Der Fall Hoeneß beschäftigt die Leserinnen und Leser weiter. Es ist der krasseste Fall von Steuerhinterziehung, den dieses Land bisher erlebt hat, und es ist nicht auszuschließen, dass noch mehr ans Licht kommt – denn bei allen Überraschungen, die schon der Prozess hervorbrachte, bleiben Fragen offen. Hoeneß muss bei seinen Devisenspekulationen ungeheure Summen bewegt haben. Hat er sich die, ausgehend von ein paar Anfangsmilliönchen, wirklich erzockt? Ein Fall von Spielsucht?
Und natürlich ist es ein Skandal, dass Kanzlerin Merkel Hoeneß ihren Respekt dafür ausspricht, dass er das Urteil angenommen hat, statt in Revision zu gehen. Er hätte mal besser Letzteres getan, damit der Bundesgerichtshof hätte klären können, wie das eigentlich ist mit der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige. Daran hätte auch der Staatsanwaltschaft liegen müssen. Dennoch hat sie ebenfalls erklärt, nicht in Revision gehen zu wollen. Das ist mir unverständlich. Sollte es gar mit dem vielen Respekt zu tun haben, der Hoeneß aus dem Olymp bayerischer und bundesdeutscher Politik entgegenschlug? Am Ende einer solchen Revision hätte womöglich ein schärferes Urteil gestanden, denn mal ehrlich: Dreieinhalb Jahre Haft – das ist angesichts der Summen, die im Prozess zutage traten, ein sehr mildes Urteil. Aber möglicherweise bewerte ich Hoeneß‘ Lebensleistung nicht so günstig wie andere.
Michael G. Hoffmann aus Flörsheim meint:
„Ergänzend zu dem Leitartikel „Abpfiff für Hoeneß“ gibt es meiner Ansicht nach noch einen weiteren, wichtigen Grund, warum das Urteil gegen Hoeneß gut ist. Es stärkt das Vertrauen in unsere Demokratie. Eine wichtige Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Demokratie besteht im gegenseitigen Vertrauen zwischen den Staatsvertretern und seinen Bürgern. So wie die Staatsvertreter wünschen, dass die Bürger ihnen vertrauen, müssen sie sich andererseits auch auf ein rechtmäßiges Verhalten der Bürger verlassen können. Steuerhinterzieher wie Hoeneß missbrauchen diese Vertrauen durch den Staat und schaden dabei der Demokratie, weil Missbrauch durch Bürger zwangsläufig immer auch mehr Kontrollen durch den Staat zur Folge hat. In diesem Kontext betrachtet gewährleistet und stärkt dieses Urteil auch unsere Demokratie, weil es vor Missbrauch, der zu Zwangskontrollen durch den Staat führt, abschreckt.“
Michael Maresch aus München:
„Drei 1/2 Jahre Haft. Außer für den Rechtsstaat gibt’s da nichts zum Schadenfreuen. Meint man. Oh doch! Ich freue mich, dass all diesen Sofasportlern, den Stadion-Bieslern und -Krakeelern, den Vereinsmeiern, den Daxvorständen und den intellektuellen Gutmensch Journalisten, die alle aus Selbstmitleid, aus Dummheit, wegen Sebstverstrickung, Selbstbewunderung oder Autoritätsgläubigkeit kriminelles Handeln tolerieren wollten, dass diesen demokratischen Nullen das Gericht den Weg zeigte, auf dem der betrügerische „Bartl den Most holt“: gehen Sie ins Gefängnis, gehen Sie direkt dahin, gehen Sie nicht über Los. Sonst zocken Sie weiter. Wäre ich Hoeneß, ich würde dieses gerechte Urteil annehmen: das Urteil nach der Revision wird schlimmer.“
Roland Klose aus Bad Fredeburg:
„3,5 Jahre Freiheitsstrafe für Uli Hoeneß und dann auch noch im Offenen Vollzug. Das ist ja wie Jungeninternat oder Kloster nur ohne Armutsgelübde und Pflichtzölibat. Abschreckung sieht anders aus. Zwangsenteignung für Sozialbetrüger wie Uli Hoeneß wäre angemessener gewesen.“
Johannes Roth aus Kassel
