Es geschieht selten genug, dass ich Leserbriefe von Muslimen bekomme. Auch zu Themen, die Muslime berühren und die in der Gesellschaft breit diskutiert werden, melden sie sich in der Regel nicht direkt zu Worte. Die meisten Zuschriften zu diesen Themen stammen von Menschen, die sich über Muslime äußern, selbst aber keine sind. Ein gesellschaftsweiter Diskurs zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen ist bisher nicht in Fahrt gekommen, nicht einmal durch die Islamkonferenz. Und er wird sicher auch nicht durch diesen Thread in Gang kommen. Aber man kann es ja mal versuchen. Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi sieht im muslimischen Kopftuch ein Druckmittel gegen Frauen. Dem widersprach eine Muslima in einem Leserbrief, den ich natürlich veröffentlicht habe, und das wiederum hat einen Leser zum Widerspruch angeregt. Die Debatte.
Kopftuch aus Liebe zu Gott
„Es ist völlig falsch, das Kopftuch als ,,Produkt männlicher Herrschaft“ abzustempeln. Die meisten Frauen tragen ihr Kopftuch aus religiösen Gründen und aus eigener Überzeugung. Dieser Artikel zeigt die völlige Unwissenheit Herr Ourghis über den Islam. Im Koran wird nämlich ganz deutlich das Tragen eines Kopftuchs vorgeschrieben. Übrigens, das Kopftuchgebot ist nicht nur Teil der islamischen Lehre, sondern auch vieler anderer Religionen, auch des Christentums. Das Kopftuch hat für viele Frauen eine Schutzfunktion, es gibt ihnen Stärke und es ist ein Ausdruck der Liebe zu Gott. Durch das Tragen des Kopftuchs möchte die muslimische Frau zeigen, dass ihre Liebe zu Gott viel größer ist, als zu allem anderen auf dieser Welt. Dieser Aspekt zeigt doch gerade, dass die Frauen nicht etwa den Männern dieser Welt untergeben sind, sondern nur allein ihrem Gott. Wenn Frauen das Kopftuch aus dieser Überzeugung heraus tragen, führt das nicht zur Unterdrückung der Frau, sondern es stärkt die Frau sogar.“
Hania Ahmed, Rödermark
Der Islam muss zu den Menschen finden
Das Kopftuch sei ein Ausdruck der Liebe zu Gott. Und diese sei größer als zu allem anderen auf der Welt. So schrieb Hania Ahmed in ihrem Brief an die FR. Ich hielt den Beitrag zunächst für eine Satire. Auch wegen des Hinweises, dass Frauen nicht den Männern dieser Welt untertan seien, sondern allein Gott. Doch beim wiederholten Lesen gewann ich zunehmend den Eindruck, dass die Dame von dem, was sie schreibt, tatsächlich überzeugt ist. Und ich war und bin noch immer darüber erschüttert.
Denn diese Zuschrift offenbart ein Religions- und Gottesverständnis, das von christlichen und jüdischen Gläubigen, die ernst genommen werden wollen, längst nicht mehr geteilt wird. Dies hängt mit der Aufklärung zusammen, die vor 300 Jahren in Europa für ein neues Bewusstsein sorgte. Die Infragestellung unreflektierter Gottesbilder lässt sich jedoch auch direkt auf die Bibel zurückführen. Denn es ist unerlässlich, ihre Mythen und Gleichnisse in den jeweiligen historischen Kontext einzuordnen. Für den evangelischen Theologen Rudolf Bultmann (1884 – 1976) war das Verstehen der Zusammenhänge eine Grundvoraussetzung für den Glauben. Eine religiöse Überzeugung, die auf einer schlichten Anschauung der Dinge basiert, tendiert zum inhumanen Fundamentalismus.
Sowohl das Christentum als auch der Islam fußen zu wesentlichen Teilen auf dem Judentum, das in der Hebräischen Bibel (dem Alten Testament der Christen) seinen sichtbarsten Ausdruck gefunden hat. Dessen erste schriftliche Glaubenszeugnisse, nämlich das Thronnachfolgebuch, lassen sich auf das Jahr 926 v.C. datieren und sie setzen die bis dahin üblichen mündlichen Überlieferungen fort. Letztere reichen zurück bis in die Zeit um 1200 v.C. Die Entstehungsgeschichte endet mit der Synode von Kamnia im Jahr 100 n. C., welche den Kanon der heiligen Schriften (der Juden) endgültig festlegte.
Während dieser Zeitspanne von mehr als 1000 Jahren hat sich das Gottesbild der Juden erheblich gewandelt. Findet man in den Schriften zunächst die Gottesbezeichnungen Elohim und Jahwe, so setzt sich nach dem Babylonischen Exil (ab 536 v. C.) der vierbuchstabige Gottesname JHWH durch, der zwar sprachlich auf die Bezeichnung Jahwe zurückgreift (also gemäß der hebräischen Schriftsprache lediglich die Konsonanten des Worts wiedergibt), aber nicht mehr gesprochen wird. Denn die Weisen Israels hatten erkannt, dass die Reduktion Gottes auf menschliche Denk- und Sprachmuster das Wesen des einzigen (geglaubten) Gottes infragestellen würde. Im 2. Buch Mose (Exodus), Kapitel 3, Vers 14, bezeichnet sich Gott auf dem Berg Sinai gegenüber dem nachfragenden Mose als der „Ich bin der Ich-bin-da“, was die nahezu einzigartige dynamische Entwicklung einer Gottesvorstellung bedeutet. Nämlich die Wandlung vom archaischen Übervater zum namenlosen Gott jenseits menschlicher Vorstellungen. Martin Luther übersetzte das mit „Ich bin der, der ich sein werde“, was ebenfalls der Absicht der ursprünglichen Verfasser entsprechen dürfte. Bei der Schriftlesung und im Gebet sind statt eines Gottesnamens nunmehr die Anreden Haschem (Hebräisch: der Name) und Adonai (Hebräisch: mein Herr) üblich.
Diese Entwicklung ist in der jüdischen und christlichen Religions- und Wirkungsgeschichte nicht mehr umkehrbar; auch wenn es von Orthodoxen regelmäßig versucht wird. Und sie beinhaltet vor allem, dass die Verehrung des namenlosen und gestaltlosen Gottes, der in letzter Konsequenz nur noch gedacht, aber in konkreten Bildern nicht mehr erfassbar ist, im Gebot der Nächstenliebe ihre Anwendung findet. Der evangelische Theologe Herbert Braun (1903 – 1991) formulierte diese Erkenntnis so: „Gott ist das Woher meines Umgetriebenseins; ist das Woher meines Geborgen- und Verpflichtetseins vom Mitmenschen her … Der Mensch als Mensch impliziert Gott“.
Was ist das für ein Unterschied zur Auffassung der eingangs zitierten Muslima, die unfähig ist, sich von archaischen und hierarchischen Denkmustern zu trennen und einen Gott verehrt, der die Eigenschaften eines weltlichen Diktators aufweist und vorrangig von Frauen Unterwerfung fordert!
Zugegeben: Es war auch für die Christen ein weiter Weg, bis ihre Theologie Erkenntnisse wie jene von Rudolf Bultmann, Paul Tillich oder Herbert Braun hervorbrachte. Ein erster wichtiger Schritt dazu war die Leben-Jesu-Forschung, die mit der Aufklärung einsetzte. Jesus hat die Kirche, die sich nach ihm nennt, nachweislich nicht gegründet. Sein Wirken geschah im Kontext einer innerjüdischen Auseinandersetzung um den richtigen Weg des Menschen im Horizont der heiligen Schriften. Die Urgemeinde verstand ihn vor allem als Propheten. Nicht zuletzt unter dem Einfluss altgriechischen Denkens wurde er allmählich in eine gottgleiche Position gerückt. Dafür ist das Johannes-Evangelium ein typisches Beispiel.
Die Konzile von Nicäa (325) und Konstantinopel (381) sehen in Jesus schließlich sowohl den wahren Menschen als auch den wahren Gott. Seine heilsgeschichtliche Rolle wird aus missverstandenen Stellen der Bibel abgeleitet. In Johann Sebastian Bachs H-Moll-Messe findet diese Fehlinterpretation ihre sprachliche Vollendung: „Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gotte, gezeugt, nicht erschaffen“. Doch die Ästhetik ist kein Kriterium für den Wahrheitsgehalt. Diesem unreflektierten Glauben ist der geschichtliche Jesus samt seiner Absichten für lange Zeit zum Opfer gefallen.
War der theologische Irrtum der frühen Christenheit bereits verhängnisvoll, so stellt die Adaption jüdischer und christlicher Vorstellungen durch den Islam und deren Einbettung in andere, sehr unterschiedliche kulturelle Rahmenbedingungen eine besondere Entfremdung der ursprünglichen Ideen dar. Der Prophet Mohammed wollte den unterschiedlichen Göttern, die auf der arabischen Halbinsel verehrt wurden, einen einzigen Gott entgegensetzen, der unverkennbar Züge der jüdischen Gottesvorstellungen aufweist (Monotheismus). Parallel dazu wird Jesus als Prophet verehrt, der die Menschen zur Erkenntnis und Verherrlichung dieses alleinigen Gottes aufgerufen hatte. Dennoch will der Islam seinen arabischen Hintergrund nicht verleugnen. Er nimmt sowohl die positiven als auch die negativen Traditionen dieses Kulturraums auf und er stellt weder die überkommenen Herrschaftsverhältnisse grundsätzlich infrage noch die Praxis, in der Herrschaft ausgeübt wird. Folglich spiegeln sich in den religiösen Vorschriften des Korans die realen Verhältnisse, die nicht infrage gestellt werden. Eine künftige Ordnung, in der die Menschen mit Gott versöhnt existieren, wird auf das Jenseits verschoben. Auch hier lassen sich Übereinstimmungen mit einem unhistorischen jüdischen und christlichen Fundamentalismus nachweisen.
Während die Hoffnungen der Juden auf einem Messias ruhen, der als geistlicher und weltlicher Befreier erwartet wird und die christliche Theologie der Neuzeit mehrheitlich ein Reich Gottes auf Erden entwirft, in dem die Ethik des Neuen Testaments, die sich aus dem Alten Testament ableitet (Nächstenliebe), die herrschende wird sein müssen, ist die Haltung des Islam bis heute zwiespältig geblieben.
Die durchaus vorhandenen hohen ethischen Maßstäbe in Alltagsdingen (z.B. Barmherzigkeit, Gastfreundschaft) haben zu keinem allgemeinen Paradigmenwechsel geführt. Das liegt auch daran, dass die feudalen Strukturen aus der Zeit Mohammeds in den islamischen Ländern weiter fortbestehen. Obwohl die Völker Arabiens sowie auch die übrigen muslimischen Länder zu den geschundenen Nationen dieser Welt zählen, ausgebeutet von den eigenen Autokraten und vom globalen Kapitalismus, sind sie bis heute nicht zu einer sozialen Befreiung in der Lage. Wo das wie im Iran während der Zeit Mossadeghs gelang, sorgten die USA für die Wiederherstellung alter Machtstrukturen, sahen auch dem Niedergang des Schah-Regimes unbeteiligt zu und nahmen dadurch die Islamisierung des Staats durch Chomeini inkauf. Dort, wo mittlerweile neuer Widerstand entsteht, schlägt er allzu häufig um in Terrorismus, der sich weniger gegen die Ausbeuter als gegen Unbeteiligte in Europa und den USA richtet.
Die islamistischen Attentate in Frankreich, Deutschland oder Großbritannien, aber auch in Arabien und Asien, dokumentieren, dass der offizielle Islam bis heute weder theologisch noch politisch an Reife gewonnen hat und dass er dringend einer Reform bedarf. Ja, er erfüllt objektiv sogar die Funktion einer fünften Kolonne des Neoliberalismus. Seine herrschenden Clans sind auf die Wallstreet eingeschworen und sein Proletariat hasst Demokratie, Sozialismus und internationale Solidarität. Die inneren Strukturen dieser Gottesstaat-Ideologien sind den Konzepten des europäischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus zum Verwechseln ähnlich. Die Rechtsextremismusforscherin Julia Ebner hat das in ihrem jüngst erschienenen Buch „Wut – Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen“ nachgewiesen.
Es ist an der Zeit, dass der Islam den Weg zu den Menschen findet. Dann würde er auch von anderen Religionen und Weltanschauungen akzeptiert werden. Eine bedingungslose Toleranz durch den Westen, die das nicht Tolerierbare stillschweigend akzeptiert, wird jedoch der falsche und weiterhin verhängnisvolle Weg sein.
„Das Kopftuch hat für viele Frauen eine Schutzfunktion….“, schrieb weiter oben Hania Ahmed, und ich finde, dass man das akzeptieren sollte, so wie es akzeptiert wird bei den katholischen Nonnen. Niemand kam bisher auf die Idee, deren Ordenstracht zu verbieten, geschweige denn, diese Frauen deshalb öffentlich anzugreifen, wie das vor kurzem einer Muslima geschah, der man das Kopftuch wegriss. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter sondern hoffentlich in einem aufgeklärten Zeitalter ohne Gewaltattacken.
Gewalt und Zwang hat noch nie etwas gebracht außer Krieg, Elend und Wut, möchte ich noch hinzufügen.
Wesentlich an der Dreifaltigkeit des christlichen Gottes sind die sozialen Beziehungen zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. Gläubige sind daher zuvörderst dazu aufgerufen, sich einen eigenen Begriff vom Sozialen zu machen, um Zugang zu dessen irdischer Wirklichkeit zu erhalten. Die Anforderungen sind insofern zumindest für alle christlichen Konfessionen dieselben. Lediglich ihre jeweilige Antwort auf die unabweisbar gestellte Frage unterscheidet sich. Ein etwaiges Gespräch von Christen mit Muslimen kann demnach nur dann von Erfolg gekrönt sein, solange der Gegenstand nicht gewechselt wird. Tritt anstelle der vielfältigen Auseinandersetzung zur gegebenen Eigenlogik einer modernen Gesellschaft der wie auch immer begründete Gebrauch etwa eines Kopftuchs als markanter Ausdruck religiösen Handelns, nimmt es nicht wunder, wenn solch eine Vertauschung enorme Irritationen auslöst. Zwar vergegenständlicht sich das Soziale auch in der Herstellung, im Kauf und im Tragen eines Kopftuchs. Weshalb jedoch ein Kopftuch exklusiv das Soziale symbolisieren soll, erscheint eher eine willkürliche Wahl zu sein, welche dem impliziten Verbot des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland frontal zuwider läuft. Nicht von ungefähr ist den Repräsentanten des hiesigen Staates denn auch untersagt, ein Kopftuch während der Ausübung hoheitlicher Funktionen aufzusetzen und so gekleidet beispielsweise ein Urteil im Namen des Volkes zu verkünden.
Ich verstehe nicht, weshalb ein Gott auf diese „Verkleidung“ Wert legen sollte.
Wie tief und fest ein Mensch glaubt, hat für mich mit der Kleidung nicht das geringste zu tun.
Die Vorstellung, dass Gott sich Gedanken machen sollte, womit der Mensch sich bekleidet, ist für mich absurd und zeigt mir, dass es eine Erfindung der Menschen ist.
Da stellt sich mir die Frage, was war mit den „ersten“ Menschen auf dieser Welt, gab es da noch keinen Gott, weil es die richtige Bekleidung noch nicht gab?
Die „heiligen“ Bücher wurden von Männern geschrieben und fussten auf der Denkweise aus dieser Zeit. Was hat das mit dem hier und jetzt zu tun?
Vielleicht könnte Frau sich, wenn sie schon anführt, dass es auch im Christentum ein Kopftuchgebot gibt, fragen, warum diese kein Kopftuch tragen? Oder sind sie dann alle nicht so tiefgläubig?
Frau, die ihren Glauben über alles stellt, hat im Christentum zumindest die Möglichkeit den Schleier zu nehmen und ins Kloster zu gehen.
Sie, Frau Ahmed wählen genau das was Ihnen vorgeschrieben wird. Sie bewegen sich keinen Millimeter aus Ihrer Tradition und Ihren Vorschriften.
Sie könnten sich auch den Kopf kahl scheren lassen, wenn es in Ihrer Tradition verankert wäre und damit Gott dienen.
Es ist die Vorstellung der Menschen, wie man Gott dient.
Gott selbst hat sich bisher dazu nicht geäußert.
Um es gleich vorweg zu sagen: Mich stört es, wenn die afghanische Ärztin im Krankenhaus oder die türkische Putzfrau bei der Arbeit ein Kopftuch tragen. Genau so, wie es mich stört, wenn Fußballspielern ein Kreuz um den Hals baumelt und sie sich vor jedem Spiel und nach jedem Tor bekreuzigen. Ich empfinde das als eine Demonstration, die fast schon eine Provokation ist, nach dem Motto: „Sieh her, ich bin Moslem (Christ), ich habe den rechten Glauben, und wehe, Du hast was dagegen!“
Aber wenn ich mich daran erinnere, als ich das erste Mal eine Frau in einer Burka gesehen habe, werde ich nachdenklich. Bis dahin hatte ich auch geglaubt, die Verschleierung sei eine Erfindung der Männer und diene dazu, die Frauen zu unterdrücken. Aber dann saß ich im Pariser Flughafen einem Paar gegenüber, das wie ich auf den Flug nach Kuwait wartete. Die vermutlich junge Frau war in einer Burka verborgen, der junge Mann neben ihr war gekleidet wie ein Europäer. Sie hielten sich zärtlich an den Händen, sprachen sehr angeregt und temperamentvoll miteinander, lachten oft und schienen sich richtig gut zu verstehen. Keine Spur von Unterdrückung – merkwürdig.
In den zwei Jahren im Irak, die dann für mich folgten, musste ich weitere Korrekturen meiner Vorstellungen von der unterdrückten Frau im Islam vornehmen. Die irakische SORB (State Organisation for Road and Bridges), unser Auftraggeber für den Flughafen, den wir dort bauen sollten, hatte keinen Chef, sondern eine Chefin. Und zwar eine, die unseren ausgebufften Auslandsbauleitern ganz klare Ansagen machte, wohin die Reise zu gehen hatte. Für unser Baustellenlabor zur Kontrolle der Materialqualitäten war von der SORB ebenfalls eine Frau eingeteilt, die uns auf die Finger sehen sollte, damit wir nicht minderwertigen Schund verbauten. Der noch jungen Frau gelang es in kurzer Zeit, unsere gewieften Labortechniker – alles Männer – davon zu überzeugen, dass sie den Job sicher beherrschte.
Entsprechend aufmerksam gemacht, habe ich nach der Rückkehr mir zu Hause dann die türkischen Kolleginnen – alle technische Zeichnerinnen – angesehen. Ein Kopftuch trug keine, aber es fiel auf, dass sie Anweisungen von uns Ingenieuren nicht devot entgegennahmen, sondern eine ausführliche Begründung erwarteten, die öfter als bei den Deutschen zu kritischen Rückfragen führte. Insgesamt habe ich auch bei anderen Gelegenheiten – nicht zuletzt durch die Filme von Fatih Akin – den Eindruck gewonnen: die Türkinnen sind selbstsicherer und daher weniger zickig als die Deutschen. Dass das nun, wie Frau Ahmed meint, am Kopftuch liegt, glaube ich allerdings nicht.
Bei einer Betriebsfeier habe ich die deutsche Frau eines türkischen Kollegen kennengelernt. Er hatte Deutschland studiert und schon mehrere Jahre hier gelebt, musste dann aber zur Ableistung seines Militärdienstes mit Frau und Tochter in die Türkei. Als die Zeit um war, stand für ihn fest, dass er wieder nach Deutschland zurückgehen würde. Seine Frau und seine damals elfjährige Tochter hatten sich jedoch entschieden gewehrt – sie wollten in der Türkei bleiben. Die Frau konnte mir anhand von Beispielen erklären, dass das Leben der Frauen im Islam äußerlich zwar von dem Männern bestimmt wird, dass es aber den Frauen relativ leicht möglich ist –viel leichter als in Deutschland – sich und den Kindern eine selbst bestimmte eigene Welt zu schaffen und die Macho-Allüren ihrer Männer nicht weiter ernst zu nehmen. Ihr hat es allerdings nichts genutzt, denn sie sind alle drei wieder nach Deutschland zurückgekehrt, ihr Mann war wohl schon zu deutsch.
@ Peter Bläsing
Was verstehen Sie unter „zickig“? Ich empfinde diesen Begriff als sexistische Beleidigung, weil diese Eigenschaft (was auch immer sie beinhaltet) nur Frauen zugeschrieben wird.
@ Klaus Philipp Mertens
Das Gottesbild, das Sie in Ihrem Leserbrief als „das christliche“ bezeichnen, mag das sein, das der fortschrittliche Protestantismus ab der Mitte des 20. Jahrhunderts vertrat. Dabei vergessen Sie, dass zu den christlichen Kirchen auch die katholische gehört, in der, zumindest bis in die sechziger Jahre hinein, genau das Gottesbild verkündet wurde, das die Muslimin Frau Ahmed vertritt.
Auch den Katholiken wurde im Kommunions- und Religionsunterricht der 50er und frühen 60er Jahre beigebracht, dass Gott zwar der „liebe“ genannt wurde, dass er aber viel eher die Züge eines autoritären Vaters hatte, der Unterwerfung unter seinen Willen verlangt, welcher den Gläubigen durch den Papst und den Klerus als unumstößliche Wahrheit und unbedingtes Gebot eingetrichtert wurde. Angesichts der Aussicht, nach dem Tod beim Jüngsten Gericht die Strafe für die eigenen Verfehlungen zu erhalten, konnte man die angebliche Barmherzigkeit dieses Gottes leicht aus den Augen verlieren.
Und die dem Christentum eigene Vorstellung eines Gottes, der seinen Sohn für die Sünden der Menschen sterben lässt, gereicht auch nicht gerade zum Vertrauen in die Gnade dieses Gottes. Dazu kommt noch der extreme moralische Druck, der durch dieses Opfer des Gottessohnes ausgeübt wird. Es ist ein perfider Unterdrückungsmechanismus, der da angewendet wird, wenn einem achtjährigen Kind im Kommunionsunterricht vorgehalten wird, dass jede seiner Sünden zum Leiden und qualvollen Sterben dieses opferbereiten Wesens beiträgt.
Auch die Vorstellung von einem sehr menschlichen Herrscher-Gott, der für sein eigenes Glück der Huldigung und Unterwerfung seiner Gläubigen bedarf, gibt es im Christentum. Er verlangt ständige Verehrung und Anbetung, im Islam durch körperliches zu Boden Werfen, im Christentum durch Lieder und Gebete, in beiden durch riesige Gebäude, die seine Größe feiern.
„Du sollst keine anderen Götter neben mir habe“, also mich, deinen obersten Herrscher, über alles stellen. Was für ein eifersüchtiger, bedürftiger, kleinlicher Gott!
Es ist also durchaus nicht so, dass die im 18. Jahrhundert erfolgte philosophische Strömung der Aufklärung zeitnah in die christliche Glaubenslehre aufgenommen worden wäre. In der Hierarchie der katholischen Kirche ist sie, so befürchte ich, bis heute nicht angekommen.
Ein besonderes Kapitel sowohl des Islam als auch des Christentum ist deren Frauenfeindlichkeit. Obwohl es im Neuen Testament überliefert ist, dass Jesus Frauen als gleichberechtigte Anhängerinnen akzeptierte, drängten die männlichen Kirchenführer diese bald an den Rand, sie wurden in der Kirche zum Schweigen verdammt („Mulier taceat in ecclesia“), und daran hat auch die Aufklärung mit ihren zum Teil ausgesprochen misogynen Vertretern erst einmal nichts geändert. Bis heute bleibt das Priesteramt in der katholischen Kirche Männern vorbehalten, die protestantischen Glaubensgemeinschaften haben die Frauenordination erst im 20. Jahrhundert eingeführt.
Jemand, der wie Frau Ahmed tatsächlich daran glaubt, dass die Worte des Koran, so wie für streng gläubige Christen die im Neuen Testament aufgeschriebenen Worte Jesu, direkt von Gott kommen und die einzig gültige religiöse Wahrheit, das heißt „die Offenbarung“ beinhalten, kann doch gar nicht anders, als sich diesem angeblichen Willen Gottes zu unterwerfen. Und wenn das Tragen des Kopftuchs auch gar nicht explizit im Koran gefordert wird, so sind es die Schriftgelehrten und Glaubensverkünder, die dies festlegen und denen die Gläubigen als Kennern des göttlchen Willens gehorchen müssen.
Erst diejenigen, die begriffen haben, dass alle Religionen in Menschenköpfen entstanden sind, dass die Schriften Ausdruck bestimmter Zeitströmungen und gesellschaftlicher Bedingungen sind, können verstehen, dass deshalb auch alle Glaubensinhalte und Forderungen menschengemacht und zeitbedingt sind und man sie – wie in diesem Fall die weibliche Verhüllung – durchaus infrage stellen kann.
Wieder einmal gebärdet sich Klaus Philipp Mertens als Experte für die Interpretation des Judentums, obwohl er offensichtlich nur oberflächliche Kenntnisse der gelebten jüdischen Religiosität und deren Entwicklung hat. Vermutlich sind seine Ausführungen zum Islam genauso wenig zutreffend. Mertens verkennt die fundamentale Bedeutung der offenbarten Gebote im Judentum und im Islam, die das alltägliche Leben durchdringen. Das Konzept der Gebote teilen alle Richtungen (oder Schulen) innerhalb des Judentums (und meines Wissens auch innerhalb des Islams), auch wenn sie die Gebote unterschiedlich auslegen und auch wenn die individuelle Bereitschaft, diese Gebote zu praktizieren, unterschiedlich ausgeprägt ist.
Es mag für einen Christen (und auch für christlich sozialisierte Atheisten oder Agnostiker) unverständlich sein (wie Anna Hartl schreibt), dass der Glaube an Gott („die Liebe zu Gott“, wie es Hania Ahmed benennt) auch das gebotene Handeln bedingt. Es gibt ihnen aber nicht das Recht, der Betroffenen abzusprechen, sie sehen im Kopftuch nicht ein Zeichen der Unterdrückung der Frau. Ich habe Kopftuch tragende muslimische Frauen kennengelernt, die betont feministische und liberale Interpretationen des Korans und des Islams vertreten, genauso wie ich muslimische Frauen ohne Kopftuch kenne, die einen konservativen Islam leben.
Einen fundamentalistischen Islam verhindert man sicher nicht dadurch, dass man das Kopftuch verbietet oder stigmatisiert.
@ Brigitte Ernst
@ all
In Ergänzung zu den von Brigitte Ernst auf den Punkt gebrachten Ausführungen:
Etwa ab dem Kirchentag 1969 in Stuttgart entwickelte sich in der evangelischen Kirche eine kräftige Gegenbewegung, die später als evangelikal bezeichnet wurde und die sich stark von der Theologie Bultmanns und ihrer bekannten Protagonistin Dorthee Sölle abgrenzte. Mein eigener Patenonkel, ein pietistischer, evangelischer Pfarrer, gehörte dieser Bewegung an, und er kämpfte entschieden gegen die Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen. Mein Onkel wurde von meinem Vater scherzhaft immer als „Pietkong“ bezeichnet. Man stelle sich einmal vor, dass diese Evangelikalen im Schulterschluss mit der konservativen katholischen Kirche in den letzten vierzig Jahren erfolgreich Westeuropa missioniert und die große Mehrheit der Bevölkerung für ihre religiösen, schriftgläubigen Ideen und Bibelauslegungen gewonnen hätten. Die sog. Emanzipation der Frau stünde mit Sicherheit in Ihrer Entwicklung nicht da, wo sie heute ist. Genau das, was ich hier als hypothetisches Gedankenspiel für Westeuropa angestellt habe, ist aber in der islamischen Welt passiert. Vor vierzig Jahren sah man in den großen Städten des Orients und Nordafrikas nur vereinzelt Kopftücher bzw. verhüllte Frauen. Heute ist es die Regel. Der konservative, sog. politische Islam, mit seiner schriftgläubigen Auslegung des Korans, hat diese Regionen erfolgreich missioniert und das geschlechtertrennende, als gläubig ausweisende Kopftuch ist sein Feldzeichen.
Zu einer erfolgreichen Integration gehört deshalb auch, dass die Migranten eine gewisse kritische Distanz und Haltung zu ihrer eigenen Religion entwickeln, wie das m. E. in weiten Teilen der Bevölkerung Deutschlands so vorzufinden ist.
@ Brigitte Ernst
Sind also nur die, die „begriffen haben, dass alle Religionen in Menschenköpfen entstanden sind, dass die Schriften Ausdruck bestimmter Zeitströmungen und gesellschaftlicher Bedingungen sind“, im Besitz der ewigen Wahrheit? Sind wir Religiösen, die in der (von Menschen übermittelten) Offenbarung einen göttlichen Ursprung erkennen, nur irregeleitete Dummköpfe?
Die fiktive „Schutzfunktion“, die einem öffentlich getragenen Kopftuch zugeschrieben wird, besitzen realiter ausschließlich sozioökonomische Mechanismen, welche die ansonsten unveräußerlich dem einzelnen Menschen gegebene Arbeitskraft stets dem Zugriff Dritter unwiederbringlich entziehen und am Ende infolge dessen alle buchstäblich mit leeren Händen dastehen. Historisch symbolisiert durch das Tragen einer roten Fahne. Musikalisch ist ihr sogar ein Denkmal gesetzt: „… so flieg‘ du flammende, du rote Fahne voran des Weges, den wir zieh’n. Wir sind der Zukunft getreue Kämpfer, wir sind die Arbeiter von Wien!“. Es bedarf deshalb unabdingbar eines Nachweises, warum nicht mehr die rote Fahne der weltweit organisierten Arbeiterbewegung, sondern ein Kopftuch, das im Orient zudem ausschließlich von Frauen verwendet wird, nunmehr die Universalität solch eines Heilsversprechens ausdrückt. Wenn man so will, könnte kritisiert werden, dass nicht zuletzt Frau Hania Ahmed offenbar nicht klar ist, in welcher Bringschuld sie sich befindet, wenn sie ihr Kopftuch als legitime Äußerung ihres Glaubens an den Schöpfer der besagten Gegebenheiten verteidigt.
Verehrte Frau Ahmed,
zunächst erscheint es schon reichlich kühn, einen bekannten Islamwissenschaftler der „völligen Unwissenheit über den Islam“ zu zeihen. Noch frecher freilich, gleich die Exegese „vieler anderer Religionen, auch des Christentums“ für sich allein zu beanspruchen. Die zahllosen Theologen, die das Gegenteil Ihrer Behauptung vom angeblich vorgeschriebenen Kopftuch nachweisen können, hätten wohl kaum eine Chance, Ihrem Verdikt des Ignorantentums zu entgehen.
