Persönliche Integrität sieht anders aus

Christian Wulff ist als Bundespräsident bisher nicht groß aufgefallen. Ein einziges Mal stieß er eine Debatte an, als er einen Satz sagte, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: Der Islam gehöre zu Deutschland. Das war alles. Langweilig, der Mann. Aber jetzt fällt er durchaus auf. Unangenehm, was da rund um einen Privatkredit nach und nach ans Licht kommt.

Die Ehefrau eines befreundeten Unternehmers, so die offizielle Version, hatte ihm 2008 einen Privatkredit über 500.000 Euro gegeben. Edith Geerkens heißt sie und ist die Gattin von Egon Geerkens. Über diesen Kredit hatte Wulff den niedersächsischen Landtag 2010 im Unklaren gelassen, nachdem dieser Auskunft über seine geschäftlichen Kontakte zu Geerkens verlangt hatte. Dazu hat der Bundespräsident inzwischen eine knappe Erklärung abgegeben:

„Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das. Es wäre besser gewesen, wenn ich auf die Anfrage der niedersächsischen Abgeordneten im Landtag über die konkreten Fragen hinaus auch diesen privaten Vertrag mit Frau Geerkens erwähnt hätte, denn in der Sache hatte und habe ich nichts zu verbergen.“

Nun will aber, berichtet die FR, der Spiegel herausbekommen haben, dass dies möglicherweise nur formal stimmt: Er zitiert in seiner neuen Ausgabe Egon Geerkens mit den Worten „Ich habe mit Wulff verhandelt“ und „Ich habe mir überlegt, wie das Geschäft abgewickelt werden könnte“. Das Nachrichtenmagazin beruft sich auf „verschiedene Gespräche“ mit Geerkens. Nach Bekanntwerden der Zitate ließ Wulff am Freitagabend über seine Anwälte mitteilen, der Kreditvertrag sei mit Edith Geerkens geschlossen worden. Das sei auch von der Sparkasse Osnabrück bestätigt worden. Geerkens sagte dem Nachrichtenmagazin Focus, dass das Darlehen vom Konto seiner Frau stamme, er aber den Verrechnungsscheck der Bundesbank ausstellen ließ und diesen auch persönlich an Wulff übergab.

Das ist noch nicht alles: Rechtsexperten werfen Wulff jetzt einen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz vor, denn einen – unbesicherten! – Kredit in dieser Höhe hätte er auf dem freien Kreditmarkt nicht bekommen. „Wenn es keine Sicherheiten gab – zum Beispiel einen Grundbucheintrag – und Herr Wulff also zu den genannten Konditionen gar keinen Kredit bei einer Bank bekommen hätte, muss man einen Verstoß bejahen“, sagt Ulrich Battis von der Humboldt-Universität zu Berlin. Allerdings sei für ihn noch der Amtsbezug unklar. „Man muss sehr genau prüfen, ob das eine rein private Angelegenheit war – oder eine, die einen engen Bezug zu seinem Amt als Ministerpräsident hatte.“ Das sieht Verfassungsrechtler von Arnim schon deshalb als gegeben an, weil Egon Geerkens an drei Reisen des Ministerpräsidenten teilgenommen habe, obwohl er nach „objektiven Kriterien nicht mehr in diese Delegationen“ gepasst habe.

Ein Bundespräsident, der gemauschelt hat – ist der für das höchste Staatsamt Deutschlands noch tragbar?

Noch eine Krise. Ich muss wegsehen.

Hans Overesch aus Hannover meint:

„Baukredit für Bundespräsident Christian Wulff: Es sind die vielen kleinen Zuwendungen (Urlaub, Upgrade bei Air Berlin, günstiger Baukredit), die das Bild des Politikers Wulff kenntlich machen. Die lahmen Ausreden und Halbwahrheiten, man kann sie nicht mehr hören. Da hat sich jemand mit einer ausgewachsenen Raffke-Mentalität in das höchste Staatsamt geschlichen. Persönliche Integrität sieht anders aus.“

Dr. Albrecht Thöne aus Schwalmstadt:

„Gewogen und für zu leicht befunden! Nun hat also auch der Bundespräsident mehrmals versucht, unter anderem jene Bürger hinters Licht zu führen, die ihn indirekt wählten und über ihre Steuern finanzieren. Eindeutiger „Schmu“, denn eine verkürzte „Wahrheit“ ist eine Lüge. Wer sich zudem strahlend mit Figuren wie Carsten Maschmeyer umgibt, der ungezählte „Kunden“ um ihre Alterssicherung gebracht haben soll, gewinnt mein Vertrauen im Leben nicht mehr.
Es spricht nicht für unsere Parteien – auch nicht für ihren Jugendlichkeitswahn –, dass sie bei Ignoranz und Verdrängung so gravierend breiter Wahlverdrossenheit dem Wähler immer wieder krasse Charaktermasken präsentieren. Um unsere Demokratie vor weiterem Schaden zu bewahren,  sollte Christian Wulff  folglich zurücktreten und beispielsweise nach Amerika gehen. Verarmen wird er dort erfahrungsgemäß nicht, denn die internationalen Seilschaften locken – ohne Ansehen der Qualifikation – mit wohldotierten Rehabilitationsposten.
Für unser Bundespräsidentenamt sollte allerdings ein Würdigerer bzw. eine Würdigere gefunden werden.“

Wilfried Altkrüger aus Hameln:

„Dass der oberste Landesherr nicht mal so viel anne Füß het, wie der Calenberger Rübenbauer für einen neuen Schlepper auf den Tisch legt, das verwundert den sturmfesten und erdverwachsenen Niedersachsen doch sehr. Angesichts dessen wünscht sich manch einer in die alten Zeiten der Welfenherrscher zurück, als etwa Heinrich der Löwe noch über ein Herzogtum Sachsen gebieten konnte, das von der Elbe „bis zum Rhein und einen Lanzenwurf weit“ (gegen den Erzbischof von Köln) reichte.
Zugleich war der auch noch Herzog von Bayern und hat dort nicht nur München gegründet, sondern darüber hinaus den Löwen als sein Markenzeichen hinterlassen.
Alte Welfenanhänger sind ob der „Armseligkeit“ heutiger Landesfürsten sogar geneigt, sich die Regentschaft der englischen Könige zurückzusehnen, als man sich über Marotten eines Vize-Königs von Hannover noch köstlich amusieren konnte: Der Herzog von Cambritsche macht pütsche, pütsche, pütsche. Hey kömmt, hey kömmt – ob hey wol onen nümmt?!
Genau so macht man sich heute im exklusiven Zigarrenclub des Prinzen Ernst August oder in der Landschaftsversammlung des ansässigen Adels über den Dilettantismus der Aufsteiger und Aufschneider in Politik und Wirtschaft lustig. Gegenüber jenen jahrhundertealten Netzwerken machen sich deren von Eigeninteressen bestimmte Zirkel doch wie kleinkarierte Sandkastenspiele aus.“

Bodo Giertz aus Köln:

„Also, ich finde die Mauschelei von Christian Wulff mit Carsten Maschmeyer viel schlimmer. Da redet er viel von Anstand und Werten und kumpelt dann jedoch mit jemandem, der dafür verantwortlich sein soll, dass viele Menschen ihre Altersvorsorge verloren haben!
Ich weiß auch nicht, warum die Medien nicht viel mehr nachgebohrt haben?!“

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95 Kommentare zu “Persönliche Integrität sieht anders aus

  1. Dubiose Schützenhilfe für den Bundespräsidenten

    Man sage nicht, der Herr Bundespräsident müsse sich über besonders große Ungerechtigkeit und Missgunst in diesem seinem Land beklagen!
    Man erinnere sich: Eine kleine Kassiererin wird, mit gerichtlicher Hilfe, kurzerhand geschasst, weil sie ein Brötchen, das auf dem Müll landen würde, nach Hause nimmt: wegen Untergrabung des Vertrauens. Und jeder kleine Beamte weiß, dass er seinen Job vergessen kann, wenn ruchbar wird, dass er für seine pflichtbewussten Dienste mehr als nur eine verbale Anerkennung entgegengenommen hat.
    Herr Wulff aber bekommt schon kräftige Schützenhilfe bei der bloßen und selbstverständlichen Forderung, die Karten auf den Tisch zu legen, bevor von politischer Seite überhaupt sein Rücktritt gefordert wird. Ein Zuspruch freilich teils durchaus dubioser Art.
    So von Frau Mely Kiyak in der Kolumne der FR „Lieber Kredit“ (17./18.12., S.10). Da bekommt nicht er das Fett ab, sondern jeder, der ihn zu kritisieren wagt. Und das nicht zu knapp. Von „aufgeplusterten Moralmuftis“ ist da die Rede, vom „wild herumfuchtelnden Bürger“, der „im allgemeinen Gewimmel“ „lauthysterisch“ einem Ereignis nachrennt, das „ziemlich ereignislos ist“, und der seine private „Fatwa“ betreibt.
    Wer sich auf solche Weise für den Bundespräsidenten ins Zeug legt, ist die gleiche Mely Kiyak, die erst neulich die Forderung nach Integration mit großer Empörung von sich wies: „Ich gebe nichts auf Integration. Niemand soll sich integrieren. Ich integriere mich auch nicht. Ich denke gar nicht dran.“ („Liebe Deutsche!“, FR, 29./30.10.2011, S.10)
    Nanu! Wie passt das zusammen? Oder sollte die Integrationsunwillige urplötzlich die Liebe zu „unserem Präsidenten“ entdeckt und sich eines Besseren besonnen haben?
    Ach ja, fällt mir ein: Das ist ja eine satirische Kolumne. Zumindest will sie so gemeint sein. Und für Satire gelten andere Gesetze. „Satire darf alles“, heißt es bei Tucholsky. – Gewiss, und das zu Recht: Vorausgesetzt, es stimmt mit der satirischen Form.
    Satire greift an, mitunter auch sehr scharf. Doch sie übertreibt nicht. Sie hält sich streng an die Wirklichkeit. Sie gewinnt ihre ironische Schärfe aus dem Weglassen von Details, indem sie widersprüchliche Fakten holzschnittartig nebeneinanderstellt und so das Wesen und den Widerspruch ins Auge springen lässt. Doch niemals lässt Satire das Wesentliche weg. Und vor allem hat sie es nicht nötig, sich auf das Niveau wüster Beschimpfungen des Kontrahenten zu begeben.
    Wie das geht, hat Frau Marcia Pally in der Kolumne „Lauter sexy Kandidaten“ über die Republikaner in den USA erst jüngst bewiesen (FR, 6.12.2011, S.10).
    Da freilich liegt der Hase im Pfeffer: Vergeblich sucht man im Wortschwall der Frau Kiyak nach dem Wesentlichen des Ereignisses. Dass es sich eben nicht um den Privatkredit des Bürgers Wulff und auch nicht des Bundespräsidenten handelt, den diese „wild herumfuchtelnden Bürger“ ihm neiden. Sondern dass es sich um den ehemaligen Ministerpräsidenten Wulff handelt, der geschworen hat, sich für das Wohl des Volkes einzusetzen. Und der dies nur tun kann, wenn er seine Unbestechlichkeit bewahrt. Und das setzt voraus, auf einen „Freundschaftsdienst“ – insbesondere solcher Größenordnung – zu verzichten, durch den eine entsprechende Gegenleistung des politischen Entscheidungsträgers erwartet werden kann. Und natürlich geht es auch um die Glaubwürdigkeit eines Bundespräsidenten, der moralische Maßstäbe setzt und allgemein als Vorbild gilt und zu gelten hat. Und von dem das Parlament – und nicht nur dieses – klare Auskünfte ohne Sophistereien und Winkelzüge erwarten kann. Denn das hat mit Glaubwürdigkeit von Demokratie zu tun.
    Wer diejenigen, welche in einer von maßlosen Finanzjongleuren geprägten Zeit die Maßstäbe zumindest bei verantwortlichen Politikern gewahrt und die Grundlagen für das Funktionieren von Demokratie nicht beschädigt wissen wollen, als „aufgeplusterte Moralmuftis“ beschimpft, der muss etwas grundlegend missverstanden haben – nicht nur, was das Wesen von Satire betrifft.
    Und wie war das mit der Integration? – „Integration“ zielt nach Wikipedia auf „Einbezug von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen bisher ausgeschlossen waren“. Und hierbei hat sich Herr Wulff durchaus Verdienste erworben. Sich integrieren heißt, sich in der Gemeinschaft, in der man lebt, mitverantwortlich fühlen, mit allen Rechten und Pflichten – und unbeschadet persönlicher Anschauungen, Lebensweisen oder Kritik. Das ermöglicht Mitsprache und Mitgestaltung. Aber das erträgt kein willkürliches Jonglieren zwischen dem „wir“ und „denen“, zwischen Betroffenheit und Sich-nicht-betroffen-Fühlen.
    Es ist ja so bequem, wenn man sich bald dazugehörig fühlen kann und bald auch wieder nicht. So fühlt man sich berechtigt, bei allem und jedem mitzureden. Und dann wieder kann man, wenn es passt, sich auch nicht betroffen fühlen und auf „die anderen“ eindreschen, mit denen man so gar nichts zu tun haben will.
    Ob freilich der Herr Bundespräsident über eine solche Art von Schützenhilfe besonders glücklich sein kann und sich darauf verlassen sollte, das kann bezweifelt werden.
    Wenn man mich fragt: Selbst Souveränität zu beweisen, indem man auch mal einen Fehler eingestehen kann, Offenheit und Vertrauen, die man vom Bürger erwartet, selbst unter Beweis zu stellen, das erscheint mir für jemanden, der davon lebt und diese Bürger repräsentiert, allemal ratsamer und effektiver. Und dabei fällt auch einem Bundespräsidenten kein Zacken aus der Krone.

  2. Und schon schallen die hinreichend bekannten Respekts-Arien wieder durch die Lande: Respekt vor dem Amt, Respekt vor der (Amts)Person, Respekt hier, Respekt da, Respekt tralala. Tut mir leid, der Begriff Respekt wird, bei allem Respekt, mittlerweile, schlicht und ergreifend, überstrapaziert. Er wird inflationär verwendet, ständig gebraucht, und dabei immer häufiger missbraucht. Die ursprünglich wertvolle Bedeutung ist zwischenzeitlich zur Belanglosigkeit verkommen.

    Ich bin wahrlich keine Wulffanhängerin, aber was z.Z. im Hinblick auf den „Wulff-Fall“ medial geschieht, ist mal wieder aufgemotztes, scheinheiliges Theater. Offenbar scheinen ihm sogar seine schwarzen Freunde ans Präsidentenleder zu wollen, wobei die regierungsamtliche BILD mit den unsäglichen Müllers und Voggs die mediale Sperrspitze bilden. Mittlerweile hat sich Herr Wulff sogar (fast) entschuldigt bzw. sein Bedauern bekundet. Warum und wofür? 2008 hatte Wulff die Anfrage der Grünen, nach seinen Geschäftsbeziehungen zu einem Unternehmer, sachlich korrekt beantwortet. Wenn er sich nunmehr dennoch (fast) entschuldigt bzw. sein Bedauern bekundet, so macht ihn das erst recht verdächtig. Wer sich entschuldigt, ohne dass dafür ein sachlicher Grund besteht, könnte wirklich etwas zu verbergen haben. In diesem Zusammenhang halte ich es auch für sehr seltsam, dass der Herr Präsident es meint nötig zu haben, in einem Anwaltsbüro, Vertragsunterlagen und weitere Papiere, über den in Rede stehenden Kreditvertrag, für „interessierte Medien“ zur Einsicht zu hinterlegen. Das ist alles komisch, merkwürdig und peinlich, zumal die private Kreditgeberin u.a. ja auch an die Öffentlichkeit gezerrt wird. Irgendwie scheinen mir da Kräfte am Werk zu sein, zumal die Lei(d)medien mal wieder systemkonform mitzwitschern, die den „Präsidenten-Fall“ für günstig halten, um z.B. von den wahren Problemen abzulenken.

    Wie dem auch sei, im Vergleich zu der „Kreditaffäre“ waren Äußerungen Wulffs, ebenfalls aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident, dagegen viel schwerwiegender. Komisch, obwohl die „Berichterstattung“ rauf und runter geht, hat kein Medium, keine Zeitung, auch nicht die FR, daran erinnert, was Wulff, im Jahre 2008, in der TV-Talkshow „Studio Friedmann“ aus sich herauskullern ließ: „Ich finde, wenn jemand zehntausend Jobs sichert und Millionen an Steuern zahlt, gegen den darf man keine Pogrom-Stimmung verbreiten“. Über die Staatskanzlei ließ Wulff derzeitig seine Äußerung dahingehend zurückziehen, wonach „der Ministerpräsident die Verwendung des Wortes Pogromstimmung bedauern würde“. Das wurde alles von den „Berichterstattern“ geschluckt und damit fertig. Ich kann mich nicht erinnern, dass Wulff, zum damaligen Zeitpunkt, von irgendeinem Journalisten (man wird doch wohl noch fragen dürfen) z.B. gefragt worden ist, warum er diesen geschichtlich mehr als nur belasteten Begriff überhaupt verwendet hat, zudem exakt drei Tage vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht, und in einer Fernsehsendung mit einem jüdischen Moderator.

    Wenn nunmehr sogar Wulffs Rücktritt gefordert wird, nur weil Landtagsabgeordnete zu dämlich waren präzise Fragen zu stellen, während die „Pogromäußerung“ als kleiner Ausrutscher schnell vergessen war, so halte ich das, wie eingangs erwähnt, für höchst scheinheilig. Wulff hätte erst gar nicht Bundespräsident werden dürfen, obwohl bei dem Gedanken, dass es sein Gegenkandidat geworden wäre, fällt mir nur noch ein: Schafft das Amt ab, oder befreit es endlich aus den Klauen der Parteipolitik, schon aus Respekt vor dem wahren Respekt.

    Eine letzte Bemerkung. Salbungsvoll ist jetzt mal wieder zu hören und zu lesen, dass an einen Bundespräsidenten besonders hohe Anforderungen hinsichtlich Glaubwürdigkeit, Moral, Aufrichtigkeit, Anstand usw. zu stellen sind. Auch das halte ich für scheinheilig. So wie ein Wolf immer Wolf bleibt, bleibt ein Wulff immer Wulff, auch wenn das Fell bzw. Amt wechselt. Ich wäre deshalb schon zufrieden, wenn ein Bundespräsident den Anforderungen genügen würde, wie ich sie von dir und mir nicht nur erwarte, sondern für selbstverständlich halte.

    Jutta Rydzewski

  3. ich frage mich schon seit Jahren was D. fehlen würde wenn es keinen Präsidenten geben würde und ob das dann das eingesetzte Geld wert ist. Im Rahmen der Schuldenbremse bitte als erste problemlose Maßnahme dieses Amt abschaffen.

