Die Flüchtlingspolitik spaltet Deutschland, spaltet die Regierungskoalition, spaltet aber auch die zweitgrößte Oppositionspartei, die Linke. Die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger vertreten ein Konzept der offenen Grenze ganz im Sinne des Prinzips der Solidarität mit Menschen, die Hilfe brauchen. Die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht tritt dafür ein, die Migration zu begrenzen. (Artikel „Unversöhnlich in der Flüchtlingspolitik„.) Einig sind sich alle höchstens in einem Punkt, der auch von der Regierung regelmäßig zu den Maßnahmen gezählt wird, die unternommen werden müssen: Fluchtursachen bekämpfen. Hier wäre wirklich mal Kreativität gefragt statt Grabenkämpfe und Parteienzank. Die Konservativen von CDU und CSU sind bisher nur kreativ darin gewesen, sich gegenseitig mit Vorschlägen für repressive Maßnahmen zu überbieten, was nicht das Geringste mit der Bekämpfung von Fluchtursachen zu tun hat, sondern vor allem mit der Drangsalierung von Schutzsuchenden. Die Linke ist da ein bisschen weiter: Waffenexporte begrenzen bzw. einstellen. Auch nicht gerade eine sonderlich origineller, geschweige denn neuer Vorschlag. Waffen werden gekauft von Menschen, die sie einsetzen wollen. Diese Menschen sind eine der Fluchtursachen, nicht die Waffen selbst.
Die Crux bei der Bekämpfung der Fluchtursachen ist, dass alle grundlegenden Maßnahmen, die da denkbar wären, nur mittelfristig wirksam würden. Beispiel Syrien: Selbst wenn es einer Friedensinitiative gelänge, den Krieg zu beenden, wäre damit keineswegs garantiert, dass das Land Frieden findet. Das hinge vom weiteren Verhalten des Machthabers Assad statt. Würde er einen Versöhnungskurs fahren oder mit Säuberungen überall da beginnen, wo er Gegner vermutet? Letzteres würde neue Fluchtursachen schaffen. Beispiel Afghanistan: Hier wäre es nach bald 17 Jahren „Operation Enduring Freedom“ durchaus denkbar, dass die von den USA geführte Allianz aufgibt, sich zurückzieht und damit das Land – vermutlich – wieder den Taliban überlässt, die dann möglicherweise versuchen, ihren mittelalterlichen Gottesstaat wieder zu errichten. Auch damit würden erneut Fluchtursachen geschaffen. Beispiel Afrika: Der Kontinent kommt aus vielen Gründen wirtschaftlich nicht auf die Beine. Korrupte Strukturen, Malaria, archaische Denkweisen der Menschen, aber auch die Handelspolitik etwa der EU gehören zu diesen Gründen. Die EU hätte durchaus Hebel, eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen dort zumindest zu unterstützen, aber eine wirtschaftliche Gesundung würde dennoch Jahre dauern. Viel geholfen wäre den Ländern dort, wenn es gelänge, den Bevölkerungszuwachs zu steuern. Die Malaria wird als wichtiger Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung immer noch vielfach unterschätzt. Laut WHO erkranken jährlich etwa 258 Millionen Menschen in 91 Ländern. Etwa 86 Prozent der Erkrankten leben in Afrika südlich der Sahara. Es liegt auf der Hand, dass neben der Gefahr für die Menschen die wirtschaftlichen Schäden immens sind. Ein Impfstoff würde helfen. Danach wird seit Jahrzehnten geforscht, zuletzt mit erhöhtem Druck. Es gibt inzwischen mehrere Ansätze, aber von einem Einsatz im Sinne einer Massenimpfung, für die natürlich auch noch die Akzeptanz der Menschen erreicht werden müsste, ist man weit entfernt.
Fluchtursachen bekämpfen, das ist also ein weites Feld. Hier kommt ein Vorschlag von Klaus Philipp Mertens als Reaktion auf die FR-Berichterstattung über die widerstreitenden Ansätze der Linken. Er sagt, die Flüchtlinge würden eigentlich zu Hause gebraucht, um dort auf Verbesserung der Verhältnisse hinzuwirken. Sie könnten dazu beitragen, die Herrschaftsverhältnisse zu verändern. Sein Leserbrief zog bisher zwei Erwiderungen nach sich, die ich im Anschluss an seine Zuschrift veröffentliche. Die Debatte.
An den Mülltonnen Europas
„Analyse und Bewältigung der so genannten Flüchtlingskrise sind zu wichtig für den demokratischen Diskurs dieses Landes, als dass man sie der AfD überlassen dürfte. Deswegen teile ich überwiegend Sahra Wagenknechts Bedenken gegen eine oberflächliche, die Komplexität des Themas verschleiernde Debatte.
Auch wenn ich nicht den Linken angehöre, erhoffe ich mir von dieser Partei wesentliche Impulse für eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit Ursachen und Folgen des Flüchtlingselends. Appelle allein an die Hilfsbereitschaft der Menschen hierzulande verfehlen ihr Ziel, wenn dadurch die Despoten im Nahen und Mittleren Osten, in Afghanistan und Afrika ermuntert werden, die Ausbeutung ihrer Länder fortzusetzen und ihre Landsleute notfalls der Barmherzigkeit Europas zu überantworten. Schließlich verlieren auch die Barmherzigen allmählich ihren Glauben an das Gute.
Denn auch in Europa mussten die politischen Freiheiten hart erkämpft werden. Noch vor 200 Jahren sah es so aus, dass Rechtlosigkeit und Unterdrückung der Massen nie enden würden; die Ideale der Französischen Revolution einschließlich der Freiheitsversprechen Napoleons schienen vergessen zu sein. Doch im Zuge der Industrialisierung, die zunächst neue Formen des sozialen Elends hervorrief, erwachte das Bewusstsein der Werktätigen erneut. Die Arbeiter- und sozialistischen Parteien gewannen an Bedeutung und Einfluss. Vordenker wie Marx und Engels ebneten Ferdinand Lasalle, Wilhelm Liebknecht, Wilhelm Weitling und anderen den Weg. Heute steht jede sozialistische Partei auf den Schultern von Karl Marx; selbst wenn besonders Sozialdemokraten regelmäßig wieder herunterfallen, weil sie nicht widerstehen können, wenn der süße Honig des Neoliberalismus lockt.
Den unterjochten Völkern Arabiens, Afrikas und Asiens wird kaum ein anderer Weg übrig bleiben als jener der Sozialisten im 19. Jahrhundert, wenn sie sich wirklich befreien wollen – befreien von Diktatoren, religiösen Fanatikern und überkommenen Werten, die bislang selten bis nie in Frage gestellt wurden. Darum ist es für mich sowohl schmerzlich als auch unbegreiflich, wenn junge Männer auf gefährlichen Fluchtwegen ihr Leben riskieren, um anschließend an den Mülltonnen Europas eine Existenz zu fristen, die in jeder Hinsicht entwürdigend ist und unweigerlich Frustrationen auslöst, die sich immer häufiger in Gewalt gegen Unbeteiligte, sogar gegen Helfer, entladen. Und so stehen Männer wegen verabscheuungswürdiger Verbrechen vor europäischen Gerichten und verschwinden für Jahre hinter Gefängnismauern; Männer, die für den Freiheitskampf in ihren Heimatländern gebraucht werden. Denn wer soll diesen sonst führen? Etwa Putin oder Trump bzw. deren Söldnertruppen?
Wenn die Linken-Politikerin Katja Kipping in Richtung Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht fordert, es müsse Schluss sein mit der öffentlichen Infragestellung von Parteibeschlüssen zur Flüchtlingsfrage, die im Prinzip das Weiter-so der Bundesregierung unterstützen, offenbart sie ein Maß an Konfliktscheuheit, das im Widerspruch zu den Grundanliegen einer linken Partei steht. Denn man kann sich nicht friedlich-schiedlich an den Konflikten dieser Welt vorbeimogeln. Und eine rote Diakonisse, die angesichts von Wiederholungstätern Versöhnung einfordert, wird nicht gebraucht.“
Klaus Philipp Mertens, Frankfurt
Wie wehrt man sich, wenn man von Bomben zerfetzt wird?
„Leserbriefschreiber Klaus Philipp Mertens rät gewohnt argumentationsstark den „aus den unterjochten Ländern Arabiens, Afrikas und Asiens“ nach Europa fliehenden Männern stattdessen in ihren Heimatländern zu verharren, weil sie dort für den Freiheitskampf gebraucht würden. Die Sozialisten im 19. Jahrhundert hätten das auch so gemacht.
Wie kämpft jemand für die Freiheit, wenn er gerade ohnmächtig zugucken muss, wie seine Frau von mehreren Staatsbediensteten vergewaltigt wird? Lasst das bitte? Ich hau euch gleich auch? Ich melde das der Polizei? Ich schreibe einen Leserbrief? Viel Erfolg, kann ich da nur sagen.
Das Pärchen, das mir das tränenerstickt erzählte, riskierte ihr Leben, um von der Elfenbeinküste über Foltercamps in Libyen nach Europa zu fliehen. „Lieber im Mittelmeer ertrinken, als so weiter zu vegetieren“, drückte es ein anderer Flüchtling aus.
Welche Chance haben Menschen (darunter auch Frauen), sich in ihrer Heimat von „Diktatoren, religiösen Fanatikern und überkommenen Werten“ zu befreien? Wie wehrt man sich, wenn der Körper von Bomben zerfetzt wird? Von einer Waffe vielleicht „made in Germany“. Wer ist hier derjenige, gegen den man sich wehren muss? Der Diktator/religiöse Fanatiker/Traditionalist, der diese Waffen kauft? Oder der demokratisch gewählte Politiker, der diese Waffen verkauft? In Deutschland lehnen übrigens 80 Prozent der Menschen so etwas ab. Eigentlich eine demokratische Mehrheit. Demokratie?
Wie wehrt man sich gegen Verhungern? Gegen Armut? Gegen kein Dach über dem Kopf?
Als in (Nord?-)Irland vor mehr 100 Jahren Menschen zu verhungern drohten, flohen viele von ihnen in die USA, integrierten sich problemlos und bereicherten dort das Land mit ihrer puren Anwesenheit.
Am besten können alle nach Europa kommen und jenen Politikern und Konzernchefs auf’s Dach steigen, die als Schreibtisch-Täter ihr Leiden verursachen. (Ein winziges Beispiel dafür : Jene Politiker, die Kohle dafür nehmen, daß sie gegen den Kohleausstieg sind). Damit die zurück gelassenen Diktatoren und religiösen Fanatiker nicht vereinsamen, könnten wir ja stattdessen unsere Rassisten von der AfD nach Syrien und Libyen ausweisen. Männer wie Frauen. Die können sich dann mal so richtig austoben. Mit echtem Krieg. Echtem Verhungern. Echten Diktatoren. Man ist ja kein Unmensch. Wird man ja mal sagen dürfen.“
Ralf-Michael Lübbers, Marienhafe
Ideen für Seehofers Masterplan
„Ein Mantra in der Flüchtlingsabwehrdiskussion ist die Forderung, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Unausgesprochen wird dies mit der Erwartung verknüpft, die leistungsstarken, gut motivierten und teilweise auch gut ausgebildeten Flüchtlinge sollten zu Hause bleiben und beim Aufbau ihrer Länder mitwirken.
