Forum vom 30. Januar bis 3. Februar 2024

Alle Zuschriften von Leserinnen und Lesern im FR-Forum dieser Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion!

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Leserforum 2 20190916Forum vom 30. Januar 2024

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Zum Nachteil der Bundesländer im Osten

Wolfgang Schäuble ist tot: „Europa hat eine Säule verloren“, FR-Politik vom 23. Januar

Vieles ist in dem Artikel zu Schäubles Verdiensten gesagt. Nichts aber zu dem von Schäuble in den fünf neuen Bundesländern zerschlagenen Porzellan. Schäuble brachte langfristige Wettbewerbsvorteile in die Westländer. Der Transfer des Eigentums an Immobilien, Land und Betrieben in den Westen macht es unmöglich, aus sich heraus blühende Landschaften im Osten zu schaffen. Man baute nur verlängerte Werkbänke, zahlte Tranferleistungen im Osten, für die man Dank und Schweigen erwartete. Die nach der Vereinigung zementierten Eigentumsverhältnisse haben die Ostdeutschen strukturell benachteiligt. Das wirkt sich heute in den Höhen von Erbschaft und in Wahlergebnissen aus.
Ebenso hat Verhandlungsführer Schäuble dafür gesorgt, dass im Bundesrat die neuen Länder nie eine Sperrminorität erreichen können. Wäre 1990 nach bestehendem Recht die Sitzverteilung im Bundesrat fortgeschrieben worden, hätten die alten Bundesländer 45 und die Ex-DDR-Länder 20 Stimmen erhalten. Das ist aber aus Angst vor Machtverlust im Westen nicht gewollt gewesen. So sind dann der unerfahrenen und in Auflösung befindlichen DDR-Regierung 46 Stimmen für die Westländer und 23 Stimmen für die Ostländer in den Einigungsvertrag herein verhandelt worden. Zurzeit sind es laut Bundesratsbroschüre von 2019 19 Ostländerstimmen (ohne Berlin, das vier Stimmen hat, Anm. d. Red.) Damit haben die Ostländer kein Vetorecht und sind Bittsteller geworden. Im Ringen um die Verfassung soll Schäuble gesagt haben, jetzt ist aber mal gut, wir bezahlen den ganzen Laden, jetzt reicht es. Das war die Haltung damals und das sind die Folgen jetzt.

Johannes Koll, Pirna

Persönliche Machtgelüste

US-Republikaner: “ Trumps willige Sekte“, FR-Titel vom 17. Januar

Also man muss sich schon fragen, warum dieser Donald Trump nicht aufgehalten wird? Er lügt und betrügt nachweislich, macht keinen Hehl draus, was passiert, wenn er zum Präsidenten gewählt wird. Aushebeln, Abschaffen der Institutionen, die ihm gefährlich werden können, die Leute verfolgen, die ihm schaden wollen. Würde mich nicht wundern, wenn er das ganze System so umwandeln würde, um Präsident auf Lebenszeit zu werden. Trump geht es nur um seine Person.
Derweil geht es nicht mal darum, dass er aus der Nato austreten und nicht mehr Geld für den Ukrainekrieg locker machen will und andere Brandherde. Abgesehen davon waren die europäischen Länder schon seit längerer Zeit gut beraten gewesen, wenn sie eine ernst zu nehmende Wehrfähigkeit bewahrt häten, auch wenn Frieden dem Anschein nach besteht. Man kann schon seit lägerer Zeit beobachten, wie die Machtgelüte und Rüksichtslosigkeit gewisser Machthaber zutage treten.

