Eine Insektenoase in der Innenstadtwüste (14)

Was tun für Insekten? FR-Blogger Bronski baut seinen Garten um und berichtet darüber hier im FR-Blog. Kräuter, heimische Blühpflanzen, Totholz – man braucht nicht viel Platz. Heute Teil 14 der Serie: Wir brauchen ein Netzwerk. Wollen Sie daran mitwirken? Mailen Sie mir, schreiben Sie mir über die Kommentarfunktion – siehe unten – und berichten Sie über eigene Erfahrungen in Sachen insektengerechter Garten. Schicken Sie mir Bilder, die ich hier im FR-Blog für Sie veröffentlichen kann. Treten Sie ein in einen Erfahrungsaustausch, den wir dann auch in die FR tragen können! Ein einzelner Garten, der insektenfreundlich gestaltet wird, bringt wenig, aber viele Gärten, die an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden, sind gewiss hilfreich. In der Summe können wir bestimmt etwas bewirken.

Denn der eigentlich private Garten wird in unseren Zeiten zum Politikum! Durch die Art und Weise, wie wir Menschen wirtschaften, Räume „kultivieren“ und Gifte einsetzen, machen wir den Insekten das Über leben schwer. Zugleich brauchen wir sie unbedingt! Das Bild von dem Ast, auf dem wir sitzen, ist hier durchaus angebracht. Sonderbar, dass wir an diesem Ast sägen, obwohl wir es besser wissen, oder? Aber die/der Einzelne allein kann nicht viel tun. Erst zusammen wird eine Macht daraus. Daher gilt:

Wir brauchen ein Netzwerk

Ich habe meinen Garten insektenfreundlich umgebaut. Es zeigt sich bereits: Das Werk ist nicht perfekt, ich kann noch mehr tun. Ich befinde mich in einem Lernprozess und bin offen für Tipps, Ratschläge und Expertise. Aber was da entstanden ist, ist mindestens ein guter Anfang. Hier habe ich zwei Bilder für Sie, aufgenommen im Abstand von zwei Monaten (am 13.4. und 11.6.2021), die meinen Offenbacher Innenstadtgarten zeigen:

zwei monate 2In diesen paar Wochen haben wir eine Menge gelernt. Nehmen wir nur mal die Gelbblüher auf dem Bild links, Forsythie und Ranunkelstrauch: Insekten interessieren sich kaum dafür. Insbesondere die gefüllten Blüten des Ranunkelstrauchs lassen sie kalt. Wir werden den Busch also wohl entfernen. Aber so werden wir nicht mit allen Pflanzen verfahren, die mein Mann und ich 2010 mit dem Kauf dieses Hauses in Offenbach übernommen haben. Wir wollen vielmehr versuchen, einen guten Kompromiss hinzubekommen zwischen den Bedürfnissen der Insekten und unserem Wunsch, was Schönes zu sehen zu bekommen. Was sich allerdings oft genug überhaupt nicht gegenseitig ausschließt. Schauen Sie hier:

Schönes Bild, nicht wahr? Das ist eine ganz gewöhnliche Kornblume, die wir im Frühjahr im Garten ausgesät haben, und die Biene, die wir da zu sehen bekommen, dürfte eine Binnensandbiene sein. Diese Wildbienenart lebt nicht in Stöcken und bildet keine Staaten, sondern ist einzelgängerisch und nistet im Boden. Sie ist deutlich größer als eine Honigbiene.

Das Bild dokumentiert auch einen Bewusstseinswandel. Was früher – vor allem in den Augen von Landwirten – ein lästiges Unkraut war, ist nun in seiner Bedeutung viel besser erkannt, denn Kornblumen liefern guten Nektar für alle möglichen Bestäuber und sind daher ein wichtiger Nahrungslieferant für Insekten. Inzwischen sieht man die Kornblume wieder häufiger an Feldrändern, als wären die Produzenten von Getreide-Saatgut gnädiger als früher.