Dieser Gedanke ist nicht abwegig, aber allenfalls langfristig zu verwirklichen. Und wer im Augenblick in seinem Heimatland keine Perspektive sieht, wird kaum abwarten, bis dort „blühende Landschaften“ entstehen.
Nicht nur abwegig, sondern auch zynisch ist dagegen die Vorstellung von Philipp Mertens in seinem Leserbrief vom 21.6.2018. Er meint, die Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen, ermuntere die Despoten, „die Ausbeutung ihrer Länder fortzusetzen und ihre Landsleute notfalls der Barmherzigkeit Europas zu überantworten“. Die unterjochten Völker Arabiens, Afrikas und Asiens müssten sich deshalb nach dem Vorbild Europas im 19. Jahrhundert selbst befreien, und es sei unbegreiflich, dass junge Männer auf gefährlichen Fluchtwegen ihr Leben riskieren, während sie in ihren Ländern für den Freiheitskampf gebraucht werden.
Den Gedanken sollte man in der Tat in Seehofers Masterplan aufnehmen: An der bayerischen Grenze wird ein Flüchtling von einem – natürlich bayerischen – Grenzbeamten höflich, aber bestimmt darauf hingewiesen, er solle doch bitte nach Syrien zurückkehren und am Freiheitskampf der noch verbliebenen Aufständischen gegen das Assad-Regime teilnehmen. Oder der Flüchtling aus der sogenannten, aber nicht ganz so Demokratischen Republik Kongo darf im Ankerzentrum noch Flugblätter drucken, die zum Sturz des Diktators aufrufen, und wird dann damit in sein Heimatland abgeschoben. Er kommt garantiert nicht zurück, denn er wird sicherlich von der dortigen Polizei verhaftet und entweder zum Tode verurteilt oder zu Tode gefoltert.
Mit derselben Überlegung hätte man wohl auch in den Jahren seit 1933 die jüdischen Flüchtlinge nach Deutschland zurückschicken müssen, damit sie Hitler stürzen. So mussten die Alliierten das tun, was das deutsche Volk nicht geschafft hat.
Nicht erklärlich ist für mich allerdings, wieso Herr Mertens sich eingangs seines Leserbriefs auf Sara Wagenknecht beruft. Das hat sie nicht verdient.
Illegale Immigration wurde lange Zeit – insbesondere von Volkswirtschaften wie der US-amerikanischen oder der britischen – als eher willkommene Wachstums-Spritze betrachtet, weil die zuwandernden Migranten sich mehr oder weniger zu Dumpinglöhnen verdingten, Dies hat sich bekanntlich inzwischen sowohl in den USA wie im UK grundlegend geändert. So war die Zuwanderung vieler Osteuropäer nach Großbritannien ein Hauptgrund für den Volksentscheid hinsichtlich des Brexit. Und Donald Trump werkelt immer noch an einer Mauer gegenüber Mexico und rigiden Einwanderungsbeschränkungen für Muslime.^^ Südafrika profitiert von der Zuwanderung von billigen Arbeitskräften, wobei es aber immer wieder zu Zusammenstößen mit einheimischen nicht-weißen Südafrikanern kommt. Während z.Bsp. Bantus aus Malawi wegen ihres Fleißes in Südafrika sehr geschätzt werden, gilt dies häufig weniger für einheimische Xhosas , die eher als faul und antriebsarm gelten. ^Das Argument, Europa müsse für afrikanische Länder einen riesigen „Marshallplan“ bereit stellen, damit Flüchtlinge von ihrem Fluchtvorhaben in Richtung Europa absehen, übersieht geflissentlich , daß die finanziellen Mittel, die bereit zustellen wären, natürlich mit Kautelen der Verwendung zu versehen wären, d.h. daß afrikanische Staaten Kontrollmechanismen durch die europäischen Geberländer hinnehmen müßten. Dazu sind aber bisher die afrikanischen Staaten nicht unbedingt bereit. Auch lehnen afrikanische Staaten ganz offen die Einrichtung zentraler Asylanten-Camps auf ihrem Staatsgebiet ab. ^Die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU ist eine der Hauptgründe für die Magnetwirkung , die Europa auf afrikanische Immigranten ausübt, wobei die Grenzen zwischen im strengen Sinne Asylanten und Bürgerkriegsflüchtlingen einerseits und reinen Wirtschaftsflüchtlingen andererseits nun einmal fließend sind. Es führt also kein Weg an der Notwendigkeit vorbei, das Frontex-Personal an den Außengrenzen der EU massiv aufzustocken, um eine unkontrollierte Immigration weitgehend zu unterbinden. Auch müßte die EU-Kommission einen Rechtsrahmen für die legale Zuwanderung in die Europäische Union beschließen (Mindestvoraussetzungen für Zuwanderer hinsichtlich ihrer Qualifikation) , die dann in nationales Einwanderungsrecht umzusetzen wären. Es fehlt bisher einfach an einer europäischen Deklamation, daß illegale Zuwanderung in Europa unerwünscht ist. Wenn genügend illegale Immigranten in ihre Heimatländer zurück gebracht werden, wird sich dies herum sprechen.
In meiner Zuschrift bezog ich mich explizit auf jene jungen Männer, die mutmaßlich einer irrigen Hoffnung gefolgt sind und in Deutschland sowie in wenigen anderen europäischen Ländern nach einer riskanten Flucht landeten. Sie werden das, was Ihnen an schulischer Bildung, an Berufs- und Sprachkenntnissen fehlt, frühestens in zwei Jahrzehnten aufgeholt haben, wenn überhaupt.
Während dieser Zeitspanne werden sie als Parias unter den Elenden mehr dahinvegetieren als leben. Und sie werden regelmäßig als Sündenböcke jener herhalten müssen, die in Deutschland geboren wurden, aber den Anschluss verloren haben. Auf diese Weise destabilisieren sie ungewollt die Demokratie dieses Landes, weil sie Faschisten wie die AfD auf den Plan rufen, und sie ändern nichts an den katastrophalen Zuständen in ihrer jeweiligen Heimat.
Wenn man von der Bekämpfung der Fluchtursachen redet, muss man vorrangig von der Änderung der Systeme sprechen, die Diktatoren wie Assad immer wieder hervorbringen. Denn autoritäre Gesellschaftssysteme werden die breite Teilhabe ihrer Bevölkerung an wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen nicht zulassen, weil sie sich dadurch über kurz oder lang selbst infrage stellten. Selbst einige Milliarden zusätzlicher Wirtschaftshilfe aus Europa werden an diesen Zuständen nichts ändern können.
Zugegeben: Ich verfüge über kein Patentrezept. Aber ich halte die Bildung autonomer Regionen mit eigener wirtschaftlicher und sozialer Infrastruktur in Syrien, im Irak und in afrikanischen Ländern, deren militärische Sicherheit durch die EU gewährleistet wird, für eine Alternative und sehe dort erheblich größere Erfolgsaussichten als in Afghanistan. Hierzu bedarf es aber der Menschen, die derzeit in Europa ihr Heil suchen und allzu häufig an der Mülltonne landen.
Ein solcher Befreiungskampf wird kein Spaziergang sein. Denn er richtet sich ebenfalls gegen die Interessen und Machtansprüche des globalen Kapitalismus, die bislang im engen Bündnis mit Usurpatoren im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika die gegenwärtigen Verhältnisse erst möglich gemacht haben. Folglich muss der zivile und gewaltfreie Widerstand gegen die Ansprüche des Neoliberalismus in dessen Zentren neu entfacht werden.
Vielleicht schlägt jetzt die Stunde der „gewaltfreien Aktion“, die der Politologe und Friedensforscher Theodor Ebert vor einem halben Jahrhundert skizzierte. Er ging damals von einem dreistufigen Modell aus:
1. Stufe: Protest als Verneinung, das Aufzeigen besserer Möglichkeiten als der stillen Bejahung der Zustände.
2. Stufe: Legale Nichtzusammenarbeit als Verneinung, legale Rollenübernahme (Erneuerung, Praktizieren von Erkenntnissen) als Bejahung einer Wende.
3. Stufe: Verneinende Form: Ziviler Ungehorsam; bejahende Form als offene Gesetzesübertretung: Zivile Selbstverwaltung.
Doch wie auch immer: Man muss sich etwas Kreatives einfallen lassen. Ein „Weiter so“ führt nicht weiter.
Sahra Wagenknecht hat mMn recht, wenn sie Katja Kippings Ruf nach offenen Grenzen entgegenhält, dass die unbegrenzte Zuwanderung aus Afrika nicht den Ärmsten hilft, weil diese sich die Reise nach Europa gar nicht leisten können. Auch für mich beinhaltet eine solche vermeintliche Humanität und „Weltoffenheit“ die fromme Illusion, damit die Ungerechtigkeit in den Herkunftsländern beseitigen zu können. Zwar bewirken die Geldleistungen der Ausgewanderten an die Familien in der Heimat, dass sich deren Lebenssituation bessert, dass deren Kinder dann dort gute Schulen besuchen können, aber sie haben auch zur Folge, dass den dortigen Regierungen viel von der Verantwortung und dem Druck, die Lebensumstände in diesen Ländern zu verbessert, genommen wird und die wirklich Ärmsten in ihrer Misere verharren müssen.
Die Crux bei der Forderung nach mehr Hilfe für die Entwicklung vor Ort ist leider, dass der Emigrationswille offenbar nicht abnimmt, wenn ein Land besser entwickelt ist – so stellt es zumindest die Migrationsforscherin Franzisca Zanker in der FR vom 24./25-03.18 dar: „Es ist sogar so, dass der Wunsch auszuwandern in Ländern stärker wird, denen es auch wirtschaftlich besser geht, weil sich damit neue Möglichkeiten erschließen.“ (S. 3)
Der gern angeführte Spruch, dass niemand sich freiwillig auf die Flucht begebe, stimmt also nur bedingt. Wenn es sich um eine tatsächliche Flucht vor Krieg und Verfolgung handelt, ist er richtig. Aber es gab und gibt in der Geschichte unserer Spezies immer Menschen, die sich auf den Weg zum vermeintlich besseren Leben machten und machen, auch wenn sie sich damit in Gefahr begeben und der Ausgang ihrer strapaziösen Unternehmung unsicher ist.
