„Damit Sie lange leben und gesund bleiben!“

Würden Sie der These zustimmen: „Deutschland ist in vielerlei Hinsicht überreguliert“? Man darf seinen Hund nicht mehr einfach so auf den Gehsteig kacken lassen. Man darf nicht mehr mit dem Handy am Ohr Auto oder Fahrrad fahren. Man darf — eigentlich gar nichts mehr. Die persönlichen Freiheiten sind überall, wohin man auch schaut, total eingeschränkt. Und jetzt soll man auch noch beim Fahrradfahren einen Helm tragen müssen? Dieses Land geht echt vor die Hunde, wenn es keine anderen Probleme mehr hat!

Okay, schalten wir einen Gang zurück, etwa so, als würden wir gerade zum Hahnenkamm von Hörstein her bei Alzenau hinauffahren. Solange es aufwärts geht, ist so ein Helm wirklich hinderlich. Zum Beispiel beim Schweißabwischen. Aber auf der anderen Seite des Passes? Wenn man mit 40 bis 50 Kilometern pro Stunde talwärts braust? Da möchte ich nicht ohne Helm fahren, auch wenn die Hahnenkammabfahrt eigentlich ganz easy ist. Und genauso ist es in der Stadt, wo ich als Radfahrer mein Schicksal nicht allein in der Hand habe. Man ist hundertfach gefährdet, unter anderem auch durch andere Radfahrer, die sich auf der Straße in einer Weise benehmen, dass man ihnen den Führerschein, wenn sie denn einen hätten, auf der Stelle entziehen müsste. Sich umschauen vor dem Einbiegen? Pustekuchen, ich werde mir doch den Kopf nicht verdrehen. Ich persönlich bin schon mehrfach beinahe von Rädern umgenietet worden, die plötzlich, ohne dass sich dabei umgeschaut wurde, aus Nebenstraßen hervorbrachen, obwohl ich auf der Vorfahrtstraße fuhr.

Die eigentliche Gefahr für Radler in Städten – und nicht nur da – sind aber natürlich die Autofahrer, denn denen gegenüber ist man als Radler immer im Hintertreffen. Man kann eigentlich nur allen Radlern, egal ob mit Helm oder ohne, raten, selbst von parkenden Autos einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern zu halten. Oder kannst Du vorhersehen, ob nicht plötzlich irgendwo eine Fahrertür aufgerissen wird? Ich wäre beinahe erst vorgestern mit einer kollidiert. Helm oder nicht – so was kann böse enden. Mit Helm weniger böse als ohne. Letzteres war der Fall bei einer Frau aus Schleswig-Holstein. Der BGH entschied jetzt: Die Türöffnerin ist voll schadenersatzpflichtig. RadfahrerInnen sind nicht verpflichtet, Helm zu tragen.

Vernünftige RadfahrerInnen werden das trotzdem tun – zumindest in der Stadt und auf Schussfahrten Richtung Tal. Zwar mag auch in anderen Fällen die Sicherheit trügerisch sein, weil man glaubt, sich und sein Pedal unter Kontrolle zu haben – aber wenn ich auf flachen Strecken durch das Hessische Ried oder die Wälder südlich von Frankfurt und Offenbach radle, wird mir niemand einen Helm aufzwingen, wenn es nicht sein muss. Daher begrüße ich die BGH-Entscheidung – und fordere noch höhere Strafen für Autofahrer, die ihr Handy nicht mal für ein paar Minuten ignorieren können, für Rechtsabbieger, die sich nicht umschauen, für Türöffner, die nicht in den Rückspiegel schauen, und für RadfahrerInnen, die sich vor dem Einbiegen nicht umsehen. Und für RadfahrerInnen, die rote Ampeln ignorieren, sollte dasselbe gelten wie für tatgleiche AutofahrerInnen: Höchststrafe. Am besten Führerschein weg! Rigoros. Damit diese Menschen Respekt vor und für andere/-n Verkehrsteilnehmer/- lernen.

