Ist der Afghanistankrieg also doch ein Krieg um Handels- und Wirtschaftsinteressen? Billionenwerte an Rohstoffen liegen im afghanischen Untergrund und warten darauf, gehoben zu werden. Die Nachricht an sich ist gar nicht neu. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber, aus welcher Richtung sie nun in die Öffentlichkeit gegeben wurde: Die new York Times, die das Thema aufbrachte, beruft sich auf das US-Verteidigungsministerium. „Atemberaubende Möglichkeiten„, sieht der US-Kommandeur für Afghanistan, David Petraeus. Am interessantesten unter den Rohstoffen dürften die großen Vorkommen von Lithium sein, dass auf dem Weltmarkt immer knapper wird, aber unentbehrlich ist beispielsweise für Batterien und Akkus – und damit für Elektromobilität und andere Menschheits-Zukunftstechnologien, die aus der ökologischen Krise führen sollen und müssen.

Für die FR-Leserinnen und -Leser ist die Neuigkeit keine solche. Heinz Kornemann aus Wolfsburg etwa meint:

„Jetzt wurde die Katze aus dem Sack gelassen. In Afghanistan gibt es riesige Rohstoffvorräte an Eisen, Kupfer und Gold im Billionen-Dollar-Wert. Außerdem das für   die Computer- und Handyindustrie wichtigen Lithium.  Sicherlich war auch unser ehemaliger Bundespräsident Köhler darüber informiert, als er von wirtschaftlichen und strategischen Interessen in Afghanistan sprach. Wer glaubt da noch, dass die Soldaten zum Brunnenbau und ähnlichen sozialen Projekte nach Afghanistan geschickt werden?“

Regine Metes aus Berlin:0

„Hoffentlich ist dies nicht das Todesurteil für Afghanistan. Wer z.B. die Geschichte der Ausbeutung Südamerikas kennt, weiß, dass auf den Hinweis von Bodenschätzen nur Ausbeutung, Plünderung, Misshandlung des Volkes folgt. Dass gerade die Amerikaner darauf gekommen sind, lässt vermuten, dass sie hiermit nun endgültig im Lande sind: Die einstige Terroristenverfolgung hat sich nun ‚glücklicherweise‘ in eine Entdeckung von Bodenschätzen verwandelt. Nun sind sie richtig angekommen. Nun werden sie auch, solange es etwas abzugreifen gibt, nicht gehen. Welch Wendung des Schicksals! Hoffentlich sind die Afghanen nicht so blöd, sich von ihnen ausbeuten zu lassen. Afghanistan hätte es bitter nötig, selber in den Genuss seiner Reichtümer zu kommen  – nach all dem Leid.“

Edeltraud Schnegelsberg aus Darmstadt:

„Es ist ja wohl das letzte, dass die FR auch so tut, als habe man 2001 vor Kriegsbeginn nicht gewusst, dass Afghanistan superreich an Bodenschätzen ist. Der völkerrechtswidrige Krieg wurde von der USA initiiert, nicht etwa um dort die „Demokratie“ zu installieren – die Taliban waren ja mit Hilfe der USA an die Macht gekommen und 1993 noch zu Gast bei Bush junior in Texas u.a. zum Besuch von Gefängnissen, auch zu der Zeit herrschte schon die  verbrecherische, frauenentrechtende Talibanregierung –, sondern der Krieg wurde eben wegen dieser Bodenschätze geführt.
Auch die Sowjetunion hatte Kenntnis vom Reichtum an Bodenschätzen, das ist dokumentiert. Die USA hatten ja auch Bin Laden mit seinen Mudschaheddin aufgebaut, um die Sowjetunion aus Afghanistan zu vertreiben, die aufgrund eines Hilferufs der herrschenden Clans von selbigem zur Unterstützung gegen Aufständische (u.a. frauenentrechtende Taliban) mit Truppen in Afghanistan  waren; allerdings konnten während dieser Zeit, wie immer  man sie bewerten will, Mädchen in Schulen gehen und Frauen hatten Rechte.“

Manfred Bühring aus Flensburg:

„Also doch! Zur Erklärung von Politik und Krieg et vice versa führt noch immer die alte Frage ans Ziel: Wem nützt was? Und die Menschen sollten sich nicht mit vordergründigem Politikersprech à la Struck – unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt – abspeisen lassen. Die Erkenntnis des amerikanischen Militärs (sic!), Afghanistan beherberge für die westliche Welt lebensnotwendige Rohstoffe, kam sicherlich nicht „plötzlich“. Die Russen wussten es schon; und was die Russen wussten, wussten auch die Amerikaner – James Bond sei dank. Eine sehr schnelle Rehabilitation unseres geschassten Bundespräsidenten, denn er hat nur – aus Versehen und etwas unglücklich – ausgesprochen, was Strategen wie Brzezinski schon 1997 zu Papier gebracht haben: Die Zukunft der Großmächte wird sich auf dem eurasischen Schachbrett  entscheiden.“

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13 Kommentare zu “Die Katze aus dem Sack

  1. Wirklich überraschend war das nicht; zur Regionalgeologie gibts durchaus moderne Literatur (ca 25 a alt), ganz zu Schweigen von den Fernerkundungsdaten….

    MfG Karl Müller

  2. Sehr lange schon mahnen Friedensforscher und Militärs , dass die Kämpfe der Zukunft in viel größerem Maße als in der Vergangenheit Verteilungskämpfe sein werden. Die Politiker haben kaum auf diese Mahnungen reagiert.

    Die Ressourcen der Welt gehören allen, ohne Rücksicht auf Grenzen.

  3. Falsch, BvG. Die Rohstoffe gehören den Firmen, die sie abbauen. Dafür erwerben sie Lizenzen. Das mag uns passen oder nicht aber es ist die Realität. Prinzipiell fahren wir auch nicht schlecht damit, denn für die Schürfer muss es sich ja lohnen, dass sie ihre Arbeit machen. Aber dann kommen die Seilschaften zwischen Politik und Wirtschaft. Im Irak haben die USA vorgemacht, wie das mit den Lizenzen geht

  4. „Im Jahr 2004 stolperten US-amerikanische Geologen, nach Afghanistan geschickt als Teil eines umfassenderen Wiederaufbaus, über eine faszinierende Anzahl von alten Karten und Daten in der Bibliothek des afghanischen Geological Survey in Kabul, die bedeutende Mineralvorkommen des Landes andeuteten […] Ausgestattet mit den alten russischen Karten, begann die US Geological Survey eine Reihe von Untersuchungen der Bodenschätze Afghanistans aus der Luft, im Jahr 2006, mit Hilfe modernster Schwerkraft- und Magnetfeld-Messgeräte, mit denen eine alte Orion P-3 der Navy ausgerüstet worden war, die über etwa 70 Prozent des Landes flog. Die Daten aus diesen Flügen waren so vielversprechend, dass im Jahr 2007 die Geologen für eine noch verfeinerte Studie zurückkehrten, mit einem alten britischen Bomber, ausgestattet mit Instrumenten, die ein dreidimensionales Profil von Mineralvorkommen unterhalb der Erdoberfläche lieferten. Es war die umfangreichste geologische Untersuchung in Afghanistan, die jemals durchgeführt worden war.“

    Aha, da wurde also 2001 ein Krieg begonnen, um sich Rohstofflager zu sichern, die 2006/2007 entdeckt wurden… dies mag manchem verwirrend erscheinen, aber natürlich nicht jenen Verschwörungstheoretikern des linken und rechten Randes, für die Kriege (und zwar besonders von den USA initiierte) immer eigentlich nur Bereicherungsversuche sind. Und jetzt hat man ja den „Beweis“, chronologische Unstimmigkeiten können da das festgezimmerte Bild nicht erschüttern.

  5. Hallo Herr Wedell,

    Sie unterliegen da möglicherweise einem Interpretationsfehler. Größtenteils waren die Lagerstätten schon viel früher bekannt, es gibt auch einige ältere geophysikalische und geochemische Untersuchungen.Was Ihr Zitat beschreibt, ist lediglich der technische Ansatz einer verfeinerten Auflösung, dann es gab auch schon länger multispektrale Satellitendaten; spätestens mit Landsat 1 hats angefangen.
    Zur regionalen Geologie von Afgh. gibts auch eine ca. 25 a alte deutsche Publikation.

    Was also beabsichtigen Sie mit Ihrem Zitat?

    MfG Karl Müller

  6. Wir kennen das doch aus der Geschichte. Warum werden Kriege sonst geführt, außer um sich an fremden Ressourcen zu bereichern? Selbst die Versklavung war ja eine Art „Ressourcen-Sicherung“, denn damit sicherte man sich billige Arbeitskräfte. Übrigens gehören Rohstoffe weder den Firmen, welche sie ausbeuten, noch allen auf der Welt, sondern einzig der Bevölkerung auf deren Land sich diese befinden.