Das beste Beispiel dafür sind die amerikanischen Siedler, die als Immigranten bereits auf dem neuen Kontinent angekommen waren und an der Ostküste weder verfolgt wurden noch verhungern mussten. Dennoch begaben sich viele von ihnen auf die lebensgefährlichen Trecks über die Rocky Mountains, auf der Suche nach dem gelobten Land.
Und für sie gab es keine NGOs, die sie unterwegs aufgesammelt und vor dem Tod bewahrt hätten.
Wir werden also einerseits aus humanitären Gründen dazu beitragen müssen, die Situation in den armen Ländern zu verbessern, etwa mithilfe von Ausbildungs- und Studienplätzen mit Rückkehrverpflichtung oder direkt vor Ort, um die jungen tatkräftigen Menschen dazu zu befähigen, funktionierende Staaten aufzubauen, aber auch, indem wir versuchen, die heillose Überbevölkerung zu stoppen.
Andererseits werden wir nicht umhin können, die Zuwanderung, wie auch immer, besser zu kontrollieren.
Bei jedem Beitrag den man hier lesen kann denke ich am Ende da ist etwas dran. Das zeigt das wir es mit einem nicht ganz einfachen Problem zu tun haben. Bei dem Thema Fluchtursachenbekämpfung ist es richtig das es nur bestenfalls mittelfristig gelöst werden kann. Deshalb ist nach meiner Meinung das wichtigste das wir endlich damit anfangen. Es ist auch richtig das man politische Veränderungen nur schwer gegen Panzer durchsetzen kann, aber wird wirklich überall gekämpft? Ich denke mal nein. Also könnte man in Regionen die im Moment frei von Krieg sind was machen. Da kommt dann die Frage was könnte man machen. Wenn wir einfach nur Geld geben wird wahrscheinlich gar nichts passieren weil es bestimmt genug Leute gibt die das Geld einer anderen Verwendung zuführen werden. Also was sollte man tun? Den Menschen ist es meistens dann gut gegangen wenn möglichst viel Handel betrieben worden ist. Also stellt sich die Frage wie und mit was kann man den Handel zumindest mit Nordafrika verbessern. Da fallen mir nur zwei Themen ein das eine ist Landwirtschaft und das andere Energie. Deshalb sind jetzt dringend Rahmenbedingungen zu schaffen das bei diesen Themen Handel in gang kommt.
Beim Thema Zuwanderung zeigen die letzten Jahre doch ganz klar das die Erwartungen der Menschen die zu uns kommen nicht einmal annähernd erfüllbar sind und das sich das die nächsten Jahre nicht ändern wird. Deshalb sollte man die unkontrollierte Zuwanderung stoppen,eine Anzahl Menschen festlegen die wir einreisen lassen wollen und diese vor Ort abholen. Zum Beispiel alleinerziehende Frauen und Kinder die wahrscheinlich auch dort die Bedürftigsten sind.
Sicher ist an jedem konkreten und wünscheswerten Vorschlag der Beiträge hier etwas dran. Ich höre auch gerne den Gedanken von Klaus Philipp Mertens, die jungen Flüchtlinge/Zuwanderer jeweils im eigenen Land mit an den notwendigen Veränderungen der Herrschaftssysteme langfristig mitzuwirken, statt sich auf die Flucht nach Europa zu begeben. Aber das halte ich nicht für realistisch. Alle weltpolitischen Rahmenbedingungen geben diese Situation nicht her (Stichwort: Bekämpfung der Fluchtursachenbedingungen). Ich sehe da keinen Willen, keinen Plan, keine auch nur geringsten Konsequenzen! Das käme einem politischen und wirtschaftlichen Systemwechsel des Westens gleich.
Die Dimensionen der Flüchtlingsströme, der Völkerwanderungen, der Vertreibungen sind fast unüberschaubar groß in der Welt. Und ich sehe – beim Anwachsen weiterer despotischer Herrschaftssysteme, aber auch völlig wechselvoller Bedingungungen in den vielen Krisenländern keine politische Macht, die auch nur annähernd regulative und befriedende Zustände herbeiführen kann.
Man sollte auch nicht die Position von Katja Kipping (offene Grenzen) nicht gleichsetzen mit unbegrenzter Zuwanderung (Brigitte Ernst) und auch wiederum erkennen, dass Sahra Wagenknechts Position zwar in eine richtige Richtung einer Ursachenbekämpfung geht, aber wiederum bei laufender, teils hochemotionaler Debatte, nur den Rechten Stoff liefert.
Wenn Katja Kipping „fromme Illusion“ unterstellt wird, dann halte ich dagegen, dass sich das Argument der schließenden Grenzen nach Europa oder eine Infragestellung notwendiger humanitärer Hilfen für überheblich, weil keiner von uns Kommentierenden hier eine Lösung für die jetzt herrschende Lage der Flüchtlinge hat.
Und der Vergleich mit den Siedlerbewegungen in Amerika ist überhaupt nicht angebracht, um irgendwelche freiwillig auf sich genommenen Strapazen und Gefahren herauszustellen.
Überhaupt nicht vergleichbar mit der weltpolitischen Situation, unter denen Flucht und Auswanderung damals stattfanden.
Ich vergleich auch nicht die Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Situation heute. Was man aber daraus gelernt haben kann, ist, dass es sich um Menschenschicksalshaftigkeit handelt, die der Hilfe und Unterstützung bedarf, damit man das Leben wieder auf die Reihe bekommt.
Wenn schon von Kontrolle der Zuwanderung das Wort gesprochen wird, dann brauchen wir heute vor allem eine europäische Lösung (schwer genug, wie gerade erleben) und nicht die Schließung einer Grenze nach der anderen. Insofern habe ich zur Zeit nur noch die Hoffnung, dass die Bundeskanzlerin sich a) nicht von diesem Seehoferschen Clan in die Ecke drängen lässt und b) ausreichend Partner in der EU findet, um die Aufnahme von Flüchtlingen einigermaßen gerecht zu verteilen und c) die Asylverfahren rechtens und menschenwürdig geregelt, abgewickelt werden.
Wer heute Abend die maybrit Illner-Talksendung zur Asylpolitik mitverfolgte, konnte erleben, wie ein Edmund Stoiber seine Endlosschleifen zur Rechtfertigung der CSU-Marschroute drehte und ich merkte, welche starken Nerven man braucht um ihm noch zuzuhören. Bestens unterstützt von dem Journalisten Stefan Aust, der, je älter er wird, immer rechtskonservativer wird. Ein Segen war Annalena Baerbock von den Grünen!!!
@ Jürgen Malyssek
Ihre Antwort reicht mir nicht. Was meint Katja Kipping denn, wenn sie von offenen Grenzen redet? Wann hat sie das je eingeschränkt und von einer unbegrenzten Zuwanderung unterschieden?
Auch mein Argument, dass es zur menschlichen Natur gehöre, sich trotz Lebensgefahr auf die Suche nach einem (noch) besseren Leben zu begeben (was ja durch die Aussagen der von mir zitierten Migrationsforscherin erhärtet wird), beantworten Sie lediglich damit, ein Vergleich mit der Siedlerbewegung in Amerika sei unpassend. Warum? Inwiefern? Ich würde mir schon Gegenargumente wünschen und nicht nur ein lapidares vom Tisch Wischen meiner Argumente.
Die so genannte Flüchtlingsfrage beinhaltet mehrere Fragestellungen. Zunächst nach der Unterscheidung zwischen dem Asyl für politisch, religiös und rassisch Verfolgte, das vom Grundgesetz gemäß Artikel 16a garantiert wird, und der Frage nach unkontrollierter Zuwanderung. Bei letzterer müssen die Ursachen deutlich benannt werden, weil sich aus der Antwort die Maßnahmen zum Schutz dieser Menschen ableiten. Aber es ist auch unerlässlich, auf die Folgen für das Aufnahmeland hinzuweisen; denn neben der Gesinnungsethik steht die von Max Weber eingeführte Kategorie der Verantwortungsethik, gegen die man zwar berechtigte Einwände vorbringen kann, die aber dennoch bei allen Erwägungen berücksichtigt werden sollte.
Ich habe mich sowohl in meinem Leserbrief als auch im Blog-Beitrag ausschließlich mit jungen männlichen Zuwanderern, vorwiegend aus dem Nahen und Mittleren Osten, beschäftigt. Da ich im Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit Anfang der 90er Jahre Asylsuchende aus dem Iran kennengelernt und mich bemüht hatte, ihnen Arbeitserlaubnisse zu beschaffen (mit einem von ihnen habe ich noch immer Kontakt) , fühle ich mich dazu in der Lage, die Motive von Asylsuchenden und Zuwanderern unterscheiden zu können.
Offene Grenzen zählen für mich zu den großen Errungenschaften demokratischer Gesellschaften. Aber sie setzen voraus, dass die Grenzgänger sich dieser Freiheit bewusst und dazu bereit sind, sich in die Freiheiten des Landes, in dem sie künftig leben möchten, voll einzubringen.
Unlängst begegnete ich im Frankfurter Südbahnhof einer Gruppe junger Zuwanderer, von der mich einer nach einer Zugverbindung fragte. Im Verlauf des kurzen Gesprächs, das in holprigem Englisch geführt wurde, hörte ich heraus, dass die Männer aus Syrien stammten und dem Aufruf einer in London ansässigen syrischen Opposition gefolgt waren. Sie sollten sich in Deutschland Arbeit suchen und einen Teil des Lohns an den bewaffneten Arm dieser Regimegegner überweisen.
Ich gehe nach wie vor davon aus, dass solche Beweggründe nicht typisch sind. Aber der Vorfall zeigte mir auch, dass es anscheinend sehr einfach war und möglicherweise noch ist, das BAMF zu überlisten. Und dass den offenen Grenzen notwendigerweise eine strukturierte und engmaschige Integrationsorganisation gegenüber stehen muss; andernfalls besteht die Gefahr, dass demokratische Freiheiten ad absurdum geführt werden. Dieses würde vorrangig rechtsradikalen Parteien nutzen. Da solche in der Bundesrepublik nicht verboten sind und zudem gegen die gesellschaftliche Dummheit kein Kraut gewachsen scheint, müssen diese Faktoren in sämtliche verantwortungsethischen Erwägungen einbezogen werden.
Dies betrifft auch die Argumentation eines Lesers, der mir im Leserforum der FR vom 29. Juni Zynismus und unterschwellig Antisemitismus unterstellte und der die jüdischen Flüchtlinge der Jahre 1933 bis 1945 mit denen aus Syrien verglich. Die geflüchteten Juden zählten zu den politisch, religiös und rassisch Verfolgten, die damals in mehreren Staaten Asyl erhielten; in Großbritannien häufiger als in den USA oder in der Schweiz.
Durch solche und ähnliche Verwechslung der logischen Argumentationsebenen handeln sich manche Humanisten den Vorwurf ein, in Wahrheit einer antihumanistischen Beliebigkeit anzuhängen und nicht dazu in der Lage zu sein, die Folgen ihres Redens und Handelns zu überblicken.
