Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 255: Wege hinaus

Leben und Arbeiten in Zeiten der Pandemie

Soll ich Ihnen sagen, wie lange ich jetzt schon im Homeoffice bin? Gut acht Monate! Wie die Zeit vergeht! Man wird empfindlicher, finden Sie nicht auch? Was die Umgebung betrifft. Denn die ist kleiner geworden. Man hat weniger Kontakte, die eben darum größeres Gewicht erhalten. Ist das gut oder schlecht? Vielleicht hat man ihnen vorher nur deswegen weniger Gewicht beigemessen, weil man daneben noch viele andere Kontakte hatte, die jetzt leider reduziert sind?
Aber die Zeit vergeht nur in der Rückschau. In Bezug auf die Zukunft vergeht sie überhaupt nicht. Wann bitteschön kommt endlich der Impfstoff? Noch so lange hin? Meine Güte, könnte bitte jemand mal die vielen Tage vorkurbeln, die das noch dauern soll? Leben wir nicht in einem hochtechnisierten Land? All die Wissenschaft – wofür?
Gemach! Auch wenn uns das nicht so vorkommt, werden gerade Rekorde in Sachen Impfstoffentwicklung aufgestellt.

Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 255
Freitag, 20. November 2020

Wenn man eines im Homeoffice lernt, dann dies: wie man sich nebenbei Abwechslung verschafft. Ich habe das Hanteltraining wiederentdeckt. Im Keller hatte ich noch ein Paar, das lag da seit Urzeiten, total eingestaubt. Damit wird jetzt gerackert! Sit-Ups sind ja angeblich nicht so gesund, jedenfalls nicht für den Rücken, aber gar nichts zu machen, ist wohl ebenfalls keine Option. Radfahren. Ja klar, aber dafür muss ich mir gezielt Zeit freischaufeln, und das ist nicht ganz einfach im Homeoffice. Zudem muss das Wetter mitspielen. Gestern ging’s; da bin ich, nachdem ich meine Forum-Seiten abgegeben hatte, 26 Kilometer durch den Wald nach Dietzenbach und dann über Heusenstamm zurück nach Offenbach geradelt. 26 Kilometer ist für mich eigentlich eine lächerliche Distanz. Meine längste Tagesetappe ever waren 222 Kilometer (inclusive Le Markstein, einem Vogesen-Pass höher als 1200 Meter; damals habe ich noch in Freiburg gelebt), die zweitlängste 178 (mit gut 20 Kilo Gepäck). Aber das ist alles ein Weilchen her. Man wird nicht jünger. Eine gewisse Grund-Fitness ist aber anscheinend immer noch da. Die 26 Kilometer waren jedenfalls nicht erschöpfend. Doch es wurde dunkel. Es hat an Zeit gefehlt. Homeoffice eben.

Leseproba Screenshot
Leseprobe als pdf-Dokument

Zum Glück gibt es noch ein paar andere Erfolgserlebnisse, die einen Tag retten. Eines davon sehen Sie hier rechts. Heute im Magazin der FR erschienen. Ein Auszug aus meinem neuen Roman „McWeir – Virenkrieg V“, als Leseprobe. Darauf bin ich durchaus stolz. Ich habe lange an diesem Stoff  und am „Virenkrieg“-Romanzyklus gearbeitet. Ihn jetzt abgeschlossen zu sehen und das gedruckte Buch in der Hand zu halten, das ist etwas ganz Besonderes.

Leseprobe
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„McWeir – Virenkrieg V“ ist der fünfte Teil meines „Virenkrieg“-Zyklus. Ich habe den Roman im Dezember 2018 fertiggestellt, also ein Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie. Es geht um Biowaffen, aber im Hintergrund war immer der Gedanke präsent, was passieren könnte, wenn ein Krankheitserreger es schafft, sich um die Welt zu verbreiten. Vor dieser Gefahr haben Epidemiologen spätestens seit Sars (2002-2003) stetig öffentlich gewarnt, aber auch davor war die Gefahr schon benannt: HIV wütete seit Beginn der 80er Jahre; die einstige „Schwulenseuche“ hat mehr Todesopfer gefordert als die „Schwarze Pest“ des 13. Jahrhunderts oder als die verschiedenen Pocken-Pandemien. Trotzdem war die Menschheit auf Sars-CoV-2 nicht vorbereitet.