Regina Neumann aus Marburg sieht das teilweise anders:

„Es ist ja schön und gut, dass zu 90 Prozent die Autofahrer die Hauptschuld an Unfällen mit Fahrradfahrern tragen und jetzt entschieden ist, dass Radfahrer Behandlungskosten und Schmerzengeld ohne Abzüge erhalten. Diesen wäre aber wohl noch mehr gedient, wenn sie durch das Tragen eines Helms eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung vermieden hätten, oder?
Meinen ersten Fahrradhelm haben mir meine Schüler geschenkt mit der Bemerkung: „Damit Sie lange leben und gesund bleiben!“ Das gilt für alle!“

Heinz Abraham aus Kronberg meint:

„In den Fällen Gurtpflicht und Winterreifen-Nichtpflicht besteht bei Autos eine Diskrepanz zwischen Verkehrsrecht und Versicherungsschutz. Für Radfahrer aber wird weder das Führen eines Nummerschildes noch das Tragen von Helmen vorgeschrieben, sodaß weder der Radfahrer noch mit ihm kollidierende Fußgänger oder Autofahrer solche unterschiedlichen Einstufungen vermeiden können.
Dass Radfahrer-Vereine, die Lobbyisten für die Fahrradindustrie sind, sich gegen Verschärfungen aussprechen – aber auch erstaunlicherweise der Bundesverkehrsminister – , ist bemerkenswert.Das BGH-Urteil ist nur auf den Fall der Unschuld des Radfahrers an Unfall abgestellt, was nicht deutlich geworden ist. Da bisher Helmpflicht nicht besteht, könnte man sogar verallgemeinern und dies auf Unfälle Auto gegen Fußgänger (auch keine Helme…) beziehen, was die Rechtsprechung aber nicht vorsieht. Wäre der Radfahrer mitschuldig, ist jenes zweischneidige Urteil aber zum Glück nicht anwendbar.
Dass nun erneut bei gesetzlichen Haftungsfragen und bei der speziellen Frage, wann ggf. Privatversicherungen zahlen müssen und inwieweit, Unklarheiten und unterschiedliche Regeln anwendbar bleiben, hat der BGH in Kauf genommen. Der Gesetzgeber sollte hier tätig werden.
Unser Verkehrsminister hat mit der Ablehnung von Helmpflicht u.s.w. gezeigt, daß er „pofallan“ will (Vom Minister zum Lobbyisten bei der Bahn) : wenn er einmal abtritt, kann er Vorsitzender der Radfahrerlobby werden.“

Monika Prescher aus Mainz:

„Ich frage mich, ob dieser Blödsinn wirklich geglaubt wird, der hier angesichts des Urteils vom ADFC verbreitet wird. Dass das Fahren mit Helm Leben rettet, braucht doch nicht noch diskutiert werden. Es gibt genug Beweise. Das mit dem Einführen der Helmpflicht die Leute weniger Rad fahren, ist eine bloße Vermutung. Bis die Politik fahrradfreundlichere Radwege usw. umsetzt, wird noch ewig dauern. Trotzdem gibt es dann noch Radunfälle.Jeder Radunfall, der ärztlich behandelt werden muss, wird von den Krankenkassen bezahlt (die Allgemeinheit). Trotzdem wird hier so getan, dass man sich einfach in Gefahr begeben kann, ohne Konsequenzen. Diese Diskussion läuft wie in den 70er-Jahren ab, als es um die Gurtpflicht im Auto ging. Heute eine Selbstverständlichkeit.“

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15 Kommentare zu “„Damit Sie lange leben und gesund bleiben!“

  1. Es ist eine Illusion, dass der Helm einen wirklich wirksamen Schutz darstellt, wie beim Unfall von Michael Schumacher zu sehen.
    Wenn ich mit 10 km/h über den Waldweg fahre, komme ich mir lächerlich vor mit einem Helm. Bin ich mit dem Rennrad unterwegs und dann wird es bergab auch mal 60 km/h, trage ich immer einen Helm durchaus mit dem Bewusstsein, dass es nur scheinbar sicherer ist.

  2. Frau Prescher, das klingt nicht sehr wissenschaftlich. „muss man nicht diskutieren“, „Es gibt Beweise“. Nein, gibt es nicht. Bis heute gibt es keine ernstzunehmende wissenschaftliche Studie, geschweige denn mehrere unabhängige, mit denen nachgewiesen wurde, ob das wirklich sinnvoll ist, eine generelle Helmpflicht einzuführen.
    Es gibt soviele verschiedene Unfallarten, und die billigen Helme vom Discounter für 3 Euro 50 werden meistens falsch getragen, haben falsch eingestellte Gurte, und stellen bei Unfällen eher ein Sicherheitsrisiko dar.
    Ich trage gern einen Helm beim Radfahren und halte es für mich und meine Kinder für sinnvoll, weil ich die Situationen kenne, in denen wir fahren, aber das muss jeder selbst wissen.

