Ein Faltboot, das nicht halten kann

Deutschland spielt in der Europa-Politik immer offensichtlicher die nationale Karte. Keine Frage, der innereuropäische Einfluss der Deutschen ist in Zeiten der Euro-Krise gewachsen. Ohne die deutsche Wirtschaftsmacht wäre die EU möglicherweise längst am Boden. Dabei sollte es im Interesse der Deutschen sein, den Euro unbedingt zu erhalten, denn der deutsche Export profitiert davon: Bei Wiedereinführung von nationalen Währungen müsste die Neue Deutsche Mark als erstes aufgewertet werden, und der ganze Exportvorteil, den die deutsche Wirtschaft vom Euro hat, wäre dahin.

Es zeichnet sich allerdings ab, dass der gigantische Rettungsschirm von 750 Milliarden Euro, den die EU zusammen mit dem IWF aufgespannt hat, nicht reicht, um die Schuldenkrise zu meistern. Zu Griechenland haben wir hier im Blog schon gesprochen. Irland ist derzeit in einer ähnlichen Situation, Portugal und Spanien stehen in dem Ruch, die nächsten zu sein, und vielleicht erwischt es sogar Italien. Spätestens dann wäre die EU am Ende. Und die Zinsen, die an den Finanzmärkten für Staatsanleihen dieser Länder gezahlt werden müssen, steigen weiter.

Ein Mittel, das für wirksam gegen diese Marktmechanismen und die Verunsicherung der Anleger gilt, sind Euro-Bonds – europäische Staatsanleihen, die einen europaweit identischen Zinssatz haben. Die Krisenländer könnten günstiger Geld aufnehmen, andere Länder wie Deutschland müssten höhere Zinsen zahlen. Das will die deutsche Regierung natürlich nicht, doch möglicherweise käme diese Modell auf mittlere Sicht auch für Deutschland günstiger? Schließlich liegt die Aufstockung der Rettungsschirm-Gelder bereits in der Luft. Nein, die Bonds sind in Berlin nicht erwünscht. Das ist die Linie der Kanzlerin, auf die nun auch Finanzminister Schäuble eingeschwenkt ist, möglicherweise gegen seine Überzeugung. Vielleicht muss man weiterdenken, um das zu verstehen? Die Einführung von Euro-Bonds wäre nämlich ein gewaltiger Schritt hin auch zur politischen Einigung des Kontinents. Sie würden andere wirtschaftliche und politische Strukturen erzwingen als die jetzigen, und sie würden sicher zu einer Verminderung nationaler Einflussmöglichkeiten führen, wenn nicht gar zur Auflösung der jetzigen Nationalstaaten.

Die Euro-Krise treibt die EU-Regierungen vor sich her. Sie können nicht mehr agieren, nur noch reagieren. Sie haben das Heft des Handelns aus der Hand gegeben. Es könnte sein, dass die Euro-Krise jene Schritte erzwingt, die bereits mit der Einführung des Euro in der Luft lagen: die Herbeiführung der politischen Union. Schon damals lagen Bedenken in der Luft, dass der Euro ohne eine europäische Wirtschaftsregierung eine schwierige Gratwanderung sei. Diese Gratwanderung droht nun zum Absturz zu werden, denn die Kanzlerin gibt die Kleinkrämerin.

Henning Gabel aus Frankfurt meint:

„Wenn die EU einen Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro spannt, weil Mitgliedsstaaten zu bezahlbaren Zinsen vielleicht keine Käufer ihrer Staatsanleihen mehr finden, dann ist das in der Tat dramatisch. Schon die Größenordnung dieses Rettungsschirms ist ein Fanal und vermittelt den Märkten den Eindruck einer hochdramatischen Situation. Kein Wunder, dass viele Marktteilnehmer verunsichert sind. Warum sollte die EU stattdessen den betroffenen Staaten nicht bis zum Greifen der jeweils notwendigen innenpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen anbieten, den Risikoaufschlag der Zinsen zeitlich begrenzt zu bezuschussen? Das wären je Jahr bei z.B. 8 Prozent minus 3 Prozent gleich 5 Prozent  Risikoaufschlag nur maximal ein Zwanzigstel der 750 Mrd., also höchstens 37,5 Mrd. und folglich von der EU locker zu stemmen. Dann müssten sich die verunsicherten Käufer keine Sorgen machen und der Euro und gar die EU wären nicht mehr in Gefahr. Sollten aber trotz dieser Maßnahme die Risiko-Aufschläge bis zur Unerträglichkeit weiter steigen, wäre das der definitive Beweis, dass Spekulanten am Werk sind, denen es nicht um Sicherheit der Einlagen, sondern um ein Hochtreiben der Rendite geht. Sollten die US-Ratingagenturen die betroffenen EU-Staaten gar herabstufen, dann wäre das der Beweis, dass es sich um einen Finanzkrieg gegen die EU handelt, um diese zu schwächen. Wenn das transparent wäre, wäre es den EU-Staaten leichter, eine eigene Ratingagentur zu schaffen und vereint Maßnahmen gegen die Spekulanten zu ergreifen.
Warum wählt die EU nicht diesen zweiten Weg, wo doch der erste – glaubt man den Medien – immer mehr vor dem Scheitern steht? Schlimm wäre es, wenn – nach der Übernahme der gewaltigen Lasten der jüngsten Weltfinanzkrise durch die Staaten – mit dem derzeitigen Euro-Rettungsschirm und der Euro-Krisen-Drohung in Wahrheit eine ganz andere Politik verfolgt würde: eine rigorose Sparpolitik mit Steuersenkungen zugunsten der Kapitalseite. Das würde die EU-Staaten noch weiter schwächen und noch abhängiger von den neoliberalen Wirtschafts- und Finanzeliten machen.“

Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:

„Der Leitartikel führt in die richtige Richtung. Allerdings dürfte Angela Merkel bei ihrem Kurs weniger an deutsches Geld als vielmehr an ihre nächsten Wahlchancen denken, die erheblich geschmälert würden, wenn sie sich offen zum solidarischen und damit endgültig vereinten Europa bekennt. Weswegen die abwertende Bezeichnung „Kleinkrämerin“ ihre volle Berechtigung hat. Denn wer seine Politik primär danach ausrichtet, welche Folgen sie für die eigenen Image-Werte hat und erst sekundär nach Problemlösungen sucht, der zerschlägt in der Regel mehr Porzellan, als dass er es kittet. Womit niemandem wirklich geholfen wird. Schließlich sorgt das strikte Nein zu den Euro-Bonds dafür, dass die kriselnden Mitglieder der Euro-Zone noch weit nach 2013 auf (Transfer-)Hilfen angewiesen bleiben dürften. Was den deutschen Steuerzahler am Ende wesentlich teurer kommt, als wenn sich die Bundeskanzlerin (zu-)trauen würde, die öffentliche Meinung von einer besseren Alternative zu überzeugen!“