Ich werde gelegentlich auf die Parallelen zwischen unserer Wirklichkeit und dem Romangeschehen angesprochen. Nein: Ich bin kein Hellseher! Aber ich halte mich aus eigenem Interesse auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, wohl wissend, dass dieser niemals endgültig ist, und ich bleibe neugierig. Das hilft in der Pandemie und im Homeoffice, obwohl es natürlich trotzdem Gelegenheiten gibt, wo ich an der Menschheit verzweifeln möchte. FR-Kolumnist Michi Herl hat es kürzlich in seiner Kolumne – er hat eine „Querdenken“-Demo besucht – wunderbar auf den Punkt gebracht. In seinen Worten:

„Ich musste erkennen, dass alles, was ich in den Massenmedien gelesen, gehört und gesehen hatte, tatsächlich die Bezeichnung ‚Lügenpresse‘ verdient. In Wahrheit ist nämlich alles viel fürchterlicher als in der öffentlichen Berichterstattung. Das ist alles geschönt. Pfui!“

Virenkrieg alle fünfJetzt ist der Zyklus also abgeschlossen, alle fünf Romane sind erschienen, in die Welt entlassen, und müssen ihren Weg machen. Was auch immer draus wird. Mein „Virenkrieg“-Projekt ist beendet. Mehr als zwanzig Jahre lang habe ich daran gearbeitet. Nicht ununterbrochen, aber beständig. Beginnend mit einer Erstfassung vom Ende der 90er Jahre, die vom Eichborn-Verlag seinerzeit unter dem Eindruck von 9/11 abgelehnt wurde. Jetzt heißt es: Fertig!

An dieser Stelle einen großen Dank an meine frühere FR-Kollegin Isabella V. Galanty, die lange Infografikerin für die FR war (jetzt Berliner Zeitung) und die diese tollen Cover gestaltet hat!

Und wie geht’s weiter? Wenn man ein Projekt abgeschlossen hat, so heißt es, fällt man in ein tiefes Loch, weil das, was einen vorher beschäftigt hat, plötzlich  wegbricht. Das mit dem Loch kenne ich, aber ich weiß mir zu helfen. Jedenfalls halbwegs. Auch das ist so ein Homeoffice-Thema. Es mangelt mir keineswegs an Geschichten, die erzählt werden könnten. Ein Thema treibt mich seit langem um: Rechthaberei. In Zeiten von „Querdenken“ und Tönnies wäre das doch wohl eine große Geschichte. Ich hab mich schon mal drangesetzt. Der Arbeitstitel des neuen Romans lautet: „Am Ende hast Du trotzdem recht“. Aber ob Du dann was davon hast? Es wird wohl ein Krimi.

Naoned!

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Worldometer  +++ SafetyDetectives

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8 Kommentare zu “Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 255: Wege hinaus

  1. Lieber Bronski,
    die andere Seite des Home-Office ist täglich mit der Bahn zur Arbeit zu fahren und eine Menge unerwünschte Kontakte zu haben.

    Die meisten Mitfahrer sind inzwischen sehr diszipliniert, sodass die Querschläger – ist mir doch egal – besonders auffallen.
    Auf dem Rückweg ist die Bahn dann voller Schüler und da hilft nur Aussteigen und bis zur nächsten warten.

    Empfindlicher reagiere ich bei Menschen die ich noch nicht so lange kenne, die mir aber trotz der gefühlt langen Zeit, in der wir nun mit diesem Virus leben, immer noch zu nahe kommen.

    Gestern fiel mir beim Aufräumen ein Artikel der FR vom 16.03.20 in die Hand. „Coronapanik sieht anders aus“. Da hat mich ein Kollege von Ihnen beim Zeitunglesen vor der Cafebar erwischt.
    Da war ich noch relaxed.
    In der zweiten Welle sieht das etwas anders aus.
    Es gibt keine Ausreden mehr, sich und andere nicht zu schützen.

    Ich habe damit angefangen, bisher nur ein Möbelstück aus Naturholz, mit Kreidefarbe und Reisslacktechnik zu verschönern.
    Mich zieht es zu handwerklichen Tätigkeiten um mit der vielen „Zuhausezeit“ etwas kreatives anzufangen.

    Glückwunsch zur Fertigstellung Ihres nächsten Buches!
    Wir sind in der kalten Jahreszeit angekommen und Lesestoff ist willkommen.

    Ich habe die Hoffnung, dass durch den Impfstoff eine leichtere Phase in dieser Pandemie anbricht und wie man so liest, dauert es auch nicht mehr so lange.
    Klingt fast wie das Christkind kommt bald. Na, das stimmt auch.

