Wie soll es jemals Frieden geben?

Im Nahen Osten ist wieder Krieg. Die islamistische Hamas beschießt vom Gaza-Streifen aus mit Raketen israelisches Territorium. Sie besitzt jetzt Raketen, die sogar Tel Aviv erreichen können. Das israelische Militär reagierte mit Beschuss des Gaza-Streifens aus der Luft und von der See aus. Ahmed al-Dschabari, der mächtigste Mann der Hamas und ihr Militärchef, wurde am vergangenen Mittwoch gezielt getötet. Er wurde im Auto mit seinem Sohn in Gaza-City von einer israelischen Rakete tödlich getroffen. Al-Dschabari habe seine Strafe wegen „jahrzehntelanger terroristischer Aktivität“ erhalten, bekannte sich der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Beth zu der Aktion. Al-Dschabari war der Drahtzieher bei der Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit im Juni 2006.

Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde sind bei den israelischen Angriffen bisher 50 Menschen getötet worden, darunter auch Kleinkinder. 500 wurden verletzt. Israel hat 75000 Reservisten einberufen und scheint den Einmarsch in den Gaza-Streifen vorzubereiten. Diese Aktionen sind möglicherweise auch vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen zu verstehen: Premierminister Benjamin Netanjahu präsentiert sich so als tatkräftiger Mann.

Da setzt wieder die Debatte darüber ein, ob solche gezielten Tötungen wie jetzt im Fall al-Dschabari überhaupt vom Völkerrecht gedeckt sind. Es geht dabei aber nicht nur um den aktuellen Fall. Auch die USA setzen auf solche gezielten Tötungen – und nehmen dabei die Tötung von unbeteiligten Zivilisten billigend in Kauf.  Trotzdem meint der Völkerrechtler Wolff Heintschel von Heinegg von der Europa-Universität Viadrina im FR-Interview, seien „gezielte Tötungen als Ultima Ratio zulässig„. Die FR-Leserinnen und -Leser stimmen ihm zu – teilweise.

Erwin Chudaska aus Rödermark meint:

„So wie damals in Nazi-Deutschland die Widerstandskämpfer das Recht hatten, führende Nazi-Verbrecher zu töten, so hat auch der Staat Israel das Recht, unverbesserliche, von Hass erfüllte Führer der Hamas zu töten. Diese teuflischen Aufwiegler schaden der Sache der Palästinenser enorm. Aber es bleibt zu hoffen, dass die vielen moderaten Palästinenser, die ich in drei Jahren beruflicher Tätigkeit im Nahen Osten als Freunde kennenlernte, den Hasspredigern baldigst die Rote Karte zeigen.
Im Dritten Reich versteckten sich die Nazi-Führer feige in ihren Bunkern. Genauso tun es jetzt die Hamas-Führer. Damals phantasierten die Nazis von einem Riesen-Reich. Heute haben die Islamisten der Hamas Wunsch-Phantasien von einem Groß-Jerusalem der Moslems. Sorry – Jerusalem wird immer die „Heilige Stadt der Juden und Christen “ bleiben. So steht es schon in meiner Bibel!“

Joachim Kretschmann aus Villingen-Schwenningen:

„Ahmed Al-Dschabari war der Kopf der Mörderbrigaden der Hamas und an Grausamkeit kaum zu überbieten, woran über 1000 (!) Raketen auf die Israelische Zivilbevölkerung allein in 2012 keine Zweifel lassen. Sämtliche Anschläge gegen Israelische Bürger im letzten Jahrzehnt gehen auf sein Konto. Israels Verantwortliche würden lieber gestern als heute die Militäroperationen einstellen, wenn man ihnen garantieren würde, dass ihre Kinder nicht mehr in Schulbussen zerfetzt oder an der Eisdiele von Nagelbomben durchsiebt werden. Wer die Tötung Al-Dschabaris verurteilt, der sollte fairerweise die Umbenennung aller Von-Stauffenberg-Straßen beantragen, denn dieser mutige Offizier sah in der gezielten Tötung den einzigen Weg, dem Terror Hitlers ein Ende zu bereiten. Auch würde niemand die Einheit, welche im gefährlichen Einsatz Osama Bin Laden erschoss, als Mörder bezeichnen. Nein, sie alle gelten als Helden – die israelischen Soldaten, die unter Einsatz ihres Lebens ihre Familien vor dem Terror beschützen, sind es nicht minder.“

Michael Strake aus Hütschenhausen:

„Vor mehr als 200 Jahren machte sich der Philosoph Immanuel Kant Gedanken „zum ewigen Frieden“. Zuerst einmal schrieb er die Bedingungen auf, die gegeben sein müssen, damit die Völker überhaupt über einen Friedensvertrag verhandeln können. Die sechste Bedingung lautet: „Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem anderen solche Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen müssen … Denn irgend ein Vertrauen auf die Denkungsart des Feindes muss mitten im Kriege noch übrig bleiben, weil sonst auch kein Friede abgeschlossen werden könnte, und die Feindseligkeit in einen Ausrottungskrieg ausschlagen würde ….“
Heimliche  Luftangriffe mit bewaffneten Drohnen auf Gegner, die sich inmitten von Zivilisten befinden, sind für mich Feindseligkeiten, „welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen müssen.“  Die gesamte Bevölkerung des überwachten Gebietes wird in permanente Todesfurcht versetzt,  Zivilisten und Kombattanten zugleich ins Visier genommen, und ob es dann „nur“ die Kombattanten trifft, bleibt ungewiss. Wie soll es da jemals möglich werden, Frieden zu schließen?
Kants Argument gilt gleichermaßen für  Androhung von und  Massenmord mit Atomwaffen.“

Marianne Henrici aus Frankfurt:

„Diese Militäraktion Israels ist nun wirklich nicht als wahlkampforientiert zu bezeichnen. Es gingen Wochen von sich intensivierenden Provokationen und kriegerischen Handlungen seitens Hamas gegen Iraels Zivilbevölkerung voran. Irgendwann muss Israel reagieren, seine Zivilbevölkerung schützen.“

Torben Waschke aus Sulzbach:

„Es klingt doch absurd, dass Raketen, Bomben, Panzer oder Planierraupen den Frieden sichern sollen. Dies hat in Wahrheit nichts mehr mit Frieden zu tun. Im Gaza-Krieg 2008/9 wurden 10000 Reservisten einberufen, heute sollen 75000 Soldaten für die einzige „ethnische Demokratie“ für Sicherheit sorgen. Jeder einzelne Soldat läuft wieder in Gefahr, dass er womöglich dasselbe Schicksal wie Gilad Shalit 2006 erleiden kann. Der Kreislauf der Gewalt setzt sich weiter fort.
Im ersten israelisch-arabischen Krieg 1948, erteilte schon der erste israelische Premierminister David Ben Gurion detaillierte Anweisungen, welche Methoden anzuwenden seien, um die Palästinenser zu vertreiben. Als sog. „ethnische Säuberung“ ging diese Politik in der arabischen Welt als „Nakba“ (Katastrophe) in die Geschichte ein. Albert Einstein – ein kluger Mann – lehnte unter Verweis auf die palästinensischen Missstände, dass Angebot von Ben Gurion ab, erster Präsident Israels zu werden. Verantwortliche, die das Einsetzen von Waffen als einzige Möglichkeit für Frieden sehen, obwohl die Geschichte keine erkenntlichen Fortschritte offeriert hat, sind Bellizisten.
Der Mensch beginnt sein Leben mit Verspüren des ersten Herzschlags, doch ist es auch er, der dem Herzen seinen letzten Schlag – sei es durch Schusswaffen – erzwingen kann. Das Wort „Friede“ existiert nur, weil wir den Krieg erfunden haben! Doch was der Mensch aus eigener Macht erschaffen hat, so ist er auch imstande, dies zu beseitigen. Wir schaffen Freud und Leid, wir leben in Liebe und Hass, wir bauen und zerstören. Der einzelne Mensch ist es selbst, der die Entscheidungen trifft.
Es scheint mir so, dass beide Parteien eher in neuen Waffentechniken größere Fortschritte für den Frieden sehen, als sie es ihrem Geist und ihren Worten zutrauen möchten. Die Grenzen des Möglichen sind im Moralischen weniger eng als man glaubt. Es sind die Schwächen, Laster und vor allem Vorurteile, die einen solchen Glauben bestärken. In solch einer Stunde fehlt die völlige Sicht an Empathie. Die gegenseitige Dämonisierung und das gemeinsame Schicksal der Angehörigen dürfen nicht als einzige Gemeinsamkeit beide Völker verbinden. Jeder von uns hat nur dieses eine Leben, nichts anderes als der Zufall der Geburt trennt uns voneinander.“

Walter Desoi aus Ransweiler:

„Mich hat dieser Artikel sehr betroffen gemacht. Er liest sich so schön vernünftig. Gezielte Tötungen als letztes Mittel der Selbstverteidigung. Wer wird denn da nein sagen können? Eigentlich ist es ja nur das, was sogar unser Strafrecht vorgibt, Selbstverteidigung kann bis zur Tötung des Gegenübers gehen. Warum bin ich nur so beunruhigt?
Weil Herr von Heinegg extralegale Hinrichtungen rechtfertigt. Als Vorraussetzung zur gezielten Tötung gehört eine militärisch bewaffnete Gruppe und das Selbstverteidigungsrecht. Ich bin jetzt etwas verwirrt. Ist Al-Kaida jetzt eine terroristische Gruppe oder eine militärische? Wenn man sie töten will sind sie anscheinend eine militärische Gruppe, und wenn man angeblich welche gefangen hat, verweigert man ihnen den Status des Kriegsgefangenen. Sehr logisch!
Warum müssen es im Zweifelsfall militärische Gruppen sein, gegen die man vorgeht?
1. Weil man nur da Soldaten einsetzen darf.
2. Getötete Zivilisten sind einfach Kollateralschäden.
Diese Argmentation gilt natürlich nur in eine Richtung. Die mehr als 3000 Toten in New York dürfte niemand als Kollateralschaden bezeichnen, was gäbe das für einen Aufstand.
Gezielte Tötungen sind kein Ultima Ratio sondern schlicht und einfach Mord. Zur Selbstverteidigung gehört ein unmittelbar bevorstehender Angriff. Wie jemand aus Afganistan oder dem Jemen heraus gerade unmittelbar die USA angreift, ist mir schleierhaft. Trotzdem werden dort Menschen mit Cruise Missils oder Drohnen getötet.
Zu den Punkten Gegenwärtigkeit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit hat Herr von Heinegg nicht Stellung bezogen. Warum wird Bush nicht wegen seines völkerrechtswidrigen Krieges im Irak zur Rechenschaft gezogen? Herr von Heinegg gibt sich als Völkerrechtliches Feigenblatt für eine Haltung her die in den USA schon immer durchgeklungen ist: Recht ist, was mir recht ist. Damit stehen sie Al-Kaida in nichts nach.
Im Übrigen darf ich nochmals erinnern: Auch wir haben nur zurückgeschossen, als uns 1939 die Polen überfallen haben.“

Und jetzt noch ein sehr langer Leserbrief von Ralph Thannhäuser aus Pohlheim:

„Ich bin schockiert, im Thema des Tages einen solchen hahnebüchenden Unsinn zu finden. Die Darstellungen der gezielten Tötungen als völkerrechtlich zulässig ist derart weit von den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten entfernt, dass man sich fragen muß, was damit beabsichtigt ist.
Herr von Heinegg behauptet mal eben, die Al-Kaida sei Kriegspartei und dürfe damit getötet werden. Hierfür sei ausreichend, dass sich die USA im Krieg gegen den Terror befinden. Mit der gleichen Argumentation dürfte die USA dann auch jeden Kiffer mittels Drohnenangriff töten, da diese sich schon viel länger im Krieg gegen Drogen befindet. Tatsächlich ist es völkerrechtlich so, dass Mitglieder der El KAida zu keiner staatlichen Konfliktpartei gehören und deshalb keine Kombattanten im Sinne der Genfer Konventionen sind – eine legale Tötung ist deshalb rechtlich unmöglich. Sie sind nach den jeweils vor Ort geltemden Recht als Straftäter zu beurteilen und können daher nur aufgrund eines Urteils eines Gerichts belangt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt auch für diese eine Unschuldsvermutung, welche auch ein zentraler Rechtsgrundsatz des US- Rechtes ist. Zum Ziel feindlicher Angriffe können sie nur dann werden, wenn sie „bei direkter Teilnahme an Feindseligkeiten nach den Vorschriften der Genfer Konventionen.“ angetroffen werden. Das setzt bei Tötungen in Parkistan, das auch keine Konfliktpartei in einem US-amerikanischen Krieg ist, voraus, dass sie dort im Moment des Drohnenangriffs dabei sind ein dort befindliches amerikanisches Ziel anzugreifen.
Auch wird der El Kaida von Seiten der USA kein Kombatantenstatus zugebilligt. Dies würde nämlich bedeuten, dass Angriffe der El Kaida auf militärische oder dies unterstützende Ziele ebenfalls im Rahmen des Konfliktes als legitim einzustufen währen. Ein Kriegsgegner darf sich durchaus wehren. Die El Kaida Mitglieder hätten weiterhin das Recht im Falle der Gefangennahme als Kriegsgefangener behandelt zu werden.
Weiterhin findet ein Großteil dieser Drohenangriffe außerhalb von Afghanistan statt. Das völkerrechtliche Mandat der UN umfasst diese demnach nicht. Einen Freibrief zur Bombadierung jedes beliebigen Zieles auf der Welt hat der Sicherheitsrat zu keinem Zeitpunkt erteilt.
Auf Seiten der USA als Partei in diesem Konflikt ist bekannt, dass einige der Drohnenangriffe durch die CIA und nicht durch die Streitkräfte durchgeführt werden. Jedoch haben nur die Streitkräfte, nicht aber ein Geheimdienst Kombatantenstatus nach dem Völkerrecht. Eine Tötung durch den Geheimdienst ist daher einfach ein Mord nach den jeweils nationalen Gesetzen des Landes, in dem er geschieht.
Dies läßt sich in Falle eines Einsatzes von Bomben und Raketen auch nicht mit dem Recht auf Selbstverteidigung umgehen, wie dies von Herrn von Heinegg versucht wird. Man stelle sich einmal vor, jemand würde mit der Begründung der Selbstverteidigung bei einem Bankraub mit Geiselnahme einfach die Bank samt Geiseln in die Luft sprengen, um den Täter unschädlich zu machen und das damit begründen, der Täter könne mutmaßlich sonst ja später irgendwo noch einmal zuschlagen. Dasselbe passiert aber bei den Drohnenangriffen. Nach internationalen Studien sind 20 Prozent aller bei diesen Drohnenangriffen getöteten Menschen gar keine militanten Islamisten, sondern Zivilisten, Frauen und Kinder. Das Hinnehmen von Kolateralschäden, in einem Land, mit dem man sich nicht im Krieg befindet ist jedoch vökerrechtlich nicht gedeckt. Würde dies wie von Herrn von Heinegg propagiert zu vernachlässigen sein, wäre nach einer solchen Ansicht auch der Bombenanschlag in der berliner Discothek La Belle 1986 erlaubt, da er sich primär von einer staatlichen Stelle gegen Mitglieder eines Militärs gerichtet hat. Wer sonst noch anwesend ist, hätte halt Pech gehabt. Ist dem aber nicht so, führte die von Herrn von Heinegg erklärte hervorragende Aufklärungsmöglichkeit durch die Sensorik der Drohnen dazu, dass diese Tötungen von Zivilisten – wie es im deutschen Recht so schön heißt – billigend und bewußt in Kauf genommen wurden, und damit als vorsätzliche Tötung zu behandeln ist. Dies wäre daher nach der Genfer Konvention als Kriegsverbrechen einzustufen und ein solcher Angriff auch bei der Aussicht auf Tötung des eigentliche Ziels abzubrechen.
Noch schwieriger ist das ganze völkerrechtlich zu betrachten, was in Israel passiert. Der Gazastreifen ist als Palästinensisches Autonomiegebiet von ca. 130 Staaten als eigenständiger Staat anerkannt. Dann wäre es ein zwischenstaatlicher Krieg, in dem der Millitärführer der Hamas Kombatant wäre. Aber Israel hat diesen Status wie auch Deutschland selber nicht anerkannt, so dass es sich Völkerrechtlich aus israelischer Sicht nach der Annektion 1967 um israelisches Staatsgebeit und damit um einen Bürgerkrieg handelt. Israel muss also die völkerrechtlich verbindlichen Grundsätze der Genfer Konventionen gegenüber der Hamas nicht einhalten. Lediglich das Zusatzprotokoll II von 1977 zu den Genfer Konventionen stellt einige Grundsätze auf, die auch für den Bürgerkrieg gelten, unter anderem den Schutz von Zivilisten. Demnach ist dies rechtlich eine innere Angelegenheit des Staates und die Anwendung von Drohnen und die Tötung von Hamasmitgliedern dort auschließlich nach dem isaelischen Strafrecht zu beurteilen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses die Tötung von Personen ohne Gerichtsverhandlung erlaubt.
Aus rechtlicher Sicht ist daher nichts aus dem Interview haltbar. Daher ist es nicht verständlich, warum so etwas ohne die geringste Gegenrecherche an solch prominater Stelle abgedruckt wird.“

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41 Kommentare zu “Wie soll es jemals Frieden geben?

  1. Die Frage ist einfach zu beantworten. Auf absehbare Zeit wird es keinen dauerhaften Frieden geben. Nicht zuletzt, weil ich glaube beide Seiten ihn auch gar nicht wollen.

  2. Ich habe es aufgegeben, auf eine Friedenslösung im Nahen Osten zu hoffen. Experten gibt es genug, Vorschläge auch. Und es gibt so viele menschliche Bemühungen wie zum Beispiel die von Barenboim und vielen anderen.

    Ich bin mir sicher: die meisten Menschen in dieser Region wollen friedlich miteinander leben. Dabei drängt sich natürlich die Frage auf: welche mächtigen Interessen verhindern dies so erfolgreich?

  3. Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass über den Nahostkonflikt bei uns sehr einseitig informiert wird. Man erfährt nahezu ausschließlich von den Terrorangriffen der radikalen Hamas und der gerechten Selbstverteidigung der Israelis. Aber wird man dem Konflikt auf diese Weise wirklich gerecht? Wird hier nicht einfach Ursache und Wirkung übersehen?
    Warum macht sich die FR auch diese einseitige Berichterstattung zu eigen? Müsste nicht gerade jetzt eine gründlichere Recherche über die Hintergründe dieses Konfliktes erscheinen?
    Versucht man, sich etwas genauer über diesen Konflikt zu informieren, so erfährt man über eklatan­te wirtschaftliche, soziale, kulturelle u. a. Benachteiligungen der Palästinenser durch die Israelis. Man erfährt von willkürlichen Zerstörungen der Olivenhaine, von systematischer Verdrängung der Palästinenser aus ihren Wohngebieten, Zerstörung ihrer Häuser, davon, dass ihnen der Zugang zu Trinkwasser erschwert wird und vielen weiteren Unerträglichkeiten.
    Am schlimmsten erscheint mir aber, dass mit den israelischen Siedlungen im Palästinensergebiet Westjordan den Palästinensern die wirtschaftliche Existenz geraubt wird. Das rechtfertigt man, indem man sich von israelischer Seite auf längst vergangene osmanische Rechtsvorschriften beruft. Wahrscheinlich soll so allmählich eine ethnische Säuberung des Westjordanlandes erreicht werden.
    Ist dieses israelische Verhalten nicht auch eine Form des Terrors?
    Kann es so überhaupt Frieden geben?
    Den Palästinensern sind in UN-Resolutionen Siedlungsge­biete zugesichert worden. Daraus erfolgt zwangsläufig eine Zweistaatenregelung. Aber werden die Israelis bereit sein, ihre Siedlungen in Westjordan wieder aufzugeben, wenn die Palästinenser die Existenz Israels anerkennen würden?
    Ich habe die Befürchtung, dass Israel die allmähliche Verdrängung aller Palästinenser aus aus den besetzten Gebieten beabsichtigt und so das ganze Problem auf seine Weise unter großem Blutvergießen lösen will.

  4. Ich stimme Hans Kramer mit seinem Beitrag # 3 ausdrücklich zu. Aber so etwas darf man als Deutscher ja nicht sagen, ohne sofort in den Ruch des Antisemitismus zu geraten. Da lastet bleischwer die Vergangenheit auf unseren Schultern. Und die Israelis wissen das, und nützen das auch weidlich aus. Seit Jahrzehnten wird hier mit zweierlei Maß gemessen. Tun die Palästinenser, aus mehr oder weniger verständlichen Gründen, etwas Übles, wiegt das 10x schwerer als das Üble von israelischer Seite. Und die tollen Erklärungen dann, warum es so und nicht anders gehen muß, und warum man keine Ahnung hat, und sich nicht einmischen sollte, weil alles so komplex ist. Es herrscht das alttestamentarische Prinzip des „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, später dann die nahöstliche Form der Vendetta, bei der dann niemand wer genau weiß, welcher Ur-Ur-Großvater dem anderen eins aufs Maul gehauen hat.

    Es bleibt nur zu hoffen, daß irgendwie und irgendwann doch die Vernunft siegt, doch wahrscheinlich ist das vergebens. Die Verwantwortlichen in Israel wollen in ihrem angeborenen Verfolgungswahn einfach verbrannte Erde, und finden so auch ihre Antipoden auf palästinensischer Seite, welche so wiederum von eigenen Fehlern ablenken und die Verantwortung für Besserung von sich weisen wollen. Wichtig wäre, uns nicht mit hinein ziehen zu lassen, weder durch Patriots für die Türkei noch durch Panzer für die Saudis. Aber wahrscheinlich alles sowieso zu spät. Sichert ja alles Arbeitsplätze, irgendwie, und wenn es die auf dem Friedhof sind.

  5. @Hans Kramer
    Das ist sicher ein Teil der Israellis die diese Ziele verfolgen. Es wird aber auf Dauer nicht so kommen. Israel wird den Kampf verlieren aus dem einfachen Grund weil sie so wenige sind können sie eigentlich keinen Krieg mehr gewinnen. Das hat man schon beim letzten Libanonkrieg gesehen. Mag sein das es noch ein paar alte Männer in der Regierung gibt die das nicht so sehen. Im vortschreiten dieser Einsicht liegt langfristig die Möglichkeit eines Friedens wenn die andere Seite mitspielt.