Hermann Müller aus Velbert:

„Man hat nicht aufgepasst und ein falsches Boot für die EU genommen,  dabei hätte man die Vereinigten Staaten von Europa wählen müssen, denn es muss doch jedem einleuchten, dass man erst für einen Staat eine gemeinsamem Währung einführt und nicht für eine europäische Union! So ein Boot ist doch nur ein Faltboot, welches nicht halten kann!Man hätte sich Unterstützung bei der Meier-Werft in Papenburg holen sollen, die haben bereits in der siebten Generation Erfahrung mit dem Schiffsbau!“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„In der schwelenden Euro-Krise läßt die deutsche Volkswirtschaftslehre das gebotene Engagement vermissen. Wo bleibt ein Aufruf von 50 Wirtschaftsprofessoren, die sich für den Fortbestand des Euro einsetzen, dabei aber auch die politisch gebotenen Bedingungen , also das Korsett strikt einzuhaltender Stabilitäts-Regeln, formulieren? Es geht nicht darum, die Politik aus ihrer ureigenen Verantwortung für das europäische Projekt als solches zu entlassen. Aber die Volkswirtschaftslehre, früher einmal Nationalökonomie genannt, muss unbedingt aus ihrem Elfenbeinturm heraus treten, um Partei zu nehmen für eine verantwortungsvolle Fortführung der Währungs-Union. Unser Nachbarland Frankreich kennt die Praxis öffentlicher Aufrufe von Experten an die Politik. Nehmen wir uns daran ein Beispiel!

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24 Kommentare zu “Ein Faltboot, das nicht halten kann

  1. Die von Bronski gewählte Einleitung und die Auswahl der Leserbriefe erscheint mir in der Tendenz doch etwas einseitig, etwas zu Euro- und EU-euphorisch wenn man die kontroverse Debatte in anderen Medien und auch die Kommentare des verlinkten Artikels (Kleinkrämerin) als Vergleich heranzieht.

    Dass Deutschland der Hauptprofiteur der Währungsunion sei, ist ein in letzter Zeit sehr strapaziertes Argument, das aber bestenfalls unvollständig, wenn nicht gar falsch ist. Eine eigene deutsche Währung würde gegenüber dem Euro aufwerten, das ist unbestritten. Aber was heißt das?

    Natürlich macht die Währungsunion in Deutschland produzierte Güter im Ausland günstiger und auch wettbewerbsfähiger. Das heißt aber zugleich, dass unsere Terms of Trade schlechter, die Importe teurer sind, als sie ohne Währungsunion wären. Man muss zudem berücksichtigen, dass wir auch zu DM-Zeiten schon große Exporterfolge hatten (was darauf hindeutet, dass die Preiselastizität der Nachfrage nach unseren Exportartikeln gering ist). Unsere Exporterfolge basierten zumindest damals nicht auf niedrigen Preisen, sondern wohl eher auf Technologie- und Innovationsführerschaft sowie auf hoher Qualität. Warum sollte man diese Strategie gegen einen Billig-Wettbewerb eintauschen wollen?

    Wenn nun das eintritt, was sich durch die aktuellen Rettungspakete schon abzeichnet, nämlich dass wir unsere durch jahrelange Leistungsbilanzüberschüsse aufgebauten Netto-Forderungen ggü. dem Ausland niemals werden eintreiben können und dafür der Steuerzahler einspringt (und z.T. vielleicht private Gläubiger), dann sieht es für das Export-Argument zugunsten des Euro ganz schlecht aus. Denn das heißt im End-Effekt, dass auch auf Dauer nicht die Käufer unseren (Netto-)Export bezahlen werden, sondern wir selbst.

    Genau so gut könnte man mit Steuergeldern für den Export bestimmte Artikel kaufen, mit einem Schiff aufs mehr hinaus fahren, und sie dort versenken. Volkswirtschaftlicher Effekt für Deutschland: der gleiche. Aber Hauptsache die Export-Branche hat profitiert.

    Export-Branche ist eben nicht identisch mit Volkswirtschaft.
    Lesenswert: http://bit.ly/esWMA5

  2. Das Euro Bonds die Lösung sein sollen kann ich mir auch nicht vorstellen. Man schafft damit Rahmenbedingungen die doch einige Ähnlichkeit mit der Einführung des Euro haben. Wie z. B. niedrige Zinsen und zu erst eimal unbegrenzte Kedite für die Schuldnerländer. Das hat schon einmal nicht funktioniert. Das so eine Maßnahme dazu zwingt die europäische Einheit voran zu treiben ist auch ein Gerücht das wir schon einmal hatten. Das Ergebniss wäre wohl ein paar Jahre Ruhe bis die Geberländer auch pleite sind.
    Das die Geschichte wie man im Moment vorgeht mit immer größeren Rettungsschirmen ist auch bald vorbei. Wenn ich mich recht erinnere habe ich vor ca einem Jahr hier geschrieben das es mit den Rettungsschirmen wenn die Billionengrenze erreicht ist auch bald ein Ende haben wird.
    Nun sind wir ein Jahr weiter und nach wie vor kann meiner Meinung nach die Lösung nur sein das die Kreditgeber an ihrem Risiko, für das sie auch in Griechenland U.S.W. sich sehr gute Zinsen bezahlen lassen, beteiligt werden. Da das offensichtlich kurzfristig nicht funktioniert, besonders bei unserer hervorragenden aber demokatisch gewählten Regierung, könnte ich mir vorstellen das die EZB für z.B. 2 Jahre den Schuldnerländern entscheident mit dem Aufkaufen ihrer Staatsanleihen hilft und dann neue Regeln in Kraft treten die festlegen das ab z.B. 2013 die Kreditgeber auch in der Verantwortung stehen.
    Außerdem möchte ich sagen das der Vorschlag zur Schuldentilgung über z.B. einer Vermögensabgabe wie am Samstag in der FR beschrieben auch ein vernünftiger Weg sein kann das Thema in den Griff zu bekommen. Die Alternative ist nach meiner Einschätzung Geldentwertung. Was aber auf jeden Fall kommen muß ist eine klare präzise Ansage. Ich befürchte nur das damit das was sich in Berlin Regierung nennt völlig überfordert ist. Dem Mann dem ich das zugetraut hätte rennen jetzt die, die ihn als Finanzminister 2009 abgewählt haben bei seinen Vorträgen die Türe ein.