  4. Drei Sachen die mich bei dem Skandal um Wulff beschäftigen:
    1. Wäre der Aufschrei auch so groß, wäre Herr Gauck im Amt und in einen ähnlichen Vorfall verwickelt?
    Ich denke nicht, das eigentliche Problem von Herrn Wulff ist, dass er von der Politik aber nicht vom Volk gewollt worden ist und das Geklüngel im Vorfeld dieser Wahl um den Kandidaten.
    2. Warum braucht ein MP von Niedersachen überhaupt vergünstigte Kredite oder Upgrades in die Businessklasse?
    Weder für einen vergünstigter Kredit für dieses rote Haus bei Hannover, noch für eine Flugbuchung in der Holzklasse gibt es mit dem Gehalt als Ministerpräsident eigentlich keinen logischen Grund, außer vielleicht zu viel Geiz. Es ist klar, dass Politiker im Verhältnis zu Managern in der Wirtschaft schlechter bezahlt werden. Es sollte aber reichen um so ein Einfamilienhaus zu bezahlen bzw. mit einem Kredit mit Zinssatz einer normalen Geschäftsbank zu finanzieren. Auch die 1. Klasse ob im Flugzeug oder der Bahn sollten keine Probleme bereiten, wenn man sparen möchte, lässt man es halt. Dann lass ich aber auch das Upgrade eben Upgrade sein und lehne ab.
    3. Was könnte man daraus lernen?
    Warum gehen wir bei der Wahl des BP nicht endlich neue Wege? Keine Politiker direkt aus dem Amt ins Schloss Bellevue, sondern wenn Politiker dann Leute wie Helmut Schmidt (wenn er erst 80 Jahre alt wäre), Heiner Geißler, Rita Süssmuth, Erwin Teufel, Joschka Fischer, Henning Voscherau, Herr von Dohnanyi oder Hans-Joachim Vogel. Die sind zwar sehr betagt, dies ist aber in anderen Ländern mit ähnlichen repräsentativen Ämtern kein Problem und stärkt das Ansehen des Amtes.
    Sollte es kein Politiker sein, warum nicht mal wirklich einen Schriftsteller, einen honorigen, intelligenten und mit einem gewissen Alter ausgestatteten Schauspieler, Künstler, Journalisten, Juristen, Theologen (Jude, Christ oder Muslim völlig egal) Unternehmer oder Sportler? Einfach eine Persönlichkeit, auf die sich die Mehrheit der Menschen und der Bundesversammlung einigen können und durch ihr Vorleben eine natürliche Autorität haben und dadurch beliebt sind. Einfach mehr Mut zum Risiko, es kann nicht schlechter werden, denke ich!

  5. Frau Kiyak hat mir wieder sehr aus dem Herzen gesprochen. Schließlich meinen wir doch alle: Bundespräsidenten, die den Islam preisen und auch sonst gute Menschen sind, sollten pauschal von allen Gesetzesverstößen freigesprochen werden. Sein Verbrechen war doch nur, dass er „schnell viel Geld brauchte“. Leider kam in Frau Kiyaks Kolumne nicht eindeutig rüber, dass es sich keinesfalls um eine Satire handelte.

  6. Seltsam ist, daß soviele nach einer moralisch integren Persönlichkeit rufen, wenngleich doch bekannt ist, daß Macht und moralische Integrität nicht zusammen gehen.
    Es ist nicht nur so, daß Macht korrumpiert, Macht deformiert auch.
    Es ist ein hehrer Kampf entbrannt, auch in der FR, die Korrumpierung zu bekämpfen, wobei der Deformation der Persönlichkeit aber kaum Augenmerk zuteil wird.
    Der Entwurf einer Gesellschaftsordnung, welche die Deformation verhindert, versandet gegenüber dem Anspruch, es müsse Menschen geben, die der Korrumption und Deformation widerstehen können.
    Demokratie darf nicht ummenschlich werden, sie darf weder Unmenschen noch Übermenschen fordern, Demokratie formt nicht den Menschen, sie verhindert dessen Untaten.

  7. „Demokratie darf nicht ummenschlich werden, sie darf weder Unmenschen noch Übermenschen fordern, Demokratie formt nicht den Menschen, sie verhindert dessen Untaten.“ das ist doch mal ein schöner Satz. Dabei sollten wir´s jetzt auch belassen und Herrn Wulf die Chance geben, in sein Amt hineinzuwachsen, ich glaube sogar, das er das kann.

  8. Ich bin schockiert über die verständnisvollen und nachsichtigen Stimmen hier. Hochrangige Politiker, die sich darauf einlassen, private Vorteile von Wirtschaftsmächtigen entgegenzunehmen, machen sich doch ganz offenkundig anfällig für Korruption. Für meinen Geschmack gehört jeder noch so klein erscheinende Verstoß an die große Glocke gehängt, damit sich die werten Amtsinhaber und Amtsinhaberinnen mindestens zweimal überlegen müssen, was sie verantworten können und was nicht.

  9. Es geht hier doch letztlich nur noch um Eines: Hat Wulff für die in Anspruch genommenen Wohltaten Gegenleistungen erbracht, und falls ja, welche? So lange er nicht eindeutig nachweisen kann, wirklich nur Wohltaten „guter Freunde“ genossen zu haben, schwebt sein Rücktritt über ihm. Ich glaube nicht an selbstlose Zuwendungen guter Freunde.

    Erinnern wir uns doch einmal, warum er überhaupt Bundepräsident wurde. Mutti musste – wieder einmal – einen potentiellen Konkurrenten aus dem Weg räumen. Er kommt aus dem Norden und ist katholisch. Passte also. Das Volk wollte ihn nie. Ein Verlust wäre sein Rücktritt mitnichten.

  10. Ja, @ Anna und @ all. Die Kritik ist ja auch berechtigt und die Umstände seiner Inthronisierung sind mir auch bekannt. Das gehört alles an die Öffentlichkeit, aber nach meiner Ansicht reicht es jetzt. Schon wühlt die Presse im Eheleben, stigmatisiert seine „einfache“ Herkuft (Nachholbedürfnis, Anfälligkeit) für mich wird das langsam ziemlich widerlich. Er hat seine Lektion erhalten. Und nun sollte er die Chance erhalten, ein eigenes Profil zu entwickeln. Ein paar gute Ansätze dazu habe ich gesehen.

  11. Frau Kiyak hat ja grundsätzlich recht. Verdächtig ist schon das Engagement der Bildzeitung in moralischen Fragen. Aber wir erwarten mit Recht im Amt des Präsidenten jemanden mit Offenheit und Autentizität. Warum ist Herr Wulff nicht sofort bei Bekanntwerden der Vorwürfe sofort persönlich an die Öffentlichkeit getreten und hat einfach erklärt, wie es zu dem Kredit gekommen ist. Die meisten Menschen hätten Verständnis gezeigt. Stattdessen hat er erst einmal geschwiegen und danach seinen Sprecher vorgeschickt. Das Aufklären von Vorwürfen ist, wie in jedem Unternehmen, Chefsache!

    Wie spiesig und verklemmt das alles ist, sehen wir doch an dem Einfamilienhaus, das mit dem Kredit über eine halbe Million Euro gebaut wurde. Diese Bausünde zeigt doch unmissverständlich, dass dieser Politiker bar jeden Stilgefühls ist und auch der kleinsten Vision entbehrt.

  12. Oje… jetzt stellt er sich auch noch, wie in einem Post hier beschrieben, als vermutlicher verkappter Neonazi heraus!

    Da hilft nichts, man muß ihn zur Maximalstrafe verdonnern… Rücktritt! Mit anschließendem Bezug des „Ehren“soldes von 199.000 Euro jährlich bis ans Lebensende!

    Tja, manche Menschen haben wirklich ein brutales Schicksal!

  13. Nach den Vorstellungen von Frau Kiyak sollen wir uns in dieser Republik in Zukunft also über “grauselige Freunde” von Politikern echauffieren (was genau sich dahinter außer Herrn Maschmeyer verbirgt, lässt uns die Autorin dann sicher irgendwann auch noch wissen). Diskussionen über politischen Stil sowie mögliche Kumpanei und Vorteilsnahme mögen aber bitte unterbleiben, denn Christian Wulff habe mit dem Anpumpen eines steinreichen Freundes zwecks Zinsersparnis doch nur das gemacht, was wir alle in einer ähnlichen Situation auch tun würden. Geht’s eigentlich noch unpolitischer und naiver?

    Eine gute Freundin von mir wollte sich unlängst mit ein paar Süßigkeiten auf einer Polizeiwache dafür bedanken, dass das gestohlene Handy ihrer Tochter wiedergefunden wurde. Die Beamten durften diese kleine Aufmerksamkeit jedoch nicht annehmen, da es als Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit ausgelegt werden könnte. Ein Ministerpräsident hingegen darf erhebliche wirtschaftliche Vorteile aus Kreditgeschäften oder Flugupgrades ziehen, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen haben sollte? Weil wir ja alle irgendwo Sparfüchse sind? Vielleicht erläutert Frau Kiyak diesen Zusammenhang ja mal in einer ihrer nächsten Kolumnen.

    Natürlich darf und soll ein Spitzenpolitiker Freunde haben, alles andere wäre unhuman und absurd. Diese Frage steht ja auch überhaupt nicht zur Debatte. In einer politisch herausragenden Stellung allerdings gelten selbstverständlich andere Spielregeln als bei Otto Normalverbraucher. Unter anderem muss peinlich genau darauf geachtet werden, dass man sich gar nicht erst dem Verdacht aussetzt, käuflich zu sein oder in wirtschaftliche Abhängigkeiten zu geraten. Die einzig seriöse Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung wäre es es deshalb gewesen, einen Bankkredit zu marktüblichen Konditionen und Sicherheiten aufzunehmen. Das Bild der unersättlichen Banken, das Frau Kiyak zeichnet, ist zumindest in diesem Kontext völlig unangebracht. Es geht bei einem Ministerpräsidenten nicht um kreative Wege der Finanzierung auf verschlungenen Privatwegen, um ein paar Euro zu sparen, sondern um Transparenz und Vertrauen.

  14. Dank an Mely Kiyak für ihre Einordnung der Vorgänge um die Kreditvergabe an Familie Wulff: „Die Bildzeitung hat ihre Fatwa ausgesprochen…Sofort zogen große Teile der Öffentlichkeit lauthysterisch nach…“ Leider tags zuvor auch die Frankfurter Rundschau mit der Schlagzeile: „Präsident bedauert Annahme eines Kredits“, was zu diesem Zeitpunkt nachweislich falsch ist. Bedauert hat er, dass er den Kredit nicht erwähnt hat, was inhaltlich ja etwas vollkommen anderes ist. Haben wir wirklich keine anderen Probleme als sich über so einen „Fliegenschiss“ aufzuregen?

  15. ´Lob und Anerkennung der FR für ihre bisher recht faire Berichterstattung und eine ebensolche Kommentierung der „Affaire Christian Wulff“. Was derzeit Spiegel, Bildzeitung und andere Gazetten dem Leser als „aktuelle Information“ zum Thema „Wulff’s Kredit“ verkaufen, ist genau wie das Verhalten einiger rot-grüner Oppositions-Schreihälse, schlichtweg beschämend. Ein Sammelsurium an Halbwahrheiten soll die Aufmerksamkeit der Leser, bzw. der Otto-Normalbürger wecken. Eine Wohltat ist in diesem Medien-Pfuhl der Beitrag Ihrer FR- Kolumnistin Mely Kiyak, die das ganze, scheinheilige Getue gegenüber der Öffentlichkeit, auf den Boden der Realität zurückführt und auf den richtigen Nenner bringt: Wulffs Kreditnahme von einem reichen Freund oder Kumpel zeigt eigentlich nur, wie normal bürgerlich dieser Bundespräsident in seinem Verhalten geblieben ist. Wer jetzt die „Würde des Präsidenten-Amtes“ durch Wulff beschädigt sieht, ist ein heuchlerischer Bluffer, oder wie Mely Kiyak es ausdrückt ein „aufgeplusterter Moralmufti“. Wulff mag sein Amt nicht unbedingt im Sinne eines jeden Beobachters verstehen und ausüben – der erste Bundespräsident, der Fehler macht ist er aber bei weitem nicht. Viele der, uns noch gut bekannten, Bundespräsidenten jüngster Vergangenheit, waren auch alles andere als „Unschuldslämmer“.

  16. War Frau Kiyak verreist? Hat sie in den letzten Tagen keine FR gelesen?Nicht die genau überlegten Stellungnahmen? Ich fühle mich angesichts ihres Kommentars leicht für dumm verkauft. Oder benutzt sie die FR als Leserbrief für die BILD-Zeitung? Es geht nicht um die Höhe des Kredits, nicht mal darum, daß der ehem. Ministerpräsident Wulff in Geldnöte kam oder welche dicken Freunde er hat, sondern darum, dass er die Anfrage der Grünen nicht umfassend beantwortet hat und um seine Reaktion auf diesen Vorwurf. Er bedaure, sagt er, dass seine damalige Antwort an die Grünen mißverständlich erscheinen konnte. Das ist unredlich. Er hätte bedauern müssen, dass seine damalige Antwort missverständlich erscheinen sollte, denn warum sonst hätte er sie verheimlicht. Nur über diese Dinge regt sich Deutschland auf. Worüber sich BILD-Zeitungsleser aufregen, weiß ich nicht. Ich lese nicht BILD, sondern FR. In einem Leserbrief derselben FR-Ausgabe, in der Frau Kiyaks Kommentar erschien, schreibt ein Hans Overesch: Eine verkürzte Wahrheit ist eine Lüge. Dem muss nichts hinzugefügt werden.

  17. Die Handlungsweise, Informationen nur als “reduzierte Wahrheit” an die Öffentlichkeit preiszugeben, ist bei Politikern gang und gäbe. In der Fachwelt ist dies im Kontext des Lügens als “Mentalreservation” bekannt. Und kein Geringerer als Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat bei dieser sehr fragwürdigen “Mentalreservation” öffentlich den Politikern grünes Licht gegeben. In Talkshows hat er nämlich auf die Frage, ob ein Politiker lügen darf, sinngemäß geantwortet, dass ein Politiker, bei dem, was er sagt, immer bei der Wahrheit bleiben muss, aber nicht alles sagen muss, was er weiß. Genau das hat C. Wulff getan! Er hat die “Mentalreservation” – ähnlich wie ein Lügner – vorsätzlich dazu benutzt, um die Menschen in die Irre zu führen, mit dem Ziel, sich weiterhin in einem moralisch einwandfreiem Licht präsentieren zu können. Durch den öffentlichen Druck hat die “Wulffsche Mentalreservation” das bekommen, was sie – wie die Lüge auch – verdient hat: Nämlich ganz kurze Beine, über die er nun von einer Erklärung zur anderen stolpert und aufpassen muss, nicht zu stürzen.

  18. @ 5, Hans-Peter Groß (u.a.)

    Zu Frau Kiyak:
    Keine Satire? – Umso schlimmer! Wie war das doch mit den Grundregeln jeder fairen Auseinandersetzung: hart in der Sache, verbindlich im Ton. Zumal, wenn es um Fragen geht, über die sich wohlfeil streiten lässt – wie Markus Thiedemann in dem sehr lesenswerten Beitrag „Auch mit der Wahrheit lässt sich lügen“ (FR, 20.12.,S.32) überzeugend darlegt. Wer in Streitfragen zu anderen Schlüssen kommt, ist ein Kontrahent der Diskussion und kein Feind und keine Schießbudenfigur. Das dürfte wohl auch für Meinungskolumnen gelten.
    Wer mit der Masche des „Menschelns“ in der Politik und (gespielter?) Naivität Affekthascherei betreibt (vgl. #13, Sven Kanter), weil das ja so zu „Herzen“ geht, und dies mit aggressiven Pauschalanwürfen gegen „große Teile der Öffentlichkeit“ garniert (was ist daran so erhebend?), der/die täte gut daran, sich zu fragen,
    – wie sich dies miteinander verträgt
    – woher denn diese Methode stammt (BILD mit eigenen Waffen schlagen? – vgl. #16, Frerike Frei)
    – welche (meist uneingestandenen) Bedürfnisse man damit abdeckt und wer davon profitiert
    – wie man es mit denen hält, die über keinen gut bezahlten Beraterstab verfügen (z.B. die ominöse Kassiererin) und die eines solchen Verständnisses wohl weit mehr bedürften
    – von welchem Standpunkt aus die Kritik erfolgt und in welchem Maße man sich selber einbezieht („wir“ oder „die da“? – beides zugleich geht wohl schlecht und ist alles andere als redlich – vgl. meine Hinweise in #1).

    Zu Christian Wulff:
    Ich schließe mich hier der Stellungnahme von Sven Kanter (#13) an.
    Welches ist denn die Aufgabe der „vierten Gewalt“, wenn nicht Recherche und Kontrolle?
    Unterstellt, es handle sich tatsächlich um eine „Kampagne“:
    Warum erfolgt dieser Vorwurf regelmäßig vor allem von solchen Politikern, die sich, nicht nur in Wahlkämpfen, dieses Mittels (und namentlich des Zentralorgans mit den großen Buchstaben) gewöhnlich sehr wohl zu bedienen wissen (Guttenberg lässt grüßen), und eben dann, wenn sich dies ausnahmsweise gegen sie selbst zu wenden droht?
    Manchmal kann ein solcher „Test“ sogar sein Gutes haben, da sich in solchen Stresssituationen erweist, über welche Qualitäten namentlich Politiker tatsächlich verfügen. Wenn das, was zunächst als bloße Lappalie erschien, sich zur präsidialen Krise auswächst, dann wohl vor allem deshalb, weil Herr Wulff vor allem als Präsident (was machen eigentlich seine Berater?) diesen Stresstest offensichtlich nicht bestanden hat. Wer meint, als Politiker und auch noch als Bundespräsident mit – kleinen oder großen – Tricksereien immer und überall durchzukommen, verfügt offenbar nicht über das erforderliche Format. Dazu gehört eben auch die Fähigkeit zu einem gewissen Krisenmanagement (wie sie ein Helmut Schmidt als Innensenator von Hamburg bei der Flutkatastrophe 1962 beispielhaft bewiesen hat).
    Und wer seine Erfüllung im repräsentativen Amt des Bundespräsidenten sucht, wird sich auch damit abfinden müssen, dass man das Pfund, mit dem man in dieser Funktion wuchern muss (das ist nun mal ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit) nicht leichtfertig verspielen darf. – Wurde Herr Wulff denn dazu gezwungen, dass jetzt Veranlassung bestünde, auf die Tränendrüse zu drücken? Dazu Markus Tiedemann: „Der Bundespräsident hat also Maßstäbe unterlaufen, die im Rechtsempfinden der Gesellschaft selbstverständlich eingeklagt werden.“
    Und wenn sich das alles auch noch zur Kanzler(innen)krise auswachsen sollte (was ich in der gegenwärtigen Situation keinesfalls für wünschenswert halte), dann wohl nicht in erster Linie wegen der „bösen“ BILD und dem „bösen“ Spiegel, sondern eher, weil Menschen, die keine fremden Götter neben sich dulden, zu beachtlichen – und manchmal auch gefährlichen – Fehlgriffen in der Auswahl ihrer (vermeintlichen) Mitstreiter neigen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Werner Engelmann

  19. Soll die Kolumne Ironie sein? Ich konnte nicht lachen! An Ihrer ernsten Überzeugung zweifle ich trotzdem. Meine persönliche Meinung? Jede Zuwendung, und sei sie noch so klein, z. B. aus Präsentekatalogen im Internet oder Ähnlichem, will im Gegenzug eine Zuwendung erreichen, dies ist meine Erfahrung. Und jeder sollte wissen, wie er damit umgeht. Wir erwarten dies von jedem Einkäufer, Architekten und jedem Bürgermeister einer noch so kleinen Gemeinde. Den Vorteil für die Gegenseite zahlt nämlich immer die Allgemeinheit, das ist der Sinn des Deals. Für wie naiv müssen Sie Ihre Leser halten, um Ihnen glauben machen zu wollen, dass ein Herr Maschmeyer oder ein Herr Geerkens Freundschaft zu einem Ministerpräsidenten bzw. einem Bundespräsidenten pflegen, weil der so ein netter Kerl ist? Glauben Sie es denn? Mal so ganz persönlich gefragt. – Ich habe auch schon mal Freunden in Not Geld geliehen. Die Frage ist, wie sich Not bei den Einkünften eines Ministerpräsidenten definiert. Ansonsten bin ich persönlich ab und an mit Freunden unterwegs und jeder hat seinen eigenen Geldbeutel dabei.
    Ich finde, er sollte seinen Hut nehmen.