Ich war gestern Nachmittag, am 28. Juni, als Zeuge in einer Strafsache geladen. Denn ich erhalte seit August 2016 regelmäßig Hass- und Drohbriefe eines anonym bleibenden AfD-Sympathisanten, auf die ich mit Strafanträgen reagierte. Der Angeklagte beschuldigte mich, ein „KPD-Freund, Hasser, Hetzer, Bolschewisten-Poussierer, Heuchler, Lügner, Patriotenbesudler, Verfassungsfeind, Nationalverräter, Hochverräter, Freund von Mördern und Drecks-Kommunisten, Demokratiefeind, Rotnazi, Schreibtischtäter“ zu sein (Siehe dazu auch die FR-Meldung vom 29.06.18, Stadtausgabe Frankfurt, Seite F 6: „Er wird’s nicht lassen“).
Vor diesem Hintergrund erscheint mir derzeit die Position zwischen den Stühlen als die einzig zukunftsfähige.
@ Klaus Philipp Mertens
Auch ich finde den undifferenzierten Vergleich heutiger Zuwanderer mit den jüdischen Emigranten der Nazizeit geradezu zynisch. Weder konnten die jüdischen Vertriebenen mit materieller Unterstützung der Aufnahmeländer rechnen noch hätten sie sich über schlechte Unterkünfte beschwert oder Schlägereien in Aufnahmeeinrichtungen angezettelt, wie es leider unter den heutigen Asylsuchenden nicht selten vorkommt. Und diese jüdischen Emigranten waren wahrlich mindestens so traumatisiert und verunsichert wie die heutigen Syrienflüchtlinge. Jemand, der froh ist, seine Haut gerettet zu haben, ist heilfroh und versucht, nicht aufzufallen und sich nach den Gesetzen und Gepflogenheiten des Aufnahmelandes zu richten. Wenn er das nicht tut, muss er sich nicht über den Verdacht wundern, kein wirklich Verfolgter zu sein.
Wenn die EU Menschen in libysche Folterlager zurück schickt, mache ich mir keine Sorgen um die Demokratie im Kongo, sondern um die Demokratie in der europäischen Union.
Die Demokratie wird nicht am Hindukusch verteidigt (um sinnentstellend einen verstorbenen SPD-Politiker zu zitieren, Peter Struck?), sondern in Groningen und Nesselwang.
Noch ein Zitat, der den augenblicklichen Zustand meines vegetativen Nervensystems fast perfekt beschreibt: Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte. (Das sagte ein Maler angesichts der aufmarschierenden Nazi-Horden am Beginn des Dritten Reiches).
Gestern mußte ich zum zweiten Mal einen Schüler vom Unterricht befreien, der mehrfach rassistisch beleidigt worden war. Seine schwarze Hautfarbe gefiel nicht. Als ich in der gleichen Sprechstunde eine mir seit Jahren bekannte Nigerianerin zu Rassismus befragte (die Frau hatte vor einigen Jahren über mehrere Monate „Praxis-Asyl bekommen, weil ihr die Ausweisung drohte, wir haben zuvor nie über Rassismus gesprochen), sprudelte es aus ihr heraus: Sie habe vorhin beim Edeka (Krause, Marienhafe) den Inhalt ihrer Handtasche zeigen müssen, den Inhalt sogar ausstülpen müssen. Und das war gestern. Heute ist heute. Und morgen ist morgen.
Mir machen die Nazis Angst, nicht die „Ausländer“.
Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte…
Kruse, nicht Krause. Naja, vielleicht nicht hetzen?
@ Brigitte Ernst
Angesichts der laufenden politischen Debatten und der problematischen Stillstände oder Einigungen auf deutscher und europäischer Ebene, bin ich nicht bereit, etwa Katja Kippings Standpunkt der offenen Grenzen so noch weiter erbsenzählerisch weiter auseinander nehmen zu wollen.
Jetzt ist es überhaupt wichtig, endlich einen klaren anderen Standpunkt einzunehmen, ein klares Haltezeichen zu aufzustellen zu Abschiebung, „Zurückweisung an den Grenzen“ (Marke Seehofer & Gefolgschaft) und „Auffanglager“. Wie soll das denn so weitergehen?
Katja Kipping und die offenen Grenzen sind zunächst einmal eine klare Haltung, eine humanistische Position, Achtung der Menschenrechte. Ist alles auf der Strecke geblieben. Ich erwarte eine Politikwende und kein weiteres Herausfisilieren aller möglichen menschlicher Beweggründe, sich auf die Fluchtwege aus der Heimat zu begeben.
Auch der Siedler-Vergleich und die Lebensgefahr-Theorie sind für mich jetzt irrelevant.
Die Ausgangspunkte müssten inzwischen klar sein, wenn man nicht dauernd versucht, die katastrophalen menschlichen Schicksalsabläufe in einer katastrophalen Welt, weiterhin durch Abwehr, Verdrängung und Verleugnung der Realitäten zu ignorieren und eine Schutzbedürftigkeit auf uns in Deutschland, auf uns im unverschämten Wohlstand (pauschal betrachtet) zu projizieren.
Diese Abwehr, diese Verdrängung, dieser Widerstand gegen Flüchtlinge, Fremde und Schutzbedürftige sabotiert eine nüchterne, politisch klare, aber menschenfreundliche Lösung bzw. wir weigern uns ständig, sich dieser neuen globalen Realität zu stellen, weil wir scheinbar eine Riesenangst haben, aus unseren Wohlfühloasen vertrieben zu werden, die längst in Frage zu stellen wären.
Wenn jemand heute vertrieben und verfolgt wird, dann sind es gerade diejenigen, die wir inzwischen behandeln wie Pestkranke und Störer unseres erkauften Seelenfriedens.
Was Katja Kipping zu den offenen Grenzen zu sagen hat, ist etwas anderes und gleichzeitig auch Bestandteil des politischen Programms der Linken (jedenfalls einer großen Mehrheit und auch der Basis der Linken). Eine unbegrenzte Zuwanderung gibt es sowie nicht. Es ist zahlenmäßig sowieso nur ein kleiner Teil der weltweit Millionen von Flüchtlingen, die nach Deutschland fliehen. Zu behaupten, alle Flüchtlinge strömten nach Deutschland, hat mit der Realität wenig zu tun und dient ledigleich dem Schüren von Ängsten.
Dazu brauchen wir keine AfD mehr. Das übernimmt eine mit Kreuzzeichen, Weihwasser und Bierkrügen ausgestattete christliche Partei schon. Bravo, kann man nur sagen!
Wir sollten in dieser Sache keinen Millimeter nach rechts rücken oder ins Menschenverachtende driften. In den Grenzbereich der Verachtung komme ich allerdings bei dieser Schwesternpartei aus dem Bayernland, diesem saturierten, selbstgefälligen Machtapparat, dessen jetziger Innenminister eine totale Fehlbesetzung in der Regierung ist. Eine Blamage.
Ich versuche gerade, einen Leserbrief zum Thema an Herrn Büge/“Bronski“ zu schicken. Nur scheint mein thunderbird wieder nicht zu funktionieren. Aber ich wollte den sowieso hier in diesem (Frau Ernst:-) Blog veröffentlichen. Also, lieber Herr Büge, diese Zeilen sind als Leserbrief gedacht…
Moin lieber Herr Büge/“Bronski“,
sorry, schon wieder ein Leserbrief von mir. Das scheint das Mindeste zu
sein, was ich machen kann…
Wenn die Europäische Union Flüchtlinge zurück in die libyschen
Folterlager schickt, dann ist das ein Paradigmenwechsel. Ein Wechsel hin
zum Bösen, Inhumanen.
Denn die EU tötet damit die Solidarität unter den Menschen. Und mit ihr
die Demokratie. Elementarste Menschenrechte. Sie tötet sich selbst.
Das Foltern und Töten und Verhungernlassen hat mit der Befreiung von
Auschwitz nicht aufgehört. Es ging weiter mit Stalin, Pol Pot und Idi
Amin. Wohl auch mit US-Amerikanern in Vietnam. Dem FBI (oder der CIA?)
in Chile. Da war noch Kalter Krieg. Aber es endete nicht mit dem Kalten
Krieg. Mit so einem schändlichen Beschluß der EU wird jeder gegen jeden
kämpfen. Das Geld wird entscheiden über Leben und Tod. Wer viel davon
hat, wird siegen. Alle anderen werden untergehen. Buchstäblich. Erst die
Flüchtlinge. Dann wir Daheimgebliebenen. Es wird keinen Westen geben, in
den man sich flüchten kann. Keine Schweiz. Kein US-Amerika. Keine Hannah
Arendt, die im Nachhinein erklären könnte, wie sich die Diktatur des
Unmenschlichen ausbreitete. Der Sieg des Barbarischen ist diesmal total
und global. (Ironie der Geschichte: Die regierende SPD wird in der
Person Andrea Nahles schmunzelnd daneben stehen und aber auch gar nichts
verstehen. Und Olaf Scholz wird ruhig und genauso schmunzeld Steuern
sparen, für was auch immer. Jetzt bin ich vom Thema abgewichen. Aber die
SPD enttäuscht mich maßlos. Sie regiert, und man merkt nichts davon.
Nichts Sozialdemokratisches.)
Lassen wir es nicht so weit kommen! Wir Demokraten. Menschenfreunde. Vor
2 Tagen sagte mir eine Nigerianerin, die einen rassistischen Angriff auf
sich erlebt hatte: „We are all human beings. We all have the same
blood.“ (In diesem Fall ist es wichtig zu wissen, daß ihre Haut schwarz
ist. Sonst spielt das keine Rolle.)
Mit traurigen Grüßen (von meinen bisherigen Leserbriefen ist dies der
Traurigste)
Michael Lübbers
Ich habe gerade Fahrdienst (Fahrdienst der Kassenärztlichen Vereinigung). Kann sein, daß ich einen Kommentar nicht beenden kann.
Zu Herrn Sigurd Schmidt:
Sie schreiben: „Die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU ist eine der Hauptgründe für die Magnetwirkung , die Europa auf afrikanische Immigranten ausübt, wobei die Grenzen zwischen im strengen Sinne Asylanten und Bürgerkriegsflüchtlingen einerseits und reinen Wirtschaftsflüchtlingen andererseits nun einmal fließend sind.“
Ich bin da ganz bei Ihnen. Man sollte diese Wirtschaftsflüchtlinge endlich mal dingfest machen. Nicht mehr grenzenlos Porsche Cayenne fahren oder Ferrari. Warum müssen Leute wie Boris Becker hier ihre Millionen oder noch mehr verdienen pardon bekommen, und es in Steueroasen verschieben. Das ist eine bodenlose Frechheit. Und für die Armutsflüchtlinge ist dann kein Geld mehr da.
Steuerflüchtlinge abschieben! Sofort! Ich bin dabei! Aber das Geld schön hier lassen.
