„Klammheimlich“, schreibt  FR-Autor Jakob Schlandt in seinem Artikel „Kleinkunden müssen für Milliardenausfall bezahlen„, „hat die schwarzgelbe Bundesregierung die Industrie und wenige andere Stromsonderkunden um eine Milliardensumme entlastet und die Kosten den Kleinverbrauchern aufgebürdet. So sollen die Konzerne von den Gebühren für Stromnetze ausgenommen werden. Während bisher lediglich von einer minimalen Umverteilung die Rede war, ergaben Recherchen der Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung, dass die Privathaushalte 2012 durch diese Operation massiv belastet werden. Die Preiserhöhung beträgt demnach mehr als drei Prozent. Auf einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden kommt eine Erhöhung um mehr als 26 Euro zu.“

Achtung: Wir haben es hier mit einer Regierung zu tun, die zumindest in Teilen wieder und wieder davon redet, Steuern senken und die Einkommen entlasten zu wollen. Die geplanten Steuersenkungen sind noch nicht durch die Instanzen – die oben genannten Belastungen aber sind es. Das ist es wohl, was diese Regierung unter Wirtschaftspolitik versteht: Was hier gegeben wird, wird dort wieder genommen, und zwar in diesem Fall schon im Voraus.

Martin Krauß aus Fernwald:

„Das Bundesumweltministerium widerlegt die Prognose der Übertragungsnetzbetreiber zur Steigerung der EEG-Umlage in einer Pressemitteilung. Aber von den durch den Ausbau bedingten Stromkosten werden nicht nur immer mehr Industriebetriebe befreit, so dass die Kosten auf Verbraucher und Gewerbe konzentriert werden. Hinzu kommen:
Eine Gesetzgebungspanne bei der Regulierung der Strom- und Gasnetze, die die Energieverbraucher im kommenden Jahr bis zu zwei Milliarden Euro extra kosten kann. Die Netzbetreiber haben dadurch die Möglichkeit, die Entgelte für die Nutzung ihrer Leitungen zum Januar deutlich zu erhöhen. Sie waren bisher verpflichtet, ihre Netzentgelte pauschal um 1,25 Prozent pro Jahr zu senken. Diese Regelung hatte der Bundesgerichtshof im Juni kassiert. Die Bundesregierung hätte danach ein neues Gesetz verabschieden müssen. Nun reicht die Zeit bis zum Jahresende für ein Gesetzgebungsverfahren kaum noch. Die Netzbetreiber haben bereits höhere Entgelte angekündigt. Sie produzieren also die Kostensteigerungen auch selbst.
Und nach einer Änderung der Stromnetzentgeltverordnung am 28. Juni werden Strom-Großverbraucher (Industrie und z.B. Großrechner) komplett von den Netzentgelten befreit und die Kosten auf die restlichen Stromkunden umgelegt. Größenordnung: eine Milliarde. Begründung: Gleichbleibend hoher Strombezug entlaste das Netz. Solche „Netzstabilisierung“ ist Unsinn!
Wenn die Politik sich mehr für den schon wettbewerbsfähigen Windstrom an Land einsetzen würde, statt den doppelt so teuren Off-Shore-Windstrom zu begünstigen (Hessen will ihn sogar mit Landesbürgschaften fördern), wäre das eine wirksame Kostenbremse. So dient die „Energiewende“ immer noch den Konzerninteressen und behindert dezentrale, wettbewerbsstärkende Entwicklungen.“

Gerlinde Krönung aus Bad König:

„Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Stromkosten in 2012 deutlich steigen müssen. Die Entgelte für zu bauende Leitungen und deren Instandhaltung werden uns Verbrauchern bereits seit Jahrzehnten durch die Energie-Konzerne belastet. Alljährlich mit der Stromrechnung. Sie sind also bereits vielfach gezahlt. Einige Kommunen haben ihre früheren Anlagen von den Energie-Konzernen zurückgekauft. Dabei wurde offenbar, in den zurückliegenden Jahren waren weder Erneuerung noch Instandhaltung erfolgt, Entgelte aber waren erhoben worden. Die Medien hatten darüber berichtet. Nun soll noch ein weiteres Mal abkassiert werden.“

Jürgen Eiselt aus Frankfurt:

„Schade für die CDU, dass wieder einmal ein dreister Versuch von ungerechter Kostenverteilung zulasten der Bürger herausgekommen ist. Die Ökostromumlage soll für den Stromendkunden drastisch steigen. Viele Industrieunternehmen mit angeblich hohem Energieverbrauch erhalten von unserer Bundesregierung ein Milliardengeschenk durch ersatzlose Streichung dieser Umlage.
Es wäre so einfach gewesen: Die Regierung privatisiert die Industriegewinne durch geschenkte Steuern, und bezahlen soll es der kleine Stromendverbraucher. Die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit wird noch getoppt durch den dilettantischen Erklärungsversuch vom CDU-Phrasenschwinger Fuchs. Weiß er denn nicht, dass die Bundesregierung es jahrelang versäumt hat, die Gesetzeslücke in der Netzanbindung zu schließen, die jetzt Auslöser des kurzzeitigen Preisanstiegs geworden ist?
Was er zum Glück nicht erreicht: dem Endverbraucher Angst vor hohen Stromkosten einzureden und dies dann auf den Ökostrom abzuschieben. Der im Artikel genannte maximale Anstieg der Strompreise für einen Musterhaushalt auf 175 Euro im Jahr setzt voraus, dass absolut keine Energiesparmaßnahmen im Haus durchgeführt werden, der Strompreis stabil bleibt und Ökostrom schon 2013 wegen der nicht benötigten fossilen Brennstoffe erheblich billiger wird als Kohle- und Atomstrom. Weiterhin hat der Musterhaushalt keine gesetzlich verankerten preislichen Förderungen in Anspruch genommen, welche den Preis pro Energieeinheit deutlich senken würden.
In manchen Fällen ist es möglich, die gesamten Stromkosten im Monat zu kompensieren. Mit neuer Solartechnik und Kleinwindanlagen produzieren clevere Energienutzer nicht nur eigenen Ökostrom. Durch gesetzliche Regeln besteht sogar die Chance, sich einen Teil der Heizkosten bezahlen zu lassen. Das gilt auch für Mieter oder Immobilienbesitzer ohne geeignete Dachfläche. Es wird Zeit, dass die Bürger nicht nur hierüber umfassend informiert und natürlich gerecht entlastet werden. Durch die Begrenzung von Photovoltaik-Strom sind neu geschaffene Arbeitsplätze stark gefährdet, wenn sie nicht gar der Genickschuss für viele Solarbetriebe ist.
Hoffen wir, dass die Stromendnutzer nicht auf diese plumpe Volksverdummung von industriefreundlichen Lobbyisten und Harakiri-Politiker hereinfallen. Jeder Energienutzer hat selbst die Wahl, sich für den Einsatz von wirtschaftlich unschlagbaren und vor allem dezentralen Energieformen zu entscheiden.“

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4 Kommentare zu “Ökostrom als Sündenbock

  1. Wen der selbsternannten Umweltschützer interessieren schon ernsthaft die 175 Euro im Jahr?
    Den wenigsten davon dürfte diese Summe wehtun.
    Was mir aber durchaus wehtut, ist die Tatsache, dass in Hessen etwa 2% der Fläche für Versiegelung durch Windkraftanlagen ausgewiesen werden sollen.
    2006 hatten wir eine Versiegelung für Siedlungs- und Verkehrsflächen von 3,3%
    (Datenquelle: Hessisches Statistisches Landesamt (HSL/Liegenschaftskataster):
    http://www.hlug.de/fileadmin/dokumente/nachhaltigkeit/umweltindikatoren_web.pdf).
    Aber das nimmt der – gegen die Stromkonzerne, die (noch) Atom- und Kohlekraftwerke betreiben – Hasserfüllte natürlich gerne in Kauf.

  2. Das Ganze ist eine doppelie Benachteiligung der Kleinverbraucher. Der Ökostrom sorgt seit Jahren dafür das die Börsenpreise in Leipzig sinken. Davon profitieren in erster linie die Großverbraucher. Die Kleinverbraucher werden wegen fehlendem Wettbewerb davon ausgeschlossen und sollen den Großverbrauchern jetzt auch noch die Netze zahlen.Das ist Lobbypolitik in Reinkultur von einer Regierung die eine Energiewende nie wollte und auch nur unter dem Eindruck des Wahlergebnisses von Baden Würtenberg versucht vorzutäuschen das sie umgedacht hat. Eigentlich kann man jetzt nach einigen Monaten erkennen das alles dafür getan wird das die Energiewende doch nicht kommt.

  3. Die Bundesregierung nutzt die Energiewende nicht nur zur finanziellen Umverteilung zu Lasten der privaten Stromkunden hin zur energieintensiven Industrie. Der schwarz-gelben Energiewirtschaftspolitik fehlt in vielen Sektoren auch jede Logik. So macht beispielsweise die weitgehende Befreiung der stromintensiven Industrie von der EEG-Umlage und von den Netzentgelten den Strombezug so billig, dass sich im industriell-gewerblichen Bereich in zahlreichen Fällen der Einsatz von besonders energieeffizienten Blockheizkraftwerken betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen wird. Die Folge sind mehr CO2-Emissionen und höhere Abwärmeverluste. Unsinnig ist es auch, dass die Bundesregierung mit einer hohen EEG-Förderung den Ausbau der Windenergie in Nord- und Ostsee massiv fördert. Lastfernere Standorte sind nicht denkbar! Allein der Bau von Anschlussleitungen für die offshore-Windparks wird Milliarden verschlingen. Demgegenüber kommt u.a. der Ausbau von Blockheizkraftwerken, die direkt vor Ort Strom und Wärme produzieren – und damit Leitungskosten einsparen – deutlich zu kurz. Dem ehemaligen CDU-Bundesumweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer ist leider zuzustimmen, wenn er in dem FR-Interview kritisiert, dass der schwarz-gelben Koalition ein in sich logisch aufgebauter Masterplan für die Energiewende fehlt. Töpfer artikuliert mit Recht die Befürchtung, dass die CDU/CSU/FDP-Koalitionäre drauf und dran sind, die unbedingt erforderliche Energiewende mit ihrer weltweiten Vorbildfunktion fatalerweise in den Sand zu setzen.

  4. http://www.deraktionaer.de/aktien-deutschland/us-solarmarkt–2-000-prozent-wachstum-fuer-solarworld–first-solar–trina-und-co–17430419.htm
    Dieser Link streift das Thema zwar nur. Ich habe ihn aber eingestellt weil er belegt wie richtig die Förderung und der Aufbau der PV war und ist Nicht nur für unsere Kinder sondern schon sehr bald auch für uns. Es geht jetzt nur noch für Deutschland darum ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu bekommen. Die Förderung hat sich aber auch so gelohnt, weil die dargestellte Entwicklung dafür sorgen wird das die Preise für Energie langfristig sinken. Und damit wären wir wieder beim Thema

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