Die Causa Hoeneß ist so recht dazu angetan, uns vor Augen zu führen, wie unzureichend unser Rechtsleben ist: Er ist verurteilt, die Anklage hat – scheinbar – gewonnen, er hat verloren. Nun stellt sich die Frage: Welchen Gewinn hat die Gesellschaft, der er mit seiner Steuerhinterziehung schadete, eigentlich von einem Häftling Ulrich Hoeneß? Welchen Gewinn hätte sie, wenn der Richter nicht an statische und phantasielose Vorgaben gebunden wäre, sondern gemäß einer individuell zugeschnittenen moralischen Eingebung die „Strafe“ verhängen könnte! Eine solche könnte dann darin bestehen, dass dieser fraglos tüchtige Mann dazu „verurteilt“ würde, seine Fähigkeiten und seine Kraft wenigstens für eine Zeit einmal nicht in den Dienst der persönlichen Gewinnmaximierung oder eines Fußballvereins zu stellen, sondern der Allgemeinheit zu dienen, indem er etwa marode öffentliche Einrichtungen (Freibäder, Stadtbibliotheken, Schulen, Krankenhäusern udm.) zu sanieren helfen würde. Wie unendlich viel gibt es bei uns in dieser Richtung zu tun, ganz zu schweigen von anderen Ländern! Auch er hätte Gewinn davon – und wir hätten eine „double-win“-Situation “
Jürgen Speidel aus Regensburg:
„Der Fall Ulli Hoeneß wird leider viel zu oberlächlich in den Medien dargestellt und man bekommt sogar das Gefühl, dass Herr Hoeneß in den Medien geschont wird. Mag sein, dass es an der Vielzahl von Bayernfans liegt, welche auch in den Redaktionen arbeiten aber es sollte weit mehr hinterfragt werden, als nur die Frage der strafrechtlichen Behandlung dieser Steuerhinterziehung. Es sollte einmal deutlich herausgestellt werden, dass es sich bei den fast 30 Mio. Euro ausschließlich um den an Steuern hinterzogenen Betrag handelt, welcher aus einem Gewinn von 120 Mio. Euro (!) stammt. Der Gewinn ist aber immer noch nicht der Betrag, welcher wirklich auf dem Konto schlummert. Da sprechen wir mit Sicherheit von einem Vielfachen, z.B. 500 Mio. Euro! Sich dann im Gericht als „Zocker“ darstellen zu lassen, um Gnade zu erhalten, ist eine Farce, welche alleine schon bestraft gehört.
Dahinter steckt nicht nur eine Person Ulli Hoeneß, der solche Summen bewegt hat, dahinter steckt ein System von vielen Beteiligten. Und dann wird die Frage spannend, woher kam das Ursprungskapital, was hat er mit dem Schwarzgeld gemacht, hat er den Verein damit mitfinanziert, hat er Handgelder gezahlt, hat er Politiker „gefügig“ gemacht und vieles mehr. Genau solche Momente sind es, wo sich der Normalbürger einen Held wie Herrn Snowden wünscht, der die mit Sicherheit gespeicherten Daten über die gesamte Kommunikation von Herrn Hoeneß der Öffntlichkeit liefert. Das ohnehin schon rote Köpfchen von Herrn Hoeneß würde dann sicher platzen und eine Verteidigung wäre dann überflüssig. NSA, wo bist Du!“
S. Vetten aus Wassenberg
Ich finde keine Worte über das Benehmen von Ulli Hoeneß. Er sagt, er ist kein „Sozialschmarotzer“. Was ist sozial an seinem Benehmen? Ist es nur unsozial, ein paar Peanuts vom Sozialstaat zu erschleichen, aber sozial, einige Säcke Cashewnuts (Steuern) nicht an den Staat abzuführen?
Er hat Geld für gute Zwecke gespendet. Von seinen Millionen hat er das nicht vermisst. Aber jemand, der nur den Mindestlohn bekommt oder Hartz 4 bezieht und davon zwei Euro spendet, merkt dies am Ende der Woche. Wenn einer wie Hoeneß spendet, dann kann er sich damit für sein Steuervergehen nicht frei kaufen.
Was macht diese Benehmen für einen Eindruck bei jungen Menschen. Viele Jugendliche sehen in Hoeneß ein großes Vorbild. Diese Jugendlichen müssen erkennen können, was man in dieser Gesellschaft zu erwarten hat, wenn man als Betrüger sich hervor tut . Schließlich ist Steuerhinterziehung in dieser Höhe kein Kavaliersdelikt oder nur ein Versehen, auch nicht bei einer Selbstanzeige und dabei noch lügt. Ich als Großmutter kann nur hoffen, dass er seiner Strafe nicht entgeht.“
Manfred Kramer aus Frankfurt
„Mich haut es wirklich vom Hocker: Dass die Intelligenz eines Dukatenkackers nicht der Menge seines Geldes entsprechen muss, wusste ich schon. Ein Dummbeutel kann Geld erzocken, das eine zugegebene Steuerbelastung von rund 30 Millionen Euro nach sich zieht. Wieviel hat er erzockt?