Inzwischen blüht noch viel, viel mehr in Bronskis Garten, und mein Eindruck ist, dass das Werk insgesamt auf einem guten Weg ist. Zumal ich beobachten kann, dass verschiedene Blüten von verschiedenen Insekten angesteuert werden. Ich habe dicke Hummeln beobachtet und winzige Käfer, und vor allem setze ich viel Hoffnung auf Pflanzen wie diese hier:

Salbei. Eine alte Kulturpflanze, die zum Würzen, aber auch als Heilpflanze eingesetzt wurde und wird. Mit Muskatellersalbei (links) kann man Wein „aufhübschen“. Es gibt weltweit mehr als 900 Salbei-Sorten, von denen einige wie die hier rechts auch als Zierpflanzen gehegt werden. Dieser Ziersalbei zieht ebenfalls Insekten an und ist insbesondere in größeren Gruppen auch sehr dekorativ, erfüllt also beide Kriterien, die in meinem Garten wichtig sind: Er dient Insekten und erfreut das Auge. Ich werde versuchen, am Ende der Blühsaison Samen zu nehmen und die Salbei-Gruppe zu vergrößern. Beim Muskateller-Salbei verbietet sich das aus offensichtlichen Gründen: Er wird ohnehin schon groß und breit genug. Ich bin ja durchaus überrascht, dass er bereits im ersten Jahr blüht; ich war darauf eingestellt, dass er erst im kommenden Jahr richtig loslegt. Er ist eigentlich zweijährig. Aber ich werde mich nicht beschweren. Samen kann ich natürlich trotzdem zu gewinnen versuchen, auch dieses Jahr schon. Wenn jemand welche haben möchte – bitte Mail.

Nun hab ich noch zwei Fotos für Sie, mit denen ich Ihnen, wie ich gern dazu sage, was „aufs Auge“ geben möchte: echte Hingucker. Fettblattgewächse sind keineswegs nur für Steingärten geeignet. Die Pflanzengattung Sedum umfasst mehr als 400 Arten. Man kennt sie auch unter dem Namen „Fette Henne“. Es wäre mal interessant zu versuchen herauszufinden, woher dieser Name kommt. Aber für den Moment ist wichtig, dass diese Biene die Blüten einer schönen, polsterbildenden Sedum-Art plündert. Es handelt sich wohl ebenfalls um eine Sandbienenart.

 

 

 

Insekten sind aber keineswegs allesamt Sympathieträger. Das Verhältnis vieler Zeitgenossen zu ihnen ist durchaus gespalten. Insekten krabbeln, Insekten stechen, manche sind sogar wirklich gefährlich, vor allem für Allergiker:innen. Damit sind wir bei den Wespen. Die können wirklich lästig werden. Anders als Bienen können sie mehrfach stechen. Es ist also am besten, sie nicht zu reizen. Allerdings schlägt man mittlerweile ja grundsätzlich nicht mehr nach Tieren, auch wenn man vielleicht nicht erkennt, welchen Sinn oder Nutzen sie haben. Sinn und Nutzen von Tieren – darüber müssen wir gelegentlich noch mal reden. Jedenfalls haben auch Wespen ihren Platz in der Biosphäre dieses Planeten, denn sonst gäbe es sie nicht. Und daher ist es nur folgerichtig, dass sie auch in Bronskis Garten auftauchen.

Ich habe – Sie erinnern sich! – vor vielen Wochen einen Menhir aufgestellt und auf den Namen Auguste Viktoria getauft in Anlehnung an die letzte deutsche Kaiserin. Die war dafür bekannt, der Mode jener Zeit entsprechend riesige Wagenräder als Hüte zu tragen. Darum haben mein Mann und ich unsere Auguste Viktoria mit einem Vogelbad gekrönt, das zugleich als Insektentränke dient. (Zur Geschichte von Auguste Viktoria gibt es hier mehr zu lesen.) Im Innern des „Hutes“ liegt Schotter, an dem Insekten sich festhalten können und der von Wasser umspült ist. Amseln, Spatzen und Meisen nutzen diese Tränke ebenso wie Insekten – und wie hier eine Wespe. Ein ziemlich großes Exemplar. Vielleicht eine Königin? Oder gar eine Hornisse? Die Tüpfel auf dem Hinterleib scheinen sie als zur Art „Deutsche Wespe“ gehörend zu identifizieren.

Na dann: Wohl bekomm’s!

Weiter geht’s in einer Woche an dieser Stelle.

Naoned!

