Schwarz-Grün in Hessen – dass ich das noch erleben muss! Ob Tarek al-Wazir wenigstens in Turnschuhen zur Vereidigung als Minister auftreten wird?
Das Hamburger schwarz-grüne Projekt habe ich mit Interesse bis zu dessen Ende verfolgt. Dort gab es eine Großstadt-CDU, die sich von der ländlich geprägten hessischen CDU unterscheidet wie der Tag von der Nacht. Sie wurde geführt von einem Schwulen und konnte daher für sich in Anspruch nehmen, relativ liberal zu sein; wobei die sexuelle Orientierung, das hat sich auch in Hamburg gezeigt, nicht unbedingt mit einer liberalen oder gar linken politischen Orientierung einhergehen muss. Das ist gegessen. Es hat nicht funktioniert.
Seitdem haben sich die Parteien weiterentwickelt. In der heutigen Hessen-CDU wäre eine rassistische Kampagne wie die, die Roland Koch 1998 auf Kosten von Ausländern zwecks seiner Wiederwahl geführt hat, vielleicht nicht mehr denkbar. Dafür hatte sie während der letzten Legislaturperiode einen Innenminister namens Boris Rhein, der für den Blockupy-Kessel in Frankfurt im Juni 2013 verantwortlich sein dürfte. Die Hessen-CDU ist der konservativste Landesverband der CDU. Nachdem die Grünen mit denen ins Bett gestiegen sind, sind sie also zunächst einmal als machtgeil entzaubert. Nachdem ihre Alt-Funktionäre den Marsch durch die Institutionen hinter sich haben und ihre historischen Chancen in den beiden Koalitionen mit der Schröder-SPD vergeigt haben, zeigt sich, dass die Generation, die auf Fischer und Trittin folgt, genauso stromlinienförmig ist wie nachrückende Politiker/-innen in anderen Parteien.
Das strategische Kalkül hinter der schwarz-grünen Hessen-Koalition scheint zu sein, die Grünen als bürgerlich-liberale Partei in der Mitte des Parteienspektrums zu etablieren und ihnen Koalitionsmöglichkeiten in beide benachbarte Richtungen zu ermöglichen. Das eröffnet einer FDP Möglichkeiten, sich neu und vielleicht auch erfolgreich als sozial-liberale Partei links von den Grünen zu re-etablieren. Für mich ist aber der entscheidende Punkt, liebe Grünen: Wie bürgerlich wollt ihr denn noch werden?
Dazu eine kleine Begriffsklärung: Der Begriff des Bürgers als Citoyen ist aller Ehren wert. So verstanden sind Bürger aufgeklärte Menschen, die im Gegensatz zur Bourgeoisie, die ebenfalls bürgerlich zu nennen wäre, großen Wert auf ein funktionierendes Gemeinwohl legen. Dies genau ist der Punkt, an dem die FDP gescheitert ist: Sie war zuletzt nur noch die Partei der Industrie, der Besserverdienenden, der Hoteliers, der Kapitalisten. Sie war eine Klientelpartei, und in dem Maß, in dem sie dazu verkümmert ist, hat sie Platz gemacht für die Grünen und hat sich selbst überflüssig gemacht, denn die Wirtschaft war schon bei der CDU recht gut aufgehoben.
Wollen sich die Grünen nun als Citoyens im Sinne von Hüter des Gemeinwohls verstehen? Und das mit einer CDU an der Backe, die mehrere unaufgeklärte Affären am Hals hat? Ich werde das beobachten. Sollten die Grünen es schaffen, die bedingungslos flughafenfreundliche Landes-CDU in der Koalition auf einen Weg zu bringen, der sich am Gemeinwohl orientiert, dann könnte es sein, dass sich das schwarz-grüne Hessen-Experiment lohnt. Schaffen sie es nicht, dann war diese Koaliton der Sündenfall. Daran kann nur noch die Grünen-Mitgliederversammlung am 21.12. etwas ändern, indem sie dem Koalitionsvertrag nicht zustimmt.