Ich habe mit einer Direktversicherung jahrelang 23 000 Euro zur Altersabsicherung erspart und muss darauf als Rentner, wegen nachträglicher staatlicher Gesetzesänderung, jetzt für die nächsten zwölf Jahre jeden Monat 30 Euro an die Krankenkasse zusätzlich abdrücken. Ohne Zusatzleistung. Darf ich da bitte mal kurz kotzen? Ich weiß, dass das eine mit dem anderen nicht direkt was zu tun hat. Von der Steuerschuld eines Hoeneß könnte rund 5800 Rentnern in meiner Situation die Zusatzbelastung erlassen werden. Oder 1 145 833 Eltern könnte das Kindergeld von zwei Euro aufgestockt werden, an dem das Land jetzt angeblich zugrunde gehen würde.
Mit welchem Recht stecken sich Tausende Knalltüten jeglicher Couleur Millionen in die Tasche und spielen sich als Opfer auf, denen man nicht mit der Frage zu nahe treten darf, woher’s denn kommt?
Nee, wenn Hoeneß, in völliger Verblödung als Nelson Mandela oder Vater Teresa und Mutter aller Manager bezeichnet, frei ausgeht und seine Fans auch noch freies Geleit einfordern, dann gehe ich auf die Straße: „Haut dem Ulli auf den Schnulli“, und wenn dieser Demo nicht wenigstens 40 Leute folgen, wandere ich aus nach Chicouhicou. Da weiß ich dann wenigstens, dass ich wirklich in einer Bananenrepulik bin.
Und noch was: Die feine Ironie, Hoeneß als „Mutter aller Manager“ zu belobhudeln, hätte ich dem humorfreien „sexy knee“ Rummenigge (Rummenigge Rummenigge all night long)gar nicht zugetraut. Da sollten sich unsere Führungskräfte und Wirtschaftslenker schon doch mal überlegen, ob sie dieser krypto-intellektuellen Unterstellung nicht entgegentreten müssen.
Pfui Deibel, Deutschland!“
Michael Rosin aus Schöneck:
Es ist schon interessant wie sich plötzlich so viele Menschen zu Richtern berufen fühlen. Es gibt da ja diesen Spruch eines einst jungen Mannes, dem Legenden nach auch die größte politische Partei in Bayern huldigen soll: „Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein“.
Ja wo fängt es an und wo hört es auf mit der Schuld, der Schamgrenze, dem eigenen Moraldenken und der allgemeinen ethischen Grundhaltung. Was würden die Beobachter des Prozesses machen, wären sie an der Stelle des Uli H.? Wenn sie in materieller Hinsicht fast alles hätten, was Mann sich wünschen kann, Geld, ein „Spezzl-Haus“ im Naturschutzgebiet, Macht und einen Verein, den man selbst an die Spitze Europas gebracht hat. Und dann sind plötzlich keine neuen Ziele da. Da kann man schon verstehen, dass das Kind im Manne nach neuen Spielflächen sucht. Für Ulli H. war das das Spekulieren. Kann sich da nicht jeder reinversetzen? Wäre man nicht vielleicht in gleicher Situation auch schwach geworden? Der Mann hat ja auch schließlich viel Gutes getan. Gut, er hat damit schon auch geprahlt und sicherlich, ganz der Taktiker, nicht ganz uneigennützig gehandelt, aber sei’s drum. Wer wirft denn nun den ersten Stein?
Was, liebe Leser, glauben Sie, würde denn Uli H. tun wenn er über Uli H. zu richten hätte? Ob da die Begriffe Doppelmoral und Unglaubwürdigkeit ins Spiel kommen könnten, weiß ich nicht. Ob es zum Richten reicht, weiß ich ebenso wenig.
