EU: Geld für Rüstung ist da, fürs Klima nicht

Damit wir uns nicht missverstehen: Wir, die Bundesrepublik Deutschland und der Westen, müssen in der Lage sein, uns zu verteidigen. Dies ist der Auftrag der Bundeswehr: Landesverteidigung. Und der Sinn und Inhalt der Nato, die ein Verteidigungsbündnis ist. Wenn andere Staaten aufrüsten, zu denen wir in einem Spannungsverhältnis stehen, dann müssen wir im Sinne des Verteidigungsauftrags darauf achten, dass der Auftrag der Bundeswehr erfüllbar ist, und wir müssen in der Lage sein, dabei zu helfen, Bündnispartner zu verteidigen, die angegriffen wurden. Das bedeutet zwangsläufig Investitionen in die Weiterentwicklung von Waffentechnologie, denn der Gegner ruht nicht. Darum will die EU ein hypermodernes Luftkampfgerät entwickeln lassen: einen Jet mit künstlicher Intelligenz und Drohnenwolke, genannt „Future Combat Air System“ (FCAS). So will sie die Zukunft verteidigen. Allerdings erlitt das Multimilliarden-Euro-Zukunftsprojekt zunächst eine Fehlzündung: Die SPD hat noch regierungsinternen Klärungsbedarf. Der Bundesrechnungshof und die Opposition im Bundestag haben Bedenken.: Bei Indienststellung der Jets im Jahr 2040 dürfte das System bereits wieder veraltet sein. Und dafür eine halbe Billion Euro (geschätzt)?

FCASLandesverteidigung ist das eine, Friedenssicherung das andere. Die Europäische Union hat bilderbuchmäßig vorgeführt, wie man Frieden sichert: durch Handel, gemeinsame Entscheidungen, kurz: durch Miteinander. Mit diesem Konzept hat sie dem europäische Kontinent, der zuvor von zwei Weltkriegen verwüstet worden war, eine historisch einmalige Ära des Friedens beschert. Sie stößt mit diesem Konzept derzeit dennoch an Grenzen, und zwar bei Ländern, die von einem solchen Miteinander nicht viel halten, sondern ihren jeweils speziellen Nationalismus pflegen. Aktuelle Beispiele: Ungarn und Polen gehen innerhalb der EU eigene Wege; Russland und China folgen außerhalb der EU macchiavellistischen Machtmustern im Ringen um Einflusssphären und Hegemonie. Sie nutzen Handelsbeziehungen, um Abhängigkeiten zu schaffen, die ihre Vorherrschaft stärken. Die „Neue Seidenstraße“ verfolgt dieses Ziel ebenso wie Nord Stream 2. Ein Miteinander machen diese Länder nur solange mit, wie sich ihre Regierungschefs einen Nutzen davon versprechen. Dieser Nutzen ist national definiert, ganz wie Ex-US-Präsident Donald Trump seinerzeit skandierte: „America first!“ Diese Politik ist aggressiv, ohne militärisch zu sein.

Friedenssicherung funktioniert heute anders. Da die EU den Grundgedanken des Miteinander erfolgreich erprobt hat, sollte sie den nächsten Schritt gehen und ihn auf die Welt übertragen. Denn in Zeiten des Klimawandels wird deutlich, dass wir die Krisen der Zukunft nur miteinander bewältigen können. Grundlage des Miteinander ist das Gespräch. Angela Merkel und Emmanuel Macron waren daher auf dem richtigen Weg, als sie der EU ein Konzept zum Umgang mit Russland vorlegten, das auch das Gespräch mit Russland beinhaltete. Doch hier zeigt sich, dass die teils aggressive Politik des russischen Staatschefs Früchte trägt: Die osteuropäischen EU-Staaten lehnen solche Gespräche aus Angst vor Wladimir Putin ab. Sie haben ihre Erfahrungen mit russischer bzw. sowjetischer Herrschaft. Es wäre dumm, diese Ängste auf die leichte Schulter zu nehmen.