Ihr Bronski

Teil 13 / Teil 15

Rechte an allen Bildern: Lutz „Bronski“ Büge
Startseite des Gartenprojekts

***

Worldometer  +++ SafetyDetectives

Balken 4

Verwandte Themen

9 Kommentare zu “Eine Insektenoase in der Innenstadtwüste (14)

  1. Ich bin auch seit Jahren dabei, für unseren Garten immer wieder nach insektenfreundlichen Pflanzen zu suchen. Im Moment sind folgende Blüten beliebt: Klatsch- und Schlafmohn, Kornblume, Österreichischer Ehrenpreis (Artengruppe) (Veronica austriaca agg.), Winterheckezwiebeln, Sonnenröschen, Echter Salbei (Salvia officinalis)

  2. Hallo Bronski,
    die Kornblume heute in der FR ist hier seit Jahren verschwunden, zumindest an Feldrändern. In „Was blühten da“ wird sie als selten beschrieben, stark zurückgegangen. Vor Jahren habe ich auch einmal Wildblumensamen gekauft, da gab es auch Kornblumen, aber nicht nur blau sondern auch weiß und rosafarben. Der übliche Gärtnermist. Wirklich vernünftige Wildblumensamen scheint es wohl nicht zu geben, es ist immer alles mögliche, auch Zuchtgemäß verändert, ein graus.
    Etwas anderes ist mir aufgefallen. Seit dem vergangenen Jahr gibt es an Feldrändern Klatschmohn und Kamille, in großen Mengen. Da, wo vorher gar nichts war. Normalerweise ist dies die Primärflora da, wo vorher nackter Boden war, also nach Baustellen oder so. Das ist aber hier an den Feldrändern nicht der Fall. Da scheint mit der Agrarchemie etwas schief gelaufen zu sein, oder wissen sie mehr ?
    Sie schreiben, die Kornblume blüht derzeit überall an den Feldrändern, bei uns gibt keine einzige weit und breit.

  3. Hallo Herr Winter,
    bei meinen Radtouren durch das Gebiet südlich von Offenbach, zwischen Darmstadt, Langen, Seligenstadt und Hanau, habe ich überall Kornblumen in großer Zahl gesehen, ganze Wolken davon. Ebenso Mohn und Kamille. Auch ich war eigentlich des Glaubens, dass die Kornblume selten geworden ist, aber der Augenschein lehrt das Gegenteil – zumindest in dem beschriebenen Gebiet.
    Und was den „Gärtnermist“ betrifft: Am besten für Insekten sind natürliche Blüten. Sie interessieren sich nicht für gefüllte Blüten. Warum? Die zusätzlichen Blütenblätter, die das menschliche Auge so erfreuen, gehen auf Kosten der Furchtbarkeit der Pflanzen und ihrer Nektarproduktion, denn diese Blütenblätter werden aus den Staubgefäßen der Blüten gezüchtet. Manche gefüllten Blüten haben gar keine Staubgefäße mehr, sie sind steril und erfüllen keinerlei natürlichen Zweck mehr.
    Das Bild zeigt ein Motiv aus meinem Garten; da blühen die Kornblumen nun seit etwa drei Wochen ununterbrochen.

  4. Hallo Bronski,
    Verschwörungstheorie: Da fährt ein Vertreter von Herrn Rukwied durch die Gegend und streut die Samen aus ? Bei uns war der Kornblumensamen dann wohl schon alle. Alles sehr merkwürdig.
    Haben sie mal die Blühstreifen auf Artenvielfalt untersucht ? Auch sehr seltsam.Vielen Dank für Rückmeldung !

  5. Das Wort „Blühstreifen“ steht bei Ihnen ja auf dem Index. Ich bleib mal bei „Feldränder“. Und ich bin der Meinung, dass ich heutzutage dort im Rodgau dieselben Blühpflanzen sichte wie vor 45 Jahren in meiner ostholsteinischen Heimat, wo es ebenfalls schon große, monokulturelle Felder gab.
    Ich habe noch mal nachgelesen: Die Kornblume gilt als Bio-Indikator für Überdüngung. Auf die reagiert sie offenbar empfindlich. Ihr Wegbleiben kann also ein Indiz dafür sein, dass auf den angrenzenden Feldern zu viel gedüngt wurde. Durch solche Überdüngung ist die Kornblume seltener geworden. Auf Wikipedia ist aber zu lesen, dass sie heute wieder häufiger angetroffen wird. Das bedeutet dann im Umkehrschluss wohl, dass mittlerweile weniger – oder anders – gedüngt wird.