Ingrid Brehl aus Bad Vilbel:
„Nicht korrekt – ohne Zweifel –, um nicht zu sagen: Betrug und strafbar! Man spricht jetzt von ein „paar Milliönchen“, die Herr Hoeneß hinterzogen hat. Interessieren würde mich aber viel mehr, wieviele Aber-Millionen hat er denn in der fraglichen Zeit (brav) an den Fiskus abgeführt? Vielleicht sind die hinterzogenen Beträge daran gemessen prozentual nicht höher als das, was der Normalbürger durch seine Steuererklärung versucht herauszuschinden…
Herr Hoeneß ist (fast bieder) in Deutschland geblieben und hat sich zumindest nicht wie einige „Saubermänner“ – gerade aus dem Sportbereich – in Monaco abgesetzt (eingekauft); ein Fall von legaler Steuerhinterziehung, und da geht dem Staat ein Vielfaches der hier in Frage stehenden Gelder verloren! Natürlich will man hier einen Präzedenzfall schaffen; aber ich bin erst zufrieden, wenn auch die Verantwortlichen gleichermaßen herangezogen werden, die unsere Steuergelder durch Fehlkäufe oder Fehlspekulationen (am Bau z.B.) man kann schon sagen wissentlich verschwenden!“
Es gibt keine legale Steuerhinterziehung. Man mag die Tatsache, dass sich einige Toppverdiener in steuerlich attraktivere Länder (Schweiz, Monaco, etc.) zurückziehen, durchaus verwerflich finden, es ist aber kein Fall von Steuerhinterziehung. Dass der deutsche Staat auf diese Einkünfte verzichtet, ist allerdings eigene Dummheit. Eine entsprechende Änderung von §1 EStG könnte das ändern. Man muss es nur wollen.
Uli Hoeneß hat – zugegebenermaßen – Steuern in enormem Umfang hinterzogen und wurde dafür verurteilt. Das er darüber hinaus sicher auch Steuern abgeführt hat und auch sozial tätig war, spielt dabei keine Rolle. Und wie man am Fall Hoeneß erkennen kann. muss man gar nicht ins Ausland ziehen (wie z. B. soweit ich weiß, Herr Beckenbauer). Es gibt auch andere, dann aber illegale Methoden der Steuervermeidung.
Im übrigen wird hierzulande §42 AO (Gestaltungsmissbrauch) viel zu selten angewendet. Auch dadurch geht dem Fiskus eine Menge Geld verloren.
Mir erscheinen verschiedene Dinge beim Fall Hoeneß höchst merkwürdig.
Auf eines hat Jürgen Speidel richtig hingewiesen: Wie ist Steuerhinterziehung diesen Ausmaßes resp. Gewinn in der Größenordnung von 120 Mio € von (angeblich) einer einzigen Person technisch überhaupt möglich? Warum melden sich nicht täglich Tausende beim Finanzgenie Hoeneß, um von ihm zu lernen und zu profitieren?
Zweitens: Die erst dauerhafte Unterstützung durch andere Bayern-Aktionäre wie Adidas, BMW, Audi, die über Nacht fallen gelassen wird. Wurde da eher einer zurückgetreten? War die demütige Annahme des Urteils durch Herrn Hoeneß vielleicht gar nicht so freiwillig? Wurde einigen Herren die Sache angesichts eines möglichen neuen Verfahrens schlicht zu heiß?
Drittens: Der „Respekt“ vor dem Millionen-Steuersünder Hoeneß in der Öffentlichkeit, hier exemplarisch ausgedrückt durch den Leserbrief von Michael Rosin (für den dann auch noch Bibel-Sprüche herhalten müssen), aber auch die Kanzlerin – und natürlich die Bayern-Fans. Da fällt mir wieder das Nachwort von Brecht zur Arturo Ui ein (geschrieben 1938), der den Respekt vor den „großen Verbrechern“ analysiert, die – so Brecht – eben nicht GROSSE Verbrecher sind, sondern Verüber großer VERBRECHEN – eine politisch verheerende Verwechslung.
Fazit: Auch ich finde, wie Bronski, den Verzicht auf eine Revision sehr bedauerlich, und zwar nicht nur wegen der notwendigen Klärung der „strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige“ durch den BGH, sondern auch wegen der vergebenen Chance der Aufklärung von Hintergründen.
Hier wäre also hartnäckige Recherche, etwa der FR, gefragt – vielleicht ähnlich wie beim hessischen Steuerfahnder-Skandal.
Ein sehr mildes Urteil für Herrn Hoeneß, sozusagen im unteren Drittel der möglichen Haftdauer gem. StGB. Aber immerhin hat sich der Rechtsstaat gegen den immer häufiger aufflackernden Feudalismus durchgesetzt. Die Staatsanwaltschaft München, die völlig zurecht von einem besonders schweren Fall ausging, entsprechend auch der Strafantrag, ist offenkundig zurückgepfiffen worden und geht, entgegen ihrer Ankündigung, nicht in die Revision. Dass Staatsanwaltschaften immer noch weisungsgebunden sind, ist ein rechtsstaatliches Unding. Da erteilt der Landesjustizminister dem Generalstaatsanwalt eine entsprechende „Weisung“, und der hat sie an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter „gewiesen“. Obwohl noch sehr vieles im Dunklen liegt, u.a. sollen sich auf dem Hoeneß-Konto vorgeblich bis zu 400 Millionen Euro befunden haben, ist nun nach dem Motto verfahren worden: Klappe zu, Affe tot, Fall erledigt. Ob überhaupt noch, durch den Stern oder wen auch immer, in der Sache weiter „geforscht“ wird, halte ich für eher unwahrscheinlich. Die Luft scheint raus zu sein. Dagegen wird es wohl um rührselige Geschichtchen gehen, dass der arme Uli, der doch so viel Gutes getan hat, nun tatsächlich in einer richtigen Gefängniszelle eingesperrt wird.
