Eine Insektenoase in der Innenstadtwüste (6)

Was tun für Insekten? FR-Blogger Bronski baut seinen Garten um und berichtet darüber hier im FR-Blog. Kräuter, heimische Blühpflanzen, Totholz – man braucht nicht viel Platz.  Heute Teil 6 der Serie: Jetzt wird gepflanzt!

Balken 4Und zwar zuerst ein Menhir. Dabei handelt es sich zwar in Wirklichkeit um eine alte Türschwelle aus Sandstein, auf die wir beim Buddeln im Garten gestoßen sind, aber wir wollen nicht kleinlich sein: Das ist unser Menhir! Manche sagen auch Hinkelstein zu so was. Obelix ist berühmt dafür, solche Steine durch die Gegend schleudern zu können. „Hinkelstein“ kommt vermutlich von „Hünenstein“ und „Menhir“ vom Bretonischen „Maen-hir“, was „langer Stein“ bedeutet. In der Bretagne stehen diese Steine in langen Reihen herum, und niemand kennt den Grund. Steinzeitmenschen haben sie vor fünf- bis viertausend Jahren aufgestellt. Sie müssen sich irgendwas dabei gedacht haben. Unser Menhir jedenfalls hat einen Grund: Er soll in den kommenden Jahren einfach stoisch bis lasziv in der Gegend rumstehen, gekrönt durch ein Vogelbad aus Sandstein, das noch angeschafft werden muss.

Jetzt wird gepflanzt!

Apropo Grund: Wer meine Romane Der Osiris-Punkt und Der hölzerne Pharao (bisher nur als E-Books erhältlich) gelesen hat, die/der weiß, dass ich ein Faible für Archäologie habe. Ich habe recherchiert, wie unsere Vorfahren vor tausenden von Jahren Menhire aufgestellt haben, die wesentlich größer sind als unsere Türschwelle. Diese Leute waren alles andere als blöd. Sie wussten bereits, dass das Fundament eines solchen Bauwerks ein bisschen elastisch sein muss. Außerdem braucht der Stein seitlich Stützen. Ins Fundament kommt also eine Menge Kleingestein, Schotter, gemischt mit Erde, drumherum werden Ziegel gesetzt, alles wird mit Erde aufgefüllt, total nass gemacht, damit sich die Erde unten in der Tiefe in die Ritzen setzt, und am folgenden Tag rundherum festgetrampelt. Und schon ist er gepflanzt, unser Menhir, der auf der mittleren Sichtachse dieses Gartenstücks steht und ein ständiger Blickfang sein wird. Nun haben wir also Steinzeit im Garten. Schön, oder? So kann man auch in kleinen Gartenstücken wie unserem optische Akzente setzen. Drumherum kommen Phlox, Glockenblumen, Immergrün und Kriechender Ehrenpreis.

Solche Steine brauchen Namen, finde ich! In Hessen stehen gut dreißig Menhire, der größte ist mehr als fünf Meter hoch und steht in Langenstein, einem Ortsteil von Kirchhain. Und wie heißt dieser Menhir? „Langer Stein von Langenstein“. Sehr schön, nicht wahr? Da muss man erst mal drauf kommen! Ein ebenfalls recht großer Menhir in Bad Homburg heißt „Gluckenstein“. Schon besser! Da kann man drüber nachdenken: Wen der wohl begluckt? Der Menhir von Maden heißt „Wotanstein“. Interessant, da wird’s religiös! Aber wie heißt der größte überhaupt existierende Menhir? „Le grand menhir“. Er steht nicht mehr, er liegt vielmehr, aber als er noch stand, ragte er 18,5 Meter hoch auf. Auch die liegenden Fragmente sind immer noch imposant. Zu besichtigen im bretonischen Locmariaquer (hier hab ich ein Foto davon). Aber Du kannst sagen, was Du willst – einen großen Menhir „Grand Menhir“ zu nennen, ist ebenfalls nicht besonders einfallsreich. Ich habe daher beschlossen, unseren Menhir Auguste Viktoria zu nennen. Stoisch und mit Vogelbad oben drauf – das passt!

Diese Woche stand wieder eine Fahrt zum Gartencenter an, um die Lücken in unserem Pflanzprogramm aufzufüllen. Denn es hat sich leider herausgestellt, dass ich vieles bedacht habe – Höhe der Pflanzen, Blühzeit der Pflanzen -, aber eines eben nicht: die Farbe der Blüten. Mit anderen Worten: Wir werden den Insekten über die kommenden Monate hinweg ein riesiges Nektar-Angebot machen können, und das wird zweifellos auch das menschliche Auge erfreuen. Allerdings ist die dominierende Blütenfarbe Blau. Was wir jetzt also noch hinzugekauft haben, durfte alles sein, nur nicht blau.