  3. Nach fast zwanzig Jahren Rettungsdiensterfahrung, glaube ich ein wenig Kompetenz bei diesem Thema zu haben.
    In unserem Rettungswagen hatte ich zwei Kategorien Radfahrer liegen: Die mit Helm und die ohne Helm
    Die mit Helm hatten alle möglichen Verletzungen, von Schürfungen bis zu Knochenbrüchen. Die anderen hatten
    die gleichen Verletzungen, aber immer auch noch mindestens eine Gehirnerschütterung dazu.Ich hatte auch Patienten
    die eine Blutung im Kopf hatten, eine absolut lebensgefährliche Verletzung. Ein Patient hatte diese Blutung trotz Helm,
    dieser lag in unzählige Stücke zerschlagen auf der Strasse. Alle behandelnden Personen waren sich einig: ohne Helm
    hätte er das Ganze nicht überlebt.
    In den achtziger Jahren habe ich in der Fachzeitschrift „Notfallmedizin“ eine Studie gelesen, der zufolge ca. 75 %
    aller tödlich verunfallten Radfahrer an Kopfverletzungen sterben.
    Also, was soll das Geschwätz des ADFC?
    Die Diskussion ist wirklich genauso blöde, wie die Kampagne des ADAC gegen die Gurtpflicht.

  4. Vor ein paar Monaten blieb ich mit dem Vorderrad in einer Straßenbahnschiene hängen und stürzte aufs Kinn. Als ich später mit durchblutetem Verband in der Bahn saß, fragte ein mir gegenüber sitzendes kleines Mädchen seine Mutter: „Mama, was hat der Mann da?“ Ich erzählte ihr von meinem Fahrradsturz, was die Mutter so kommentiere: „Siehst du, der Mann hatte sicherlich keinen Helm auf!“ Am Kinn?!? Von welchem Helm redet die Frau? Von einem dieser bunten Styroporhütchen, oder einem Integralhelm? Sicher gibt es Unfälle, bei denen ein Fahrradhelm schützt. Aber bei allen Stürzen, die ich bisher hatte, waren die von einem Fahrradhelm bedeckten Kopfbereiche nicht betroffen. Zudem: Handelsübliche Fahrradhelme müssen einen Stürz aus 1,50m standhalten. Ich bin aber bereits 1,84m groß … 
    Da es Länder mit Fahrradhelmpflicht gibt, muss man über die Auswirkung auf den Radverkehr nicht spekulieren: er würde, wie andernorts, sicherlich auch hierzulande zurückgehen. Und damit würden die Unfallquoten steigen, denn je mehr Menschen Radfahren, um so sicherer wird es für den Einzelnen. Denn er wird im Straßenverkehr besser von den Autofahrern (also den hauptsächlichen Unfallverursachern) wahrgenommen. Wer dann für sein subjektives Sicherheitsempfinden noch ein Styroporhut tragen möchte – bitteschön. Aber bitte ohne Pflicht.

  5. reinold hinzmann hat doch alles klar gesagt, warum dann noch infragestellen? ein guter freund ist seit vielen jahren pfleger in der unfallchirurgie hier. er hat über reinold h.’s beitrag gejubelt. ein anderer freund ist (mangels helm) mit zarten 40 jahren mit dem fahrrad umgekommen (hirnverletzung); eine freundin ist vor kurzem wegen einer rücksichtslosen autofahrerin in berlin voll durch die scheibe des wagens geflogen und nur dank helm nicht am kopf „zerchnitten“. gestern ist eine freundin in basel auf dem weg zu ihrem fahrradverunglückten mann in die unfallchirurgie selbst angefahren worden… dank helm „nur“ an den extremitäten verletzt…
    meine diversen (auch älteren) nachbarn tragen aus purer eitelkeit keinen helm (darunter auch ein arzt)… was soll man da noch sagen?

  6. ganz einfach, #5 (maiillimi): dazu kann man sagen, dass diese Fälle natürlich jeder für sich schlimm und bedauerlich ist, aber es ist trotzdem eine empirische Beobachtung, und Wissenschaft besteht eben gerade nicht daraus, wegen 5 Einzelfällen eine Verallgemeinerung als allgemeingültige Wahrheit anzusehen.
    Und bitte auch nicht solche rhetorischen Tricks wie Frau Prescher „muss man nicht diskutieren“, „warum dann noch infragestellen?“. Regulierung aufgrund von wissenschaftlicher Evidenz ist in Ordnung, aber nicht, wenn des Volkes Stimme danach schreit mit solchen Argumenten.