Man. Populismus macht Spaß! 😉
Zu Frau Ernst:
Herr Mertens schreibt: „Darum ist es für mich sowohl schmerzlich als auch unbegreiflich, wenn junge Männer auf gefährlichen Fluchtwegen ihr Leben riskieren, um anschließend an den Mülltonnen Europas eine Existenz zu fristen, die in jeder Hinsicht entwürdigend ist und unweigerlich Frustrationen auslöst, die sich immer häufiger in Gewalt gegen Unbeteiligte, sogar gegen Helfer, entladen. Und so stehen Männer wegen verabscheuungswürdiger Verbrechen vor europäischen Gerichten und verschwinden für Jahre hinter Gefängnismauern; Männer, die für den Freiheitskampf in ihren Heimatländern gebraucht werden. Denn wer soll diesen sonst führen? Etwa Putin oder Trump bzw. deren Söldnertruppen?“
Was sagen Sie dazu? Und die Frauen häkeln Söckchen für ihre Freiheitskrieger? Herr Mertens scheint zu glauben, daß nur Männer kämpfen können. Das ist voll männerzentriert. Und voll frauenfeindlich. Das ist der Grund, warum ich in meinem Leserbrief den etwas ungelenken Satz „Menschen (darunter auch Frauen) geschrieben habe.
Jetzt habe ich doch was bei Ihnen gut, oder? Mal ein Eis, wenn ich mal in Frankfurt bin? (Natürlich schwarz, Schoko-Becher.)
Mit emanzipatorischen fast feministischen Grüßen 🙂
Zu Klaus Philip Mertens:
Zunächst: Ich schätze Ihre Leserbriefe, weil sie sehr differenziert argumentieren können. Und wir beide scheinen den Neoliberalismus nicht zu mögen, Sie und ich. (Ich muß einen Vortrag für die Auricher Attac-Gruppe halten zum Thema Neoliberalismus. Bei der Vorbereitung ist mir aufgefallen, daß der Begriff Neoliberalismus verwässernd und beschönigend ist. Ich verwende jetzt nur noch den aussagekräftigeren Begriff „Marktfundamentalismus“. Das nur nebenbei…
Sie schreiben:
„Wenn man von der Bekämpfung der Fluchtursachen redet, muss man vorrangig von der Änderung der Systeme sprechen, die Diktatoren wie Assad immer wieder hervorbringen. Denn autoritäre Gesellschaftssysteme werden die breite Teilhabe ihrer Bevölkerung an wirtschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen nicht zulassen, weil sie sich dadurch über kurz oder lang selbst infrage stellten.
Das wäre schön, diese Assads und ihre autoritären Gesellschaftssysteme weg zu komplimentieren. Oder ihnen ein sogar ein bißchen auf die Finger zu hauen. „Das machst Du nicht noch mal. Oder Du mußt nach Hause“. Beziehungsweise man läßt es die Männer in Syrien machen. Die sind ja sowieso alle Machos. Wenn sie nicht gerade Krieg machen in Syrien. Oder Omas (alten Omas!) die Handtaschen klauen in Wattenscheid (in Ostfriesland machen die das eher nicht).
HIER WIDERSPRECHE ICH IHNEN FUNDAMENTAL!
In Ländern wie Syrien riskiert man sein Leben und vielleicht auch das seiner Angehörigen, wenn man sich für sagen wir mal Demokratie und Menschenrechte einsetzt.
Bei uns riskiert man nichts. Man investiert Zeit. Gehirnschmalz. Und trotzdem sind die Menschen hier wahnsinnig unpolitisch. Obwohl hier Politiker Entscheidungen treffen, die für die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung schädlich ist, und zwar für die gesamte Erdbevölkerung, bequemen sich die Menschen nicht aus ihren Sesseln. Nur wenn „Deutschland“ bei einer Fußball-WM ein Tor schießt, hupen viele verrückt. (Ich oute mich als Nicht-Fußball-Fan.)
Beispiele?
Atommüll strahlt Millionen Jahre. Global. Und über vieleviele Generationen. Tiere und Menschen. Warum laufen die Dinger immer noch?
Kohlekraftwerke werden subventioniert, obwohl sie (und andere fossile Industriezweige) eine globale nicht rückgängig zu machende Klimaerhitzung verursachen. Warum schmeißen die Sozialdemokraten Leute wie Gabriel nicht aus der SPD. Und Christdemokraten Altmeier aus der CDU? Warum gibt es keine Massendemonstrationen dagegen? Streiks?
Warum werde ich von SUV-fahrenden Metzgerkunden angemacht, wenn ich (viele und nicht notfallmäßige) Hausbesuche mit dem Rad erledige und keine Tiere esse? Obwohl ich damit meinen persönlichen Beitrag leisten kann, damit genug Essen für alle da ist. Und theoretisch Menschen in Afrika bleiben können, wenn sie wollen. Ich werde abschätzig als Gutmensch bezeichnet. Wie nennt man die anderen? Die vielen anderen, die jeden Meter mit dem Auto zurücklegen müssen. Und zum Stressausgleichunbedingt für ein paar Tage nach Malle fliegen? Finge mit „Schlecht“ an.
Wie ist es mit dem von Ihnen zu recht kritisierten Neoliberalismus? Oder wie ich jetzt formulieren würde: Marktfundamentalismus? Wenn er nicht so global wirken würde, könnte man es Neokolonialismus schimpfen. (Aber „wir“ sind ja keine Kolonie.) Der ist eine wichtige Ursache für Krieg und Armut und ja auch Flüchtlinge. Soll der in Syrien gleich mit bekämpft werden? Die dortigen Humanisten sind ja wahrscheinlich ziemlich gut trainiert im Raktetenwerfen und mit der Kalaschnikow schießen. Eben schnell einen Assad-Soldaten umbebracht und ein Aldi-Fenster eingeschmissen (und die fair gehandelten Biobananen mit eigener Hand beschützt).
Könnten Sie man in Mann umwandeln bei meinem Satz über Populismus, lieber Herr Büge? Eine unvollständige Geschlechtsumwandlung 🙂
Lieber Herr Lübbers,
selbstverständlich sind Sie immer bei mir willkommen. Sagen Sie vorher Bescheid und Sie bekommen Kaffee, Tee, Eis, ein Bierchen, Weinchen Schnäpschen serviert, was Sie wollen.
In Bezug auf die afrikanischen Frauen haben Sie durchaus recht. Die sind es nämlich, die in weiten Teilen dieses Kontinents mit ihren Kooperativen die Wirtschaft am Laufen halten. Das hat mir mal einer erzählt, der als deutscher Entwicklungshelfer in Kenia arbeitete. Insofern tun die Frauen gut daran, ihre Männer haufenweise nach Europa oder, wenn da kein Platz mehr ist, auf den Mond zu schicken, dann sind sie die Tagediebe wenigstens los und das Problem mit der Überbevölkerung wäre auch gelöst. Wenn da nur nicht die ganz Zähen von Boko Haram und ähnliches Gesindel übrig blieben, die es vowiegend auf Frauen abgesehen haben, die zur Schule gehen wollen. Und die Macker von den Regierungen, die nix als ihre goldenen Wasserhähne im Kopf haben und dafür so gerne Waffengewalt einsetzen. Die alle loszuwerden, ist schon ein hartes Stück Arbeit. Wenn die Frauen das aber schaffen, können sie endlich ein vernünftiges Afrika aufbauen.
Das syrische Problem löst sich von selbst, wenn alle, die genug von Assad haben, von zu Hause weglaufen und zu uns strömen. Stell dir vor, es ist Krieg und alle hauen ab. Dann sitzt der Mistkerl nämlich früher oder später allein mit einem kleinen Häuflein von Getreuen zu Hause und muss darüber grübeln, was er mit dem übrigen Giftgas noch anfangen kann, und auch Putin und Trump können sehen, wo sie ihre überzähligen Bomben noch hinschmeißen.
So ähnlich machen wir das mit allen Diktatoren und Warlords. Ihre Untertanen sind bei uns, folglich finden sie keine Opfer mehr und die Welt ist befriedet.
Auch alle Armen der Welt nehmen wir bei uns auf, denn in Deutschland muss keiner verhungern, schließlich haben wir Hartz IV, das zapft man bei uns auf der Bank.
Das Beste an dieser Lösung ist, dass der lästige Pullfaktor sich früher oder später von selbst erledigt, weil ein Europa, vollgestopft mit allen Mühseligen und Beladenen dieser Welt, früher oder später, frei nach Peter Scholl-Latour, selbst zu Afrika, Arabien, Kalkutta und/oder Bangladesch wird.
Alles in Allem also eine Win-Win-Situation.
Zu Frau Ernst:
„…ein Europa, vollgestopft mit allen Mühseligen und Beladenen dieser Welt…“
Wir müssen nur aufpassen, daß Europa nicht zu schwer wird von all den Menschen. Sonst könnten wir vielleicht unter den (ja auch noch ansteigenden Meeresspiegel) versacken. Bis der in Frankfurt ankommmt, dauert das aber noch. In dem Fall werde ich als Umweltfüchtling mit meiner Familie zu Ihnen migrieren oder fliehen. Spricht man bei Ihnen nur hessisch oder können Sie auch deutsch da unten? Wir könnten uns dann (auf deutsch oder englisch oder französisch) über Wirtschafts- und Armutsflüchtilinge unterhalten und den Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien. Das Thema ging irgendwie unter bisher.
Ich freue mich schon auf das viele Hartz IV. Prost! Ich genieße jetzt erstmal die Klimaerhitzung.
@ Ralf-Michael Lübbers, 30. Juni 2018 um 9:19
„Wenn die EU Menschen in libysche Folterlager zurück schickt, mache ich mir keine Sorgen um die Demokratie im Kongo, sondern um die Demokratie in der europäischen Union.“
Dem ist sicher zuzustimmen.
Wobei es aber nicht nur um einen schleichenden Prozess der Verrohung geht, der Bilder, die wachrütteln sollten, einfach wegdrückt – psychologisch gesprochen ein mit Verdrängung einhergehender Prozess der Regression.
Damit verbunden ist auch ein Prozess der Hysterisierung, der Demagogen entgegenkommt. Man braucht ja bloß einen passenden Mordfall auszugraben und ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, schon ist jede Form differenzierenden Denkens, Suche nach Ursachen und Lösungen ausgeschaltet – politisches Denken kanalisiert und blockiert.
Der von Seehofer ausgelöste „Streit“ in der Union ist dafür ein Musterfall: Emotionen, „Ängste“ verselbständigen sich, machen nach Belieben aus jeder Maus einen Elefanten.
Politik im rationalen Sinn, als Interessenausgleich, rational fundierte Weichenstellung und perspektivisches Denken ist unter solchen Bedingungen per se nicht mehr möglich.