Doch sei’s drum. Das ist nicht der Kern der Debatte, um die es hier geht. Ihnen ist in diesem Land die Freiheit gewährt, es auch mit dem Kopftuch mit zu halten, wie Sie es für richtig empfinden – im Rahmen der geltenden Gesetze, versteht sich. Auch halte ich die bisherige Kopftuchdebatte für eine Scheindebatte, die sich an einem Symbol abarbeitet, ohne zu den eigentlichen Inhalten zu gelangen. Und diese haben mit einem Gottes- wie einem Menschenbild zu tun. Wer darüber diskutieren will, von dem kann man freilich schon ein Mindestmaß an Ehrlichkeit verlangen.
Das Christentum hat sicher viele Fehler. Immerhin aber stehen im christlichen Weltbild Mitmenschlichkeit und Barmherzigkeit ganz oben – und zwar ohne Ansehen der Person, mithin des Geschlechts, der Rasse oder der religiösen Einstellung. Zu messen nicht an abstrakten Bekenntnissen, sondern an konkreten Taten: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“
Wie nun steht es mit Ihrem Gott, dem Sie „nur allein“ meinen „untergeben“ zu sein? Erwartet er von Ihnen, Verwundete zu pflegen, egal welcher Religion, Hilfsbedürftigen die Hand zu reichen, egal, ob Mann oder Frau? Oder selektiert er Menschlichkeit und Barmherzigkeit nach Glauben oder Geschlecht?
Ich stand im Rahmen eines von mir gegründeten Flüchtlingstheaters mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität auf der Bühne, unterschiedlichen Alters und Geschlechts, unterschiedlicher Religion. Vereint im Glauben an eine gemeinsame Sache, in der Freude am Spiel, im Respekt vor dem andern – auch und gerade bei der körperlichen Begegnung.
Nur waren die muslimischen Darsteller ausschließlich junge Männer, die beteiligten Frauen alle Französinnen, wiewohl die Theatergruppe für alle offenstand. –
Ein Ausdruck der von Ihnen beschworenen fraulichen „Stärke“? Oder nicht vielmehr Ausdruck eines abstrusen Frauen- und Männerbilds, das von „Liebe“ redet, aber die respektvolle mitmenschliche Begegnung unterbindet?
Ich war auch verantwortlicher Lehrer für viele Schülerinnen und Schüler. Darunter auch Schülerinnen Ihrer fundamentalistisch-islamistischen Überzeugung. Von mir beim Lügen ertappt, wurde ich von ihnen belehrt, dass Lügen gegenüber „Ungläubigen“ doch erlaubt sei.
Wie nun stehen Sie, wie steht Ihr Gott dazu? Ist es ein Gott der ungeteilten Wahrhaftigkeit oder ein Gott, der zweierlei „Wahrheiten“ parat hält: eine für die, die sich für „gläubig“ halten, und eine für die, die Sie die „Ungläubigen“ nennen?
Ich war bereit, eben diesen Schülerinnen Glauben zu schenken, sie in ihren religiösen Überzeugungen gegenüber anderen zu verteidigen. Freilich nicht naiv und ungeprüft, sondern unter der Bedingung ehrlicher Antworten. Die kamen dann auch.
Auf ihr Privileg des Kopftuchtragens in Deutschland angesprochen, was ihnen in der Türkei nicht erlaubt wäre (das war noch vor der Erdogan-Ära), gaben sie Zeugnis von ihrem wahren „Glauben“: Es spreche auch nichts dagegen, ihr Kopftuch abzulegen, wenn deutsche Mädchen keine Miniröcke mehr trügen. Das freilich war für mich zu viel: Totalitäre Formen zu schützen und zu fördern, gehört nicht in den Aufgabenbereich eines deutschen Lehrers.
Und Ihre Haltung dazu? Wie nun ist das Urteil Ihres Gottes, der angeblich das „Tragen eines Kopftuchs“ vorschreibt? Fallen nun diese deutschen Mädchen, die sich dieser „Vorschrift“ entziehen, ewiger Verdammnis anheim? Geht es bei Ihrer vehementen Verteidigungsrede vielleicht gar nicht um „Liebe zu Gott“, sondern vielmehr um sichtbare Ausgrenzung gegenüber anderen Menschen, die sie meinen, verachten zu müssen? Mithin um „Hochmut“, der im christlichen Sinn zu den Hauptsünden gehört?
Sie reden davon, dass das Tragen eines Kopftuchs nicht ein Zeichen für „Unterdrückung“ sei, sondern dass es die Frau „sogar stärkt“. – Ihr Wort in Gottes Ohr!
Ich gehe davon aus, dass von Ihrem Mann zu erwarten ist, mindestens die gleiche „Liebe zu Gott“, die gleiche „Stärke“ zu zeigen wie Sie. Dann kann man wohl ebenso erwarten, dass Sie, zusammen mit Ihrem Mann, beide mit Kopftuch bedeckt, demnächst auf Deutschlands Straßen zu sehen sein werden. – Das wäre in der Tat ein Zeichen von Stärke!
Ich gehe nicht davon aus, von Ihnen eine Antwort auf meine vielen Fragen zu erhalten. Zu bekannt ist mir nämlich die Diktion Ihres Leserbriefs.
Doch es liegt in Ihrer Hand, mich zu widerlegen, die Chance zu ergreifen, zumindest ansatzweise zu konkretisieren, glaubhaft zu machen, welche „Liebe“, welche „Stärke“ Sie predigen und welchem „Gott“ Sie huldigen.
Wenn Sie dazu nicht bereit oder in der Lage sein sollten, dann sollte Sie es freilich auch nicht wundern, wenn Sie in die Kiste unbelehrbarer religiöser Fanatiker gesteckt werden, die sich ihr Gottes- und Menschenbild und ihr Bild von sich selbst in der Weise so zu recht formen, um den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in die Augen schauen zu müssen.
Das ist der Punkt: „die fundamentale Bedeutung der offenbarten Gebote“ (JaM).
Es ist der Glaube daran, dass nur meine Religion eine Offenbarung direkt von Gott erhalten hat, der zu diesem uneingeschränkten Gehorsam führt. Ich kenne das, habe es am eigenen Leib erlitten, war ein Opfer dieser Unbedingtheit. Die kritische Distanz, die Matthias Aupperle fordert, ist mit diesem unverbrüchlichen Glauben unvereinbar. Denn Offenbarung kommt (in der religiösen Vorstellung) direkt von Gott, nicht von Menschen. Und wer daran glaubt, ist zu Distanz nicht fähig.
@JaM
Sie sind sicherlich kein „Dummkopf“ weil Sie glauben, doch auch über dem jüdischen Glauben schwebt der Nimbus der Auserwählten und da frage ich mich schon, ob es hier nicht in erster Linie um Ab- und Ausgrenzung schon im Glauben selbst angelegt, derer geht, die einen anderen Glauben haben und was ich bei der augenblicklichen Debatte sehr wichtig finde, wie soll ein miteinander in diesem Land aussehen, wenn der Glaube als Mauer benutzt wird. Ist dann nur ein Nebeneinander möglich?
Was mir auch die ganze Zeit durch den Kopf geht, sind die Worte von Bronski in seinem Eingangstext, dass wir über die Muslime reden und nicht mit ihnen. Inzwischen denke ich, dass das wohl zwangsläufig so ist, da die Beiträge bis auf hingeworfene stereotypische Zeilen der muslimischen Bevölkerung ausbleiben.
Warum ist das so?
Ich denke, dass „man“ über Glauben nicht streiten kann. Die Auswirkungen dessen, sollte aber beleuchtet werden. Die Frage wo das verbindende ist empfinde ich im gesellschaftlichen Leben sehr wichtig. Bei Gläubigen die ihren Glauben über alles stellen und nichts hinterfragen, fühle ich keine Verbindung, kein miteinander. Nach dem Motto “ ich glaube und Punkt“. Vielleicht einer der Gründe, weshalb kein Austausch zu Stande kommt.
Zum Schluss noch eine schöne Begebenheit.
Bin vor ein paar Wochen an der Synagoge im Westend vorbeigefahren und sah einen Mann, der aus der Synagoge kam und nach ein paar Metern seine Kippa abnahm, sie küsste, zum Himmel hob und dann einsteckte. Ich empfand diese Geste als sehr schön und habe das auch rübergerufen. Er hat gelächelt, bedankte sich und hat mir ein schönes Wochenende gewünscht, was ich erwiderte. Diesen Moment habe ich als sehr schön empfunden und dachte, er glaubt auf seine Weise und ich fahre in den botanischen Garten um Gott in der Schönheit der Natur zu huldigen.
Was mich zu dem Gedanken bringt, dass ein Austausch auf vielerlei Ebenen stattfinden kann, wenn man es zulässt.
@ JaM
Ohne genaue Kenntnisse der Entwicklungsgeschichte einer Religion kann Glaube im Sinn eines persönlichen Fürwahrhaltens weder ernsthaft noch beispielhaft sein. Denn wie soll jemand etwas für richtig oder falsch halten, wenn er/sie gar nicht weiß, worum es im Kern geht? Allein die internen Konflikte in Judentum und Christentum belegen das. Eine kritische Theorie innerhalb des Islams befindet sich erst am Anfang und ist derzeit vor allem auf nicht-arabische Länder beschränkt.
Der jüdische Denker Philo von Alexandria, ein Zeitgenosse des historischen Jesus, hat ausführlich dargelegt, wie man sich Gott nicht vorstellen darf. Ein katholischer Theologe des Mittelalters, Meister Eckhart, hat an diesen Vorstellungen angeknüpft und Gott als Nichtgott gedacht. Deswegen galt er in seiner Kirche als Häretiker, wurde zeitweilig persönlich verfolgt, einige seiner Schriften wurden verboten. Der jüdische Philosoph Hermann Cohen versuchte an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Philosophie der Aufklärung mit den dynamischen Gottesvorstellungen der Hebräischen Bibel zu verbinden und eine „Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“ zu proklamieren. Der Sozialpsychologe Erich Fromm hat diese Gedanken angesichts eines intellektuell erstarrten Judentums 1966 neu zu beleben versucht. Sein Buch „Ihr werdet sein wie Gott“ zählt nach meiner Kenntnis zu jenen, die in den neuen jüdischen Gemeinden Deutschlands kaum bekannt sind. Vielmehr sind es die Aufgeschlossenen unter den Gottlosen, Christen und Juden, die diesen Entwurf eines spirituellen Humanismus diskutieren.
Zeitlich parallel zu Cohen hat Leo Baeck, der sicherlich bedeutendste jüdische Rabbiner des 20. Jahrhunderts, Ähnliches mit seinem Werk „Das Wesen des Judentums“ versucht. Seine Schrift war zudem eine Reaktion auf die Vorlesungen des Protestanten Adolf von Harnack an der Berliner Universität im Wintersemester 1899/1900. Sie wurden bald darauf unter dem Titel „Das Wesen des Christentums“ verlegt und gelten einerseits als theologische Bestätigung des preußischen Religions- und Staatsverständnisses und andererseits als Bekräftigung des theologischen Antijudaismus.
Die protestantische Theologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat all das zur Kenntnis genommen. Paul Tillich, Rudolf Bultmann, Herbert Braun und andere sind seither nicht wegzudenken aus dem akademischen Diskurs. Als 1963 die deutsche Übersetzung einer populär-theologischen Abhandlung erschien, die ein anglikanischer Geistlicher, John A. T. Robinson, verfasst hatte und die den Titel trug „Gott ist anders“, zeigte sich die christliche Öffentlichkeit irritiert. Bezeichnenderweise fasst dieses Buch theologisches Grundwissen zusammen, dessen Kenntnis jeder evangelische und katholische Theologiestudent im Examen nachweisen muss. Nur später, in der Praxis, darf er/sie das nicht zum Thema machen. Folglich werden in der „frommen“ Gemeinde katholischer oder protestantischer Observanz diese Gedanken selten bis nie gepredigt.
Im deutschen Reformjudentum beendete der Faschismus die einerseits mit der Aufklärung, andererseits mit Namen wie Moses Mendelssohn, Hermann Cohen oder Leo Baeck verbundene Tradition, die nach dem Zweiten Weltkrieg kaum noch Fuß fassen konnte. Selbst reformierte Theologen wie Pnina Navè Levinson, Nathan Peter Levinson (Landesrabbiner von Baden) oder Ernst Ludwig Ehrlich, langjähriger Direktor der Vereinigung B‘nai B’rith (Söhne des Bundes), vermochten daran nichts zu ändern.
Vor diesem Hintergrund entlarven sich nichthinterfragte Praktiken wie das öffentliche Tragen eines religiösen Kopftuchs, eines Nonnenschleiers oder einer Diakonissenhaube als sinnentleerte religiöse Normen, welche lediglich den Ungeist von Hierarchie und Herrschaft symbolisieren, aber nicht den Geist menschlicher Freiheit. Sie fordern die Demokratie heraus, die mehr ist als ein undifferenzierter Pluralismus. Und die Demokratie muss um ihrer selbst willen darauf antworten.
@ Anna Hartl/Brigitte Ernst
Es ist die gemeinsame Überzeugung vieler Christen, Muslime und Juden, dass es ein nicht erklärbares Geheimnis ist, warum der uns gemeinsame Gott unterschiedliche Offenbarungen gesendet hat. Diese Offenbarungen enthalten sowohl universelle Aspekte der Ethik, die für alle Menschen gelten, als auch partikulare Regeln, die nur für die jeweiligen Religionsangehörige bindend sind. Aus meinen Begegnungen mit Muslimen und Christen, die ihre Religion wirklich leben und reflektieren, habe ich nicht den Eindruck, dass die Religionen eine Mauer zwischen uns bilden. Mit vielen religiösen und nichtreligiösen Menschen teile ich die Auffassung, das keiner von uns im Besitz „der“ Wahrheit ist. Dass schließt ein, niemanden eine Lebensweise aufzuzwingen oder zu verwehren, die er für sich als verbindlich hält, wenn diese nicht die Rechte anderer Menschen oder unsere Rechtsordnung verletzt.
Es entspricht auch nicht meiner Erfahrung, dass man mit Muslimen über ihre Religion nicht diskutieren kann. Wer die Begegnung sucht, kann sie finden, und wird einer großen Breite von Einstellungen begegnen.
Entsetzt bin ich über die oberlehrhafte Art von Werner Engelmann, in der er Frau Ahmed abkanzelt. Warum unterstellt er ihr, nur weil sie ein Kopftuch trägt, eine „fundamentalistisch-islamistische Überzeugung“? Voraus schließt er, sie würde „Menschlichkeit und Barmherzigkeit nach Glauben oder Geschlecht“ selektieren? Welch paternalistische Haltung steht hinter dem Satz „Ihnen ist in diesem Land die Freiheit gewährt, es auch mit dem Kopftuch mit zu halten, wie Sie es für richtig empfinden.“ Die Grundrechte, zu denen Religionsfreiheit gehört, werden auch muslimischen Frauen, die Kopftuch tragen, nicht „gewährt“, sondern stehen Ihnen zu.
@ Klaus Philipp Mertens
Wie wenig Sie über die Entwicklung des Judentums, insbesondere seiner liberalen Richtung, wissen, zeigt Ihre Behauptung vom „intellektuell erstarrten Judentum“ der Nachkriegszeit. Offensichtlich sind Ihnen die innerjüdischen Diskussionen der letzten 70 Jahre unbekannt, die unter einer maßgeblichen Beteiligungen der aus Deutschland geflohenen Gelehrten in den USA, Großbritannien und Israel und in den letzten zwei Jahrzehnten auch wieder zunehmend in Deutschland geführt wurden. Doch das ist nicht das Thema dieses Threads.
Hier geht es primär um die Frage der Bedeutung der Gebote für die Religion. Wenn Sie Leo Backs „Das Wesen des Judentums“ wirklich gelesen haben, dann wüssten Sie, dass für Baeck zwar das „Wesen“ Gottes unergründlich ist, die Gebote aber uns aber durch die Offenbarung gegeben sind und zum Wesen des Judentums als einer „klassischen“ Religion gehören. Er nennt es die Polarität zwischen Geheimnis und Gebot. Die auf innerliche Frömmigkeit ausgerichtete Christentum von Harnacks nennt Baeck eine „romantische Religion“.
Da weder das Judentum noch der Islam eine Dogmatik kennen, muss jeder Gläubige selber entscheiden, welcher Interpretation der Gebote er folgt. Dazu ist eine religiöse Bildung nötig, die leider zu viele nicht haben und sie durch „blinden Glauben“ ersetzen. Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass Frau Hania Ahmed zu der letzteren Gruppe gehört und dass für sie das Kopftuch eine nicht reflektierte „sinnentleerte religiöse Norm“ wäre.
@ JaM
„Diese Offenbarungen enthalten sowohl universelle Aspekte der Ethik, die für alle Menschen gelten, als auch partikuläre Regeln, die nur für die jeweiligen Religionsangehörigen bindend sind.“
„Da weder das Judentum noch der Islam eine Dogmatik kennen, muss jeder Gläubige selber entscheiden, welcher Interpretation der Gebote er folgt.“
In diesen beiden Äußerungen sehe ich einen gewissen Widerspruch. Wenn bestimmte Regeln bindend sind, kann man eben nicht selbst entscheiden, ob und wie man ihnen folgen soll. Vielleicht gibt es bei bestimmten Regeln mehrere Interpretationen, bei anderen aber auch nicht. Oder kann ein männlicher Jude sich selbst entscheiden, ob er beschnitten werden will oder seinen Sohn beschneiden lässt oder nicht? Da hört doch die Wahlfreiheit auf und das Dogma beginnt.
Problematisch finde ich auch die Forderung eines hohen Maßes an religiöser Bildung für alle. Religion muss doch auch sinnvoll und lebbar sein für einfachere Menschen, die ihre Religion nicht auf Hochschulniveau studieren können.
Generell finde ich am Glauben an eine Offenbarung problematisch, dass damit auch der Manipulation Tür und Tor geöffnet sind. Es sind Menschen, die festlegen, worin diese Offenbarung besteht, und woher weiß der Gläubige, welchen dieser Menschen er glauben soll und wer ihm Dinge einredet, die ihm und anderen schaden? Es bleibt immer eine Mischung aus blindem Gehorsam und eigenen Entscheidungsmöglichkeiten in dem engem Rahmen, den die angebliche „Offenbarung“ offen lässt.
Eine kurze Bemerkung zu Werner Engelmanns Umgang mit Frau Ahmed:
Eine seiner Lieblingsforderungen ist die nach Empathie. Davon ist aber in seiner Antwort an Frau Ahmed wenig zu spüren.
Frau Halima Ahmed beteiligt sich nicht an unserer Diskussion, weil sie wahrscheinlich gar nicht weiß, dass ihr Leserbrief im Blog veröffentlicht wurde. Bronski, könnten Sie sie bitte einladen?
Als „Ersatz“ hier der Verweis auf die Hamburger Imamin Halima Krausen: http://www.deutschlandfunk.de/halima-krausen-vorbild-fuer-deutsche-musliminnen.886.de.html?dram:article_id=219176
Ihr wird man wohl nich unterstellen können, Sie folge mit dem Kopftuch unreflektiert einer „sinnentleerten religiösen Norm“.
Und das schreibt Halima Krausen zum Kopftuch: http://www.jungekirche.de/2004/304/krausen.html
Vom Kopftuch der islamischen Frauen (wenn sie es denn tragen) zur Diskussion wie die verschiedenen (Buch)Religionen sich etablieren konnten, reicht hier nun die Bandbreite.
Wenn man bewertet und sich ein Urteil darüber bildet, was Anthropologen gefunden und herausgefunden haben, fällt es (mir) schwer, an eine göttliche Offenbarung zu glauben. Ohne Wundern, Staunen und Beieindrucktsein von den Rätseln, mit denen die Natur -z.B.die Evolution- und Universum -und damit kommt die Astrophysik in’s Spiel- die Menschheit konfrontiert geht es allerdings ebenfalls nicht, des darüber Nachdenkens und Forschens ist kein Ende.
Die Erzählung (das Narrativ) das Islam und die christlichen Religionen ihrer jeweiligen Gefolgschaft anbieten, halte ich für schwere Kost.
Der Satz, „Gott hat nicht den Menschen erschaffen, sondern die Menschen (ihren) Gott“, ist für mich seit langem meine Wahrheit.
Nun zu Frau Hania Ahmed aus Rödermark:
Es ist in der muslimischen Argumentation gegen Kritiker, besonders aus den eigenen Reihen, immer die gleiche Vorgehensweise.
„Dieser Artikel zeigt die völlige Unwissenheit Herr Ourghis über den Islam“ schreibt sie.
Genau so wird immer argumentiert, wird von einem Mitglied der Umma -grob formuliert- Reformen oder ein Umdenken gegenüber Dogmen gefordert.
Auf der Webseite islamq.de ist dies gängige Praxis, man kann das seit Jahren beobachten.
Dort waren alle schon im Visier, Samad, Ateş, Mansour und wie oben Ourghi, um nur einige derer nennen die sich immer wieder für nötige Reformen hervortun.
Dass in Europa ein Import solch dogmatischen Religionsverständnisses stattfinden konnte und im täglichen Leben ausgelebt werden soll/kann, halte ich
für einen großen Schritt zurück.
Als Ergänzung zu meinem Hinweis auf religiöse Vorschriften, die sich als schädlich erweisen können, ist der Ramadan zu nennen. Bereits jugendliche Muslime (Mädchen nach Einsetzen der Periode und Jungen nach dem ersten Samenerguss) sind dazu verpflichtet, das Ess- und Trinkverbot zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang einzuhalten. Selbst jüngeren Kindern wird angeraten, so viele Fastentage wie möglich einzulegen. Was das bedeutet, wenn der Ramadan im Juni/Juli liegt und noch dazu während einer Hitzewelle, kann man sich leicht vorstellen. Ärzte und Krankenhäuser können ein Lied davon singen. Eigentlich müssten da die Jugendämter eingreifen, denn so ein Gebot grenzt an Kindesmisshandlung. In diesem Alter schafft man es noch nicht, sich frei gegen den Druck zu entscheiden, der von der Gemeinschaft ausgeübt wird. Hier herrscht dringender Reformbedarf.
Leider hat der Tippteufel beim Eingeben der Webseite einen Vokal verspeist, die Webseit auf die ich mich beziehe heißt islamiq.de.
@JaM
Bin Ihrem Link gefolgt und finde die Aussagen ziemlich verwirrend.
Verstanden habe ich, dass Frau sich in der Öffentlichkeit bedecken soll, damit sie die Achtung bekommt, die ihr zusteht.
Für mich ist Achtung nicht von der Kleidung abhängig und es klingt eher nach einer Regulierung des Sexualtriebes vor allem im Zusammenhang mit dem Senken des Blickes. Kein Kontakt zur Außenwelt.
Habe diese Erfahrung mit einer jungen Frau gemacht, die im Verkaufsbereich arbeitete und ständig nach unten sah. Ich habe das als Missachtung empfunden, als Kontaktsperre, als Mauer.
@Anna Hartl,
Ihre Verwirrung -ich nehme an, Sie beziehen sich auf den 2. link von JaM- verstehe ich nur zu gut.
Was mir dazu fehlt, zugestandenerweise, ist die Bereitschaft, Empfehlungen bzw. Anweisungen aus einem fernen Jahrhundert (dem 7.?) und einer nur schwer in’s 21. Jahrhundert zu transferierenden Kultur- und Gesellschaftsform Verständnis entgegenzubringen oder gar zu verinnerlichen. Die Begrifflichkeiten sowie deren mögliche Interpretationen aus einer anderen Sprache tun bei diesem Erkärungsversuch ihr Übriges.
Darüberhinaus haben sich Religionen in der Vergangenheit zu häufig in unterschiedlichen Zeiten von ihren „unumstößlichen“ Erkenntnissen und Weltbildern verabschieden müssen.
@Manfred Schmidt
Ja, ich meinte den 2. Link.
Vielleicht liegt es ja an mir, dass ich den Text verwirrend empfinde. Das mag auch damit zusammen hängen, dass ich Zweifel habe bezüglich der Existenz Gottes und somit auch an Offenbarungen.
Es ist nicht so, dass mich manche Aussagen aus den „heiligen“ Büchern nicht berühren, doch ich leite daraus keine „Unterwerfung“ ab.
Habe vor Jahren einen „Vortrag“ eines Rinpoche – tibetischer Meister – besucht und hatte das Gefühl, ich verstehe wovon er spricht, ich kann fühlen wovon er spricht, da er lebte und verstanden hatte, wovon er spricht.
Ich bekomme einfach keinen Bezug zu Glaubenssätzen, die „nur“ heruntergebetet werden ohne die eigene Erfahrung oder Erkenntnis über das gesprochene Wort.
Demut, Dankbarkeit und ein liebendes Herz für die Menschen, von Erkenntnis ganz zu schweigen, habe ich zu oft bei den kirchlichen Vertretern vermisst um mir das weiterhin anzutun.
Wenn man nicht lebt wovon man predigt, hat das für mich keinen Sinn.
@ Anna Hartl
„Vielleicht liegt es ja an mir, dass ich den Text verwirrend empfinde.“
Ihre Verwirrung kann ich sehr gut nachvollziehen. Dies liegt aber offensichtlich nicht an Ihnen.
Warum es erst einer Koranexegese und eines Eintauchens in Lebensbedingungen des 7. Jahrhunderts in Arabien bedürfe, um stillenden Frauen mit „Würde“ zu begegnen, ist in der Tat kaum nachvollziehbar. Bei uns ist das schon seit einiger Zeit Gang und Gäbe.
Gleiches gilt auch für das Auskramen einer lang überholten Kleiderordnung, die unter den klimatischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Ursprungslands vielleicht einen Sinn gehabt haben mag, unter modernen gesellschaftlichen Lebensverhältnissen aber absurd erscheint.
Oder die Vorstellung der Praktizierung der als „universal“ verstandenen Regeln des Ramadan am Polarkreis. (Wollte man zynisch sein, könnte man kommentieren: Diese „Universalität“ würde hier schnell von selbst ihr „natürliches“ Ende finden.)
Was die Entstehung solcher – selbstverständlich menschengemachten – Vorstellungen unter bestimmten historischen, sozialen, politischen, klimatischen u.a. Bedingungen betrifft, so sei das Religionswissenschaftlern überlassen.
Beunruhigender sind die im 21. Jahrhundert unter völlig unterschiedlichen Bedingungen festzustellenden Sehnsüchte, Anachronismen solcher Art zu aktualisieren und zu reproduzieren, um eigene Probleme und Lebenswirklichkeiten vergessen zu machen.
Da scheint wohl eine grundsätzliche Verweigerung der Zivilisation überhaupt dahinter zu stehen. Über deren tiefergehenden Gründe man eigentlich nur spekulieren kann.
Gerne würde ich Herrn Mertens zu seiner Erwiderung auf Frau Hania Ahmeds Leserbrief zurufen „Vorsicht!“
Kenntnisreich und beseelt beschreibt er die Überwindung eines archaischen und hierarchischen Gottesbildes, die uns die Aufklärung vor 300 Jahren beschert hat. Als kluge und fortschrittliche Europäer sind wir seither von unserer naiven, „schlichten Anschauung der Dinge“ befreit und werden entsprechend ernst genommen.
Und nun wird uns zugemutet, uns an den Anblick von Frauen zu gewöhnen, die sich noch eine Vorstellung von einer Autorität machen können, die möglicherweise größer ist als sie selbst und zu der sie aufschauen möchten. Und sie machen das durch eine symbolisch getragene Kopfbedeckung auch noch deutlich sichtbar!
Haben sie etwa nicht ihren Kant, Leibniz, usw. gelesen, ist ihnen etwa schon Luther total entgangen? Sind ihnen in unserem endgültig aufgeklärten Land nicht reichlich Menschen begegnet, die zu ihrer Vollkommenheit gefunden haben, allein durch ihre Verehrung Gottes im Gebot der Nächstenliebe?
Diese Damen sollten also schnellstens die 300 Jahre der Erleuchtung quasi im Schnelldurchlauf nachholen und sich mit der entsprechenden Geisteshaltung vertraut machen – aber, und hier begeben wir uns auf recht glitschiges Terrain: bei Luther könnten sie auf Lukas 18, 9-14 stoßen, wo Jesus im Gleichnis spricht, vom armen Sünder, der mit niedergeschlagenen Augen Gott um Vergebung für sein schwaches Bemühen bittet, während sich der Pharisäer im Bewusstsein seiner wohlerarbeiteten Gerechtigkeit seiner Taten rühmt und Gott für sein privilegiertes Dasein dankt.
Wehe, woher kommt mir Hilfe?
Der FR sei Dank – in der gleichen Ausgabe der Zeitung kommt im Interview mit Herrn Frank 10 Seiten später Herr Hans Joas zu Wort.(„Die Erfahrung des Heiligen…“) Dieser versucht, Religion über die Ebene persönlicher Erfahrungen zu definieren und nennt im letzten gedruckten Abschnitt das Problem beim Namen: Dieses steckt in „Weltbildern – ob säkular oder religiös-, die nicht zum Respekt vor den Überzeugungen und Weltanschauungen anderer anhalten.“ Er führt dazu positive Beispiele zu Lernprozessen an, die dazu führen, dass „jedermann zugestanden wird, einen anderen Glauben oder gar keinen Glauben zu haben“.
Dieses Interview würde ich Herrn Mertens gerne zur Lektüre empfehlen.
Mir fallen dabei gleich noch Frau Katja Thorwald und Herr Michael Herl ein, beide sehr geschätzte Mitglieder der FR-Redaktion, die eine Empfehlung zum Lesen der genannten Stelle vielleicht als positiven Schubs zur Erweiterung ihres Horizontes empfinden könnten.
Ich räume ein, dass Predigen leicht ist, Tun ungleich schwerer.
Auch ich gehe davon aus, dass alle Religionen Produkte menschlicher Ideen sind.
Wenn aufgeklärte Gläubige, die an die Offenbarung glauben, nicht mehr alles, was in ihren „heiligen“ Schriften steht, wörtlich nehmen, so stellt sich doch immer die Frage, was von dem, was dort ausgesagt wird, ist zeitbedingt und nur bildlich zu verstehen und was sind die ewig gültigen Wahrheiten und wer entscheidet darüber, was was ist?
Die Lehre von der Evolution wird von den meisten Juden und Christen (bei den Muslimen weiß ich es nicht) akzeptiert, das heißt, die Geschichte von Adam und Eva wird von ihnen als Metapher verstanden. Wo aber fängt dann in dem, was Christen das Alte Testament nennen, die wörtlich zu verstehende Geschichte an? Bei Moses, bei Abraham?