  7. Es geht doch hier um Regulierung und Überregulierung?

    Auch wenn Helme und andere Sicherungsmaßnahmen wie Gurte etc sinnvoll und nachgewiesen wirksam sind, ist trotzdem die Frage, ob man sie allgemein per Gesetz „verordnen“ darf, oder per Mitschuld erzwingen soll.

    Reflektiert auf die Unfallverursacherin im Beispiel könnte man ja eine Türöffnungssicherung verlangen, die sich erst dann betätigen lässt, wenn sich der Fahrer dreimal umgeschaut hat, dann einen Hebel betätigt, der ein Lautsignal und drei Leuchtsignale abgibt und dann die Tür nur zentimeterweise öffnen läßt. Für den Fall, daß dennoch ein Verkehrsteilnehmer gegen die Tür prallt, wäre eine Sollbruchstelle am Türscharnier vorzusehen, welches die Tür bei leichtem Anpreßdruck aus der Angel sprengt, alternativ auch ein Airbag oder ein Radfahrerumleitungsbügel, die diesen zwingt, beim Türöffnen den erforderlichen Sicherheitsabstand zu halten.

    Reductio ad absurdum: Wahlweise wären solche Unfälle durch ein Auto- und Fahrradverbot zu verhindern.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Reductio_ad_absurdum

  8. Die Überschrift über den Leserbriefen lautet „Es gibt genug Beweise dafür, dass Helme Leben retten“.

    Nein, die gibt es nicht. Wenn man statt der zugehörigen Pressemeldungen mal anfängt die diversen Fahrradhelmstudien zu lesen, stellt man überrascht fest, dass in der weit überwiegenden Zahl die Schutzwirkung gar nicht untersucht (und das bedeutet natürlich auch: in Frage gestellt) wird, sondern als gegeben vorausgesetzt. Als Beleg finden sich dann Verweise auf diverse Fahrradhelmstudien, liest man diese wiederum … siehe oben. Am Ende dieser Ketten steht dann typischerweise eine einzige berühmte Studie (Thompson, Rivara, Thompson, 1989), die so grottenschlecht ist, dass man mit der verwendeten Methodik schlicht überhaupt nichts beweisen kann. Dass haben inzwischen auch andere bemerkt, englische und amerikanische Behörden haben sich offiziell distanziert.
    Und: Nein, das mit dem Fahrradhelm ist nicht das Selbe wie mit dem Sicherheitsgurt. Die Schutzwirkung der Gurte ist in der Verkehrsunfallstatistik zu sehen, die der inzwischen zumindest bei Kindern merklichen Fahrradhelmnutzung nicht.

  9. den Ausführungen von Herrn Rauschenberg in seinem Leserbrief kann ich nur zustimmen. Als Motorradfahrer, der sich auf Moto Cross-Pisten auch schonmal kräftig auf die Nase gelegt hat, frage ich mich schon lange, was diese merkwürdigen Plastikgebilde auf den Köpfen von Radfahrern eigentlich bewirken sollen. Zwar ist ziviles Radfahren nicht mit Moto Cross zu vergleichen, Fahrradstürze können dennoch sehr kritisch werden, insbesondere, wenn Autos dabei mitwirken! Zu meiner Bestätigung erinnere ich mich an die Berichte von Bekannten, die sich bei Fahrradstürzen das GESICHT verletzt haben bis hin zu schweren Kieferbrüchen. Und das Gesicht bleibt bei diesen merkwürdigen Plastikgebilden auf Radfahrerköpfen völlig ungeschützt!

    Eine verantwortliche Person der Deutschen Verkehrswacht war sich zurückliegend im Zuge eines Gespräches mit mir einig, dass diese sogenannten Fahrradhelme nicht nennenswert schützen. Warum gibt es keine wirkungsvollen Helme? Weil die Deutschen sie nicht kaufen würden. Denn der Hauptnutzen dieser merkwürdigen Plastikdeckelchen auf Radfahrerköpfen besteht wohl eher darin, dass er abseits des Rades in eine Handtasche passt, und im Umsatz der Hersteller. Und ein Integralhelm mit Gesichtsschutz passt halt in keine Handtasche. Mit diesen soganannten „Fahrradhelmen“ lösen sich die Deutschen somit nur ein Problem, dass sie ohne diese Gebilde gar nicht hätten…

    Ich weiß nur eines: wenn diese lächerlichen Plastik-Placebos zur Pflicht erklärt werden sollten, dann setze ich mir auf dem Rad meinen Moto Cross-Integralhelm auf. Der ist auch leicht, gut belüftet und gewährt wirksamen Schutz. Und ich spare mir den Kauf von diesem unsinnigen Plastikkram und brauch den damit verbundenen, fragwürdig sinnvollen Trendt nicht zu unerstützen.