  20. Es ist doch erstaunlich, worüber wir Deutsche uns ärgern können. Wir ärgern uns über unseren Bundespräsidenten, weil dieser einen Privatkredit von einem befreundeten Unternehmer in Anspruch genommen hat. Aber was genau ist denn das Verwerfliche an diesem Vorgang? Ist es der Umstand, dass Herr Wulff den Kredit den entsprechenden Behörden und Gremien verschwiegen hat und somit einer gesetzlichen Mitteilungspflicht als damaliger Ministerpräsident nicht nachgekommen ist? Dann kann man dieser Sache mit Sicherheit in der Presse einige Seiten widmen und Experten befragen, inwieweit Herr Wulff eventuell Steuern nachzahlen muss. Oder ist es doch einzig und allein der Umstand, dass Herr Wulff einen Privatkredit in Höhe von 500000 Euro erhält, wo doch der einfache Bürger große Sicherheiten bei Banken hinterlegen muss, wenn er überhaupt den Kredit gewährt bekommt? In diesem Fall kann ich die Aufregung nicht verstehen! Wieso soll ich nicht nach dem günstigsten Weg suchen, legal an Geld für ein Hauskauf zu gelangen? Was ist verwerflich daran, reiche Freunde zu haben, die mir privat einen Kredit gewähren?
    Ich glaube, dass sich jeder solche Freunde wünscht, wie sie angeblich Herr Wulff hat. Denn ganz ehrlich: Welches Szenario ist besser? Wenn mir meine Freunde 100000 Euro für einen Hauskauf leihen, denen ich das Geld zurückzahle? Oder wenn ich einen Kredit bei einer Bank aufnehme, bei dem ich am Ende etwa die gleiche Summe (also etwa 100000 Euro) alleine an Zinsen an die Bank zahle und zusätzlich ständig mit dem Risiko lebe, durch Zahlungsverzug mein als Sicherheit bei der Bank hinterlegtes Haus durch Pfändung und Zwangsversteigerung zu verlieren? Ich bin mir ziemlich sicher, wir alle würden genauso handeln, wie Herr Wulff. Solange es dabei legal ist, ist Herr Wulffs Handeln nicht unmoralisch. Wer die Möglichkeit hat, die Herr Wulff hat, der soll sie auch nutzen. Herr Wulff hat gehandelt, wie jeder seiner Bürger auch gehandelt hätte.

  21. „…Was ist verwerflich daran, reiche Freunde zu haben…“

    Das wissen Sie nicht? Wer reich ist, ist ein Halunke, denn der Reichtum entstand ja durch Ausbeutung der Armen. Und/Oder natürlich durch Bestechung von Politikern, was kein geringeres Halunkentum voraussetzt. Daß Reichtum durch ehrliche Arbeit entstehen kann, glauben Sie doch wohl nicht? Reiche Freunde zu haben bedeutet daher, Halunken als Freunde zu haben. Und wer Halunken als Freunde hat, der kann eigentlich nur selber einer sein.

    Egal wie das Weltbild in des Deutschen Kopf aussieht, ist dies das Weltbild, daß in seinem Bauch sitzt. Dort sitzt es und grummelt und brummelt und will heraus. Der Kopf lässt es dann heraus, und findet dann immer auch noch eine passende schöne Verpackung.

    (Daß noch tieferliegende Regionen, der Darm z.B., in dem der blanke Neid sitzt, dabei auch eine Rolle spielen, ist nicht auszuschließen)

  22. Herr Wulff habe sich entschuldigt, heißt es. Kann sich jemand selbst entschuldigen ? Das kann er nicht einmal im Beichtstuhl (das müsste Herr Wulff als Katholik wissen)Er kann allenfalls darum bitten, ihn zu entschuldigen, in diesem Fall das Volk. Wie eine Umfrage dazu nach Aufkommen der „besonderen“ Bedingungen seiner Schuldenbewältigung bei der BW-Bank ausgehen würde, ist sicher interessant.
    Die Verbindungen mit reichen Freunden sollen ohne Vorteile für diese erfolgt sein. Hat sich Herr Wulff einmal vor Augen geführt, welch (tasächlich unbegründetes)Vertrauen bei einem potentiellen Anleger für Herrn Maschmeyer geweckt wird, wenn dieser mit ihm gemeinsam
    in eindeutig privatem Rahmen auf einem Pressefoto erscheint ? Das sind die „Zuwendungen“, die sich zum Beispiel der Gründer von AWD wünschte. Und genau diese erhielt er. Und mit welchen tatsächlichen Motiven hat die BW-Bank Herrn Wulff besondere Bedingungen gewährt, die sogar gegen die Vorschriften der Bankenaufsicht verstoßen sollen ?
    Ich meine, wir brauchen einen anderen Bundespräsidenten. Wenn der Amtswechsel schon wieder nach kurzer Zeit erfolgt, ist das keine Staatskrise. Diese haben wir vielmehr schon. Eine integere Person an der Staatsspitze würde sie vielmehr beenden. Und solche Personen haben wir doch auch noch.

  23. „Für wie naiv müssen Sie Ihre Leser halten, um Ihnen glauben machen zu wollen, dass ein Herr Maschmeyer oder ein Herr Geerkens Freundschaft zu einem Ministerpräsidenten bzw. einem Bundespräsidenten pflegen, weil der so ein netter Kerl ist“

    Ja stimmt. Es ist zu vermuten, daß Egon Geerkens von Anfang an die Beziehung zu den Wulffs auf eigne Vorteilsmöglichkeiten hin geplant hat. Die Freundschaft zu Wulffs Vater wurde vor 30 Jahren, als Wulff Anfang 20 war, sicherlich schon daraufhin eingegangen, daß Geerkens sich sagte: Dessen Sohn wird mal Ministerpräsident und anschließend Bundespräsident. Schließlich begann kurz darauf auch schon das politische Engagement des jungen Wulffs, sodaß man alles weitere vorraussehen konnte. Die Äußerung Geerkens „Niemand dachte damals daran, welches Amt er vielleicht einmal übernehmen könnte“ ist klar erkennbar eine Nebelkerze, er wusste es von Anfang an… weil, warum hätte er sonst eine Freundschaft mit den Wullfs pflegen sollen?

    Nicht zuletzt bricht jeder einigermaßen vernünftige Mensch langjährige Freundschaften sofort ab, sollte der Freund plötzlich Ministerpräsident oder Bundespräsident werden. Daß Geerkens dies nicht gemacht hat, ist praktisch schon der Beweis, daß er die Beziehung finanziell ausnutzen wollte.

    😀

  24. Im Wandel der Zeit wandeln sich auch die Volksweisheiten, bzw. neue kommen hinzu.

    Es ist allerdings die Frage, ob sich die gerade neu entstandene Volksweisheit:

    „Beim Bundespräsidenten hört die Freundschaft auf.“

    durchsetzen wird… einfach zu selten sind doch die Anwendungsfälle.

  25. @ Osman Öztas
    @ Max Wedell

    Ihre Argumente sind einfach lächerlich. Der Witz ist doch, dass ein hochrangiger Politiker ein Bewusstsein dafür haben muss, dass er sich korrumpierbar macht, wenn er Vergünstigungen von seinen reichen, einflussreichen Freunden annimmt. Was würde Ihrer Meinung denn dagegen sprechen, wenn Herr Wulf zu Herrn Geerkens gesagt hätte: Ich schätze dein Angebot als Freund, aber da ich Ministerpräsident von Niedersachen bin, kann ich das weder annehmen – noch habe ich das nötig. Wenn jeder kleine Büroangestellte ein teures Baudarlehen von der Bank aufnehmen kann, kann ich das allemal – auch wenn jetzt im Moment gerade Ebbe in meiner Kasse herrscht. Davon werde ich mich mit meinem Ministerpräsidentengehalt aber ohnehin ganz schnell wieder erholt haben.

    Also ich jedenfalls wünschte mir Politiker, die in diesem Sinne handeln würden.Denn Korruption und Vetternwirtschaft werden weder einen Staat noch irgend eine Organisation voranbringen.

  26. @Anna,

    meine Antwort auf Osman Öztas sollte nicht bedeuten, daß ich eine Kritik an Wulff für nicht berechtigt halte. Ich halte sie ja für berechtigt. Was aber Verve und und Bravado mancher Kritik angeht (siehe z.B. #20 und meine Anmerkungen dazu), da komme ich schon ins Stauen, und lasse mir so schnell nicht ausreden, daß bei manchen Kritikern auch tiefenpsychologische Mechanismen am Werk sind, die zu BESONDERER Schärfe antreiben.

  27. @ Max Wedell

    Speziell Kommentar 20 würde ich persönlich mitunterschreiben.
    Von Ihnen, lieber Max, hätte ich dagegen hören wollen, dass Korruption und Vetternwirtschaft leistungsfeindlich ist und zu spätrömischer Dekadenz führt. 😉
    Grüße
    Anna

  28. Die NachDenkSeiten sprechen es mal wieder aus, worum es bei der Affäre Wulf geht, nämlich hierum: http://www.nachdenkseiten.de/?p=11660

    Dieser Bundespräsident von Merkels Gnaden reiht sich doch nur in die Reihe von Ex-Ministerpräsidenten mit unterschiedlichen und doch, was das Geschmäckle anbelangt, vergleichbaren AMIGO-Affären ein, seien es Strauß, Streibl, Späth, Barschel, Lafontaine, Koch, Althaus, Rau, Diepgen und Andere, die mir jetzt nicht einfallen. Es ist eben das Amigo-hafte, was auffällt: Man kennt sich, hilft sich, fördert sich, eben Spezl-Wirtschaft nach dem Motto: Eine Hand wäscht die andere.
    Manchmal frage ich mich, wo da noch der Unterschied zur Mafia, oder Ndrangheta, oder Cosa Nostra, oder anderen „Freundes-Vereinigungen“ besteht. Vielleicht daran, daß die Bohnen nicht so blau sind.

    Und, Max Wedell, wenn Sie so Typen wie Maschmeyer für ehrenwerte Geschäftsleute halten, kann ich das nur aus Ihrer tiefen Verwurzelung in und mit der FDP entschuldigen – das hat ja so etwas, siehe Old-Schwurhand-Lambsdorff und Abspringer Möllemann, Tradition. Sind eben alles „Leistungsträger“, im Gegensatz zu der schmarotzenden Altenpflegerin, die Opa Heinrich nachts um 1.30 Uhr den Hintern wischt, und dafür üppige € 8.50 die Stunde erhält, von dem Betrag sie jetzt sicherlich für die Umfragen (IfK) in einen wahnsinnigen Weihnachtskaufrausch verfallen ist.

    Das angeblich 70% aller Deutschen keinen Fehl in den Handlungen von Wulf entdecken können, liegt – leider – wohl daran, daß Korruption, Durchstechereien, Mauscheleien, Schwarzarbeit, Schummeln bei der Steuer als Kavalierstugenden gelten und wahrscheinlich bald Voraussetzung dafür werden, ein politisches Amt bzw. Mandat auszuüben.

    Frohe Weihnachten!

  29. @ Wolfgang Fladung Da haben Sie einen guten Artikel verlinkt. So stelle ich mir kritischen Journalismus vor.

  30. Ja, ich finde den verlinkten Beitrag auch sehr gut und erhellend. Vor allem der Vorwurf an die Medien, dass wir nur sehr oberflächlich, bruchstückhaft und sensationsgetrieben informiert werden, ist mehr als berechtigt. So lässt sich auch nur erahnen, wie stark die Verflechtungen von Wirtschaft, Politik und Medien tatsächlich sind und wie wir tagtäglich hinters Licht geführt werden, damit das im Dunkeln bleiben kann.
    Wahrscheinlich hat auch Wolfgang Fladung mit seiner Bemerkung Recht, dass eine gewisse Bereitschaft zur Bestechlichkeit einfach mit zum Anforderungsprofil eines Politikers gehört. Kandidaten, die nicht bereit sind mit der Wirtschaft zu kungeln, haben wohl wenig Aussicht in politische Spitzenpositionen zu gelangen.

    Aber selbst wenn die „Kredit-Affäre“ von Wulff vergleichsweise harmlos ist und nur die Spitze des Eisberges erkennen lässt, finde ich es falsch, deshalb Vorteilsnahme und Kungelei in Politikerkreisen bagatellisieren zu wollen, wie das hier manche anklingen ließen.
    Und von daher finde ich es auch völlig kontraproduktiv den Mann im Amt zu belassen. Damit wird doch erst recht wieder besiegelt, dass Vorteilsnahme und die daraus resultierende Bestechlichkeit irgendwie „normal“ sind.

  31. Meinen Dank an beide Damen für das Feeback. Vielleicht ist es ja auch so, wenn ich die Kommentare in männlich/weiblich aufteile, daß bei Frauen noch mehr Gespür dafür vorhanden ist, was „richtig“ und was „falsch“ ist, und Männer eher unbekümmert mit Geschehnissen umgehen, und diese tolerieren, die bereits in den Graubereich der moralischen Kategorien hinein ragen. So wie Foulspiel auf dem Fußballfeld, wenn der Schiri – noch – nicht zur Pfeife greift. Aber, wie wir es bei Verkehrsvergehen, leider, beobachten: rücken Frauen ja auf, und besetzen somit, nochmals leider, auch männliche Domänen, in denen sie bisher sich (noch) nicht tummelten.

    Ich würde mir bei Herrn Wulf auch etwas mehr von der Haltung der von mir hochgeschätzten Margot Käßmann wünschen. Aber wenn man meine Gattung mit diesem Ansinnen kommt, erntet man/mensch in der Regel nur ein: „Häh“?

    Eigentlich schade, daß das Christkind keine „Christ-ine“ war, oder?

  32. „Ich würde mir bei Herrn Wulf auch etwas mehr von der Haltung der von mir hochgeschätzten Margot Käßmann wünschen“

    Ja, wünschenswert wäre das schon. Aber wer weiß, vielleicht MUSSTE Wulf ja bleiben, weil sonst die Staatskrise ausgebrochen wäre – und das ausgerechnet zur schönen Weihnachtszeit.

    Wie auch immer, ich wünsche allen ein frohes Fest und erholsame Feiertage!
    Anna

  33. @Anna,

    ich halte mich zurück, Dinge zu schreiben, die zehn andere schon geschrieben haben. Es wäre mir irgendwie peinlich, dann der elfte zu sein, warum auch immer.

    Unabhängig von anderen Behauptungen in #20, die richtig sein mögen, halte ich die Behauptung, „Menschen wie Geerkens“ (was auch immer damit gemeint ist) könnten unmöglich eine Freundschaft mit Wulff aus bloßer persönlicher Zuneigung heraus pflegen, nach wie vor für falsch.

    @Fladung,

    ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, ich hielte Maschmeyer für einen ehrenwerten Geschäftsmann. Ich habe zu dieser Person weder hier noch woanders etwas gesagt. In diesem Fall sicher auch, weil ich nicht der elfte sein will. Ihr weiteres Gerede über Lambsdorf, Möllemann und eine Krankenpflegerin kann ich nicht weiter kommentieren, da ich keinen klare Aussage erkennen kann.

  34. # 22 – Max Wedell, Zitat: „Daß Reichtum durch ehrliche Arbeit entstehen kann, glauben Sie doch wohl nicht? Reiche Freunde zu haben bedeutet daher, Halunken als Freunde zu haben. Und wer Halunken als Freunde hat, der kann eigentlich nur selber einer sein.“ Hat sicher nichts mit Herrn Maschmeyer zu tun, weil dieser ja sein Geld „durch ehrliche Arbeit“ erworben hat. Und wenn Sie bei meinem „Gerede“ zu Lambsdorf, Möllemann und einer Krankenpflegerin keine klare Aussage erkennen können, können Sie wahrscheinlich auch bei der „Heute-Show“ oder bei „Neues aus der Anstalt“ keine Zusammenhänge erkennen, oder gehen zum Lachen in den Keller.

    Egal, einen guten Rutsch ins glorreiche Neue Jahr wünscht W.F.

  35. zu @ Wolfgang Fladung
    Eigentlich habe ich für mich gedacht das ich mich nach dem Beitrag 3 hier nicht mehr äußern werde. Aber die Frage ob alle Reichen Schurken sind kann man sicher nicht mit der Antwort die Sie gegeben haben stehen lassen. Als erstes muss man fragen ab wann ist für Sie jemand reich? Als zweites denke ich das Sie selbst nicht glauben das wirklich alle die es zu Reichtum gebracht haben Halunken sind.Natürlich gibt es Leute die mit Fleiß, guten Ideen und Spaß an ihrer Verwirklichung es zu Reichtum zumindest was ich darunter verstehe gebracht haben.Eigentlich will ich immer noch glauben das es die Mehrheit der Reichen so geschafft hat.

  36. Hans, # 37: Sie scheinen übersehen zu haben, daß ich in meinem letzten Beitrag lediglich ein Zitat von Max Wedell aus # 22 wiedergegeben habe, und zwar mit deutlichem Hinweis und korrekt in Anführungszeichen. Warum Sie das mir zuordnen, ist mir schleierhaft.