Brigitte Ernst aus Frankfurt:
„Verlogener geht es ja wohl nicht! Da einigen sich CDU und Grüne großartig auf ein Gesetz, nach dem staatliche Aufträge künftig nur an Firmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen, das Land Hessen selbst als Arbeitgeber aber verharrt weiterhin außerhalb der Tarifgemeinschaft der Länder.
Von der CDU erwarte ich nichts anderes, aber die Grünen haben sich mit dieser Koalition nun endgültig unmöglich gemacht. Während die SPD auf Bundes- und Landesebene wenigstens ansatzweise versucht, einige Fehler der Schröder-Regierung zu korrigieren, tönen die Grünen vor der Wahl groß von weitreichenden Steuererhöhungen für Spitzenverdiener, um in Hessen dann doch wie gehabt den Polizisten und den kleinen Angestellten im öffentlichen Dienst zu schröpfen.
Ausgerechnet Al-Wazir, der unermüdliche Erzfeind Bouffiers, tritt plötzlich strahlend als Kumpan dieses Hardliners auf. Damit haben sich die Grünen für mich als wählbare Partei endgültig verabschiedet.“
Thomas Grebe aus Hanau:
„Da einigt sich die Koalition in Hessen in den Koalitionsverhandlungen auf ein Tariftreuegesetz, wonach staatliche Stellen künftig nur noch Aufträge an Firmen vergeben sollen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Normalerweise hätte ich gesagt: Das ist eine gute Meldung. Aber aufgrund der Tatsache, dass das Land Hessen unter der CDU-Landesregierung im Jahr 2004 selbst aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten ist, um längere Arbeitszeiten für die Angestellten und Arbeiter im Landesdienst durchsetzen zu können und dadurch den Stundenlohn der Angestellten und Arbeiter im Vergleich zu anderen Bundesländern mit niedrigeren Wochenarbeitszeiten quasi reduziert hat, kann ich nur sagen: Das ist eine Lachnummer.“
Norbert Müller aus Frankfurt:
Von der grünen Partei fordere ich meine Stimme zurück! Diese Koalition habe ich nie und nimmer gewählt! Einer Partei, in der in großen Teilen immer noch der Geist von Koch und Steinbach etc. die Stimmung bestimmt und ebenso ein Herr Rhein Politik betreibt, für fünf Jahre die Treue zu schwören, ist für mich unverständlich. Die Grünen wurden unter anderem als Sympathisanten von Pädophilen verunglimpft. Da kann der Bouffier noch so viel Kreide gefressen haben: No go!“
Tja, Herr Müller, als Stimmvieh haben Sie Pech gehabt. Ist die Stimme einmal weg, bekommen Sie diese nicht mehr zurück. Aber Sie sind wahrscheinlich in vielfältiger Gesellschaft, auch wenn das nur ein schwacher Trost ist. Ich fühle mich von Al-Wazir und Konsorten ebenso über den Tisch gezogen. Es widert mich an, daß die Grünen in Hessen, die noch vor kurzem eine ausgearbeitete Feindschaft mit der CDU pflegten, nur den Steigbügelhalter für deren Klüngel macht und sich Al-Wazir bei Bouffier als Zäpfchen anbietet. Und was das Kreide fressen betrifft wischen sich doch beide noch den Staub vom Mund.
Es wäre eine Lachnummer, wie Thomas Grebe schreibt, wenn’s nicht so zum Weinen wäre. Ich fürchte eine Fortsetzung der Peinlichkeiten, die Schwarz-Grün die letzten Jahre in Frankfurt veranstaltet hat, nur jetzt in ganz Hessen. Das läuft dann so, daß die CDU für mehr Straßenbau in Hessen sorgt, und die Grünen werden dafür sorgen, daß Alleen daraus werden. Und wenn Rhein seine knüppelschwingenden Volkserzieher ausschickt, demonstrierende Bürger über das Thema Staatsgewalt zu unterrichten, werden nicht nur die Frankfurter Grünen wegschauen und schweigen, sondern die hessischen Grünen insgesamt.
