistrats verstärkt diesen Argwohn.
Die Gleichung, dass jemand, der weder für die Grünen noch für die SPD optiert, Armin Laschet unterstützt, stimmt bei mir nicht. Er ist so profillos, dass ich noch nicht einmal Ansätze für eine sachliche Kritik finde.
Aus alledem folgt, dass ich zwischen den Stühlen sitze oder stehe oder liege. Das ist die unbequemste und undankbarste Position und auf Dauer ist sie keine Alternative. Über eine solche, die realistisch wäre, denke ich viel nach.
@ Peter Boettel
Ihre Kommentare sind quasi durchgängig Sozi-Kritik. Ich habe von Ihnen noch nie ein positives Wort über Sozis gelesen. Zitate:
„Und die SPD hat mit Scholz, dem Wirecard und Warburg-Bank zum Verhängnis sind, auch nicht den richtigen Kandidaten, der zwar jetzt gute Parolen aussendet, aber mit seiner bisherigen Politik wenig glaubwürdig wirkt.“
Sie hämmern auf Scholz ein. Kein Wort über Laschet. Ihr Kommentar vom 9.7. Oder am 1.7.:
„Dass die SPD eine solche Tötungsmaschinerie im Haushaltsausschuss und vermutlich auch im Bundestagsplenum (Sondersitzung im September) abnickt, wird ihr, wie schon so oft, wieder zum Verhängnis und wundert sich dann nach der Wahl über ihre Verluste.“
Dass die CDU bei den Vorgängen im Ausschuss eine Rolle spielt, spielt bei Ihnen keinerlei Rolle. Immer nur feste druff auf die SPD. oder hier, 27.5.:
„Das Messen mit zweierlei Maß (passt zu Maas)scheint inzwischen zur Grundregel der Bundespolitik geworden zu sein. Und hier reihen sich die Grünen schon diese Haltung ein, wenn Baerbock höhere Kriegsausgaben, mehr Anlehnung an die USA und Harbeck Waffenlieferungen an die Ukraine fordert.“
Die Liste ist endlos fortsetzbar, ich habe das über viele Jahre verfolgt. Es gibt konstruktive Kritik, und es gibt Querschießerei. Bei Ihnen frage ich mich wirklich, wo Sie Ihren politischen Gegner verorten. Offenbar irgendwo im rot-rot-grünen Lager.
Ähnlich Klaus Philipp Mertens. Er hackt zwar auf Annalena Baerbock ein, aber im benachbarten Thread zur verschlissenen CDU macht er sich rar. Ihm fehlt die „Theoriediskussion“. Na wunderbar. Ehrlich gesagt, liebe Leute: Bei dieser Einstellung ist es kein Wunder, dass die Linken in Deutschland kein Bein auf den Boden bekommen. Ständige Selbstzerfleichschung ist nicht besonders attraktiv.
zu @ Stefan Briem
Sie haben natürlich recht, aber das ist das Problem der Linken. Um so weiter links um so radikaler. Sie haben nicht umsonst ein Buchproblem. Nur heißt die Autorin da Wagenknecht. Vor einigen Monaten habe ich hier in einer Diskussion über Linke( Sozialisten und Kommunisten) geschrieben: Sie springen als Freiheitskämpfer und landen als Polizeistaat. Bei dem was sie kritisieren kann man die Rechthaberei die dem zu Grunde liegt im Ansatz schon erkennen.
@ hans
Sie dürfen die Autorin Wagenknecht mit ihrem jüngsten Buch nicht in einen Topf werfen mit der Linken.
„Um so weiter links, um so radikaler“.
Was soll das und was soll das mit dem Springen als Freiheitskämpfer und Landung als Polizeistaat??
zu @ Jürgen Malyssek
Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Von der Partei hört man doch nie etwas anderes als Streit. Da schreibt jemand ein Buch und bekommt dafür natürlich nicht mehr und nicht weniger als ein Parteiausschlussverfahren. Was soll man dazu sagen, gehts noch? Das ist aber bei Linken oft ein Dauerzustand. Jeder meint er hätte bis zur letzten Kommastelle alleine recht und ist bereit das durchzusetzen. Was anderes ist in der DDR nicht passiert. Wie hat Mielke gesagt: Ich liebe euch alle oder so ähnlich. Wahrscheinlich hat er das sogar geglaubt. Vor ca 12 Jahren hatte ich ein Gespräch mit einem Betriebsratskollegen der 1989 aus der DDR in den Westen gekommen ist. Er hat damals gesagt das er niemals eine Partei wählen wird die auch nur ein bisschen links ist. Dazu hätte er genug erlebt was diese Menschen bereit sind anzurichten. Ich denke das man aus den Wahlergebnissen im Osten sehen kann das es noch mehr Menschen gibt die so denken und vielleicht haben sie sogar recht. Mir zumindest fällt kein Land ein indem es anders gelaufen ist. Wenn linke Freiheitskämpfer an die Macht kamen war es mit der Freiheit bald vorbei.
@ hans
Hören Sie doch bitte auf, mit der DDR und den Vergleichen zur Linken heute. Sie haben sich da in in ihren Vorurteilen und Urteilen festgemauert. Das Buch von Wagenknecht hat wenig mit der so politisch existierenden Linken in Deutschland zu tun. Wagenknecht kaut seit Jahren das wieder, was sie zur ‚Prominenz‘ weit über die Linken macht und merkt nicht, wie sie den Falschen in die Hände spielt. Sie kann’s nicht lassen und sammelt fleißig Anhänger, die sie eigentlich hellhörig machen sollte.