Doch wie soll man damit umgehen? Indem man aufrüstet? Wie viele friedenssichernde Maßnahmen könnten mit der halben Billion Euro gefördert werden, die FCAS kosten wird! Syrien könnte damit wieder aufgebaut werden, Libyen ließe sich befrieden, nachhaltige und klimafreundliche Technologien ließen sich etablieren, die fossile Technologien verdrängen. Und und und. Und trotzdem: Landesverteidigung muss sein. Irgendwie.

fr-debatteDie EU baut eine halbautonome Kampfmaschine

Die FR berichtet über das größte europäische Rüstungsprojekt aller Zeiten. Die SPD hat das milliardenschwere Projekt mit durchgewinkt. Die angeblich „harten Vorgaben“ im Maßgabebeschluss dienen nur der Eigenberuhigung. In Wirklichkeit ist FCAS ein mörderisches Projekt. Das nuklearfähige Kampfflugzeug ist von Kampfdrohnen umgeben und über eine Kampfcloud mit ebenfalls geplanten neuen Panzern MGCS verbunden. Eine halbautonome Kampfmaschine wird aufgebaut, die mit der Illusion militärischer Überlegenheit neue Interventionskriege beschleunigen wird. Obendrein ist schon jetzt geplant, möglichst viele FCAS und MGCS zu exportieren, um den Stückpreis niedriger zu halten. Im Aachener Vertrag sind die ohnehin schwachen Rüstungsexportkriterien vorab ausgehebelt.

Martin Singe, Bonn

fr-debatteWenn das die Zukunft ist, dann gute Nacht

Der Haushaltsausschuss hat am 23.6. erste Gelder für das FCAS-Projekt freigegeben. Es ist nur eine kleine Meldung, versteckt in einer Notiz darüber das die Luftwaffe erstmals Drohnensteuerung aus einem Kampfjet probte. Wie vorausgegangenen Artikeln zu entnehmen ist, geht es bei FCAS um ein Französisch-spanisches-deutsches Projekt eines neuartigen Kampfflugzeuges, welches zusammen mit einem Drohnenschwarm operieren soll und für Atomwaffen ausgelegt ist. Geplant ist die Einsatzbereitschaft ab 2140, derzeitige Kostenschätzung 500 Milliarden Euro. Nach bisherigen Erfahrungen kann man davon ausgehen das es am Ende ein vielfaches der bisherigen Schätzung wird.
Und jetzt sind also die Weichen dafür gestellt worden. Wo bleibt der Aufschrei? Die Herausforderung des Jahrhunderts ist die kaum noch zu stoppende Klimakatastrophe, da werden jetzt gerade einmal 8 Milliarden in ein eher unzulängliches Klimaprogramm investiert, und das auch in erster Linie um der Wirtschaft Anreize zu geben, doch bitte etwas für das Klima zu tun. Mir drängt sich dabei der Verdacht auf, das man sich lieber aufkommende militärische Konflikte vorbereitet, die eine Klimakatastrophe unweigerlich mit sich bringen wird, als alle Kräfte zur Abwendung derselben zu mobilisieren. Bereits heute wird ja weit mehr Geld in den Aufbau der Festung Europa investiert als in die Bekämpfung von Fluchtursachen (zu denen auch und zunehmend der maßgeblich von den Industriestaaten zu verantwortende Klimawandel gehört), auch wenn dieses eher heimlich z.B. durch massive finanzielle Unterstützung diktatorischer Regime passiert, damit diese Fluchtbewegungen militärisch unterbindet.
Hingegen wird jeder Cent für Geflüchtete, Integration etc. breit publiziert um den Anschein zu erwecken man würde etwas tun und dem (vielleicht gewünschten) Nebeneffekt, der Bevölkerung weiszumachen wie teuer uns die Migranten kommen. Die politischen Folgen sind ja hinlänglich bekannt. Und jetzt der Einstieg in ein wahnwitziges Rüstungsprojekt welches am Ende Billionen verschlingen wird. Wenn das die Zukunftsplanung ist, dann gute Nacht.

Jochim Maack, Hamburg

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Ein Kommentar zu “EU: Geld für Rüstung ist da, fürs Klima nicht

  1. Dass die SPD eine solche Tötungsmaschinerie im Haushaltsausschuss und vermutlich auch im Bundestagsplenum (Sondersitzung im September) abnickt, wird ihr, wie schon so oft, wieder zum Verhängnis und wundert sich dann nach der Wahl über ihre Verluste.

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