Viel wichtiger noch finde ich die Frage, warum Gott, der doch nach jüdischer und christlicher Vorstellung gut und gerecht ist, nur bestimmten Propheten seine Offenbarung geschickt haben soll und somit bestimmte Völker zu seinen auserwählten macht, während andere Menschen, die weit entfernt von der Wiege dieser „Offenbarungsreligionen“ leben, leer ausgehen. Ist das nicht ungerecht? Was ist mit den vielen anderen Religionen, die es seit dem Übergang vom Affen zum Menschen gegeben hat und gibt? Kommen die nicht von Gott?
Das sind mir zu viele Ungereimtheiten.
@ Frau Unruh: genau auf dieses Interview wollte ich ebenfalls verweisen angesichts der Frage von JaM vom 01.04, nach der unterschiedlichen Bewertung von Gläubigen und Ungläubigen Menschen. Herr Joas meint (und ich stimme ihm zu): die Frontlinie in moralischen und politischen Fragen verläuft nicht zwischen Säkularen und Religiösen, sonder zwischen Universalisten und Partikularisten. Er plädiert dafür, dass sich die Universalisten zusammentun gegen die Partikularisten jeder Couleur.
@ Peter Bläsing vom 31.03. : Ihre deutsche he Ehefrau eines türkischen Ehemannes freut sich über die eigene Welt der Türkin und ihrer Kinder und nimmt die Machoallüren der Männer nicht ernst? Ob das wohl auch noch gilt, wenn Sie des Fremdgehens bezichtigt und dann zur Ehre der Familie umgebracht wird? So eine dümmliche Sicht einer hierzulande aufgewachsenen Frau auf das, was bis heute alles ungestraft bzw mäßig bestraft wird auch in einem Land wie der Türkei und was es im Ernstfall heißt, Frau zu sein unter Bedingungen der massiven Geschlechterungleichheit ist schon erschütternd.
Und noch mal zu Herrn Bläsing und den klugen, fachlich kompetenten Frauen: ja – das glaube ich gern, dass Frauen kompetent sind! Trotzdem ist ja die Frage, wer die Gesetze macht und wer was entscheiden darf, ob das die Aus ildung, die Berufstätigkeit, die Wahl des Ehepartners, die Finanzen usw usw ist
@ all
@ Brigitte Ernst, 3. April 2018 um 0:05
„Eine kurze Bemerkung zu Werner Engelmanns Umgang mit Frau Ahmed:
Eine seiner Lieblingsforderungen ist die nach Empathie. Davon ist aber in seiner Antwort an Frau Ahmed wenig zu spüren.“ –
Zunächst ist es mir neu, dass es zu den Gepflogenheiten einer Gesprächsrunde gehöre, statt mit Beteiligten über sie in der 3. Person zu sprechen. In historischer Hinsicht lässt sich der Hintergrund solchen Umgangs anhand literarischer Zeugnisse sehr eindeutig ermitteln. Er kam immer dann zum Zuge, wenn der Betreffende vom Sprecher nicht der persönlichen Ansprache, weder in Höflichkeitsform noch in vertraulicher Du-Form, für würdig befunden wurde.
Zum Inhalt:
Wenn ich Sie recht verstehe, stellen Empathie und Forderung nach Konkretion und Klarheit für Sie Gegensätze dar, die sich gegenseitig ausschließen. Dann hätte man also einem Geschwurbel, das zudem noch anhand apodiktischer Urteile ein erhebliches Maß an Intoleranz erkennen lässt, mit ähnlichem Geschwurbel zu begegnen, um dem möglichen Vorwurf der „Empathielosigkeit“ zu entgehen.
Empathie empfinde ich gegenüber Menschen, die sich – in der Regel unverschuldet – in einer sehr schwierigen menschlichen Situation empfinden und dabei der Empathie als einem Hoffnungsschimmer bedürfen. Die Forderung nach Konkretion und Klarheit erhebe ich bei einem Verhalten, das sich hinter verallgemeinernden, oft apodiktischen Urteilen versteckt und/oder diese in (schein-)religiöses Gewand verpackt.
Verallgemeinernden und ideologieträchtigen Urteilen über eine Religion wie „Der Islam gehört / nicht / zu Deutschland“ kann man nur entkommen, wenn eben auf solche Konkretion und Klarheit – von allem Seiten – gedrungen wird. Wenn eine Gemeinschaft, statt selbstzerstörerischer Beliebigkeit zu frönen, darin übereinkommt, welche Formen des Umgangs – im Einklang mit der Verfassung – zu akzeptieren sind und wo die Grenzen der Toleranz liegen.
Im Falle der „Islamdiskussion“ liegen sie am Übergang zu einem – genauer zu definierenden – politischen Islamismus als einer Ideologie, die Verfassungsgrundsätze missachtet. Das macht Kriterien, Beispiele konkreter Handlungssituationen (wie von mir geschildert, alle aus der Praxis) notwendig.
Der Unterschied zwischen „Religion“ und „Ideologie“ ist ebenso nur in der Praxis erkennbar.
Religiöse Menschen haben keine Veranlassung, die Auseinandersetzung mit der Praxis zu meiden. Im Gegenteil: Der Sinn, die Praktikabilität ihres Glaubens erschließt sich ihnen gerade in konkreten Anforderungen des täglichen Lebens. Das mag bisweilen Formen des Fundamentalismus annehmen. Jedenfalls stehen sie für ihre Überzeugungen in ganz konkreten Situationen der Anfechtung: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“
Bei niemandem ist dies so deutlich erkennbar wie etwa bei Widerstandskämpfern aus Gewissensgründen.
Zeugnisse, welche die Geringschätzung der Sehnsucht nach Transzendenz als „naiv“ verbieten. Es versteht sich von selbst, dass solche Haltungen Respekt verdienen – unabhängig davon, ob man die Glaubensgrundsätze teilt oder nicht.
Ideologen kleiden ihre „Überzeugungen“ in ein Korsett von Regeln, weigern sich aber zugleich – je fundamentalistischer, desto stärker -, deren Sinn und Praktikabilität in der Praxis einer Prüfung zu unterziehen. Denn eine solche ließe wahre Bezüge – etwa die Willkür patriarchaler Gewalt – erkennen, könnte die gesamte Ideologie zum Einsturz bringen. Flucht in apodiktische Verallgemeinerungen, Buchstabenglauben, Intoleranz und Selbstausgrenzung sind Merkmale und zugleich notwendige Bedingungen zur Aufrechterhaltung dieser Ideologie.
Ihnen kann nicht theoretisierend, also auf gleicher Ebene – etwa durch Koranexegese – begegnet werden. Der Ideologiecharakter wird nur erkennbar, wenn Ideologen zur konkreten Stellungnahme zu praktischen Fällen der Lebenswirklichkeit gezwungen werden.
Die Bestätigung des ausgrenzenden Ideologiecharakters erfolgt freilich meist in Form der Weigerung der Teilnahme an jeder Form eines offenen Dialogs. Für solche Verweigerung ist aber nicht der verantwortlich, der Konkretisierung abstrakter „Überzeugungen“ von höchstem Allgemeinheitsgrad einfordert.
Um es mit den Worten des Sozialwissenschaftlers Hans Joas auszudrücken (danke für den Link, Frau Unruh!)
„Religionen gewinnen oder verlieren ihre Glaubwürdigkeit dadurch, wie sie sich zu politischen oder sozialen Fragen äußern; welche Wertvorstellungen sie propagieren oder bekämpfen; wie sie sich als Kollektiv zur Selbstverwirklichung des Individuums verhalten.“
Hinzuzufügen wäre bestenfalls, dass solche Fragen auch dazu dienen zu erkennen, was „Religion“ ist und was „Ideologie“.
Bei unvoreingenommener Wahrnehmung lässt sich anhand meiner Hinweise zu wirklicher „Stärke“ (1. April 2018 um 19:34) auch erkennen, wer nach meiner Auffassung die wirklichen Schwächlinge sind: Machos, die zum Objekt degradierte Frauen zum Zwecke eigener Selbstbestätigung bedürfen.
Nur bringt die billige Trennung in „Täter“ (Männer) und „Opfer“ (Frauen) nicht einen Schritt weiter. Beide sind in das gleiche System des verallgemeinerten Misstrauens, der Verachtung und der Ausgrenzung involviert.
Insofern ist das Argument der „freiwilligen“ Hingabe von Frau Ahmed durchaus nachvollziehbar. Indiz dafür, dass sie sich – mit einigem Recht – gegen eine vereinfachende Sicht wehrt, lediglich als bemitleidenswertes „Opfer“ eines Systems betrachtet zu werden, an dem sie „freiwillig“ partizipiert – auf sehr widersprüchliche Weise.
Die psychologischen Hintergründe der Identifikation von „Opfern“ mit „Tätern“ hat bereits Heinrich Mann im „Untertan“ beschrieben:
„Denn Diederich war so beschaffen, dass die Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus (…) ihn beglückte, dass die Macht, die kalte Macht, an der er selbst, wenn auch nur leidend, teilhatte, sein Stolz war. (…) Denn recht geheuer fühlte er sich nur, wenn er selbst die Prügel bekam.“ („Der Untertan“, dtv, S.8)
Eine Beschreibung, in der auch der in dieser psychologischen Disposition angelegte Umschlag in „Hochmut“ erkennbar wird.
Klar, dass aus einer solchen Haltung heraus auch nur ein pervertiertes Verständnis von „Stärke“ als „freiwilliger Unterordnung“ herausspringen kann. „Gekrönt“, scheinbar unangreifbar, durch „höhere Weihen“, der Transposition zu „Liebe zu Gott“, die sich jeglicher Überprüfbarkeit entzieht.
Dispositionen und Rationalisierungsversuche, denen gegenüber bestätigende „Empathie“ völlig fehl am Platze wäre.
Wirkliche Stärke könnte sich nur in der Aufgabe des Systems von Macht und Unterordnung, von Ausgrenzung und Selbstausgrenzung erweisen.
Auf fraulicher Seite würde dies Verweigerung der ihr zugedachten Rolle erfordern – also gerade das Gegenteil von „freiwilliger“ Unterordnung und Rechtfertigung von Machotum. Die Frauenbewegung bietet in dieser Hinsicht durch aus Beispiele und Modelle.
Längerfristig wäre dies nur in einer gemeinsamen Aktion möglich. Was freilich die grundsätzliche Veränderung beider Seiten, vor allem ihrer Einstellung zu Geschlechterrollen voraussetzen würde. Insbesondere die Erkenntnis, dass wirkliche „Liebe“ derartigen Gewaltverhältnissen diametral entgegengesetzt ist. Nicht anders als „Empathie“.
Das von mir bemühte Bild von Mann und Frau unter einem Schleier (oder mit Kopftuch) – als Ausdruck der Gleichheit und des gegenseitigen Respekts – ist demnach alles andere als bloße Spinnerei. Es ist ein Hinweis auf mögliche symbolische Formen, welche ein Nachweis von „Liebe“ und von „Stärke“ unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich annehmen könnte.
Die Form des Konjunktivs ist Hinweis genug, für wie realistisch ich diese Vorstellung unter den gegebenen Bedingungen des Fortbestands solcher Ideologien halte.
Voraussetzung für grundlegende Veränderung wäre zudem auch eine grundsätzlich andere Diskussion über „Religion“ bzw. „Islam“. Um mich auch hier der Position von Hans Joas anzuschließen:
„In moralischen und politischen Fragen verläuft die Frontlinie nicht zwischen Säkularen und Religiösen, sondern zwischen Universalisten und Partikularisten.“
@Werner Engelmann
4. April 13:18
„Anachronismen dieser Art zu aktualisieren und zu reproduzieren …“
kann ich bei den Betroffenen nur insofern nachvollziehen, wem die Anforderungen dieser „Welt“ zu viel abverlangen und das „Abtauchen“ in vermehrte Religiösitaet, positiv formuliert, die Hinwendung zu größerer Religiösitaet, als Ausweg erscheinen.
Das ist eine Wahl, die man treffen kann.
Die Häufung des Griffes zum Kopftuch in den letzten Jahren der schon lange in Deutschland lebenden türkischen Frauen dagegen, erzählt mir eine andere Geschichte. Dies empfinde ich als einen Rückgriff auf Muster vergangener Zeiten, als Versuch die ausgedienten kulturellen Gepflogenheiten des Herkunftslandes wiederzubeleben um sich der Identität, die über Jahrzehnte keine tragende Rolle gespielt hat, wieder anzunähern. Ob das mit einer Hinwendung zum Glauben zu tun hat wage ich in dieser Häufung zu bezweifeln.
Es ist für mich auch nicht die Sprache zu mehr Gemeinsamkeit, sondern die der Absonderung.
Kann man tun, stärkt aber nicht die Akzeptanz in der Bevölkerung. Absonderung ist in diesem Falle gleich Abseits. Wenn die Ausrichtung Erdogan und Türkei heißt, wo das Kopftuch ja auch eine Wiederauferstehung feiert, dann wird es schwierig vorsichtig ausgedrückt.
Ich empfehle den Mitdiskutanten auch einen anderen Teil des Interviews mit Hans Joas, in dem er auf die Frage, ob „der religiösen Fassung von Erfahrungen eine Realität entspricht“, antwortet:
„Wissenschaftlich lässt sich das nicht auflösen. Es gibt kein historisches, soziologisches, psychologisches oder biologisches Argument, das einen Nicht-Gläubigen zum Glauben zwingen könnte. Mir geht es deshalb ‚nur‘ darum, dass der Nicht-Gläubige kein allzu simples Bild vom Glauben hat – oder anders ausgedrückt, dass er versteht, was er nicht glaubt. Es wird heute teils sehr verächtlich über die Religion geredet – in Deutschland mehr als etwa in den USA. In dieser Geringschätzung sind aber häufig Vorstellungen wirksam, die ihrerseits voll von Vorurteilen, intellektuell oder empirisch mangelhaft sind. Hier ist Aufklärung möglich und nötig. Danach ist das Bild der Betreffenden von Religion vielleicht weniger vorurteilsvoll. Aber deshalb müssen sie selber noch lange nicht gläubig werden. Die Religion ist und bleibt – wie Max Scheler einmal sehr schön gesagt hat – eine Einladung.“
Das bedeutet aber für mich, auch das Recht auf einen Partikularismus anzuerkennen, der die einzelnen religiösen wie nicht-religiösen Weltanschauungen oder Lebenskonzepte erst unterscheidbar macht (und auf den insbesondere Minderheiten in einer Mehrheitsgesellschaft nicht verzichten können), sofern sich nicht dieser Partikularismus gegen andere Partikularismen wendet und damit sich zum Universalismus bekennt. Daraus folgt, dass keines der Weltanschauungskonzepte für sich die absoluten Deutungshoheit beanspruchen sollte: Die säkulare Auffassung, dass „Religionen Produkte menschlicher Ideen“ sind (Brigitte Ernst), ist in diesem Sinne genauso „wahr“, wie eine religiöse Überzeugung, dass Gott die Quelle der Offenbarung(en) ist. Das schließt für mich keineswegs eine kritische Auseinandersetzung mit religiösen (und säkularen) Weltanschauungen, sowohl mit denen, die man teilt, als auch mit jenen, die man nicht teilt, aus. Aber das ist nicht das Thema des Threads.
Unsere gemeinsame Basis sollte die Gleichwertigkeit aller Menschen und die Unveräußerlichkeit ihrer Grundrechte sein, ob sie sich aus der säkularen Idee der unantastbaren Menschenwürde ergibt, oder daraus ableitet, dass alle Menschen von Gott zu seinem „Abbild“ geschaffen wurden.
Um zurück zum Thema zurück zu kommen: Eine muslimische Frau, die Kopftuch trägt, kann durchaus eine Vertreterin einer universalistischen Interpretation des Islams sein, wie ich es für Imamin Halima Krausen aus meiner Begegnung mit ihr bei einer jüdisch-christlich-muslimischen Studienwoche bezeugen kann. Die hier vorgebrachten wortreichen Ausführungen über die religiöse „Verirrungen“ von Hania Ahmed bleiben hingegen nur Spekulation. Meiner Meinung muss sie aber ihr muslimisches Kopftuch genauso wenig rechtfertigen, wie andere Frauen eine angeblich „sexuell aufreizende“ Kleidung oder ein Punk sein Piercing nicht rechtfertigen müssen.
@JaM
Hans Joas: allzu simples Bild vom Glauben hat“.
Simpel ist an den Ausführungen von Halima Krausen gar nichts, sie sind für mich unverständlich. Sodass der Weg zum verstehen an das woran ich nicht glaube versperrt ist.
Was Hania Ahmed betrifft, sind auch Ihre Worte nur Spekulationen. Sie setzen vorraus, dass das Tragen des Kopftuches „nur“ aus religiösen Gründen geschieht, da sie sich dazu nicht weiter äußert, interpretieren Sie.
Der Ton der Debatte ist freundlich und das ist gut so, denn die LeserInnen der FR sind wohl ein Kollektiv, fast ein Bündnis, das, gleich ob sie Muslime, Christen, Atheisten sind, antirassistisch, antifaschistisch, demokratisch, tolerant genannt werden darf.
Wenn aber JaM sagt, es sei die gemeinsame Überzeugung vieler Christen, Muslime und Juden, dass es ein nicht erklärbares Geheimnis ist, warum der uns gemeinsame Gott unterschiedliche Offenbarungen gesendet hat, dann antworte ich mit Nietzsche und denke dabei an des Kaisers neue Kleider: „Die historische Widerlegung als die endgültige. – Ehemals suchte man zu beweisen, dass es keinen Gott gebe, heute zeigt man, wie der Glaube, dass es einen Gott gebe, entstehen konnte und wodurch dieser Glaube seine Schwere und Wichtigkeit erhalten hat: dadurch wird ein Gegenbeweis, dass es keinen Gott gebe, überflüssig.“ (Morgenröthe 95)
Mit anderen Worten: Weil der Glaube und das Zeugnis von ihm historisch sind und eine Entstehungsgeschichte haben, ist eine göttliche Offenbarung ausgeschlossen. Was da steht ist Menschenwerk. Die Behauptung einer göttlichen Offenbarung: „Im Koran ist ganz deutlich vorgeschrieben …“, das kann man den Gläubigen, auch Frau Ahmed, nicht ersparen, ist widerlegte Illusion, jeder nach außen getragene Absolutheitsanspruch damit Anmaßung.
Akzeptabel wäre, wenn Frau Ahmed sagte: Für mich gilt … und ich glaube … Denn was gemeinsam in seiner Unterschiedlichkeit und Widersprüchlichkeit (Allmacht, Allwissenheit, Allgüte) physisch nicht existieren kann, das existiert sehr wohl in den Köpfen und Herzen, und wer wollte denen verbieten, zu glauben, was sie wollen und es zur Grundlage der eigenen Ethik zu nehmen.
Dass es für solche Unterordnung unter (göttliche) Autorität eine psychologische Erklärung geben könnte, zeigt Werner Engelmann richtig, aber etwas boshaft, mit seinem vergleichenden Verweis auf die psychische Verfassung des Untertan. Etwas damit anzufangen wäre von Diederich wie von Frau Ahmed aber sehr viel verlangt: Mein Gott, ich gehorche zwar nicht den Männern um mich herum, aber die Macht, der ich gehorche, ist nicht in mir, sie umfängt mich als (historische) Zumutung von außen.
Solange Frau Ahmed nicht muslimischen Mädchen ins Gewissen redet, die kein Kopftuch tragen, und ihnen nicht die Suren zitiert, die von der Hölle reden, oder wenn, dann wenigstens mit dem Zusatz: ich könnte irren, soll es mir recht sein, dass sie sich als Untertanin Gottes sieht. Würde sie aber über die Privatheit des Glaubens hinausgehen, würde ich ihr in konkreter Situation, etwa in der Schule, entschiedenen Widerstand entgegensetzen, so wie ich als junger Lehrer im Klassenraum das Kreuz abgehängt habe, das da noch hing.
Wenn sie aber und andere Religiöse mit der Begründung göttlicher Offenbarung zu dem Ergebnis kommen, was auch Joas als gut empfindet, dass man seinesgleichen nicht drangsalieren, morden, einsperren darf, weil er/sie schwarz, anders-, ungläubig oder schwul ist, warum sollte es mich nicht freuen?
Doch der Gläubige, wenn seine Illusionen als solche bezeichnet werden, ist schnell beleidigt. Das zeigt Frau Ahmed, wenn sie Herrn Ourghis „völlige Unwissenheit über den Islam“ bescheinigt. Auch der moderne Christ ist als Leserbriefschreiber nicht weniger gekränkt, er ruft die Frau Thorwarth zur Ordnung und ihr all die Verdienste seiner Religion hinterher, wenn sie Zweifel daran äußert, dass die göttliche Offenbarung, Jesus sei nicht etwa als Aufrührer, nein, für unsere Sünden am Kreuze gestorben selbst den Ungläubigsten, wenn schon nicht zu stillem Gedenken, so doch zum Stillhalten verpflichte. Ich weiß nicht, was die sonstigen Sünden der ungläubigen Frau Thorwarth sind, habe den heiligen Karfreitag aber dazu genutzt, ihrer Sünde des Zweifelns im stillen Lesen zu gedenken und mich daran zu erfreuen.
Was mir aber grundsätzlich zum Thema Glaube durch den Kopf geht ist, dass mein Interesse an Menschen nicht ihrem Glauben gilt.
Mich interessiert was Menschen denken und fühlen, warum sie diese oder jene Entscheidung getroffen haben, wie sie das Leben und die „Welt“ sehen. Das kann das Thema Glaube beinhalten, muss aber nicht und ein Mensch muss mir schon sehr vertraut sein, um meine Empfindungen bezüglich Gott zu thematisieren. Im Alltag ist das kein Thema für mich.
Demonstration von Gläubigkeit stößt mich vor den Kopf. Es ist das Gegenteil von dem, was ich fühle.
Glaube ist für mich etwas sehr privates, intimes und keine öffentliche Angelegenheit.
Kein Mantel und auch kein Kopftuch und keine Glaubenssätze aus 2. Hand.
Ich möchte Kommunikation mit Menschen und nicht mit ihrem Glauben.
@Anna Hartl, 5. April 2018 um 21:45
„Ich möchte Kommunikation mit Menschen und nicht mit ihrem Glauben.“ –
Eine Formulierung, die zunächst trivial erscheint und doch zum Nachdenken anregt.
Natürlich ist Kommunikation nur mit Menschen möglich. Nun gibt es aber Menschen, die ihren Glauben wie eine Monstranz vor sich hertragen. Dann wird Kommunikation schwierig, wenn nicht unmöglich.
Mich erinnert das immer an Fronleichnam, was schon als Kind recht widersprüchliche Gefühle in mir auslöste. Vermutlich, weil damit auch ein elitäres, ausschießendes Verständnis verbunden ist. Und in gewissem Sinn auch ein Absolutheitsanspruch. Was ja gerade dem privaten Charakter einer Beziehung zu Gott widerspricht.
Solch ausschließender Charakter, wie er Islamismus charakterisiert, war (zumindest früher) auch im Katholizismus zu finden. Als Kind bin ich dem schon früh begegnet. Daher das folgende Beispiel.
Da mich mein Vater (als letztes von 7 Kindern) nicht mehr taufen lassen wollte, hat dies meine Mutter (sicher schuldbewusst) erst nach seinem Tod nachgeholt. Da war ich schon 2 Jahre alt.
Schon in den ersten Grundschuljahren stieß es mir übel auf, wenn im Katechismus von „Gnade“ und von „Himmel“ die Rede war und dies immer mit der Taufe als Voraussetzung verbunden wurde. Wer nicht getauft ist – so meine Schlussfolgerung schon als kleiner Junge – kann also nicht „in den Himmel kommen“. Und auf meine konkreten Fragen kam immer eine ausweichende Antwort, die ich entsprechend zu interpretieren verstand.
Ich empfand das als höchst ungerecht und unmenschlich, denn was konnte so ein kleiner Knirps denn dafür? Freilich spielte da auch die Vorstellung mit, dass ich ja auch schon vorher hätte sterben können.
Heute ordne ich das unter dem – auch im Katholizismus, zumindest in Bayern – (damals) üblichen Prinzip der Angsterziehung ein (wie sicher heute noch weitgehend im Islam üblich). Diese Form von ausschließender Interpretation bezeichne ich als „Ideologie“.
In dem Sinne ist auch mit einem Ideologen Kommunikation kaum möglich, der alles nur von der Ideologie her beurteilt, die konkrete menschliche Situation aber (etwa mein Problem als Kind) gar nicht sehen kann oder will.
@ Werner Engelmann
Es fällt mir derzeit schwer, in den Computer zu tippen, weil ich mir gestern das linke Handgelenk gebrochen habe. Deshalb nur eine kurze Antwort an Sie.
Sie haben Recht, grundsätzlich ist es höflicher, jemanden direkt anzusprechen. Es ist in diesem Blog aber auch durchaus üblich, sich über Mitdiskutanten in der dritten Person zu äußern. Sie selbst tun das mit Frau Ahmed in Ihrem letzten Beitrag. Auch JaM hat seine Kritik an Ihrem Umgang mit Frau Ahmed (2. April, 22:09) nicht an Sie direkt gerichtet. Mein Beitrag war eine Ergänzung dazu.
Zum Begriff Empathie: Im Duden wird er erklärt als die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, also in diesem Fall auch in eine Muslima, die in einer Gesellschaft, in der sie sich als religiöse Außenseiterin fühlt und auch so behandelt wird, ihren Glauben verteidigen möchte. Als Reaktion darauf kanzeln Sie sie in einem aggressiven, arroganten Ton ab, indem Sie Ihre intellektuelle Überlegenheit ausspielen und mit rhetorischen Fragen und Unterstellungen (sie vertrete als Kopftuchträgerin automatisch einen fundamentalistischen Islam) arbeiten. Hier kommt bei Ihnen genau der geistige Hochmut zum Tragen, den Sie Frau Ahmed vorwerfen.
Inhaltlich kann ich Ihnen durchaus in vielen Punkten zustimmen, aber der Ton macht die Musik, gerade wenn man jemanden überzeugen und nicht nur in die Defensive treiben möchte.
@Werner Engelmann
Schön, sie haben verstanden was ich sagen wollte.
Es ist auch der Moment, in dem mir jemand den Handschlag verweigert, weil ich – weiblich, in seinen Augen ungläubig und sonstiges bin -. Da tritt der Glaube in den Vordergrund, da begegnet mir nicht der Mensch, sondern seine Glaubenssätze.
Sie schreiben über eine sehr schmerzliche Erfahrung aus Ihrer Kindheit.
Das ist einer dieser Momente in dem ich Glauben als unmenschlich empfinde.
Wenn vor Güte und Barmherzigkeit, vor Liebe und Zugewandtheit, „Ideologie“ steht.
Auch etwas, was ich als abschreckend empfinde und die Diskrepanz zwischen Wort und Tat.
Das Mäntelchen der tiefen Gläubigkeit und die Handlung eines Menschen der, ja wie beschreibe ich es, ein Mensch, der das woran er glaubt, nicht lebt.
@ Anna Hartl
Ich verstehe Ihre Gefühle. Liegen aber die Probleme nicht auch in den Erwartungen, Bildern und Vor-Urteilen, mit denen wir dem „Anderen“ begegnen? Ich nehme an, dass der Rinpoche, der Sie so beeindruckt hat, Ihnen auch keine Hand gegeben hat, denn soweit ich weiß, ist dies tibetischen Mönchen nicht erlaubt. Aber weil Sie in ihm dem völlig Fremden begegnen, akzeptieren Sie seine andersartige Höflichkeitsgeste, ohne damit negative Urteile (wie Ausgrenzung der Frau oder der „Ungläubigen“) zu assoziieren. Sie empfanden den Rinpoche als glaubwürdig, obwohl Sie nicht wissen, ob sein Handeln mit seinem Reden übereinstimmt, denn auch im Buddhismus gibt es religiöse Heuchler und intolerante Eiferer (siehe Myanmar).
Wie wäre es, wenn Sie einer Kopftuch tragenden muslimischen Frau oder einem dem Handschlag ausweichenden muslimischen Mann erstmals mit gleicher Unbefangenheit gegenüber treten würden, wie dem tibetischen Mönch? Vielleicht erweist sich dieser Mann, obwohl er sich an die auf den ersten Blick „fundamentalistische“ Auslegung der Gebote hält, tatsächlich als freundlich und den Mitmenschen nicht weniger als der Rinpoche zugewandt. Vielleicht fühlen Sie sich zurückgestoßen, weil Sie (bewusst oder unbewusst) voraussetzen, der muslimische Mann möchte keine „unreine“ Frau oder „Ungläubige“ berühren. So mögen Salafisten argumentieren, aber stimmt es auch? Die Auslegung, der übrigens nur eine Minderheit der Muslime (und der orthodoxen Juden) vertritt (und die auch mir fremd ist), besagt nicht, dass ein muslimischer (bzw. jüdischer) Mann keine Frau berühren darf, sondern dies bezieht sich nur auf fremde, mit ihm nicht verwandte Frauen, egal ob sie Muslima (bzw. Jüdinnen) oder Anders- bzw. Nicht-gläubige sind. Dahinter steckt auch nicht unbedingt Körperfeindlichkeit, denn die muslimische (und die jüdische) Religion, die den christlichen Begriff der mit Sexualität assoziierten „Erbsünde“ nicht kennt, hat zu Sex (in der Ehe) ein positives Verhältnis. Eher handelt es sich um einen Ausdruck eines Misstrauen gegen die Fähigkeit der Männer, ihre (sexuellen) Triebe im Zaum halten zu können (was, wie die Me-too-Debatte zeigt, nicht so ganz unberechtigt ist). Das – sicher frauenfeindliche – Bild des verführerischen Weibes mag allerdings auch mit gewirkt haben.
Wenn Sie ein Gespräch mit Muslimen suchen, werden Sie sicher Gelegenheit dazu finden. Man muss allerdings selber aktiv werden. Von alleine kommen Begegnungen nicht zu Stande.
@ Jan Prediger
Ich könnte Ihnen zustimmen, wenn Sie auch Ihre Aussagen zur Offenbarung mit dem Zusatz „Für mich gilt … und ich glaube …“ bzw. „Nietzsche meint“ ergänzen würden. Dass die Offenbarungstexte von Menschen tradiert und aufgeschrieben wurden, widerlegt nicht, dass sie ihren Ursprung in Gott haben, wie immer man dies verstehen mag. Weder die säkulare noch die religiöse Weltsicht hat die Wahrheit gepachtet.