  6. Das Problem geht weiter zurück als nur bis zum Ur-Ur-Großvater, der nach der saloppen Formulierung „dem anderen eine aufs Maul gehauen hat.“ Palästina ist einer der ältesten Siedlungsräume der Menschheit, dort befinden sich einige der ältesten dauerhaft bewohnten Städte. Der Boden dort ist nicht nur mehrere Jahrhunderte, sondern mehrere Jahrtausende in Blut getränkt worden, the cobblestones wet with the blood of ages*, der Nahostkonflikt um die Existenz Israels ist nur das letzte Kapitel in der mörderischen Geschichte dieses Fleckes Erde. Dieser ist dadurch völlig vergiftet und unbewohnbar, Menschen sollten eigentlich für die kommenden Jahrhunderte meiden.

    Beim aktuelle Krieg habe ich meine Zweifel, daß es ohne die Hamas besser wird, denn auch bei den Israelis gibt es reichlich Betonköpfe, die sich mit Gewalt durchsetzen wollen. Mit der Hamas wird es aber auf keinen Fall gehen. Selbst wenn Israel und die Palästinenserregierung rigendwann einen Friedensvertrag aus dem Hut zaubern sollten, wird die Hamas das mit allen Mitteln hintertreiben, denn ihr immer wieder erklärtes Ziel ist die Ausradierung Israels. Da ist es nur verständlich, daß die Israelis deutlich „ihr oder wir“ sagen und danach handeln.

    *nach Daliah Lavi, Jerusalem

  7. Wer sich den Kommantar von Augstein bei SPON, hier der Link: http://www.spiegel.de/politik/ausland/jakob-augstein-ueber-israels-gaza-offensive-gesetz-der-rache-a-868015.html, durch liest, wird wenig Hoffnung auf Besserung haben. Es gibt, auch provoziert durch die israelischen (Un-)taten im Westjordanland und die Erklärung des Gaza-Streifens zu einer Art Gefangenenlager inzwischen radikalere als die Hamas, z.B. über den Sinai eingeflossene Salafisten und andere Radikale, die selbst bei Zustandekommen eines Friedensvertrages weiter machen würden – und damit die offenen Türen der radikalen Israelis einrennen. Ich bezweifle, das Ruhe einkehrt, bevor nicht entweder Israel eine Zwei-Staaten-Lösung durch die üble Siedlungspolitik nicht mehr hintertreibt, und bevor nicht beide Völker die volle Existenzberechtigung der jeweils anderen anerkennen. Aber wahrscheinlich ist dieser Wunsch zwar menschlich, aber blauäugig, was die Zukunft anbetrifft. Iran, Katar und die Muslim-Bruderschaft in Ägypten sehen das wohl anders, und Netanjahu und Barak ebenso.

  8. @ Wolfgang Fladung
    Ja, ich habe darüber nachgedacht, ob ich hier Kritik an Israel äußern sollte. Ich bin mehrfach in Auschwitz gewesen und habe es jedes mal aufs neue erlebt, dass man sich kaum traute, auf dem Gelände deutsch zu reden, so sehr schämte man sich. Wie konnte die Generation meiner Eltern das „Dritte Reich“ unterstützen und darin aktiv sein? Wie können nach alldem heute Menschen überhaupt noch den Holocoust leugnen und rechtsradikale Ansichten vertreten? Ich kann dafür kein Verständnis aufbringen.
    Aber darf man deswegen im Nahostkonflikt vor der kriegstreibenden Siedlungspolitik Israels die Augen verschließen und schweigen?
    Unser Außenminister hat heute das Selbstverteidigungsrecht Israels wieder deutlich in den Vordergrund gestellt. Müsste es nicht ebenso ein Selbstverteidigungsrecht der Palästinenser gegen die Siedlungspolitik Israels geben? Sieht man sich entsprechende Karten an (z. B. Im Internet unter „Palästina“ schnell zu finden), so wird sofort klar, dass die israelische Siedlungpolitik eine sehr effektive Zerstörung eines palästinensischen Staates ist.
    Auch in diesen Tagen stehen die Raketen der Hamas auf Israel und die Luftangriffe Israels auf Gaza mit den grauenhaften Folgen vor allem für die Zivilbevölkerung in Gaza im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Das aber die israelische Siedlungspolitik im Westjordan und der damit verbundene Terror gegenüber den dort ansässigen Palästinensern viel wirkungsvoller ist, als die wenig treffsicheren Raketen der Hamas, darüber schweigt der deutsche Außenminister. Darum noch einmal: Müssten Frau Merkel und Herr Westerwelle sich nicht auch genauso deutlich für ein Selbstverteidigungsrecht der Palästinenser gegen die Übergriffe Israels einsetzen wie für Israels Selbstverteidigungsrecht gegenüber dem Zerstörungswillen der Hamas?

  9. Die Berichterstattung in den Medien in D. ist wirklich extrem einseitig. Das die Siedlungspolitik von Israel nur zu Krieg führen kann wird nach meiner Wahrnehmung noch nicht einmal erwähnt. Israel wird als Unschuldslamm und die Palistinenser als Terroristen dargestellt, dabei ist Einer so schlimm wie der Andere.

  10. Leider wird die Keule Antisemitismus/Anrijudaismus immer wieder gerne als Diskussionsabwürger genommen, wenn es um Kritik an Israel geht. Dabei ist der Staat Israel als politisch-geografisches Gefüge eine andere Sache als jüdisches Leben und jüfische Kultur, hier sollte also deutlich differenziert werden. Ignaz Bubis erwähnte irgendwann in einem Interview, er werde regelmäßig nach seiner Meinung zur Politik Israels gefragt. Seine Antwort drauf sei ebenso regelmäßig, er sein Deutscher und kein Israeli, warum man ihn also nicht zu seiner Meinung über die deutsche Politik frage. Diese Antwort hat mir damals deutlich gemacht, daß es keine antijudaistische Schande ist, die israelische Politik kritisch zu betrachten und das ggf. auch zu äußern. Es ist legitim, auch für Deutsche.

  11. # 8, Hans Kramer, # 10, EvaK

    Auf Ihre Hinweise und Bedenken hin (die ich voll teile) erscheint mir ein Hinweis auf die Analyse von Moshe Zuckermann sinnvoll, den ich in einem anderen Thread zitiert habe. Er analysiert Gebrauch und Funktion des „Antisemitismus“-Vorwurfs in Israel und Deutschland, darunter auch die Merkel-Rede vor der Knesset 2008 mit dem berühmten und vieldeutigen Ausspruch der „Sicherheit Israels“ als „deutscher Staatsraison“. Diese „Antisemitismuskeule“ (die auch gegen Juden gerichtet sein kann) offenbart ja gerade die argumentative Schwäche bei der Verteidigung einer imperialen Politik. Die (völlig verständliche) Reaktion in Auschwitz ist von Hans Kramer zutreffend beschrieben worden. Für mich war dieser Besuch (wie auch der in Theresienstadt) Anlass zu mehrfachen Führungen für Schüler im Pubertätsalter in Sachsenhausen. Gerade diese Betroffenheit und Scham (die von allen geteilt wurde), und mehr noch der Respekt vor den Holocaust-Opfern macht es m.E. notwendig, solchen Instrumentalisierungen entschieden entgegen zu halten.
    ——
    Moshe Zuckermann (Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv) zum Phänomen des inflationären Gebrauch des „Antisemitismus“-Vorwurfs bei „nicht­jüdischen Deutschen“ (in: „Antisemit!“ – Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument, Wien 2010, S. 161-163):
    „Was dabei aber besonders ins Auge fällt, ist, wie sehr der Antisemitismus-Vorwurf und die an ihn gekoppelte ‚Israelsolidarität‘ sich von Juden und Israel losgelöst, mithin zu frei­schwebenden Selbstläufern gewandelt haben, allzeit abrufbar für jede sich bietende Gelegen­heit narzisstisch-politischer Selbstsetzung. (…) Es geht den großen ‚Antisemiten­jägern‘ gar nicht um Juden, es geht ihnen auch gar nicht um den Antisemitismus, es geht ihnen, den sich ‚antideutsch‘ Wähnenden, um nichts mehr als um ihr Deutschsein. (…) Links wollten sie dabei einst sein – deutscher denn je sind sie jedoch gerade darin geworden. (…) Einzig der Jude kann sie von ihrer Schuld, vom Unbehagen ihres psychischen Seins erlösen. Das macht sie wütend; die Wut können sie sich aber gar nicht erlauben; daher tabuisieren sie den Juden und kompensieren ihre Aggression ihm gegenüber, indem sie ihn (und alles, was zu ihm gehört) unantastbar werden lassen.“

  12. Man stelle sich einmal vor, Personen aus dem Ausland strömen in gewisser Zahl in unser Land und beginnen hier zu siedeln. Staat und Menschen wären weitgehend dagegen, würden Maßnahmen ergreifen wie z.B. Bombardierung, Brandanschläge usw. Wäre hier die linke Position auch eine der Empörung gegenüber den Hereingeströmten? Des Entsetzens gegenüber der Unverschämtheit, hier einfach so zu siedeln und damit den inneren Frieden zu stören? Selbstverständlich nicht! Den inneren Frieden für gestört zu halten im Angesicht eines Menschen anderer Herkunft, der sich in der Nachbarschaft ansiedelt: für Linke doch ein sicheres Zeichen für Rassismus! Man würde sich, wie vernünftige Nichtlinke auch, gegen Bombardierung und Brandanschläge aussprechen. Im Gegensatz zu Nichtlinken würde man sich aber sogar dafür aussprechen, daß die Hereingeströmten auch gegen den Willen der Mehrheit oder des Staates hier leben bleiben dürfen, nach dem Motto: Wir sind doch alle Menschen, jeder hat ein Recht auf einen Platz in der Welt, diese Plätze nach irgendwelchen willkürlichen Grenzen, die sog. Nationen definieren, zu verteilen, ist antihuman, usw. usw. Wer das anders sieht, ist in den Augen Linker mindestens unmenschlich, sehr wahrscheinlich aber obendrein ein Rassist.

    Die konsequente linke Haltung im Fall der jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Boden wäre also, den Palästinensern, die sie zum Anlaß nehmen für Mord und Totschlag, ihre Unmenschlichkeit und ihren Rassismus als Ursache ihrer Ablehnung der Juden als Nachbarn vorzuwerfen, ihr Verhaftetsein in nationalem Denken anzuklagen usw. usf… genau wie man das bei einer analogen Situation in D gegenüber seinen deutschen Mitbürgern auch tun würde.

    Tatsächlich findet aber das genaue Gegenteil statt… die Linken ergreifen urplötzlich Partei derjenigen, die sich mit Mord und Totschlag gegen jene Weltbürger wenden, die ihren Platz auf dieser Welt suchen, und ihn auf gemeinschaftlichem Land ohne klar rechtlich definierte Besitzzugehörigkeit in Palästina finden… und mehr noch, diese Weltbürger auf der Suche nach ihrem Platz auf der Welt sind auf einmal die „wirklichen“ Rassisten oder gar Faschisten!