Aber es ist wohl so, wie Bronski schreibt und ich es vor vier Wochen schon konstatierte, daß die Machtgier bei den Grünen gesiegt hat, wenn sie sich so schamlos mit der schon als geradezu schmerzhaft rechtsaußen geltenden hessischen CDU ins politsche Bett legen.
http://www.frblog.de/hessen-koa/#comment-43913
Ich habe die Grünen gewählt und teilweise auch aktiv unterstützt, seit sie als Partei existieren. Sie haben sich zu einer stromlinienförmigen Beliebigkeitspartei entwickelt, die wie die FDP früher schlicht als Mehrheitsbeschaffer agiert und dafür ein paar Brocken hingeworfen bekommt. Das Thema Grüne hat sich damit endgültig erledigt. Al-Wazir und seiner Partei wünsche ich von Herzen, daß die hessischen Wähler seinen Entscheidung für Schwarz-Grün bei der Landtagswahl in fünf Jahren damit honorieren, sie in die APO zu schicken.
Ich kann mir gut vorstellen, dass die Union als Reaktion auf die SPD-Aussage, bei der nächsten Bundestagswahl auch mit der Linken ins Gespräch kommen zu wollen, den hessischen Ministerpräsidenten als ein aus dem Ärmel gezogenes Ass eingesetzt hat, um die neue strategische Option der Sozialdemokraten zu durchkreuzen. Danach bliebe auch bei der nächsten Buta-Wahl die CDU/CSU das Kraftzentrum der Parteien. Das sich christlich nennende Interessenskonglomerat wird nach der Wahl nochmals die Wahl haben. Denn bis auf die Linke werden voraussichtlich alle betteln, mit auf der Regierungsbank sitzen zu dürfen.
Großes Aufgebot an Mannschaftswagen vor dem Kasino der Frankfurter Stadtwerke. Polizisten mit Kampfanzügen, Helmen und Schlagstöcken. Draußen mehrere hundert Umweltschützer, enttäuschte und getäuschte Wähler und sogenannte Wutbürger. Drinnen die Grünen/Bündnis 90 bei ihrer Landesmitgliederversammlung.
Was vor kurzem noch kaum vorstellbar war, die Grünen verstecken sich hinter Polizeischutz vor den Bürgern die sich um ihre Umwelt sorgen. Noch bis zur hessischen Landtagewahl hatte Grünen-Chef Al-Wazir lautstark mit den Bürgerinitiativen gefordert „Bouffier muss weg“ und eine Regierungsablösung gefordert. Lautstark warnte der Grünen Spitzenmann: „Wer die LINKE wählt wacht mit Bouffier auf“. Aufgewacht sind jetzt die Wähler, mit Bouffier und Al-Wazir in Doppelpack, an der Spitz der hessischen Regierung.
Der Glaube an ein bessere Umwelt und einen Stopp der Ausbaupläne des Frankfurter Flughafens indes sind bei Vielen verflogen. „Wie soll die neue Landebahn geschlossen werden oder das umstrittene Terminal 3 verhindert werden wenn eine Flughafenausbaugegnerpartei mit der CDU gemeinsam regiert“, so eine Meinung die an diesem Tag mehrfach zu hören war. Grün war Gestern – heute sehen die Bürger Hessens schwarz.
Den Grünen in punkto Flughafen Verrat oder Verhökerung des Flughafenausbaus an die CDU vorzuwerfen, wie in einigen Leserbriefen geschehen, entbehrt jedes Realitätssinnes. Die Grünen sind gerade nicht wegen dieses Themas gewählt worden, sie haben die Wahl verloren! Auch Flughafenausbaugegener müssen endlich mal zur Kenntnis nehmen, dass selbst in den vom Lärm am meisten betroffenen Gemeinden über 80 % der Wähler die Flughafenausbauparteien SPD und CDU gewählt haben.