  3. Wir Deutschen neigen dazu, unsere selige DM in unserer verklärten Erinnerung in den Himmel der Währungen zu heben, obwohl sie immer auf dem Boden der Tatsachen lebte. Wir hatten weder ständig niedrige Zinsen (siehe späte 80er/frühe 90er Jahre) noch ständig niedrige Inflationsraten. In den 70ern erinnerten diese eher an Eiskunstlaufergebnisse (6,0). Eine Rückkehr zur DM, die nur rein theoretisch unter Vertragsbruch möglich wäre, würde zunächst zu einer Aufwertung und massiven Verteuerung importierter Rohstoffe führen, und damit zu (cost push-)Inflation.

    Lernen wir doch lieber aus den Fehlern. Warum wurde nicht strikt auf die Einhaltung der Regeln von Maastricht geachtet? Warum Geldstrafen für Abweichler, anstatt einer Raußschmissklausel? Griechenland gehört schon aufgrund seiner Manipulationen zur Aufnahme in den Euroclub sofort ausgeschlossen. Vorläufig dürfen keine weiteren Länder aufgenommen werden. Zumindest nicht, bis das gesamte Ausmaß der Misere bekannt ist.

    Eine Rückkehr zu eigenen Währungen halte ich derzeit nicht für der Weißheit letzter Schluss.

  4. zu @ Napez
    Ich will ja nicht besserwisserisch sein aber ein Aufwertung führt immer zu sinkenden Importpreisen und teueren Exporten.

  5. Ja, Napez, das stimmt: Menschen neigen dazu, die Vergangenheit zu verklären. Manchmal liegt solcher Verklärung aber ein wahrer Kern zugrunde. Die Inflation zu DM-Zeiten war zwar z.T. wirklich hoch, hat jedoch die hohen Nominalzinsen neutralisiert und die Realzinsen erträglich gemacht. Es lässt sich nunmal nicht abstreiten, dass es zu DM-Zeiten wirtschaftlich insgesamt (wenn man z.B. reale Wachstumsraten betrachtet) deutlich besser lief als zu Euro-Zeiten.

    Übrigens: die zu erwartende Aufwertung einer eigenen deutschen Währung würde unsere importierten Rohstoffe nicht verteuern, sondern preiswerter machen, wie ich schon oben geschrieben habe. Man liest ja in letzter Zeit oft, eine solche Aufwertung würde unsere Güter im Ausland teurer machen (was, für sich genommen, stimmt – wenn man auch über die Schlussfolgerungen streiten kann). Ein sich ändernder Wechselkurs kann aber nicht beides bewirken: eine Verteuerung unserer Güter im Ausland und zugleich eine Verteuerung ausländischer Güter im Inland.

    Um Missverständnissen vorzubeugen: ich will hier nicht einer Wiedereinführung der DM das Wort reden. Sie haben ja auch recht damit, dass dies nur unter Vertragsbruch möglich wäre (oder, so möchte ich hinzufügen, unter einer einvernehmlichen Vertragsänderung). Letzteres gilt aber für alle möglichen Lösungen dieser Krise, so auch für den von Ihnen geforderten Ausschluss Griechenlands aus dem Euro-Raum. Man hat die Wahl: Desintegration der Währungsunion oder weitere (finanz-)politische Integration. Beides würde einen Bruch bzw. eine Anpassung europäischer Verträge erfordern (auch der Rettungsschirm ist schon so ein Vertragsbruch).

    Zu Ihrer Frage nach den Regeln von Maastricht: die wurden auf Betreiben Deutschlands (in Person von Gerhard Schröder und Hans Eichel) aufgeweicht, als 2003 ein blauer Brief aus Brüssel drohte. Unter tatkräftiger Mithilfe Frankreichs wurde der Stabilitätspakt „flexibler“ gemacht, also faktisch abgeschafft. Seither hat es viele Verstöße gegeben, ohne dass auch nur ein Mal ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet worden wäre (s. dazu DER SPIEGEL Nr. 49/2010). Und zu den Manipulationen Griechenlands bei und seit der Aufnahme in den Euro-Club kann ich nur sagen: in dem Maße kann nur jemand betrogen werden, der betrogen werden will. Die maßgeblichen Akteure wussten, was „Greek Statistics“ bedeutete.

    Die Geschichte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sollte uns nachdenklich machen und uns zweifeln lassen, ob eine höhere (finanz-)politische Integration wirklich machbar und auf Dauer durchsetzbar ist, wenn schon so einfache und klare Regeln nach Belieben gebrochen werden. Das sollte uns Anlass geben, auch in Richtung einer Desintegration der Währungsunion weiterzudenken und Szenarien und Transformationsverfahren zu entwickeln. Eine Rückkehr zu nationalen Währungen muss das nicht bedeuten – die optimale Anzahl an Währungen in 27 EU-Staaten ist sicher nicht 27, aber eben sehr wahrscheinlich auch nicht 1.

    Was das Ausmaß der Misere angeht, habe ich noch eine Lese-Empfehlung. Joachim Starbatty beschreibt in der ZEIT kurz und bündig, vor welchen Problemen Länder wie Irland und Griechenland momentan stehen (Überschuldung ist nur eines von mehreren): http://bit.ly/gz79bv

  6. Die Situation erscheint mir derzeit als typische Wahl zwischen Pest und Cholera, Regen und Traufe, Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende.

    Ja, wahrscheinlich ist das Festhalten an der Schwach-Währung Euro alternativlos, weil das Sich-Berufen auf die Fehler vor und bei Einführung jetzt auch nichts mehr heilt.
    Allerdings haben wir auch bereits zu DM-Zeiten exportiert, und zwar kräftig, weil es eben nicht Bananen oder Schafskäse waren, sondern hochwertige High-Tech-Produkte.