    Aber um Sie zu beruhigen, nein, für so einfach in eine Einteilung in schwarz und weiß mache ich es mir nicht, weil es selbstverständlich wohlhabende Leute gibt, welche ihren Reichtum, zumindest bis zu einer bestimmten Höhe, mit guten Gedanken und ehrlicher Arbeit verdient haben. Ab einer bestimmten Höhe von Reichtum muß man den weiteren Anstieg desselben allerdings hinterfragen. Steve Jobs wäre für mich ein Beispiel, gute Idee, viel Engagement in Sachen Wohltätigkeit, aber die Produkte unter erbärmlichen Bedingungen in China produzieren lassen. Das er aufgefallen wäre in seinem Engagement für eine höhere Einkommenssteuer in den USA, ist mir auch nicht bekannt.

    Und ich habe Max Wedell nur zitiert, um eine Überleitung zu Maschmeyer zu schaffen, weil dieser, geschätzte 700 Millionen schwere Herr, sein meistes Geld mit und an den Drückerkolonnen des Strukturvertriebes AWD verdient hat, die „natürlich“ nur das Beste der Kunden wollten, deren Geld. Und Schröder, Riester und womöglich auch Wulf haben durch ihr Engagement für die private Alters“vorsorge“, siehe Riester-Renten-Verträge, mit dafür gesorgt, daß Herr Maschmeyer seine Schäfchen ins trockene bekam, auch wenn darunter viele schwarze sich befanden. Der NDR und der WDR haben ausführlich berichtet.

  37. Noch ein Nachtrag: Als Wulf mit Gattin bei Herrn Maschmeyer logierte, war bereits genügend über die Vorgehensweise des Strukturvertriebes AWD bekannt geworden, und auch über die Einpeitscher-Methoden von M.
    All dies kann wohl auch Herrn Wulf nicht verborgen geblieben sein. Aber bei guten Freunden drückt man ja mal ein Auge zu.

  38. @Anna
    „Hochrangige Politiker, die sich darauf einlassen, private Vorteile von Wirtschaftsmächtigen entgegenzunehmen, machen sich doch ganz offenkundig anfällig für Korruption.“
    Ach ja?
    Handeln Sie so, wenn Sie einem Bekannten etwas leihen? Verlangen sie Willfährigkeit und Wohlverhalten?
    Ebensogut könnte man annehmen, Gehrken habe das Darlehen gewährt, um Wulff vor der Abhängigkeit von einer Bank zu bewahren, warum nicht?
    Haben Sie Beweise dafür, daß Gehrken Gegenleistungen für sein Darlehen verlangt oder erhalten hat, oder verdächtigen sie bloss?
    Ist es für Sie selbstverständlich, daß Herr Wulff mit dem Darlehen und dem Zinssatz auch zugleich seine Redlichkeit verkauft hat?

    Für mich nicht.

  39. Ach, das sind ja wieder mal herrlich typische BvG-Fragen, die weit weg vom eigentlichen Thema nur auf Nebengleise führen.
    Ungeachtet dessen, lasse ich mich trotzdem mal darauf ein, einige Antworten zu geben. Schließlich war ja gerade erst Weihnachten! 😉

    „Handeln Sie so, wenn Sie einem Bekannten etwas leihen? Verlangen sie Willfährigkeit und Wohlverhalten?“
    Also wenn ich Bekannten, Nachbarn, Freunden etwas leihe, verfahre ich erst mal nach dem Grundsatz, in kleinen Dingen großzügig zu sein. Wenn es aber um größere Gefallen geht, überlege ich mir schon ziemlich genau, wem ich die erfülle und was ich ggf. als Gegenleistung zurückbekomme.
    Und ob du es wahrhaben willst oder nicht: Gerade gutfunktionierende freundschaftliche Beziehungen, beruhen doch auf gegenseitigem Geben und Nehmen. Wer will schon einem guten Freund etwas schuldig bleiben?

    „Ebensogut könnte man annehmen, Gehrken habe das Darlehen gewährt, um Wulff vor der Abhängigkeit von einer Bank zu bewahren, warum nicht?“
    Ja, warum nicht?
    Ich habe auch ein paar wirklich gut betuchte Freunde. Aber ich würde die nie um einen Kredit anpumpen wollen, weil ich erstens nicht den Eindruck erwecken möchte, dass ich finanzielle Vorteile aus meiner Freundschaft schlagen will und zweitens verspüre ich auch keine Lust, mich von Freunden in irgend einer Weise abhängig zu machen.
    Wenn ich einen Kredit brauche, gehe ich den ganz normalen Weg, nämlich zu einer Bank.

    „Haben Sie Beweise dafür, daß Gehrken Gegenleistungen für sein Darlehen verlangt oder erhalten hat, oder verdächtigen sie bloss?“

    Zur Erinnerung, ich hatte geschrieben: Hochrangige Politiker, die private Vorteile von Wiirtschaftsmächtigen annehmen, machen sich ANFÄLLIG für Korruption.
    Und zwar deshalb, weil in unseren Köpfen einfach dieser Grundsatz der Gegenseitigkeit existiert. „Something for something, nothing for nothing“

    Ist es für Sie selbstverständlich, daß Herr Wulff mit dem Darlehen und dem Zinssatz auch zugleich seine Redlichkeit verkauft hat?

    Zumindest waren ihm ein paar Tausend Euro Zinsersparnis so viel Wert, dass er die Wahrheit vor dem niedersächsischen Landtag verschleiert hat. Und ja, somit hat er seine Redlichkeit schon verkauft – ein Stück weit jedenfalls.

  40. @Anna

    Was das Verschweigen des Kredits angeht, kann ich Wulffs Verhalten gut nachvollziehen. Es geht weder Hinz noch Kunz was an von wem ich mir privat Geld leihe. Welches Ziel mit der Frage verfolgt worden ist, ist ja wohl auch klar.

    Bezüglich der ganzen Diskussion glaube ich, das diese aus einer sehr engen Perspektive geführt wird. So viel Bedeutung den paar Euro beizumessen geht viel zu weit. Im übrigen ist ja eine Rückzahlung vereinbart worden und diese vermutlich auch bloss deshalb, weil eine solche Reaktion der Öffentlichkeit zu erwarten war.

    Was mich aber wirklich stört ist, daß rundheraus unterstellt wird, der Kredit führe notwendig zu persönlichen Vorteilen der Familie Gehrken und Umfeld, die von der Allgemeinheit nicht gutgeheißen werden können.

    Ein Bundespräsident, der zwischen solchen privaten Abhängigkeiten und Einflussnahmen nicht zu unterscheiden weiß und sich davon in seinen Entscheidungen beeinflussen läßt, ist tatsächlich zu schwach für das Amt.

    Soclhes ist aus meiner Sicht (noch) nicht bewiesen.

  41. „Es geht weder Hinz noch Kunz was an von wem ich mir privat Geld leihe.“

    Klar, geht es keinen etwas an, von wem du dir privat Geld leihst. 😉 – Aber den niedersächsischen Landtag geht es halt etwas an, wenn sich der Ministerpräsident von einem Geschäftsmann privat Geld leiht, den er zumal noch an drei Reisen mitteilnehmen ließ, obwohl dieser nach “objektiven Kriterien nicht mehr in diese Delegationen” gepasst habe.

    BvG, es geht in dieser Diskussion doch nicht um die „paar Euro“ Ersparnis, sondern darum, dass erkannt wird, wo ggf. dubiose Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft bestehen, die nicht unbedingt dem Allgemeinwohl nutzen.

    Schöne Grüße
    Anna

  42. Oh ihr Armseligen, die ihr doch stets das christliche Abendland so wohltönend im Munde führet! Ein wenig mehr christliche Demut und Barmherzigkeit stünde euch wohl an. Kennet ihr denn euren Evangelisten Matthäus nicht? Schreibt er doch:

    „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat.“

    Euch aber winket das Himmelreich und die ewige Glückseeligkeit, wenn ihr nur genug darbet und nicht nach irdischem Reichtum strebet.

    Auf gut Deutsch gesagt: Der Teufel scheisst immer auf den größten Haufen!

    Wer seine Maßstäbe aus der Popkultur zieht, mag natürlich auch gerne ABBA zitieren:

    „The winner takes it all
    The loser has to fall
    It’s simple and it’s plain
    Why should I complain“

    Yo, masafaka! Vielleicht gibt’s für die Jugend sowas Ähnliches ja auch von irgend so einem abgefackten Gangsta-Räppa?

    Ach übrigens: in Nassim Nicholas Talebs Buch „Der Schwarze Schwan – Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“ gibt es in Kapitel 14 („Von Mediokristan nach Extremistan und wieder zurück“) einen Abschnitt mit der Überschrift „Der Matthäus-Effekt“. Was genau das nun mit Wulff zu tun hat, weiss ich jetzt auch selber nicht so recht. Aber das Buch ist klasse!

  43. @Anna
    „dass erkannt wird, wo ggf. dubiose Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft bestehen, die nicht unbedingt dem Allgemeinwohl nutzen.“

    Eben, und es gibt keinen Hinweis darauf, daß diese Verflechtung zwischen Wulf und Gehrken „dubios“ ist oder dem Allgemeinwohl widerspricht, ausser den Kontakten zu Maschmeyer. Das heißt nicht, daß ich das gut finde, es heißt, daß mir die Beweise zu dünn sind um von Fehlverhalten oder gar Rücktritt zu sprechen. Und, im Ernst, ich glaube, daß die entsprechenden Reichen sich kaputtlachen über solche Bestechungsszenarien und Verschwörungstheorien. Wer in dem Metier nicht versteht, was ggf von ihm erwartet wird, der wird erst gar nicht so weit kommen.

  44. Für meine Begriffe braucht es nicht mehr Beweise. Einem Politiker, der die Werbung für sein Buch von einem Herrn Maschmeyer finanzieren lässt, seine Urlaube in Unternehmervillen verbringt und last but not least vor dem Landtag Nebel um einen Privatkredit hüllt, den er von einem Unternehmer angenommen hat, fehlt doch einfach die nötige Größe, Sensibilität und Objektivität für das Amt des Bundespräsidenten.
    Gerade ein Bundespräsident müsste doch gegen die um sich greifende Korruption und Vetternwirtschaft anreden. Aber wie sollte Christian Wulff dazu in der Lage sein , wenn ihm jegliches Gespür dafür zu fehlen scheint, wovon bzw. von wem sich ein Politiker abzugrenzen hat. Und dass das andre auch nicht machen ist für mich noch längst keine Entschuldigung. Denn jeder Einzelne hat doch die Wahl sich so oder so zu verhalten und ist somit selbst verantwortlich für sein Handeln.

    So, und weiter werde ich mich nun nicht mehr zu diesem Thema äußern.

    Allen einen guten Rutsch ins Jahr 2012!

  45. Dass Herr Wulff, seines Zeichens nach wie vor amtierender Bundespräsident, nicht der Vorsitzende eines Vereins bürgerlichen Rechts und daher ausschließlich den Formen öffentlicher Ämter unterworfen bleibt, stört offenkundig dessen Kritiker in keinster Weise. Sich selbst überprüfend, könnten sie insofern auf kürzestem Weg unter Verzicht eines Untersuchungsausschusses namens des niedersächsischen Landtags zu dem Schluss gelangen, wodurch ihre Vorwürfe von vornherein sie höchstselbst äußerst diskreditieren und Finanzinstitute sich ihrerseits ausnahmslos von ihnen abwenden müssen.

  46. @Anna
    Schade, aus dem Thema hätte man noch mehr machen können.
    „Persönliche Integrität sieht anders aus“ Ja, wie sieht sie denn aus?

    Wie oben gesagt, sitzen viele der Illusion auf, es gäbe in der Bundesrepublik oder in der Welt Menschen, die völlig unbefleckt, ohne Fehl‘ und Tadel, nicht bloss sauber, sondern rein sind und wenn ein Fleckchen am Kittel zu finden ist, rufen alle, je nach politischer Ausrichtung „Weg muss er!“

    Wieviel, bitte, müssen dann noch „weg“? Ein solches Verhalten ist nicht nur unlinks, es ist auch undemokratisch und autoritätsheischend.

    Ich böte Herrn Wulff und besonders Herrn Köhler schon gern den kostenlosen Aufenthalt in meinem Ferienhaus an, auf die paar Euro bin ich echt nicht angewiesen, ich fände es interessant, ich biete auch Armen solches an und erwarte keine Gegenleistung.

    Verstehen sie mich recht: Wenn schon der Verdacht außerrechtlich bestraft werden kann, dann ist ein Schritt zum Unrechtssystem getan. Wir sind, auf dem Wege der Medien und Wikileaks-Unkultur, auf dem Pfad der außerrechtlichen Verurteilung. Das ist, so glaube ich, der Kern des Problems. Es würde sich lohnen, mehr darüber zu sagen.

    Es bleibt schwierig, aber blosse Statements darüber, was man persönlich akzeptiert oder nicht geben keine Diskussion her. Das ist keine Rechtfertigung des Verhaltens von Wulff etc. Es wäre allerdings interessanter herauszufinden, wie solches Fehlverhalten behandelt, verhandelt und verhindert werden kann.

    Kollektiver Rücktritt ist auch keine Lösung. Unbefleckte haben wir nicht.

  47. Erstaunlich, wie rührig Leserbriefschreiber sein können.
    Findet sich doch Osman Öztas‘ Leserbrief fast unverändert im
    Tagesspiegel (http://www.tagesspiegel.de/berlin/wer-hat-so-viel-pinkepinke-/5993298.html?ajaxelementid=%23commentInput&pageNumber=0), in der
    Frankfurter Rundschau (http://www.michael-schoefer.de/artikel/ms1031.html), in der
    ZEIT (Nr. 79 vom 29. Dezember) und in der
    Süddeutsche Zeitung (301 vom 30. Dezember).
    Öztas meint es offensichtlich ernst. Interessant, dass hier jemand offensichtlich eine private Kampagne führt. Oder ist sie nicht privat?

  48. Die überaus weit verbreitete, aber unsägliche Verstiegenheit, dass sich die Eigenschaft gleich welches Amtsträgers durch dessen persönliche Fehlbarkeit begründet, könnte der Welt nicht entrückter sein. Selbst noch das politische Oberhaupt der Bundesrepublik Deutschland auf diese Weise verdeckt zu attackieren, bezeichnete laut Erich Kästner bereits der einstige Bundeskanzler Erhard als das Werk von, wortwörtlich, intellektuellen Pinschern.

  49. Einige Kommentatoren tun ja gerade so, als wenn es eine Art übermenschliche Meisterleistung wäre, als Politiker nicht korrupt zu werden.

    In der causa Wulff geht es auch nicht nur um ein paar Kleinigkeiten. Regelmäßige Urlaubsreisen nach Übersee im Wert von mehreren tausend Euro pro einzelne Reise, die Finanzierung eines Werbebuchs mit ca. 40.000,- € und ein ungesichertes Privatdarlehen über ein halbe Mio. € zur freien Verfügung und zu einem ungewöhnlichen, nicht marktüblichen Zinssatz, das Wulff eine Zinsersparnis im fünfstelligen Bereich einbrachte (und einem „gewöhnlichen“ Bürger nie gewährt worden wäre). Und dies alles von „Gönnern“, die als Geschäftsleute (auch) in Niedersachsen tätig waren (sind), deren Geschäftstätigkeit von der Gesetzgebung des niedersächsischen Landtags bzw. dem Handeln der niedersächsischen Verwaltung, die ja in letzter Konsequenz dem Ministerpräsidenten untersteht, potentiell betroffen sein konnten.

    Durch die vielen Gefälligkeiten von nicht unerheblichem finanziellen Wert wurde ein Klima geschaffen, in dem Wulff nur noch schwer „Nein“ sagen konnte, wenn „Wünsche“ seitens seiner Gönner an ihn herangetragen wurden. Schon um nicht den Anschein der Korruption entstehen zu lassen,darf ein hochrangiger Politiker solche „Gefälligkeiten“ von interessierter Seite nicht annehmen. Selbst wenn keine Gegenleistungen verlangt oder erbracht werden, ist es anrüchig (und verstößt gegen das niedersächsische Ministergesetz), wenn sich der Ministerpräsident neben seinen staatlichen Bezügen von privaten Geschäftsleuten, die sich davon materielle Vorteile erhoffen, finanziell aushalten lässt.

    Ein Politiker, der auch nur im Verdacht der Korruption steht, ist für das protokollarisch höchste Amt im Staat nicht tragbar.

    Ein Aspekt, der in der Diskussion leider etwas zu kurz gekommen ist, ist die Frage, ob angesichts des nach Köhler zweiten in Folge „drohenden“ Rücktritts des Bundespräsidenten die institutionelle Funktion seines Amtes neu überdacht werden sollte. D.h. entweder Abschaffung des Amtes und Übernahme seiner Funktionen durch den Bundestags-/Bundesratspräsidenten oder Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk und Ausstattung des Amtes mit materiellen Kompetenzen. In seiner jetzigen Ausgestaltung ist das Amt in der Tat überflüssig.