Es ist eine anscheinend nicht verschwindend wollene Illusion bei vielen, immer auf die SPD setzten zu wollen. Es hätte sich in punkto Flughafen nichts bei einer rot-grünen Koalition geändert. Die SPD vertritt beim Flughafen die gleiche Politik wie die CDU. Nur die Fluglärmgegener hätten nicht demonstriert.
In seinem Kommentar zur schwarz-grünen Koaliton trifft Pitt von Bebenburg den Nagel auf den Kopf, wenn er davon schreibt, dass eine erhebliche Zahl von Menschen politisch heimatlos werden, die sich von dem sozial-ökologischen Projekt angesprochen fühlten. Dieses Projekt wurde von der SPD auf der ökologischen Seite und von den Grünen auf der sozialen lediglich halbherzig, konsequent sozial und ökologisch lediglich von der Linken verfolgt!
Allerdings kommt diese Entwicklung nun nicht völlig überraschend. Der Wandel der Grünen hin zu einer Mitte-Partei dauert ja nun schon seit der Zeit der ersten rot-grünen Bundesregierung 1998 an. Und für einen Platz an der Macht nehmen sie eben nun mal auch die Schwarzen. Inhalte spielen – zumindest bei der hessischen Parteienspitze – lediglich noch eine untergeordnete Rolle. Oder doch nicht? Vermutlich passen die jetzt ausgehandelten Positionen ganz gut zu den führenden „Köpfen“ in der Partei. Wer mit dem SUV beim Bio-Supermarkt vorfährt, fliegt eben auch gerne ab dem Frankfurter Flughafen miles-and-more!
Die Grünen lassen sich dafür feiern, mit der CDU einen „hessichen Aktionsplan für Vielfalt und gegen Homophobie“ aufzustellen. Was soll daran eigentlich modern sein? Nachdem wir seit Jahren schwule Politiker in führenden Positionen haben, davon in den letzten vier Jahren einen Außenminister. In weiten Teilen der Gesellschaft ist die Akzeptanz dieser Lebensformen täglich gelebte Realität! An den Schulen soll dafür geworben werden, diese Menschen nicht zu diskriminieren. War das denn bisher anders?
Gut zusammen passen nicht wenige grüne und schwarze Wähler und Parteivordere in ihrem Dünkel der (selbsternannten) „Eliten“ – dabei sind sie nur elitär!
Die Grünen bekommen zwei Ministerien, weniger als es der bisherige Koalitionspartner der CDU, die FDP, hatte. Auch dies ein Erfolg? Laut Pitt von Bebenburg wäre eine unabdingbare Grunderwerbsteuer mit der FDP wohl kaum möglich gewesen. Nun, dann hätte die FDP wenigstens bei einem ihrer Kernthemen
Standhaftigkeit bewiesen. Die Grünen sind bei ihren Kernthemen Energiewende und Flughafen Frankfurt zur neuen „Umfallerpartei“ mutiert. Aber da nennt
sich das dann wohl Pragmatismus. Wieder wird mir vor Augen geführt, dass ich diese Partei nach 1998 aus guten Gründen nicht mehr gewählt habe.
Eines lässt sich auf jeden Fall festhalten: Aus der Zuschreibung für die Grünen „Bürgerrechtsbewegung“ können wir mit gutem Gewissen den Begriff „Bürger“ ersatzlos streichen! Oder besinnt sich die Basis am kommenden Wochenende bei der Abstimmung über den Koalitionsvertrag doch noch auf ihre Wurzeln und ihre Inhalte? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!
Lieber Norbert Müller aus Frankfurt
auf http://www.frblog.de/gruene-in-hessen-strahlender-kumpel-eines-hardliners/
Liebe empörte Grünwähler,
manch einer unter Euch klagt: „Die Grünen wurden unter anderem als Sympathisanten von Pädophilen verunglimpft“ und jetzt kommt auch noch eine schwarzgrüne Koalition auf uns zu …
Wie bitte: – – VERUNGLIMPFT?