    Und das wir eine Teuerung importieren würden bei Rückkehr zur DM, möchte ich in den Reich der Sagen verbannen. Eher wird umgekehrt ein Schuh draus: mit dem Euro bekamen wir einen Teuro, jedenfalls für den Endverbraucher. Jeder Normal-Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslose wurde ja eher in seinen ihm zur Verfügung stehenden Geldern mehr und mehr eingeschränkt – stets mit Verweis auf Arbeitsplätze und Exportzahlen. Konnten wir uns vor Euro-Einführung (meine Frau noch berufstätig, ich Früh-Rentner) Auslandsurlaube leisten, reichte es dann mit dem Euro nur noch zu Rad-Touren in Old Germany. Für die Ferienwohnung, für die wir zu DM-Zeiten 40 DM/Tag bezahlten, mußten wir dann 40 Euro zahlen. Gingen wir essen, wurden Gerichte und Begleitwein 1 : 1 im Preis umgerechnet. Alles nur gefühlt?

    Eine DM würde unsere Rohstoff-Importe nicht verteuern, sondern verbilligen – hier dürfte # 3 – Napez – irren. Eine DM dürfte im Wechselkurs im Verhältnis zum Dollar um ca. 20% an Kaufkraft gewinnen, und damit Rohstoffe, wie Stahl, Kohle, Erdöl, aber auch Südfrüchte, Gemüse usw. verbilligen – ein Gewinn für eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, die dann in der Bilanz für Verteuerung und damit evtl. Rückgang an Exporten erscheinen müßte. Beides geht ja wohl nicht, Exporte u n d Importe verteuern, oder?

    Die Kardinalsfrage ist für mich immer: wer zahlt am Ende? Ein Haircut von überschuldeten Staaten, bei dem die Banken Federn lassen müßten, und damit große Fonds und Vermögen, führt m.E. nach nur dazu, daß die Bankenlobby sich wieder einmal, wie bei HRE und Commerzbank, das Etikett „systemisch“ aufklebt, und damit den Staat (und damit alle uns Steuerzahler) zahlen läßt. Und Banken, die – auf Jahre hinaus – dann keine Gewinne, sondern Verluste erzielen, schreiben diese natürlich ab. D.h., sie zahlen auf Jahre hinaus keine Steuern. Also, wo und wem fehlt das Geld auch dann?

    Als altem Linken würde ich die Profiteure der letzten Jahrzehnte, welche sich auf Kosten von Otto Normalverbraucher dumm und dämlich verdient haben, auch gerne an dieser Superkrise beteiligen, und ihnen den im Casino-Kapitalismus eingestrichenen Reibach wieder abnehmen. Aber wie? In den Schuldturm sperren? Enteignen? Gehen wir doch davon aus, wo die deutschen Milliardäre und Multimillionäre ihr Geld angelegt haben – doch wohl nicht zuhause im Safe! Das ist gestreut in Aktien, Staatsanleihen, Pfandbriefe, Fondpapiere, Immobilien, Firmenbeteiligungen usw. usf. Werden Allianz, Deutsche Bank und Co. (über ihren Vermögensverwalter Ackermann) zur Kasse gebeten, heißt das dann nicht nur: keine Gewinne und Steuern mehr abführen, sondern auch: Notverkauf von Papieren mit Verlust. Wer macht sich Gedanken, was dies z.B. für Fonds, welche für Betriebsrenten langfristig Wertpapiere und Unternehmensbeteiligungen halten, bedeutet? Welcher Betriebsrentner ist bereit, für diese – indirekte – Gerechtigkeit auf, sagen wir, 30% seiner Betriebsrente zu verzichten? Oder die, welche noch einen Arbeitsplatz bei einem DAX-Konzern innehaben – weg mit Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Betriebsrentenanspruch und übertariflichen Leistungen?

    Wer sich mit dem Geld-Kreislauf, vor allem auch der Zinzes-Zins-Problematik beschäftigt, merkt dann bald, dass dem Geld, auch wenn es virtuell erzeugt wird, doch irgendwo materielle Werte gegenüber stehen, und es nicht vom Hubschrauber abgeworfen wird.

    Aber leider habe ich auch keine Lösung. Wir können nur noch eine Münze werfen, und uns vielleicht vorher streiten, ob Kopf Cholera und Zahl Pest bedeuten oder umgekehrt.

  7. Noch eine Ergänzung. Bei einem Zusammenrücken hin zu einer Wirtschafts- und nicht nur Währungsunion hin zu einer Polit-Union wären ja auch nach wie vor die Hälfte der 27 EU-Staaten noch mit eigener Währung behaftet. D.h., das wohl eine EURO-Währungsunion denkbar wäre, aber keine EURO-Politunion ohne gemeinsame Währung. Selbst dann wäre das Kernproblem der unterschiedlichen Mentalitäten rund um den Umgang mit Stabilität und Schulden nicht aus der Welt.
    Unsere Lohndrückerei zugunsten des Export müßte sich dann mit dem kreativen Umgang mit harten Wirtschaftsfakten wie in Griechenland oder Italien zusammen raufen. Der Mezzo Giorno würde dann wohl bereits hinter den Alpen beginnen. Und französischem Zentralismus stünde deutsches Landesfürsten-Denken gegenüber.

    Ich sehe im Moment, wenn überhaupt, mehr Chancen als Risiken darin, wieder zum alten System vor Euro-Einführung zurückzukehren, mit einem ECU als Umrechnungseinheit, und der Möglichkeit, der Wirtschaftslage angepaßt die eigene Währung auf- bzw. abzuwerten.

  8. Noch etwas. Auch wenn ich kein Lateiner bin, habe ich gelernt, nach dem „Qui bonum“ (Wem nützt es?) zu fragen. Wem nützt eine Instabilität bzw. eine Auflösung oder nur Dauerschwäche des Euros am meisten, außer den internationalen Spekulanten? Richtig – den USA! Und damit den Haupt-Verdächtigen und Haupt-Profiteuren Goldman Sachs (waren ja schon vor und in der Griechenland-Krise aktiv, als „Berater“) und J.P. Morgan. Schwacher Euro bedeutet starker Dollar, ganz einfach. Und kein Euro heißt, den Dollar als Leitwährung zu erhalten. Es dürfte auch ein – zumindest indirektes – Interesse der Chinesen als Hauptfinanziers der USA sein, wenn Dollar und damit die gigantischen Devisenreserven Chinas und die angekauften US-Staatsanleihen nicht allzusehr an Wert verlieren. Und die Öl-Rechnungen werden ja auch immer noch in Dollar bezahlt.