  50. Wir leben einer Zeit, in der Volkswirtschaften durch moral- und verantwortungsfreies Verhalten von Zockern, aber auch von Politikern in den Ruin getrieben werden. Politiker sind Marionetten der Wirtschaft und können nur so an der Macht bleiben. Man kann den Eindruck gewinnen, daß eigentlich nur noch besch…. wird. In diesem Kontext finde ich das ganze Geschrei als Heuchelei!
    Natürlich hat der Herr sich nicht sauber verhalten und sich angreifbar gemacht, aber bitte: gibt es jemand halbwegs Vorzeigbaren, der keinen Dreck am Stecken hat? Ich kann da weit und breit niemanden erkennen. Frau Käsmann hat ja schon schlechte Erfahrungen gemacht und wird sich dem nicht nochmal aussetzen wollen. Denn: ein sehr dickes Fell gehört auch zu einem hohen Amt, sonst hält man daß (Medien auf der Jagd – die andere Seite der sonst sehr wichtigen Pressefreiheit) nicht aus.
    Der ganze Buhei soll von den gravierenden WIRKLICHEN Problemen ablenken (s. Nachdenkenseiten)

  51. Das ganze Geschrei um den Bundespräses ist doch völlig fehl am Platze. Daraus spricht einfach nur der Neid auf das schicke Haus und die geilen Reisen. Klar hätte jeder selber gern. Muß man eben versuchen selber Bundespräses zu werden. Kann auch nich jeder. Tatsächlich tut der Mann nur was seines Amtes ist. Der Industriemagnat Agnelli drückte es einmal so aus als er zu einem möglichen Wahlsieg eines linken Bündnisses in Italien befragt wurde: Er brauche darüber nicht besorgt sein, denn die Industrie sei immer für die Regierung und die Regierung immer für die Industrie, ganz gleich welche Partei gerade an der Macht sei. Die Aufreger können sich also abregen. Der Präses pflegt die freundschaftlichen Kontakte zu den deutschen Führungskräften in der Wirtschaft, deren Fleiß und aufopferungsvollem Unternehmergeist, wir unseren Wohlstand und Arbeitsplätze verdanken. Und auch der unermüdliche Einsatz der führenden deutschen Politiker für das deutsche Volk muß seinen gerechten Lohn finden. Soll der Präses sich etwa dafür schämen und gar Buße tun ? Dabei ist sein Häuschen bescheiden genug. Andere Nationen sind nicht solche kleinlichen Pfennigfuchser und gönnen ihren Oberhäuptern einen Buckinghampalast. Mit Palastwache. Die Schreier sollten dankbar für die Genügsamkeit unseres Präses sein, der weil er auch nicht immer wie ein Hund leben will, und wenigstens einmal in seinem Leben das Meer sehen möchte, die Gastfreundschaft eines seiner Mäzene in Anspruch nimmt, der ihm auch aushilft, wenn er mal ein bißchen klamm ist. Oder soll der Präses Beihilfe zum Lebensunterhalt beantragen? Ist es das was die Schreier wollen? Aber der Präses ist nicht einer von denen, die in der sozialen Hängematte den Wohlstand verprassen, den die deutschen Eliten im Schweiße ihres Angesichtes mit ehrlicher Arbeit erworben haben. Nein, der Präses ist ein Mann der Selbsthilfe, der sich auf seine Freunde verlassen kann. Und sie sich auf ihn. Der Präses ist ein Mann, der die Traditionen hochhält. Ein deutscher Mann der Ehre und Treue. Das deutsche Volk kann stolz auf seinen Bundespräses sein. Deshalb wird der Präses auf keinen Fall zurücktreten. So als hätten die Deutschen einen unerschöpflichen Vorrat davon. Deshalb ist auch der Dottore Guttenberg wieder im Anmarsch. Das deutsche Volk braucht solche Männer. Allen Philistern zum Trotz, die wahre Größe nicht erkennen können.

  52. Zitat # 53: „Aber der Präses ist nicht einer von denen, die in der sozialen Hängematte den Wohlstand verprassen, den die deutschen Eliten im Schweiße ihres Angesichtes mit ehrlicher Arbeit erworben haben. Nein, der Präses ist ein Mann der Selbsthilfe, der sich auf seine Freunde verlassen kann. Und sie sich auf ihn. Der Präses ist ein Mann, der die Traditionen hochhält. Ein deutscher Mann der Ehre und Treue. Das deutsche Volk kann stolz auf seinen Bundespräses sein. Deshalb wird der Präses auf keinen Fall zurücktreten. So als hätten die Deutschen einen unerschöpflichen Vorrat davon. Deshalb ist auch der Dottore Guttenberg wieder im Anmarsch. Das deutsche Volk braucht solche Männer. Allen Philistern zum Trotz, die wahre Größe nicht erkennen können.“

    Jawoll (… Passage gelöscht). Aber jetzt mal im Ernst, ein Land, in dem solche Knalltüten und Knallchargen gefragt sind, samt „Hochhalten aller Traditionen“, bringt mich zum Kotzen. Da ist dann der neue Ungarnführer Orban mit seinem „neuen Staat“ nicht mehr weit. Wie stand es auf den SS-Wappen: Eure Ehre heißt Treue. Mit solchen Bloggern können wir uns gleich von der Demokratie, oder den rudimentären Resten, die zumindest noch bei uns existieren, verabschieden.

    Und jetzt treff ich mich noch zu später Stunde mit meinen Freunden, dem Hartz-IV-Empfänger und der Altenpflegerin, welche im Schweiße ihrer Achselhöhlen unseren Wohlstand verprassen und nur neidisch auf den Wohlstand sind, den sich unsere „Eliten“ durch „ehrliche Arbeit“, meistens der Eltern, und ansonsten (Ab-)Zockereien, Betrügereien, Steuerhinterziehung, mafiöse Methoden und jede Menge Lobbykratentum und Casino-Amigos übereignet haben. Ich möchte die deutsche Elite sehen, welcher nach alter deutscher familienpflegerischer Tradition der Erboma vor dem Gutenacht-Gruß noch den Hintern wischt.

    Ich bin mächtig sauer, und summe mal wieder den alten Schlager, in leicht abgewandelter Form: „Hängt sie auf, im Stadtpark, an Laternen“.

  53. zu @ 54 Wolfgang Fladung
    Ich habe beim lesen des Beitrags von Paul Passepartoute herzlich gelacht wie oft bei der Heute Show. Das ganze halte ich für puren Sarkasmus oder Ironie. Das kann doch keiner ernst meinen was da steht

  54. Danke, # 55 – Hans, weil ich zunächst diesen Beitrag von „Passepartout“ (wohl ein „Künstler“namen) auch für einen Scherz hielt. Meine Frau sagte spontan auf meine Frage, was ihr zum Begriff „Passepartout“ einfiele: „Da bildet sich einer was auf irgendwas ein“. Wohl war, weil eben die Untermalung, der Hintergrund, wichtiger sein soll als das umrahmte Bild oder Foto. Wenn schon Satire, tippe ich auf REALSATIRE. Henning Venske hat (fast) ein ganzes Buch darüber geschrieben, sein neuestes: „Lallbacken“. Für mich ein absoluter Top-Seller, welcher die Sprechblasen-Absonderer und Politik-Clowns und andere Darsteller zur Kenntlichkeit entstellt, und dabei auch deren Gefährlichkeit bloßlegt. Ich möchte wetten, daß Merkel, Wulf, Guttenberg & Co. nicht über Heute-Show, Neues aus der Anstalt etc. lachen, weil ihnen entweder Selbstironie fremd ist oder, noch schlimmer, sie das kaltlächelnd wegzappen.

  55. Zu @ Wolfgang Fladung
    Das im öffentlich rechtlichem Fernsehen noch solche Sendungen möglich sind(ich hoffe die Betonung liegt nicht auf noch) ist doch eindeutig ein gutes Zeichen das es weiter möglich ist Guttenberg und co als das darzustellen was sie sind. Das selbst unsere Kanzlerin erkannt hat das nächstes Jahr einiges geschehen muss sehe ich auch als ein gutes Zeichen an. Jetzt muss sie nur noch erkennen was. In der Hoffnung das das ales im positiven Sinn sich entwickelt wünsche ich Ihnen und allen anderen Bloogbeteiligten ein GUTES NEUES JAHR

  56. In geistlosen Zeiten wie diesen, in denen nicht einmal Ironie immer verstanden wird, ist es natürlich fast unmöglich sich verständlich zu machen. Sich über einen deutschen Politiker anders als in Form der Satire und Polemik zu äußern kann den Leuten um die es da geht nicht gerecht werden. Wie soll es möglich sein über Menschen, die nicht in der Lage sind auch nur zwei Sätze hintereinander von sich zu geben, die sich nicht gegenseitig widersprechen, etwas vernünftiges äußern zu wollen? Der Skandal ist allerdings nicht die nicht satisfaktionsfähige Politikerkaste, der wirkliche Skandal und Elend sind das Volk, das von ihnen regiert wird. Jedes Volk hat die Regierung und Repräsentanten, die es verdient. Dabei ist der Ausdruck „Volk“ ein in die französische Sprache ( le peuple ) oder in die englische Sprache ( the people ) nicht mehr übersetzbarer Begriff deutscher Ideologie. Denn Volk bedeuted im deutschen wie wir seit 1933 wissen, und 1989 wieder gesehen haben, Volksgemeinschaft. Selbstverständlich ist der Bundespräses ein ehrbarer und demokratischer Politiker der Mitte. Damit das Publikum das glaubt gibt es die Ideologie von den Extremisten auf dem linken und dem rechten Rand. Schröder bis Merkel brauchen die Stiefel, Rauch und Pulver-Nazis damit sie selber als „normal“ erscheinen können. Damit soll abgelenkt werden vom wirklichen Extremismus in der Mitte der Gesellschaft. Als wären es nicht die Eliten in der Mitte der Gesellschaft, die 1933 die Kettenhunde von der Leine ließen und (Volks-) gemeinschaftlich den Mob entfesselten.
    Fünfzig Millionen Tote später wechselte man die Kostüme und führte ein neues Stück in alter Besetzung auf. Nur auf die Prominenz in der ersten Reihe mußte verzichtet werden. Es ist nicht einmal möglich einem eitlem und tattrigem deutschen Schriftsteller (?) den Literaturnobelpreis zu verleihen, ohne daß das Publikum hinterher mit seiner SS-Vergangenheit belästigt wird. Die heutige Generation der deutschen Eliten kann als einzigen Verdienst darauf hinweisen, nun aber wirklich kein braunes Parteibuch mehr besessen haben zu können. Nur manchmal kann einer einfach nicht an sich halten und es spricht aus ihm: „In Europa wird wieder deutsch gesprochen!“ Der Bundespräses ist eine würdiger Repräsentant des Stammes den er vertritt. Und hat ihm das jüngste Geschrei nicht wenigstens ein wenig Popularität und Aufmerksamkeit gebracht? Wußte man bis dahin doch nicht einmal wes Namen der derzeitige Kanidat war. Jedenfalls nicht diejenigen, die sich mit Schaudern von dieser Bühne abwenden.

  57. @ Dr. Ursula Samman am 30. Dezember 2011 um 19:54

    Wir sollten unsere Ansprüche nicht herunterschrauben.

    Wir Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf einen integeren und nicht korrupten Präsidenten (Präsidentin).

    Zugegeben: Es sind mittlerweile Korruptionssysteme entstanden, in denen sich ein charakterlich und moralisch nicht gefestigter Politiker verfangen kann. Das Selbstverständliche ist aber, dass ein Politiker eben nicht korrupt ist.

    Einen geeigneten Nachfolger für den jetzigen Amtsinhaber, dessen Rücktritt ich für unumgänglich halte, kann ich mir auch vorstellen: Joachim Gauck.

    Und was Frau Käsmann angeht: Als Präsidentin hätte sie Anspruch auf einen Chauffeur. Aus der Richtung droht also keine Gefahr mehr.

  58. „Plötzlich bin ich Präsident“
    ein Antwort an Stephan Hebel
    (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-wulff-affaere–moralisch-gescheitert,1472602,11376246.html)

    Es schwebt eine erste These in den Köpfen der Demokraten herum, nämlich, daß unser(e) Präsident(in) eine(r) sein soll, der /die den hohen moralischen Ansprüchen gewachsen sein soll, die an das Amt gestellt werden. Das impliziert, daß jeder (denn jeder kann ja, theoretisch, Präsident werden ), diesen hohen moralischen Anforderungen bereits in der Vergangenheit gewachsen sein soll und auch, ab der Präsidentwerdung, gewachsen ist.

    Das impliziert, in guter Kant’schen Tradition, den Imperativ: „Handle so, daß Du auch wollen kannst, einstmals Bundespräsident zu werden“. Damit ist ein Maßstab des Verhaltens gesetzt, der die Anforderungen des präsidialen Amtes an uns alle richtet. Sind wir eine präsidiale Demokratie?

    Doch fiele es ausgesprochen schwer, solche Persönlichkeiten in unseren Reihen zu finden, denn: Präsidenten werden nicht geboren, sie wachsen aus der Gesellschaft heraus und wachsen in ihr, sie sind, wenn wir nicht einen hochmoralischen Aussenseiter zum Präsidenten machen, nur ein Abbild und Produkt unserer Gesellschaft, was aussagt: Wir bekommen einen Präsidenten, der „einer von uns“ ist, oder wir bekommen einen Präsidenten, der sehr anders als „wir“ ist, oder einen Präsidenten, der eine Symbolfigur der „herrschenden Verhältnisse“ ist.

    Da kommt nun die zweite These ins Spiel. Nämlich die, daß wir einen Präsidenten brauchen, der dies alles in sich vereinigt: Das alltäglich Menschliche, das abgehoben Moralische, das dazwischen angesiedelte Politische.

    An diese Thesen wären nun Fragen zu stellen.

    Was wäre, wenn wir uns eine Autorität vorsetzten, die das Alltägliche zum Maßstab nähme, konkret die Feigheit, Abhängigkeit, Verflochtenheit und den täglichen Kompromiß zwischen Wohlstand und Wollen, das Streben zum Guten, die Toleranz, das individuelle Glück?
    Was wäre, wenn wir uns eine Autorität vorsetzten, die allein das moralische Ideal durchsetzte
    und was wäre, wenn wir uns eine Autorität vorsetzten, die allein das politische Abwägen verfolgte?

    Die Synthese ist einfach: Jeder könnte Präsident/in werden, wenn es die Widersprüche zwischen dem Alltäglichen, dem Moralischen und dem Politischen nicht gäbe.
    Zuvor wäre allerdings jeder von uns zu klein für das Amt.

    Meine „Hyperthese“ wäre:
    Wir haben längst noch nicht die Gesellschaft, die ein präsidiales Amt ermöglicht, wie wir es uns wünschen. Wir haben längst noch nicht die Gesellschaft, die Präsidenten ermöglicht.

    Ein Präsident repräsentiert, was wir sind und hinterfragt es gegebenenfalls.

    Zuvor müsste allerdings etwas Präsentables vorliegen.

  59. Ich stelle mir gerade vor: Wärend der Präsident seine Weihnachtsansprache schreibt schnell mal Springer anrufen und einiges klarstellen. Da wird wohl auch BvG sagen das sollte es gewesen sein.

  60. @hans
    Lieber Hans, es geht nicht um Wulff.
    Es geht darum, das wir formulieren, was wir unter dem Präsidialamt verstehen und welche Persönlichkeiten wir dort erwarten. Es geht vor allem darum, daß sich die FR daran beteiligt, diese Erwartungen positiv zu formulieren und eine/n Präsidenten/in zu finden und sich nicht nur bei passender Gelegenheit daran zu beteiligen, einen Präsidenten weg zu schreiben..

    Es ist nämlich schwerer, einen Präsidenten zu finden, als einen loszuwerden.

  61. „Ach Gottchen nee!“ möchte man da als Gottloser ausrufen. Da sehnt sich das „deutsche Volk“ nun schon wieder nach einer Autoritätsperson, die ihm sagt, wo’s langgehen soll! Nach Kaiser, Tribun, Kirchenfürst und Führer soll’s nun mal ein Präsident richten. Und für künftige Fälle wird bereits der Ruf nach Pfaffen an der Spitze des Staates laut (Gauck oder Käßmann, am besten gleich als doppeltmoralisches Tandem).

    Die Aufgaben eines Bundespräsidenten (oder natürlich auch mal einer Bundespräsidentin) ergeben sich aus Art. 54-61, 63, 64, 68, 82 GG. [1] Er repräsentiert die BRD (den Staat, nicht das Volk!) nach innen und aussen – also aktuell den filzokratischen Parteienstaat und drittgrößten Waffenexporteur der Welt.

    Warum sollten ich oder sonst irgendjemand sich ausgerechnet von einem solchen Repräsentanten moralische Orientierung erhoffen? Würde die persönliche moralische Integrität eines Politikers die – von ihm mitverantworteten – Schweinereien irgendwie besser oder auch nur leichter erträglich machen?

    Jeder lässt sich korrumpieren: durch beruflichen oder politischen Aufstieg („Aufsichtsratsmitlied“), einen schönen Titel („Honorarprofessor“), Applaus und Anerkennung, sich als „guter Mensch“ fühlen zu dürfen, Teil einer „Bewegung“ zu sein, ordentlich Knete oder Flat-Rate-Sex – manchem langt bereits die Aussicht darauf (auch gerne erst später im Jenseits mit 72 Jungfrauen). Auch ein lebenslanger „Ehrensold“ von 200.000 Ocken nach Amtsende wäre für manch einen schon Verführung genug.

    Statt „persönlicher Verfehlungen“ einer Person: wäre es nicht viel sinnvoller, die zersetzende Kraft des Lobbyismus – einer spezifischen Art der „Organisierten Kriminalität“ – zu diskutieren? Im parallelen Thread „Einfallstore des Lobbyismus“ gibt es gerade mal ein Zehntel an Wortmeldungen. Aber gegen Strukturen lässt sich halt schwerer moralisieren und polemisieren als gegen einen personalisierten Sündenbock.

    Dass die Bekanntschaft mit Unternehmern oder die Inanspruchnahme eines Privatkredits von langjährigen Freunden der Familie die Erledigung der u.a. [1] Aufgaben behindern würde, scheint mir immerhin zweifelhaft.

    Hätte Familie Wulff der Familie Gehrkens statt eines „ermäßigten“ Zinssatzes den damals üblichen Bankzins gezahlt, hätten all die Moralapostel geschrien: „Was ist dieser Mensch doch verkommen, dass er an Bekannte nicht einmal den üblichen Bankzins abdrücken will und sie mit der Hälfte abspeist!“ Hätten die Wulffs an die Gehrkens einen höheren Zins bezahlt, hätte man sich vermutlich anhören müssen: „Da sieht man’s wieder, wie hier Gelder an Privat verschoben werden! Für Kredite sind die Banken zuständig.“ Wenn man jemand ans Bein pinkeln will, ist jeder Vorwand recht. Der eine hat die falschen Freunde, der andere die falsche Freundin, der dritte die falsche Brille oder die falsche Frisur.

    Ach übrigens: wer sich als Betriebsrat für die Verbesserung der Lebensbedingungen Lohnabhängiger einsetzt, aber sich durch die Puffs von Brasilien, Lissabon, Paris und Hannover vögelt – der hat für mich jegliche Glaubwürdigkeit verspielt, anderen am Zeug zu flicken.

    Ohne Frage: dieser Bundespräsident muss weg! Und zwar wegen Dämlichkeit und Feigheit. So eine Lusche möchte ich nicht an der Spitze des Staates sehen. „Lügen haben kurze Beine!“ – das Beispiel des Plagiators vuzGutt hätte Wulff doch warnen müssen: rumeiern und vertuschen hilft nicht. Und jetzt kommt noch der oberdämliche Versuch zutage, die Berichterstattung zu unterdrücken.

    [1] Die Aufgaben des BP sind folgende:

    – er vertritt den Bund völkerrechtlich, beglaubigt diplomatische Vertreter und drückt all den Drecksäcken die Hand, denen ein normaler Mensch in die Fresse hauen würde (Art. 59 GG). Er verkündet die Feststellung des Verteidigungsfalls und gibt völkerrechtliche Erklärungen nach Beginn eines Angriffes ab.