Was nun die Begrifflichkeit Respekt anbelangt, so fühle ich mich in meiner seit langem gepflegten Praxis, diese Vokabel möglichst ganz zu vermeiden, voll umfänglich bestätigt. Im Fall Hoeneß wird mal wieder überaus überdeutlich, wie inflationär und auch missbräuchlich mit diesem Begriff umgegangen wird. Wenn ein Mann wie Hoeneß die Allgemeinheit über viele Jahre, mit hoher krimineller Energie, um sage und schreibe mindestens 28,5 Millionen Euro betrügt, nunmehr auf Rechtsmittel verzichtet, und das ergangene Urteil akzeptiert, so hat das mit allem Möglichen, u.a. auch mit dem Risiko einer höherer Bestrafung, aber nichts, absolut nichts mit Respekt zu tun. Dass die marktkonforme Frau Merkel in diesem Zusammenhang gar von hohem Respekt labert, der Herr Seehofer nicht nur von Respekt, sondern auch noch vom Format des Großbetrügers schwadroniert, und sogar der Herr Gysi auf dieser Respektwelle mitreitet, macht deutlich, wie in ihrer Bedeutung ursprünglich positive oder gar wertvolle Begriffe (neben Respekt gibt es da noch einige mehr) völlig verhunzt werden.
Die Bayern – Fans werden es nicht gerne hören. Aber Uli Hoeneß ist mit seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kein Ehrenmann mehr, sondern ein Verbrecher. Denn eine Steuerhinterziehung ist gem. § 370 Abgabenordnung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht und Verbrechen sind rechtswidrige Taten ( was die Steuerhinterziehung eindeutig ist), die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind. Menschen, die ein Verbrechen begehen weden landläufig als Verbrecher bezeichnet. Deshalb sind auch Beamte, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werden, kraft Gesetzes zu entlassen. Auch im heutigen Bayern lässt „Amigo“ grüßen. Drei Tage nachdem das Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Herrn Hoeneß eingeleitet worden ist, erstattet er Selbstanzeige, obwohl er genau weiß, dass sie drei Tage zu spät kommt. Da stellt sich doch die Frage, wer von den zur Amtsverschwiegenheit und zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichteten Beamten der „Maulwurf“ war und Herrn Hoeneß entsprechend informiert hat. Sein – verspäteter – Griff zur Selbstanzeige soll ihn als Saubermann darstellen, der reumütig seine Untat gesteht. Er hat seinen Anhängern damit lediglich Sand in die Augen gestreut, um nach außen hin als das Opfer zu gelten, der ja eigentlich die strafbefreiende Selbstanzeige erstattet hat. Wohl wissend, das sie erst erfolgte, nachdem er den Tipp über das gegen ihn eröffnete Ermittlungsverfahren erhielt. Im Hinblick auf andere Urteile im Steuerstrafverfahren sind die 3 1/2 Jahre für Herrn Hoeneß gerade zu lächerlich. Gut von seinen Anwälten beraten, hat er zunächst öffentlich Revision gegen das Urteil erwogen, dann aber doch das Gerichtsurteil brav anerkannt, was ihm „Respekt“ von der Kanzlerin einbrachte. Ich glaube nicht, dass sie anderen Verbrechern, die klugerweise ihr Urteil anerkennen, ebenfalls „Respekt“ zollen würde. Ja, und wenn der Kaiser Beckenbauer von nur „einem Fehler“ spricht, darf man doch den Uli nicht derart bestrafen. Die Entscheidung der Statsanwaltschaft, bei diesem günstigen Urteil nicht in Revision zu gehen, lässt aufhorchen. Ebenso die Ankündigung von Edmund Stoiber, dass Herrn Hoeneß nach seinem Strafvollzug alle Türen zum Verein offen stehen. All das hat Geschmäckle. In Bayern ist eben alles anders. Da stehen die Amigos – wo auch immer diese zu finden sind – einander bei. „Gott mit dir, du Land der Bayern…“.