  9. Es wurde angesprochen, daß es das Problem deutscher Exportüberschüsse gibt… was ich nun erheiternd finde, ist, wenn jene Deutschen, die diese Exportüberschüsse kritisieren, gleichzeitig das altbekannte „Deutschland profitiert doch vom Euro und das sollte doch so bleiben“ aus ihrem weiteren Repertoire holen.

    Wären die Wechelkurse zwischen den Ländern frei, würde die Währung der Überschußländer in Relation zur Währung der Importländer im Wert steigen, was den Export drosselt und die Exportüberschüsse reduziert. Mit anderen Worten, das Problem der ungleichgewichtigen Warenströme würde ohne Einheitswährung, mit flotierenden Wechselkursen, beseitigt oder stark gemildert. Die Einheitswährung ist doch der hauptsächliche Grund, warum das Problem nachhaltig hoher Exportüberschüsse eines Landes überhaupt so auftreten kann. Die oft anzutreffende Argumentation der Eurobefürworter ist daher abstrus: Der Exportüberschuß wird uns erst als tolle Sache verkauft, von der wir profitieren… und anschließend ist es aber eine ganz schlechte Sache, nicht nur für die anderen, sondern ja auch für uns… weil das auf Dauer ja nicht gutgehen kann. Man sollte sich langsam mal für „ist gut“ oder „ist schlecht“ entscheiden. Wer die deutschen Exportüberschüsse für Griechenland oder andere PIGS-Länder als Problem sieht, der sollte jedenfalls mit Stockhieben (nicht unter 30) bestraft werden, wenn er gleichzeitig den Satz absondert: „Aber Deutschland profitiert doch vom Euro, deswegen sollten wir ihn behalten“.

    Was die Finanzjongleure aus, sagen wir, einem Land A betrifft… wenn sie in einem Land B mit anderer Währung investieren wollten, kam es früher erstmal zu Währungsumtauschverlusten… ein zweites Mal dann, wenn man, nach Ablauf der Investition, wieder in die eigne Währung zurückumtauschen musste. Ausserdem gab es Währungsrisiken mit entsprechender Notwendigkeit von Absicherungsgeschäften. Das alles verstehe ich irgendwie als eine Art „Transaktionssteuer“ für transnationale Finanzinvestitionen, die die wahnsinnigsten Geschäfte erstmal schon im Ausmaß dämpft… wenn diese Unkosten schon erstmal anfallen, muß man sich über die erwarteten Renditen doch gleich sicherer sein. Diese „Transaktionssteuer“ für Finanzinvestitionen in fremden Währungen hat man aber natürlich mit der Einheitswährung nicht mehr, ganz Klasse. Oder doch nicht?

  10. Ich möchte nochmal die Meinung vertreten das die Kreditgeber wie bei Unternehmensanleihen nicht nur Gewinne haben dürfen sondern auch die Risiken mittragen müssen . Dann wird der Markt das regeln. Da so etwas kurzfristig nicht umsetzbar ist müsste man Übergangsregel entwickeln. Vor allen Dingen muß das dauernde Ankündigen von immer anderen Maßnahmen aufhören. Das ist aber wie schon geschrieben Wunschdenken.

  11. Noch etwas eine Regierung die nur noch mit Blick auf die nächste Landtagswahl versucht dem Volk nach dem Mund zu reden ist wohl das schlimmste was in der derzeitigen Situation passieren kann.

  12. Nicht nur wir, sondern auch die US-Amerikaner haben mit ihrem Dollar die Wahl zwischen Pest und Cholera. Je stabiler der Euro, desto wackeliger der Dollar. Dieser wackelt jedoch in beide Richtungen:

    a) Instabiler Euro, Dollar geht nach oben, und verteuert die – wenigen – US-Exporte, verbilligt aber die Öl-Rechnung, vermindert jedoch indirekt auch die Exporterfolge Chinas, weil deren Währung sich an den Dollar gebunden hat, und Aufwertung für den Yuan Teufelswerk wäre.

    b) Stabiler Euro, Dollar geht nach unten, was aufgrund der hohen Importe die Inlandpreise steigen ließe, die Öl-Rechnung verteuerte, und der – bereits verdeckt potentiell vorhandenen – Inflation auf die Hufe helfen würde. Ein bißchen Inflation ist ja für FED & Co. akzeptabel, und lindert ja auch die gigantische Staatsverschuldung (bei weitem höher als die griechische!!!) Für die chin. Staatsoberen darf allerdings der Dollar nicht ins Bodenlose stürzen, weil dann auch die in China gehorteten Scheinchen nichts mehr wert wären.

    Auch die tumbe US-Ausgabe von Lieschen Müller, welche die Tea-Party-Bewegung für gottgesandt und Sarah Palin für eine fähige Politikerin hält, würde bei einer weiteren Dollar-Destabilisierung noch mehr Obama die Schuld an allem geben, und ihr Kreuzchen bei den Republikanern machen.

    Was mir noch keiner richtig erklären konnte: Warum ist es soviel schlimmer, z.B. Griechenland wieder zur Drachme zurückkehren zu lassen und diese dann abzuwerten, damit wir wieder billigen Ouzo zum Schafskäse trinken können, als krampfhaft am Griechen-Euro festzuhalten und dafür stolze 13% Zinsen für griech. Staatsanleihen zu erhalten – welche ja Griechenland auch irgendwo hernehmen muß, ggf. durch immer höhere Umschuldung bis in alle Ewigkeit?

  13. Ich stimme Ihnen, hans, (#10) vorbehaltlos zu: auch die Gläubiger müssen an den Kosten einer Sanierung beteiligt werden (eine Umschuldung ist auf Dauer sowieso nicht zu vermeiden) – schließlich haben sie durch ihre Käufe von griechischen Staatsanleihen die ganze Misere erst ermöglicht und, so lange alles gut ging, die Risikoprämien gerne mitgenommen. Es ist eine gute Frage, ob dann „der Markt das regelt“ – Voraussetzung dafür ist jedenfalls, dass Handlungskompetenz und Haftung bei den gleichen Stellen liegen. Auch ihrem Post #2 stimme ich größtenteils zu, insbesondere dem ersten Absatz – besser kann man es nicht ausdrücken.