    – er ernennt und entlässt Bundesrichter, Bundesbeamte, Offiziere und Unteroffiziere (Art. 60.1 GG)

    – er hat auf Bundesebene das Begnadigungsrecht (aber kein Amnestierecht) (Art. 60.2 GG)

    – er schlägt dem Bundestag einen Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers vor und ernennt und entlässt diesen (Art. 63.1 GG). Ausserdem löst er nach Art. 63.4 GG und Art. 68 GG den Bundestag auf. Er ernennt und entlässt Bundesminister auf Vorschlag des Bundeskanzlers (Art. 64 GG),

    – er prüft, unterschreibt und verkündet Bundesgesetze (Art. 82 GG)

  62. zu @ BvG
    was ich davon halte habe ich in Beitrag 3 geschrieben. Kurz gesagt. Das Amt abschaffen und zum Beispiel dem Bundesratspräsidenten übertragen. Schon gar wenn wir eh keinen finden

  63. Kurz gesagt: Demokratie funktioniert nicht ohne eine kontrollierte Autorität. Diese kontrollierte Autorität ist der Bundespräsident.

    Die derzeitige Diskussion erschöpft sich in Negativ-Beschreibungen dessen, was wir nicht wollen und ergeht sich in einem Hype gegen Verfehlungen.
    Es wird aber nicht formuliert, was wir wollen. Es geht letztlich um die Frage, welcher Autorität wir folgen wollen, und auch um die Frage, ob wir Autorität überhaupt akzeptieren und wie diese auszusehen hat.
    Endlich geht es um die Frage, ob wir die Autoritäten hervorbringen, denen wir folgen wollen.
    Autorität per se abzulehnen ist undemokratisch, grenzenlose Autorität zu fordern ebenso.

    Demokratie heißt, Autorität aus uns selbst hervorzubringen und dieser zu folgen.

  64. „Hätte Familie Wulff…“

    Eine weitere Unmöglichkeit, es richtig zu machen, stellt z.B. das kreditfinanzierte Haus dar. Das macht ja nun wirklich einen eher bescheidenen Eindruck… was einen der Teilnehmer hier dazu bewegte, von einer Manifestation „spießiger Verklemmtheit“ zu reden. Hätte Wulf sich hingegen eher etwas Palastähnliches gegönnt… na ja… man ahnt, was für eine Manifestation das dann gewesen wäre.

    Es ist sehr schwierig, sich das Haus vorzustellen, an dem rein gar niemand etwas auszusetzen hätte. Und das gilt eben ja nicht nur fürs Haus.

    Aber ich denke, wenn ein Präsident nur recht fleissig die Mythen und Mantras des linken Medienmainstreams reproduzierte, dann würde er wohl am glattesten durch die Amtszeit kommen. Weizsäcker hats ja vorgemacht, muß man einfach nur nachmachen. „Der Islam gehört zu Deutschland“ war ein guter Versuch, aber vieeeeeel zu wenig!!! Sowas in der Art hätte nicht vereinzelt MAL, sondern WÖCHENTLICH kommen müssen, dann hätte die jetzige Kritik wohl eine viel geringere Wucht… nicht nur zu Einwanderung, auch zu Natur, Ausbeutung Dritte Welt, Soziale Gerechtigkeit, dem allgegenwärtigen Rassismus, und all den anderen Lieblingsthemen…

    Natürlich wird wohl jeder die direkte Frage verneinen, ob er/sie einen am Medienmainstream enlanggleitenden Präsidenten will… aber so einer wird jedenfalls am ehesten in unserm Land überleben können. Was das angeht wäre Gauck übrigens ein nicht im geringsten tauglicher Präsident.

    „…So eine Lusche…“

    Es mag für manche eine absolute Nebensächlichkeit sein, für mich aber nicht… Beim nächsten Mal bitte einen Präsidenten, der zumindest nicht in der Körpersprache so oft und sehr das Devote zelebriert wie Wulff. Jemand hätte ihm sagen sollen, daß, um den Medienmainstream zu beeindrucken, das Devote nicht im Körperlichen sondern im Geistigen zum Ausdruck kommen muß… das kann und sollte dann aber sogar eher forsch vorgetragen werden und nicht in der Dackel-hat-was-verkehrt-gemacht-Haltung, wie ich sie so oft bei Wulff bemerkte… Aber vielleicht tue ich ihm Unrecht, und er müsste einfach nur mal zum Orthopäden.

  65. @wedell

    Ergänzung:

    „Was kümmert’s die Eiche, wenn sich die Sau an ihr reibt?“
    Nicht das Geringste. Es kümmert die Sau aber, wenn keine Eiche dasteht.

    Der Clou an der Sach‘ ist aber, daß das Volk kein Sau und der Präsident keine Eiche sein sollte..

  66. zu @ BvG
    Wir haben sogar schon ein Amt das daür zuständig ist die Richtlinien der Politik zu bestimmen also zu führen. Das man dafür jemand braucht ist klar aber nur eine Person, nicht mehrere die alle für ein bischen zuständig sind

  67. Es geht mir hier gar nicht mehr um den Präsidenten. Den brauche ich nicht und meinetwegen kann man dessen Funktion auch auf andere übertragen. Was ich als abstoßend empfinde, ja geradezu widerlich finde, ist die Demontage eines Menschen. Die „Enthüllungen“ werden häppchenweise lanciert, immer zur rechten Zeit. Ein zorniger (privater) Anruf wird zum Angriff auf die Pressefreiheit hoch stilisiert, eine Stiefschwester wird entdeckt, die Herr Wulf „verschwiegen“ hat,was als charakterliche Schwäche gedeutet wird usw.
    Unter investigativem Journalismus verstehe ich etwas anderes. Z.B. Verpflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft auffinden und beweisen, unseren Verfassungsschutz gründlich durchleuchten, um aufzuklären, ob er schützt, schadet oder in braune Machenschaften selbst verstrickt ist. Und das bitte mit dem gleichen Eifer! Und von unabhängigen Jornalisten erwarte ich auch, publik zu machen, welche Medien mit wem und welchen Interessen verbandelt sind.

  68. Was mich bei der Sache wundert ist die Rolle die vom der SPD dabei gespielt wird. Die kritisieren H. Wulf noch weniger ais seine eigenen Leute. Da steckt auch irgend ein Grund dahinter. Würde möglichweise ein Rücktritt nicht in die Wahlkampfplanung füe Schleswig Holstein passen? Das verhalten von H. Wulf erscheint mir auch nicht wirklich als nachvollziebar. Wenn das bisher bekannte in einem Rücktritt mündet dann ist da einzig und allein sein Krisenmanagement schuld. Da stellt sich die Frage warum ist das so? Gibt es noch mehr was wir nicht wissen?
    Oder ist das nur Dummheit häpchenweise fast nichts zu bringen.

  69. Über Wulffs Drohgebärden an die Adressen des Springer-Verlages kann man schon fast lachen. Früher hat er diese Medien gebraucht, vielleicht sogar mißbraucht. Und nun, da sich das „Blatt“ wendet, zieht er straffrechtliche Konsequenzen in Betracht? Um eine Aufklärung mysteriöser Vorteilnahmen durch ihn, dem damaligen „Landesoberhaupt“ Niedersachsens zu unterbinden?

    Er verhält sich nicht wie ein Bundes-, sondern eher wie ein Regierungspräsident Osnabrücks. So ähnlich formuliert es eine andere deutsche Tageszeitung. Sein Gegenkandidat Gauck wäre wohl definitiv der geeignetere Präsident gewesen. Was nicht ist, kann ja nun noch werden. Die Zeit dafür ist gekommen, denn nicht nur Wulff, sondern auch sein Amt nimmt Schaden.

  70. @ I. Werner

    Ja schön wär’s … Aber ich fürchte, Ihre Forderungen werden wohl weiterhin eher Wunschdenken bleiben.

    Die „Affäre Wulff“ hat doch auch wieder schön gezeigt wie mächtig die BILD ist. Die bestimmt doch scheinbar sehr maßgeblich darüber, welche Informationen überhaupt an die Öffentlichkeit dringen sollen oder dürfen. Und um „Aufklärung von Missständen“ geht es dabei ganz sicher nicht.

    Trotzdem bin ich dafür, dass Wulff abtreten sollte. Nachdem im Zuge der Enthüllungen immer mehr seiner Schwächen zu Tage getreten sind, hat er sich für das Amt des Bundespräsidenten doch als vollends ungeeignet erwiesen.
    Allerdings dürfen wir uns dann auf keinen Fall einen Wunsch-Nachfolger von der BILD aufschwatzen lassen. Denn schlimmer geht’s ja bekanntlich immer. Am besten wäre es wohl schon, wenn die Stelle im Schloss Bellevue gestrichen würde.

  71. Nur weil nun seit 60 Jahren zum ersten Mal ein Bundespräsident sich nicht untadelig verhält, sollte das Amt gestrichen werden? H.Köhler stolperte über eine Lapalie, oder eben über seine Dünnhäutigkeit. Alle anderen Vorgänger sind der würdevollen Aufgabe aber gerecht geworden. Das Amt des Bundespräsidenten hat durchaus eine Funktion- und eine Berechtigung.

    Wulffs Beziehungen zur Finanzwelt beängstigen, die Macht des Springerverlages ebenfalls. Aber dieses Skandalon sollte doch nicht zu der Abschaffung des höchsten Amtes führen? Es wird schon noch eine noble Person in diesem Staate mit 80 Mio Einwohnern zu finden sein!

    Nobel heißt hier außerdem: welcher Mensch sich so untadelig verhalten hat, dass ihm nichts vorgehalten werden kann, weder politisch noch privat.

  72. „Es wird schon noch eine noble Person in diesem Staate mit 80 Mio Einwohnern zu finden sein!“

    Ja, das denke ich auch. Solange die Kandidaten aber vorwiegend nach parteipolitischen und machtstrategischen Gesichtspunkten ausgekungelt werden, schaffen’s die wirklich „noblen Personen“ unter Umständen noch nicht mal auf die Shortlist.

  73. Ironie der Geschichte:
    Ein Scheißhausblatt wird zum Symbol der Pressefreiheit und spielt die moralische Instanz.
    Das Primat der Politik ist dahin, ab jetzt wird’s Primatenpolitik.

    Wulff sollte zurücktreten, nicht deshalb, weil er was zum Abwischen gebaut hat,
    sondern wegen der verwerflichen Werbung für ein grobes Papier.

  74. Nun also, Freiwillige vor !

    Melden sollten sich jene, die ohne Fehl und Tadel sind und die sich zutrauen, sich durch den Sumpf hindurchzuarbeiten, der hierzulande Politik heißt. Wenn sie dann immer noch ohne Fehl und Tadel sind, dann kann man sie vielleicht wählen.

    Es findet sich hoffentlich kein Freiwilliger, der sich dazu herablässt, die Krone auf einer Vogelscheuche zu werden und nur deshalb heruntergeschlagen zu werden, weil das repräsentiert, was unter ihm schimmelt.

    Die ganze Debatte ist nurmehr verlogen. Wie schon gesagt: Wenn man einen Präsident sucht, muß man zunächst was Präsentables darstellen. Zum höchsten Amt im Staate fehlt uns der entsprechende Staat. Ein Staat, den man reinen Gewissens repräsentieren kann.

    Diesmal stinkt der Fisch nicht vom Kopf her.

  75. Schön wäre auch, zu erfahren, wieviele Bürger ihre eigene Erwerbstätigkeit für moralisch unwiderlegbar gut halten.
    Waffenhersteller etwa, Energieausbeuter, Finanzjongleure, Billigwarenimporteure, Billigwarenverkäufer, Umweltverpester, Atommüllentsorger ?
    Da gehe jeder mit sich selbst in’s Gericht und entscheide, ob er denn einen moralisch reinen Präsidenten verdient hat.

    Lippenbekenntnisse allenthalben und die Suche nach einer glänzenden Gallionsfigur an einem verfaulenden Schiff.

    Wir sind nicht, was wir von unserem Präsident fordern.

  76. Nachfolgend ein Statement von Wulffs „Parteifreundin“ und Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld:

    „Die CDU-Politikerin Vera Lengsfeld hat Bundespräsident Christian Wulff wegen seines Umgangs mit der Affäre um einen Privatkredit zum Rücktritt aufgefordert. ‚Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung kann ihn nicht mehr ernst nehmen‘, sagte die einstige DDR-Bürgerrechtlerin Handelsblatt Online. ‚Es braucht keine neue Enthüllung, um sicher zu sein, dass Wulff gehen muss.‘ Jede Stunde, die sich Wulff länger an das Amt klammere, das er nie habe ausfüllen können und das er fast irreversibel geschädigt habe, schade der demokratischen Kultur. ‚Unser Bundespräsident ist endgültig zur Witzfigur geworden‘, sagte die CDU-Politikerin. SPD und Grüne sollten sich aktiv für Wulffs Ablösung einsetzen.

    Lengsfeld sprach sich zugleich für Wulffs ehemaligen Gegenkandidaten Joachim Gauck als Nachfolger aus. ‚Joachim Gauck kann dem Amt seine Würde zurückgeben‘, sagte sie. SPD und Grüne könnten nun beweisen, dass ihr Vorschlag, den früheren Chef der Stasi-Unterlagenbehörde zum Bundespräsidenten zu machen, kein parteipolitisches Manöver gewesen sei.‘ “

    http://www.fr-online.de/politik/die-affaere-wulff-medienbericht–wulff-will-im-amt-bleiben,1472596,11386940.html

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

  77. Wulff soll bleiben — Korruption ist in der Politik die Normalität!
    Also: was solls — wir wissen ja eh alle, dass Politiker korrupt sind. Bis jetzt hat er ja unabhängig davon mit seiner Frau eine gute Figur gemacht, und das ist (wie auch schon bei Guttenberg) die mediale Hauptsache.
    Alles andere sind halt korrupte Kollateralschäden, mit denen wir als Volk sowieso schon seit Jahrtausenden rechnen… Nur dumme Idioten tun jetzt so, als ob Korruption so „selten“ wäre…

  78. Die einen finden Halt in völkischen Kameradschaften (samt Ausländermorden), die anderen finden ihn in archaischen ostanatolischen/kurdischen/libanesischen/palästinensischen Clanstrukturen (samt „Ehren“morden). Denjenigen aber, die kein so schlichtes Weltbild haben, muss geholfen werden – schließlich haben elterliche und schulische und religiöse und kommerzielle und politische und mediale Unterweisung bislang keine durchschlagend überzeugenden Resultate erbracht.

    Für diejenigen, die orientierungslos durch den werte- und kulturrelativistischen Sumpf stolpern, schlage ich einen 7-köpfigen BOMBOM-Rat („Rat der BundesOberMoralisten für Bürger Ohne Moral“) vor. Seine Mitglieder werden für jeweils 3 Monate auf ihren gut dotierten (10.000 EUR/Monat?) Posten gehoben [1]. Somit haben jede Menge Leute die Gelegenheit, die Staatsknete abzugreifen und ihre Moralvorstellungen unters Volk zu bringen – das ist gerecht und somit moralisch. Die hohe Ratsmitgliederzahl und der schnelle Umschlag ermöglichen es auch, jegliche Art von Quoten und Proporzen zu berücksichtigen (siehe auch [1]). Allein das ist ja schon Ausweis der hohen Moralität dieses Rates, bekanntlich ist pluralistisch-multikulturell ein positiver Wert an sich.

    Die Ratsmitglieder müssen aktiv an jeder Talkshow des deutschen Fernsehens teilnehmen, um dort tatkräftigst ihren moralischen Zeigefinger zu heben. Ausserdem müssen sie im täglichen Wechsel das „Wort zum nächsten Tag“ – eine Art Gute-Nacht-Geschichte für Erwachsene (und Kinder) – sprechen. Also ganz modern: so eine Art public casting für „Deutschland sucht den Super-Moralisten (DSD SuMo)“.

    Natürlich wird uns jedes Ratsmitglied weismachen wollen, dass seine Moral die beste ist – schon Dario Fo schrieb: „Mamas Haschisch ist das beste!“ Allerdigs: wer von den mit all dem Moralin Übergossenen wird wohl gemerkt haben, dass die ganze Veranstaltung nur ein endloses Defilé nackter Kaiser war? Darf man hoffen, dass der eine oder andere schließlich sagen wird „Ich werde es wagen, mich meines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“? [3]

    Nach 5 Jahren darf die in Deutschland lebende Bevölkerung in einer maximal direktdemokratischen Telefonabstimmung [2] den SuMo und seine drei Stellvertreter bestimmen. Dieser wird der zukünftige Ehrenvorsitzende des BOMBOM-Rates („BOMBOM-EV“). Seine Aufgabe ist es unter anderem, die halbjährlichen Ruck-durch-die-Gesellschaft-Reden des Bundespräsidenten zu schreiben und ihn auf seinen schönen Reisen zu begleiten. Er darf auch bestimmen, ob man dem gemeinen Volk in Zukunft überhaupt noch soviel Moral zumuten kann. Und er darf sich als „SuMo auf Lebenszeit“ selbst ernennen.

    Die Einführung von LOMBOMs und KOMBOMs auf Landes- bzw. kommunaler Ebene wird dringend empfohlen.

    P.S.: GGf. nicht vergessen, die Akkus Ihres Ironiedetektors aufzuladen!

    [1] Die Auswahl trifft eine tausendköpfige Wahlversammlung, die einen repräsentativen Querschnitt durch die deutsche Bevölkerung darstellt. Die Wahlmänner und -frauen sitzen in einem Konklave so lange zusammen, bis sie sich auf die SuMo-Kandidaten geeinigt haben. Für die erste Periode von 5 Jahren (entsprechend der Amtszeit eines Bundespräsidenten) sind also 140 Kandidaten (4 Quartale à 7 Mitglieder für 5 Jahre) nebst 10% Ersatzmitgliedern zu küren. Dabei ist streng darauf zu achten, dass z.B. arbeitslose afrodeutsche Schauspieler mittleren Alters, 5-fach diskriminierte blonde brillentragende lesbische muslimische Migrantinnen der 4. Generation, ohne Helm radfahrende Arbeiterkinder mit iPod und inkontinente transsexuelle Rentnerinnen mit Spreizfuss und Zahnvollprothese ausreichend berücksichtigt werden. Die Kandidatenbestellung ist angemessen zu vergüten.

    [2] Die Abstimmung ist frei und gleich, aber nicht geheim – wer braucht schon Datenschutz? Pro Anruf sind 4,36 EUR fällig, es kann kumuliert und panaschiert werden, was das Zeug hält. Der Erlös steht dem jeweiligen Kandidaten zu. So werden für die Organisation der Abstimmung keine Steuergelder verschwendet.

    [3] Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften, so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen. Nun ist diese Gefahr zwar eben so groß nicht, denn sie würden durch einigemal Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch schüchtern und schreckt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.