    Viele Grüße, Anna Hartl

  2. Liebe Frau Hartl,

    das stimmt – auf solche Situationen in vollen Zügen würde auch ich mich nur sehr ungern einlassen. Ich bin allerdings meistens mit dem Fahrrad unterwegs. Von meiner Haustür in Offenbach zur Schwelle der Redaktion sind das rund 22 Kilometer hin und zurück. Auch im Winter. Ich bin im Winter 2019/20 allenfalls zweimal Zug gefahren, weil es zu stark geregnet hatte. Auch bei Schneefall und/oder Frost hätte ich auf den Zug ausweichen müssen, aber so kalt ist es ja praktisch nie gewesen. Das regelmäßige Radfahren fällt im Homeoffice leider weg, und es ist gar nicht so leicht, adäquaten Ersatz zu schaffen, denn die Tagesabschnitte, die derzeit am attraktivsten zum Radeln sind, die sind leider dieselben, in denen die meisten Arbeit anfällt. Und wenn die Arbeit fertig und die Seite abgegeben ist, dann wird es schon dunkel. Das Radfahren nach vorn zu verlegen, also vor die Hauptproduktionszeit, ist ebenfalls kaum möglich, da ich im Homeoffice natürlich erreich- und verfügbar sein muss.
    Ja, nun hoffen wir alle auf die Impfstoffe. Ich sehe da bereits die Debatte übers Impfen wieder heraufdämmern. Mancher „Impfkritiker“ hat sich ja bereits in Stellung gebracht. Allerdings ist die Situation mit den neuen RNA-Impfstoffen, die bald auf den Markt kommen sollen, eine grundsätzlich andere als bei den bisher üblichen Impfstoffen, die oft aus abgetöteten Erregern oder Teilen davon bestehen. Die neuen sind eigentlich nicht mehr als die Bauanleitung für ein Protein, das typisch für Sars-CoV-2 ist und vom körpereigenen Immunsystem zuverlässig als körperfremd erkannt wird. Sicher wird es Fälle geben, in denen wir von Impfkomplikationen hören werden. Es gibt keine pharmazeutischen Therapeutika ohne Nebenwirkungen. Selbst ein so gebräuchliches Mittel wie ASS („Aspirin“) kann Nebenwirkungen haben. Es wird trotzdem eingesetzt, in den allermeisten Fällen gibt es keine Probleme. Das wird bei den Corona-Impfstoffen nicht anders sein. Ich bin allerdings sehr gespannt auf die Ergebnisse aus der dritten Phase der klinischen Studien. Die Wirkstoffe mussten ja, das ist gesetzlich vorgeschrieben, am Menschen getestet werden. In der dritten Phase des Verfahrens geschieht das an Zehntausenden von Probanden. Je größer deren Zahl, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass bei einigen von ihnen unerwünschte Nebenwirkungen zu beobachten sein werden. Die bisherigen Beobachtungen sind ermutigend, als Nebenwirkungen tauchten vor allem Müdigkeit und Kopfschmerzen auf und klangen relativ schnell wieder ab. Also: Die Chancen stehen gut, dass wir bald funktionierende Impfstoffe haben. Wie schnell dann geimpft werden kann, das steht auf einem anderen Papier, aber schon wenn ein Viertel der Deutschen recht bald geimpft werden könnte, würde das die weitere Verbreitung des Virus m.E. spürbar beeinträchtigen, weil die Zahl der Menschen schrumpft, die empfänglich für das Virus sind. Bisher ist das so gut wie jede und jeder von uns, weil es – abgesehen von seltenen Fällen, bei denen Kreuzimmunität eine Rolle zu spielen scheint – keine Immunität gegen das neuartige Virus in der Bevölkerung gibt. Durch Impfen wird diese Immunität eingeführt. Hoffen wir, dass in einem halben Jahr alles vorbei ist. Das wäre schnell. So lange müssen wir uns wohl noch gedulden, die wir vermutlich nicht zu den ersten zählen, die die Impfung bekommen werden.

  3. @ Bronski

    Lieber Bronski,

    Geduld. Das ist das Stichwort. Je nach Lebenslage geht das gut oder weniger gut.
    Aber es ändert nichts an der Wichtigkeit.
    Der deutsche Normalrentner muss nicht klagen.

    Die Hoffnung auf den Impfstoff ist bestimmt wichtig, um weitere Eskalationen des Widerstandes gegen die Corona-Maßnahmen zu mildern. Die verrückten „Querdenker“ werden eh nicht aussterben. Vielleicht geben sie ja zu Weihnachten etwas Ruhe, die Feiertage, die gerade so eine Überhöhung kriegen.