Rainer Prosik, Hattenhofen

Befreite Sexualität

Pornografie: „Es ist ein Kreuz“, FR7 vom 20. Januar

Ich teile die Sicht, dass es bedauerlich ist, wenn in kirchlichen Kontexten gegenüber Jugendlichen über Pornografie geschwiegen wird oder ihr nur normensetzend begegnet wird. Das wird den Bedürfnissen junger Menschen nach einer Auseinandersetzung mit überwältigender Pornografisierung ihres Alltags in der Tat nicht gerecht. Dem allerdings mit Literatur mit dem Titel „Pornopositiv“ zu begegnen, widerspricht zwar den hier kritisierten sexualitätsfeindlichen kirchlichen Traditionen, aber auch unserer gesellschaftlichen Übereinkunft, dass Pornografie keine geeignete Möglichkeit ist, jungen Menschen Zugang zu zufriedenstellender Sexualität zu ermöglichen. Dies schlägt sich in §184 des StGB wieder, der Minderjährige unter 18 Jahren (sic!) vor Pornografie schützt.
Aus langjähriger pädagogischer Erfahrung im Feld kann ich nur bestätigen, dass dieser Schutzimpuls gerechtfertigt und notwendig ist. Wenn es um eine Auseinandersetzung mit dem Thema geht, würde ich mir wünschen, dass mindestens neben die „Pornopositivität“ von Paulita Pappel auch eine kritische Bewertung käuflicher Sexualität wie etwa durch Huschke Mau gestellt würde. Der Artikel arbeitet berechtigt heraus, dass Pornografie und traditionelle kirchliche Sexualnormen nur zwei Seiten derselben Medaille sind. Die Antwort ist aber nicht, die Medaille einfach zu drehen, sondern, junge Menschen in einer nicht- kommerzialisierten, kommunikativen, von Geschlechterrollenerwartungen befreiten Sexualität zu unterstützen.

Barbara Behnen, Gießen

Leserforum 2 20190916Forum vom 31. Januar 2024

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Ein einziger Fall ist schon zu viel

Sexuelle Gewalt in der evangelischen Kirche:„Zu wenig, zu spät“, FR-Titel vom 26. Januar

Ich stand von 1974 bis 2013 als Pfarrer im Dienst der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, eigesetzt in Gemeinden in Gießen, Urberach, Eppertshausen und OF-Waldheim, außerdem viele Jahre in der Klinikseelsorge Offenbach. Seit meiner Pensionierung bin ich ehrenamtlicher Mitarbeiter meiner Kirche.
Und nun wurde (endlich!) am 25.Januar aufgedeckt, was ich niemals wahrhaben wollte, obwohl ich es ahnen konnte: Wir waren die ganze Zeit um Nichts besser als alle anderen Organisationen und Verbände mit ihrem Machtgefälle von Hauptamtlichen und Abhängigen. Der Wunsch, es möge bei uns besser sein als in anderen Konfessionen, als in Sportvereinen oder in der Odenwaldschule, war reiner Selbstbetrug.
Das eigene Bedürfnis, seine Arbeit gut zu machen, hat mich immer wieder dazu verführt, die eigene Institution schönzureden. Ich schäme mich dafür, und ich bin wütend auf die ‚Kollegen‘, die alle anderen mit in ihren Dreck gezogen haben.
Für mich selbst gelten da keine Ausreden: Es mögen an der Zahl aller gemessen eher wenige Täter gewesen sein – aber ein einziger Fall ist schon zu viel. Und ich kann auch nicht geltend machen, ich habe es nicht mitbekommen, weil die Täter ihre Handlungen zu vertuschen verstanden – ich habe schließlich auch nicht nachgeforscht und bin Vermutungen nicht nachgegangen. Ob ich persönlich Kontakt zu Opfern hatte, weiß ich nicht – aber vermutlich hatten betroffene Menschen zu mir auch nicht das Vertrauen, sich mitzuteilen.
Gerne hätte ich meine Kirche als einen Ort von Freiheit und Vertrauen gestaltet, in dem Menschen aufgerichtet und stark gemacht werden – ein Ort des gegenseitigen Beschützens, des Respektes und der Begleitung zum Frieden. Nun muss ich eingestehen, dass das wohl missglückt ist und viele Menschen das Gegenteil erfahren mussten.
So ist meine Scham kein ‚Fremdschämen‘ für die Täter, sondern ich bin deprimiert über meine eigene Blindheit. Aus falscher Konfliktscheu und Harmoniebedürfnis wurde ich zum Mitschuldigen. Ich gehöre zu einer schweigenden Mehrheit – das ist in der ganzen Menschheitsgeschichte die falsche Seite, weil durch schweigende Mehrheiten stets den Tätern der Weg bereitet wird. Wer wird uns vergeben?

