Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands wäre um ein Drittel höher, wenn man unbezahlte Arbeit einrechnen würde. Das Problem dabei ist, dass der Wert unbezahlter Arbeit – die Rede ist nicht von Schwarzarbeit, sondern vor allem von Hausarbeit, wie sie in unseren ach so modernen Zeiten immer noch vorwiegend von Frauen, um nicht zu sagen: Hausfrauen erledigt wird – dass dieser Wert schwer zu bemessen ist. Das oben genannte Drittel dürfte eine grobe Schätzung sein, der Zahlen einer OECD-Studie zugrunde liegen, und es berechnet sich nach dem FR-Bericht „Das bisschen Haushalt“ ungefähr so:

„Nimmt man an, die Haushalte müssten die unbezahlten Tätigkeiten am Markt einkaufen – und zwar zum durchschnittlichen Stundenlohn ungelernter Arbeitnehmer –, so macht laut OECD die unbezahlte Arbeit in Korea rund ein Fünftel des BIP aus, in Portugal sind es mehr als 50 Prozent und in Deutschland etwa ein Drittel. In Euro: rund 800 Milliarden jedes Jahr.“

Und dieser enorme Wert wird vor allem von Frauen geschaffen. Sie arbeiten täglich etwa 100 Minuten länger unbezahlt als Männer. Dabei geht’s um Kochen, Putzen, Gartenarbeit, Kinderbetreuung, Pflege, auch um ehrenamtliche Aktivitäten. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass viele Frauen, auch Mütter mit minderjährigen Kindern, nebenbei noch Jobs nachgehen. Die stemmen also einiges.

Aber jetzt muss ich doch auch mal ein bisschen lästern, so ganz persönlich. Es ist ja gut und schön, was die OECD da errechnet hat, aber wenn ich mir meinen Garten anschaue … Die Arbeit, die ich da reinstecke – und das ist wirklich nicht wenig, weil die Vorbesitzerin ihn ein paar Jahre lang hat verwildern lassen – wäre nach OECD-Lesart ebenfalls ein Beitrag zum BIP. Allein der Bambus! Die gute Frau hat nämlich tatsächlich einen Zwergbambus einfach so ausgepflanzt, ohne Wurzelsperre! Kann man sich das vorstellen? Welchen gesellschaftlichen Schaden hätte das angerichtet, wenn ich nicht eingeschritten wäre? Die Pflanzen hatten sich unterirdisch bereits über etliche Quadratmeter ausgebreitet, überall kamen frische Triebe zum Vorschein. Und wenn jetzt einer sagt, frische Triebe seien doch schön … Ja, klar, aber nicht bei Bambus. Das Zeug kann erhebliche Schäden sogar an Gebäudefundamenten anrichten. Ich habe mich tatkräftig des Problems angenommen, der Bambus ist nicht mehr. Aber was passiert? Die OECD beachtet meinen Beitrag zum BIP nicht! Kein Wort, nicht das kleinste Sterbenswörtchen! Ich wette, das liegt daran, dass der Garten zu einem Männerhaushalt gehört. Offenbar hatte die OECD die Hetero-Brille auf. Ich wittere Diskriminierung! Schnüff! Muss wohl mal einen Brief an die OECD schreiben.

Sorry für diese kleine persönliche Randbemerkung. Nun zu den Leserbriefen. Rasmus Ph. Helt aus Hamburg meint:

„Der Titel beleuchtet ein sehr wichtiges Thema. Denn die fehlende Wertschätzung von Hausarbeit trägt in Deutschland wesentlich zur sozialen Spaltung und Ungleichverteilung von Vermögen zwischen den Geschlechtern bei. Weswegen es hierzulande zu einem kräftigen Umdenken nach skandinavischem Vorbild kommen muss, das zum Beispiel beinhaltet, die späteren Altersbezüge anders zu bemessen und zu finanzieren. Denn das bisherige Verfahren sorgt dafür, dass die Durchschnittsrente von Frauen deutlich niedriger als bei Männern liegt, auch wenn Erstere in der Praxis durch Leistungen wie Kindererziehung plus vielleicht noch einem Teilzeitjob eindeutig mehr zum Wohlstand beigetragen haben. Der viel beklagte Fachkräftemangel lässt nicht mit einem veralteten Vergütungsverständnis bekämpfen!“

Vinod Varma aus Friedberg:

„Die Hausarbeit der Frauen wie z.B. Kochen, Putzen, Einkaufen, Kindererziehen kann man nicht mit anderen bezahlten Tätigkeiten vergleichen. Das ist Herabstufen der Hausarbeit, die angeblich ein Frauengebiet geworden ist. Man macht diese Arbeiten für sein eigenes Heim und seine Familienangehörigen, und dafür kann man keinen Lohn erwarten. Wenn man jede Handhabung mit Geld wiegen soll, dann wird man noch materialistischer. Wo bleiben die christlichen Werte? Ist Geschlechtsverkehr mit dem Ehepartner auch eine Arbeit, die entlohnt werden muss? Wenn ich als Mann etwas koche, soll ich dafür Geld von meiner Frau verlangen? Lassen Sie die Frauen und Männer für das geliebte Eigenheim das machen, was man für den Erhalt der Familie und für das Familieglück machen muss, ohne materialistisch zu denken. Die Hausarbeit ist eine Hingabe, keine Aufgabe.“

Sam More aus Dresden:

„Karriere definiert sich auch in dem Maße, seine Tätigkeit maßgeblich in Inhalt und Form mitbestimmen zu können, nicht nur an einer Vergütung für die dafür aufgewendete Zeit. Ich schlage folgende Alternative vor: Wir untergliedern in maßgeblich selbstbestimmte Tätigkeitszeit – Schlafen, Arbeitswege entfallen hier, Essen, Körperpflege gehören dazu – und addieren dazu Hausarbeit (maßgeblich selbst gestaltbar), Ehrenamt usw. Anschließend vergleichen wir noch nach Geschlecht. Und dann stellen wir die Frage nach der Karrierefalle neu.“

Verwandte Themen

2 Kommentare zu “Geliebtes Eigenheim

  1. Bei der Hausarbeit wird häufig übersehen ,daß sie Rahmenbedingungen hat , wie sie Arbeitnehmer/innen nicht vorfinden.
    Überwiegend freie Zeiteinteilung , Einfluß auf Umfang der Arbeit , kein Chef , keine Kollegen und keine Hetze.
    Wenn Hausfrau und Hausmann das klug anstellen und nicht so bescheuert sind , wegen der Nachbarn ständig Rasen zu mähen oder die Fenster zu putzen ,kann da viel eingespart werden an Arbeit.

    Es ist völlig richtig , daß die Frauen sich gegen die Festlegung auf diese Tätigkeiten gewehrt haben , aber man muß auch nicht übertreiben.

Kommentarfunktion geschlossen