Doch noch ein Nachtrag zum verweigerten Handschlag, um Missverständnisse zu Vermeiden: Auch wenn ich diesen Brauch einordnen kann, billige ich ihn nicht und halte ihn keineswegs für integrationsfördernd. Das Münchner Forum für Islam schreibt in seiner sehr lesenswerten „Wegweisung für muslimische Migranten zu einem gelingenden Miteinander in Deutschland“ (https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0ahUKEwjM1fPb9KXaAhVI1hQKHaYcCSIQFggnMAA&url=http%3A%2F%2Fwww.islam-muenchen.de%2Fwp-content%2Fuploads%2F2015%2F12%2F03-Willkommen-in-Deutschland.pdf&usg=AOvVaw27xkdIOvIZT8FjKJvCKdic):
„In Bayern wird man traditionell mit ‚Grüß Gott‘ begrüßt. Weil Muslime gern und jeden Tag von, über und mit Gott sprechen, ist ‚Grüß Gott‘ auch islamisch ganz korrekt und eine Art bayerisches ‚as-salamu aleikum‘! Bei der Begrüßung, beim Verabschieden, oder wenn man sich neu kennenlernt, schütteln sich sowohl Männer als auch Frauen in Deutschland gegenseitig die Hände. Dabei schaut man sich gleichzeitig kurz in die Augen. Wenn ein ehrliches Lächeln noch dazu kommt, drückt man Freundlichkeit aus – und eben dies gebietet auch der Islam.“
In einer Münchner Zweigstelle des BAMF wurden allerdings die Flüchtlinge per Aushang aufgefordert, den Mitarbeitern nicht die Hand zu geben. Nicht einfach zu verstehen, wann man aus Höflichkeit die Hand geben soll und wann wegen der Gefahr von Ansteckung nicht.
Das Wort „glauben“ besitzt in der deutschen Sprache vorrangig zwei Bedeutungen: Man weiß etwas nicht oder man hält etwas, was schwer erklärbar und/oder nicht beweisbar ist, dennoch für wahrscheinlich. Auf eine/n religiös Glaubende/n wird letzteres zutreffen. Ein solches Fürwahrhalten sei jedem unbenommen. Aber niemand darf aus einer solchen Überzeugung einen Alleinvertretungsanspruch herleiten. Denn der Glaube ist ein Zwilling des Irrtums. Folglich verbietet sich jedweder unreflektierte Fundamentalismus. Und erst recht dessen Instrumentalisierung zur Durchsetzung politischer Macht.
Wenn mir im öffentlichen Raum eine Muslima begegnet, die ein Kopftuch oder gar einen Schleier trägt und dadurch in einer mehrheitlich säkularen Gesellschaft ihren Glauben, dessen Wurzeln einem Kulturkreis ohne demokratische Traditionen entstammen, dokumentiert, fühle ich mich herausgefordert. Nicht durch das Kleidungsstück als solchem, sondern durch das, was es symbolisiert.
Und ich frage mich: Soll ich ihre demonstrative Haltung hinnehmen und sie dadurch möglicherweise bestärken oder soll ich ihr mit meinem Glauben bzw. Unglauben antworten? Etwa so, in dem ich mir einen Button mit der Botschaft „Es gibt keinen Gott“ ans Revers hefte? Die Liste denkbarer alternativer Bekenntnisse ließe sich seitenweise fortschreiben. Meine hier angedeuteten Vorbehalte gelten in ähnlichem Maße auch für die Auseinandersetzung mit der jüdischen und christlichen Orthodoxie. Doch mit solch einer Gegendemonstration wäre die Glaubensfrage mutmaßlich nicht lösbar.
Denn wir leben miteinander und damit das so bleibt, müssen wir nicht nur unsere politischen Ansichten (mit Ausnahme von menschenverachtenden), sondern auch unsere religiösen so vertreten, dass sie die Grenzen einer demokratischen Streitkultur nicht überschreiten. Letzteres ist nur möglich, wenn uns der Irrtum, auf dem die jeweilige Überzeugung möglicherweise gründen könnte, jederzeit bewusst ist. Das ist nach meiner Erfahrung vor allem für Fundamentalisten ein Problem. Weil sie die im TENACH (Thora/Pentateuch, Newiim/Propheten, Ketuwim/Hagigraphen), dem Neuen Testament oder dem Koran enthaltenen Offenbarungen nicht in ihrem historischen Kontext und nicht als Menschenwerk verstehen.
Von Jesus, dem Grund des christlichen Glaubens, wissen wir wenig bis gar nichts. Die Evangelien, in denen seine Lehre verkündet wird, sind keine historischen Berichte; keiner ihrer Verfasser ist Jesus jemals begegnet. Sie entstanden etwa 30 bis 40 Jahre nach seinem Tod (der auf die Zeit zwischen 30-37 datiert wird). Paulus, der faktischen Gründer des Christentums, verfasste seinen ersten Brief an die Gemeinde in Thessaloniki, die älteste Schrift des Neuen Testaments, um das Jahr 53. Und all das ist keine nicht-theistische oder atheistische Lesart, sondern Gegenstand der historisch-kritischen Erforschung des Neuen, aber auch des Alten Testaments. Diese ist nach wie vor Gegenstand jedes Theologiestudiums. Wer hingegen seine Erkenntnisse der Gemeinde predigen möchte, dem könnte es so gehen wie vor 42 Jahren dem Hamburger Pastor Paul Schulz. Dessen Ordination wurde nach einem Lehrbeanstandungsverfahren, das die nordelbische evangelisch-lutherische Landeskirche angestrengt hatte, widerrufen. In neuerer Zeit machte der Theologe Gerd Lüdemann wegen seiner Jesus-Forschung vergleichbare Schlagzeilen. Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen verlangte 1998 seine Entfernung aus der theologischen Fakultät der Göttinger Universität.
Der evangelische Theologe Rudolf Bultmann schrieb in seinem 1926 erschienen Jesus-Buch noch unbeanstandet: „Denn freilich bin ich der Meinung, dass wir vom Leben und von der Persönlichkeit Jesu so gut wie nicht mehr wissen können, da die christlichen Quellen sich dafür nicht interessiert haben, außerdem sehr fragmentarisch und von der Legende überwuchert sind, und da andere Quellen über Jesus nicht existieren. Was seit etwa anderthalb Jahrhunderten über das Leben Jesu, seine Persönlichkeit, seine innere Entwicklung und dergleichen geschrieben ist, ist – soweit es nicht kritische Untersuchungen sind – phantastisch und romanhaft.“
Wer sich – so wie ich es beruflich in wissenschaftlichen Verlagen praktizierte – mit Bultmann und den anderen Koryphäen der Theologie-, Philosophie- und Religionsgeschichte beschäftigt (hat), wird misstrauisch, wenn ihm/ihr allzu schlichte und einfältige Glaubensbekenntnisse begegnen. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann hielt Religion für einen Versuch, die Komplexität der Welt zu reduzieren. Ich vermute, dass sich solche Versuche immer mehr als Engführung erweisen werden.
Danke, Herr Engelmann. So ist es. „Nun gibt es aber Menschen, die ihren Glauben wie eine Monstranz vor sich hertragen. Dann wird Kommunikation schwierig, wenn nicht unmöglich.“
Eine Muslima, Frau Ahmed, hat sich geäußert. Schon dafür muss man ihr dankbar sein.
Der Inhalt ist eine andere Sache. Gehört der Islam zu Deutschland? Die Frage ist sinnlos. Zu Deutschland gehört, jedenfalls im wesentlichen, was sich mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt. Grundgesetz heißt: Würde des Menschen, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Menschenrechte, freie Entwicklung des Einzelnen in der Gemeinschaft.
Dann erst kommt die „Freiheit des Glaubens“ und der „Religion“. „Religion“ und „Glauben“ – stets undefiniert aber auftrumpfend in den Raum gestellt – sind nachrangig. Sie haben sich vor den drei ersten GG-Artikeln zu verantworten. Nicht umgekehrt.
Zum „Kopftuch“: siehe die islamische „Wegweisung“, den Koran, Kap. 24.31. Siehe auch: DIK Schwerpunkt Kopftuch, Nelek; u. DIK, Schwerp. K., Koranische Basis.
Das „Kopftuch“ ist eindeutig, und völlig indiskutabel, ein Oberkörperbedeckungstuch: dh, ursprünglich, eine Uniform – verordnet, von einer mann-dominierten Kultur, der dem privaten Besitz zugewiesenen Frau.
Das „Kopftuch“, mitsamt der geradezu gespenstischen Ganzkörperverhüllung, ist und bleibt eine Provokation. Eine bewusste. Allen in D lebenden und allen hierherkommenden Anhängern, weiblich oder männlich, der „islamischen“ Kultur muss das mittlerweile klar sein.
Es ist an der Zeit, dass traditionsbewusste aber kommunikationswillige Angehörige dieser Kultur – und eben nicht nur Vertreter der Deutschen Islam Konferenz – sich öffentlich äußern.
Unsere kulturelle Identität heißt Grundgesetz. Nicht Luther oder Goethe. Unsere Tradition beruht auf der deutschen demokratischen Tradition, die, recht mühselig, seit der Epochenwende zur Zeit der Frz. Rev. entstanden ist und – über 1848, Weimarer Verfassung 1919 und GG 1949 – sich bis heute erhalten hat.
Und: wir sind keine „christliche“ Gesellschaft. Das muss den Muslimen so gut wie den omnipräsenten, aber fachlich nirgendwo zuständigen „Kirchen“ gegenüber verdeutlicht werden. Die Wendung gegen die islamische Kultur, insoweit diese Kultur sich gegen das GG richtet, darf keinesfalls von einer uns pastoral und päpstlich aufgezwungenen „christlichen“ Position herkommen. Auch nicht von einer so hochtrabenden wie fiktionalen „christlich-abendländischen“. Und erst recht nicht von einer „christlich-jüdischen“. Die hat es nie gegeben. Es hat vielmehr über Jahrhunderte die christlich legitimierte und angefeuerte und – bis in die Zeit des von sehr vielen Deutschen und auch aktiv von den „Kirchen“ getragenen „reindeutschen“ Terrors – geduldete Judenverfolgung gegeben. –
Soeben habe ich eine Petition unterzeichnet. Sie ist an den Deutschen Bundestag gerichtet. Sie folgt der „Erklärung 2018“. Initiator: u.a. H.M. Broder; s. achgut.
Die Petition fordert, „dass die von Recht und Verfassung vorgesehene Kontrolle der Grenzen gegen das illegale Betreten des deutschen Staatsgebietes wiederhergestellt wird“.
Ich sehe diese Forderung im Kontext des Grundgesetzes und des „Kopftuchs“.
Und ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen, hier in Bronski´s blog, die Petition zu unterzeichnen.
Ich wiederhole und beziehe mich dabei auf die in diesem blog, und speziell im Migranten-thread, eingeforderte „Empathie“: ich denke an bestimmte, von „Kirchen“ und Behörden und Regierungen und zuvörderst von der deutschen Kanzlerin zynisch relativierend abgetane und nicht zuletzt im Hinblick auf bestimmte Eigenheiten des Islam zu erklärende Gewalttaten und „Übergriffe“; und ich erlaube mir, bevor ich eine generöse Empathie für sämtlich als „Flüchtlinge“ begrüßte Migranten und für deren inzwischen skandalöses „illegales Betreten“ entwickle, zunächst einmal schlicht und einfach an meine drei Töchter und drei Enkeltöchter zu denken.
@ A.H.Kunze
Zuerst eine kurze Erklärung: Zwischen der christlichen und der jüdischen Religion gibt es sehr wohl seit Beginn des Christentums eine Verbindung, nämlich die von beiden gemeinsam als heilig angesehene Schrift, von uns als Altes Testament bezeichnet.
Auch wenn ich mich durchaus als Islamkritikerin verstehe bzw. als Kritikerin jeglicher Religion, die unser Grundgesetz nicht respektiert,
werde ich mit Sicherheit nicht Ihrem Aufruf folgen, die von Ihnen genannte Petition zu unterschreiben. Weniger wegen der relativ moderat ausgedrückten Forderung, sondern wegen des illustren Kreises von Erstunterzeichnern.
Neben dem Lügen verbreitenden Uwe Tellkamp (95% der Flüchtlinge wollen nur in unsere Sozialsysteme einwandern) finden sich da Figuren wie Henryk M. Broder, der von einem ernstzunehmenden Journalisten zu einem dubiosen rechtspopulistischen Schreiberling verkommen ist, Vera Lengsfeld, ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin mit ähnlicher Karriere, Thilo Sarrazin und Eva Herrmann.
Seit ich mir vor einem Jahr ein Smartphone zulegte, komme ich ungefragt immer wieder in den zweifelhaften Genuss, Artikel aus Broders „Achse des Guten (achgut)“ zugeschickt zu bekommen. Was man da an rassistischer Hetze und menschenfeindlichen Tatsachenverzerrungen zu lesen bekommt, lässt sich mir den Magen umdrehen. Und schlimmer noch die Leserbriefe. Es werden nur diejenigen veröffentlicht, die dem Tenor des jeweiligen Artikels entsprechen bzw. dessen zynische Hetze noch übertreffen, so gut wie niemals kritische (habe das selbst ausprobiert).
Also, lieber Herr Kunze, ich fürchte, in diesem Blog werden Sie vergeblich auf Unterzeichner dieser „Erklärung“ hoffen.
Nachtrag: @Fr. Hartl @JaM @Hr. Mertens
Ich freue mich über Fr. Hartls ehrliche und genau zutreffenden Äußerungen. „Da begegnet mir nicht der Mensch, sondern seine Glaubenssätze.“
Hier bei uns hat einmal ein Migrant öffentlih erklärt, er gebe Frauen nicht die Hand.Und er w ei s s, dass das eine Provokation ist. – Ich stelle mir eine Begrüßungsszene bei uns zu Hause vor.Wie gesagt: 1 Ehefrau, 3 T., 3 Enkelt. Das wird lustig.
Die Anmerkungen von JaM erscheinen mir doch etwas ausweichend und relativierend.Es geht doch um nichts anderes als um die Akzeptanz/Nicht-Akzeptanz unserer demokratischen Kultur.Das wissen die Migranten.
Und, bitte, Frau/Herr JaM: was ist denn dieses ominöse Zauberwort, „Offenbarung“? Also: apokalypsis,Ent-schleierung, Darbietung, Erkenntnis.
Eine merkwürdige Aussage: diese „O.“ sei zwar von Menschen geschrieben, habe aber „ihren Ursprung in Gott“. Was ist dieses „Gott“? Wieso „Ursprung“? Wie geht das?
Wie hat dieses Phänomen „G.“ es fertig gebracht, ein Buch zu verfassen? Wann? Wo? Pergament? Papyrus? Höhle? Über den Wassern schwebend?
Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass der „Kanon“ von einer Gruppe judäischer Reformer (oder sogar Revolutionäre) im römisch-judäisch-hellenistischen Kontext, ca. ab 50 u.Z.,bis ca. 120, in einer Zeit der Angst und des Zusammenbruchs des alten kosmos,verfasst wurde.
Ganz ordinär menschlich.
Über die Autoren u. ihre Hauptfigur wissen wir nichts Verlässliches.Rein gar nichts.
Das ist ja auch nicht wichtig. Wichtig ist die explizit von einem „Menschen-Sohn“ (!) vermittelte „Gute Botschaft“: Vertrauen, Hoffnung, Gemeinschaft: tatriatauta. 1 Kor 13,13. Das ist alles menschlich. Wozu „Gott“? Ich bitte um Offenbarung.
Und Hr. Mertens. Auch erfreut.Bultmann! Warum ist die evang. Kirche nicht bei B. geblieben. Die existentiale (dh auch historische) Auslegung der Frohen Botschaft ist die einzig richtige. Was denn sonst? Himmelfahrt für alle?
@ A.H.Kunze
Das mit dem Händeschütteln sollten wir nicht zu hoch hängen. Ich würde doch gerne einen Unterschied machen zwischen der Verletzung von Höflichkeitregeln und von Verfassungsgrundsätzen. Im Zeitalter der multiresistenten Keime wird es sich früher oder später ohnehin durchsetzen, gar keinem mehr die Hand zu geben. Damit wäre dem Gleichheitsgrundsatz dann Genüge getan ;).
Ostasiatische Touristen und Mitbürger sieht man übrigens öfter mit einem Mund- und Nasenschutz herumlaufen. Deren Gesicht ist dadurch auch teilweise verhüllt. Hat das hierzulande schon einmal Ärger hervorgerufen?
Frau Ernst. Alles richtig.Nur noch einige mindere Punkte. 1. Ist mir alles bestens bekannt. Broder? Geht nicht. Besonders wg. seiner Israel-Haltung.Und Sarrazin: Biologismus. Fr. Herrmann: eigenartige Familienansichten. Tellkamp: out. – 2. Es gibt aber, bei achgut, auch Heinsohn. AfD! Nun,ich empfehle, zur AfD allgemein, die exzellente Rede von Curio am 23.3. im BT.Youtube. Bitte ansehen und hören. – 3. Ich möchte, so wie es m.E. heute vielen geht, „etwas tun“. Aber wo? Wie? Ich war vor langer zeit einmal Juso-Ortsvors., habe lange SPD gewählt, jetzt nicht mehr, die SPD zerstört sich selbst. Also FDP: auch nicht mehr; ich dachte, das sind Demokraten vom alten Schlag – also da, wo ich herkomme. – Und die m.E.nur noch „bunt“-rechthaberischen Grünen und Linken sind für mich nicht wählbar. – AfD also? Curio und auch unser Abgeord., hier aus der Südheide, Thomas Ehrhorn, sind ermutigend. Auch die brilliante Fr. Weidel.Die im übrigen auf infame Weise wg. ihrer privaten Orientierung niedergemacht wird – und schon a l l e i n das und nur das und genau das,diese wahrhaft nazihafte Gemeinheit,liebe Fr. E.,lässt mich nun doch wieder überlegen, ob ich zur AfD gehe. Leider aber nicht, wg. des völkischen Flügels; außerdem „christlich“, o Gott.- 4.Und noch etwas: die Petition ist knapp und nüchtern und im Hinblick auf die in Europa einzigartige – völlig offene – Grenze ganz realitätsgemäß gehalten. Das ist für mich ausschlaggebend. Und:kein Rassismus, kein Sexismus, kein Populismus. Oder sollten Sie vielleicht doch das Teufelswerk RSP entdecken? – 5.Insgesamt: ehe ich mich der seit Jahren ertragenen, zynischen, taktierischen, in EU einzigartigen, unsere ganze Gesellschaft bedrohenden Politik von Fr. Merkel (plus SPD)geschlagen anpasse,gehe ich lieber fragwürdige, aber eigene Wege. –
Hier im thread ist viel von Empathie die Rede. Ein großes Wort. Ich bin, spätestens seit meiner mehrjährigen US-Zeit,für eine Pragmatische Empathie.-
Bis bald, Frau E. Morgen machen wir erstmal Pause. Ich gehe, mit meiner Frau und einer meiner Töchter (falls sie ausgeschlafen hat), zu einer Gedenkveranstaltung für zahlreiche Menschen, die hier in CE, auf dem Todesweg nach Belsen, von mörderisch besserwisserischen und moralistischen Deutschen erschossen wurden, April 45. –
Verehrte Frau E., manche von uns lassen sich eben nicht so leicht in die bekannten aber ausgeleierten Schubladen einordnen.
@Brigitte Ernst
7. April 19:37
Es geht nicht um die Verletzung von Höflichkeitsregeln, sondern um das, was hinter der Weigerung steht. „Weiblich, ungläubig und unrein.“
Einander die Hand zu reichen, zumindest beim Kennenlernen, drückt für mich mehr aus.
Das Fremde wird überbrückt, wir berühren einander und zeigen damit auch die Achtung voreinander und die Bereitschaft einander kennenzulernen.
Guten Morgen, Frau Ernst. Bin schon wieder da.
Sie haben mich um meine Nachtruhe gebracht:
Ostasiatischer Mundschutz gleich Islamisches „Kopftuch“?
Schönen Sonntag! Hier in der Südheide scheint die Sonne, trotz allem.
@ Anna Hartl
„Es geht nicht um die Verletzung von Höflichkeitsregeln, sondern um das, was hinter der Weigerung steht. ‚Weiblich, ungläubig und unrein.‘
Haben Sie meine an Sie gerichtete Antwort http://frblog.de/kopftuch-4/#comment-50241 nicht gelesen? Dass hinter dem verweigerten Handschlag eine Ablehnung von „weiblich, ungläubig und unrein“ steckt, ist zunächst Ihre Projektion. Auch eine muslimische Frau, die der „rechtgläubigen“ Tradition folgt (der die große Mehrzahl der Muslime nicht folgt), gibt einem Mann, der nicht eng mit ihr verwandt ist, nicht die Hand, auch wenn er Muslim ist und deshalb keines der von Ihnen genannten Attribute auf ihn zutrifft.
Bei meinen nicht seltenen Begegnungen mit Muslimen in Deutschland habe ich bisher nicht erlebt, dass der Handschlag verweigert wurde.
@ Anna Hartl
Nach meiner Information steckt hinter dem Verbot für Muslime, Angehörigen des anderen Geschlechts die Hand zu geben, die Angst vor sexueller Versuchung. Es geht also nicht um weiblich, unrein und ungläubig, sondern ganz generell um die Berührung des anderen Geschlechts, z.T. ja schon um den Blickkontakt, worauf Sie selbst bereits hingewiesen haben. Streng gläubige muslimische Männer erweisen in ihrer Vorstellung einer Frau Respekt, indem sie diese nicht anfassen, was in ihrer Kultur als Angrabschen verstanden wird. Das ist uns, die wir ein gemeinsames Leben von Männern und Frauen anstreben und keine Abschottung der Geschlechter voneinander, natürlich fremd. Man sollte die Weigerung eines Moslems, eine Frau anzufassen, aber nicht automatisch als Missachtung interpretieren.
Viel schlimmer finde ich da die orthodox jüdische Auffassung, nach der ein Mann nicht einmal seine Ehefrau während ihrer Periode und nach einer Geburt anfassen darf, weil sie auf Grund des Blutes, das sie ausscheidet, als unrein angesehen wird. Das empfinde ich wirklich als Missachtung von
Weiblichkeit.
Wenn man sich die Bestrebungen in Österreich, von Christian Lindner aufgenommen, anschaut, das Kopftuch für Kinder zu verbieten, so ist das ja alles nachvollziehbar, aber wenn man einerseits bestrebt ist, kleine Mädchen vor religiösem Zwang zu schützen, andererseits aber die Knabenbeschneidung weiterhin erlaubt (Bronski hat im Parallelthread darauf hingewiesen), setzt man mMn die Prioritäten falsch.
@JaM
Habe Ihren Link gelesen.
Ob die Menschen danach handeln, weiß ich nicht.
Das „weiblich, ungläubig und unrein“ ist keine Projektion von mir. Wäre darauf auch nicht gekommen, wenn mir das nicht ein Religionslehrer aus dem Iran erzählt hätte und durch die Begegnung mit einem Marokkaner, der seit 30 Jahren hier lebt und den Handschlag verweigert hat, da ich, wie er annahm Schweinefleisch esse und somit für ihn unrein bin.
Sie können das nicht immer alles drehen bis es Ihnen in den Kram passt. Bzw. können Sie schon, aber es ist nicht die Realität.
A.H.Kunze
Tut mir leid, dass ich Sie um Ihren Schlaf gebracht habe. War nicht meine Absicht.
Ich wollte die Aufregung über die muslimische Verhüllung nur etwas herunterschrauben. Natürlich lässt sich der Mundschutz eher mit der Gesichtsverschleierung vergleichen.
Darüber, dass wir letztere ebenso wie das Kopftuch ablehnen, sind Sie und ich uns doch einig, ebenso über die Zweifel an einer göttlichen Offenbarung, die solche Kleiderordnungen fordern würde.
Was die Möglichkeit einer göttlichen Existenz anbetrifft, so könnte ich mich allenfalls mit gläubigen Menschen darauf verständigen, dass man die menschliche Eigenschaft, ein Gewissen zu besitzen, und die Fähigkeit, Gutes zu tun, als das Göttliche im Menschen bezeichnen könnte.
Was die AfD anbetrifft, so finden wir wohl keine Gemeinsamkeit. Auch wenn vielleicht eines der Parteimiglieder mal was vernünftiges sagt, sind mir da zu viele Typen versammelt, die mir völlig gegen den Strich gehen.
@ Brigitte Ernst
Ich will die latente (und z.T. offene) Frauenfeindlichkeit eines Teiles der jüdischen Orthodoxie nicht verteidigen. Im Gegenteil: Ich unterstütze aktiv das Israel Religious Action Center (www.irac.org), das gegen religiös begründete Frauendiskriminierung in Israel kämpft. Das (biblische) Verbot der sexuellen Kontakte während der Menstruation sowie nach der Geburt (Nidda) ist aber nicht mit körperlichen „Unreinheit“ der Frau begründet, sondern bezeichnet einen rituellen Zustand, in dem ein Mensch von Opferdienst im Tempel ausgeschlossen war. Das betraf auch Männer, die z.B. Samenerguss oder anderen Ausfluss hatten oder eine Leiche berührt haben. Es gibt unterschiedliche Theorien dafür, warum dieses Konzept vom rabbinischen Judentum auch nach der Zerstörung des Tempels und dem Ende der Opferdienste für sexuelle Kontakte beibehalten wurde. Manche sehen darin ein „Schonzeit“ für die Frau, andere argumentieren, dass die erzwungene Pause die sexuelle Anziehungskraft erhöht. Es gibt feministische jüdische Gruppen, die dieses Konzept vehement verteidigen.
@ Anna Hartl
Der von Ihnen zitierte Mann aus Marokko ist ein Beispiel dafür, dass auch Muslime ihre Religion nicht kennen und nicht wissen, wie bestimmte tradierte Handlungsweisen begründet sind. Auch wenn Sie kein Schweinefleisch essen würden und eine Muslima wären, dürfte er Ihnen nicht die Hand geben, wenn er der entsprechenden „strenggläubigen“ Richtung angehört.
Wenn Sie allerdings meinen, ich würde „immer alles drehen bis es (mir) in den Kram passt“, dann kann ich mir die Mühe sparen, die von mir wahrgenommene Realität aus der Sicht des Angehörigen einer religiösen Minderheit zu beschreiben. (…)
(…)
Abschnitt gelöscht, Falschbehauptung.
Gruß Bronski
@ JaM
Wenn es sich bei dem Berührungsverbot nur um den Geschlechtsverkehr handelte, wäre das ja nachvollziehbar. Dadurch besteht ja tatsächlich erhöhte Infektionsgefahr. Aber einem Fernsehbericht entnahm ich, dass die Männer in orthodoxen Kreisen ihre Frau überhaupt nicht anfassen dürfen und deshalb sogar ihr Bett von dem der Frau abrücken, damit auch im Schlaf keine versehentliche Berührung stattfinden kann. Und die Frauen müssen sich nach der Periode/der Geburt intensiv abschrubben, um wieder als „rein“ zu gelten. Das hat ja nun wirklich keinen rationalen Grund.
Was mich an allen diesen Ritualen, die den Körper betreffen, erstaunt, ist der Glaube, dass der Mensch so, wie er (nach der Vorstellung der Gläubigen) von Gott erschaffen wurde, nicht makellos ist, sondern dass der Körper in der Periode, durch die Geburt, mit der Vorhaut – alles doch angeblich von Gott gegeben – nicht akzeptabel ist, so wie er ist, sondern der „Nachbearbeitung“ oder der übermäßigen Reinigung bedarf, um von der Gemeinschaft akzeptiert zu werden. Dabei steht doch am Ende der Genesis: „Und Gott sah, dass es gut war.“
@ Brigitte Ernst
Die sorgfältige körperliche Reinigung ist lediglich eine Vorbereitung auf das rituelle Tauchbad (Mikwe). Erst durch das Untertauchen in der Mikwe (dem sich in den chassidischen Gemeinschaften die Männer jede Woche unterziehen müssen) ist die Zeit der Nidda beendet. Aber Sie brauchen solche „vom religiösen Irrsinn getrübte“ Erklärungen nicht, Sie haben ja das Fernsehen.
@JaM
Meine Wahrnehmung ist eine andere, vielleicht gerade auf Grund meiner Weiblichkeit.
Wenn ich über Begegnungen schreibe, in denen mir dies oder jenes vermittelt wurde, unterstellen Sie mir Projektion.
Ich nehme an, Sie haben den Koran studiert!?
Ich kann nicht beurteilen, was der Mann aus Marokko über seinen Glauben gelernt hat oder ob die Meinung, Menschen die Schweinefleisch essen seien unrein, aus einer anderen Quelle stammt. Neu ist diese Aussage jedenfalls nicht.
Wie weit reichen Ihre Einblicke in Moscheen?
Wissen Sie, was in jeder einzelnen gelehrt wird oder gehen Sie ausschließlich nach dem vor, was der Koran lehrt?
Ihre Wahrnehmung von Begegnungen mit Muslimen, die wie Sie sagen häufig sind, schließt nicht aus, dass es nicht auch andere Erfahrungen gibt.
Nur aufgrund der Tatsache, dass Sie keine anderen Erfahrungen gemacht haben und dadurch Ihre „rosarote“ Brille von Gläubigen behalten haben, können Sie dies nicht als die alleinige Realität darstellen.
Ganz zu schweigen davon, dass die Realität ausserhalb der persönlichen Erfahrungen auch eine andere Sprache spricht. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart.
Ich sehe und schätze Ihre Bemühungen, Ihre Sicht der Dinge zu „untermauern“.
Es ist aber nur „die halbe Miete“.
@ all
@ A.H. Kunze, 7. April 2018 um 13:28
„… und ich erlaube mir, bevor ich eine generöse Empathie für sämtlich als „Flüchtlinge“ begrüßte Migranten und für deren inzwischen skandalöses „illegales Betreten“ entwickle, zunächst einmal schlicht und einfach an meine drei Töchter und drei Enkeltöchter zu denken.“
Eine Äußerung, die nicht unwidersprochen bleiben darf. Auch wenn das nicht zum eigentlichen Thema des Threads gehört, möge mir Bronski daher eine Entgegnung erlauben.
Die Darstellung erscheint mir unredlich in zweifacher Hinsicht: Erstens beziehen Sie „Empathie“ auf einen Plural von „Migranten“, wobei Sie, um sie lächerlich-zu machen, noch gezielt überzeichnen („sämtlich“). Zweitens konstruieren Sie einen Gegensatz zwischen „Flüchtlingen“ und „Töchtern und Enkeltöchtern“, der nur verständlich ist, wenn man erstere als Bedrohung für letztere begreift. Um daraus schließen zu können, dass „Empathie“ zwischen den beiden zu wählen habe. (Ich kann Ihnen versichern, dass keines meiner Kinder mir eine derartige Entscheidung aufzwingt. Ganz im Gegenteil.)
Eine Pervertierung des Begriffs von „Empathie“, ihn dazu zu benutzen, um Menschen gegeneinander auszuspielen.