    Linke posaunen andauernd stolz in die Welt hinaus: „Kein Mensch ist illegal, nirgendwo“… aber die jüdischen Siedler in Palästina sind da wohl leider eine Ausnahme im linken Weltbild: sie sind plötzlich doch irgendwie ausgesprochen illegal… Warum wohl ausgerechnet die?

    Nachtigall, ick hör dir trapsen… 😀

  13. @ Max Wedell: Es wäre schön, wenn Sie Ihren obigen Beitrag vielleicht etwas klarer wiederholen würden. Auch Ihr Nachtigallen-Fazit braucht für einfache Gemüter wie mich eine präzisere (Er)Klärung. Danke

  14. zu @ I. Werner Max Wedell hat seit Jahren eine klare Meinung wie Linke Menschen ticken. Diese hat er aber relativ exklusiv. Ich bin gespannt was und ob er Ihnen antwortet.

  15. Ganz gleich, für welche Seite man Partei ergreift oder sich objektiv neutral wähnt, die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke. Junge Menschen werden auf schreckliche Weise verroht. Ein gutes Beispiel dafür gibt die Ausstellung und das Buch „Breaking The Silence“ (Buch im Econ-Verlag erschienen). Unsere Politiker- und zum Teil auch die Mediensprache ist so voller Euphemismen und Neusprechwörtern, dass man beim flüchtigen Lesen sich nichts allzu Schlimmes mehr vorzustellen braucht. Kollateralschäden, Befriedungsmaßnahmen sind nur einige dieser Begriffe, hinter denen sich aber Blut und Tod verbergen. Und dass Deutschland an all diesen Kriegen (die wir Konflikte, im härtesten Fall auch mal „blutige Auseinandersetzungen“ nennen) noch wunderbar verdient, ist etwas, für das wir eigentlich täglich protestierend auf die Straße gehen müssten.

  16. @ I. Werner,

    es ist doch ganz einfach. In eher extremeren linken Milieus (der brave Sozialdemokrat, der dafür eintritt, daß Wirtschaftsflüchtlinge nicht das Asylrecht mißbrauchen dürfen, ist nicht gemeint… insofern war der Begriff „Linke“ von mir vermutlich etwas zu generisch verwendet) ist es gängige Anschauung, daß „Nation“ ein überholter Begriff ist, und die Idee, die Anwesenheit eines Menschen irgendwo könne „illegal“ sein, eine Schimäre. Ich rede hier nicht bloß von einigen wenigen, die sich in linksaffinen Organisationen wie „kein mensch ist illegal“ engagieren, sondern von ihren MILLIONEN Sympathisanten hierzulande. Von den Sympathisanten dieser Idee der Fiktivität des Begriffs „Illegal“ im Zusammenhang mit dem Personenaufenthalt hört man aber erstaunlich oft ein Beklagen der „illegalen“ jüdischen Siedler als Hauptursache für den Unfrieden in Nahost.

    Für mich ist die Tatsache, daß man WELTWEIT für das Recht sog. Illegaler kämpft, da sein zu dürfen, wo sie sein wollen, und dabei NUR EINE Ausnahme macht, nämlich ausgerechnet bei den Juden, nur so erklärbar: Man hat was gegen Juden.

    Das sollte doch jedenfalls einfacher verständlich sein als die Rabulistik, die erklären will, wie jemand, der die Juden eigentlich zutiefst hasst, sie deshalb auf ein Podest der Unantastbarkeit hebt.

    Apropos „besetzte Gebiete“. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden ehemals deutsche Gebiete von den Siegermächten besetzt, die Deutschen dort vertrieben, fremde Bevölkerungen von anderswoher umgesiedelt in diese besetzten Gebiete. Die verbreitete Position in Deutschland dazu, d.h. vom nahezu gesamten politischen Spektrum(außer natürlich den moskauhörigen Kommunisten) geteilte Meinung war 2 Jahrzehnte lang: Hier ist Unrecht geschehen, aber es gibt keine Möglichkeit, an dieser Lage etwas zu ändern, ohne neuen Unfrieden zu stiften, weswegen mit dieser Situation zu leben ist. Mit dem Aufkommen der 68er und dem damit verbundenen Linksruck in der allgemeinen politischen Öffentlichkeit hat sich die verbreitete Haltung zur Frage der Ostgebiete aber dann grundlegend geändert: Die Rechte an den betreffenden Gebieten sind aus moralischen Gründen schon dadurch vollständig und restlos abhanden gekommen, daß Deutschland einen aggressiven Eroberungskrieg vom Zaun brach. Man verzichtet nicht mehr im Interesse des Friedens auf ein Recht, sondern hat es (seit 1939? Jedenfalls auf alle Fälle seit 1945) aus moralischen Gründen schon gar nicht mehr gehabt.

    In Nahost nun wurde Israel zum wiederholten Mal Opfer aggressiver arabischer Angriffskriege (Sechstagekrieg, Jom-Kippur-Krieg usw. usf.). Israel wusste sich der gegen es gerichteten Aggressionen jedesmal zu erwehren und blieben militärischer Sieger, besetzte dabei ehemals fremde Gebiete. Die zu erwartende linke Haltung wäre eigentlich gewesen, deren Meinung zu Gebietsfragen nach dem 2. Weltkrieg im Hinterkopf habend, die Gebietsverluste auf die vorangegangenen militärischen Aggressionen der Palästinenser und der arabischen Nachbarstaaten zurückzuführen und den Palästinensern ihre Rechte auf infolge eines Angriffskriegs verlorene Gebiete abzusprechen. Aber diese linke Meinung, die konsistent mit der zu den deutschen Kriegen wäre, findet man im linken Spektrum selbstverständlich nirgends… noch nicht einmal ermahnt man die Palästinenser, ungeachtet der Rechtslage bezüglich der besetzten Gebiete, doch im Interesse des Friedens darauf zu verzichten, an der Besiedelung durch Juden Anstoß zu nehmen… noch nicht einmal dazu kann man sich in linken Kreisen aufraffen, sondern man kann da nur von einer „illegalen Besetzung“ blöken, die postwendend aufzuheben sei.

    Zusammengefasst ist dies also die linke Position:

    Die Aggression der Deutschen war gegen die osteuropäischen völker gerichtet, das wiegt natürlich besonders schwer, arbeiteten diese doch am glorreichen Projekt des Kommunismus auf Erden… die nach dem Krieg besetzten Gebiete sind daher perdu… nicht eine gerechte Strafe (da eine noch zu geringe Strafe), aber zumindest eine Strafe, die sich in Richtung Gerechtigkeit hin bewegt…

    Die Araber in Nahost wollten hingegen nur die Juden von der Landkarte fegen, das scheint doch irgendwie nur halb so wild zu sein, die betreffenden Gebiete müssen daher pronto in die Hände derer zurückgehen, die die Kriege begannen, die zu ihrem Verlust führten.

    Wer auch hier Schwierigkeiten hat, eine doch irgendwie spezielle Haltung gegenüber den Juden in Nahost zu erkennen, dem kann ich sie jedenfalls auch nicht mehr deutlicher erklären.

  17. @hans,

    wenn ich irgendwo bestimmte linkstypische Positionen unzutreffend wiedergegeben habe, können Sie mich ja gern berichtigen.

  18. zu @ Max Wedell Könnte es nicht sein das ein Großteil der Linken in D. einfach nur die Position der UNO teilt was die Siedlungspolitik von Israel angeht?

  19. Die gezielten Tötungen dürften auch militärisch eher kontraproduktiv sein , weil sie nur noch mehr Wut verursachen und damit den Gegner tendenziell stärken und nicht umgekehrt – Köpfe können ersetzt werden , und da gibt es genug , die nach vorne drängen.

    Daß die Raketen aus Gaza und nicht aus dem von der Fatah kontrollierten Gebiet kommen , ist kein Zufall.
    In Gaza hat die Hamas die Macht mit Gewalt an sich gerissen , die Fatah hingegen wurde gewählt.
    Solange Palästinenser auf diese Art vorgehen , muß sich Israel kaum selber hinterfragen und kann auf die bösen Araber zeigen .
    Kommen diese aber zunehmend ab vom Weg des Terrors , wird Israel auf seine eigenen Defizite zurückgeworfen.

    Der arabische Frühlung wird Israel mittelfristig unter genau diese Art von Druck setzen und Israel wird nicht darum herumkommen , seine eigenen Achillesfersen – endlich – anzugehen , vor allem den bis heute weitergehenden Siedlungsbau und – damit zusammenhängend – den allzu laschen Umgang mit den eigenen Rechtsradikalen.

    Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich , daß auch in Israel – wie im gesamten Westen – ein „Frühling“ bevorsteht , eigentlich hat der längst begonnen , siehe die Unruhen in Europa , und im Zuge eines solchen Schwungs könnte auch die Nahost-Politik in ein völlig neues Licht gerückt werden.

  20. Bronski stellt im Einleitungstext die Frage, „ob solche gezielten Tötungen wie jetzt im Fall al-Dschabari überhaupt vom Völkerrecht gedeckt sind“. Dazu verweist Andreas Zielcke in der SZ vom 22.11. in seinem Beitrag „Aus heiterem Himmel“ (leider nicht online verfügbar) auf ein Urteil des Obersten Gerichts Israels aus dem Jahre 2006, das gezielte Tötungen nur unter strengen Bedingungen zulässt, „die teilweise sogar über den Wortlaut einschlägiger Regeln des Völkerrechts hinausgehen“. Das Gericht hat dabei den israelisch-palästinensischen Konflikt als einen internationalen Konflikt eingestuft, sodass Regeln des humanitären Völkerrechts anwendbar sind. Deshalb dürfen palästinensische Zivilisten nur angegriffen werden, solange sie „direkt an feindseligen Aktionen beteiligt sind“ und durch „mildere Eingriffe“ (etwa durch Gefangennahme) nicht gestoppt werden können. Dabei sollen größtmögliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, damit Unbeteiligte nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach der gezielten Tötung muss eine gründliche und unabhängige Untersuchung der Attacke stattfinden, soweit Zielcke.

    Von „gezielten Tötungen“ zu unterscheiden sind Angriffe auf Raketenstellungen, Waffenlager oder andere militärische Einrichtungen in einem Konflikt. Diese sind in angemessenen Umfang zur Verteidigung zulässig, wobei für das „angemessen“ erhebliche Auslegungsspielräume bestehen.

    Ob Israels Angriffe auf Gaza als Verteidigung gegen den von dort erfolgten Raketenbeschuss Israels im Sinne des Völkerrechts angemessen waren, kann man ohne genaue Kenntnisse der Einzelheiten nicht entscheiden, über die politische „zweckmäßigkeiten“ der militärischen Gewalt kann man streiten. Der ungezielte Raketenbeschuss von zivilen Zielen in Israel, den Hamas und andere Gruppen im Gaza zu verantworten haben, ist unbestreitbar eine Verletzung des Völkerrechts. Er ist keineswegs vom legitimen Widerstandsrechts gegen illegale Siedlungen und Besatzung (die es anders als im Westjordanland in Gaza seit 2005 ohnehin nicht mehr gibt) gedeckt, wie es einige Diskutanten hier andeuten. Ebenso verbietet das Völkerrecht, militärische Einrichtungen in dicht bewohnten Gebieten zu unterhalten.