    Es ist also für jeden einzelnen Menschen schwer, sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat sie sogar liebgewonnen und ist vorderhand wirklich unfähig, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, weil man ihn niemals den Versuch davon machen ließ. Satzungen und Formeln, diese mechanischen Werkzeuge eines vernünftigen Gebrauchs oder vielmehr Mißbrauchs seiner Naturgaben, sind die Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit. Wer sie auch abwürfe, würde dennoch auch über den schmalesten Graben einen nur unsicheren Sprung tun, weil er zu dergleichen freier Bewegung nicht gewöhnt ist. Daher gibt es nur wenige, denen es gelungen ist, durch eigene Bearbeitung ihres Geistes sich aus der Unmündigkeit herauszuwickeln und dennoch einen sicheren Gang zu tun.“

    Leseprobe (2. und 3. Absatz) aus:
    Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?,
    Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494
    http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

  79. Merkel und Co. sollten endlich ein Einsehen haben: der Bundespräsident muss vom Volk direkt gewählt werden! Dann werden sich die Parteispitzen endlich auch um noble Kandidaten kümmern.

  80. Hallo,
    ein Politiker, der sich mit der BILD anlegt, sich dabei ins Unrecht setzt, hat schon verloren.
    Wie der letzte, gescheiterte Rechtfertigungsversuch zeigt, hat Wulff seine aussichtslose Lage noch immer nicht erkannt.
    Er zwingt Springer geradezu, seine Mailboxtiraden offenzulegen.
    Dann wird auch Merkel handeln müssen.
    Ich wünsche mir, daß dies endlich geschieht.

  81. „Schön wäre auch, zu erfahren, wieviele Bürger ihre eigene Erwerbstätigkeit für moralisch unwiderlegbar gut halten.
    Waffenhersteller etwa, Energieausbeuter, Finanzjongleure, Billigwarenimporteure, Billigwarenverkäufer, Umweltverpester, Atommüllentsorger ?“

    Waffenhersteller, die den hiesigen gesetzlichen Vorgaben gemäß exportieren, tun mehr für den Frieden in der Welt als andere, die nur von ihm faseln und nicht mehr tun als ständig nur versichern, wie sehr sie ihn sich herbeiwünschen. Billigwarenimporteure sind Entwicklungshelfer in den vielen Ländern, die vom Know-How her noch nicht in der Lage sind, anderes als Billigwaren herzustellen. Atommüllentsorger wären auch sehr wichtig, nur wir haben leider nicht genügend davon. Finanzdienstleister erfüllen ebenfalls wichtige Funktionen, allerdings weniger wenn sie dabei „jonglieren“. Energieausbeuter ist ein wenig zu allgemein, denn die meiste Energie beutet der kleine Mann aus, und die Energie, die er nicht selber direkt in Heim und Auto ausbeutet, wird ausgebeutet, um Produkte herzustellen, die er verkonsumiert. Wie allerdings die „Umweltverpester“ in diese Positivliste möglicher Präsidentschaftskandidaten geraten sind ist mir reichlich unklar, ich persönlich würde sie da nicht sehen wollen.

    „Wulffs Beziehungen zur Finanzwelt beängstigen…“

    So schnell kann aus einer Beziehung zu einem wohlhabenden Unternehmer, der einem eine Geldsumme leiht, eine „beängstigende Beziehung zur Finanzwelt“ werden. Oder ist die Bekanntschaft mit Maschmeyer gemeint? Ach, sowas reicht schon? Und da wäre überhaupt die Frage, ob Maschmeyer die Finanzwelt repräsentiert oder eher den Aussätzigen, den auch diese Finanzwelt hat. Oder habe ich das ganz falsch verstanden und die Sonderkondition seiner Bank zeigt die „beängstigende Beziehung zur Finanzwelt“ auf?

    @Schnippsel,

    sehr gute Vorschläge, nur Wendungen wie „ihre Moralvorstellungen“ oder „seine Moral“ stören mich doch etwas. Da geht man doch ein viel zu großes Risiko ein, daß falsche Moralvorstellungen verkündet werden.

    Es sollte daher ein Gremium aus den wichtigsten Organen der vierten Gewalt (z.B. Junge Welt, taz, FR, Süddeutsche, Zeit, Freitag, Neues Deutschland usw.) eine Liste von Themen und jeweils zugehörigen inhaltlichen Vorgaben aufstellen, sozusagen ein „Grundgesetz der Moral“ (GdM). Gern können auch bewährte und hervorragende Personen aus der Mitte der Gesellschaft mitwirken, z.B. Günther Grass, Richard David Precht, Günter Wallraff usw., die in der Vergangenheit ja schon ausgiebig bewiesen haben, daß sie in Sachen BOM ausgeprägtes Expertenwissen besitzen.

    Die Aufgabe der BOMBOMs wäre dann, die Vorgaben des GdM regelmäßig zu präsentieren (wie sie vorschlugen, in TV-Talkshows o.ä. Sendungen). Es sollte kein festes Gehalt geben, sondern das Gehalt sollte variabel sein und daran bemessen werden, wie viele der Themen im Monatszeitraum transportiert wurden und wie GdM-konform die Aussagen waren. Mahnt z.B. ein BOM unsere Ausbeutung der Dritten Welt an, ergäbe das einen Gehaltsbaustein von 2500 Euro, sind die Schuldzuweisungen allerdings halbherzig oder unvollständig vorgebracht (d.h. es fehlen die entsprechenden ausführlichen Vorgaben aus dem GdM), gibts Abzüge. Zusammen mit Deutschlands Vergangenheit/Warnung vor Rechtsradikalismus (3000 Euro), Wichtigkeit von Einwanderung/Anpassung der Einheimischen (2500 Euro), Soziale Gerechtigkeit (2000 Euro), Randgruppen (Frauen, Sexuell Vielseitigere usw., 2500 Euro) könnte man so schon auf 12500 Euro kommen, wenn man bei jedem Themenkreis auch keine inhaltlichen Vorgaben auslässt und alles mit Gusto vorträgt. Wer als BOM hingegen gar nichts sagt oder eigene Vorstellungen äußert, ist erwiesenermaßen nicht geeignet fürs Amt und muß zurücktreten.

    Da es auf eine eigene Meinung hier nicht so sehr ankommt (bei Licht betrachtet, diese eigentlich in vielen Fällen eher hinderlich ist), könnte man sich auch die ganze Herumwählerei sparen und die BOMBOMs stattdessen regelmäßig auslosen. Arbeitgeber werden verpflichtet, die Ausgelosten für die Periode der Amtszeit freizustellen.

    Wer ausgelost wird und sich weigert, das Amt anzutreten, muß unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestellt werden und kann dann wenigstens dort mitarbeiten.

  82. Zunächst meinen Dank an BvG und Schnippsel für die letzten Beiträge. Je mehr ich mir die diversen Stellungnahmen, und darunter das Rufen nach einem Ober-Moralapostel namens Gauck, sowie die Empörung unseres regierungsamtlichen Empörungs-Zentralorgans BILD anschaue, desto mehr beschleicht mich Unbehagen und Übelkeit. Ja, Qui bonum? Wem würde ein Sturz von Wulff und eine Installations solcher moralischen „Instanzen“ wie Gauck nützen? Wohl eher den ganzen Plutokraten, weil damit endlich einmal das neoliberale Gesülze moralische Weihen erhielte. Gauck mag alles sein, aber gewiß kein „sozialer“ Demokrat. Ich bin auch überzeugt, daß der Wulf’sche Umgang mit solchen Parias wie Maschmeyer oder Geehrkens, also Geld-Aristokratie-Emporkömmlingen, eher mit viel Geschmäckle beim Traditions-Geldadel ankommt. Wenn man schon diesen Umgang pflegt, dann doch bitte äußerst diskret und nicht so, Verzeihung, proletenmäßig. Auch der „Genosse der Bosse“ Gerhard „Cohiba“ Schröder wurde ja eher benützt, also instrumentalisiert, siehe Hartz-Reformen und Riester-Rente, als ernst genommen.

    Ansonsten haben wir, wie auch BvG und Schnippsel schreiben, genau den Präsidenten-Darsteller, den wir verdienen: einen „würdigen“ Vertreter des deutschen Spießbürgertums, eben einen Bourgois, und keinen Citoyen. Citoyens hätten ein anderes Verhalten, auch bei Wahlen, würden andere Figuren, eher Persönlichkeiten, als Vertretung wählen, wären jenseits all der Kungeleien, Durchstechereien, Mauscheleien und würden sich nicht so mit Halbwahrheiten zusülzen, wie derzeit geschieht.

    Ein wenig Gewissenerforschung würde uns allen gut tun. Sind wir nicht alle ein wenig „Wulff“?

  83. Alice fragte die Katze: „Würdest Du mir bitte sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll?“
    Die Katze antwortete: „Das hängt zum großen Teil davon ab, wohin Du möchtest“
    „Nun ja, eigentlich ist es mir ziemlich egal.“ sagte Alice.
    Die Katze erwiderte: „Wenn du nicht weißt, wohin du willst – dann ist es auch egal, wie du weitergehst.“

    Solange jeder Dahergelaufene meint, er könne dem Amt des BP seine eigenen Vorstellungen unterjubeln, was sollte denn da eine Direktwahl des BP (fox #82) bringen? Was sollen so hohle Begriffe wie „moralische Autorität“ oder „nobel“?

    Dabei ist es ganz einfach: die Aufgaben des BP sind in den obigen, von mir genannten, Artikeln des Grundgesetzes definiert. Mehr braucht der BP nicht zu tun. In diesem Sinne ist es auch völlig egal, wer die Funktion des BP ausübt.

    Wer vom BP als Amtsträger oder Mensch mehr verlangt, als es das GG fordert, nämlich eine Vorbildfunktion auszuüben und eine moralische Instanz darzustellen, begibt sich auf einen ganz gefährlichen Pfad. Ich für meinen Teil möchte jedenfalls eine Art säkularen Gottesstaates nicht, in dem selbsternannte Moralwächter im Privatleben Dritter herumschnüffeln!

    Mir ist es, entgegen der Boulevardzeitungen und -fernsehsendungen, völlig wurscht, ob der BP nach der Erledigung seiner gesetzlichen Aufgaben anschließend zur Entspannung in den Puff geht – wie 1 Million anderer Männer es täglich tun [1] – und sich dort flagellantischen Spielen hingibt. Ich jedenfalls käme nicht in die Verlegenheit, ihm jemals dort zu begegnen, da ich derlei Etablissements nicht frequentiere.

    Die einzige Moral, die unser Staatswesen, seine Institutionen und seine Repräsentanten zu beachten haben, sind seine Gesetze – also quasi die in Gesetzesform geronnene Moral. Darüber wachen u.a. Justiz und freie Medien, aber auch jeder einzelne Bürger (naja, zumindest idealtypisch). Da sich gewisse Einstellungen mit der Zeit ändern, werden die Gesetze im Wandel der Zeiten evtl. anders ausgelegt oder gar geändert. So haben sich z.B. die Einstellungen gegen über Homosexuellen geändert. Kann man dem BP einen Gesetzesverstoß, also ein Verstoß gegen die „geronnene Moral“, vorwerfen? Soweit ich bisher weiss, kann man das nicht.

    Was mich extrem an der Wulff-Debatte stört, ist zumindest dreierlei:

    1. Gerade diejenigen stänkern gegen Wulff, die sich – vehement auch in diesem Blog – mit der Aussage hervorgetan haben,“das einzige, was man von Migranten verlangen muss, ist die Anerkennung der ersten anderthalb Dutzend Artikel des Grundgesetzes.“ Warum sollte also an einen niedersächsischen Bio-Deutschen ein strengerer Maßstab angelegt werden?

    2. Gerade diejenigen, die sich so vehement gegen eine sog. „Leitkultur“ ausgesprochen haben, fordern nun eine (christlich-jüdisch begründete?) moralische Autorität – also eine Leitfigur mit einer Leitmoral – ein. Absurder geht’s kaum.

    3. Gerade diejenigen, die lauthals „Moral!“ schreien, vergessen die täglich dutzendfach erlebbare Erfahrung, dass Moral stets mit dem Begriff „Doppelmoral“ verbunden ist. Einen Begriff „Doppelethik“ hingegen kenne ich nicht – genau das macht den Unterschied zwischen Moral und Ethik aus. Dazu habe ich mich hier im Blog in einem anderen Thread ausführlich geäußert [2].

    (4. Würde ich z.B. I.Werner #70 zustimmen, dass hiermit unmoralischen Mitteln versucht wird, Moral zu propagieren.)

    [1] Laut einer Statistik, die auf der Konferenz „Menschenhandel und Prostitution“ in Berlin veröffentlicht wurde, suchen rund eine Million Männer in Deutschland pro Tag eine Prostituierte auf. Viele der Freier sind verheiratet oder leben in einer festen Beziehung.

    [2] http://www.frblog.de/pid-abstimmung/#comment-34380 ff.

  84. @ Schnippsel u.a.

    Was soll denn der „Fall Wulff“ mit Moral zu tun haben? Weder evtl. Vorteilsnahme, Bestechlichkeit oder Vetternwirtschaft noch das Verschleiern von Wahrheiten haben etwas mit Moral zu tun, sondern mit zweifelhafter Amtsführung. Vom Einschreiten bei der Bild-Redaktion will ich mal gar nicht reden.
    Wie kann man das mit „Puffbesuchen“ in einen Topf schmeißen? Solange die nicht von guten Freunden aus der Wirtschaft bezahlt werden, sondern aus der eigenen Tasche, sind die natürlich absolute Privatsache. Wer würde denn das bestreiten wollen?
    Ein Bundespräsident, der ja immerhin auch als „Wertevermittler“ vor das Volk treten soll, muss glaubwürdig sein und dass ist Christian Wulff nach den Enthüllungen und seinem Umgang mit den Vorwürfen eben nicht mehr.

    Ich fand den heutigen Leitarteikel in der FR, „Amt ohne Autorität“ sehr gut und sehr treffend formuliert. Besonders die folgenden beiden Abschnitte sollten sich einige mal durch den Kopf gehen lassen:

    „Es geht nicht um eine Person mit übermenschlichen Qualitäten, keinen neuen Kaiser und keinen starken Mann. Es geht um eine Persönlichkeit mit eigener Autorität, die sich nicht hinter irgendeiner sogenannten Würde des Amtes verschanzt, sondern dem Amt die Würde der eigenen Person gibt. Und daran mangelt es Wulff.
    Sein Thema müsste, wie er selber sagt, die Glaubwürdigkeit sein, mit der die Politik an die Lösung unserer Probleme geht. Die Transparenz, mit der sie agiert oder eben auch nicht. Der Zusammenhalt einer Gesellschaft, die immer stärker auseinanderdriftet. Wie aber soll das einer tun, der seine eigene Glaubwürdigkeit so beschädigt hat? Der von Transparenz redet, aber verschleiert und verschwiegen hat? Dem das private Schnäppchen wichtiger war als die Distanz zu fragwürdigen Beziehungen?“

    Na, fällt der Groschen endlich, worum es bei der Causa Wulff geht?

  85. Das ist die Frage, wie das mit dem „soll überwiegend repräsentieren“ genau gemeint ist.

    Im Ausland ist das klar, bei seinen Staatsbesuchen soll der BP die BR repräsentieren. Da die verbreitete Medienmeinung die ist, daß das Ausland sich nicht besonders für den gegenwärtigen hiesigen Skandal interessiert, und sich das auch mit meinen (zugegebenermaßen punktuellen) Beobachtungen deckt, scheint hier also kein großer Schaden entstanden zu sein. Kein Staatsoberhaupt eines anderen Landes wird sich künftig die Hände abwischen, nur weil er Wulffs selbige geschüttelt hat. Es scheint sogar Länder zu geben, in denen die Menschen unsere Probleme mit Wullf nicht nur für übertrieben halten, sondern gar nicht verstehen. Und ich meine damit nicht Nord-Korea. Wullfs Möglichkeiten, die BR in der Welt- Sphäre außerhalb der BR selber angemessen zu repräsentieren, scheinen mir also kaum beschädigt.

    Aber im Inland ist es schon komplizierter mit dem „Repräsentieren“. Der BP soll auch gegenüber dem eignen Volk die BR repräsentieren… aber was heißt das genau? Soll er die BR so repräsentieren, wie sie ist, d.h. mit all ihren Widersprüchen im Realen? Oder soll er eher ein Ideal repräsentieren, die BR als freiheitlich-demokratisch-sozialen Rechtsstaat, der als abstraktes Konglomerat von Werten (Gesetzen) erstmal unabhängig von seiner realen Ausgestaltung besteht?

    Die bisher übliche, und auch weiterhin offizielle Auffassung war ja die Letztere. Hier im Blog und anderswo scheint eine Tendenz aufzukommen, das Repräsentieren aber eben doch anders zu verstehen… übertrieben ausgedrückt, ein Volk von Halbaffen müsste demnach also z.B. von einem Halbaffen im Präsidentenamt repräsentiert werden. Das ist aber falsch, für solcherart Repräsentation, also einer Repräsentation in eine umgekehrte Richtung, ist der Bundestag vorgesehen, und damit letzten Endes der Bundeskanzler.

    Meine spontane Reaktion angesichts dieser Tendenz der Umdeutung war zunächst eher positiv. Da ich ein optimistischer Mensch bin, finde ich es immer gut, wenn man angesichts einer weniger als perfekten Realität immer noch das Positive finden will… also, als Repräsentant eines Ideals taugt er nix, der Wulff, aber immerhin dafür, uns vor Augen zu führen, in welchem Land wir leben.

    Aber ist das so? Repräsentiert Wulff das reale Land, als Mensch die Menschen, als Politiker die Politiker?

    Das tut er natürlich NICHT. Schnell merkt man, daß überwiegend ausgerechnet diejenigen, die die bundesrepublikanische Realität ständig schlechtreden, egal auf welchem Niveau (ob stammtischartig a la „Sind doch alle korrupt, da oben“… oder etwas weniger plakativ), die scheinbar alle Nachrichten auf Katastrophenstimmunggeeignetes abscannen, um die passenden Fundstücke dann hier und anderswo entsprechend zu belamentieren (und die unpassenden unter den Tisch fallen zu lassen), jetzt Wulff hernehmen als prototypischen Fall, der uns Bände erzählen kann darüber, wie katastrophal es nun mal in unserm Land zugeht. Der hier gebrachte Link auf die „Nachdenkseiten“, deren oberstes Gebot das Schlechtreden der BRD zu sein scheint (solange es sich nicht auf die gesetzliche Rentenversicherung bezieht) ist für diese pars-pro-toto-Strategie in Sachen Wulff ein gutes Beispiel, und findet bei entsprechend veranlagten Menschen natürlich weit offene Ohren.

    Ich halte das für Propaganda. Die außerpolitische Realität in unserm Land ist so vielfältig, daß eine einzelne Person gar nicht symptomatisch für „alles andere“ stehen kann. Und was die politische Realität angeht, so halte ich auch die für vielfältiger, als daß ein einzelner Fall sie auch nur annähernd prototypisch wiedergeben kann, nach dem Motto: Irgendeinen Maschmeyer wird doch jeder Politiker kennen, das beweist doch der Fall Wullf…

    „Wulff ein Spießbürger? Tja, zeigt doch, was für Spießbürger „wir alle“ doch sind (mindestens jedenfalls „ein wenig“, was auch immer das heißt)!“ ist eine ähnlich gelagerte Aussage.