Zum Begriff der Empathie (Wikipedia):
„Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. (…). Sie gehört als Möglichkeit zur Grundausstattung des Menschen und kann durch den Umgang der Eltern mit dem Kind gefördert, behindert oder zerstört werden.“
Experimentelle Beispiele für Empathie bei Kleinkindern liefert u.a. R.D. Precht in „Warum gibt es ‚Alles“ und nicht ‚Nichts‘?“
Diese Definition macht (1) klar, dass „Empathie“ sich grundsätzlich auf Individuen, niemals auf eine Masse richtet.
Als „menschliche Grundausstattung“ sieht sie (2) von jeglicher Kategorisierung, wie Herkunft, Geschlecht, Religion usw. ab. Eine Forderung, die sich in der christlichen Soziallehre wiederfindet, biblisch begründet im „Gleichnis vom barmherzigen Samariter“.
Und (3) ist sie für die soziale Ausrichtung einer Gesellschaft von grundlegender Bedeutung.
So aufgrund der Tatsache, dass Empathiefähigkeit sich totalitären Tendenzen widersetzt. Erkennbar etwa bei (oft einfachen) Menschen, die unter eigener Lebensgefahr im 3. Reich Juden geholfen haben. (Dazu z.B. Inge Deutschkron: „Ab heute heißt du Sarah“).
Kritisch anzumerken wäre lediglich, dass Empathie auch durch unsoziale Bedingungen und Ideologien zerstört werden kann. Was gerade gegenwärtig in beängstigendem Maße stattfindet.
Zu den Ideologien, die Empathiefähigkeit zerstören, gehören sicher auch patriarchalische Prinzipien, besonders nach islamistischem Verständnis, das gezielt bestimmte Menschen („Ungläubige“, aber auch Frauen) von Empathie ausnimmt.
Nichts anderes aber geschieht in der gegenwärtigen „Flüchtlingsdiskussion“, die – von bestimmter Seite – dazu benutzet wird, um mit allen möglichen verschleiernden Begriffen („Migranten“, „Masseneinwanderung“ usw.) Empathie zu verhindern, zunehmend auch Helfer zur Zielscheibe zu machen.
Der Gipfel der Heuchelei ist dabei in der Verquickung von „Islamkritik“ und Flüchtlingshetze durch selbst ernannte „Verteidiger“ des „jüdisch-christlichen Abendlands“ mit klar chauvinistischer Zielsetzung zu erkennen.
Dass dies u.a. von einer Partei betrieben wird, die das „C“ in ihrem Namen trägt, ist eine zusätzliche Pikanterie. Missbrauch christlicher Symbole und Begriffe zu entgegengesetzten Zwecken, Einschränkung, Instrumentalisierung von „Empathie“ ist Teil des ideologischen Kampfes.
Meine Bedenken gegen immer neue „Islamdiskussionen“ bestehen vor allem darin, dass diese mit Beschwörung von Islamisierungsängsten dazu beitragen, die – zumindest für westliche Demokratien – erheblich größeren Gefahren totalitärer nationalistischer Entwicklungen in Zeiten von Trump, Orban, Kaczinsky usw. zu verharmlosen, angemaßten „Rettern des Abendlands“ sogar noch einen Glorienschein zu verleihen.
Zerstörung, möglichst radikale Ausrottung von „Empathie“ gehört zu den Wesensmerkmalen totalitärer Systeme. In welchem Maße dies möglich ist, zeigt sich an der Schizophrenie von Nazi-„Größen“, etwa Auschwitz-Kommandant Höss, der ein mörderisches Handwerk mit Familien“idylle“, dem „fürsoglichen“ Familienvater vergessen zu machen suchte. Die wohl perverseste Verkehrung aller Werte dürfte wohl Heinrich Himmlers Eloge von SS-Führern darstellen, die „menschlichen Schwächen“ (gemeint ist: Empathie) trotzten und „dabei anständig geblieben sind“.
Betr. „Erklärung 2018“:
Das perfekte Beispiel radikaler Verdrängung von jeglicher Form von „Empathie“ mit scheinjuristischem Vokabular – ganz nach Weidelscher Diktion. Haben Sie die demagogischen Formulierungen wie etwa „Masseneinwanderung“ hier nur „vergessen“?
Ich nehme doch an, wie auch Frau Ernst, dass Sie hier diesbezüglich auf dem falschen Dampfer sind.
Also ist A.H.Kunze doch ein Rassist. Das war ja gleich mein Verdacht.
Die „exzellente Frau Weidel“? Endschuldigung, ich bin nicht für Tiervergleiche, aber da muss ich wiehern. Die? Exzellent? Oh Mann, wie blöd muss man sein.
Diese Frau ist gefährlich, Herr Kunze. Und Sie betätigen sich als deren Steigbügelhalter. Sind Sie sich Ihrer historischen Verantwortung bewusst?
Hier die Stellungnahme des „Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller“ zu der von A.H. Kunze gepriesenen „Erklärung 2018“:
https://vs.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++b272b8a6-2e95-11e8-9171-525400423e78
@ Werner Engelmann
Es freut mich, dass Sie in Ihrem Kommentar vom 9. April, 01:09, Ihre Definition von Empathie nicht mehr so eng fassen wie am 4. April, 01:09. Damals schränkten Sie den Personenkreis derer, denen Sie Empathie entgegenzubringen bereit waren, stark ein:
„Empathie empfinde ich gegenüber Menschen, die sich – in der Regel unverschuldet – in einer sehr schwierigen menschlichen Situation befinden und dabei der Empathie als einem Hoffnungsschimmer bedürfen.“
Das schloss, wie wir feststellen mussten, ein Mitgefühl für eine Muslimin wie Frau Ahmed, die lediglich in einer etwas naiven, aber kämpferischen Weise ihre Religion verteidigte, offenbar aus. Auch Sie schließen also gezielt bestimmte Menschen von Empathie aus, werfen ein solches Verhalten andererseits aber Herrn Kunze vor.
Eines verstehe ich nicht: Wenn Sie Frau Ahmed, allein weil sie ein Kopftuch trägt und dies verteidigt, in die Ecke der hochmütigen, fundamentalistisch-islamistisch eingestellten Musliminnen rücken, müsste das doch auch auf mindestens 80% der in den letzten drei Jahren zu uns geflüchteten Syrerinnen, Afghaninnen und Irakerinnen zutreffen, nämlich alle diejenigen, die aus Überzeugung ein Kopftuch tragen – von den Männern, die sie das unterstützen, ganz zu schweigen. Ist das nicht genau die Auffassung derer, die sich gegen die „Masseneinwanderung“ wenden?
Ich habe deutlich gemacht, dass und warum ich mich den Unterzeichnern der „Erklärung 2018“ nicht anschließe. Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass die allgemeine Bezeichnung „Migranten“ für diejenigen, die für längere Zeit in unser Land kommen, ein verschleiernder Begriff ist. Ob sie tatsächlich Flüchtlinge im Sinne unseres Asylrechts oder der Genfer Konvention sind, entscheiden nämlich erst die Behörden und Gerichte, das steht in dem Moment, in dem sie unsere Grenze überschreiten, noch nicht fest.
@ JaM
Eine Erklärung, die sich innerhalb des rituellen Regelwerks bewegt (Reinigung vor dem Tauchbad der Mikwe), hilft mir nicht viel. Ich war eigentlich auf der Suche nach einer rationalen Begründung für diese Rituale, die Sie mir ja auch zu geben versucht haben.
Und ja, ich habe das Fernsehen, zum Glück. Da werden mir nicht nur mehr oder weniger sinnvolle oder sinnentleerte Regeln aufgezählt, sondern hier werde ich informiert über die Wirkung, die solche strengen Festsetzungen auf die Betroffenen, in diesem Fall die in streng gläubigen Gemeinschaften lebenden Frauen, ausüben.
Ich habe den Film bei YouTube gefunden und ihn mir noch einmal angesehen. Es handelt sich um eine mehrfach ausgezeichnete israelische Dokumentation der Regisseurin Anat Zuria von 2002 mit dem Titel „Reinheit. Das Gebot des Schweigens brechen“.
Sehr informativ und empfehlenswert.
@ Stefan Briem
„Also ist A.H.Kunze doch ein Rassist.“
…und Stefan Briem jemand, der andere gern in sehr verallgemeinernde Schubladen steckt. Hier die bösen Linken und Ultralinken, da die Rassisten, Hauptsache, man muss nicht inhaltlich differenziert diskutieren.
Im Übrigen hat Herr Kunze Alice Weidel als „brilliant“ bezeichnet, nicht als „exzellent“.
Man liest in Wikipedia nämlich von ihren hervorragenden Studienabschlüssen. Intelligent ist sie immerhin. Was Skrupellosigkeit nicht ausschließt. Auch Franz Josef Strauß soll hochintelligent gewesen sein.
Eine praktizierende Muslima schreibt über ihre Gründe, ein Kopftuch zu tragen.
Die erste Kommentatorin akzeptiert das und begründet ihre Haltung.
Und dann beginnt die „eigentliche“ Diskussion, an der Frau Ahmed nicht mehr teilnimmt – aus guten Gründen, wie ich meine. Das stört die anderen Diskutierenden aber nicht im geringsten, theologisches Halbwissen und religiöse Befindlichkeiten werden mit Vehemenz präsentiert, ganz gleich, ob es passt oder nicht (JaM, Sie scheinen der einzige zu sein, der sowohl theologisches Wissen hat als auch religiöse Praxis betreibt, aber Sie machen ja leider keinen Stich…).
Jede kopftuchtragende Muslima wird es sich zweimal überlegen, mit Ihnen zu diskutieren.
Sie alle mögen sich zwar weit über Stammtischniveau erhaben fühlen – die Art und Weise, wie hier ein Thema unter Anwendung von geballtem Halbwissen zerpflückt wird, würde aber perfekt ins Wirtshaus passen.
Ich schlage vor, Sie nehmen sich als nächstes mal die Patka vor, die den Sikh-Jungs bereits im Kleinkindalter aufgesetzt wird.
Danach dann die Kippa, dann die traditionellen Kopfbedeckungen der ertitreischen und äthiopischen Frauen und die Kopfbedeckungen der Diakonissen und Nonnen.
Wenn Sie mit den Köpfen fertig sind, dann können Sie die Gewänder der tibetanischen und der christlichen Mönche diskutieren.
Und dann die Kreuze, die um einige Hälse hängen.
Dann wären Sie fürs erste durch – oder?
@Anne Rumpf
Jeder noch so detaillierten Untersuchung der Gegebenheiten wohnt stets eine gewisse Unbestimmtheit inne. Wäre es anders, hätte uns allen das letzte Stündlein geschlagen und das Ende aller Geschichte würde erreicht sein. Selbst die versiertesten Experten nicht zuletzt auf religiösem Gebiet können daher aus den genannten Gründen bestenfalls mit „Halbwissen“ glänzen, wie Sie es abschätzig ausdrücken. Weshalb Sie sich angesichts solch einer menschlichen Unzulänglichkeit echauffieren, bleibt mir ein Rätsel; zumal keiner der von Ihnen kritisierten Diskutanten hier im Blog beansprucht, ein gottgleiches Wesen zu sein, dem nichts verschlossen ist.
@ Anne Rumpf
Halbwissen kann nur die Person entlarven, die über wesentlich mehr Wissen als die Halbwissenden verfügt. Stammtischniveau kann nur derjenige erkennen, dessen Niveau sich deutlich von dem des Stammtisches abhebt.
Ich habe bislang noch keinen substantiellen Beitrag von Ihnen zur islamischen Kopfverhüllung der Frau gelesen und bin deshalb gespannt, was Sie uns dazu schreiben wollen, das sich hinsichtlich des theologischen Wissensstandes und des Niveaus wohltuend von den hier gelieferten Beiträgen abhebt.
Gerne würde ich Herrn Mertens zu seiner Erwiderung auf Frau Hania Ahmeds Leserbrief zurufen „Vorsicht!“
Kenntnisreich und beseelt beschreibt er die Überwindung eines archaischen und hierarchischen Gottesbildes, die uns die Aufklärung vor 300 Jahren beschert hat. Als kluge und fortschrittliche Europäer sind wir seither von unserer naiven, „schlichten Anschauung der Dinge“ befreit und werden entsprechend ernst genommen.
Und nun wird uns zugemutet, uns an den Anblick von Frauen zu gewöhnen, die sich noch eine Vorstellung von einer Autorität machen können, die möglicherweise größer ist als sie selbst und zu der sie aufschauen möchten. Und sie machen das durch eine symbolisch getragene Kopfbedeckung auch noch deutlich sichtbar!
Haben sie etwa nicht ihren Kant, Leibniz, usw. gelesen, ist ihnen etwa schon Luther total entgangen? Sind ihnen in unserem endgültig aufgeklärten Land nicht reichlich Menschen begegnet, die zu ihrer Vollkommenheit gefunden haben, allein durch ihre Verehrung Gottes im Gebot der Nächstenliebe?
Diese Damen sollten also schnellstens die 300 Jahre der Erleuchtung quasi im Schnelldurchlauf nachholen und sich mit der entsprechenden Geisteshaltung vertraut machen – aber, und hier begeben wir uns auf recht glitschiges Terrain: bei Luther könnten sie auf Lukas 18, 9-14 stoßen, wo Jesus im Gleichnis spricht, vom armen Sünder, der mit niedergeschlagenen Augen Gott um Vergebung für sein schwaches Bemühen bittet, während sich der Pharisäer im Bewusstsein seiner wohlerarbeiteten Gerechtigkeit seiner Taten rühmt und Gott für sein privilegiertes Dasein dankt.
Wehe, woher kommt mir Hilfe?
Der FR sei Dank – in der gleichen Ausgabe der Zeitung kommt im Interview mit Herrn Frank 10 Seiten später Herr Hans Joas zu Wort.(„Die Erfahrung des Heiligen…“) Dieser versucht, Religion über die Ebene persönlicher Erfahrungen zu definieren und nennt im letzten gedruckten Abschnitt das Problem beim Namen: Dieses steckt in „Weltbildern – ob säkular oder religiös-, die nicht zum Respekt vor den Überzeugungen und Weltanschauungen anderer anhalten.“ Er führt dazu positive Beispiele zu Lernprozessen an, die dazu führen, dass „jedermann zugestanden wird, einen anderen Glauben oder gar keinen Glauben zu haben“. Dieses Interview würde ich Herrn Mertens gerne zur Lektüre empfehlen.
Mir fallen dabei gleich noch Frau Katja Thorwald und Herr Michael Herl ein, beide sehr geschätzte Mitglieder der FR-Redaktion, die eine Empfehlung zum Lesen der genannten Stelle vielleicht als positiven Schubs zur Erweiterung ihres Horizontes empfinden könnten.
Ich räume ein, dass Predigen leicht ist, Tun ungleich schwerer.
@Anne Rumpf
Ich nehme an, dass Sie die einleitenden Worte von Bronski gelesen haben.
Vom Halbwissen mal abgesehen, scheint die Bereitschaft zu einer Diskussion bei Muslimen eher gering. Was Ihrer Ansicht nach an dem geballten Halbwissen der sich hierzu äußernden Teilnehmer liegt.
Kann es nicht auch daran liegen, dass das kurze Statement von Frau Ahmed alles ist, was sie vermitteln wollte und damit Punkt?
Und kann es nicht auch daran liegen, dass Gläubige sich ebenfalls mit einer anderen Meinung als der ihrer Meinung nach, von Gott gegebenen „Weisung“, schwer tun?
Was erwarten Sie?
Das nichts hinterfragt wird?
Ja, ich kann mir vorstellen, dass man seinem Gott mit Kopftuch dienen kann. Was mich aber hellhörig gemacht hat ist die Aussage, dass die Liebe zu Gott über allem steht.
Diese Aussage lässt, wenn man den Diskurs darüber verweigert, eine breite Palette an Interpretation zu.
Natürlich nennen Sie JaM als leuchtendes Beispiel. Er verfügt über ein breites Wissen was die verschiedenen Glaubensrichtungen betrifft, da gebe ich Ihnen Recht. Er verfügt aber auch über eine gehörige Portion Engstirnigkeit bedingt durch seine eigene Gläubigkeit.
Ich schätze seine Beiträge, da sie eine Brücke zum besseren Verständnis sein können, hinterlässt aber bei mir manchmal den Eindruck, dass eine andere Meinung als seine, irrelevant ist um nicht zu sagen Bulshit.
@ Karin Unruh
Nach den bisherigen Debattenbeiträgen schien es mir nicht notwendig, hier zu verlinken, was die unter Polizeischutz lebende Berliner Imamim Seyran Ates zum Kopftuch schreibt. Aufgrund des Beitrages von Ihnen, Frau Unruh, kann ich es aber nicht lassen.
Die Muslimin Seyran Ates bezieht hier eine sehr deutliche und klare Position:
https://www.emma.de/artikel/seyran-ates-das-kopftuch-ist-zur-waffe-geworden-264112
@Matthias Aupperle: Der Begriff „Halbwissen“ bezieht sich u.a. auf die Tatsache, dass niemand hier über das christliche Verhüllungsverbot der Frau, das der Apostel Paulus ausgesprochen hat, redet (außer Frau Ahmed in ihrem Brief). Der Stammtischvergleich bezieht sich auf das reflexhafte Ausbrechen der immer gleichen Diskussion hier im Blog nach so einem Statement wie dem Leserinnenbrief von Frau Ahmed.
Ich habe da in der Vergangenheit eifrig mitdiskutiert, über Kopftücher, den Islam, den Einfluss des Christentums auf unsere Gesellschaft…und beim Lesen dieses Threads fühlte ich mich wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Also werde ich keinen substanziellen Beitrag zur Diskussion leisten und kann daher Ihre schlechte Meinung über mich auch nicht widerlegen.
@Anna Hartl: Sie haben da einen sehr weisen Satz geschrieben:
„Kann es nicht auch daran liegen, dass das kurze Statement von Frau Ahmed alles ist, was sie vermitteln wollte und damit Punkt?“
Ja, das vermute ich.
Und dann fragen Sie: „Was erwarten Sie? Das nichts hinterfragt wird?“
Nein, aber wenn Ihr erster Satz stimmt, dann könnte man an dieser Stelle doch einfach mal das, was Frau Ahmed schreibt, so stehenlassen.
Vielleicht sind Kopfbedeckungen, die aus religiösen Gründen angelegt werden, gar kein so großes Problem…?
Wenn Frau Ahmed für sich selbst gute Gründe sieht das Kopftuch zu tragen,
kann sie sie hier darlegen. Zugegeben, ihr Problem in diesem blog wird sein,
dass Menschen mitdiskutieren die mit dem Gottesverständnis
der abrahamischen Religionen nicht konform gehen, JaM ausgenommen
(lt. Frau Rumpf).
Dann gibt es vielleicht noch die/der Eine oder Andere ebenfalls mit
womöglich einer Vorstellung von Gott, die nicht der entspricht die die Religionen vorgeben.
Somit sind die Diskussionbasen im Grunde als unvereinbar anzusehen und die
daraus entstehenden Argumente sind es zwangsläufig ebenfalls. Dies richte
ich an Frau Rumpf, auch wegen des Hinweises dass, sie hier anderen bloggern (nur)Halbwissen attestiert, das perfekt in’s Wirtshaus passt.
Dabei haben die meisten Menschen doch eine lange Beeinflussung ihrer
jeweiligen Religionsgemeinschaft in die sie hineingeboren wurden hinter sich,
um irgendwann für sich die Entscheidung treffen zu können, ja, das entspricht
dem was ich glaube und bleibe dabei, oder es läuft dem zuwider.
Deshalb haben die im religiösen Sinne Glaubenden die Nichtglaubenden
nicht diskreditierend zu beurteilen, umgekehrt gilt dies natürlich ebenso.
Aber es ist seitens der Glaubenden gern geübte Praxis, dem Zweifler und
Kritiker Unwissenheit zu unterstellen, Frau Ahmed tat dies ebenfalls in
Richtung des islamische Reformen fordernden Abdel-Hakim Ourghi.
Mir scheint, die kommentierende Leserin namens „Anne Rumpf“ hat ein völlig falsches Bild (siehe zum Gesellschaftsbild des Arbeiters: Popitz et al., 2018: Reprint) von den Aufgaben einer fernmeldeelektronischen Aufklärung, wie sie allen voran die Bundeswehr zur Landesverteidigung inzwischen seit rund sechzig Jahren betreibt. Zwar wird beim Bund schon wegen der Traditionspflege elend viel gesoffen. Dass aber an den von der Industrie vertrauensvoll zur Verfügung gestellten Geräten gleichsam „Stammtischniveau“ bei der Analyse der gesammelten Daten vorherrscht, ist eine Behauptung, die einer Rechtfertigung bedarf. Als ehemaliger Angehöriger einer Rüstungsschmiede habe zumindest ich einen Ruf zu verlieren.
Als Nachtrag hier ein link aus erster Hand, die Kopftuchdiskussion
betreffend, ein Besuch dieser Webseite lohnt meiner Meinung jederzeit:
http://www.islamiq.de/2018/04/10/im-christlichen-klub-nicht-willkommen/
@ Anne Rumpf
Sie beziehen sich vermutlich, wenn Sie vom Verhüllungsgebot des Apostel Paulus schreiben (Sie schreiben fälschlicherweise„verbot“), auf „1. Korinther, Kapitel 11 ff,“. Ich habe bereits vor fünfzig Jahren beim konservativen CVJM in Württemberg gehört und gelernt, dass man Paulus in Bezug auf die Frauen nicht ernst nehmen dürfe, da er verklemmt und ein Frauenhasser gewesen wäre. Es gibt noch viele andere „schräge“ Stellen im Neuen Testament, die heute kaum noch ein Gläubiger ernst nimmt – und für einen „abgefallenen“ Ungläubigen, wie mich, gibt es viel zu viele. Die Grenze zwischen göttlicher Offenbarung (was für ein Wort!, was für ein komischer Gott!) und zeitgebundener, menschlicher, zu relativierender Sichtweise, ist ständig fließend und verschiebt sich immer mehr – auch bei konservativen Theologen.
Und wenn Religionen so unsinnig und irrsinnig und widersprüchlich sind („ein Geheimnis“ @ JaM), wie die abrahamitischen, dann müssen sie sich auch derbe Kritik gefallen lassen (1. bei Sekten sind wir ja auch nicht zimperlich, 2. @ Manfred Schmidt). Es ist verständlich, dass die einen Religioten die anderen Religioten in Schutz nehmen, sie sitzen ja im gleichen abrahamitischen Glashaus.
Und wenn sich Religionen so frauenfeindlich gebärden und sogar eine Gesellschafts- und Politikordnung sein wollen, wie der konservative (politische) Islam, dann sollte ihnen der eiskalte Wind des politischen Diskurses nur so um die Ohren pfeifen. Wir sollten dieses Thema (Islamkritik) endlich der AfD wegnehmen, wie Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, schon lange fordert. Insofern bin ich froh, dass es hier diskutiert wird, da kann das „Murmeltier gerne mehrmals täglich grüßen“.
Sensibel sollten wir allerdings insofern sein, da das Thema Gott und Glaube angstbesetzt ist. Die religiöse Gehirnwäsche im Kindesalter funktioniert nicht nur bei Christen, sondern auch bei Muslimen.
@Anne Rumpf
Vom Kopftuchgebot im christlichen Glauben habe ich auch noch nie gehört. Bestätigt aber meinen Eindruck der Frauenfeindlichkeit in Religion. Die Frau als die böse Versucherin des Mannes hat sich zu bedecken, damit er sich in Ruhe dem Studium der heiligen Schriften widmen kann, für das die Frau von Haus aus ungeeignet ist. Welches Jahrhundert?
Spannend finde ich Ihre Frage:“vielleicht sind Kopfbedeckungen, die aus religiösen Gründen angelegt werden, gar kein so großes Problem…?
Ich habe Zweifel an den religiösen Gründen.
Auch die katholische Kirche ist bis heute frauenfeindlich.
Frau Ahmed geht davon aus, dass das Kopftuch ein Gebot von Gott ist.Ich kann annehmen, dass Frau Ahmed das so sieht, habe aber Zweifel, dass das Gebot von Gott kommt.
Hier bin ich einer Meinung mit Manfred Schmidt, dass die Diskussionsbasen im Grunde als unvereinbar anzusehen sind.
@Matthias Aupperle
Danke für den Link zur Imamin Seyran Ates. In der FR war vor Wochen auch ein Artikel über sie.
Eine der wenigen öffentlichen Stimmen zu diesem Thema, leider u.a. der Grund, weshalb Seyran Ates Polizeischutz benötigt.
Den vorletzten Satz Ihres Beitrages um 20:18 habe ich nicht verstanden. Können Sie bitte erläutern?
@ Anna Hartl
Ich vemute, Sie möchten folgenden Satz erläutert wissen: „Sensibel sollten wir allerdings insofern sein, da das Thema Gott und Glaube angstbesetzt ist.“
Es gibt in den abrahamitischen Religionen auch den strafenden Gott. Dieser Gott bestraft, wenn seine Regeln und Gebote nicht befolgt werden oder wenn man sich von ihm abwendet.
@Matthias Aupperle
Ja und danke.
Den strafenden Gott hatte ich vergessen oder ist bei mir nicht so „hängen geblieben“.
Habe jetzt hin und her überlegt, ob ich einen Teil meines Lebens so öffentlich machen will, denke aber, es kann zu einem besseren Verständnis von Glaubenssätzen und Lehren beitragen.
Gläubige werden das, was ich als Erkenntnis mitnahm wahrscheinlich zerpflücken, da die Lehre nicht von Gott kam, aber sei’s drum.
Mitte 20-ig überfiel mich die Sinnkrise. Die Frage nach dem Sinn des Lebens trieb mich um. Ich las über andere Religionen, die nicht meine eigene war – dort fand ich keine mir schlüssigen Antworten – was ich in die Finger bekam. Philosophen waren ein Highlight. Ich schlug mir die Nächte um die Ohren mit den Fragen nach warum und wieso, nach woher und wohin.
Schließlich bin ich in Indien gelandet und fand einen Guru, der mir mit dem was er lehrte, vor allem die Last meiner eigenen Religion von den Schultern nahm, indem er u.a. das zwanghafte in der Religion beleuchtete. Für mich war es eine Lehre die das Herz öffnete und nicht mit Glaubenssätzen, Verboten und Geboten verängstigte und verschloss. Der Satz, hinterfrage alles was ich lehre wurde für mich wegweisend und den Satz, ihr könnt euch hier nicht verstecken, ihr müsst wieder zurück auf den Marktplatz des Lebens habe ich befolgt.
Was mich zur augenblicklichen Debatte zurück bringt, war das, was seine Schüler aus seinen Lehren machten. Das grenzte schon ans Absurde. Was ich als richtig schlimm empfand waren die Versuche das was man selbst glaubte verstanden zu haben, anderen über zu stülpen. Woher kommt bloß dieser Drang der Andere müsste der gleichen Auffassungen sein? Kann man nicht einfach eine Erkenntnis im Herzen behalten und danach leben?
Der Boden auf den eine Lehre, eine Religion fällt, scheint bei jedem Menschen ein anderer zu sein. Wir verstehen nur Bruchstücke und dann kommen die unterschiedlichen Auslegungen hinzu und das Chaos ist perfekt.
Will sagen, die Interpretation der „heiligen“ Schriften, wenn sie denn von Gott kommen, sind nur das was wir verstehen können und was der Mensch daraus macht ist Stückwerk, wird aber als das Wort Gottes unter die Menschheit gebracht.
So, genug geredet.
Liebe Frau Hartl, danke für Ihren Bericht! Und Respekt für Ihren Mut, das hier zu erzählen!
Ich wende die Fragen, die Sie stellen, mal auf die aktuelle Debatte an:
„Woher kommt bloß dieser Drang der Andere müsste der gleichen Auffassungen sein?“
Die meisten der Menschen, die hier diskutieren, sind der Auffassung, dass das Kopftuch ein religiöses Symbol ist, das abzulehnen sei. Und im nächsten Schritt ertwarten sie, dass Muslimas, die ein Kopftuch tragen, das genauso sehen wie sie.
Wenn alle die Sache so sehen würden, wie Sie im Zitat, dann gäbe es diese Debatte gar nicht.
„Kann man nicht einfach eine Erkenntnis im Herzen behalten und danach leben?“
Manchmal wird eine Erkenntnis, die man im Herzen hat, durch irgendetwas symbolisiert – zum Beispiel durch ein Kreuz um den Hals, eine Kippa, ein Ring, ein Tattoo oder eben ein Kopftuch. Die Außenwelt nimmt das Symbol und die ihm zugehörige Information wahr – sie muss das Symbol und die damit verbundene Aussage weder verneinen noch bejahen.
Frau Ahmed hat ihre persönliche Glaubensentscheidung kundgetan – und derselbe Respekt, den ich Ihrem Bericht entgegenbringe, bringe ich auch Frau Ahmed entgegen.
Wir werden durch das Abschaffen oder Verbieten von religiösen Symbolen keinen einzigen gesellschaftlichen Konflikt lösen.
Und wir sollten uns bewusst machen, wieviel „Christentum“ in unserem ganz normalen Alltag steckt: der Sonntag, alle Feiertage bis auf 1. Mai und 3. Oktober, der Freitag als „Fischtag“, die Kirchenglocken, die morgens um sieben, mittags um zwülf und abends um sechs läuten, die Kreuze auf den Gräbern…ganz schön viel Symbolik, nicht wahr? Ist für uns halt nicht so auffällig wie das Kopftuch.
Bei so vielen christlichen Symbolen/Bräuchen/Ritualen schaden ein oder zwei Symbole von anderen Religionen sicher nicht…
@ Anna Hartl
„Der Satz, hinterfrage alles was ich lehre wurde für mich wegweisend.“ –
Respekt! Kann ich voll unterschreiben.
„Was ich als richtig schlimm empfand waren die Versuche das was man selbst glaubte verstanden zu haben, anderen über zu stülpen.“ –
Das ist eben das, was ich als den Übergang von „Religion“ zu „Ideologie“ bezeichne.
Doch, wenn es nur das wäre! Erschreckend ist vor allem, dass dieser „Prozess“ so gut wie immer mit Gewaltexzessen verbunden ist. Und da hatte das Christentum in der Vergangenheit (?) einiges zu bieten – zumindest ebenso viel wie heute „der Islam“ (was diesen freilich nicht entschuldigt): Kreuzzüge, Bartholomäusnacht, Wüten der Conquistatores in Südamerika usw.. Letzteres wohl einer der schlimmsten Völkermorde der Geschichte. Für den zumindest sich zu entschuldigen Papst Benedikt XVI. bei seinem Südamerika-Besuch keine Veranlassung fand. Begründung: Den Indios wurde ja der katholische Glauben „geschenkt“.
Dazu eine Episode:
Ich habe, als einer meiner ersten Theateraktivitäten, Anfang der 90er Jahre (an der Europäischen Schule Luxemburg) gemeinsam mit einer Schulklasse eine dramatisierte Fassung von Wassermanns Novelle „Das Gold von Caxamalca“ über die Eroberung des Inkareichs und die Hinrichtung Atahuallpas erstellt und vor Eltern zur Aufführung gebracht.