  21. @ Wolfgang Fladung u.a.
    Manche Kritik an Israel teile ich, andere halte ich für nicht gut begründet, unqualifiziert oder einseitig, teilweise auch für böswillig. Auf die Idee, sie für antisemitisch zu halten, komme ich äußerst selten. Hingegen läuten bei mir die Alarmglocken, wenn jemand schreibt, „so etwas darf man als Deutscher ja nicht sagen, ohne sofort in den Ruch des Antisemitismus zu geraten“, obwohl in keinem der Lesebriefe oder Blogbeiträge dieser Vorwurf erhoben wurde. Mit solchen Pauschalurteilen, die gegen die Juden erhoben werden, fängt tatsächlich der Antisemitismus an.

    Der Vorwurf des Antisemitismus mag ab und zu zur Abwehr von Kritik instrumentalisiert werden. Die Attitüde, „wenn ich kritisiere, werde ich gleich als Antisemit hingestellt“, wird inzwischen aber deutlich häufiger als Freibrief für Ausfälle genutzt, die dem Ruf des Langfingers „Haltet den Dieb“ ähneln.

  22. Die Konfliktparteien sollten sich als erstes gemeinsam dagegen wehren, ein Thema der Weltpolitik zu sein.

  23. @hans,

    zunächst einmal kann jemand, der die Positionen der UN teilt, trotzdem ein Antisemit sein… z.B. wenn die UN antisemitische Resolutionen verabschiedet. So geschehen z.B. in der Resolution 3379 von 1975, in der der Zionismus (d.h. die Ideologie, in den bekannten Gebieten Palästinas einen Staat aus historischer Überlieferung heraus gründen zu sollen) als RASSISMUS und RASSISCHE DISKRIMINIERUNG gebrandmarkt wurde. Ein angeblich „rassistisches Regime“ im besetzten Palästina wurde mit dem rassistischen Regime in Südafrika gleichgesetzt, „having a common imperialist origin, forming a whole and having the same racist structure and being organically linked in their policy aimed at repression of the dignity and integrity of the human being“… und weiterhin „condeming zionism as a threat to world peace and security and calling upon all countries to oppose this racist and imperialist policy“.

    1991 wurde diese Resolution zurückgenommen, UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach dabei von einem „Tiefpunkt in der Geschichte der Vereinten Nationen“. Die oben zitierten Thesen (auch oft in genau diesem Duktus formuliert) geben exakt die von den 68er-Linken vertretene Haltung gegenüber dem Zionismus wider (in der UN war es der kommunistische Ostblock, der das entscheidende Zünglein an der Waage war für die Annahme der Resolution… was für eine Überraschung!)… aber leider nicht nur in den 70ern und 80ern… eine allgemeine Selbstkritik der Linken gegenüber ihrer langjährigen Auffassung „die Palästinenser haben ein Recht auf einen Staat in Palästina, die Juden aber nicht, und die Juden, die einen Staat dort trotzdem wollen, sind üble Rassisten“ als „Tiefpunkte in der Geschichte der deutschen Linken“ kann man jedenfalls nur träumen… eher gibt es Anhaltspunkte für mich, daß weiterhin an dieser Position festgehalten wird, wenn man auch es öffentlich nicht mehr so eindeutig zu formulieren wagt.

    UN-Resolutionen sind auch für Linke kein Dogma, dem unbedingt zu folgen ist. So lässt die Kommunistische Plattform der Partei LINKE z.B. im Zusammenhang mit UN-Resolution 1973 verlauten: „…daß es für Linke kein Ja zu Militäreinsätzen geben kann, und wenn hundert Mal ein Beschluß des UN-Sicherheitsrates vorliegt.“

    Es besteht also auch für Linke sichtlich überhaupt kein Grund, nur wegen irgendwelcher UN-Resolutionen, die im Zweifelsfall sowieso unter Mithilfe von diktatorischen oder reaktionären oder sonstwie illegitimen Regimes zustandekamen, von ihren eigenen Überzeugungen abzuweichen, nämlich daß „kein Mensch, nirgendwo, illegal ist“, oder daß aggressive Kriegstreiber mit dem Anzetteln eines Krieges Ansprüche auf eigene Territorien moralisch verwirkt haben, die im Verlauf des von einem selbst angezettelten Kriegs abhanden kamen… es sei denn, zum Schaden von Juden.

  24. @Abraham,

    „…teilweise auch für böswillig. Auf die Idee, sie für antisemitisch zu halten, komme ich äußerst selten.“

    Eine systematische Böswilligkeit zu Lasten von Juden für antisemitisch zu halten ist keine Idee, die man haben kann oder auch nicht, sondern die systematische Böswilligkeit zu Lasten von Juden definiert den Begriff des Antisemitismus ganz maßgeblich, jedenfalls für mich.

  25. zu@ Max Wedell Für mich und ich hoffe noch für möglichst viele andere sind Juden auch nur Menschen wie jeder andere. Im Grunde intressiert mich nicht wer welchen Glauben hat wenn er nicht unbedingt meint mich deshalb bedrohen oder bekehren zu müssen. Wenn jemand umzieht egal wer wann und wo kann es nicht sein das diese Person kommt und sagt jetzt gelten die Regel die Gestern nicht gültig waren nicht mehr sondern ab sofort gelten meine Regeln.( das erst einmal grundsätzlich das es dazu Ausnahmen geben kann ist klar) Da liegt das Problem der Siedler im West Jordan Land. Wenn die da hinziehen wollten und da nach den gültigen Gesetzen leben könnte niemand was dagegen haben. Sie wollen aber da hinziehen und neue Regel aufstellen also mit anderen Worten das Land erobern und das kann nicht sein. Das ist übrigens im Kongo oder in Mali auch nicht anders und sollte genauso verurteilt und diskutiert werden. Da leben aber halt keine Juden, ach so Juden sind ja auch nur Menschen.

  26. @Abraham,

    zu Ihrem Post #20 über das Verbot der Involvierung ziviler Bevölkerung in militärische Kampfhandlungen noch eine Anmerkung von mir, die linke bzw. linksextreme Positionen dazu in Beziehung setzt.

    Die gängige linke Position ist ja, daß eine Bombardierung von Zivilbevölkerung, auch in Ausmaßen, die über alles hinausgehen, was man Israel vorwerfen könnte, für in Ordnung und völlig zulässig ansieht, „wenn es nicht anders geht“. Sch… aufs humanitäre Völkerrecht. Zumindest muß man dies aus der linken Position zu den umfassenden, flächendeckenden Bombardierungen der deutschen Zivilbevölkerung im Zweiten Weltkrieg schlußfolgern.

    Wer die als klaren Verstoß gegen internationale Kriegsführungsrechtsbestimmungen brandmarkt, wird postwendend beschuldigt, eigentlich nur dem NS-Regime nachzutrauern. Diese Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht werden (übrigens nicht nur in extremeren linken Lagern, dies ist ja schon Mainstream) als „notwendig“ angesehen, „weil es nicht anders ging, und es daher legitim war, eine Zivilbevölkerung auf diese Weise, durch massiven Bombenterror, zu demoralisieren, weil sie in hohem Ausmaß das NS-Regime unterstützte, das anderen Ländern den Krieg erklärt hatte“.

    Eine ähnliche Haltung könnte man doch auch im jetzigen Fall haben… ihre Aggressivität hat die Hamas ja nun deutlich ein weiteres Mal bewiesen, indem sie aus heiterem Himmel Zivilisten in Israel mit Raketen beschoß (wieder mal). Auch die Bombenterroristen des Linienbusses (wieder mal) sind Emissäre der Hamas, wurden von der Hamas bejubelt. Des weiteren hat diese palästinensische Führung, die Hamas, eine ganz weitgehende Rückendeckung bei der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, und diese trägt auch eine hohe Verantwortung dafür, daß diese aggressive politische Gruppierung dort an die Macht kam. Genügend Schriften analog zu „Mein Kampf“ haben diese Gruppierungen der Palästinenser mit massiver ziviler Rückendeckung auch publiziert, aus denen man ihre aggressive Verbissenheit, Israel zu beseitigen, herauslesen könnte… wenn man denn wollte… aber irgendwie will man nicht…

    Man könnte als Linker analog zur Meinung zum Bombenterror im Zweiten Weltkrieg also auch der Meinung sein, eine Bombardierung der palästinensischen Zivilbevölkerung wäre angezeigt und gerechtfertigt, weil es nunmal nicht anders geht (die vergangenen 40 Jahre zeigten ja, das andere, zivile Maßnahmen zur Bändigung der Aggressivität der Palästinenser nicht die geringste Wirkung hatten)… also die einzige noch verbliebene Maßnahme zur Erziehung der Palästinenser zum Frieden darstellen, durch massive Demoralisierung.

    Stattdessen aber genau das Gegenteil… jeder Zivilist, der an einer ganz ungünstigen Ecke nahe einer der in zivilen Siedlungsgebieten befindlichen militärischen Einrichtungen steht und bei Angriffen auf diese militärischen Ziele in Mitleidenschaft gezogen wird, wird in höchsten Tönen problematisiert.

    Natürlich wenden die Jammerer in dieser Sache, mit ihrer inkonsistenten Haltung konfrontiert, ein, daß Hitler-Deutschland eine Bedrohung ganz anderer Größenordnung darstellte. Wer Opfer einer der ständigen palästinensischen Aggressionen wurde, den wird das sicher trösten… er starb durch das Wirken von Aggressoren, die mit Hitler nicht vergleichbar sind. Aha. Schön.

    Nein, nein, diese Ausrede überzeugt mich nicht, die Bedrohung durch aggressive Araber halte ich für durchaus vergleichbar in Gefährlichkeit und Ausmaß für Israel wie etwa die Bedrohung Englands oder der USA durch Deutschland. Man hat hier wohl ganz andere Gründe, plötzlich das humanitäre Völkerrecht zu entdecken, weswegen ich mal wieder die Nachtigall trapsen höre…

    @hans,

    wer als Opfer eines Angriffskriegs im Kriegsverlauf feindliche Gebiete erobert und besetzt, bringt nunmal „eigene Regeln“ mit. Das haben 1945 sämtliche Siegermächte sowie ihre Verbündeten auch gemacht, und zwar in allen deutschen Gebieten… den ehemaligen ebenso wie in den noch bestehenden. Daß Linke das jemals nennenswert problematisiert hätten, ist irgendwie an mir vorbeigegangen. Das einzige, was kritisiert wurde, das allerdings heftig, war, daß „die neuen Regeln“, die die Sowjetunion „mitbrachte“, nicht auch in Westdeutschland gültig wurden… aber das ist eine ganz andere Sache.

    Nene, man hat hier schon, zum Schaden der Juden, eine ganz besondere Sicht der Dinge. Anders als mit Vorbehalten gegenüber „den Juden“ wäre die Einseitigkeit erklärbar, wenn erkennbar wäre, daß die Palästinenser eine besondere Neigung hätten, für die Einführung des Sozialismus zu kämpfen. Linke hatten ja in der Vergangenheit erwiesenermaßen ganz oft überhaupt keine Probleme, humanistische Gesichtspunkte mal für einen Moment zurückzustellen, wenn es um die (vermeintliche) Förderung des Sozialismus geht… etwa beim Massenmörder Mao. Aber die Phasen, in der in der arabischen Welt vereinzelt Affinitäten zur sozialistischen Bewegung auftauchten (am deutlichsten wohl damals bei Nasser), sind schon längst vorbei. Die Palästinenser sind ebenso Sozialisten wie ich ein Maoist bin.