Hinnerk Müller, Offenbach

Die Opfer werden mit Geld abgespeist

Mehrfach berichten Sie nun über die vielen Mißbrauchsfälle in der evangelischen und katholischen Kirche. Was dabei unerwähnt bleibt ist die absurde Situation, daß die deutsche Justiz denen Sonderrechte gewährt und generell nicht über kriminelle Vorfälle in Kirchenkreisen ermittelt.
Beide Kirchen beanspruchen erfolgreich, von jeglicher Strafverfolgung unbehelligt zu bleiben und schwerkriminelle Vorfälle einfach intern zu behandeln. Mit den bekannten Ergebnnissen: selbst in nachgewiesenen Fällen wie berichtet bleiben die Straftäter weiter in kirchlichen Ämtern, die Opfer werden mit Geld abgespeist.

Manfred Stibaner, Dreieich

Haben die Eltern wirklich nichts bemerkt?

Wenn Kirchenleute Kinder missbrauchen, ist das eine Schande für die Kirche, die sich doch als Anwalt der Schwachen versteht. Dass sich die Studie auf kirchliche Disziplinarakten stützt, zeigt, dass die Kirchenleitungen durchaus aktiv wurden. Sonst gäbe es ja diese Akten nicht. Allerdings sind die Möglichkeiten der Kirchenführung, eigene Untersuchungen anzustellen, juristisch wie technisch eng begrenzt. Ferner stellen sich mir noch einige
Fragen: Haben die Eltern oder die nächsten Verwandten der Kinder wirklich nichts von dem oft jahrelangen Missbrauch bemerkt? Wenn doch, warum haben sie nicht die für die Aufklärung von Verbrechen zuständige Polizei informiert? Hat die eingeschaltete Polizei die Ermittlungen mit dem nötigen Nachdruck betrieben? Übrigens erzählt schon die Bibel, dass Männer manchmal zu Unrecht einer Sexualstraftat beschuldigt werden.

Christian Fuchs, Gutenstetten

Eine starke Kirche ist wichtig für diese Welt

Einer guten Mehrheit will ich sagen: Viele brauchen Euch! In dieser Welt ist eine starke Kirche wichtig. Sonst drohen andere Mächte. Daher sollten wir aufmerksam sein, gegen Schlechtes und für Gutes eintreten, nötige Veränderungen mitgestalten.

Johannes Laubrock, Aurich

Hier gibt es nichts zu relativieren

Dass große Institutionen wie Kirchen und ihre sozialen Einrichtungen nicht vor massenhaftem Kindesmissbrauch gut geschützt sind – jahrzehntelang geduldet, heruntergespielt von Führungspersonen, die Verantwortung tragen zeigt –, hier gibt es nichts zu entschuldigen oder zu relativieren. Man hat alles gewusst, denn was nicht sein darf, das existiert auch nicht.

Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg

Stand die SPD nicht mal für Solidarität?