    Sie haben Recht, Herr Fladung, wenn Sie in Post #8 sagen, dass die Frage „Qui bono“ generell interessant ist. Sie führt uns aber – soweit es die USA betrifft – nicht weiter bei den drängenden Fragen, die da sind:

    1) Welche Lösung der Euro-Krise ist kostenminimal, und
    2) wie verteilen wir die anfallenden Kosten?

    Selbst wenn die USA irgendwelche Fäden ziehen bei der Destabilisierung des Euro, muss man doch festhalten: wenn die Währungsunion nicht falsch konzipiert wäre, bräuchte sie keine Attacken zu fürchten. Die Probleme sind auch hausgemacht.

    Zu Ihrer Frage in Post #12, letzter Absatz: ich kann Ihnen das nicht erklären. Und ich befürchte, ohne einen Verweis auf einen abstrakten Nutzen durch die Einheit der Euro-Zone (Ideale, europäische Einigung etc.) oder auf konkrete, aber hochspekulative und hoffnungslos übertriebene Gefahren bei Desintegration der Euro-Zone (Ende der EU, Chaos, Armut, Krieg etc.) wird das auch sonst niemand können.

  14. Die EZB rennt wie ein Haase – mit immer neuen Hakenschlägen – gejagt von den Finanzmärkten, die dem virtuellen Gesamtschuldner, der hinter dem € steht, nicht trauen. Anders lässt sich jetzt die hektische Erhöhung des Eigenkapitals der EZB (Verdoppelung) nicht erklären.
    Halten wir zunächst einmal fest: Deutschland und andere gleich gesinnte Staaten können nicht gezwungen werden, in eine Schuldnergemeinschaft mit allen übrigen Staaten der €-Zone einzutreten, nur um hochverschuldeten Ländern günstigere Zinsen für die Kapitalaufnahme zu verschaffen. Das käme einer eindeutigen Subventionierung hoch verschuldeter Staaten gleich. Wenn sich die SPD-Politiker Steinbrück und Steinmeier – mittelfristig – für €-Bonds aussprechen, die gemeinsam für a l l e Staaten der €-Zone begeben werden, müssen sie erklären, ob dies nach dem GG verfassungsrechtlich statthaft ist. Aus gegenwärtiger Einschätzung wäre aber ein solches Procedere eine ganz klarer Verstoß gegen das „bail-out Verbot“ der Rahmenbedingungen für die seinerzeitige Einführung des €.
    Wenn die Staaten der €-Zone an ihrer haushalt- und finanzpolitischen Souveränität fest halten wollen, müssen sie weiterhin als souveräne Einzelschuldner an den Kapitalmärkten auftreten. Oder alle nationalen Parlamente werden nach Straßburg zum Europäischen Parlament eingeschmolzen. An letzteres denkt aber doch kein ernsthafter Mensch!

  15. Ich habe die Tage wieder gelesen das der derzeitige Zinsanteil am Bundeshaushalt 18% beträgt. Bei einer Verdopplung des Zinssatzes durch die Einführung von Eurobonds würden wir mittelfristig unseren Zinanteil im Haushalt verdoppeln. Das würde die Bundesregierung absolut handlungsunfähig machen und die Bundesländer die einen Personalkostenanteil von ca 50% haben sofort ruinieren. Das Deutschland das will kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen zumal es nichts nützen würde. Nach dem man diesen letzt möglichen Schritt getan hat würden sich zwei große Anleihenanbieter gegenüber stehen ,Die USA mit dem Dollar und die Eurostaaten. Da es in den USA das totale Einstehen der Länder in der Form wie es derzeit in Europa schon mit den Rettungsschirmen praktiziert wird, nach meinem Kenntnisstand, nicht gibt, werden die Kapitalmärkte sich relativ schnell auf die Seite des Dollars schlagen und der Euro massiv an Wert verlieren bei gleichzeitiger Handlungsunfähigkeit der Euroländer. Dafür gäbe es dann nur wieder die dann extrem teuren oben beschriebenen Auswege.

  16. @ Hans

    Ihre Behauptung, durch die Eurobonds würde sich die Zinslast der Bundesschulden verdoppeln, ist falsch. Junckers Vorschlag berührt die bestehenden deutschen Staatsanleihen mit ihren festgeschriebenen Zinsen und Rückzahlungskonditionen überhaupt nicht. Er bedeutet auch nicht, dass künftig nur noch Eurobonds emittiert werden, so dass Deutschland sich weiterhin zu niedrigen Zinsen Kredite beschaffen könnte.

    Die Gemeinschaftsanleihen böten aber den „Problemländern“ eine Chance, zu vertretbaren Kosten aus der Krise zu kommen, denn die derzeitigen Zinsaufschläge machen für sie eine Sanierung der Staatshaushalte fast unmöglich. Keineswegs wären die Eurobonds ein „Blankoscheck“ für unbegrenzte Neuverschuldung, denn die beteiligten Euro-Länder müssten über die Emission gemeinsam entscheiden und könnten auch so Stabilitätsauflagen durchsetzen. Möglich wäre auch, dass die durch die Eurobonds begünstigten Länder den Garantiegebern Zinsen für die Kreditgarantie zahlen müssten, ähnlich dem jetzigen Stabilitätsfonds. Die Eurobonds böten auch eine Chance für eine Umschuldung, bei der mit den jetzigen Kreditgebern auch Abschläge vereinbart werden könnten, ohne die Währungskrise zu verschärfen.

    Die von Juncker vorgeschlagenen Eurobonds sind keine Lösung der Krise, sondern ein zusätzliches Instrument, mit dem die Folgen der Krise möglicherweise zu geringen Kosten bewältigt werden könnten, als mit den jetzigen Instrumenten. Über deren Ausgestaltung müsste man natürlich im Detail diskutieren. Merkels populistische Ablehnung des Vorschlags ohne jede Diskussion kostet den deutschen Steuerzahler womöglich mehr Geld, weil eine ständige Aufstockung des Rettungsfonds teuerer wäre.