  27. zu @ Max Wedell Dann soll Israel den Angriffskrieg(Ihre Worte)im West Jordan Land beenden sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehen und einen Friedensvertrag mit den Palistinensern machen. Natürlich müssen dann auch die Angriffe auf Israel aufhören. Ich habe noch nie Partei auf einer der beiden Seiten hier ergriffen. Das ist wie das Thema Ei und Henne.
    Zum Thema wie die Linken denken. Die „Linken“ gibt es so nicht. Ich denke das z.B. die eher linken Regierungen in Skandinavien nichts mit Mao zu tun haben und auch nicht in einen Topf geworfen gehören. Die ganz Linken (Ostblock) waren doch in Wirklichkeit Diktaturen die sich hinter einem linken Schild versteckt haben.

  28. Für den Augenblick können pragmatische Lösungen in kleinsten Schritten immer nur vorübergehend zu Frieden (oder Waffenstillstand) führen. Auch eine von allen anerkannte und praktizierte Zweistaatenlösung wird nur temporär Luft schaffen. Wie soll ein territorial so zerstückeltes Palästina auf Dauer funktionieren? Irgendwann wird es zwangsläufig so sein, dass es einen palästinensich-isrealischen Staat gibt, in dem alle Volks- und Glaubensgruppen gleichberechtigt miteinander leben. Vielleicht eingebettet in einen größeren Staatenbund. Aber bis alle Menschen in der Region emotional und mental dafür reif sein werden, muss wohl noch viel Leid geschehen. Ich werde das sicher nicht mehr erleben.

    Abschließend: wer wen legal töten darf ist für mich überhaupt keine Diskussion wert. Solche Debatten folgen der Kriegslogik und führen nicht zu anderen Denkansätzen. Und auch links-rechts Diskussionen schaffen keinen Frieden.

  29. @hans,

    Sie haben da was mißverstanden… ich habe Israel nicht bezichtigt, einen Angriffskrieg geführt zu haben, sondern als Opfer von Angriffskriegen bezeichnet.

    Ansonsten ist es israelische Verantwortung, zu entscheiden, wie mit den im Verlauf des Verteidigungskriegs erlangten Gebieten umgegangen wird. Ich kann da, wie alle anderen Deutschen auch, nichts fordern, sondern nur eine Meinung dazu haben. Ihre Meinung, nämlich daß eine Abtretung bestimmter Gebiete inklusive Friedensvertrag einen dauernden Frieden schaffen kann, teile ich dabei nicht. Der Rückzug des israelischen Militärs sowie die Räumung israelischer Siedlungen im Gazastreifen haben die Region kein Stück weit einem Frieden näher gebracht, ganz im Gegenteil, wie wir jetzt sehen, wurde der Gazastreifen zu einem Hauptzentrum gegen Israel gerichteter Aggression. Jetzt fordern Sie und andere dasselbe Vorgehen Israels in anderen Gebieten… wo selbstverständlich alles dann ganz anders wird und diese anderen Gebiete nicht postwendend für Aggression gegen Israel verwendet werden? Wers im Angesicht der Vergangenheit und auch der manifesten, häufigen und verbreiteten Äußerungen von arabischer militanter Seite glaubt, wird selig. Die Vorgehensweise, die Sie hier vertreten, ähnelt jener, die Chamberlain vor mehr als 70 Jahren vertrat. Wie erfolgreich das damals war, sollte ja bekannt sein. Was jenen blüht, die mit Israel einen Friedensvertrag abschließen, zeigte der Fall Anwar as-Sadat obendrein deutlich.

    Es wird durch gütliche Einigungen, selbst wenn die erzielbar wären, nie einen dauernden Frieden in Nahost geben, soviel steht für mich als Fazit der letzten 65 Jahre Nahostgeschichte ziemlich fest.

    Über die Strategie der Alliierten im 2. Weltkrieg, des Bombenterrors gegen die deutsche Zivilbevölkerung, mag man denken, was man will… ihre Wirksamkeit, der deutschen Bevölkerung die Lust am Krieg auszutreiben, ist unbestritten. Es ist aber müßig, sie als ein Mittel heutiger Politik in Erwägung zu ziehen… es werden heutzutage grundsätzlich die kurzfristigen Beschädigungen humanistischer Prinzipien ganz außerordentlich überbewertet, und die langfristigen Benefits in Form eines dauernden Friedens völlig unter den Tisch gekehrt… jedenfalls, solange man noch meint, den auch anderswie erreichen zu können.

    Völlig recht haben Sie mit ihrer Mahnung, daß der Begriff „Linke“ hier von mir zu generisch gebraucht wurde. Ich habe aber jeweils klargemacht, welche Überzeugungen zusammenkommen müssen, damit ich mir das ganze nicht anders erklären kann als über Ressentiments gegenüber Juden. Dazu muß gar nicht mal eine sonstige linke Gesinnung vorhanden sein… In bestimmten linken Kreisen treffen aber die geschilderten Überzeugungen erstaunlich oft zusammen. Konservative, die meinen: „Kein Mensch ist illegal, nirgends“, kenne ich jedenfalls keine. Es sollte klar sein, daß die Phänomenologie eines linken Antisemitismus eine andere sein muß als die eines rechten Antisemitismus. Man sollte sich da jedenfalls nicht auf einen Standpunkt zurückziehen, nachdem man antisemitische Haltungen nur da erkennen will, wo schon aus der Geschichte bekannte Stereotypen auftauchen.

  30. zu @ Max Wedell
    Gaza war die letzten Jahre ein rießiges Gefängniss in dem die Armut unausweichlich war. Diesen Zustand als negativ beispiel für eine zwei Staatenlösung zu nehmen ist fast schon zynisch. nach meiner meinung hat Israel gar keine andere Wahl mit 7 Millionen Einwohnern wird ein dauerhafter Kriegszustand nicht durchzuhalten sein.

  31. @hans,

    wenn Sie schon unbedingt Gaza als Gefängnis bezeichnen wollen… dann gebe ich zu bedenken, daß es ein Gefängnis ist, in dem die Verbrecher zurzeit die Herrschaft übernommen haben. Das ist dann aber der denkbar schlechteste Zeitpunkt, die Gefängnismauern einzureissen… deren Höhe in der Vergangenheit immer schon eine direkte Funktion der Aggression war, die von diesem Ort ausging.

    Anhaltspunkte, daß Israel einen andauernden Kriegszustand nicht noch eine ganze Weile durchhalten könne, gibt es dermaßen überhaupt keine, daß man sich wundert, ob nicht jene, die es dennoch behaupten, von einem Wunschtraum aus ihrer Fantasie berichten.

    Die Hauptdifferenz in dieser Sache zwischen Ihnen und mir ist vermutlich jene, die wir auch in Erziehungsfragen haben werden. Um das Wort „links“ zu vermeiden, ist es ja Auffassung jedenfalls des öffentlichen Mainstreams hierzulande, daß man eine Erziehung in eine bestimmte Richtung nur durch EINSICHT hinbekommt, die durch GUTES ZUREDEN entsteht. Von der lange bewährten Methodik „Zuckerbrot und Peitsche“ ist nur dann politisch korrekt etwas zu halten, wenn man sich aufs Zuckerbrot beschränkt. Die Strafverfolgung in unserem Land ist entsprechend. Wer einen Raubüberfall begeht, bekommt also erstmal eine Reihe Therapiestunden aufgedrückt, in denen das „Erziehen durch gutes Zureden“ praktiziert wird… ist der Richter ganz schlecht gelaunt, kann es auch mal zu Geldstrafen kommen… Strafen, die aber nicht nur eine leichte bis mittlere Nervigkeit haben, sondern ausgesprochen unangenehm sind, wie z.B. Gefängnis, gibt es erst nach dem 10ten Wiederholungsfalle, wenn überhaupt… dann aber zu einem Zeitpunkt, an dem sich der Straftäter nicht mehr erinnern kann, wieso er jetzt überhaupt auf einmal ins Gefängnis muß.

    Das Problem, daß die gutmenschlichen Geister, die diese Erziehungsmethoden ausheckten, mit den Israelis haben, ist evident… die wollen partout nicht dieses kolossal tolle Erziehungssystem übernehmen… d.h. militanten Palästinensern so lange gut zu- und ins Gewissen reden, sie aber ansonsten möglichst nicht belästigen, bis die aus eigner Einsicht mit der Gewalttätigkeit gegen Israel aufhören…

    Im Gegenteil, in der Erziehungsmethodik der Israelis spielt auch die Peitsche eine Rolle, gezwungenermaßen oft die Hauptrolle, und das ist natürlich ganz pfuibuhhhh in bestimmten Kreisen. Die ganz enorme Wirksamkeit, die die Methodik des guten Zuredens bei der Beseitigung des Intensivtätertums hierzulande zeigte, hat sich in Israels Führung und der Bevölkerung, die die gegenwärtige Politik unterstützt, halt noch nicht herumgesprochen. 😀

    Dann schaut der gute Deutsche also nach Nahost, und sieht, wie Israelis dort Kopfnüsse und Watschen bei regelwidrigem Verhalten verteilen, statt ausschließlich der Macht des guten Zuredens und der Einsicht zu vertrauen! Dabei wird dann natürlich das andauernd regelwidrige Verhalten der militanten Palästinenser direkt den Israelis in die Schuhe geschoben, wie hierzulande ja auch der Intensivtäter grundsätzlich keine Schuld am eignen Verhalten hat, sondern er konnte ja angesichts des bösen Gesellschaftssystems nicht anders, wie der Palästinenser wegen der bösen Israelis auch irgendwie nicht anders kann als militant zu sein…

    Lange Rede, kurzer Sinn: Strafe in der Erziehung kann m.E. sehr gute Resultate zeigen. Gewisse Bedingungen müssen dazu erfüllt sein: Sie darf natürlich nicht willkürlich sein, sondern muß an die unerwünschten Verhaltensweisen gebunden sein, d.h. nur dann ausgeübt werden, wenn die an den Tag gelegt werden. Dabei ist eine begleitende Information notwendig, damit der zu Erziehende den Zusammenhang zwischen Verhalten und Strafe auch erkennen kann, sowie natürlich auch die Information, was überhaupt Hintergrund des Aberziehungswillens ist… wie man sieht, braucht auch diese Methode ein Vertrauen in die Vernunft und Einsicht, aber beschränkt sich halt eben nur nicht ausschließlich darauf.

    Weiter muß die Strafe auch angemessen sein, d.h. mit der Schwere der abzuerziehenden Verhaltensweise in Korrelation stehen.

    Beachtet man diese Grundsätze, ist Strafe ein probates Erziehungsmittel, wohingegen die Methode des ausschließlichen guten Zuredens wohl nur selten einen gelingenden Glückstreffer landet… und das gilt m.E. nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen, in der Weltpolitik.