Was ich hier zeige, sind indigene* Blüher: Der Milchstern (links), auch Gärtnerschreck genannt, hat begonnen zu blühen, eine Zwiebelplanze, die sich im ganzen Garten findet. Und direkt neben der unglaublich ausdauernd blühenden Zwergquitte (rot, rechts) hat nun die Goldmargerite (Bullenauge) geöffnet. Beide Pflanzen werden von Insekten angesteuert, wie ich beobachten konnte. Der Milchstern hingegen scheint die Nektarfreundinnen eher kaltzulassen.

*indigen: in diesem Garten bereits vorkommend, mit dem Recht, hier sein zu dürfen.
Niemand wird hier abgeschoben, erschossen oder ausgerottet!

Und nun sind wir mittendrin im Pflanz-Marathon! Von Clematis bis Steinbrech, von Immergrün bis Fetter Henne, vom Muskateller-Salbei bis zur Flammenblume wird jetzt gesetzt. Von den Ergebnissen berichte ich im Detail in meinem nächsten Artikel am kommenden Samstag. An dieser Stelle möchte ich noch eine Anmerkung loswerden, die mir wichtig ist.

Ich erwarte keine Hochglanzleistungen mit unserer kleinen Insektenoase. Wir probieren hier was aus. Das ganze ist ein Experiment. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen kann, Insekten zu fördern, auch wenn dieses Engagement angesichts der Größe der irdischen Biosphäre natürlich nicht ins Gewicht fällt. Aber wir wollen auf jeden Fall was tun. Vieles von dem, was auf den knapp hundert Quadratmetern unseres Gartens in den nächsten Wochen und Monaten passiert, wird kaum zu sehen sein. Zudem bin ich kein guter Fotograf. Ich vertraue vielmehr auf die Fähigkeiten meiner Olympus-Pocket-Digitalkamera, die mir seit zehn Jahren gute Dienste leistet. Alle Fotos, die in meiner Summerbrummerserie bisher veröffentlicht worden sind, wurden mit dieser Universalkamera gemacht. Ebenso die meisten der Fotos meiner Frankreich-Fotoserien, angefangen mit der Serie 365 Blicke / 365 vues.

Auch das folgende Foto illustriert im Grunde eine „Kleinigkeit“. Es geht nicht um riesige, strahlende Blüten, für die sich kein Insekt interessiert, sondern um so was wie die Golderdbeere (Waldsteinie). Den Namen hat diese Pflanze vermutlich wegen der Form ihrer Blätter, die Erdbeeren ähnelt, oder weil sie ähnliche Ausläufer bildet. Tatsächlich gehört sie – wie auch die Erdbeere – zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Wir haben drei dieser Pflanzen erst vor kurzem unter Flieder und Ranunkelstrauch sowie zwischen Fingerhut, Bergenie und Haselwurz gesetzt, und sie blüht schon. Nicht groß und auffällig – doch es sind genau diese Details, es ist dieses Unscheinbare, auf das es in der Insektenoase ankommt. Hier landen sie, die Summer und Brummer! Auf solche „Kleinigkeiten“ möchte ich in den kommenden Wochen besonders achten.

Weiter geht’s in einer Woche an dieser Stelle.

Naoned!

Ihr Bronski

Teil 5 / Teil 7

Rechte an allen Bildern: Lutz „Bronski“ Büge
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Ein Kommentar zu “Eine Insektenoase in der Innenstadtwüste (6)

  1. Hallo Bronski,
    ich finde ihre Fotos sehr gut, are you fishing for compliments ? Sie zeigen sehr gut, worum es geht. In meinem Garten wächst, wie in vergangenen Jahren, eine Grasart wie verrückt, sie überwuchert alles, ich fürchte es ist eine Sorte, die aus den Wiesen an der Nidder kommt, um besseres Gras, als mehr Gras, für Silage zu bekommen. Das ist sehr störend, wenn man versucht eine natürliche Wiesenflora zu bekommen.
    Am Teich kann ich beobachten, dass mit den Jahren die Artenvielfalt zunimmt, jedoch die Anzahl der Individuen abnimmt, wobei bei einem Folienteich man mit unnatürlichen Umständen arbeitet, die Pflanzen im Uferbereich haben praktisch kein Erdreich mehr, es ist reines Wurzelwerk, wenn man aber Erde aufbringt gibt es explosives Wachstum, dass geht dann auch nicht.Kompliziert.

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