Auf Einladung der 3.Welt-Gruppe war da auch ein Vertreter der Indios aus Peru anwesend.
Der fing während der Vorstellung zu weinen an – vor lauter Rührung, dass im fernen Europa das Schicksal seiner Vorfahren ernst genommen wird
Mir eilt ja der hart erarbeitete Ruf voraus, dass alle meine Einlassungen egal zu welchem Thema lediglich Müll sind. Es ist daher nichts Neues für mich, wenn Frau Anne Rumpf auch meine Leserkommentare als solchen behandelt. Ganz ohne Begründung geht es allerdings dann doch nicht. Soll nicht zum x-ten Mal wiederholt werden, was ohnehin schon hinreichend bekannt ist, bleibt geboten, davon wenigstens hier im FR-Blog eine Ausnahme zu machen. Ansonsten steht zu befürchten, dass die Frage einer kopftuchtragenden Muslima für fremde Zwecke instrumentalisiert wird.
@ Anne Rumpf
Wenn das Kopftuch nur ein harmloses religiöses Symbol wäre, wie Sie schreiben, dann könnte man es in der Tat hinnehmen. Aber es ist halt viel mehr, allein schon, dass der Kopf der Frau als Tabu- und Schamzone definiert wird erscheint mir problematisch. Lesen Sie doch bitte den von mir verlinkten Artikel von Seyran Ates.
@Ralf Rath 11.03. 13:55h,
hallo Herr Rath, dass jemand Ihre Einlassungen als Müll bezeichnete, habe ich
noch nicht registrieren können. Es ist allerdings so, dass dem was Sie
schreiben, nicht immer leicht zu folgen ist. Mir geht es jedenfalls so.
Liegt das nun am fehlenden Intellekt des Lesenden?
Die Kommentare hier lese und schreibe ich auf einem iPad. Leider habe ich
nur in diesem thread das merkwürdige Phänomen, dass der Zeilenumbruch
außerhalb des angezeigten Bildschirmteils stattfindet (kam auch in der Vergangenheit schon vor), das heißt, von jeder Zeile fehlen die weiter rechts stehenden Wörter. Ebenfalls merkwürdig ist, dass in den ersten Tagen dieses threads der Text der Kommentare komlett abgebildet war.
Versuche dennoch die Kommentare zu verfolgen.
Herr Engelmann,
Bitte verbinden Sie Gewalttaten einzelner „Muslime“ nicht mit dem Islam. Muslime die Gewalt anwenden gegenüber unschuldige Menschen folgen ihren niederen Trieben. Der Islam untersagt es einem Muslimen unbegründet Gewalt anzuwenden.
@Manfred Schmidt
Auf Ihre Frage kann ich selbst beim besten Willen nicht antworten, weil sie nicht offen ist. Insofern bleiben mir die Hände bis auf weiteres gebunden. Ich hoffe, mich Ihnen gegenüber nicht zu unverständlich ausgedrückt zu haben.
@Anne Rumpf
Es ist richtig, dass die „Kopftuchgegenstimmen“, mich eingeschlossen, den Drang aufweisen, Frauen die dieses religiöse Symbol tragen, von ihrer Ansicht, es besser abzulegen, zu überzeugen suchen.
Frau Seyran Ates als sog. Insiderin zeigt besser als jeder andere das auf, wofür das Kopftuch auch steht.
Der Drang, der Zwang, die Selbstverständlichkeit fängt jedoch schon mit der Geburt an. Der Automatismus die Religion unserer Eltern zu leben, ohne in jungen Jahren eine Wahl zu haben, ohne überhaupt den Gedanken daran eine Öffnung zu lassen, Wahlmöglichkeiten überhaupt anzubieten und in späteren Jahren in sehr religiösen Familien fürchten zu müssen, wenn die eigene Wahl auf eine andere oder keine Religion fällt, aus der Familie ausgeschlossen zu werden, weil es innerhalb der Familie und Religion keine Toleranz und nicht wirklich eine Wahl gibt. Welche Alternative ist das denn?
Was ich mir wünsche ist, dass jeder Mensch das Recht erhält, ohne Repressalien seitens der Familie und der Religionsgemeinschaft seine Glaubensform oder keine zu wählen. Das jeder Frau und jedem Mann diese Freiheit zugestanden wird. Dass der Glaube der Eltern nicht mehr alternativlos ist.
@Omar Anwar 11.03. 19:47
„Der Islam untersagt es einem Muslim unbegründet Gewalt anzuwenden“ so zitiere ich Sie. Nun, Gewalt üben auch Nichtmuslime aus. Das Problem ist aber, dass sich die Gewalt in unterschiedlichsten Formen ausübenden Muslime in allen Fällen auf den Gott des Islams berufen. Wie sonst ist das dann jeweils gebrauchte Allahu Akbar zu bewerten. Wer oder was hat Schuld, dass die friedliebende Religion Islam es nicht schafft, diese Exzesse einiger (viel zu vieler) seiner Mitglieder zu verhindern. Die Aussage, „das hat mit dem Islam nichts zu tun“ hören wir regelmäßig bei entsprechenden traurigen Anlässen. Der Vorsitzende des ZMD, Herr Mazyek scheint so gut wie keine andere Stellungnahme zu kennen.
Das Tragische und Traurige ist dabei, dass nichtsahnende und unschuldige Menschen zu Opfern werden.
Wenn wir nun wissen, dass es mit dem Islam nichts zu tun hat, stellt sich dann aber die Frage „womit hat es dann zu tun?“.
Haben Sie sich die Frage ebenfalls schon gestellt?
Worin liegt der Grund ihrer „niederen Triebe?“
Herr Mertens,
es ging lediglich um das Kopftuch. Leider haben Sie – bitte entschuldigen Sie – noch Ihre Unwissenheit über den Islam zum Ausdruck gebracht. Dem Propheten Muhammad (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm trieb nicht sein eigener Wille dazu die verschiedenen Gottheiten im damaligen Arabien in einem einzigen Gott zu vereinen. Dies wird deutlich an dem ersten Vers der den Beginn von 113. Suren einleitet. Dieser Vers lautet „Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen“. Der Prophet Muhammad (Friede und Segnungen Allahs seien auf ihm) spricht nicht aus eigener Begierde. (Es gibt 114 Suren. Die Sure Nr. 9 enthält den erwähnten Vers nicht).
Bitte erklären Sie mir welche negativen Traditionen der Islam aufgesaugt hat? Mir ist keine bekannt. Dies kann nur die Meinung von jemanden sein der den Islam überhaupt nicht kennt. Leider kennen erschreckendviele Muslime die wunderbare Lehre des Islams nicht, die den Muslimen zu Toleranz und Nächstenliebe gegenüber seinen Mitmenschen auffordert. Dabei spielt der Glaube, Herkunft, Aussehen etc. dieser Menschen keine Rolle.
Es steht einem Muslimen nicht zu die Geschöpfe Gottes zu verletzen. Sei es durch Wort oder Tat. Dies macht der 2. Vers der ersten Sure Al-Fatiha deutlich in dem es heißt „Aller Preis gebührt Allah dem Herrn Welten“. Der islamische Gott der nicht verschieden vom jüdischen und christlichen Gott ist, ist der Herr aller Menschen ob diese an ihn glauben oder nicht. Ein Muslim wird von Gott aufgefordert achtsam und liebevoll mit den Geschöpfen Gottes umzugehen.
Der Heilige Koran ist das unveränderliche Wort Gottes. Wir Muslime glauben daran, dass kein einziger Buchstabe verändert noch hinzugefügt werden kann bis zum Tage des jüngsten Gerichts. Daran werde ich als Muslim festhalten.
Sie sprechen von Versöhnung mit Gott. Wie kommen Sie da drauf? Ist Gott sauer auf Muslime?
Der offizielle Islam wie Sie ihn nennen – und das schreibe ich nochmal – legitimiert die islamistisch motivierten Attentate in keinster Weise. Das man Islam und Attentat zusammensetzt finde ich schon sehr verstörend als Muslim. Das sind von Geisteskrankheit motivierte Attenate und haben nichts mit dem Islam zu tun.
Nicht der Islam muss den Weg zum Menschen finden, der Mensch muss zu ihm finden. Das Christentum hat keine Aufklärung durchlaufen. Der Mensch hat sich aufgeklärt. Genauso wenig braucht der Islam eine Aufklärung. Der Mensch braucht sie. Mehr denn je in der heutigen Zeit.
Zum Kopftuch – dem eigentlichen Thema – schreibe ich sobald ich Zeit finde.
Einen schönen Abend noch.
@Werner Engelmann
In Bezug auf die Episode die Sie erzählten, warum ist der Weg den der Papst auch hätte wählen können, sich für das verursachte Leid von ganzem Herzen zu entschuldigen, so ungangbar? Sowohl für ihn, als auch im Namen der Religion?
Es kann ja wohl nicht die Unfehlbarkeit sein. Das Gegenteil ist offensichtlich.
Die Begründung, den Indios wurde ja der katholische Glaube geschenkt, heißt für diese auch noch die andere Wange hinzuhalten.
Religionen scheinen in ihrem „Missionierungseifer“ vor allem unter dem Gesichtspunkt, unser Glaube ist der einzig wahre, wohl häufig auch Leid und Blutvergießen in Kauf genommen zu haben.
Wie kann man das bezeichnen? Blind, vom Glauben besessen unter Missachtung der eigenen Glaubenssätze?
@Matthias Aupperle:
Für Sie ist das Kopftuch kein „harmloses religiöses Symbol“. Das kann man so sehen.
Wenn wir es verbieten, verschwinden damit dann auch automatisch die Probleme? Wird das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen, Religionen, Ethnien und sozialen Gruppen dann besser, harmonischer, von mehr Empathie und Rücksicht geprägt? Wird die Stellung der Frau anders wahrgenommen?
Wenn nicht – wozu dann der Aufstand?
Lieber Herr Rath, mein Schweigen hat nichts mit Missachtung zu tun, sondern ist Ausdruck meiner Ratlosigkeit. Ich weiß einfach nicht, was ich Ihnen antworten soll. Ich vermute, ich bin zu dumm.
@Anna Hartl: Frau Ates hat ein sehr emotionales Statement übers Kopftuch geschrieben, ich kann es voll und ganz nachvollziehen. Dennoch bin ich der Meinung, dass es muslimische Frauen gibt, die das anders sehen, ohne unterdrückt zu sein.
@Anne Rumpf
Ich bin nicht für ein Kopftuchverbot. Teile Ihre Meinung, dass damit die Probleme nicht automatisch verschwinden. Auch Ihre Ansicht, dass es muslimische Frauen gibt, die das anders sehen, ohne unterdrückt zu sein, teile ich.
Die Stellung der Frau wird allerdings ohne Kopftuch anders wahrgenommen.
Mir ist der Gegensatz zwischen weiblich und männlich zu krass. Die Art wie ein muslimischer Mann sich „bewegen“ darf und die Eingeschränktheit der Frau in diesem Glauben ist mir too much.
(…)
Ich stelle jetzt mal einen Teil meiner Gefühlslage, „das Kopftuch“ betreffend vor:
Hin und wieder bin ich für einige Tage in London. Dort trifft man auf die
unterschiedlichsten Menschen und eine ethnische Vielfalt in Untergrundbahn
und auf den Straßen. Auffallend ist, dass viele junge -offensichtlich
muslimische- Frauen im Straßenbild Kopftuch tragen, allerdings wie ein
modisches Accessoir, was den Stil des Tuchs betrifft als auch wie es den Kopf
einfasst, nämlich locker und auch Haare zeigend, der Eindruck vermittelt
„westlich“. So machen es inzwischen auch viele Frauen im Iran, ich nehme es
wahr als sie wollen „ein Zeichen setzen“.
Man sieht aber auch die Anderen, bei denen die Kleidung eine einzige
Verhüllung ist, bestenfalls Augen, Nase und Mund freilassend. Warum empfinde ich das Erscheinungsbild der Letzteren fast wie eine Herausforderung die mir entgegengehalten wird? Warum empfinde ich diese bei den anderen Frauen jedoch nicht? Weil ich dabei „europäischer, aufgeklärter Islam“ assoziiere, der mir keine Probleme macht?
Ist das Psychologie? Ist es so, weil bei „den Anderen“ auf bestimmte Art und Weise eine Abgrenzung ausgedrückt werden soll, eine einzige Anklage, was
„unseren“ westlichen Lebensstil betrifft?
Ich verstehe, dass Menschen reisen und ihre Kleidung dann auch in anderen Weltgegenden tragen, kein Problem.
Wenn die vielen schwarzgekleideten verhüllten Damen in z.B. München
die Läden der Maximilianstraße -ich bin auch oft in München- beehren um ihre Dollars in diesen Läden zu lassen, dann ist das kein Problem, sie sind
Touristinnen und tragen, was bei ihnen zuhause üblich ist.
Das Gleiche gilt für Menschen die z.B. traditionelle Kleidung
schwarzafrikanischer Länder tragen, ebenfalls kein Problem.
Und es stellt deshalb kein Problem dar, weil meines Erachtens keine Botschaft
mit dieser Kleidung transportiert wird, sondern bestenfalls als interessante
bunte Tupfer wahrgenommen wird.
Dies auch an Frau Anne Rumpf gerichtet, als einen kurzen Hinweis auf Ihren
Beitrag vom 10.03. 9:54h.
http://frblog.de/kopftuch-4/#comment-50326
(…)
Passage gelöscht, da nicht zum Thema. Gruß, Bronski
@ Omar Anwar
Wohleislich zitieren Sie die Stellen des Korans, die die Gläubigen zu einem friedlichen Miteinander mit anderen Menschen aufrufen. Sie kennen ihr heiliges Buch aber gut genug, um auch die Suren, nämlich die in Medina entstandenen, zu kennen, die direkt zu Gewalt aufrufen. Wenn diese Handlunganweisungen, (z. B. der sogenannte Schwertvers) genauso wie die von Ihnen zitierten Textstellen des Korans das unveränderliche Wort Gottes sind, haben Sie ein Problem. Dann brauchen Sie nämlich spitzfindige Religionsgelehrte, die diese aggressiven Textstellen weginterpretieren, um das Bild des friedlichern Islams aufrechtzuerhalten. Da es, ebenso wie im Christentum, auch unter dem Oberbegriff „Islam“ die unterschiedlichsten Strömungen gibt, gibt es auch sehr unterschiedliche Interpretationen des Korans. Wer entscheidet, welche die richtige ist? Und wer hindert die Dschihadistn daran, die medinensischen Suren wörtlich zu nehmen, wenn sie doch, wie Sie selbst es bestätigen, das Wort Gottes sind?
Omar Anwar, 11. April 2018 um 21:48
„Der Heilige Koran ist das unveränderliche Wort Gottes. Wir Muslime glauben daran, dass kein einziger Buchstabe verändert noch hinzugefügt werden kann bis zum Tage des jüngsten Gerichts. Daran werde ich als Muslim festhalten. (…) Nicht der Islam muss den Weg zum Menschen finden, der Mensch muss zu ihm finden.“
Sie dürfen hier Ihre Überzeugung sicherlich äußern, müssen sich dann aber auch gefallen lassen, schlicht als Dogmatiker eingeschätzt zu werden, der nicht bereit ist, sich mit drängenden Problemen der Realität auseinanderzusetzen. Der vor allem leugnen will, dass das, was Sie „das unveränderliche Wort Gottes“ nennen, immer schon von Menschen interpretiert wurde, die unter historisch sich verändernden Bedingungen leben und dies dementsprechend unterschiedlich wahrnehmen und interpretieren.
Zu dem letzten zitierten Satz ein ganz klares „Nein!“
Solchen Dogmatismus, der Geschichte leugnet, hat es auch im Christentum gegeben und gibt es zum Teil noch (so bei den Pius-Brüdern), doch das sind heute eher Randerscheinungen. Die meisten (das können Sie hier sehen) setzen sich sehr wohl kritisch mit ihrem eigenen Glauben bzw. dessen Herkunft auseinander.
Was ich bei Ihnen in keiner Weise erkennen kann.
„Das man Islam und Attentat zusammensetzt finde ich schon sehr verstörend als Muslim.“ –
Da sind Sie nicht alleine, und das kann ich auch verstehen.
Als einer, der vom „friedlichen Islam“ überzeugt ist, haben Sie aber – schon um der eigenen Glaubwürdigkeit willen -auch die Verpflichtung, sich mit denen auseinanderzusetzen, die Ihren Glauben mit Füßen treten.
Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, dass die meisten Opfer von diesen auch Muslime sind.
Natürlich kann man Islamisten auch als „Geisteskranke“ bezeichnen. Sonst wären sie auch nicht zu so perversen Mordtaten bereit. Doch man verharmlost ihre Taten, wenn man nicht bereit ist, sich zugleich der Frage zu stellen, wie diese „Geisteskranken“ in der islamisch geprägten Community faktisch eine Art „Deutungshoheit“ gewinnen konnten, warum sie in dieser sogar (wie etwa die Wahlen zum türkischen Referendum und Vorgänge in türkischstämmigen Community zeigen) sogar erhebliche Unterstützung erfahren. Und ebenso der Frage, was dies mit religiösen Einstellungen zu tun hat.
Bloße Koranexegese (insbesondere selektive, wie Frau Ernst richtig anmerkt) mutet hilflos an, zieht – zu Recht – den Vorwurf der Verschleierung nach sich, solange diese Wirklichkeit verdrängt wird.
Und sie wird auch nichts ändern, solange „der Islam“ nicht breit ist, zu den Menschen zu finden – und das heißt vor allem: zu Menschen anderen Glaubens, anderer Überzeugungen.
Ein praktisches Beispiel:
In dem von mir gegründeten Flüchtlingstheater sind etwa die Hälfte Moslems (vorwiegend Afghanen und Iraner). Der Kontakt von diesen untereinander war sehr problematisch. Insbesondere, da einer der Iraner zum Christentum konvertierte und deshalb von fast allen anderen gemieden wurde.
Sie können sich denken, welcher Kraftanstrengung meinerseits es bedurfte, zu vermitteln und vor allem durchzusetzen, dass zu den Grundprinzipien des Theaters gehört, dass jeder jeden respektiert und mit jedem zu spielen bereit ist.
Und sie haben schließlich alle zusammen auf der Bühne gestanden. Weil die Realität stark genug war, die einzelnen „Glaubensüberzeugungen“ zu relativieren und in ihre Schranken zu verweisen.
Was in unserem Gemeinwesen an oberster Stelle zu stehen hat, ist eben nicht der jeweilige Gaube, sondern die gegenseitige Toleranz im Sinne des Grundgesetzes.
Was Sie persönlich glauben, ist Ihre Privatangelegenheit. Wie Sie mit anderen umgehen, ob Sie andere Menschen – vor allem anderen Glaubens und anderen Überzeugungen – respektieren, aber nicht. Ob Sie bereit sind, sich mit Menschen aktiv auseinanderzusetzen, die Ihren Glauben mit Füßen treten, auch nicht.
Entscheidend ist nicht das Glauben, sondern das Tun.
Ich darf Sie im Übrigen an die berechtigten Fragen von Manfred Schmidt (11. April 2018 um 21:06) erinnern, an die ich mich anschließe.
Ich kapiere auf einmal, warum mich, den Atheisten, ein Sikh-Turban, eine Kippa oder auch das Kopftuch einer Nonne überhaupt nicht berühren, das Kopftuch einer Muslima aber schon.
Der Bericht von Anna Hartl über ihre Theateraufführung „Das Gold von Caxamalca“ macht es mir klar: Hätten die Spanier das Inkareich nicht im Handstreich erobert und den Monarchen Atahualpa nicht heimtückisch erpressen und ermorden können, sondern sich, militärisch weniger erfolgreich, aber gewalttätig und räuberisch, wie sie waren, dort nur angesiedelt, die Inkas hätten im Kreuz sicher ein Symbol jener Gewalttätigkeit gesehen. Leider hatten sie aus Mangel an militärischer Macht wie andere von Europäern kolonisierte Völker wohl kaum Gelegenheit zu solcher Debatte, wie sie hier geführt wird. Wer aber hätte ihnen verdenken wollen, dass sie das Kreuz, wo es ihnen möglich gewesen wäre, verboten hätten?
Diesem Verbot wäre (von gelehrten spanischen Prälaten) selbstverständlich der friedfertige Charakter des Christentums, mit Zitaten aus den Evangelien wortreich untermauert, entgegengehalten worden. Pech halt, dass Pizarro und seine Kumpane das falsch interpretiert haben, sprich, dass es ihnen scheissegal war.
Ob wir nun genau studiert haben oder es [auf Stammtischniveau :-(] nur ahnen, die medinesischen Verse des Koran sind virulent, und die friedfertigen Teile des Islams waren den Kämpfern des IS, deren Gebaren dem des Pizarro durchaus vergleichbar ist, offenbar gerade so gleichgültig.
Solange Islamisten zur Reise nach Syrien, zum Kampf gegen Ungläubige aufrufen, ersatzweise zu wahllosen Selbstmordattentaten gegen Wehrlose, solange Zweifler in Saudi-Arabien ausgepeitscht und eingesperrt werden, Schwule im Iran an Kränen aufgehängt werden, ist unsere Skepsis und selbst Ablehnung des Kopftuchs eine recht milde Reaktion. Sikhs, Juden und heutzutage Christen machen so etwas nirgends auf der Welt, wenn auch CSU, FPÖ und AfD Anwandlungen haben, dass man ihnen ihr Kreuz, so sie es vor sich hertragen, um die Ohren hauen möchte.
Ein Verbot des Kopftuchtragens für der Neutralität verpflichtete Staatsangestellte, aber auch für Schulkinder, bevor sie religionsmündig sind, scheint mir im Namen aller von islamisch verbrämter Gräul Betroffenen daher vollkommen angemessen. Auch wenn ich der einzelnen Gläubigen ihre Lauterkeit gerne unterstelle, ist ihre Verwunderung darüber Realitäts- und teilweise auch Diskussionsverweigerung.
Eine Nebenbemerkung @ Anne Rumpf: Wörter wie „Stammtischniveau“ und „theologisches Halbwissen“ schieben die Diskussion auf eine Metaebene: sie teilen ein und kräftig aus und erheben ohne Argument in der Sache (deshalb ziemlich nervend) über die so Angegriffenen, die sich kaum verteidigen können. Ich versuch’s trotzdem: habe vor Jahren einen buchstäblichen Provinzstammtisch besucht und kann nur sagen, dass neben Sarkasmus und fröhlichen Witzen die TeilnehmerInnen verschiedenster Richtung, manchmal hitzig, immer ums gute und bessere Argument bemüht waren.
Was, wenn unter dem Kopftuch eine Antisemitin den ihr dadurch nicht gebührenden Schutz sucht, wie der syrisch-deutsche Politikwissenschaftler Bassam Tibi im Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung am Donnerstag der vergangenen Woche zu bedenken gibt („Der deutsche Staat kapituliert vor dem Islam“). Immerhin fand gestern in Auschwitz der Marsch der Überlebenden statt. Angesichts dessen muss schon die Frage erlaubt sein, ob daraus auch Muslime die richtigen Lehren ziehen, die im heutigen Deutschland verantwortlich handeln möchten. Die vom Glauben völlig unabhängige Universalität des Sozialen verbietet jedenfalls einen Rückzug auf eine bloß theologische Auseinandersetzung. Mit inzwischen auch in jüngster Vergangenheit in Berlin auf der Straße zu hörenden Parolen wie „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“ werden Grenzen offenbar vorsätzlich überschritten, welche dem Menschen von Natur aus gesetzt sind. Dass das kein heroischer Akt der Befreiung ist, sondern schlicht Barbarei, könnte augenfälliger nicht sein.
@Jan Prediger
Werner Engelmann hat über die Theateraufführung berichtet.
Habe eben den Artikel in der fr gelesen über den jungen Mann aus Pakistan der während eines Polizeiverhöres aus dem Fenster sprang. Er gehört den Christen an und wurde wegen „Blasphemie“ verhaftet.
Ihren Ausführungen über Taten im Namen Allahs ist traurigerweise wohl immer noch etwas hinzuzufügen.
Wer hart aber fair gesehen hat, mag sich wie ich darüber gewundert haben, dass sich Enissa Armani darüber beklagt hat, dass „Attentäter“ ohne Migrationshintergrund als psychisch krank bezeichnet werden, bei Muslimen aber immer der Islam herhalten muss. Diese wären doch auch psychisch krank. Die schiere Anzahl der IS-Kaempfer lässt mich an dieser Diagnose zweifeln.
Mal davon abgesehen, dass der Koran, wie ich hier gelesen habe, nicht nur Passagen über Barmherzigkeit etc. enthält.
Attentäter und der IS berufen sich auf den Islam.
Gewalt und Verbrechen wider die Menschlichkeit scheint „eng mit Religionen“ verwandt zu sein und ich dachte immer, die Religion soll „bessere“ Menschen aus uns machen.
Anhand der Geschichte lässt sich durchaus das Gegenteil behaupten.
@ Jan Prediger, 12. April 2018 um 21:24
„Ich kapiere auf einmal, warum mich, den Atheisten, ein Sikh-Turban, eine Kippa oder auch das Kopftuch einer Nonne überhaupt nicht berühren, das Kopftuch einer Muslima aber schon.“
Ein sehr interessanter Bezug, den Sie zu Wassermanns „Gold von Caxamalca“ und zur Eroberung des Inkareichs anstellen.
Zunächst zum Sinn der Dramatisierung (vor allem, wenn Schüler am Text mitschreiben): Dies zwingt dazu, Fremdes, das wir gewöhnlich nur von außen wahrnehmen (hier die überfallenen Inkas und Atahuallpa), aus der Innenperspektive zu betrachten und so einen ganz neuen Bezug zu ihm zu gewinnen. Insofern ein wichtiges Verfahren bei der Erziehung zu Toleranz.
Dass diese Methode auch für die Integration muslimischer Flüchtlinge anwendbar ist, zeigte sich auch bei unserer neulichen Aufführung des Stücks „Der kleine Prinz klopft an unsere Türen“ nach Saint-Exupéry als Flüchtlingstheater: Die humanistische Botschaft „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, ihr Einbezug in ein gemeinsames Projekt und die Rückkopplung mit einem begeisterten Publikum verfehlten nicht ihre Wirkung und halfen, ideologische Barrieren zu überwinden.
(Näheres auf meiner Website ).
Zu Ihrem Vergleich:
Ich meine schon auch, dass kritische Reflexion eigenen Glaubens, selbst so lange zurückliegender Ereignisse wie die Eroberung des Inkareichs resp. Völkermord an Indios im Namen des „Glaubens“ hierzulande inzwischen annähernd die Regel ist.
Ihr interessanter Vergleich mit friedfertigen bzw. aggressiven Tendenzen im Islam heute veranschaulicht, mit zeitlicher Verschiebung, durchaus vergleichbare Einstellungen.
Auf einen, wie mir scheint entscheidenden, Unterschied möchte ich dennoch verweisen:
Pizarro – und mit ihm dem spanischen König – ging es um Gold und Eroberung. Verbreitung des Christentums diente hierbei vorwiegend als Rechtfertigung für Goldgier und Eroberungslust vor sich selbst und nach außen. Von Realitätsverlust kann man hier kaum sprechen, wohl aber von Perversion der christlichen Botschaft.
Für den Islamismus heute sind solche materiellen Gelüste kaum nachweisbar. Wohl aber gibt es die schreckliche Aussage des IS: „Ihr liebt das Leben. Wir lieben den Tod.“
Dies ist mehr als „nur“ Realitätsverlust, es ist Lebens- und Menschenverachtung, wie man sie sich schlimmer kaum vorstellen kann.
Als Anzeichen für „Realitätsverlust“ wird man dagegen Versuche ansehen können, mittels selektiver Koranexegese („Islam heißt Liebe“) schreckliches Geschehen im Namen des Islam weg zu definieren.
Diese beiden Sachverhalte machen das Bestreben der Veränderung des Islam (z.B. Seyran Ates, Necla Kelek: „Euro-Islam“, „sexuelle Revolition“) noch um einiges komplizierter als die Auseinandersetzung mit historischen Verfehlungen des Christentums.
Ob da psychoanalytische Erklärungsmodelle wie „Todessehnsucht“ zur Erklärung für den IS ausreichen, bin ich mir nicht so sicher. Man wird wohl tiefer nach gesellschaftlichen Fehlentwicklungen des Spätkapitalismus, sicher aber auch anachronistischer „patriarchaler“ Verhältnisse graben müssen.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Deutung von Dalil Boubakeur, Rektor der „Grande Mosquée de Paris“. Er fordert, dass „die Muslime sich der europäischen Gesellschaft weiter öffnen“, wurde deshalb mehrfach von islamischen Extremisten mit dem Tode bedroht und unter Personenschutz gestellt.
Boubakeur deutet Denk- und Verhaltensweisen von Islamisten als psychologische Regression in ein frühkindliches Stadium, Folge starrer Erziehung nach patriarchalen Vorstellungen. Dem entspräche bei Eriksons Entwicklungsmodell die Phase des Schamgefühls (2. bis 3. Lebensjahr):
„Die weitgehende oder permanente Einschränkung der explorativen Verhaltensweisen des Kindes führt dazu, dass es seine Bedürfnisse und Wünsche als schmutzig und nicht akzeptabel wahrnimmt. Was sich somit beim Kind etabliert, ist schließlich Scham und der Zweifel an der Richtigkeit der eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Fixierungen ergeben sich durch strenge Erziehung und zeigen sich in zwanghaften Charakterzügen.“
(Wikipedia: Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung)
Zumindest die pervertierende Sexualisierung des Frauenbilds, die zwanghafte Unterwerfung unter patriarchale Gebote der „Umma“ sind hier angesprochen.
Mir erscheint der Zusammenhang zu patriarchalen Vorstellungen bei der Herausbildung fundamentalistischer religiöser Vorstellungen primär, die Fixierung auf religiöse „Gebote“ eher sekundär im Sinne der Verhinderung weiterer Entwicklung (z.B. Leugnung historischer Entwicklung).
Dementsprechend sollte man sich in der Diskussion von der einseitigen Fixierung auf religiöse Vorstellungen lösen, welche rechtsradikaler Propaganda und „Islamisierungs“-Ängsten entgegenkommen.
Ergänzung zu meinem letzten Beitrag:
Da der Bezug zu meiner Website irgendwie verschwunden ist, hier nochmal der Link: https://www.fluechtlingstheater-kleiner-prinz.de/
@ Jan Prediger
Der Unterschied zwischen der Kippa oder der Kopfbedeckung einer Nonne und dem muslimischen Kopftuch besteht meiner Ansicht nach darin, dass es sich bei letzterem eben nicht nur um ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft handelt, sondern dass hier eine von uns modernen Demokraten abgelehnte Unterordnung der Frau unter den Mann mittransportiert wird.