  6. Hallo Bronski,
    wenn ich von Blühstreifen schreibe meine ich den 2-3 Meter breiten Streifen, der extra eingesät wird, mit mehr oder weniger exotischen Blumen wie Sonnenblumen, Ringelrosen usw. Der Feldrand ist meist nur 0 – 3o cm breit und besteht aus Gras, sonst. nichts.Wir sprechen also von zwei verschiedenen Dingen.
    Dass Dünger eine Rolle spielt kann ich bestätigen,.Im Landschaftsschutzgebiet entlang der Nidder werden die Wiesen seit einigen Jahren gedüngt (Gülle ?) und jetzt wächst das Gras wie verrückt, aber sonst fast nichts mehr. Kiebitz und Bekassine sind verschwunden. Das ganze ist eine grüne Einheitsmasse. Noch bis zur Jahrhundertwende sah es hier ganz anders aus. Was im Detail passiert ist kann ich nicht beurteilen, es waren auf jeden Fall landwirtschaftliche Eingriffe.
    Wiesenschaumkraut, Zweiblättriger Blaustern, Kuckuckslichtnelke und andere Blühpflanzen sind verschwunden. Ja selbst die Margeriten, die als Wucherblume im Buch stehen sind bis auf Reste weg. Das sind Fakten.
    Das merkwürdige Erscheinen von Klatschmohn und Kamille hier in der Gegend, das letztes Jahr begann kann ich mir nur so erklären, dass sie ausgesät wurden, denn sie waren seit Jahren praktisch nicht mehr vorhanden. Es muss also Gründe für das plötzliche Erscheinen geben, und das gilt auch für die Kornblumen. Die Konrade,(Agrostemma githago) wurde schon vor längerer Zeit durch mechanisches Aussieben aus den Getreidefeldern vertrieben und steht jetzt kurz vor dem Aussterben.
    Es ist ein ziemlicher Jammer.

  7. Schaut doch mal auf der Seite http://www.bee-sossenheim.de vorbei!
    Wir sind eine Gruppe von Nachbarn aus der Westerbachsiedlung in Frankfurt Sossenheim, die das Gelände zwischen unserer Siedlung und dem Gelände von Burger King/Blu Sky Lager, die sogenannte Frischluftschneise, ökologisch umgestaltet haben.

    Einiges ist schon geschehen:

    * Brombeeren und invasive Essigbäume wurden in einigen Bereichen gerodet

    * Säckeweise wurde zum Teil jahrealter Müll auf dem Gelände eingesammelt und in einigen Fällen sogar ausgegraben

    * Ein Teil des Geländes wurde mit Sand abgemagert und mit Blumenwiesensamen eingesät

    * Es wurden Obstbäume und eine Hecke gepflanzt

    * Es wurde eine Eidechsenburg angelegt und eine Trockenmauer gebaut

    * Es wurden einige Informationstafeln aufgestellt

    * 10 Nistkästen für Höhlenbrüter wurden aufgehängt

    * Bau einer großen Nisthilfe für Insekten

    Das rgebnis kann sich sehen lassen. es brummt und summt an allen Ecken und Enden, Stieglitze fressen Kornblumensamen, Eidechsen sonnen sich… Ein Paradies!

    Weitere geplante Projekte:

    * Anlegen eines Streuobstwiesenbereichs

    * Weiteres Entfernen von Brombeeren und anschließendes Abmagern der restlichen Wiese

    * Anlegen eines weiteren Heckenstreifens als Unterwuchs für die großen Kirschbäume

    Anlage eines großen Sandbeets für im Sand nistende Hautflügler

  8. Hallo Tine Pfeffer,
    Habe mir ihre Seite angesehen und bin begeistert. Davon müsste es sehr viel mehr geben ! Ich wünsche ihnen weiter viel Erfolg !
    Jürgen H. Winter

Kommentarfunktion geschlossen