  32. @ hans

    Die schrägen Vergleiche von Max Wedell oder sein 68er-Bashing mag ich nicht kommentieren. Ich muss ihm aber Recht geben, dass die Erfahrung mit Gaza bei vielen Israelis den Glauben angeknackst hat, ein Rückzug aus den besetzten Gebieten und die Aufgabe von Siedlungen würden Frieden und Sicherheit bringen. Nach dem vollständigen Rückzugs Israels im Jahr 2005 aus Gaza bestand für die Bevölkerung die Wahl, mit Israel zu kooperieren und damit eine wirtschaftliche Entwicklung des Gebiets zu sichern. Dazu hat es auch eine Vereinbarung über die Nutzung der Grenzübergänge, die bis zur gewaltsamen Machtübernahme der Hamas von Sicherheitskräften der palästinensischen Behörde unter Aufsicht von EU-Beobachtern standen. Diese Chance wurde von den Palästinensern nicht genutzt.

    Die Grenzen blieben offen, obwohl der Raketenbeschuss nach dem Rückzug Israels nicht gestoppt wurde. Sie blieben (mit Einschränkungen) auch noch nach dem Wahlsieg der Hamas (und weiteren Raketenangriffen) offen. Die Abriegelung, die aus Gaza ein „riesiges Gefängnis, in dem die Armut unausweichlich ist“, gemacht hat, erfolgte erst nach der Entführung von Gilad Shalit und dem Hamas-Putsch. Wenn also jetzt über eine Öffnung der Grenzen unter EU-Aufsicht verhandelt wird, so hat die Hamas den Gaza-Bewohnern sieben Jahre gestohlen.

    Zu einer Zwei-Staaten-Lösung sehe ich trotzdem keine Alternative, auch weil beide Seiten keinen gemeinsamen Staat wollen.

  33. zu @ Abraham
    ich habe für mich nicht den Anspruch mich bei dem Thema m Dezail wiklich gut auszukennen. Es ist schon klar das es auf beiden Seiten Radikale gibt und das man sich wahrscheinlich in Israel mehr erwartet hat als man die Siedlungen im Gaza geräumt hat.Nur der derzeitige Zustand ist auch völlig klar eine unhaltbare Fehlentwicklung. Die zwei staaten lösung ist letztlich die einzige Option die auch nur die Möglichkeit gibt irgendwann zu Frieden zu kommen. Ich meine die Tage gelesen zu haben das die Anzahl Siedler im West Jordan land sich die letzten jahre verdoppelt hat. Da kann man auch nur sagen das kann nicht sein. Wobwei natürlich die Antwort Raketen auf Israel genauso nicht sein kann.
    zu @ Max Wedell
    Alleine der Ansatz das ein Staat den anderen erziehen sollte ist krank und kann nicht funktionieren. Zur Kriegsfähigkeit von Israel ist meine Meinung das die ähnlich nicht vorhanden ist wie in D. Einen Häuserkampf in Gaza Stadt mit vielen Toten auf beiden Seiten hält Israel weniger aus als Palestina. Das Problem könnte werden das Palestina das auch so sieht.

  34. @hans,

    es ist eben NICHT „schon klar“, daß es auf beiden Seiten Radikale gibt… wenn man hier Radikale, die erklärtermaßen die Vernichtung „der Anderen“ anstreben, in einen Topf wirft mit Radikalen, die dies nicht tun, mag es vielleicht klar erscheinen, aber wer macht denn schon sowas… Wenn man sowas macht, dann könnte man auch ganz schnell zur äußerst intelligenten Einschätzung kommen, daß es Radikale auf allen Seiten ÜBERALL AUF DER GANZEN WELT gibt… aber welche besondere neue Einsicht hat das dann befördert?

    Wenn wir einmal die Hamas als Beispiel für solche Radikale auf Palästinenserseite nehmen, und ihr klares, deutliches, gut dokumentierten Hauptziel, nicht zu ruhen, bis der letzte Jude auf palästinensischem Boden getötet oder mindestens (vorerst) vertrieben wurde (Z.B. „Der jüngste Tag wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und die Juden töten“, Hamas-Charta)… wobei auch Israel jenseits der umstrittenen Gebiete selbstverständlich als palästinensischer Boden betrachtet wird… bei welcher jüdischen Gruppierung, in Israel oder anderswo, finden sie eine vergleichbare Radikalität, die in vergleichbarer Weise zur Vernichtung der Palästinenser, oder der Araber aufruft? Mir ist keine bekannt, aber da Sie ja mit der These von den „Radikalen auf beiden Seiten“ auch sicher eine vergleichbare Radikalität meinen, werden Sie wohl welche kennen und können Sie nennen?

    Es fällt dabei auf, daß auf arabischer Seite die Aggression neuerdings wieder mal eher mehr mit einer gewissen Religiosität bzw. Religionsdeutung Hand in Hand geht (nicht, daß die UNBEDINGT dazu nötig wäre)… radikale Religionsdeuter haben die Juden allerdings auch, z.B. die Ultraorthodoxen, und auch deren Einfluß wuchs in letzter Zeit… aber, bei allem Unsinn, und auch gefährlichen Unsinn, den diese jüdischen Religionsradikalen teilweise vertreten mögen, kennen sie bei irgendeiner dieser Gruppen eine vergleichbare Position der unerbittlichken Aggression gegenüber den Arabern, d.h. Aufrufe zur Tötung der Araber in Palästina? Ich nicht! Die Gefährlichkeit der Ultraorthodoxen mag sich sicher, wie auch bei vielen Islamisten, gegen den aufgeklärten Menschen der Moderne und seine Vorstellungen der Gedanken- und Verhaltensfreiheit richten, aber sie besteht im Gegensatz zu vielen Islamisten, jedenfalls aber den Islamisten der Hamas, nicht darin, daß man sich aus religiösen oder anderen Gründen verpflichtet fühlt, den Anderen, den Ungläubigen, oder Falschgläubigen, den Hals durchzuschneiden.

    Ein palästinensischer Staat kann nicht erzogen werden, weil es ihn nicht gibt. Die Menschen in Gaza hingegen müssen scheinbar erzogen werden. Die Frage ist nur, wer macht es? Wenn es jene nicht machen, die fern in Amman, Kairo, Teheran, Berlin, Brüssel, Washington oder am East River sitzen, werden es gezwungenermaßen wohl jene machen müssen, die Leidtragende der Tobsuchtsanfälle des zu erziehenden Kleinkindes sind. Das Selbstbestimmungsrecht hat jedenfalls da seine Grenzen, wo es zur Schikanierung anderer ausgenutzt wird. Das Recht auf Notwehr aber einzuschränken, sobald andere die Notwehr als Schikane auffassen, ist nicht richtig.

    Wir lachen alle über „Mama, aber der Hans hat doch angefangen“ und sagen gern in solchen Situationen: „Also das ist doch kein Kindergarten hier“. In Wahrheit aber ist die Frage, wer womit angefangen hat, ganz zentral… ihre Beantwortung ist wesentlich, denn sie erlaubt z.B. die Einschränkung von Grundrechten der Person(en), die mit einem andere schädigenden Fehlverhalten „angefangen“ haben. Die Einschränkung der Grundrechte als Sanktion von Rechtsbrüchen hingegen kann nicht PER SE einen weiteren Rechtsbruch darstellen, der wiederum sanktioniert werden müsste… ansonsten müsste man jeden Richter, Polizisten usw. ins Gefängnis stecken, der einen Verbrecher ins Gefängnis bringt, weil die Genannten das Grundrecht des Verbrechers auf persönliche Freiheit einschränken. Genauso verrückt wird aber oft im Zusammenhang mit dem Palästinakonflikt argumentiert… unter Mißachtung der hochwichtigen Frage, wer angefangen hat, wird die von Israel ausgehende Sanktion auf wundersame Weise in vielen Köpfen regelmäßig selber zum Verbrechen.

    Einen Häuserkampf in Gaza braucht Israel wohl nicht, weder für die direkte Notwehr, noch für die Erziehung, die Teil einer weiter gefassten Notwehr ist… ob ein Krieg, den man nie führen müssen wird, auszuhalten wäre, ist eine rein akademische Frage.

  35. zu@Max Wedell Die Verdopplung der Anzahl der Siedler ist also eine erzieherische Maßnahme? Auf die Idee sind bisher noch nicht mal die Israelis gekommen. Ich sehe es als pernamenten Angriffskrieg an der genau so zu verurteilen ist wie die Raketenangriffe.Wer auf dieser Erde ein Staat ist entscheiden nicht sie sondern die UNO.

  36. @hans,

    verstehe ich das richtig, und das ist schon Ihre Antwort auf meine Bitte, mir das Äquivalent auf jüdischer Seite zu jenen Radikalen auf palästinensischer Seite zu nennen, die erklären, die Juden in Israel und den angrenzenden Gebieten alle umbringen zu wollen… das Pendent sind also dann die Juden, die meinen, sich in den umstrittenen Gebieten niederzulassen wäre rechtens?

    Du meine Güte, Ihnen fällt wohl gar nicht auf, wie absurd das, ebenso wie Ihre Gleichsetzung von „Raketenangriffen“ mit „Ansiedlung“, ist? Gut, dann muß man es Ihnen also scheinbar haarklein erklären: Wenn Sie einen Menschen umbringen, ist das final. Es gibt keine Möglichkeit, diesen Vorgang der Tötung wieder rückgängig zu machen, wenn er nur recht gründlich durchgeführt wurde, wie es die Hamas und ihre Anhänger ja nicht nur klar beabsichtigen, sondern auch ständig konkret versuchen, wie der dauernde Raketenbeschuß Israels zeigt.

    Wer hingegen irgendwo sich niederlässt, kann übermorgen auch wieder ganz woanders wohnen. Manche mögen zwar in ihrem Geburtshaus auch ihren letzten Hauch tun, aber ich z.B. bin im Lauf meines Lebens 5 mal umgezogen… andere sicher noch viel öfter. Sie sehen also, das ist durchaus möglich, eine Ansiedlung an einem bestimmten Punkt der Welt auch wieder aufzuheben. Nicht zuletzt zeigte dies die Auflösung jüdischer Siedlungen in Gaza.

    Nun zur Frage der Siedlung als Erziehungsmaßnahme. Besteht eine Siedlung viele Jahrzehnte, dann beginnt die Anwesenheit der Menschen dort in ein Recht überzugehen, daß man den Menschen nicht mehr absprechen kann. Bestes Beispiel, das ich ja schon nannte: die deutschen Ostgebiete, deren Besiedelung durch Polen, Russen und andere nach dem Krieg ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht darstellte, also wiederrechtlich stattfand, was auch lange die allgemeine Auffassung in der BRD war. Mehr als 20 Jahre nach dem klaren Rechtsbruch hingegen begann die Auffassung sich durchzusetzen, daß die langjährige Anwesenheit der Eroberer ihnen auch mit der Zeit wachsende Anwesenheitsrechte dort verschaffte… die neben dem anfänglich ausschließlich bestehenden nicht juristischen, aber de facto Recht des Stärkeren, der sich nehmen kann, was er möchte, mit der Zeit anwuchsen. Das gipfelte dann in der Abtretung der Gebiete 1990… obwohl der Zwang, dies zu tun, damit Andere den Deutschen das Recht konzedieren, daß West- und Mitteldeutschland einen gemeinsamen Staat bilden dürfen, natürlich auch eine gewisse, aber wohl eher kleine Rolle gespielt haben mag.