  10. Wirkungsvoller ale eine Helmpflicht wäre das Verbot, alkoholische Getränke herzustelle und zu vetreiben. Oder man könnte jeden Autofahrer verpflichten, auch ein Fahrrad zu haben und es ab und zu zu benützen. Eine schwache Politik wird aber immer den Schwächeren die Lasten aufbürden. Warum also nicht die Radfahrer verpflichten, eine mittelalterliche Ritterrüstung zu tragen? (Die Rüstungsindustrie würde sich freuen.)

  11. Denkt denn keiner an den Alltag? Soll ich mit meinem Helm einkaufen fahren? Wohin mit dem Helm, wenn ich im Geschäft bin oder durch die Stadt bummele? Nach spätestens 10 Minuten Fahrzeit ist im Übrigen die Frisur unterm Helm hinüber – so soll ich dann ggf. 8 Stunden am Arbeitsplatz sitzen?

    Argumente dieser Art mit „purer Eitelkeit“ abzutun, ärgert mich jedesmal. Radfahren muss einfach sein und für Fahrten im Umkreis von ein paar Kilometern selbstverständlich werden. Ein Helm wäre für viele Menschen (vor allem für uns Frauen) eine massive Einschränkung, die vom Radfahren sicherlich abhalten würde. Der Vergleich mit einem Sicherheitsgurt hinkt doch total. Den Gurt merke ich gar nicht, er hinterlässt keine Abdrücke und er bleibt im Auto, wenn ich abschließe.

    Ein Radfahrer ist im täglichen Verkehr sowieso immer der Dumme. Er wird übersehen, seine Wege zugeparkt, nassgespritzt. Ihm wegen des Nichthelmtragens auch noch eine Mithaftung anlasten zu wollen, wenn ein Autofahrer ganz klar Schuld hat, ist schon ein wenig pervers. Ist ein bisschen so, wie wenn ein Vergewaltiger weniger bestraft wird, weil sein Opfer einen kurzen Rock trug.

  12. @ 11 Julika:
    Vielleicht wäre die Diskussion weniger todernst oder deffensiv verlaufen, wenn es nicht um die Helmpflicht, sondern einfach nur um die Frage gegangen wäre: freiwillig Helm ja oder nein. Mir ging ’s nicht um die Pflicht. Ich lasse mich auch nicht gerne von oben per Gesetz bestimmen. Offensichtlich ist es Reinold Hinzmann (3) nicht gelungen, die Infragesteller zu überzeugen. Schade.

    Ich mache all meine Einkäufe mit dem Fahrrad und mit Helm – sicher in einer Kleinstadt unproblematischer… Entweder ich behalte ihn auf oder lasse ihn baumeln oder deponiere ihn in einem Geschäft an der Kasse… Meine Frisur und der Helm tolerieren sich. Es mag jedem überlassen sein, was ihm wichtiger ist… Die Eitelkeit in meinem Nachbarkreis bezieht sich übrigens fast ausschliesslich auf Männer!