    Gratulation zum Abschluss Ihres Werkes! Das ist ja ein Riesenpensum!

    Gerne werde ich zur Lesung am 17. Dezember kommen. Mal sehen, ob’s hinhaut.

    Übrigens habe ich zusammen mit meinem Kollegen Klaus Störch gerade unser Buch „Wohnungslose Menschen – Ausgrenzung und Stigmatisierung“ abgeschlossen. Es geht nächste Woche beim Lambertus-Verlag in Druck und erscheint im Dezember. In der Corona-Zeit war die Möglichkeit etwas intensiver am Thema zu arbeiten, um endlich fertig zu werden.

  4. @ Anna Hartl

    Liebe Frau Hartl,

    so wie Sie erlebe ich es auch in den Bussen in Wiesbaden (wir habe ja leider keinen Schienenverkehr). Im Wesentlichen halten sich die Fahrgäste an die Regeln.
    Wenn es allerdings zu voll wird in den Stosszeiten, steige ich wieder aus und gehe zu Fuß weiter.
    Es sieht so aus, als ob die Einschränkungen jetzt weiterhelfen. Die Order muss von seiten der Politik einfach klar und deutlich rüberkommen.

  5. @ Jürgen Malyssek

    Ich freue mich, wenn Sie zur Lesung kommen. Ich halte Sie gern auf dem Laufenden. Für alle Interessierten:

    Am 17. Dezember um 19 Uhr lese ich im Bibliothekszentrum Sachsenhausen, Hedderichstr. 31, Frankfurt, aus meinem neuen Roman „McWeir -Virenkrieg V“. Bisher ist die Veranstaltung nicht abgesagt, aber das kann natürlich passieren. In dem Fall werden wir sie sicher nachholen. Falls Sie mir zuhören und hinterher natürlich auch mitdiskutieren wollen, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Anmeldung und die Befolgung eines Hygienekonzepts nötig sind. Mehr Info darüber gibt es hier.

    Zu Ihrem Buch, Herr Malyssek: Darüber würde ich gern mehr erfahren. Vielleicht wollen Sie mir ein Rezensionsexemplar schicken? Dann allerdings bitte nicht an die FR-Redaktion, denn ich bin ja im Homeoffice, sondern an meine Privatadresse. Nähere Absprache per Mail, okay?

    @ Gabriele Schreib

    Du bist selbst Autorin, Du kannst also einschätzen und beurteilen, was für eine Arbeit, aber auch Herzblut in diesem Projekt stecken muss. Danke daher herzlichst für Deine Worte! Du lebst ein bisschen weit weg, und Reisen ist gerade nicht sonderlich angesagt, aber die Umstände können sich wieder ändern. Falls nicht, könnte es passieren, dass auch 2021 nur Reisen im Inland möglich sind. Vielleicht organisieren wir eine Lesung in Strande im Frühjahr 2021?

  6. Es mag ja sein, dass nur acht Prozent der Bevölkerung an einem christlichen Weihnachtsfest interessiert sind, aber Ausnahmen von den strengen Corona-Auflagen gibt es nicht nur für Gottesdienste: Die Ausnahmen von den Kontaktbeschränkungen gibt es doch auch und vermutlich vor allem für die anderen 92 Prozent, die an Weihnachten nur ein Familienfest, ein paar freie Tage oder Essen, Trinken und Geschenke genießen wollen. Falls Herr Herl diese „Konsumorgie“ kritisiert, möge er dies doch nicht den Christen vorwerfen!
    Was soll der verquere, ironisch gemeinte Hinweis auf die „immense Zufriedenheit“ der Muslime? Im Zweifel freuen die sich über die arbeitsfreien Tage. Fromme Moslems haben vielleicht sogar Verständnis für den religiösen Kern des Festes.
    Niemals würden Herr Herl oder die Frankfurter Rundschau einen moslemischen Gottesdienst (wohl aber einen christlichen) als „Kappensitzung“ bezeichnen. Denn das erfordert Mut. Man kann ja Religion für blöd halten – dann aber bitte jede.

  7. @ all

    Nur zur Kenntnis, da wir oben über meine Lesung am 17.12. gesprochen hatten: Die ist inzwischen coronabedingt abgesagt. Auf meiner Autorenwebseite Ybersinn.de halte ich Sie auf dem Laufenden darüber, ob und wann es einen neuen Termin gibt. Natürlich werde ich einen solchen Termin auch hier und im „FR Erleben“ kommunizieren. Derzeit besteht aber allergrößte Unklarheit.

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