    Hier ist also das Damoklesschwert, daß über den Palästinensern schwebt: Lassen sie sich noch ein paar Jahrzehnte Zeit, in denen sie davon träumen, die Juden, direkt oder indirekt, zum Teufel zu jagen, dann könnten sie eines Tages aufwachen, und haben de facto nur noch ein paar versprenkelte Plätzchen sowie den Gazastreifen, weil die ehemals umstrittenen Gebiete nicht mehr nur umstritten sind, sondern inwischen auch Bestandteil von Israel geworden sind.

    Das ist die Erziehungsmaßnahme, die die Siedlungen darstellen… den Druck auf die Palästinenser, zu einer akzeptablen Grundhaltung zurückzufinden, und zwar möglichst morgen, und nicht erst in 30 Jahren, zu erhöhen… und auch, um den Palästinensern ganz allgemein zu zeigen, was ihnen die bisherige Politik der Gewaltbereitschaft gegen Israel eingebracht hat: nämlich nur Schaden… das ist ja eine ganz fundamentale Funktion der „Peitsche“ in der Erziehung, daß der Erzogene vom inkriminierten Verhalten ablässt, weil er einsieht, daß es ihm selber nur Schaden einbringt…

    Daß Sie so überzeugt sind, daß die Israelis diese erzieherischen Gesichtspunkte nicht nur überhaupt nicht beabsichtigen, sondern ihnen die überhaupt noch gar nicht eingefallen sind, ist merkwürdig. Womöglich erklären würde dies eine Auffassung, die die Juden größtenteils als Halunken sieht, die andere nur bestehlen wollen. Denn eine noch andere Begründung für die Siedlungen fällt mir nicht mehr ein. Ist das etwa Ihre Auffassung?

  37. zu @ Max Wedell Die Radikalen beider Seiten sprechen der jeweilig anderen Seite durch ihr Handeln das Existenzrecht ab. Die Radikalen auf der Seite von Israel haben die Siedlungen im Gaza auch nicht freiwillig geräumt. Deren Ziel ist es durch die Siedungspolitik den Staat Palestina faktisch unmöglich zu machen. Die andere Seite macht mit anderen Mitteln genau das selbe. Sie hat das Ziel den Staat Israel rückabzuwickeln und ein großes Palestina zu errichten. Wenn die Palestinenser die Macht dazu hätten würden sie auch nicht mit Raketen schießen sondern siedeln, weil das ist viel effektiver. In ihren Zielen geben sich beide nichts.

  38. zu Max Wedell Was halten denn sie von der Idee das die Palestinenser für jede Siedlung im West Jodanland der Israelis eine Siedlung der Palestinenser in Israel errichten dürfen?

  39. @ I.Werner #15

    Ja, meine Zustimmung! Solche Begriffe dienen der demagogischen Verbrämung statt der Klärung und Aufklärung und laufen daher dem eigentlichen Zweck von Begriffen zuwider. Im schlimmsten Fall entstammen sie dem „Wörterbuch des Unmenschen“ (Dolf Sternberger), mit einiger aufmerksamer Übung lässt sich ein adäquater Sprachgebrauch aus mancherlei Texten herausfiltern und daraus auf Haltung und Denkweise des jeweiligen Autors schließen, z.B.

    – „Personen aus dem Ausland strömen in gewisser Zahl in unser Land“
    Menschen „strömen“ nicht, sie wandern allenfalls in mehr oder weniger großer Zahl in ein Land oder Gebiet ein. Die Metapher von den „Menschenströmen dient lediglich dazu, die Assoziation von Naturkatastrophen hervorzurufen. Die nächste Eskalationsstufe ist dann die, dass die inkriminierten „Personen“ plötzlich unser Land „überschwemmen“ („Asylantenschwemme“, „Ausländerschwemme“ etc.).

    – „Rabulistik“:
    Ein durch den Verwendungszusammenhang zutiefst antisemitischer Ausdruck.
    „In der Sprache des Nationalsozialismus wurde der Begriff Rabulistik mit antisemitischer Konnotation und vom deutschen nationalsozialistischen Reichspropagandaminister Joseph Goebbels häufig in den Zusammensetzungen „jüdisch-rabulistisch“ oder „jüdisch-marxistisch-rabulistisch“ benutzt, um gegnerische Argumentationsweisen zu diffamieren. (Wikipedia)

    – „Nichtlinke“
    Wer oder was, bitteschön, soll das sein? Es ist schon ein merkwürdiger beobachtbarer Tatbestand, dass sich im öffentlichen Diskurs seit je Linke darüber streiten, wer von ihnen „recht eigentlich links“ sei. Interessant aber, dass objektiv rechts Stehende für sich nicht reklamieren, Rechte oder gar die wahrhaft Rechten zu sein. Sie definieren sich im Zweifelsfall ex negativo als „Nichtlinke“ oder reklamieren für sich eine ominöse „Mitte“, die aber angesichts dessen, dass rechts niemand angesiedelt ist, außer vielleicht Nazis, aus dem Lot gerät.

    Max Wedell schreibt am 26. November 2012 um 18:27 an I. Werner,
    „es ist doch ganz einfach. In eher extremeren linken Milieus (der brave Sozialdemokrat, der dafür eintritt, daß Wirtschaftsflüchtlinge nicht das Asylrecht mißbrauchen dürfen, ist nicht gemeint… insofern war der Begriff “Linke” von mir vermutlich etwas zu generisch verwendet) ist es gängige Anschauung, daß “Nation” ein überholter Begriff ist, und die Idee, die Anwesenheit eines Menschen irgendwo könne “illegal” sein, eine Schimäre.“

    Der Satz ist ein Musterbeispiel für die komplette Substituierung von Sinn und Information durch reine ideologische Demagogie.
    1. Der „brave (!) Sozialdemokrat“ wird von „eher extremeren linken Milieus“ als „nicht gemeint“ ausgenommen. Dass die SPD spätestens seit 1959 (Godesberger Programm) erklärtermaßen ohnehin keine linke Partei mehr ist, sondern eine „Volkspartei“, spielt offenbar keine Rolle. Der Sozialdemokrat hat hier also eigentlich gar nichts zu suchen, dient nur dazu, eine Dichotomie zwischen „brav“ und „extrem“ zu konstruieren.

    Das „Brave“ besteht nun darin, dafür „einzutreten“ (!), daß „Wirtschaftsflüchtlinge“ nicht das Asylrecht mißbrauchen dürfen.“
    a) Flüchtlinge sind erst einmal Flüchtlinge. Ihre Ausgangslagen und Motive sind vielfältig. „Wirtschaftsflüchtling“ ist in diesem Zusammenhang nichts als ein diskriminierendes Attribut. Der Begriff „Wirtschaftsflüchtlinge“ passt jedoch eigentlich auf Leute, die mit ihren Millionen vor dem Zugriff des Fiskus ins Ausland flüchten oder dieses dorthin transferieren.

    b) „das Asylrecht missbrauchen“
    Der Art. Art 16a GG lautet:
    (1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

    Man kann streng genommen keine Rechte missbrauchen. Man kann sie allenfalls unbegründet in Anspruch zu nehmen versuchen. Dann ist es Sache der Behörden oder der Justiz, entsprechende Anträge abschlägig zu bescheiden. Das Recht den Antrag zu stellen hat man gleichwohl im Rahmen eines rechtstaatlichen Verfahrens.
    Der „Missbrauch“ ist dagegen eine moralische“ Kategorie, die bloß der Verdächtigung und Diskriminierung von Asylanträgern dient.
    Wikipedia hierzu:
    „Die vom Bundesministerium des Innern im Jahr 2000 eingesetzte Unabhängige Kommission Zuwanderung stellte in ihrem Abschlussbericht fest, dass der Begriff Asylmissbrauch ein „ethisch begründetes Negativurteil fällt. (…) Ein undifferenzierter Gebrauch … mache die Vokabel zum „inhaltsleeren ‚Kampfbegriff‘“.
    (…) Der Begriff wird als politisches Schlagwort auch von rechtsextremen Parteien wie der deutschen NPD und DVU (…) zur Agitation gegen unerwünschte Asylbewerber verwendet.“

    Soweit die Seite des „braven Sozialdemokraten“. Mit den „eher extremeren linken Milieus“ ist insofern die gesamte Linke bezeichnet. Wobei ich mich frage, welcher vernünftige Linke denn im Gegenzug etwa dafür „einträte“, es sei irgend legitim, irgendein Recht zu „missbrauchen“.

    Was bleibt also übrig? Die gesamten Kommentare Wedells hier lassen sich auf einen einzigen Nenner bringen: sie sind nichts als ein antilinkes Hasspamphlet. Ob die angebliche Haltung von Linken zur Nation oder zur leidvollen Vertreibung der Deutschen aus aus den Ostgebieten nach 1945, die in völlig ahistorischer Weise hier ins Spiel gebracht wird: statt konkreter Auseinandersetzung über die Konflikte steht immer die vielfach eingebildete Haltung der Linken auf seinem Prüfstand.
    Unklar bleibt im übrigen, welchen Sinn das „eher extremer“ eigentlich haben soll, außer, dass vielleicht „Extremismus“ assoziiert werden soll. Das gemahnt an den Spruch von Joh. Chr. Lichtenberg: „Vom Standpunkt der Tangenten und Sekanten liegt das Zentrum extrem.“

    Den Gipfelpunkt der kruden ideologischen Argumentation Wedells stellen seine grotesken Vergleiche dar zwischen der systematischen, völkerrechtswidrigen Enteignung und Landnahme ganzer Areale palästinensischen Bodens, der alles andere als Niemandsland ist, in Form des von der israelischen Regierung unterstützten bzw. betriebenen und dem Militär flankierten Siedlungsbaus einerseits und privaten Konflikten zwischen Nachbarn unterschiedlicher Herkunft in unseren Städten andererseits.

    Dabei haben die offenbar angesprochenen Raketenbeschüsse mit den Siedlungen, die in Gaza schon vor Jahren zurückgebaut wurden, überhaupt nichts zu tun.
    Soll man sich als politisch Denkender wirklich mit dem lächerlichen Bild auseinandersetzen, nach welchem die jüdischen Siedler in Palästina dort hinkommen wie deutsche Rentner, die eine Wohnung oder ein Haus an der spanischen oder türkischen Küste kaufen und deren Gesicht oder Auto oder Rasen den Nachbarn missfällt?

    Die jüngst von der israelischen Regierung (!) beschlossenen dreitausend Wohnungen, mit denen das Umland von Ostjerusalem, der potenziellen Hauptstadt Palästinas, abgetrennt werden soll, sprechen eine andere, politisch-expansionistische Sprache.

    Ich habe in diesem Blog seinerzeit u.a. mit Abraham, zum Teil kontrovers, aber mit wechselseitiger Anerkennung von überzeugenden Argumenten, die ganze Geschichte Israels ausführlich behandelt und diskutiert. Davon sind Wedells einseitige und vielfach falsche Darlegungen weit entfernt. Von einem ernst zu nehmenden Widerspruch leider zu schweigen.

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