  13. Offensichtlich ist die immer wieder einmal vorgeschlagene Helmpflicht für Radler ein Thema, über das man, ähnlich wie übers Wetter, ausgiebig diskutieren kann. Leider gehen die meisten Kommentare und Berichte zu beiden Themen an der aktuellen Realität vorbei. Laut Wetterbericht der heutigen FR erwärmt sich die Luft tagsüber auf 2 bis 11 Grad und kühlt in der Nacht auf 3 bis –1 Grad ab. Tatsächlich aber haben wir Frühsommer und ich habe meine Zeitung heute Morgen in kurzen Hosen aus dem Rohr gezogen. Im oberen Teil der selben Zeitungsseite äußern sich Zeitungsleser zur Helmpflicht mit Pro- und Kontra Argumenten. Auch hier geht die Diskussion am wirklichen Leben vorbei. Denken wir einmal 30 oder 40 Jahre zurück. Auch damals sind die Leute mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, teilweise noch auf den schwarzen Eisenkonstruktionen der Nachkriegszeit. Sie sind zur Arbeit gefahren und in die Schule und gestürzt ist der Eine oder Andere auch schon mal. Kein Mensch kam auf die Idee, deswegen einen Helm zu tragen. Auch das man zu Fuß nur mit zwei Plastikstöckchen in den Händen unterwegs sein kann, wurde uns erst später vermittelt. Die Industrie stellt viele schöne Dinge her und wir sollen sie dann kaufen. Dagegen ist nichts ein zuwenden, solange der Kaufentschluss aus der eigenen Überzeugung heraus entsteht und nicht per Gerichtsurteil “gereift” ist. Einen wesentlichen Unterschied zur damaligen Zeit gibt es aber schon. Der Straßenverkehr war überschaubarer, die Leute hielten sich noch an Verkehrsregeln und Rücksichtname galt noch nicht als eigene Schwäche. Wenn heute eine Haustüre ins Schloss fällt, wird unmittelbar darauf ein Verbrennungsmotor in Gang gesetzt um 4 Brötchen am Backautomaten und das Kind aus der Schule zu holen. Statt über eine Helmpflicht sollten wir darüber nachdenken, warum so viele Menschen Tag für Tag mit ihrem Auto inklusive 4 unbenutzter Sitzplätze hin und her fahren. Das in der ersten Instanz gesprochene Urteil, das der durch einen Autofahrer verursachten Unfall der Fahrradfahrerin eine Mitschuld an ihren Verletzungen durch das Nichttragen eines Helmes unterstellt, ist wohl nur unter Beihilfe engagierter Anwälte auf Seiten der Versicherung zu verstehen. Gut, dass das Oberlandesgericht dieses Urteil aufhob. Nicht auszudenken, wenn mir demnächst ein unter Termindruck stehender Leistungsträger mit seinem SUV am Zebrastreifen über die Füße fährt und der Richter eine Teilschuld meinerseits erkennt, weil ich keine Sicherheitsschuhe getragen habe.
    Ein guter und lieber Freund kam vor einiger Zeit bei einem Fahrradunfall ums Leben. Wie es zu diesem Unglück kam, wurde nie geklärt. Er trug keinen Helm.

  14. Es ist wirklich interessant, zu lesen, was da so alles gegen den Radfahrer-Helm vorgebracht wird.
    Er ruiniert die Frisur: wenn ein chirurgischer Eingriff am Kopf vorgenommen werden muss, um eine Blutung zu stillen, bzw. einen Bluterguss auszuräumen, wird der Schädel komplett rasiert. Wo soll ich den Helm beim Einkaufen hintun? Ich hänge ihn mit dem Schloss zusammen. Wenn mein Fahrrad geklaut wird, soll der Dieb wenigstens seine Birne schützen.
    In der hervorragenden Kindersendung „Sendung mit der Maus“ wurde vor vielen Jahren die Schutzwirkung des Fahrradhelms demonstriert, indem eine Melone in einen Helm gesteckt wurde, und diese aus dem zweiten Stock eines Fensters geworfen wurde. Ohne Helm war die Melone Matsch, mit Helm unbeschädigt.
    Natürlich schützt ein 5 Euro Helm nicht, Mensch sollte schon Qualität kaufen. Der Helm soll den Schädel, bzw. das Gehirn schützen. Das tut er. Wenn gegen den Helm argumentiert wird, in dem auf Kieferbrüche verwiesen wird, so mag das sein. Aber er schützt auch nicht gegen gebrochene Beine oder Arme.
    Wieso, liebe Gegner des Helms wollt ihr euch eigentlich nicht schützen. Wer von euch springt freiwillig aus dem Fenster? Eine Kollision mit einem Auto bei Tempo 40 entspricht etwa dem Sturz aus dem zweiten Stock. Wenn ich in meiner ersten Zuschrift auf das Beispiel Sicherheitsgurt verwiesen habe, dann deshalb, weil die Diskussion in den siebzigern genau so absurd war, wie heute gegen den Helm.
    Und noch ein Aspekt scheint mir erwähnenswert: Mein erster Helm vor vielen Jahren war wirklich kein schönes Ding, doch heute schützen die Helme nicht nur, sie sehen auch noch gut aus.
    Also, schützt eure Köpfe, die Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas sind wirklich nicht toll, von

  15. bin aus Versehen auf die Enter-Taste gekommen.
    Wollte noch ergänzen: von jahrelangen Kopfschmerzen bis hin zu massiven geistigen Defekten.

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