Habt Ihr nicht mitbekommen, dass die Vorwürfe wahr sind?
Fragt Claudia Roth, Jürgen Trittin oder Simone Peter , warum sie sich für die Partei und somit für Euch alle entschuldigen. Fragt die „Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule, Transsexuelle und Päderasten“ der Grünen, die die Paragrafen 174 und 176 des Strafgesetzbuchs dergestalt verändern wollten, dass das generelle Verbot von Sex mit Kindern faktisch nicht mehr existiert hätte. Fragt den Göttinger Parteienforscher Franz Walter, der es auf den Punkt bringt: „Trauma trifft auf Amnesie“.
Wenn welche unter Euch sind, die das leugnen wollen, so haben Die nun ihre gerechte Strafe erhalten: Eine konservative Koalition. Ich begrüße das.
Al-Wazir Minister der Wirtschaft? Die nunmehr in Beton gegossene grün-schwarze Koalition (besser: Kumpanei) basiert auf einer ganz und gar glanzlosen und in weiten Teilen beliebigen Koalitionsvereinbarung. Aber das hat bereits den Segen der hessischen Unternehmer und Arbeitgeber. Oberlobbyist Faßbender lässt sich voll des Lobes in den Medien vernehmen. Einiges deutet daraufhin, dass sich Tarek Al-Wazir nicht als Wirtschaftsminister versteht, sondern als Minister der Wirtschaft. In hr-info war er in den letzten Tagen mehrfach zu hören, dass ihm zunächst die „Wettbewerbsfähigkeit“ von Fraport am Herzen liegt, und dann will er auch noch versuchen den Fluglärm zu reduzieren. Wie das mit den vereinbarten „Maßnahmen“ gehen soll, bleibt das Geheimnis von Bouffier und dem Obergrünen. Konkreter wird das Koalitionspapier aber, wenn es darum geht Arbeitnehmer- und Beamtenrechte anzugehen. Mit der Schuldenbremse im Rücken wird Arbeitsplatzvernichtung in Aussicht gestellt, Arbeitszeitverkürzung-Kosmetik betrieben und eine Rückkehr des Landes in die Tarifgemeinschaft der Länder erst gar nicht vorgesehen. Soziale Gerechtigkeit und Maßnahmen gegen die zunehmende Armut auch in Hessen sucht man vergebens. Letztlich verschweigen die Koalitionäre uns beharrlich, dass es, was die Steuern anbetrifft, kein Ausgabeproblem gibt, sondern ein massives Einnahmeproblem in Hessen. Dies alles passt zur „Wirtschaftsfreundlichkeit“ der Mehrheits-Grünen mit dem Ober-Realo Tarek.
Es ist schlimm zu sehen, was in den letzten drei Jahren nur alleine innerhalb von Frankfurt am Main nach der Koalitionsbildung im Stadtparlament von Schwarz-Grün geschehen ist oder nicht. Soll jetzt diese Pizza-Connection auf Landesebene fortgesetzt werden?
Warum wurden die hessischen Grünen einst und auch jetzt gewählt? Weil sie sich um die Umwelt kümmerten, grüne, ökologische und ökonomische Politik betrieben, auf soziale Nachhaltigkeit größtmöglichen Wert legten. Jetzt schämen sie sich noch nicht einmal dafür, mit einem Gegner, der sich CDU nennt und sie seit Beginn ihrer Parteigründung als nicht regierungsfähig und inkompetent bezeichnete, ein Bündnis auf Landesebene zu schließen. Vielleicht stehen die Wahlpunkte auch nur noch auf der Fahne der Grünen, und in Wirklichkeit sind sie mittlerweile bei der Wandlung hin zum Kapitalismus angekommen und – wir Wähler haben es nur noch nicht bemerkt.