  86. Ich bin der FR ausserordentlich dankbar, dass sie in der heutigen Printausgabe einen Leserbrief eines „Robin Fermann aus Bielefeld“ abgedruckt hat, der zeigt, zu welchen Aberwitzigkeiten der menschliche Geist fähig ist.

    Unter der Überschrift Wulff passt den Islamfeinden nicht“ schreibt der Mann:

    „Die Äußerung des Bundespräsidenten passte den Islamfeinden schon damals nicht. Weil sie ihn nicht direkt angreifen konnten, versuchen sie jetzt, ihre Wut auf einer anderen Ebene loszuwerden.“ und er endet mit dem Satz „Es gibt eine aus Islamfeinden bestehende Mafia, die die Presse beeinflussen kann.“ Aha, Thilo Sarrazin hat also zur Hatz auf den Bundespräsidenten geblasen, könnte man meinen.

    Dem Manne kann geholfen werden, denn Wulff kann man sehr wohl direkt, und zwar politisch, angreifen.

    Wulffs Rede zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung [1] enthielt den provozierenden Satz „Inzwischen gehört auch der Islam zu Deutschland“. Begründet wird dies mit der simplen Tatsache, dass in der BRD eine große Anzahl von Moslems lebt. Was Wulff etwas verklausulierter formuliert hatte, stellt Julia Klöckner [2] in bewundernswerter Schlichtheit so dar:

    „Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner versucht, die Debatte um die Äußerungen von Bundespräsident Christian Wulff zum Islam zu entschärfen. „Natürlich gehört der Islam zu Deutschland“, sagte Klöckner am Mittwoch im „SWR2-Tagesgespräch“. Das merke man schon alleine daran, dass Millionen von muslimischen Gläubigen in Deutschland lebten und arbeiteten.“ [3]

    Die geistige Schlichtheit der Argumentation, derer sich auch Wulff befleissigt, ist kaum zu unterbieten. Wie wäre es, wenn Wulff angesichts der Morde der Zwickauer Terrorzelle in seiner Weihnachtsansprache 2011 gesagt hätte:

    „Natürlich gehören Ehrenmorde zu Deutschland. Das merkt man schon allein daran, dass hierzulande seit der Wende über 150 Menschen aus ehrenmörderischer Gesinnung umgebracht wurden. Und natürlich gehört der Rechtsextremismus zu Deutschland. Das merkt man schon allein daran, dass hierzulande Zehntausende leben und arbeiten, die einer rechtsextremen Ideologie anhängen.“ Hui, da hätte es aber ein Heulen und Zähneknirschen gegeben!

    Da Wulff es nicht gesagt hat, ist er entweder auf einem Auge blind, oder er frönt der gängigen Doppelmoral oder er ist zu feige, es auszusprechen, oder, oder, oder. Alle derartigen Erklärungen jedenfalls qualifizieren ihn nicht zum Bundespräsidenten.

    Sicherlich werden die geneigten Blog-Leser weitere zutreffende Beispiele finden, wenn sie im folgenden Satz den Platzhalter [X] mit einem Begriff ihrer Wahl ersetzen.

    „Natürlich gehört [X] zu Deutschland. Das merkt man schon allein daran, dass hierzulande Zehntausende leben und arbeiten, die [X] anhängen (die [X] benutzen, die von [X] betroffen sind, die mit [X] infiziert sind, die [X] für wahr halten, die [X] betreiben usw.).“

    Substitute für [X] könnten z.B. „Scientology“, „Astrologie“, „Junk Food“, „Gangsta Rap“, „Verzehr von Froschschenkeln“, „Vergewaltigungen“, „Kindesmißbrauch“, „Fußpilz“, „Komasaufen“ oder was auch immer sein.

    Der Leserbriefschreiber hat insofern recht, dass den sog. „Islamhassern“ Wulff – zu Recht – nicht passt. Allerdings sind sie bisher zu schwach, um einen Bundespräsidenten stürzen zu können. Wären sie wirklich so stark, dann wäre die BRD eine andere – ob eine bessere oder schlechtere kommt auf den Blickwinkel an.

    [1] Im Wortlaut nachzulesen unter
    http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Christian-Wulff/Reden/2010/10/20101003_Rede.html

    [2] Auf dem 23. Parteitag der CDU in Karlsruhe wurde Julia Klöckner am 15. November 2010 mit 94,43% der Stimmen in das CDU-Präsidium gewählt.

    [3] Debatte um Wulff-Äußerung zum Islam – Klöckner: Islam gehört zu Deutschland, aber…, Stern vom 06.10.2010
    http://www.stern.de/politik/deutschland/debatte-um-wulff-aeusserung-zum-islam-kloeckner-islam-gehoert-zu-deutschland-aber-1611048.html

  87. Mit seinem Mailboxanruf, dessen Veröffentlichung C. Wulff der Bild-Zeitung untersagt, hat er sich auf Gedeih und Verderb von den Machern der Bild-Zeitung nicht nur abhängig sondern auch erpressbar gemacht. Seine Angst vor dieser Leiche im Keller der Bild-Zeitung wird sein ständiger Begleiter bei künftigen Amtshandlungen sein. Seit gestern zappelt er an der Leine von K. Diekmann wie der Fisch am Haken des Anglers. Für Integrität bleibt ihm nur noch wenig Luft.

  88. Köhler hat damals genau die richtige Frage gestellt „Wie glaubt ihr mit diesem Amt umgehen zu dürfen?“
    Er hätte aber nicht zurücktreten sollen, sondern diese Frage zur Kernfrage seiner restlichen Amtszeit machen sollen.

    Es war schon lange an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen und er hätte diesen Prozeß sehr viel freier begleiten können, als jeder andere Präsident.
    Nunmehr ist es so gekommen, daß ein neuer Präsident herangezogen wurde, der einfach nur verpflichtet wurde.
    Er kann einen solchen Reflexionsprozeß, der vielleicht sogar zu einer Verfassungsänderung geführt hätte, überhaupt nicht gestalten.

    Ich glaube die Medien tun sich und uns keinen Gefallen, wenn sie sich momentan in ihrer Macht so gefallen, daß sie Präsidenten zum Rücktritt zwingen wollen. Aus meiner Sicht spielen sie die Rating-Agenturen der Öffentlichkeit und produzieren bloss ein übereiltes Krisenmanagement, das keines mehr ist.
    Der Umgang mit Amt und Amtsinhaber ist längst unwürdig geworden, aber jene, die ihren Spaß daran haben, würden sich schwer tun, das demontierte Amt durch etwas gleichwertiges zu ersetzen.

    Die leichtfertige Jagd nach der nächsten geilen Nachricht wird zur Gefahr für die Demokratie, und was undemokratische System zuerst verschlingen , ist die Presse selbst.
    Die sogenannte vierte Gewalt ist ohne die anderen drei wertlos und wehrlos.

    Ich würde es für sinnvoll halten, wenn Wulff die Rolle des Lückenbüßers uneingeschränkt akzeptieren würde und jetzt einen Vorstoß machen würde, vernünftig über den Sinn und Zweck des Amtes zu reden, dessen Inhalt und Grenzen und die Grenzen seiner Kritisierbarkeit.
    Ich würde es für sinnvoll halten, wenn die FR ein kräftiges Wörtchen mitredet.
    ___________

    Stephan Hebel, ich bitte um Antwort.

  89. „Seit gestern zappelt er an der Leine von K. Diekmann“

    Tja, ist Wulff nun gerissen oder nicht? In der Verweigerung der Veröffentlichungserlaubnis schreibt Wulff am Ende den Schlüsselsatz:

    „Das habe ich nach meiner Erinnerung auf der Mailbox-Nachricht trotz meiner emotionalen Erregung auch zum Ausdruck gebracht.“

    Das „Das“ bezieht sich darauf, daß Wulff „keinen ersichtlichen Grund“ sah, „warum die Bild nicht noch einen (weiteren) Tag mit der Veröffentlichung warten konnte (bis zur Rückkehr Wulffs aus dem Ausland, damit er dann nochmal mit der Bild darüber reden konnte), wo die erfragten Vorgänge schon Jahre, zum Teil Jahrzehnte zurückliegen.“

    Mir fällt da neben genereller sprachlicher Holprigkeit die Wendung „aus meiner Erinnerung“ auf. Im gestrigen Interview klang das anders, „aus meiner Erinnerung“ fehlte, sondern Wulff war sich sicher. Bereitet Wulff hier die Verteidigung für den Fall vor, daß es zu einem Durchsickern des Mitschnitts kommt? Nach dem Motto… na, meine Erinnerung hat mich halt getäuscht. Wer sich vorstellt, daß eine solche Verteidigung dann halbwegs funktionieren würde, ist jedenfalls nicht gerissen, sondern muß schon extrem dreist sein. Ich glaube, das passende Wort ist „dummdreist“. Das plötzliche Auftauchen des „aus meiner Erinnerung“ ist jedenfalls merkwürdig.

    Weiter verstehe ich immer noch nicht ganz, wofür sich Wulff denn überhaupt bei Diekmann entschuldigt hat. Für die Nachricht auf der Mailbox, ja, ja, schon klar. Aber nicht für jede Nachricht, die man Kai Diekmann auf die Mailbox spricht, muß man sich entschuldigen. Z.B. müsste sich Wulff meines Erachtens nicht im Geringsten dafür entschuldigen, wenn er lediglich, wie er behauptet, um eine Verschiebung einer ihn betreffenden Zeitungsveröffentlichung um einen Tag gebeten hatte. Auch dann müsste er sich nicht entschuldigen, wenn er, wie von ihm behauptet, sein völliges Unverständnis darüber ausdrückte, daß diese Verschiebung nicht möglich war. Ebenfalls wäre m.E. keine Entschuldigung nötig, wenn sowohl Bitte wie auch Unverständnis „emotional erregt“ geäußert worden waren (jedenfalls nicht, solange noch ein Modikum an Umgangsform beachtet wurde).

    Die von Wulff zugestandenen Gesprächsinhalte geben jedenfalls nicht den geringsten Anlaß, sich entschuldigen zu müssen, finde ich.

    Gerade bei der Berichterstattung der Bild-Zeitung würde man sich doch häufiger wünschen, daß ihre Objekte eine Chance bekämen, ihre Auffassungen zum Berichteten wenn nicht der Allgemeinheit, so doch wenigstens dem betreffenden Bild-Redakteur zur Kenntnis zu bringen. In vielen Fällen hälfe das auch den Redakteuren, die dann manches nicht mehr erraten oder erfinden müssten. Jedenfalls erwarte ich von jenen, die eine Anhörung bei der Bild einfordern oder sich aufregen, wenn ihnen eine solche Anhörung verweigert wird, keine Entschuldigung dafür, daß sie das tun. Schon gar nicht würde ich diese Einforderung der Anhörung als schändlichen Versuch denunzieren, „die Berichterstattung beeinflussen zu wollen“. Wenn jegliche Stellungnahme von Betroffenen gegenüber den Redakteuren, die sich anschicken, von etwas zu berichten, als Beeinflussung der Berichterstattung angesehen würde, dann müsste journalistische Recherche die Anhörung Betroffener grundsätzlich ausschließen… was völlig absurd wäre. Die Zeitungs-Redakteure sind doch, sollte man meinen, denkende Menschen, die das jeweils Erfahrene auch einordnen können sollten.

    Es gibt also zweierlei Beeinflussung der Berichterstattung:

    Die Gute, die die Berichterstattung nicht unterbinden will… man will nur als Betroffener vor Drucksetzung angehört werden… auch wenn das Verzögerungen für den Verlag bedeutet oder Reisekosten oder andere Umständlichkeiten…

    Die Schlechte, die die Berichterstattung unterbinden will… „Wenn Sie das bringen, können Sie was erleben…“

    Für „die Gute“ muß man sich doch nicht entschuldigen.

    Wofür genau hat sich denn Wulff dann entschuldigt?

    Es ist nicht schmeichelhaft für Schausten und Deppendorf, wenn man konstatieren muß, daß ihnen angesichts unerwarteter Aussagen keine unvorbereiteten Fragen einfallen, egal wie sinnvoll die sein mögen. Daß die vor der Sendung als sinnvoll erachteten Fragen aber fehlerfrei von Zetteln abgelesen werden konnten kann dieses Manko nur ungenügend ausgleichen.

  90. Titel schützt vor Torheit nicht! Ein Professor, Aufsichtsratsvorsitzender einer Mediengruppe, die sich nach eigener Einschätzung dem Qualitätsjournalismus verschrieben [1] hat, nämlich Herr Alfred Neven DuMont, sondert einen gar absonderlichen [1] Leitartikel ab. Er schlägt eine Grundgesetzänderung vor, nach welcher der Bundespräsident per Direktwahl vom Volk zu wählen sei. (Auch fox #82 ist dieser Meinung).

    Geht’s noch, werter Herr?! In Anlehnung an Herbert Wehners verbalen Angriff auf Willy Brandt („Der Herr badet gerne lau“) frage ich mich und hiermit Sie: haben Sie zu heiss gebadet?!

    1. Mein obiges Zitat aus Alice im Wunderland sollte ein Hinweis darauf sein, dass zunächst einmal festgelegt werden müsste, mit welchen neuen Inhalten die Funktion des BP ausgefüllt werden müsste, wenn man über seine – ebenfalls weiter oben von mir aufgeführten – grundgesetzlichen Aufgaben tatsächlich hinausgehen wollte.

    Wer soll diese Inhalte festlegen und in welchem Verfahren? Soll der BP künftig – in einer neu definierten Rolle als Repräsentant des Volkes und nicht des Staates – in seinen Reden einfach die Ergebnisse von Befragungen wiedergeben? Unter uns gesagt: wäre das nicht populistisch?

    2. Bei den bisherigen Repräsentanten des Volkes („Volksvertreter“ = Abgeordnete) stehen drei Dinge im Widerspruch:

    – die Wahlversprechen gegenüber den Wählern als Wählerauftrag, also eine Art imperatives Mandat der Wähler
    – die grundgesetzlich definierte Gewissensfreiheit der Abgeordneten, nach der sie dem Wählerwillen völlig konträre Positionen einnehmen können
    – die Bindung an eine Partei mit einem grundgesetzwidrigen imparativen Mandat der Parteien („Fraktionszwang“)

    Wie stellen Sie sich die Auflösung dieser Widersprüchlichkeiten im Amt eines BP vor?

    3. All denjenigen, die das Grundgesetz bzw. Teile davon in seiner jetzigen Form in Frage stellen, werfen Sie in Ihren Zeitungen vor, in mehr oder minder scharfer Form Verfassungsfeinde zu sein. Und nun wollen Sie selber am GG rumfummeln?

    Zu Schicksalsfragen der BRD wurde das Volk nicht gefragt, ich nenne nur zwei Beispiele: keine Volksabstimmung über die EU-Verträge oder die Einführung des Euro und keine Erarbeitung einer neuen Verfassung im Zuge der Wiedervereinigung. Und Sie kommen mit einer derartig eigenartigen Symbolpolitik daher, weil ein Mensch von langjährigen Freunden seiner Familie ein privates Darlehen angenommen hat. Wegen derlei Lapalien das GG ändern zu wollen, halte ich nicht nur für eine geschmackliche Verirrung.

    4. Ihnen ist bewusst, dass es zu einer GG-Änderung eine 2/3-Mehrheit im Bundestag braucht. Auf die Kampagne, die diese Mehrheit herstellen soll, bin ich jetzt schon gespannt!

    5. Nachdem die Inhalte des Amtes geklärt sind und das GG geändert ist, geht es an die Kandidatenaufstellung.

    Wer soll diese aufstellen? Und wie soll das geschehen? (Lesen Sie meine Glosse oben und Max Wedells Vorschlag noch einmal.) Die BLÖD-Zeitung ist ja angeblich in der Lage, einen BP zu stürzen. Meinen Sie nicht, dass sie dann auch in der Lage wäre, einen Kandidaten ihrer Wahl ins Amt zu hieven? Wieviele KandidatInnen sollte/dürfte es denn eigentlich geben?

    Wenn’s nach der Stimme des Volkes ginge, wären der Dauerschwätzer Jauch oder der stadionfüllende Mario Barth die idealen Kandidaten. Oder Cindy aus Marzahn. Oder Thilo Sarrazin. Halten Sie unter diesen Voraussetzungen Ihren Vorschlag wirklich noch für intelligent?

    6. Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie die Wahl des BP dann tatsächlich ablaufen soll?

    Um in irgendeiner Weise glaubwürdig „das Volk“ repräsentieren zu können, müsste der Kandidat nach meiner Vorstellung eine deutliche (2/3 ?) Mehrheit der Stimmberechtigten hinter sich scharen. Oder würden Sie sich mit einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen begnügen wollen? Haben Sie aus der S21-Abstimmung irgend etwas gelernt? Kennen Sie den Begriff des Quorums? Wenn der BP-Kandidat das Quorum im ersten Wahlgang nicht erreicht: wie viele weitere Wahlgänge soll es geben? Wären drei, wie im Fall von Wulffs Wahl, genug? Muss man dann dreimal innerhalb einer Woche (eines Monats?) zu Wahl gehen?

    Hätte ein BP, der im letzten Wahlgang 50,1% der abgegebenen Stimmen (bei einer mageren Wahlbeteiligung von z.B. 40%) erreicht, die nötige Glaubwürdigkeit, um als moralische Autorität agieren zu können?

    7. Wenn dem Volk die Direktwahl des BP überlassen wird, wird ihm dann auch die Direktabwahl zugestanden? Sollte der BP abgewählt werden, weil er beim Popeln in der Öffentlichkeit und dem Fressen seines Popels (denken Sie an den italienischen Bunga-Bunga-Typ. Wie hiess der doch gleich?) von einem Leserreporter fotografiert wurde? Wenn der höchste Repräsentant des Volkes sowas macht, ist er doch nicht mehr tragbar! Kein ausländisches Staatsoberhaupt wollte ihm doch künftig seine Popelpranke schütteln wollen.

    Werter Herr Neven DuMont, Ihren zielführenden Vorschlägen, die möglichst auch auf meine Überlegungen eingehen, sehe ich erwartungsvoll entgegen. Statt durch wohlfeile Phrasen könnten sich die Druckerzeugnisse aus Ihren Häusern durch ein sachlich fundiertes und verwirklichbares Ideenfeuerwerk profilieren. Gerne in einem weiteren „Leit“artikel, der dann hoffentlich mehr Substanz ausweist als Ihr jetziger.

    Mit freundlichem Gruß!

    [1] Vorsicht Wortspiel!

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