Die Ordensschwester entscheidet sich individuell dafür, sexuell enthaltsam zu Leben, weil sie nur Gott angehören will (Braut Christi). Sie unterwirft sich damit keinem realen Mann.
Die Kopftuch tragende Muslimin zeigt, wie Frau Ahmed erklärt, zwar auch Ihre Unterordnung unter das göttliche Wesen, gleichzeitig aber auch unter ihren Vater, Bruder oder Ehemann. Nur diese dürfen sie anschauen, andere Männer nicht.
@ Anna Hartl
Gestern las ich, ich weiß leider nicht mehr, wo, eine interessante Definition von Terrorismus im Gegensatz zu der Tat eines einzelnen Geistesgestörten.
Der Terrorist handelt im Namen einer Religion oder Ideologie, deren Ideen von einer größeren Gruppe von Menschen geteilt werden. Der geistesgestörte Einzeltäter handelt nach individuellen Wahnvorstellungen, wie z.B. der Pilot von German Wings oder der Täter von Münster.
Deshalb ist der Vorwurf seitens einiger Muslime, es werde mit zweierlei Maß gemessen, unangebracht.
@ Werner Engelmann: Bitte entschuldigen Sie, dass ich die Erwähnung des Theaterstücks über die Eroberung des Inkareiches nach der Lektüre sämtlicher Kommentare nicht Ihnen zugeordnet habe.
Ich bin, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen, der Ansicht, dass es keinen „entscheidenden“, sondern nur graduelle Unterschiede zwischen Konquistadoren und IS-Kämpfern gibt. „Goldgier“ (Ihr Begriff) motivierte am Klondike die individuelle Suche nach Reichtum, um sich später jeden Luxus einschließlich schöner Frauen leisten zu können. Goldgier bei Pizarro dagegen äußert sich im kollektiven Raub von Kunstschätzen, der nicht nur von der Hoffnung auf späteren Luxus angetrieben ist, sondern vom Fühlen unmittelbarer Herrschaft über Leben und Tod unterworfener Menschen, meist einschließlich der Frauen und zwar sofort. Und was, frage ich Sie, wäre „Eroberungslust“? Ich bitte um genaue Begriffsbestimmung einer Kategorie, die mir bisher so nicht bekannt ist. Ich meine aber, (darin) bei Pizarro genau das gleiche zu erkennen wie beim IS: Herrschaft über Leben und Tod. Diese Herrschaft beschreibt mir am klarsten Klaus Theweleit in „Das Lachen der Täter“ und „Männerphantasien“. Wir sehen dieses Lachen in dem bekannten Bild des jungen IS-Kämpfers mit der schwarzen Fahne. Es kommt zur Erfüllung im Prügeln, Stechen, im Bersten der Leiber, im Waten im Blut und in der Versklavung von Frauen. Wir finden es bei Pizarro, beim IS, mit Theweleit bei der Niederschlagung der Münchner Räterepublik, aber auch schon in den Eroberungsfeldzügen der Araber in der Folge Mohammeds, der mit seiner Religion auch dafür die geistige Grundlegung lieferte, genau so in den Kreuzzügen, die am Ziel Jerusalem angekommen, mehrmals in ungestraftes Morden und Waten im Blut ausarteten. Dieses ungestraft morden und drangsalieren Dürfen ist kennzeichnend für die SA und die SS, man denke an den Namen „Division Totenkopf“, die ebenso den Tod liebte wie der IS, allerdings in allen aufgezählten Fällen nicht den eigenen.
Der Koran schwelgt neben vielem anderem immer wieder in solchen ausgesucht sadistischen „Männerphantsien“, die der IS, nicht weniger die Hamas, in konkretes Erleben umzusetzen versuch(t)en. Ich fasse zusammen: “…denen siedendes Wasser zu trinken gegeben wird, das ihre Därme (in Stücke) reißt.” (Quran 47:15) “…Und wenn sie um Hilfe schreien, so wird ihnen mit Wasser gleich geschmolzenem Metall, das die Gesichter verbrennt, geholfen werden. Wie schrecklich ist der Trank, und wie schlimm ist die Raststätte!” (Quran 18:29) “…ihm steht die Hölle bevor, und er wird von Eiter getränkt werden; und er wird ihn hinunterschlucken und kaum daran Genuss finden. Und der Tod wird von allen Seiten zu ihm kommen, doch er wird nicht sterben. Und (zusätzlich) kommt hinterher noch eine strenge Strafe.” (Quran 14:16-17) “…siedendes Wasser und eine Trankmischung aus Blut und Eiter und anderes gleicher Art und Vielfalt.” (Quran 38:57) Zitate nach : http://www.way-to-allah.com/dokument/Eine_Beschreibung_der_Hoelle.pdf
Für die allermeisten Muslime ist das weit mehr Museum als Auftrag, der in die Tat umzusetzen wäre. Für sie gilt nicht nur jenes „mein ist die Rache, spricht der Herr“, es steht halt noch so da. Aber es ist virulent, es wird, von Interessierten aufgegriffen, schnell zur Realität, wie der Blick von Anna Hartl in die heutige FR zeigt.
Mir ist völlig egal, was genau ein Mensch mit einem religiösen Abzeichen an Inbrunst, Demut gegenüber Gott etc. ausdrücken möchte, solange die Religion seine Privatangelegenheit bleibt. Das Kopftuch aber ist nicht privat, auch wenn es von Frau Ahmed sehr ernsthaft so gemeint zu sein scheint. Anders als die Kippa steht es im Verdacht, Uniform des Terrors zu sein, so lange die Gewaltfrage nicht geklärt ist. Das ist, was ich Realitätsverlust seiner in der Regel zweifellos menschlich gesinnten Fürsprecherinnen nenne.
Zum Thema „sadistische Männerphantasien“:
Als ich Anfang der 70er Jahre meine Tätigkeit als Lehrerin aufnahm, glaubte ich an den Menschen, der von Natur aus gut sei und nur durch falsche Sozialisation zu Brutalität erzogen werde. Die Idee dahinter lautete: Frustration führt zu Aggression, und wenn einem Menschen von Kind an seine körperlichen und seelischen Grundbedürfnisse erfüllt würden, sei er vor der Entwicklung unmenschlicher Züge gefeit.
Diese Überzeugung ist mit zunehmendem Alter gewichen. Heute frage ich mich, ob es tatsächlich frustrierender Erfahrungen bedarf, um im Menschen (vorwiegend im jüngeren Mann) die Lust am Herrschen über andere, an Gräueltaten entstehen zu lassen, oder ob nicht vielmehr diese Lust unter einer dünnen Zivilisationsschicht bereits vorhanden ist und nur eines Auslösers, einer bestimmten Gruppensituation oder einer Religion/Ideologie bedarf, um ans Tageslicht zu gelangen.
Denn wie Sie, Herr Prediger, richtig feststellen, gibt es Gewaltphantasien in der gesamten Menschheitsgeschichte in allen Kulturen, vom alten Testament über den Koran, die genüsslich von christlichen Malern inszenierten Höllenvorstellungen bis hin zu heutigen Horror- und Splatterfilmen. Und wo immer sich jüngere Männer in größeren Gruppen zusammenfinden, besteht die Gefahr von Gewaltausbrüchen, sei es unter Corpsstudenten, in SS und SA oder unter Fußballhooligans, sei es unter rechts- und linksextremen Aktivisten oder in jeder Art von Kriegen. Ich fürchte, Religionen und Ideologien dienen hier lediglich als Rechtfertigungen, bereits vorhandenes Aggressionspotenzial in Aktionen umschlagen zu lassen. Deshalb finden, je nach historischer und gesellschaftlicher Situation, Menschen/Männer immer wieder Anlässe, die in ihnen angelegte „Sau rauszulassen“. Je frustrierter und autoritärer geprägt, umso stärker, aber auch in privilegierten Milieus zu finden und generell schwer einzuhegen. Das zeigen die nie endenden kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Welt, wo sich der Drang, Macht auf grausame Weise auszuüben, mit der Gier nach materiellen Gütern paart.
Man kann hoffen, diese zerstörerische Gundausstattung des Menschen durch eine liebevolle Erziehung zu Toleranz und Mitmenschlichkeit zu mildern, aber bisher haben sich die negativen Impulse immer wieder durchgesetzt.
Sich ungeschützt zu äußern, mag unvermeidbar sein, solange keine gesicherten Erkenntnisse gewonnen sind. Die Schlussfolgerung, dass „sich die negativen Impulse immer wieder durchgesetzt (haben)“ (Ernst), steht jedoch nicht in Einklang mit längst unabweisbar auf dem Tisch liegenden Befunden, die von einer nicht-determinierten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprechen. Vor allem heute am Tag des „March for Science“ sollte deshalb auch hier im FR-Blog davon Abstand genommen werden, die Errungenschaften der Wissenschaft beliebig zu relativieren. Ansonsten verliert sich die Debatte insbesondere zur Frage des Tragens eines Kopftuchs aus Liebe zu Gott als dem Schöpfer der Welt geradewegs im Nichts.
@ Ralf Rath
Mir ist nicht bekannt, dass die Frage, ob der Mensch von Natur aus gut sei oder nicht und wie hoch seine natürliche Tendenz zu Grausamkeit einzuschätzen ist, von der Wissenschaft endgültig geklärt wäre.
@Brigitte Ernst
Menschliches Handeln kennt keine Unmittelbarkeit. Spätestens mit dem Erscheinen von Sigmund Freuds „Die Traumdeutung“ gilt diese Erkenntnis als nicht mehr widerlegbar. Manche Schlaumaier insbesondere auf Wikipedia sehen darin zwar einen Beleg für dessen Pseudowissenschaftlichkeit. Nähme man den dort veröffentlichten Unfug aber ernst, müssten auch die Vertreter des heliozentrischen Weltbilds sich den Vorwurf gefalllen lassen, unwissenschaftlich zu sein; was keiner bei Trost vertritt. Stets sind also sämtliche Lebensäußerungen gesellschaftlich vermittelt; wobei die Vermittlung dementsprechend universal geschieht. Schon für Immanuel Kant ist daher gleich welche Bösartigkeit „unbegreiflich“ (siehe: Die Religion innerhalb den Grenzen der bloßen Vernunft, S. 54: Reclam), weil sich in ihr eine mit dem Verstand nicht mehr fassbare Einfalt angesichts solcher Verhältnisse zeigt. Es geht demnach nicht um einen Entscheid, ob der Mensch von Natur aus gut ist oder nicht, sondern schlicht darum, aufzuzeigen, dass jedweder Versuch der Rebarbarisierung niemals von Erfolg gekrönt sein wird und lediglich wertvollste Ressourcen unwiederbringlich verschleudert.
@ Ralf Rath
Ralf Raths Schreibe kennt keine Verständlichkeit. Spätestens mit dem Erscheinen von Sigmund Freuds „Die Traumdeutung“ gilt diese Erkenntnis als nicht mehr widerlegbar. Mancher Schlaumeyer auf Wikipedia erkennt zwar Belege für dessen Pseudowissenschaftlichkeit. Nähme man diesen Unfug aber ernst, müssten auch die Vertreter des heliozentrischen Weltbilds sich den Vorwurf gefalllen lassen, unwissenschaftlich zu sein, worauf ja sonst gewiss gar niemand käme. Stets sind sämtliche Lebensäußerungen gesellschaftlich vermittelt, wobei die Vermittlung in universal verständlicher Sprache geschieht, beispielsweise als Furz. Schon für Emanuel Brandt ist daher Bösartigkeit „unbegreiflich“ (siehe: Der Furz innerhalb der Grenzen der barentblößten Vernunft, Seite 555.476, Reclam von 1467), weil sich in ihr eine mit dem Verstand nicht mehr fassbare Einfalt angesichts solcher Geruchsereignisse zeige. Es geht demnach nicht um einen Entscheidung darüber, ob der Mensch von Natur aus innerlich verfault oder nicht, sondern schlicht darum aufzuzeigen, dass kein Versuch der Geruchskontrolle jemals von Erfolg gekrönt sein wird, sondern nur meine Zeit verschleudert.
Helau, happy Furz!
@ Jan Prediger, 13. April 2018 um 22:24
„Herrschaft über Leben und Tod.“
Einverstanden mit dieser gemeinsamen Kennzeichnung von Konquistadoren und IS-Kämpfern, freilich mit recht unterschiedlichen Ausprägungen. Das aber scheint mir nicht sehr bedeutsam.
Wichtiger wohl die Frage, ob es für Islamismus, mit der Zuspitzung von IS, überhaupt einen historischen Vergleich gibt. Zwar war auch bei Nazis Bereitschaft zu Selbstaufopferung angelegt. Goebbels (und auch Hitler) waren noch im Bunker davon überzeugt, für den „Ruhm der Nachwelt“ lohne es sich, „tapfer“ zu sein. Und sie meinten dabei wohl den Holocaust.
Selbstaufopferung mit dem Zweck, möglichst viele zu töten, gab es meines Wissens (in sehr viel eingeschränkterem Maß) sonst nur bei japanischen Kamikaze-Kämpfern.
Das Dokument „way-to-allah“ habe ich gelesen, doch nicht bis zu Ende. So viel Perversionen möchte ich mir nicht antun. Freilich haben es christliche Höllendarstellungen im Mittelalter – sogar auf gotischen Kathedralen, etwa in Freiburg – auch in sich. Und religiöse Angsterziehung habe ich als Kind auch noch kennen gelernt.
Gegen die Reduzierung auf die religiöse Schiene wehre ich mich auch noch aus einem anderen Grund. Denn das kommt rechtsradikalem Schüren von „Islamisierungs“-Ängsten entgegen.
Meines Erachtens kann man Islamismus nur im Kontext eines ganzen Bündels von maßgebenden Faktoren angemessen betrachten:
(1) Patriarchalische Strukturen (bedarf hier keiner Erörterung)
(2) Sexualwahn (Bild des Mannes, der seine Triebe „per se“ nicht beherrschen kann) und Sexualunterdrückung (Frauenbild)
(3) Geschichtsverleugnung und ahistorisch-dogmatische Koranexegese
(4) Politischer Islam als Festigung von Herrschaftsstrukturen
(5) Globalisierungsängste und Minderwertigkeitskomplexe
(6) Virulente Aggressivität und Feindbilder (westliche Demokratien, „Ungläubige“)
(7) Realitätsflucht und Todessehnsucht (ob hierzu der Freudsche „Todestrieb“ zum Verständnis ausreicht, ist aber zu bezweifeln).
Auf der Suche nach historischen Vergleichsmomenten habe ich bei der Geschichte der
Hexenverfolgung die größten Annäherungen gefunden.
Zwar gibt es schon frühchristlicher Zeit, sehr deutlich bei Thomas von Aquin (†1274) Hinweie auf Verknüpfung von Zauberei und Dämonologie im sogenannten „Teufelspakt“.
Paradoxerweise liegt der Höhepunkt der Hexenverfolgung aber nicht im Mittelalter, sondern in der Phase des Umbruchs zur Neuzeit (zwischen 1550 und 1650).
Jolande Jacobi (Die Psychologie von C.G. Jung. Fischer, Frankfurt 1987) erklärt dies so, „dass die durch den Glauben an Götter und Dämonen fixierte seelische Energie während des Mittelalters nun infolge Aufklärung über deren Realitätscharakter keine Projektionsobjekte mehr besaß und sie daher kollektiv an Personen festmachte, die diesen Impulsen zuvor nicht in diesem archaischen Maße ausgesetzt waren.“
Wikipedia fasst dies so zusammen:
„Diese Bündelung von Krisenerscheinungen ging für viele mit einer massenhaften psychischen Erschütterung des Weltbildes und dem Verlust sicher geglaubter Wahrheiten einher und konnte sich bis zur Erwartung der nahen Apokalypse steigern. Die Suche nach Sündenböcken stellt in solchen existentiellen Notsituationen eine anthropologische Konstante dar. Hexenverfolgungen waren demnach Ausdruck weit verbreiteter Ängste und Massenhysterien, die sich oft als regelrechte Volksbewegungen und sogar gegen den Willen der staatlichen Obrigkeit und der Kirchen äußerten.“
Ich meine, dass sich hier einige Bezüge zu Islamismus und IS, aber auch zu rechtsradikalen Bewegungen heute herstellen lassen.
@ Stefan Briem
Wie pflegt Bronski gerne zu sagen? Bleiben Sie freundlich!
Ach, so ist das also!
Mein „Ach“ bezog sich natürlich auf die Retourkutsche von Stefan Briem an Ralf Rath.
Dieses Video, das ich empfehle anzusehen, geht gerade in den muslimischen Communities viral:
https://www.youtube.com/watch?v=cmQLWxnYedM
@Matthias Aupperle
Kann mir vorstellen, dass noch ganz andere „Beiträge“ kursieren.
Das Kopftuch aus Tradition ist die eine Aussage, das Gegenüber stellen von Professionellen und Sex in der Werbung, das andere. Womit wie viel Millionen Frauen ? die ein Leben ausserhalb dieser beiden Kategorien führen, einfach unter den Tisch fallen. Auesserst eingeschränkte Sichtweise und auch hier, der Glaube über alles.
Die direkte Konfrontation bzw. der direkte Austausch wird vermieden.
Die beiden Teilnehmer muslimischen Glaubens hier haben sich sehr schnell verabschiedet. Hinterfragen, nachfragen nicht erwünscht.
Als Austausch kann ich das nicht bezeichnen.
Was fange ich mit dem Minimalwissen an?
Sage ich danke, dann kann es mir auch egal sein, wie Menschen dieses Glaubens hier zurechtkommen und die evtl. Forderungen nach Integration, nach gleichen Chancen etc. können mir dann auch egal sein?
Transparenz und Diskussion sind nicht erwünscht und werden auch nicht gewährt!
Ergänzung zu dem Video „Aufruf“ von „Botschaft des Islam“, das Matthias Aupperle dankenswerter Weise verlinkt hat und man ich in der Tat ansehen sollte.
Dazu kursiert in muslimischen Communities auch eine Petition, die in 5 Tagen fast 35.000 Unterzeichner gefunden hat.
Der „Aufruf“ wurde in 3 Tagen über 19.000 mal aufgerufen, mit 2.500 Likes.
Erschreckend ist nicht nur dieser „Aufruf“ in Stil und Diktion von Salafistenpredigern, schlimmer noch erscheinen die Kommentare. Diese offenbaren ein Psychogramm wilder Entschlossenheit zu Selbstausgrenzung und Integrationverweigerung. Besonders erschreckend, dass es sich dabei zum großen Teil um Statements junger Mädchen handelt. Dies bestätigt auch die in meinem Beitrag vom 15. April 2018,1:05 aufgezeigten maßgebenden Faktoren für Islamismus.
Die Funktion des Kampfes um das Kopftuch für Kinder ist erkennbar, psychische Zwangsstrukturen zu schaffen, die Integration dauerhaft verhindern. Es kann kein Zweifel bestehen, dass es sich dabei um ein langfristig angelegtes Aktionsprogramm eines politischen „Islam“ handelt.
Man mag daran zweifeln, ob ein Verbot des Kopftuchs für Kinder geeignet ist, Parallelwelten zu verhindern. Als sicher dürfte aber gelten, dass falsch verstandene „Toleranz“ eben solche befördern.
Hier einige Beispiele aus den Kommentaren zum Video-„Aufruf“ von „Botschaft des Islam“:
Patriachalischer Besitzanspruch:
„DU bist der Stolz deines Mannes, während andere Männer den Körper ihrer Frauen da draußen mit Tausend anderen Männern teilen müssen, hat dein Mann DICH und deinen Körper für sich allein.“ (achmed k)
Kinder als Besitz von Eltern, Strukturen der Selbstausgrenzung in frühkindlichem Alter:
„Wa Alaikum Salam, in erster Linie trägt eine muslimische Frau ein Kopftuch, weil es ein Gebot Allahs ist. Und wenn man dieses Gebot an seine Kindern bereits im frühen Alter weitergeben möchte, hat sich ein Staat nicht darin einzumischen.“ (Botschaft des Islam)
Geschichtsleugnung:
„Wie gut, dass es sich beim Kopftuch um ein Gebot Allahs handelt, der jedes Zeitalter berücksichtigen kann. Und Er hat dieses Gebot nicht auf das 7. Jahrhundert begrenzt.“
(Botschaft des Islam)
Sexualfixierung und Sexualfeindlichkeit:
„Der Grund für unsere Bedeckung ist eindeutig wir machen es um uns vor den hinterhältigen und ekligen Gedanken der Männer zu beschützen! Wenn sie (…) den Koran gelesen hätten, dann würde Sie selbst sehen, dass die Frauen mehr Rechte im Islam haben als die Männer.“
(Meryem Erva)
„Währe es besser wir ziehen uns aus und laufen nackt?? Dagegen würde keiner etwas haben. Nein meine geliebten Geschwister jetzt erst Recht. Das Kopftuch gehört zu uns Frauen.“ (khadija1207 muhammad)
„Es ist wirklich ekel eregend,die leute die dildos in der schule mit nehmen um kinder sexualuntericht zu geben“ (gangster83511)
„Kinder sachlich über dieses Thema aufzuklären, ist eine Angelegenheit. Ihnen davon zu erzählen, dass sie gerne Sex haben können, solange sie verhüten oder dass Homosexualität nichts Schlechtes wäre usw. ist etwas anderes.“ (Botschaft des Islam)
Hassausbrüche gegen interne Kritiker (Serap Güler, CDU):
„Dieses kurdische Flüchtlingskind Serap Güler hat vergessen das Ihre eigene Mutter einen Kopftuch an hat.. Unseren Glauben anzugreifen mit deiner scheiss verfickten Äußerung kannst du für dich behalten.. Du Ziegenkind solltest den Koran mal lesen um zu sehen, was für FREIHEITEN unsere Frauen im Islam überhaupt besitzen.“ (Vato ElNino)
„Möge Allah diese verfluchte Kafira Serap in ein Schwein verwandeln.“ (infoinput)
„Serap Güler hat ihre Seele an den Teufel verkauft was ein erbärmlicher Tausch, können Eltern auf so eine verlorene Seele stolz sein? Also ich bin stolz wenn meine Töchter ihre Kopftücher tragen und trotzdem Karriere machen dürfen. Der einzig wahre Weg ist der Koran und die Sunnah, diese Serap ist eine Lügnerin und Allahs Strafe naht…“ (Omar Elj
Hass auf Andersgläubige, totalitärer Anspruch:
„Möge ALLAH diese kuffar vernichten.“ (Nilya Tres)
„Möge ALLAH die Feinde vernichten! Heute das Kopftuch, morgen unser komplettes Religion.“ (Islam GottesReligion)
Hass auf Deutschland und Europa, Türkei als Land der „Freiheit“:
„Ich verlasse dieses Land mit 20 weil ich nicht hier meine Kinder aufziehen will lieber würde ich gar keine Kinder in Deutschland haben als sie in diesem Land aufzuziehen.“
(Semih Hadzic)
„Tuba Lynn alhamdulillah dieses schritt habe ich gewagt, und lebe FREI in der Türkei.“
(Amatullah Muwahida – Salafistenprediger)
„Die hetzen doch extra immer gegen Moslems damit jeder denkt ich mach keine Kinder hier weil Deutschland rassistisch ist. Normalerweise muss wegen die jeder 10 Kinder machen.
Wegen die muss man extra hier bleiben. Jetzt erst recht auch wenn ich selbst dieses Land hasse.“ (Der Führer)
„Europa gehört nicht den Europäern sondern Gott. Europa ist Allahs Erde.“ (Night Bot)
Jenseitsfixierung, Endzeitstimmung:
„Danke danke für dieses Video! Möge Allah euch die höchste Stufe des Paradieses geben, Amin.“ (L0VEx)
„Das sind die Zeichen, dass das Ende naht!“ (Dsiy)
„Das ist alles Hetze, damit es zum Bürgerkrieg und irgendwann zum dritten Weltkrieg führt. Anscheinend dauert es bis dahin nicht mehr lange.“ (Sema Ne)
Ich halte die Richtung, in die sich diese Debatte entwickelt und die Art der Argumentation für sehr bedenklich.
Der Großteil der letzten Beiträge untermauert Horst Seehofers These vom Islam, der nicht zu Deutschland gehört. Wenn die Beiträge eine andere Schlussfolgerung zulassen, würde mich sehr interessieren, wie die lauten soll.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin gegen religiösen Fundamentalismus, egal aus welcher Richtung er kommen mag.
Als Ex-Mitglied einer evangelikal-fundamentalistischen Gemeinde weiß ich sehr gut, wie sich das Ganze „von innen“ anfühlt, und auch, welche Beschädigungen ein Mensch davontragen kann, wenn religiöse Überzeugungen als absolute und allein seligmachende Wahrheiten dargestellt werden.
Aber ich weiß auch, dass Verbote religiöse Eiferer weder zum Umdenken bringen, noch ihre Überzeugung auch nur ansatzweise erschüttern.
Abgesehen davon bewegen wir uns juristisch auf äußerst unsicherem Terrain: Gläubige dürfen die unmöglichsten Sachen behaupten, religiöser Eifer ist kein Straftatbestand, solange er keine kriminellen Handlungen nach sich zieht.
Und eine juristische Auseinandersetzung über das Kopftuch, bei dem die Gleichberechtigung von Frau und Mann gegen die Religionsfreiheit steht, wird in absehbarer Zeit nicht stattfinden.
Unsere Gesellschaft diskutiert mit schöner Regelmäßigkeit Burka- und Kopftuchverbote und verfällt dabei schon fast reflexhaft in helle Aufregung. Dagegen möchte ich mich bewusst stellen, ich beteilige mich nicht daran, einen Popanz aufzubauen.
Die Realität im Frankfurter Westen sieht so aus:
Ich sehe täglich Kinder von zwei Schulen, von denen ca. 93% einen Migrationshintergrund haben.
Geschätzt 70% der Kinder und Jugendlichen sind Moslems.
Einige der Mädchen tragen Kopftücher, die meisten nicht, viele der Mütter tragen Kopftücher, eine davon gibt Männern nicht die Hand („Bitte nehmen Sie`s nicht persönlich…“).
Diese Mutter schneidert zur Zeit zusammen mit anderen türkischen, eriträischen, deutschen und marokkanischen Müttern Kostüme für unser aktuelles Schulprojekt und leistet damit allen Kindern einen unschätzbaren Dienst.
Kann gut sein, dass einige mich wieder als „wohlmeinend“ oder „gutgläubig“ bezeichnen, aber nach meiner Überzeugung beschreiten wir auf diese Weise einen der wenigen gangbaren Wege (ich sage bewusst nicht „den einzigen“ – das wäre ja fundamentalistisch…;-))
@ Anna Hartl
@ Werner Engelmann
Sie stellen die Frage nach der Integration dieser „Hardcore-Muslime“? Ich bin ratlos. Ich lese immer wieder, dass etwa 50% der hier lebenden Muslime dem konservativen (schriftgläuigen) Islam zuzuordnen seien. Wenn ich weiter lese, dass etwa 50% der hier lebenden Türken mit Erdogan sympathisieren, dann erscheint diese Zahl zwar als plausibel; ich empfinde 50% aber immer noch zu hoch oder will es nicht wahrhaben.
Da viele dieser konservativen Muslime einen deutschen Pass haben, ist die Frage der Integration leider irrelevant.
Die Mission des konservativen politischen Islams in den letzten vierzig Jahren war vor allem in Arabien, in Nordafrika und teilweise in der Türkei erfolgreich und hat auch die hier lebenden Muslime, unsere Mitbürger, leider erreicht.
Da der politische Islam auch eine politische Ordnung und eine Gesellschaftordnung darstellt, ist er mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Für schriftgläubige Muslime ist die Scharia ein Muss und unverzichtbar. Wolfgang Bosbach frug neulich hinterlistig, ob die Scharia zu Deutschland gehöre?
Wenn ich das o. g. Video ansehe und die Kommentare lese spüre ich Hass; und bei mir verfestigt sich der Eindruck, dass wir uns mittendrin befinden, in Huntingtons „Kampf der Kulturen“, und das Kopftuch ist eines der identitätsstiftenden Feldzeichen des (faschistoiden!) politischen Islams. Natürlich muss uns auch klar sein, dass hinter dem Hass und der Wut in der konservativen, islamischen Welt nicht nur die Religion, sondern viele andere Gründe stehen, die Werner Engelmann dankenswerter Weise detailliert herausgearbeitet hat. Die Religion ist nur das Scharnier, mit dem diese vielen anderen Gründe auch Bewegung erhalten.
Wir müssen zukünftig die Auseinandersetzung nicht nur mit dem Rechts- und Linksextremismus, sondern auch mit dem politischen Islam führen. Wir sollten dieses Thema (Islamkritik) endlich der AfD wegnehmen, wie Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, schon lange fordert ( https://hpd.de/artikel/wir-muessen-dem-wahlerfolg-afd-richtigen-schluesse-ziehen-14814 )
Wir dürfen aber auch die anderen 50% (?) der Muslime nicht vergessen, die nicht religiös radikalisiert und fanatisierte sind. Insofern müssen wir sensibel bleiben und in jeder Hinsicht differenzieren. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Menschen sich nicht als Opfer fühlen. Das ist keine leichte Aufgabe (Fast jedesmal, wenn ich den Koran las, stieß ich auf eine Sure, die einfach widerlich ist. Der Islam, die archaischste unter den drei theistischen Weltreligionen, bietet sich einfach an, als „Scheiß-Religion“ tituliert zu werden, zumal fast alle muslimische Religionsgelehrten es ablehnen, die Suren vor dem Hintergrund ihrer zeitlichen Entstehung zu relativieren).
Angesichts meiner Vermutung, dass wir die religiös radikalisierten Muslime kommunikativ nicht mehr erreichen, wie der Rückzug eines muslimischen Diskutanten beispielsweise hier zeigte, frage ich mich, ob ich jetzt pessimistisch werden sollte? Oder ist der Geist der Freiheit langfristig attraktiver, wie die ersten Unruhen im Iran und erste Reformbemühungen in Saudi-Arabien zeigen?
@ Anne Rumpf
Mit Ihrer Aussage, dass Sie die Richtung der Diskussion und die Art der Argumentation für bedenklich erachten, bewerten Sie einige Diskutanten hier moralisch. Das hilft mir und vielleicht auch den anderen bei diesem Thema nicht weiter. Es ist Ihr gutes Recht, die Dinge anders zu sehen. Es kann ja durchaus ein Weg sein, eine Entwicklung einfach laufen zu lassen, nichts zu unternehmen und darauf zu hoffen, dass sie sich tot läuft. Das hat tatsächlich oft genug funktioniert.Vielleicht ist Ihr gesellschaftlicher Befund als Voraussetzung für Maßnahmen auch ein ganz anderer. Wenn Sie dieses von mir verlinkte Video ansehen und dabei berücksichtigen, dass vor vierzig Jahren in Kairo kaum Frauen ein Kopftuch trugen und heute angeblich 90%, wie bewerten Sie das? Sie sind vermutlich im Schuldienst. Was würden Sie empfinden, wenn immer mehr ihrer Schülerinnen mit Kopftuch zum Unterricht erschienen. Diskutieren Sie mit und bringen Sie sich ein.