Jetzt wollen diese Grünen endlich salonfähig werden, und das heißt, dass sich der gesamte hessische Vorstand der Grünen an das Wahlversprechen, dafür Sorge zu tragen, dass Schwarz-Gelb abgewählt wird, wohl nicht mehr erinnern kann. Aber wir kennen es ja bereits aus Frankfurt und wissen, was auf uns zukommen wird. Pöstchen schieben, Schulden nach oben treiben, sinnvolle Einrichtungen wie z.B. Schulen schließen anstatt zu fördern – warten wir es ab, wie unsere salonfähigen Grünen das – und zwar immer zum Vorteil der Wirtschaft in Hessen – machen werden. Die Stadt Frankfurt ist das beste Beispiel hierfür.
Man sieht die Richtung, die angestrebt wird. Durch Täuschungsmanöver an breiter Front, wenn man an die Wahlversprechen Tarek Al-Wazir und Co. erinnern kann. Mit diesem Bündnis lassen die verantwortlichen Grünen in Hessen ihre Klientel (u.a. auch die vielen Flughafengegner) eiskalt über die Klinge springen. Glaubt ein Tarek Al-Wazir wirklich, dass er, wenn er eine Koalitionsvereinbarung mit einer CDU in Hessen eingeht – auch nur irgendetwas zum Positiven hin werde ändern können?
Die Grünen sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie nur gebraucht werden, um die Macht der CDU in Hessen, die Macht eines Ministerpräsidenten Volker Bouffier zu erhalten. Durch unsere große Koalition kennen und wissen wir doch mittlerweile, dass alles, was in den Koalitionsverträgen steht, umgesetzt werden kann, aber nicht muss.
Ich kann nur hoffen, dass hier vielleicht doch noch die Reißleine gezogen wird, denn es gibt noch andere Möglichkeiten, an die Macht zu kommen, wenn es denn unbedingt sein muss. Das wäre dann allerdings keine in Richtung Kapital orientiert, sondern eher in die sozial orientierte Richtung, die hier in Hessen angegangen werden sollte und müsste.
Spannend war es, wie der Mitgliederentscheid der SPD, spannender als der eigentliche Wahlkampf.
Hessen in einen Dornröschenschlaf seit 2000, und wacht nun unter schwarz-grün auf.
Es ist ein Schlussstrich, so die Vorstellung, ein Neuanfang vom Prinzip Koch und Kellner
ich bin erleichtert über die Aufteilung in Wiesbaden.
Volker Bouffier schmeisst die Küche, Al Wazir kellnert dazu
So, das war es erst einmal mit dem Projekt (oder passt Traum besser) von einem rot/grünen Regierungsbündnis in Hessen. Was bleibt, ist böse betrachtet als temporäres Abschiedsgeschenk in Richtung SPD nur Joschka Fischers Ausspruch vom „avanti dilettanti“, dessen Schuh sich vor allem SPD Landesvorsitzender TSG anziehen muss. Sicherlich hehr und gut gemeint für eine neue Art der Gestaltung von Mehrheiten und politischer Kultur, ist aus seinem lavieren, taktieren, sondieren und diskutieren letztlich nur das Verlieren geblieben, was Machtwechsel und eine neue, andere Perspektive für Hessen betrifft.
Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Denn mit dem neuen Schwarz/grünen Bündnis, egal ob aus Macht- oder persönlichem Streben betrachtet, haben sich die Grünen endgültig das andere Gesicht gegeben, welches sie eigentlich nur zu gerne schon länger in anderen, noch nicht reifen Bündnissen auf Landesebene mit der CDU gezeigt hätten- jetzt hat Hessen endlich, aus ihrer Sicht befreiend, den Weg dafür und von der Entfesselung zur SPD (wenn es die denn so überhaupt gegeben hat), frei gemacht. Baden- Württembergs Ministerpräsident Kretzschmann hätte sich dies liebend gerne als erster in der Republik auf die Fahnen geschrieben, war doch schon für ihn rot/grün nur die zweite, unbeliebte Option – auch wenn dies nie offen
zugegeben wurde.
Doch was sind das eigentlich noch für Grüne, für welche Inhalte stehen sie eigentlich, wen wollen sie zukünftig repräsentieren und vertreten?