Die Linke heute ist genau so vereint wie manchmal zerstritten wie andere Parteien auch. Ein Parteiausschlussverfahren halte ich jetzt auch nicht für richtig, aber den Ärger der Linken, die ganz andere konkrete tägliche Arbeit leisten als die schreibende Wagenknecht, kann ich nachvollziehen.
Lassen Sie auch bitte die Geschichten aus den anderen Ländern der Welt, die überhaupt nicht vergleichbar sind, mit dem aktuellen politischen Leben hier.
Ihren Betriebsratskollegen aus der ehemaligen DDR müssen Sie nicht zum Vorbild nehmen. Lassen Sie ihm seine Erfahrung und reden wir über die Wirklichkeit heute in Ost und West. Wenn jener schon nicht „ein bisschen links“ verkraftet, dann ist die andere Seite vielleicht nicht so fern.
Dem muss man nicht unbedingt Gefolgschaft leisten.
zu @ Jürgen Malyssek
Meinem früheren Betriebsratskollegen habe ich auch damals nicht zugestimmt, aber solange es in der Linken Partei Leute gibt die Sympathien für einen Diktator wie Putin haben werde ich mir erlauben die Partei mit Misstrauen zu sehen.
@ hans
Gut, dann lassen wir das so stehen.
@ Stefan Briem:
Wenn Sie meine Kommentare zitieren, dann bitte vollständig, so dass deutlich wird, wie meine tatsächliche Einstellung ist.
Gerade das erste Zitat stellt den letzten Satz aus einer Kritik an der Union dar.
Und wenn ich von „Abnicken“ schreibe, wird doch deutlich, dass ich damit zunächst die Anträge/Punkte der Union im Bundestagsplenum und dessen Ausschüssen kritisiere und nicht in erster Linie die Zustimmung der SPD zu diesen Problemen.
Vielleicht sollten Sie auch erwähnen, dass ich neben Altmaier, Scheuer, Spahn u.a. in diversen Kommentaren und Leserbriefen auch die Politik Laschets, so erst vor wenigen Tagen, als er plötzlich im Rahmen der Hochwasserkatastrophe mit seinem Grinsen den Klimawandel erwähnt hat, den er vorher ignoriert hatte.
In gleicher Weise kritisiere ich viele andere Punkte von Laschet, z.B. sein Plädoyer für mehr Rüstung (gerade dieses Geld wird dringend für andere Probleme benötigt), seine verquere Steuerpolitik, fehlende Distanzierung von Maaßen, Ablehnung von Tempolimits u.a.m.
Würde er Kanzler, wäre dies eine Blamage für unser Land, man würde sich sogar Merkel zurückwünschen, vor allem aber würde ihn Söder auflaufen lassen wie seinerzeit Strauß mit Kohl umgesprungen ist.
Wenn ich auch verschiedentlich mit SPD und Grünen nicht einverstanden bin, dann gerade in den Fällen, in denen sie Positionen der Union unterstützen.
Ich hoffe, mich damit deutlich ausgedrückt zu haben.
Vielleicht erscheint es sinnvoll, wieder zurück zum Thema zu kommen.
Der sehr guten Einführung von Bronski und den Ausführungen von Prof. Ingeborg Tömmel über „kollektive Meinungsbildung“ ist im Prinzip nichts hinzuzufügen.
Dazu nur einige weiterführende Reflexionen und Beobachtungen.
Die Sprache ist durchsetzt von Begriffsbildungen und gedanklichen Fixierungen, die von einzelnen „erdacht“ wurden, aber längst ins kollektive Bewusstsein eingedrungen sind. Goethes „Faust“ etwa ist hierfür eine wahre Fundgrube. Und es wäre lächerlich, ständig den Autor und die Quelle zu nennen.
Die perfide Absicht der „Plagiatsjäger“ und ihrer Auftraggeber liegt ebenso auf der Hand wie der politische Hintergrund.
Nun könnte man den Spieß umdrehen und z.B. die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ wegen ihres demagogischen Pamphlets „Annalena und die 10 Verbote“ des Plagiats bezichtigen, werden hier doch weder der Autor noch die Quelle „belegt“. Das nur als Hinweis auf die Absurdität des Verfahrens.
Das eigentliche Problem des gezielten Missbrauchs an sich sinnvoller Verfahren liegt aber wohl tiefer, nämlich dass er von einer Seite erfolgt, die nicht nur gewohnt ist, sich materielle und geistige Werte anderer anzueignen, sondern die diese auch unverfroren als ihre eigenen deklariert.
Als Beispiel sei die Verwendung des Begriffs „Leistungsträger“ bei „Markt“-Ideologen wie etwa einem Herrn Lindner oder Herrn Merz genannt.
Wo werden von solchen Ideologen die wahren Erbringer der „Leistung“ genannt? – Eine Frage, die schon Brecht in „Fragen eines lesenden Arbeiters“ aufwirft.
Der Kern des Problems liegt demnach darin, dass bestimmte politische Parteien nicht nur ökonomische Interessen von kleinen gesellschaftlichen Minderheiten vertreten, sondern dass sie zu diesem Zweck sich auch der Sprache bemächtigen, dass sie Begriffe verdrehen und nach dem Marx-Wort agieren: „Die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der Herrschenden“.
Wen soll es da wundern, dass im Wahlkampf nicht politische Programme, sondern Lächerlichkeiten in den Vordergrund gerückt und in die Hirne eingetrichtert werden?
Für einen Gegenentwurf reicht es meines Erachtens nicht aus, die eigene Programmatik an den Mann und an die Frau zu bringen. Es muss auch das genannte Verfahren entlarvt werden und die Menschen müssen dazu gebracht werden, über diese nachzudenken und die Konsequenzen daraus zu ziehen.