@ Anne Rumpf, 18. April 2018 um 21:32
„Aber ich weiß auch, dass Verbote religiöse Eiferer weder zum Umdenken bringen, noch ihre Überzeugung auch nur ansatzweise erschüttern.
Abgesehen davon bewegen wir uns juristisch auf äußerst unsicherem Terrain: Gläubige dürfen die unmöglichsten Sachen behaupten, religiöser Eifer ist kein Straftatbestand, solange er keine kriminellen Handlungen nach sich zieht.“
Ihrem ersten Satz stimme ich völlig zu und kann ihn zudem aus eigener Erfahrung bestätigen.
Die Aussage des zweiten Satzes wird man wohl etwas differenzierter sehen, insbesondere die Diskussion weg von einer juristischen auf andere, politisch relevanten Ebene verlagern müssen.
Zu (1):
Meine erste Auseinandersetzung mit diesem Problem fand 1983 in einem Gymnasium Berlin-Kreuzberg statt, nunmehr also vor 35 Jahren – zu einer Zeit also, als die große Mehrheit in Deutschland noch nicht einmal wusste, was Islamismus eigentlich ist. Eine Auseinandersetzung, die mir – wegen nur zweier Mädchen von über 100, die ich zu unterrichten hatte – mehr Geduld abverlangt und Kraft gekostet hat als alle übrigen zusammen genommen.
Der Rektor hatte mich als Klassenlehrer dieser Mädchen au islamistischem Elternhaus beauftragt, in einem Konflikt mit dem Sportlehrer zu vermitteln, der sie – aus Gründen de „Sicherheit“ – nicht mit Kopftuch mitturnen lassen wollten.
Es verstand sich für mich von selbst, alles nur Denkbare zu tun, um ihrer Absonderung entgegen zu wirken und ihre Integration zu ermöglichen.
Dazu gehörten natürlich viele Gespräche mit ihnen; die Zusicherung, zu intervenieren, wenn sie in der Klasse gehänselt werden würden; die Einbestellung des Macho-Vaters, wenn sie mich belogen hatten (der dann wie ein dummer Schuljunge meine Anweisungen entgegen nahm). Ich habe sie persönlich zu Hause abgeholt, um ihre Teilnahme an einem dreitägigen Schullandheimaufenthalt zu (in Berlin) zu gewährleisten (mit Sondergenehmigung, abends nach Hause zu fahren), sie abholen lassen, als sie ihr Versprechen brachen, am nächsten Tag wieder pünktlich da zu sein. Schließlich sprach ich selbst, als sie nach dem Probejahr die Schule verlassen mussten, mit verschiedenen Rektoren umliegender Realschulen (auf der einzigen in Kreuzberg gab es keinen Platz mehr), um ihnen wenigstens diese Perspektive zu erhalten. Der Erfolg dieser Bemühungen (die Zusicherung eines Rektors aufgrund meiner Intervention) stellte sich allerdings als machtlos gegenüber islamistischer Weltsicht dar: Der Macho-Vater verweigerte die Zustimmung, da diese Realschule (eine U-Bahn-Station) außerhalb Kreuzbergs (mithin wohl auch außerhalb seines Einflussbereichs) lag.
Das „Kopftuchproblem“ war indessen von mir, zusammen mit den Mädchen, gelöst worden: Auf ihre Erklärung, dass ihre Haltung nicht durch ihre Religion bedingt, sondern Ausdruck des Protests gegen deutsche Mädchen (Miniröcke) sei, widerrief ich mein Versprechen der Vermittlung. Auf eigene Initiative hin nahmen sie in der Folge am Schultor die Kopftücher ab. Selbstverständlich wurde dies von mir niemals gegenüber den Eltern erwähnt.
Quintessenz:
Das ist nun 35 Jahre her, damals nur ein Einzelfall. Die exakt gleichen pseudo“religiösen“ Begründungen findet man heute wieder – allerdings deutschlandweit verbreitet.
Die Erwartung, als Außenstehender („kuffar“) in irgend einer Weise verändern in eine abgeschlossene islamistisch Gedankenwelt (oder auch Wahnwelt) eindringen zu können, ist offensichtlich eine Illusion. Darum geht es aber auch nicht.
Es kann alleine darum gehen, den zunehmenden Einfluss einer solchen – nur oberflächlich religiös begründeten – Wahnwelt auf Menschen mit echten religiösen Überzeugungen zu verhindern.
Zu (2):
Dass die unendlich dumme verallgemeinernde Aussage von Herrn Seehofer über Islam die Probleme verschärft statt zur Lösung beizutragen, bedarf hier wohl keiner Erörterung.
Ihrer Einschätzung, dass „wir uns juristisch auf äußerst unsicherem Terrain“ bewegen, stimme ich zu. Nicht allerdings, dass es für Konsequenzen erst des Nachweises „krimineller Handlungen“ bedürfe.
Ein Staat hat nicht nur das Recht, sondern in Bezug auf das Allgemeinwohl auch die Verpflichtung, Regeln des Umgangs im öffentlichen, also nicht-privaten Bereich verbindlich zu definieren und durchzusetzen. Dazu gehört mit Sicherheit die Schulpflicht, einschließlich des vorgesehen Fächerkanons – also z.B. auch Schwimmunterricht oder Sexualkunde, ebenso die Durchführung von Sanktionen bei Nichtrespektierung.
Das Strafrecht kommt erst bei nachhaltiger Verweigerung zum Zug und ist erst das letzte Mittel. Davor müssen alle anderen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden, was m.E. noch keineswegs der Fall ist (z.B. indem permanent neue Ausnahmeregelungen aus – nur vorgeschobenen – „religiösen“ Gründen zugelassen werden).
Der bloß juristische Weg erscheint in der Tat als Holzweg. Mehr als das: Er kommt den langfristigen islamistischen Strategien der Unterwanderung des demokratischen Rechtsstaats entgegen. Daher wohl auch die ständigen (sicher von der Türkei finanzierten) Klagen und Prozesse.
In einem Staat, der sich – anders als Frankreich – nicht durchwegs als „laizistischer“ Staat definiert, scheint es aus juristischer Sicht keinen anderen Weg zu geben, als Religionen an sich gleich zu behandeln und ihnen gleiche gesellschaftliche Möglichkeiten einzuräumen.
Die Krux dabei ist, dass es „den“ Islam in dem Sinne gar nicht gibt wie etwa „den“ Katholizismus, Protestantismus oder „das“ Judentum, weil nicht zu klären ist, wer für dessen verbindliches Verständnis eigentlich zuständig ist.
Selbst das BVerfG fällt also (im 2. Ludin-Urteil von 2015) auf die islamistischen Strategien herein, indem es die Definition von „Religion“ auf eine subjektivistische, nicht überprüfbare Ebene verlegt: Wie eine religiöse Schrift (z.B. hinsichtlich des – angeblichen – Kopftuchgebots) zu interpretieren ist, unterliegt demnach allein der jeweiligen individuellen Überzeugung – welche Islamisten, die eine Trennung von Religion und Politik nicht kennen, natürlich in ihrer Weise zu präformieren (Kopftuchzwang für Kinder) und zu manipulieren wissen.
Juristisch gibt es also keinen Ausweg, solange das BVerfG für die Zuerkennung des Status „Religion“ vom Islam nicht eindeutige, überprüfbare Kriterien einfordert, welche zugleich die Gewähr einer strikten Trennung von Religion und Politik bietet.
Solange dies nicht der Fall ist, bleibt der Zivilgesellschaft nichts anderes übrig, als einerseits den Kontakt mit religiösen Gruppierungen aufrecht zu erhalten, die auf der Basis des Grundgesetzes operieren, zugleich aber gegenüber politisch agitierenden Sekten konsequent die Palette der Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen, die z.B. die Schulgesetze ermöglichen.
@Anne Rumpf
Ich empfinde die Kommentare anders, nicht in Richtung Horst Seehofer gehend. Habe eher das Gefühl, es sind Versuche, hinter die Fassade der Religion Islam zu schauen.
Für mich ist es ein Prozess, auch die „andere Seite“ sehen zu wollen.
Mein Alltag, mit seltenen Begegnungen mit Muslimen, ist die Religion betreffend problemlos, da diese selten ein Thema ist.
Ich weiß also nicht, was mein Gegenüber tatsächlich denkt.
Freimütig darüber sprechen aber Menschen die eine gewisse Distanz zu ihrer Religion haben. Gläubig von ganzem Herzen, aber reflektiert und hinterfragend.
Deshalb empfinde ich das, was Herr Aupperle und Herr Engelmann einbringen, verstörend und die Bandbreite des Hasses entsetzlich.
Es ist aber wichtig, auch diese Seite zu kennen, ohne mit Herrn Seehofer oder mit Teilen der AfD einer Meinung zu sein, bzw. sich durch das bewusst machen auch nur eine Handbreit in deren Richtung zu bewegen.
Ich war gestern aus beruflichen Gründen in einer Flüchtlingsunterkunft. Ich bin nach wie vor offen für Begegnung ohne die unterschiedliche Religion in den Vordergrund zu stellen. Zuerst sehe ich den Menschen.
Was mein Gegenüber aber wirklich denkt, weiß ich nicht.
@Werner Engelmann: Ich stimme Ihnen in allen Punkten zu!
Genauso, wie Sie damals mit ihrer Schülerin umgegangen sind, gehen wir auch heute noch mit Kindern um, die aus religiösen Gründen bei bestimmten Anlässen „besonders“ sind: Alle gehen mit zum Sportunterricht, alle gehen mit zum Schwimmen, alle gehen mit auf Klassenfahrt. Es ist für unser Team vollkommen klar, dass wir natürlich die Sorgen und Bedenken aller Eltern hören und ernstnehmen, andererseits aber auch mit Nachdruck und ohne Kompromisse auf die Erfüllung der Schulpflicht bestehen. Im Zweifelsfall bedeutet das Einzelgespräche mit den entsprechenden Eltern.
Das sind aber sehr wenige Einzelfälle, die meisten Probleme basieren nicht auf religiösem Eifer, sondern haben ganz andere Gründe.
Aus Ihren Ausführungen wird deutlich, dass wir hinsichtlich unserer Gesetzeslage sehr gut aufgestellt sind, auch wenn es manchmal an der Durchsetzung hapert, und auch hier stimme ich Ihnen vollkommen zu. (@M. Aupperle: das wäre auch meine Antwort auf Ihren Beitrag.)
Deshalb hat mich der Ton der Debatte ja auch so erschreckt.
Allen Bildungseinrichtungen kommt besondere Verantwortung zu, hier treffen sich alle Kinder und automatisch deren Eltern – hier kann Dialog entstehen und gleichzeitig dem religiösen Eifer zumindest ansatzweise Paroli geboten werden. Und hier ist noch „Luft nach oben“, personell und vor allem finanziell…
@ Anna Hartl: Wenn Sie „hinter die Fassade“ des Islam blicken wollen, aber in diesem Thread von lauter Nicht-Moslems nur die hasserfüllte Seite des Islam zitiert wird, halte ich das für ein hoffnungsloses Unterfangen. Dann sollten Sie vielleicht lieber mit den Moslems reden, die Sie persönlich kennen.
@ Anna Hartl 17. April 2018 um 17:55
„Die direkte Konfrontation bzw. der direkte Austausch wird vermieden.“
Ihre Beobachtung trifft nicht nur hier im Blog zu, sondern ist auch verallgemeinerbar. Allerdings würde ich präzisieren, dass es sich bei den beiden (vorübergehenden) Teilnehmern nicht um „Teilnehmer muslimischen Glaubens“ handelt, sondern um Islamisten. Dies lässt sich an der Diktion sowohl der Leserbriefschreiberin Hania Ahmed (der wir diesen Thread zu „verdanken“ haben) als auch des hier vorübergehend aufgetauchten (und wieder in der Versenkung verschwundenen) Omar Anwar ziemlich schnell erkennen. Das ist von Bedeutung, um Verallgemeinerungen zu vermeiden.
Deren Verhalten findet seine Erklärung darin, dass wir alle für deren Vertreter „kuffar“ („Ungläubige“, mithin Verdammte) sind, auf die – so Omar Elj in seinem Beitrag zum „Aufruf“ – „Allahs Strafe“ wartet.
Kontakt mit uns Verworfenen ist nach solchem ideologischen System nur in dem Maße sinnvoll (und nach ihrem Verständnis wohl auch zulässig), als sie eine Möglichkeit sehen, uns in ihrem Sinne propagandistisch einzuspannen. Wo dies nicht möglich erscheint, wird der Kontakt eben wieder abgebrochen. Hier irgendeine Bereitschaft zu Auseinandersetzung oder gar Integration zu erkennen, ist nach meinen Erfahrungen und meiner Überzeugung blanke Illusion.
Dies gilt aber nur für Islamisten, nicht für Gläubige „des“ Islam, von denen es unglaublich viele Schattierungen gibt. Mit wirklichen Muslimen aus Syrien, Iran, Irak, Afghanistan, Bangla Desch, Südsudan und Albanien habe ich da ganz andere Erfahrungen gemacht. Wäre dem nicht so, hätte ich mir die Bemühungen um deren Integration auch erspart.
Schockierend bei der Auseinandersetzung mit dem von Herrn Aupperle verlinkten Video und den Kommentaren ist für mich vor allem die Tatsache, dass ich das alles bereits wortwörtlich bei der Auseinandersetzung mit „meinen“ Islamistinnen vor 35 Jahren erfahren habe. Dass sich das längst zum Problem ausgewachsen hat, schein“tolerantes“ Wegschauen aber immer noch gepflegt wird bzw. das „Heil“ in Panikmache und/oder Islamophobie à la AfD oder Seehofer gesucht wird.
@ Matthias Aupperle, 19. April 2018 um 0:20
„Wenn ich das o. g. Video ansehe und die Kommentare lese spüre ich Hass… Die Religion ist nur das Scharnier, mit dem diese vielen anderen Gründe auch Bewegung erhalten.“
Zustimmung zu Ihren Ausführungen, die zugleich die Frage nach Hintergründen des Verhältnisses von Islam und Politik aufwerfen.
Der entscheidende Knackpunkt, der Islamisten als solche erkennen lässt, ist m.E. die Verweigerung historischen Denkens – wie etwa auch bei Piusbrüdern oder „Kreationisten“. Nur käme bei letzteren kaum jemand auf die Idee, sie als seriöse Religionsgemeinschaften anzusehen und mit entsprechenden Privilegien auszustatten.
Dies bestätigen auch die Aussagen von „Botschaft des Islam“, z.B.: „Und Er (Allah) hat dieses Gebot nicht auf das 7. Jahrhundert begrenzt.“
Nach allen historischen Recherchen, die ich kenne (z.B. auch in Necla Kelel, Die fremde Braut), war Mohammed nicht nur Religionsbegründer, sondern auch Politiker, der auch Kriege um politische Vorherrschaft geführt hat.
Der Gedanke liegt also nahe (den ich hier mit aller Vorsicht als zu beweisende Theorie präsentieren möchte), dass die Bedürfnisse des Politikers die „ewigen Wahrheiten“ seiner „Eingebung“ bestimmten – und nicht umgekehrt.
Diese „Bedürfnisse“ sind schlicht die der Garantie des Machterhalts (im patriarchalen Sinn) auf ewige Zeiten – was allein eine als per se unhistorisch zu betrachtende, damit aber umso historisch wirksamere „Religion“ bewirken kann.
Diese Wirksamkeit ist vor allem darin begründet, dass eine solche „Religion“ psychologischen Bedürfnissen nach „ewigen“ Wahrheiten, einem rigiden Regelkonzept mit klaren Anweisungen (die eigene Entscheidungen ersparen), aber auch nach Unterwerfung entgegen zu kommen scheint. Die zugleich auch den „Hass“ (der aus völlig anderen Gründen entsteht) kanalisieren, auf ein Feindbild („kuffar“) richten und auf diese Weise psychologisch Entlastung verschaffen kann.
Die Kommentare zu dem „Aufruf“, der Hass und die absolute Verbissenheit, die hier zum Ausdruck kommen, sprechen da eine deutliche Sprache.
Soweit mein Erklärungsversuch. Es wäre wohl Aufgabe von Historikern und Religionswissenschaftlern, hierüber Klarheit zu verschaffen.
Zustimmung auch zu Ihrer Aussage, dass das Thema „Islamkitik“ vor allem nicht der AfD und nationalistisch geprägten Islamhassern überlassen werden darf. Freilich unter dem Vorbehalt, das „Islamkritik“ (im theologischen Sinn) nicht von außen kommen kann und auch von vielen (z.B.) Seyran Ates) auch geleistet wird. Es ist aber Aufgabe politischer Institutionen wie auch der Zivilgesellschaft, dafür zu sorgen, dass solche Menschen auch die Chance haben, Gehör zu finden.
@ Anne Rumpf
Sie schreiben: “ Wenn Sie „hinter die Fassade“ des Islam blicken wollen, aber in diesem Thread von lauter Nicht-Moslems nur die hasserfüllte Seite des Islam zitiert wird, halte ich das für ein hoffnungsloses Unterfangen. Dann sollten Sie vielleicht lieber mit den Moslems reden, die Sie persönlich kennen.“
Damit diskreditieren Sie erneut einige Diskussionsteilnehmer. Wir und ich sind einseitig, meinen Sie damit – oder?
„Kopftuch aus Liebe zu Gott“ ist das Thema des Threads. Kopftuchträgerinnen zeichnet halt, sofern sie das Kopftuch wirklich freiwillig tragen, was wahrscheinlich selten der Fall ist, eine radikale Schriftgläubigkeit aus. Es handelt sich somit um Anhänger des konservativen, politischen Islams oder wie Werner Engelmann schreibt um Islamisten. Eine schriftgläubige Kopftuchträgerin wird vermutlich auch die anderen, beispielsweise die furchterregenden, Anweisungen (Sure 9:5 ff) des Koran befolgen, wenn es darauf ankommt, da sie eben streng schriftgläubig ist.
Wie Sie dem Video, das bedauerlicherweise kein Einzelfall ist, entnehmen können, ist das Kopftuch auch das identitätsstiftende Feldzeichen des politischen Islams, in dem die Geschlechterapartheid und das Rollenverständnis der Frau Gestalt findet. Insofern ist das freiwillige, aus Liebe zu Allah getragene Kopftuch, alles andere als harmlos. Wir befinden uns per se auf der Dark Side des Islams.
Wie Sie hoffentlich gelesen haben, schrieb ich hier folgendes: „Wir dürfen aber auch die anderen 50% (?) der Muslime nicht vergessen, die nicht religiös radikalisiert und fanatisierte sind. Insofern müssen wir sensibel bleiben und in jeder Hinsicht differenzieren. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Menschen sich nicht als Opfer fühlen.“ Auch Werner Engelmann und Anna Hartl differenzieren hier klar und zweifelsfrei? (Entschuldigung, dass ich mir diese Bewertung anmaße.)
Können Sie uns/mir darlegen, warum Sie uns/mich erneut diskreditieren?
@ Werner Engelmann
Zustimmung in allen Punkten bis auf Ihren Vorbehalt, dass (theologische) Islamkritik nicht von außen, sondern nur von Muslimen kommen sollte.
Als Nichtmuslim kann man sehr wohl an den theologischen Fundamenten des Islam „rütteln“. Richard Dawkins macht das in seinem Buch „Der Gotteswahn“ mit dem Christentum sehr fundiert, obwohl er kein Christ, sondern Atheist ist. Oder denken Sie an die theologischen Debatten des Atheisten Christopher Hitchens.
Es geht ja auch um die Auseinandersetzung mit den radiakal schriftgläubigen Muslimen, dem politischen Islam, der leider nach meiner Beobachtung von den meisten muslimischen Verbänden repräsentiert wird. Da der politische Islam die Gültigkeit des Grundgesetzes in Abrede stellt und den unveränderbaren Gesetzen Allahs und einem Kalifat den Vorzug gibt, sehe ich im politischen Islam einen Feind unserer offenen Gesellschaft. Und so sehen sich diese Hardcore-Muslime interessanterweise, wenn man genauer hört und liest, auch selbst. Was bleibt uns denn anderes, als den kritischen und scharfen Diskurs mit den Radikal-Gläubigen dieser archaischen Hirtenreligion zu suchen. Klein beizugeben oder im Sinne eines Kulturrelativismus zu tolerieren, wird in dieser (arabischen) Kultur als Schwäche ausgelegt.
@ Matthias Aupperle: Es liegt mir fern, jemanden zu diskreditieren, und es tut mir Leid, wenn Sie das so empfinden.
„Wir und ich sind einseitig, meinen Sie damit – oder?“ Nein, das meine ich nicht.
In diesem Thread nimmt die Schilderung der radikalen, hasserfüllten und grausamen Aspekte des Islam einen überaus großen Raum ein, ich habe dagegengehalten und bin damit ziemlich alleine gewesen. In anderen Zusammenhängen argumentieren Sie sicher anders, aber hier eben nicht.
Ich habe sowohl den von Ihnen verlinkten Film gesehen als auch Ihre prozentuale Aufteilung gelesen.
Den Film finde ich genauso schrecklich wie wahrscheinlich alle hier.
Bei den Zahlen würde mich interessieren, woher Sie die haben?
Ich habe in dieser Debatte meine Wahrnehmung des Islam geschildert und aus meinem Alltag berichtet.
Der besteht aus erheblich weniger radikalem Islam als man das angesichts des aktuellen Diskussionsstandes ewarten würde.
An anderer Stelle habe ich es bereits geschildert: Unsere Schule war eine der ersten Schulen, die islamischen Religionsunterricht angeboten haben, gehalten von an deutschen Hochschulen ausgebildeten LehrerInnen.
Die häufigste Rückmeldung der Eltern war, dass sie froh sind, wenn ihre Kinder in der Schule Religionsunterricht haben anstatt in die Moschee zu gehen. Das scheint mir so gar nicht radikal zu sein. Vielleicht ist ja die Verankerung des Islam im Bildungssektor ein wichtiger Schritt in Richtung Aufklärung.
Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen kann ich vielem, was hier geschrieben wird, nicht zustimmen.
Die Kolumne in der heutigen FR von Ingrid Günther, „Das Problem mit Kopftüchern“ finde ich übrigens äußerst lesenswert.
@Anne Rumpf
Die Kolumne von Ingrid Günther habe ich auch gelesen. Denke aber, dass sich das Beispiel Jerusalem nicht mit dem vergleichen lässt, was in Deutschland gerade abgeht.
Gefühlt ist hier der „Rückwärtsgang“ drin. Sowohl in Teilen der sog. christlichen Gesellschaft als auch in Teilen der sog. muslimischen.
Das, was Sie aus der Erfahrung mit Muslimen an Ihrer Schule berichten, ist ein positives Beispiel.
Wie schon gesagt, meine eigenen Erfahrungen sind sowohl als auch.
Begegnungen mit radikalen Muslimen, oder wie Herr Engelmann sagt, mit Islamisten, wobei ich nicht sicher bin, ob eine „strenge“ Auslegung des Koran gleich Islamist heißt, habe ich keine.
Es ist aber nicht zu leugnen, dass es sie gibt und nur die positive Seite zu sehen, hilft auch nicht bei der Suche nach einem Umgang mit der zerstörerischen Kraft dessen, was mehr oder weniger im Untergrund statt findet.
Das verstörende an Hass ist, dass er zuerst die eigene Seele „tötet“.
Woran ich noch knabbere sind die Kopftücher für die kleinen Mädchen. Dieser Anblick tut richtig weh. Bei einer erwachsenen Frau sehe ich unter Umständen die Möglichkeit der „freien Wahl“. Keine Wahl mehr sehe ich, wenn man schon als kleines Mädchen zum Kopftuch tragen „gezwungen“ wird.
Ich kann dem Gedanken, das ein Verbot das Gegenteil bewirkt folgen, frage mich aber, ob ein Nichtverbot auch das Gegenteil bewirkt.
Will sagen, wie viele junge oder auch erwachsene Frauen legen ihr Kopftuch wieder ab?
Habe gestern einen Beitrag über die Bektashi in Albanien gesehen und bei der Suche im Netz auch einen Artikel in der FR aus 2010 darüber gefunden
http://m.fr.de/panorama/orden-der-bektashi-die-toleranten-derwische-a-981547
Orden der Bektashi: Die toleranten Derwische | FR.de
Wenn ich mich recht erinnere sagte das Oberhaupt des Klosters, dass die Seele weder männlich noch weiblich sei.
Anknüpfend an meine am 1. April, 12:08, gepostete kritische Antwort auf das Hohelied der Aufklärung im Christentum, das Klaus Philipp Mertens in der Einleitung zu diesem Thread gesungen hat, verweise ich auf das gestrige Magazin zum Exorzismus.
Es ist mir schier ungegreiflich, dass im 21. Jahrhundert in Europa ein allgemein als fortschrittlich angesehener Papst einen derart mittelalterlichen Aberglauben unterstützt, sekundiert von Ärzten und Psychologen, die allen Ernstes behaupten, unterscheiden zu können, ob jemand psychisch krank oder vom Teufel besessen sei. Ein Skandal!
Konservative Christen, vor allem Katholiken und Evangelikale, brauchen sich wirklich nicht über die Rückständigkeit des Islam zu erheben.
@ Anna Hartl, 21. April 2018 um 8:51
„Ich kann dem Gedanken, das ein Verbot (des Kopftuchs für Mädchen) das Gegenteil bewirkt folgen, frage mich aber, ob ein Nichtverbot auch das Gegenteil bewirkt.“
Eben das ist das Problem, dass beide „Strategien“ falsch sind, weil beide auf die islamistische Strategie hereinfallen, Nebenkriegsschauplätze mit symbolischem Charakter (Kopftuch, Niqab, Burka) für eine „Religion“ zu eröffnen, welche das eigentliche Anliegen verschleiern und zugleich einen Schritt weiter bringen, nämlich in einer demokratischen Gesellschaft Einfallstore für patriarchal-totalitäre Herrschaft zu finden und zu nutzen.
Verbot des Kopftuchs wird von Muslimen – egal, ob fundamentalistisch oder nicht – als Angriff auf „den Islam“ als solchen interpretiert, ist damit kontraproduktiv.
Noch mehr gilt das aber für das Gegenteil, das Laissez-faire. Es bestärkt die radikal-islamistischen Kräfte in ihrer Strategie, sich immer mehr als „die Repräsentanten des Islams“ aufzuführen, die bisher ja durchaus erfolgreich ist.
Der Hauptfehler liegt darin, auf islamistische Vorgaben lediglich zu reagieren (und so an der Nase herumführen zu lassen) statt klipp und klar das ins Zentrum eigenen Handelns zu stellen, was „Islamismus“ eigentlich ausmacht: Die Herrschaft feiger Machos, die diese nur so lange ausüben können, als sie in ihrem Sinne nicht nur in ihren Familien, sondern auch bei uns Angst und Schrecken verbreiten. Die ihre Frauen, und schlimmer noch: ihre kleinen Töchter vorschicken, den Kulturkampf durchzufechten, den zu führen sie selbst zu feige sind.
Ich habe das ja selbst erlebt und in dem Bild der Macho-Väter dargestellt, die vor mir zum folgsamen Schülern mutierten, während ich ihnen als legitimierte Gegen-Autorität diktierte, was zu ihren Pflichten als Väter von Töchtern in einer deutschen Schule gehört.
Schlussfolgerung:
Es ist völlig klar, dass vor allem das Durchsetzen von Kopftüchern für kleine Mädchen bei Islamisten eine Machtfrage gegenüber dem demokratischen Staat darstellt, den sie ohne dies zu verlieren drohen. Das wird auch in einer Antwort von „Botschaft des Islam“ auf einen Kommentar zum „Aufruf“ deutlich:
„Wa Alaikum Salam, in erster Linie trägt eine muslimische Frau ein Kopftuch, weil es ein Gebot Allahs ist. Und wenn man dieses Gebot an seine Kindern bereits im frühen Alter weitergeben möchte, hat sich ein Staat nicht darin einzumischen.“ (vgl. Beitrag 18. April 2018 um 11:49)
Will heißen: Die kleinen Kinder werden als Besitz der Eltern betrachtet, mit denen sie tun und lassen können, was sie wollen. Sie rechtzeitig in ihrem Sinn zu indoktrinieren (solange sie sie unreif, also nicht geistig in der Lage sind, dies zu erfassen), ist für sie essentiell, da sie sonst ihrer absoluten Herrschaft an unsere „verdorbene“ Kultur zu entgleiten drohen.
Eine Gegenmaßnahme muss also unmittelbar diese Machoherrschaft ins Visier nehmen, ohne den Umweg über die Töchter. Dies ist aber auf der Ebene flächendeckender „Verbote“ nicht möglich, durch die sich Moslem generell in ihren Überzeugungen bedroht fühlen. Das geht nur, indem der Kampf gegen die Machos vor Ort, von den jeweiligen Erziehern/Erzieherinnen (Grundschullehrern/-lehrerinnen) geführt wird: als autorisierte Repräsentanten eines demokratischen Erziehungswesens, das keine Absonderung und Herausbildung totalitärer Gegenkulturen dulden darf.
Ein solches grundlegendes Erziehungsziel kann und muss in internen Regelungen (etwa einer verbindlichen Hausordnung) verankert werden (z.B. keine religiösen Erkennungszeichen in Klassenräumen). Entscheidend ist, dass diese aus demokratischen Erziehungsprinzipien abgeleitet und nicht als gegen eine Religionsgemeinschaft gerichtete Maßnahme erfahren wird. Laut Schulgesetz vorgesehene Zwangsmaßnahmen haben sich dementsprechend gegen verantwortliche Eltern, nicht gegen Schüler/innen zu richten.
Welche Aufgaben hierbei Vorschule bzw. Schule aufgebürdet werden, ist mir wohl bewusst, ich habe das ja selbst erfahren. Nach meiner Überzeugung geht es aber nicht anders.
@Brigitte Ernst
Konnte den von ihnen genannten Artikel nicht zu Ende lesen, da sich fassungsloses Kopfschütteln und lesen nicht miteinander verträgt.
Dem ganzen wohnt aber eine gewisse Logik inne, wer an die Existenz des Teufels glaubt, braucht wohl auch einen Exorzisten.
Auch hier frage ich mich, welches Jahrhundert?
(…)
Kommentar hierhin verschoben
Gruß, Bronski