Sicherlich nur noch am Rande die heute milde belächelten Gründerväter- und Mütter ihrer Partei, deren Mief von Ökosocken, ins Parlament getragenen Blumen oder einer unter zum Teil kindlicher Denke von einer vom Gutmenschen getragenen Zukunft den heutigen Strategen der ehemaligen Umweltpartei schon lange auf den Zeiger ging. Ich benutze hier bewusst den Terminus „ehemalig“; Denn bei Lichte betrachtet haben sich die Grünen stramm in Richtung Konservativ mit nur noch marginalem grünen Grundthemen als Anstrich verabschiedet. Das werden auch diejenigen aus dem Umfeld des Frankfurter Flughafens, die der Partei in der Hoffnung auf Besserung ihrer persönlichen Situation bei der Landtagswahl ihre Stimme gaben, leidvoll spüren. Falsch: Sie haben es schon gespürt.
Heute wird die Partei der Grünen überwiegend von einem gut situiertem, auf hohem Bildungsniveau stehenden Wählerklientel repräsentiert, das in anderen, egal ob liberal oder wertkonservativ denkenden Parteien, gut aufgehoben wäre. Welch besseren Beleg dafür könnten die Aussagen der Partie- Ikonen Tom Koenigs und Daniel Cohn-Bendit zum geplatzten rot/grünen Projekt bilden? Keine!
Schnell hat man für politische Verhältnisse gelernt, was Macht ist, wie süß diese schmeckt und wie man an selbige kommt. Die (aus Grünen Sicht) gut funktio-nierenden Bündnisse in den hessischen Großstädten Frankfurt und Darmstadt sind bester Beleg für diese These. Hier hat der Abnabelungsprozess zur SPD schon lange begonnen. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, wie sich dieser Weg fortsetzen wird.
Aber man muss aufpassen, das die Ursprungsgedanken der ökologischen Partei
nicht in Gänze auf dem Altar der Macht verramscht werden; Denn wer hoch steigt, seine Basis verlässt und die Grundprinzipien über Bord wirft kann auch ganz schnell und tief abstürzen. Manche Wähler nämlich vergessen schlecht oder nie: Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 sollte hierfür ein Warnschuss sein.
Diesen Lern- und Veränderungsprozess und die daraus entstehen Folgen in Form von alternativen Bündnissen muss man aber den Grünen in einer Demokratie auch zugestehen – die anderen machen es ja schließlich auch (die große Koalition in Berlin lässt freundlich grüßen)! Und ob sie es immer besser machen…?
Was bleibt abschließend für die SPD? Nicht viel- zumindest momentan. Neben Wundenlecken und verlorener Hoffnung auf Macht in Form der Regierungsbildung bleibt TSG und seinem Team nur die Fortsetzung des eingeschlagenen Weges. Aber mit der Erkenntnis, nicht mehr nur noch auf das sichtlich (was die Nähe zur SPD betrifft) erlahmte grüne Pferd zu setzen. Denn tote Pferde reiten sich bekanntlich nur noch bedingt, bis man es merkt.
Sich hingegen andere Optionen zu erarbeiten, aber dies ohne wie zuletzt mit dem zermürbendem Gezerre für das eigene Wählerklientel! Zu Vorderst aber eigene Alternativen aufzeigen zu schwarz/grün. Inhaltlich, Zukunftsweisend und personell. Und zwar zügig; Denn Politik ist schnelllebig, wie uns Hessen gezeigt hat. Man muss es nur merken.
Da haben sich die GRÜNEN, pünktlich zum Jahresausklang, doch ein schönes Geschenk gemacht. Nach dem Motto: Was scheren uns all die Aussagen von vor der Wahl, besonders bzgl. der CDU, wenn wir jetzt auch einmal mitregieren dürfen. Dabei merken sie gar nicht, dass sie, genau wie die FDP vor ihnen, nur von der CDU dazu benutzt werden, um deren Macht zu erhalten. Somit, sind sie also auch nur noch eine gewöhnliche Partei d.h. ohne inhaltlichen erkennbaren Unterschied zu den anderen Parteien.