@ Sigurd Schmidt, 28. Juni 2018 um 11:37
„Das Argument, Europa müsse für afrikanische Länder einen riesigen „Marshallplan“ bereit stellen, damit Flüchtlinge von ihrem Fluchtvorhaben in Richtung Europa absehen, übersieht geflissentlich, daß die finanziellen Mittel, die bereit zustellen wären, natürlich mit Kautelen der Verwendung zu versehen wären, d.h. daß afrikanische Staaten Kontrollmechanismen durch die europäischen Geberländer hinnehmen müßten. Dazu sind aber bisher die afrikanischen Staaten nicht unbedingt bereit. Auch lehnen afrikanische Staaten ganz offen die Einrichtung zentraler Asylanten-Camps auf ihrem Staatsgebiet ab.“
Schade, dass auf Ihren Beitrag, der ja den Blick auf Probleme in afrikanischen Ländern richten könnte, bisher niemand eingegangen ist.
Meine Einwendungen gegen Ihre Argumentation:
(1) Letzter Satz:
Warum sollten Länder wie Libyen, Tunesien, Ägypten – selbst mit genug eigenen Problemen belastet – eigentlich bereit sein, Menschen aufzunehmen, die ihnen genauso fremd sind wie uns, und für Europa die Kastanien aus dem Feuer zu holen?
(2) „Marshallplan“
Bevor man großspurig von solchen „großzügigen Hilfen“ redet und die Schuld immer nur bei afrikanischen Diktatoren sucht, sollte man vielleicht z.B. daran denken, als „Freihandel“ deklarierte Knebelverträge für afrikanische Länder zu beenden, die deren Infrastruktur zerstören, indem sie mit europäischen Billigprodukten überschwemmt werden, denen gegenüber heimische Produkte nicht konkurrenzfähig sind.
(3) “ Kontrollmechanismen“:
Wer sagt denn, dass jede Form von Hilfe über korrupte Regierungen vor Ort laufen müssen, unmittelbare Initiierung und Förderung von Projekten nicht möglich sei?
Zudem wird auch innerhalb der EU die Verwendung von EU-Geldern kontrolliert und nicht den jeweiligen Regierungen überlassen. Ich kenne mehrere Kontrolleure der europ. Investitionsbank (EIB), die zu eben dem Zweck regelmäßig in Osteuropa oder auch in Afrika unterwegs sind.
@ Ralf-Michael Lübbers
Falls Sie’s noch nicht wussten: Frankfurt wurde vor etwa einem Jahr in allen namhaften Tageszeitungen als erste Metropole Deutschlands genannt,in der mehr als 50% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben. Und da sind die Hugenotten wahrscheinlich gar nicht mitgezählt :-). Mit sowas kann Ihr Marienhafe nicht konkurrieren, was? (Weder mit dem Status der Metropole noch mit dem Migrantenanteil, hihi).
Als Bio-Deutsche, Abkömmling von Sauerländern und Südbadenern, kann ich jetzt schon Minderheitenschutz beantragen.
Einen Ostfriesen können wir da auch noch verkraften, vorausgesetzt er spricht Deutsch und nicht dieses komische Platt.
@Brigitte Ernst
Ich würde den Ausländeranteil in Marienhafe auf 80% bis 90% schätzen, da dort fast nur Ostfriesen leben und wenige Deutsche und andere Ausländer. 🙂
Herr Flessner hat -wie immer:-) Recht.
Obwohl ich Bio-Ostfriese bin mit ostfriesischen Eltern und Großeltern ist plattdeutsch für mich eine Fremdsprache, die ich gut verstehe, aber schlecht spreche. Ich bin stadtnah aufgewachsen (Sandhorst), und unsere plattdeutsch sprechende Eltern sprachen hochdeutsch mit meinem Bruder und mir. Meine Vettern und Cousinen „vom Land“ dagegen sprechen durchgehend perfekt platt.
Nun mag für Frankfurter Aurich einen eher ländlichen Charakter haben. Alles ist relativ…
Eine Cousine ist übrigens ins Ausland migriert, als einzige meiner Verwandten. Unna. Liegt im Sauerland. Die haben da Berge und so. Keine Deiche.
Qintessenz dieses Trialogs: Alle Menschen sind Ausländer. Fast überall.
@ Ralph-Michael Lübbers
In Aurich hat mein Mann als elfjähriger DDR-Flüchtling 1955 ein Jahr im Flüchtlingslager zugebracht. Zu den Einheimischen hatte er keinen Kontakt, die Flüchtlingskinder wurden im Lager beschult. So viel zur damaligen Willkommenskultur.
Ansonsten hat mir mein Schwager aus Delmenhorst folgenden Spruch beigebracht: In Aurich ist’s schaurig, in Leer noch mehr. 😉
Folgende Mail habe ich vor einigen Tagen von Andrea Nahles bekommen:
Hallo Ralf-Michael,
die SPD hat heute fünf zentrale Punkte für eine europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik einstimmig beschlossen. …
Unser Kompass sind unsere europäischen Werte und ein pragmatischer Humanismus. …Wer keinen Schutzanspruch hat, muss wieder in seine Heimat oder in einen sicheren Drittstaat zurückkehren. …
Folgenden Brief habe ich soeben verschickt:
Moin Frau Nahles, nachrichtlich FR-Blog, Attac Aurich/Norden,
Sie schrieben mir: „Wer keinen Schutzanspruch hat, muß wieder in seine Heimat oder in einen sicheren Drittstaat zurückkehren.“
Menschen in sogenannte „sichere“ Drittstaaten zurück zu schicken, ist in meinen Augen unsolidarisch und somit unsozialdemokratisch. Es bewirkt, daß einige wenige Länder wie zum Beispiel Jordanien sehr viele Flüchtlinge aufnehmen, obwohl sie dafür technisch weit weniger gut ausgerüstet sind als zum Beispiel Deutschland. Und die deutsche Bundesregierung kümmert sich anschließend einen buchstäblichen Dreck um das Schicksal dieser Menschen.
Das ist besonders absurd und sogar pervers, weil die Bundesregierung mit ihren nicht am Wohl der Menschen orientierten Entscheidungen eine wesentliche Mitschuld daran trägt, daß Menschen überhaupt aus ihrer Heimat fliehen müssen. Müssen, wohlgemerkt.
Erinnert sei an Waffenexporte, die ausschließlich aus Profitsucht genehmigt werden und massives Leid und Tod in Kriegs- und Krisengebieten verursachen.
Erinnert sei an eine marktfundamentalistische Politik (der sogenannte Neoliberalismus), die Reiche (reiche Staaten, reiche Menschen) reicher, Arme dafür ärmer macht. Tödlich arm.
Erinnert sei an eine auf fossiler und nuklearer Technik beruhende Industrie, die allen Menschen und schlicht der ganzen Biosphäre die Luft zum Atmen nimmt.
Solidarische (sozialdemokratische) Politik bedeutet für mich, sich solidarisch mit den Menschen zu verhalten, denen es schlecht geht. Es bedeutet, zu fragen, warum geht es ihnen schlecht. Und was kann man dagegen machen. Die Superreichen kommen gut alleine klar. Um die brauchen Sie sich nicht zu kümmern.
Ich bin übrigens im Mai 1993 wegen der Drittstaatenregelung aus der SPD ausgetreten.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lübbers
@ Frau Ernst:
„In Aurich ist’s schaurig, in Leer noch mehr.“
Das mit Leer stimmt. 😉 (Hoffentlich habe ich es mir jetzt nicht mit Herrn Flessner verscherzt; ich weiß nicht, aus welcher Ecke von Ostfriesland er kommt.)
„In Aurich hat mein Mann als elfjähriger DDR-Flüchtling 1955 ein Jahr im Flüchtlingslager zugebracht. Zu den Einheimischen hatte er keinen Kontakt, die Flüchtlingskinder wurden im Lager beschult. So viel zur damaligen Willkommenskultur.“
Erschreckend. Mein Patenonkel hatte eine Flüchtlingsfrau geheiratet. Meine spätere Patentante. Sie wurde (zumindest von meiner Mutter) immer schief angeguckt. Weil sie katholisch war. Und alle Katholiken falsch seien. Und zwar alle. (Ist natürlich Blödsinn.) Und erschreckend.
Vor kurzem lobte mich eine syrische Flüchtlingsfrau dafür, daß ich nicht rassistisch wäre. Ich ging davon aus, daß so etwas normal ist, nicht rassistisch zu sein. Ist es aber wohl nicht. Meine in Beirut geborene Auszubildende fing auch an zu sprudeln, als ich ihr davon berichtete und sie mir dann von eigenen rassistische Anfeindungen erzählte.
So viel zu heutigen Auricher Willkommenskultur.
@ Brigitte Ernst, 5. Juli 2018 um 18:22
Ihre sehr seltsame Aufrechnung von „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Bio-Deutschen“ und Äußerungen über „Minderheitenschutz“ wundern mich doch sehr.
Was „Minderheitenschutz“ betrifft, gibt es dafür eine wichtige Garantie, und das sind die Menschenrechte, die es zu verteidigen gilt.
Darüber hinaus wüsste ich nicht, was diese Hinweise auf „Mehrheit“ resp. „Minderheit“, die sich auf willkürlich herausgegriffene Kriterien beziehen (wozu der zufällige Geburtsort zählt), eigentlich aussagen sollen.
Ich war – und da bin ich sicher kein Einzelfall – Zeit meines Lebens Angehöriger einer „Minderheit“: Schon als kleiner Junge gegenüber 4 Schwestern, als Flüchtling gegenüber einer großen Mehrheit von „Einheimischen“, als Lehrer gegenüber einer großen Mehrheit von Schülerinnen und Schülern wie auch gegenüber Kolleginnen, als in Bayern Sozialisierter erst gegenüber Badensern, dann gegenüber Berlinern, als Neu-Berliner gegenüber Luxemburgern, und nun als Deutscher gegenüber einer überwältigenden Mehrheit von Französinnen und Franzosen.
An keiner dieser Etappen hatte ich Veranlassung, deshalb an mir zu zweifeln oder diese „Minderheiten“-Position gar als bedrohlich anzusehen.
Wie jämmerlich muss es mit dem Selbstbewusstsein von Menschen aussehen, die sich nur noch als Angehörige einer „Nation“ oder – willkürlich definierten – „Mehrheitsgesellschaft“ definieren können, die angsterfüllt auf 5 % Anderssein anderer Menschen starren und nicht mehr in der Lage sind, 95 % Gemeinsamkeiten des Menschseins wahrzunehmen!
@ Werner Engelmann
Oh weh, haben Sie das ironische Wortgeplänkel, das Herr Lübbers und ich uns geliefert haben, tatsächlich für bare Münze genommen? Sind Sie nicht Deutschlehrer? Da sollten Sie doch besser mit Ironie und Satire umgehen können.
Herr Lübbers jedenfalls hat mich, so hoffe ich, richtig verstanden.
@ Ralph-Michael Lübbers
Na, vernehme ich da etwa wieder das vertraute Eigenlob?