  17. zu @ Abraham
    Ihr Satz „ähnlich dem jetzigen Stabilitätsfonds“ sagt alles. Wahrscheinlich sollen auch noch die gleichen Personen die für die Durchsetzung der Defizitkriterien die ganze Zeit verantwortlich waren das dann auch wahrscheinlich mit dem gleichen Erfolg durchsetzen. Um daran zu glauben muß ich wohl noch öfter in die Kirche gehen. Das die deutschen Staatsanleihen so günstig bleiben wenn Deutschland anfängt für die ganzen Schulden Europas als Gläubiger aufzutreten glauben Sie doch wohl eigentlich selbst nicht. Die deutschen Anleihen werden sich über kurz oder lang den Eurobonds angleichen.
    Die Lösung kann nur darin liegen Regeln aufzustellen die die Kreditgeber mit in die Verantwortung bringen,wie der Übergang dazu auch immer aussieht. Dann wird der Markt das regeln wer zu welchen Konditionen Kredite bekommt. Die Garantien, für irgendwelche Absichtserklärungen an die sich dann doch niemand hält oder sie bewußt und allen bekannt fälscht wie im Fall Griechenland, zu geben hat bisher noch nie funktioniert und wird ganz klar die Folgen haben die ich in meinem ersten Beitrag beschrieben habe.

  18. @ Hans

    weil auch Eurobonds politisch falsch gehandhabt werden könnten, macht sie nicht schon ungeeignet, als ein Instrument zur Kostendämpfung bei der Bewältigung der jetzigen Krise zu dienen. Die Behauptung, mit den Eurobonds würde Deutschland anfangen „für die ganzen Schulden Europas als Gläubiger aufzutreten“, ist demagogisch. Auch mit dem Stabilitätsfonds (und auch durch ihre Mitgliedschaft im IWF) tritt Deutschland in Mithaftung, die sich durch Eurobonds nicht vergrößert.

    „Die Lösung kann nur darin liegen Regeln aufzustellen die die Kreditgeber mit in die Verantwortung bringen,wie der Übergang dazu auch immer aussieht.“ Genau solche Regeln könnten mit den Eurobonds möglicherweise bei geringeren Kosten als die des Stabilitätsfonds durchgesetzt werden, um einen Übergang zu gestalten.

  19. zu @ Abraham
    Den Übergang zu marktwirtschaftlichen Regeln den Politikern zu überlassen die schon einmal nicht verhindert haben (3% und 60% Regel) das vertraglich vereinbare Bestimmungen nicht eingehalten werden ist den Bock wieder zum Gärtner zu machen. Dieser Übergang wäre festzuschreiben und über die EZB abzuwickeln. Ich habe aber bisher nur Vorschläge mit unklaren Absichtserklärungen vernommen, wie z.B. das ein Land nur einstimmig durch den Europäischen Rat bestraft werden kann. Das wird wieder nicht funktionieren. Solange erst einmal die Garantien kommen sollen und dann sehen wir weiter sollte es keine Garantien geben. Das für eine klar definierte Übergangszeit ein Rettungsschirm oder auch Eurobonds als Möglichkeit nötig sind ist einzusehen aber nur wenn auch vorher ganz klar geregelt ist was passiert wenn Verträge nicht eingehalten werden. Wenn darin letztlich steht das wenn ein Vertragspartner gegen den Vertrag verstößt tagt der Europäische Rat dann darf es einen wie auch immer gearteten Vertrag nicht geben weil dann wieder das nichteinhalten schon vorher vorgesehen ist.
    Ihr Vorwurf es wäre demagogisch zu sagen wir müssten dann für die ganzen Schulden Europas als Gläubiger auftreten weiße ich zurück außer Sie würden mir sagen wer noch als Gläubiger nennenswert aus Ihrer Sicht in Frage käme. Mir fällt da langfristig niemand mehr ein. Es gibt eigentlich keine Alternative als den Markt ins Spiel zu bringen sonst wird es mit einer Geldentwertung für alle enden, ob mit jahrelangen 7-8% Inflation oder einer schnelleren Lösung wird sich zeigen.

  20. @ Hans

    „Es gibt eigentlich keine Alternative als den Markt ins Spiel zu bringen“, meinen Sie und fordern den „Übergang zu marktwirtschaftlichen Regeln“, den Sie aber Politikern nicht überlasen möchten. Dabei ist es nicht der „Markt“, der versagt. Er funktioniert nach „marktwirtschaftlichen Regeln“ der Gewinnmaximierung, zu denen Währungsspekulationen sowie Kurswetten untrennbar gehören, prächtig, was man an den wieder kräftig sprudelnden Gewinnen des Investmentbankings ablesen kann. Was nicht funktioniert, ist die Regulierung der Märkte, und diese kann nur die Politik leisten. Da können auch die „Fachleute“ der EBZ nicht helfen, sondern wir brauchen kompetente Politiker, die nicht nur danach schielen, was populär ist. Es nützen uns auch keine „gelehrigen“ Phantomdebatten über den Euro, weil die Rückkehr zu Nationalwährungen mitten in einer Krise nur in einer Katastrophe für alle enden würde.

  21. zu @ Abraham
    Unter Markt ins Spiel bringen verstehe ich das der Kreditgeber nicht sein Risiko an den Steuerzahler abtreten kann sonst müsste er auch seine Zinsen an den Steuerzahler abtreten. Das auch im Moment unter völlig unsinnigen Bedingungen der Markt im Spiel ist ist klar. Wenn die Bedingungen so bleiben wird der Markt vom Steuerzahler unbegrenzt viel Geld holen. Deshalb muss es so kommen das der Markt auch das Risiko von Kreditausfällen tragen muß erst dann wird ein Gleichgewicht zwischen Gewinnaussicht und Risiko erreicht werden.
    Natürlich kann das nur durch Regeln erreicht werden die von der Politik vorgegeben werden. Die Politik darf aber dem Markt nicht sagen macht euch keine Sorgen das Risiko übernehmen schon wir als Staat. Wenn man das tut hat das nichts mit Rahmenbedingungen zu tun und man darf sich nicht wundern wenn das Geld dann auch abgerufen wird. Immer wenn das Risiko auf 0 gesetzt wird wird es Blasen geben.
    Die Rückkehr zu Nationalwährungen kann nicht das Ziel sein wird aber um so schneller geschehen um so mehr alle für alle bürgen, dann entsteht nämlich ein Wettlauf wie hole ich für mich das meiste raus wenn andere zahlen. Ich bin für den Euro aber es muss klar sein das jedes Land sein eigenes Haushaltsrecht und damit die eigene Verantwortung hat(wirkliche Ausnahmen bestätigen die Regel) Dann geht halt ein Land wie Irland oder Griechenland pleite. Man könnte diesen Ländern wenn sie sich den Euro nicht mehr leisten können Verhandlungen über einen geregelten Ausstieg anbieten. Eurobonds mit irgendwelchen Zusagen von denen jeder weiß das sie nicht ernst zu nehmen sind nur das die Partie mit von Deutschland garantierten niedrigen Zinsen wieder weiter gehen kann sind bestimmt nicht die Lösung sondern der nächste Schritt zur Währungsreform