Ehrlich geschrieben sind diese Vorstellungen mehr als schwer gewöhnungsbedürftig: Die friedensbewegten (?) Grünen Hand in Hand mit den schwarzen Anhängern der Rüstungsindustrie bei den Ostermärschen! Die kapitalismuskritischen (?) Grünen gemeinsam mit dem hessischen Innenminister Boris Rhein in dessen schwarzen (Polizisten-)Block bei der Blockupy-Demonstration! Windräder anpustende Grüne neben Schwarzen, die mit ihren heißgeliebten AKWs um die Wette strahlen! Wein- und bierselig schunkelnde Grüne und Schwarze im Festzelt auf dem Hessentag beim Veggie-Day! Geht’s eigentlich noch verlogener? Oder ist das die neue Vielfalt in Hessen? Angenehmer dann schon diese Vorstellung: Grüne und FDP unglücklich vereint als APO! Aber nein, das wird nicht geschehen, denn die „aufgeklärten“ und „modernen“ Schwarzen werden die Grünen mit Zweitstimmen schon bei der Stange halten. Und dann, als Krönung, eine neue Farbenlehre für Hessen: Schwarz-Grün-Gelb!
Seit ihrer Gründung hat sich die grüne Partei um die soziale Frage gedrückt, hat sie sehr selten und wenn ja, dann eher halblaut gestellt und nie wirklich beantwortet. Und falls doch, waren die wenigen radikalen Infragesteller wie Jutta Ditfurth schnell isoliert. Dass die Ausbeutung der Natur und die Vernichtung von Lebensräumen typisch sind für kapitalistische und autoritäre, also profitorientierte, Gesellschaften, war nie eine zentrale Aussage der Grünen.
An der Wiege dieser Partei standen Personen wie Herbert Gruhl (CDU), Baldur Springmann (AUD – Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher), August Haußleiter (AUD) oder Herbert Rusche (AUD). Die AUD, eine neutralistisch-nationale, aber keine faschistische Partei, löste sich 1980 zu Gunsten der Grünen auf, prägt aber bis heute deren ökologisches und politisches Selbstverständnis.
Demgegenüber haben sich soziale Inhalte, wie sie anfangs von ehemaligen Sozialdemokraten und undogmatischen Linken eingebracht wurden, nicht nachhaltig durchsetzen können. Folglich stritt man innerparteilich eher über Toleranz gegenüber Pädophilen, Integration von Zuwanderern oder Frauenquote.
Die Forderung nach einer Steuererhöhungen für Großverdiener im letzten Bundestagswahlkampf erscheint rückblickend wie das letzte Gefecht eines Parteiflügels (um Jürgen Trittin), der längst einflusslos geworden war. Führende Grüne wie Katrin Göring-Eckardt hatten bereits in der rot-grünen Bundesregierung gezeigt, dass Hartz-Gesetze und Auslandseinsätze der Bundeswehr zum systemstabilisierenden Konzept der Partei gehören.
In Frankfurt sind spätestens seit 2006 die Elemente grüner Kommunalpolitik unübersehbar. Die Stadt ist, überspitzt formuliert, zu einem Paradies für Radfahrer sowie Finanz- und Immobilienspekulanten geworden. Hingegen tut sich das grüne Bildungsreferat extrem schwer, und mit Theater und Oper haben die Grünen offensichtlich gar nichts im Sinn; intellektuelle Defizite, die sie vor allem mit den Sozialdemokraten teilen. Bald werden die Grünen auch die Hoffnungen jener enttäuscht haben, die um den Flughafen wohnen.
Der künftige Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir hielt unlängst den Linken vor, dass sie nicht regierungsfähig seien. Man kann das auch anders sehen: Die Linken wollen allem Anschein nach etwas verändern, die Grünen hingegen begnügen sich mit dem Regieren (ähnlich wie die SPD im Bund).