Ich halte dagegen: Fragen Sie doch eine(n) der ca. 4000 Schülerinnen und Schüler, Türken, Marokkaner, Griechen, Kroaten, Serben, Bulgaren, Russen, Ukrainer, Rumänen, Israeli, Italiener, Spanier, Portugiesen, Chinesen, Japaner, Vietnamesen, Ghanaer, Nigerianer, Eritreer usw. usw., die mich in meinen 40 Dienstjahren als Lehrerin ertragen mussten, ob sie mich als Rassistin erlebt haben.
Und mein letzter Trumpf: mein Großneffe, der Enkel meiner Schwester, ist halber Afroamerikaner. Dagegen sind Sie mit Ihrer Cousine aus Unna sowie einer Syrerin und einer Libanesin in Marienhafe doch ein Waisenknabe, geben Sie’s zu!
@ Werner Engelmann
Zur Unterscheidung zwischen Menschen mit Migrationshintergrund und der Ursprungsbevölkerung:
Diese ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern sie wird in Statistiken vorgenommen, und zwar nicht, um beide Gruppen im negativen Sinne auseinanderzudividieren, sondern unter anderem deshalb, um die Chancen von Zuwanderern zu verbessern, die ja gegenüber der angestammten Bevölkerung oft sprachliche Defizite und damit einen besonderen Förderbedarf haben.
In Frankfurt z.B. wurden, bevor alle Kinder ab einem Jahr einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz bekamen, Kinder mit Migrationshintergrund bei der Zuweisung zu den früher recht knappen Kitasplätzen bevorzugt behandelt, etwa nach dem Vorbild der Affirmative Action in den USA. So hatte mein Großneffe (heute 15 Jahre alt) wegen seines afroamerikanischen Vaters Priorität bei der Aufnahme in die Kita.
Solche Unterscheidungen sind also nicht per se des Teufels, wie Sie zu unterstellen scheinen.
Dass ich als privilegierte ursprungsdeutsche Bildungsbürgerin Minderheitenschutz brauchte, war natürlich als Witz gemeint.
@ Brigitte Ernst
(1) Statistiken, die per se „des Teufels“ sind, die gibt es gar nicht. Was aber nicht heißt, dass man damit nicht Schindluder betreiben könnte.
Etwa derart, dass man damit nicht nur fragwürdige Konzepte scheinbar „objektiv belegen“, sondern auch gezielt Aufmerksamkeit in eine gewünschte Richtung lenken sowie unerwünschte Ansätze wegdefinieren kann.
Wenn etwa die rechtspopulistische neue italienische Regierung „Statistiken“ über Romas anfertigen lassen wollte, dann ist das kein wertneutraler Vorgang, sondern hat natürlich mit dem Ziel der Aussonderung zu tun.
(2) Dass Sie „Minderheitenschutz“ für sich ernst meinen würden, habe ich ja nicht unterstellt.
Genau das aber entspricht nationalistischen Denkweisen: Die „Mehrheit“ vor Minderheiten zu „schützen“, faktisch also Minderheitenschutz und damit wesentliche Grundsätze der Verfassung auszuhebeln. Dass solche Typen mit der „Mehrheit“ immer sich selbst meinen, ist leicht zu erkennen.
Sich selbst einer Minderheit zugehörig zu fühlen, widerspräche ja schon deren psychischer Konstitution, die durch Feigheit charakterisiert wird und daher immer den „Schutz“ der Masse sucht.
Früher nannte man das „Untertanengeist“. Darauf zu verweisen, dass der unter dem Wirken einer AfD und bestimmten Großmäulern der CSU fröhliche Urstände feiert, das war ja auch der Kern meines Beitrags.
@Ralf-Michael Lübbers
Volltreffer: ich bin Leeraner.
@ Werner Engelmann
Ich vestehe immer noch nicht, was Sie mit Ihrem Vorwurf meinten: „Ihre seltsame Aufrechnung von „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Bio-Deutschen“ und Äußerungen über „Minderheitenschutz“ wundern mich doch sehr.“
Herr Lübbers prophezeite in ironischem Ton, er müsse bald als Klimaflüchtling nach Frankfurt kommen und äußerte die Sorge, er könne sich möglicherweise hier nicht verständigen.
Daraufhin versichere ich ihm, dass er hier willkommen sei und wies ihn darauf hin, dass Frankfurt schließlich eine internationale Stadt sei, die ein paar „Ausländer“ mehr, nämlich Ostfriesen (haha), durchaus verkraften könne. Wenn Sie meinen Witz über den Minderheitenschutz nicht ernst genommen haben, was werfen Sie mir denn vor?
„Was Minderheitenschutz betrifft, gibt es dafür wichtige Garantien, und das sind die Menschenrechte, die es zu verteidigen gilt.“
Völlig richtig, aber was hat das mit meinem Kommentar zu tun?
„Darüber hinaus wüsste ich nicht, was diese Hinweise auf „Mehrheit“ resp. „Minderheit“, die sich auf willkürlich herausgegriffene Kriterien beziehen (wozu der zufällige Geburtsort zählt), eigentlich aussagen sollen.“
Antwort: Wenn man nicht weiß, wer in einer Gesellschaft zur Minderheit gehört, kann man sie auch nicht schützen, logisch? Und zu diesem Minderheitenschutz gehörte offenbar die Maßnahme der Stadt Frankfurt, Kinder mit Migrationshintergrund bei der Verteilung von Kitaplätzen zu bevorzugen.
Daraufhin halten Sie mir einen Vortrag über die Möglichkeit und die Neigung von Rechtspopulisten, mithilfe von Statistiken Minderheiten zu diskriminieren. Warum erzählen Sie mir das? Es ist eine Binsenweisheit, die ich nie infrage gestellt habe.
„Dass Sie „Minderheitenschutz“ für sich ernst meinen würden, habe ich ja nicht unterstellt.“
Was aber kritisieren Sie dann an meinen Äußerungen? Die Antwort darauf bleiben Sie mir schuldig. Stattdessen verbreiten Sie sich über den Untertanengeist, der bei der AfD und „bestimmten Großmäulern der CSU fröhliche Urstände feiert.“
Alles nachvollziehbar und nicht zu bestreiten. Was das alles aber mit meinen Äußerungen und Ihrer Kritik daran zu tun hat, kann ich leider immer noch nicht verstehen.
@ Brigitte Ernst:
„Herr Lübbers jedenfalls hat mich, so hoffe ich, richtig verstanden.“
Jawoll! Da darf ich Ihnen Recht geben. Auch, was den Waisenknaben betrifft. Mit halben Afroamerikanern kann ich nicht dienen. (Ich hoffe, es geht ihm gut. Ist das durch einen Längs- oder durch einen Querschnitt passiert?)
@ Herr Engelmann:
„95 % Gemeinsamkeiten des Menschseinswahrzunehmen!“
Sehr wahr!
Henning Flessner:
„Volltreffer: ich bin Leeraner.“ Jetzt versthe ich, warum Sie den berühmten Hannes Flessner nicht kennen. Der war Auricher. Mit Leer verbinde ich eine Mandelkappung als 5-jähriger und 3 Monate Grundausbildung im Sani-Bataillon. Hat aber auch schöne Seiten. Zum Beispiel einen Bahnanschluß.
@ Ralf-Michael Lübbers
Es ist durch Zusammentreffen und Teilung zweier Chromsomensätze passiert.
Mit dem Begriff „halber Afroamerikaner“ hat es folgende Bewandnis:
Bei der Registrierung meines Großneffen als amerikanischer Staatsbürger auf dem Frankfurter Konsulat wurde in das Register und in seinen Ausweis unter der Rubrik „Race“ (die gibt es da tatsächlich!) „Black“ eingetragen, worauf sich meine Nichte beschwerte, weil er ja auch von ihr abstammt und deswegen zur Hälfte „Caucasian“ (das steht für die weiße Rasse) sei. Aber bei einem Afroamerikaner zählt registriertechnisch nur der schwarze Anteil der Pigmente.
Als ich meine sonst politisch sehr fortschrittliche amerikanische Schwiegertochter fragte, warum die Rasse überhaupt im Ausweis verzeichnet werde, obwohl man doch auf dem Foto sehen könne, wie der Mensch aussieht, sagte sie, das sei in Amerika nun mal so und habe gute Gründe. So sind sie, die Amis!
@Brigitte Ernst:
„…die mich in meinen 40 Dienstjahren als Lehrerin ertragen mussten, ob sie mich als Rassistin erlebt haben.“
In dieser Diskussion habe ich Ihnen nicht vorgeworfen, Rassistin zu sein (ich wollte „Blog“ schreiben, sah mir ihre 40 Dienstjahre als Lehrerin an und wählte eine Fehlervermeidungsstrategie 🙂
Ich selbst bin nicht stolz darauf, laut Fremdbeschreibung kein Rassist zu sein. Ich halte es für normal (also nicht außergewöhnlich), kein Rassist zu sein. Diejeninge, die (in Aurich) unter Rassismus leiden, haben leider einen gegenteiligen Eindruck. Es ist hier wohl nicht normal, kein Rassist zu sein.
Ich bin übrigens außerordentlich beruhigt, daß der von Ihnen erwähnte halbe Afroamerikaner ein vollständiger Mensch ist. 🙂
@ Sigurd Schmidt:
Wie ist das jetzt mit den Wirtschaftsflüchtlingen (synonym Steuerflüchtlinge), Herr Schmidt. Werden die jetzt endlich abgeschoben, nachdem man ihnen vorher ihr geklautes (Steuer-)Geld abgenommen hat? Wir brauchen Geld für die Armutsflüchtlinge! Viel Geld! Taten statt Worte!
@ Ralf-Michael Lübbers, 10. Juli 2018 um 15:20
Prima Gedanke!
Ich schlage vor, ein entsprechendes Schreiben an Herrn Seehofer aufzusetzen und so seinen „Masterplan“ einem etwas sinnvolleren Zweck zuzuführen. Sollte (was ich vermute) die genannte Zielgruppe von Steuerflüchtlingen darin noch nicht aufgeführt sein, wäre dieser eben auf 64 Punkte zu erweitern (ist sowieso eine schönere Zahl).
Ich nehme auch an, dass es zumindest mit dem Koalitionspartner SPD keine größeren Schwierigkeiten geben dürfte. Und was CDU und CSU betrifft, wäre das doch eine schöne Gelegenheit für sie, wirklich Farbe zu bekennen.
Ich bin gerne bereit, meine Unterschrift darunter zu setzen!
@ all
Unter dem Artikel der FR von heute (http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/fluechtlingspolitik-seehofer-stellt-masterplan-vor-und-ist-beleidigt-a-1541673) habe ich den folgenden offenen Brief an Herrn Seehofer als Kommentar hinzugefügt.
Ich bitte alle, die bereit sind, diesen Brief namentlich zu unterstützen, dies hier vor Absendung an das Innenministerium kund zu tun.