    Ansonsten wäre ja die internationalen Raubzüge der multinationalen Konzerne, gestützt und gefördert durch die Rüstungsindustrie, egal ob Öl in Equador, Fisch vor Senegal, Uran in Australien oder Tropenholz in Borneo, nichts anderes als eine Art Mundraub.

    Und, # 3, Markus Dehnerle, die Sache mit den „Lizenzen“ ist wohl lachhaft. Es weiß oder ahnt jeder, daß diese durch 99,9% Korruption zustande kommen.

    Ein Treppenwitz der Geschichte ist, daß Horst Köhler zurücktrat (oder zurück treten mußte?), weil er nicht gelogen hat, wie andere Politiker vor ihm, sondern nur, wenn auch unbedacht, die Wahrheit ausgesprochen hat.

  7. Jeder sieht, auch in den USA, daß der Krieg verloren ist – mit Schimpf und Schande. Also wird das Faß mit den Gold-Funden aufgemacht. So sollen die letzten Reserven aktiviert werden. Und eine Weile wird vom Kriegsverlauf abgelenkt…

  8. @ Karl,

    es geht doch hier um das Ausmaß. Daß Afghanistan natürlich nicht ein Land völlig ohne jegliche Bodenschätze ist, das ist doch klar, und das war auch 2001 klar. Es ist doch aber absurd, zu behaupten, die jetzigen sensationellen Funde wären nun ein Beweis dafür, daß Rohstoffe der Auslöser des Krieges waren, denn es stimmt einfach nicht, daß die jetzigen sensationellen Funde 2001 vorhersehbar gewesen wären.

    Im Übrigen wird es zum Abbau Ausschreibungsprozesse geben, auf die weltweit Angebote abgegeben werden können. So wurden für bedeutende Kupfervorkommen in genau solch einem Verfahren von den afghanischen Behörden kürzlich die Schürfrechte an… China vergeben! Mit anderen Worten, da hätte also die USA einen Krieg zum Profit von China geführt?

    Ich halte das alles für Unsinn. Wenn die Taliban damals ihre Diktatur erstmal gefestigt gehabt hätten, hätten sie letztendlich irgendwann die gleichen Entscheidungen zu Exploration und Ausbeutung getroffen wie es jetzt Karzai oder seine Nachfolger machen werden. Ein Krieg wegen Rohstoffen ist einfach unnötig, und deswegen ist es auch keiner.

  9. P.S.

    Nach dem Abzug der Sowjets 1989 machten die USA auf diesem ganz tollen Haufen von Naturschätzen namens Afghanistan… 12 Jahre lang gar nichts, nicht das geringste Engagement, in den Bürgerkrieg der Mujaheddin-Fraktionen wurde ebensowenig eingegriffen wie in die aufkommende und letztendlich erfolgreiche Talibanbewegung, die USA, die internationale Gemeinschaft überhaupt, überließ Afghanistan sich selbst. Irgendwie komisch, wenn sie doch so scharf auf die Rohstoffe waren…

    Der U.S. Geological Survey, der in Zusammenarbeit mit dem afghanischen Bergbauministerium die Rohstoffsituation untersuchen wollte, bekam 5 Mio. US-$ dafür bewilligt… nachdem sie 70 Mio. US-$ beantragt hatten. Dies sowie die Umstände der Exploration (die ich oben zitierte… eine „alte Orion P-3“ ein „alter britischer Bomber“) klingen auch irgendwie nicht danach, als wären die Rohstoffe der eigentliche Hauptzweck von Enduring Freedom gewesen.

  10. Ach, immer diese Rechthaberei. Es kommt doch gar nicht darauf an, seit wann das bekannt war, das es diese Bodenschätze gibt. Merkwürdig ist doch der Zeitpunkt, zu dem das US-Militär (!!!!) diese Sache jetzt rausgibt. Mensch Leute, es gibt Gold in Afghanistan! Gold!!! Die Amerikaner sollen wohl in eine Art Goldrausch versetzt werden. Damit haben sie ja Erfahrung aus ihrer Geschichte, da haben schon früher viele den Kopf verloren

    DAS ist doch der Punkt!

  11. @ Max,

    die „Rohstoffmotivation“ zum Kampf ist sicher mehr als fragwürdig. Jeder Machthaber würde versuchen daraus Kapital zu schlagen (s. Kongo). Möglicherweise auch ein Versuch die lokalen Interessen aufzuspalten, decken sich die „Vorkommen“ ja nicht umbedingt mit den „Herrschaftsgebieten“.