  22. @ Hans

    Sie rufen nach dem Markt, argumentieren aber gänzlich an den Marktgesetzen vorbei. Bei einer Staatsanleihe ist es doch selbstverständlich, dass der Steuerzahler des emittierenden Staates für diese haftet. Ist eine solche Haftung unsicher, steigt das Risiko der Anleihe. Der Preis des Risikos ist aber der Zinssatz: Je höher das Risiko, desto höhere Zinssätze muss der Emittent anbieten, damit Anleger die Anleihe zeichnen. Auch wenn es – nach dem offensichtlichen Versagen der Ratingagenturen – für die Bonität eines Staates keinen objektiven Maßstab gibt, auch weil die politischen Faktoren kaum „ökonomisch“ bewertbar sind, wird sich im „Markt“ ein „Angstzuschlag“ herausbilden, unterhalb dessen es nicht genügend Anleihekäufer gibt. Aber es funktioniert auch in die andere Richtung: Der „Markt“ kann keine beliebige Anleiheverzinsung erzwingen, weil sich ab einem bestimmten Zinssatz genügend Anleihekäufer finden.

    Reicht die Kreditwürdigkeit eines Staates für seine Refinanzierung nicht mehr aus, gibt es zwei Alternativen: Staatsbankrott oder Stützung durch Dritte. Wer einen Staatsbankrott eines europäischen Landes für eine politische Option hält („Dann geht halt ein Land wie Irland oder Griechenland pleite“), nimmt leichtfertig unabsehbare Folgen für ganz Europa in Kauf. Ein Dominoeffekt auf andere „schwache“ EU-Länder wäre nicht auszuschließen, aber auch die Wirtschaft der „Starken“ wie Deutschland käme nicht ungeschoren weg. Dabei spielt die gemeinsame Währung nicht einmal die Hauptrolle (der US-Dollar hat die Fast-Pleite Kaliforniens auch überstanden); es wäre schon teuer genug, wenn Banken, Versicherungen und Fonds Anleihen abschreiben müssten und Unternehmen auf Rechnungen für ihre Exporte sitzen bleiben würden.

    Ich halte daher die Stützung Griechenlands und Irlands für politisch alternativlos. Dazu muss man alle verfügbaren Instrumente intelligent und entschlossen einsetzen, statt durch populistische Diskussionen die Märkte zu verunsichern und so die Kreditzinsen für die angeschlagenen Staaten in die Höhe zu treiben. Selbstverständlich muss die Hilfe durch klare Auflagen und Bedingungen begleitet werden. Diese ließen sich über Eurobons (die z.B. die EZB emittieren könnte) wahrscheinlich leichter durchsetzen, weil ein dazu notwendiger Vertrag nicht unbedingt die Zustimmung aller EU-Länder bedarf. Ein automatischer Sanktionsmechanismus gegen Haushaltssünder kann hingegen nur durch eine wesentliche Änderung des Lissabon-Vertrags eingeführt werden, der von allen EU-Mitgliedern ratifiziert werden muss, wozu auch z.B. in Irland eine Volksabstimmung nötig wäre.

    Die politischen Fehler der Vergangenheit wird auch der deutsche Steuerzahler bezahlen müssen. Die Politik der Merkel-Regierung trägt aber nicht dazu bei, diese Belastung möglichst gering zu halten und in der Zukunft zu vermeiden.

  23. Wenn ich nicht einiges falsch verstanden habe sind in den USA einige hundert Banken pleite gegangen ohne das die Wirtschaft davon zusammengebrochen wäre. Die Aussage die Rettung einer jeden Bank wie es in Euroland als alternativlos dargestellt wird ist wie Sie ja auch am Beispiel von Kalifornien angeführt haben falsch im Gegenteil die komplette Stützung durch Drite ist zukunftslos.
    Dadurch werden die Regel die Sie im ersten Teil Ihres letzten Beitrages richtig aufgeführt haben außer Kraft gesetzt. Zur Marktwirtschaft gehört halt das Risiko der Insolvenz(ich habe mit Absicht das falsche Wort Pleite diesesmal nicht benutzt) Diese muß geordnet ablaufen. Dafür Regeln zu schaffen wäre die Aufgabe der Politik,die an dieser Aufgabe, wie ich oben geschrieben habe, total versagt. Da dazu als wichtigstes eine schnelle klare Ansage nötig wäre.Ich glaube das die dafür nötigen Vertragsänderungen durchsetzbar sind weil zuletzt der bestellt auch bezahlt. Deutschland wäre gut beraten seine weitere finanzielle Unterstützung an entsprechende Vertragsänderungen zu binden. Die Fehler der Vergangenheit müssen nicht nur bezahlt sondern auch korrigiert werden sonst wird ein Teufelskreis daraus. Wenn ich irgendwo Meinungen aus den Gläubigerstaaten lese denke ich immer die Leute überschätzen die Möglichkeiten und die Bereitschaft der Deutschen diese bis zum Anschlag auszureitzen gewaltig. Wenn ich z.B: lese das der irische Staat beschließt die faulen Kredite aller Banken zu übernehmen, das aber nicht annähernd bezahlen kann dann kann das zu stützen nicht alternativlos sein. Irland hat einfach das Geld von anderen ausgegeben um sich selbst zu schützen. Das muss definitiv beendet werden denn das wird nicht von selbst aufhören.

  24. Ich finde es gibt noch eine andere Sache die entlich angefangen werden sollte zu diskutieren. Sollte es uns gelingen die Kosten der alternativlosen Maßnahmen? bei einer angenommenen Zahl von 1 Billion Euro zu begrenzen, was erst noch gelingen muß, dann muß man dafür wenn man diese Summe mit 3%? auf dem Kapitalmarkt finanzieren kann 30 Milliarden im Jahr an Zinsen aufbringen. Es stellt sich die Frage wo kommt das Geld her? So grob gerechnet sollte das einer Mehrwertsteuererhöhung von ca 4% entsprechen. Man kann sicher auch über einen weiteren Solidaritätszuschlag oder eine Erbschafts/Vermögenssteuer reden aber man sollte einmal damit anfangen zu reden.

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