Offener Brief an Herrn Seehofer:
Sehr geehrter Herr Seehofer,
wie man sieht, tun Sie sich etwas schwer bei der Überarbeitung Ihres bisher geheim gehaltenen „Masterplans“ hinsichtlich der Anpassung an Koalitionsvereinbarungen. Bei den noch anstehenden Arbeiten möchte ich (möchten wir) Ihnen gerne behilflich sein.
Wie nun erkennbar wird, haben Sie leider bei der Nennung der auszuweisenden Flüchtlinge eine wichtige Gruppe vergessen: die der Steuerflüchtlinge.
Ich bitte Sie, Ihren „Masterplan“ entsprechend durch einen Punkt 64 zu ergänzen:
„Als Flüchtlinge, welche das Land unverzüglich zu verlassen haben, sind auch Steuerflüchtlinge anzusehen, welche die Bundesrepublik Deutschland in Form von Steuerhinterziehung nachhaltig geschädigt haben. Die Schulden der Genannten gegenüber der BRD sind vor Verlassen des Landes vollständig an ein inländisches Konto zu überweisen. Nach Erfüllung dieser Bedingung kann von einer Überführung in eines der vorgesehenen „Ankerzentren“ abgesehen werden.
Großzügige Behandlung kann auch insofern gewährt werden, als dem Wunsch der Betroffenen bez. des aufzunehmenden Landes im Rahmen des Möglichen zu entsprechen ist.“
Mit freundlichen Grüßen
Werner Engelmann
P.S. Weitere Anregungen können im Anschluss an den folgend genannten Beitrag gepostet werden an:
http://frblog.de/muelltonne…
@ Ralf-Michael Lübbers
Wenn Sie so oft betonen, was für ein politisch korrekter Hecht Sie sind oder wie toll andere Sie finden, fühle ich mich immer so minderwertig. Dann muss ich unbedingt dagegenhalten :-).
Im Übrigen brauchen Sie jetzt wirklich mal eine kleine Unterweisung in deutscher Grammatik:
der Blog, des Blogs, dem Blog, den Blog
das Blog, des Blogs, dem Blog, das Blog
Hurra, im Genetiv und Dativ gleichen sich die Formen!
Das mit dem Abschieben von Steuerflüchtlingen ist ein schwacher Witz. Deutsche Staatsbürger können gar nicht aus Deutschland abgeschoben werden. In den Knast reicht doch auch.
@ Werner Engelmann
Ich unterstütze Ihren Brief an unseren gemeinsamen Freund Seehofer.
Brigitte Ernst, 10. Juli 2018 um 17:42
„Das mit dem Abschieben von Steuerflüchtlingen ist ein schwacher Witz.“
Preisfrage: Was ist Seehofers „Masterplan“?
Welchen Grund gibt es, auf „Schwach“-Sinn mit Bierernst zu reagieren?
Me too!
@ Jürgen Malyssek, Ralf-Michael Lübbers
Danke für die Rückmeldungen.
Natürlich geht es um Öffentlichkeitswirkung. Ich habe daher unter „Innenministerium“ recherchiert. Am besten geht es über Twitter, da gibt es einen direkten Link von „Masterplan“ (https://twitter.com/hashtag/Masterplan).
Über Facebook gelangt man nur zu „Bundesregierung“, ist zu unspezifisch.
Stichwort: Gemeinsamer offener Brief an Herrn Seehofer zum „Masterplan“
Zum Inhalt: (als Dokument hinzugefügt)
Um die Ironie etwas zu verdeutlichen, möchte ich den Text leicht in folgender Weise ändern:
Sehr geehrter Herr Seehofer,
wir begrüßen es, endlich Ihren „Masterplan“ einsehen zu dürfen und schließen uns Ihrer Bekundung in der Präambel an: „Die konsequente Durchsetzung des Rechts sichert das Vertrauen des Rechtsstaats.“
Wir verweisen auf eine in Ihrem „Masterplan“ leider nicht benannte Personengruppe, die in besonderem Maße „das Vertrauen des Rechtsstaats“ erschüttert.
Wir bitten Sie daher, Ihren „Masterplan“ entsprechend durch einen Punkt 64 zu ergänzen:
„Als Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive sind auch Personen oder Firmen – genannt: „Steuerflüchtlinge“ – anzusehen, die, unter Umgehung des Rechts und zu eigennützigen Zwecken, sich der Dienstleistungen von Menschen dieses Landes bedienen, ohne die vorgesehenen Steuern zu entrichten. Die mithin die Bundesrepublik Deutschland in Form von Steuerhinterziehung nachhaltig geschädigt haben.
Es ist Sorge zu tragen, dass die Schulden der Genannten gegenüber der BRD vor Verlassen des Landes vollständig an ein inländisches Konto überwiesen werden.
Nach Erfüllung dieser Bedingung kann von einer Überführung dieser Personen in eines der vorgesehenen „Ankerzentren“ abgesehen werden.
Großzügige Behandlung kann auch insofern gewährt werden, als dem Wunsch der Betroffenen bez. des aufzunehmenden Landes im Rahmen des Möglichen zu entsprechen ist.“
Mit freundlichen Grüßen
Werner Engelmann
Jürgen Malyssek
Ralf-Michael Lübbers
Ich bitte Sie um Rückmeldung, ob Sie mit diesem Inhalt und diesem Verfahren einverstanden sind. Ich werde dann morgen diesen Brief posten.
Wenn jemand noch seinen Namen hinzufügen möchte, gibt es bis morgen dazu Gelegenheit.
P.S.: Da ich ab morgen für zwei Wochen mit täglichen Intensivsprachkursen für Flüchtlinge beginne, werde ich mich in der Folge eher rar machen.
@ Werner Engelmann
Köstlich! Ich bin sehr mit dem Inhalt und dem Verfahren einverstanden.
@ Werner Engelmann
Es gibt halt geistreiche und weniger geistreiche Witze…
Mal was ganz anderes:
Als guter Christ kennen Sie doch den Bibelspruch: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“
Das sollte auch für Staaten und ihre Aufnahmeleistung von Flüchtlingen gelten, oder?
Nun stelle ich fest, dass das Aufenthaltsland Ihrer Wahl, Frankreich, laut Statista zwischen 2014 und und 2017 329.577 Erstasylanträge angenommen hat, Deutschland im selben Zeitraum dagegen 1.647.692.
Im Jahr 2016 waren es für Deutschland 60% der in der gesamten EU gestellten Anträge, für Frankreich nur 13%. Angesichts der Bevölkerungszahlen (D: 82,6 Mio, F: 65 Mio) ist das für Ihre Wahlheimat eine erbärmliche Leistung. Ich gehe davon aus, dass Sie diesbezüglich Herrn Macron einen entsprechend geharnischten Brief schreiben.
@Werner Engelmann
Sie fordern Straffreiheit für Straftäter. Sie hätten Herrn Hoeneß also seine Strafe erlassen und in die Schweiz abgeschoben.
Ich bin noch auf der Suche nach dem Witz.
Ich würde dem Brief an Seehofer noch ein Nachwort hinzufügen und ihm den Übertritt zur AfD empfehlen, da diese seinen „Masterplan“ gelobt hat, womit er sich eindeutig in deren geistige Nähe begibt.
Was die Bibelsprüche anbetrifft, weise ich auf die Stelle in der Bibel hin, wo Jesus sagt:
„Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer! Ihr Heuchler! Ihr seid wie die weiß getünchten Grabstätten[e]: Von außen erscheinen sie schön, aber innen ist alles voll stinkender Verwesung. Genauso ist es bei euch: Ihr steht vor den Leuten als solche da, die Gottes Willen tun, aber in Wirklichkeit seid ihr voller Auflehnung und Heuchelei.“(Matth. 23,27-28)
@ Peter Boettel
Wer ist dann der größere Heuchler? Emmanuel Macron, der große Töne spuckt über ein tolles neues Europa, das er mit Merkel bzw. mit Deutschland bauen will, der aber zugleich nicht daran denkt, diesem Partner auch mal ein bisschen von der übergroßen Last, die dieser aus humanitären Gründen auf sich geladen hat, abzunehmen? Oder Seehofer und Merkel, die mit ihrem Land erst erhebliche Vorleistungen erbracht haben, sich aber angesichts des Mangels an europäischer Solidarität irgendwann überfordert fühlen – natürlich auch, weil die Bevölkerung über diese Ungleichverteilung wütend ist und immer weiter in die rechte Ecke rückt?
Diese französischen Schlaumeier (erst Hollande, dann Macron) sind einfach cleverer als so ein tumber Poltergeist wie Seehofer. Die halten sich seit 2015 bei der Flüchtlingsaufnahme schön zurück, halten darüber aber geflissentlich ihren Mund. Der allseits gescholtenen Seehofer dagegen hat (mit seinen Bayern) mehr Flüchtlinge aufgenommen als mancher Regierungschef und bekommt dann dafür von Leuten wie Ihnen nichts als Prügel – und Sie sind auch noch stolz darauf.
Hallo, Herr Malyssek, Herr Lübbers,
unser gemeinsame offene Brief ist auf Twitter, Stichwort „Masterplan“, online gestellt:
https://twitter.com/search?f=tweets&vertical=news&q=%23masterplan&src=typd
Am besten Einstellung „latest“.
Bemerkenswert auch einige andere Tweeds, z.B der offene Brief von Renate Schmidt: „Sie verdienen keine Ehre“ (wenig darunter).
Schönen Abend!
@Werner Engelmann
Bin immer noch auf der Suche nach dem Witz.
Warum stellen Sie in Ihrem Brief Straftäter und Flüchtlinge auf eine Stufe? Auch als Witz etwas daneben.
@ Brigitte Ernst:
Ich habe mich noch an keiner Stelle positiv über Macron ausgesprochen. Dies werde ich auch angesichts seiner neoliberalen Haltung mit innenpolitischen Maßnahmen, die er von Merkel übernommen hat, sowie der militärisch ausgerichteten Außenpolitik fürderhin nicht tun.
@ Peter Boettel
Und wie sieht es mit erbrachten Leisungen für Flüchtlnge aus? Besitzen Sie die Großzügigkeit, da auch mal etwas anzuerkennen? Oder mäkeln sie immer nur an allem, was andere tun, herum?
@ Henning Flessner
Gut, dass hier wenigstens einer mein Unverständnis für diesen „Witz“ teilt.
@ Ralf-Michael Lübbers
Hallo Herr Lübbers, im Wochenmagazin „der Freitag“ von heute, auf S. 22 (Porträt) ist ein Artikel von Nikola Endlich: „Man fühlt sich erst mal ausgeliefert“: Till Rummenhohl im Einsatz auf der Aquarius.
Ich habe an Sie gedacht, als ich das gelesen habe.
@Jürgen Malyssek:
Danke für den Hinweis! 🙂