    Sie verweisen auf den Abbau, nicht die Prospektion, das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. für das Bisschen Geophysik bekommen Sie nicht die behaupten Informationsstände. Fernerkundung ist dabei nur eine Ergänzung der Felderkundung sowie der Laborproben.
    Zudem ist die reine Höffigkeitsabschätzung einer Lagerstätte nach den Elementen eher unbrauchbar, wird dabei doch vernachlässigt (und das wäre für die Gewinnung wesentlich!)welche Erz- und Begleitmineralphasen tatsächlich vorliegen. Das sagt Ihnne die Fernerkundung nämlich nicht. „Falsche“ Begleitminerale können gewaltige Vorkommen ökonomisch total entwerten, eben wenn die Aufbereitung dadurch untragbar wird. Ohne genaue Kenntis der Gesamtumstände beleibt alles unwirklich.

    @ Markus,

    Was die Amerikaner mit der „Neuigkeit“ bezwecken wollen bleibt unklar, warten wir ab was als Folge passiert.

    MfG Karl Müller

  12. @ Karl,

    Sie haben recht, man wird noch genauer hinschauen müssen. Was z.B. das Lithium angeht, daß in den Berichten immer so groß herausgestellt wird, so ist die Berichterstattung darüber im Ursprungsartikel der NYT eher vage, es wird von „Vermutungen“ und „Möglichkeiten“ gesprochen. Der betreffende Passus:

    „Just in diesem Monat führten amerikanischen Geologen des Pentagon-Teams Bodenuntersuchungen in trockenen Salzseen im westlichen Afghanistan durch, wo sie vermuten, daß es große Vorkommen von Lithium gibt. Pentagonbeamte sagten, dass ihre erste Analyse an einem Ort in der Provinz Ghazni die Möglichkeit von Lithiumvorkommen anzeigte, die so groß sind wie jene von Bolivien, das inzwischen die weltweit größten bekannten Lithium-Reserven hat.“

    Ein weiterer Passus, der auch ein besonderes Licht auf die „Krieg um Rohstoff“-These wirft:

    „Aber die Ergebnisse [der Fernerkundungen von 2006 und 2007] sammelten Staub für weitere zwei Jahre, ignoriert von Beamten sowohl der amerikanischen wie der afghanischen Regierungen. Im Jahr 2009 wurde eine Einsatzgruppe des Pentagon, die Wirtschaftsentwicklungsprogramme im Irak geschaffen hatte, nach Afghanistan verlegt und stieß auf die geologischen Daten. Bis dahin hatte niemand außer den Geologen sich die Mühe gemacht, auf die Informationen zu schauen – und niemand hatte versucht, die technischen Daten zu analysieren, um den potenziellen wirtschaftlichen Wert der Mineralvorkommen zu ermitteln.“

    @ Markus Dehnerle,

    na und, was finden Sie daran so sensationell, daß das amerikanische Pentagon versucht, alle Möglichkeiten auszunutzen, um die Stimmung bei der eigenen Bevölkerung bezüglich Afghanistan aufzubessern? Dazu gehört eben auch, daß man den Menschen aufzeigt, daß der afghanische (Wieder)Aufbau nach mehr als 10 Jahren Krieg gegen die Russen, weiteren 10 Jahren Bürgerkrieg, sowie 8 Jahren Krieg gegen die Taliban durchaus von den Afghanen selbst, aus eigenen Mitteln, finanziert werden kann, und daß man dazu eben nicht auf Geschenke des amerikanischen Steuerzahlers angewiesen ist, wie der amerikanische Bürger befürchtete (der deutsche ja nicht, denn der zahlt eher gerne, wenn es ihm als Linderung der Not anderswo verkauft werden kann).

  13. Der (letzte) Afghanistan-Krieg hat Oktober 2001 als Reaktion auf den Anschlag in New York vom 11.09.2001 angefangen. Es kann & darf vermutet werden, daß die derzeit diskutierten Bodenschätze für die Deckung der Unkosten der Koalitions-Einsatzarmee beansprucht werden. Wie & wann die Bodenschätze zu Geld gemacht bzw. verrechnet werden können, hängt auch von der internationalen — seit der Finanzkrise eigentlich erheblich geschwächten — Wirtschaftslage ab. Übrigens, Minen und etwaige Werke zur Weiterverarbeitung der Rohmaterialien würde man auch entsprechend schützen wollen.

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