Bürgergeld: „Keine Glanzleistung“, FR-Meinung vom 19. Januar

Es war eine meiner großen Erwartungen, dass die SPD in der sogenannten Ampelkoalition endlich die viel kritisierten Hartz-Gesetze hinter sich lassen wird. Es war ein kurzer Moment der Hoffnung auf Verbesserung. Ist es die wochenlange Kampagne der „Bild“-Zeitung gegen die „Faulen“, sind es die Folgen der auch von der SPD mit zu verantwortenden Schuldenbremse im Konzert mit dem fatalen Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der rigorosen Umsetzung des Finanzministers? Auf jeden Fall sind die vom sozialdemokratischen Arbeitsminister Heil auf den Weg gebrachten und vom neoliberalen Finanzminister bejubelten, neuerlich vom Kabinett beschlossenen und dem Bundestag vorgelegten Sanktionen für Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher in meinen Augen ein sozialpolitischer Skandal und das Gegenteil von dem, was ich unter sozialdemokratischer Sozialpolitik verstehe.
Die CDU legt noch einen drauf. Spahn fordert weitere Verschärfungen und sei dafür eine Grundgesetzänderung notwendig. Von der AfD ganz zu schweigen. Dort will man Bürgergeldbezieherinen und –bezieher generell zu Arbeit verpflichten, ein Vorschlag, dem sich CDU-Linnemann übrigens sofort angeschlossen hat.
Fragt man, was diese Gesetzesänderung bringen soll, reibt man sich die Augen. Das Arbeitsministerium will 170 Millionen Euro pro Jahr sparen, was nach Expertenmeinung umgerechnet eine Zahl von 150.000 Bürgergeldbezieherinnen und – bezieher bedeuten würde, die angebotene Arbeit verweigern und mit dem Bezug des Bürgergeldes bestraft würden. Lindner nannte jüngst eine Milliarde, die durch das neue Gesetz eingespart werden könnten. Tatsächlich gehen die Experten z.B. des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung davon aus, dass der Anteil von Sanktionen bei ca. 3 Prozent der Bürgergeldbezieherinnen und – bezieher liegt. Die meisten Sanktionen werden aufgrund von Terminverfehlungen ausgesprochen, nur ein Bruchteil wird sanktioniert, weil Arbeit abgelehnt wird. Die Vorsitzende der Bundesagentur geht von wenigen Tausend aus, die betroffen sein könnten. In diesem Zusammenhang müsste man übrigens auch mal danach fragen, welche Jobs tatsächlich angeboten werden. Und Erfahrungen der Jobcenter aufnehmen, wie man z.B. über aufsuchende Maßnahmen erfolgreicher agieren könnte.
Um was geht es also? Meines Erachtens sind mir mitten in einer anderen Art von Zeitenwende als sie der Bundeskanzler im Zusammenhang des Krieges in der Ukraine angekündigt hat. Wir erleben den populistischen Kampf um die Stammtische, in dem der Wettlauf mit den Rechtsparteien um die Parolen allemal wichtiger scheint, als praktische und soziale Politik. Erinnern sich die Älteren vielleicht noch an das Konzept des aktiven Sozialstaats, der damals ein Kernstück der Sozialreform war und aus heutiger Sicht Lichtjahre entfernt zu sein scheint, und war man froh, dass die Ampel die sog. aktivierende Sozialpolitik endlich grundlegend reformieren wollte, müssen wir jetzt den Einstieg in den Ausstieg dieser kurzen Phase der Korrektur befürchten, nämlich die Wiederkehr des obrigkeitsstaatlichen strafenden Sozialstaats, der – und das macht mich zornig – nichts, aber gar nichts mit dem Selbstverständnis von Solidarität zu tun hat, das ich mit der SPD (noch) verbinde..

Bernd Kaßebaum, Frankfurt

Was für eine brutale Welt!

Todesstrafe in den USA: „Hinrichtung mit Stickstoff“, FR-Politik vom 27. Januar

Es ist ein einzelner Mensch, dem Schlimmes wiederfährt. Und das in einer Welt, die vor Brutalität nur so strotzt. Dieser eine Mensch erleidet besonders große Qualen. Er wird umgebracht. Er weiß, wann und wo man ihm das Leben nimmt, und auf welche Weise dies geschieht. Jeder auf dieser Welt kann Ort und Datum wissen. Es ist in den USA, in einem Gefängnis. Ein zum Tode Verurteilter in Alabama wird erstickt, mit reinem Stickstoff, das er einatmen muss. Was für ein grausameres, kaltblütigeres Verbrechen ist denkbar als einen zum Tode Verurteilten hinzurichten? Zu ersticken. Zu enthaupten. Zu erschießen. Zu steinigen.
Kein Staat darf das Recht haben, Menschen aus Rache zu töten. Die Todesstrafe ist unerträglich grausam. Wie schön der Spruch in der Westerender Kirche (Landkreis Aurich): “ Ich begehr nicht den Tod des Sünders. Sondern, dass er sich bekehr. Und dass er lebe.“

Ralf-Michael Lübbers, Marienhafe

Leserforum 2 20190916Forum vom 1. Februar 2024

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Es ist normal, unterschiedlich zu sein

Nach Treffen mit Rechtsextremisten: „AfD-Mann soll abberufen werden“, FR-Politik vom 26. Januar

Nehmen wir eine große Pause in irgendeiner Schule dieser Republik. Mit Rennen, Rufen, Raufen herrscht hier die menschliche Vielfalt in ihrer ganzen unverstellten Breite. Konflikt, Ungerechtigkeit, Gewinn und Niederlage werden täglich erlebt und müssen immer wieder individuell und gemeinschaftlich ausgehandelt werden. Die Schule arbeitet mit Sprache, mit streitschlichtender Mediation auf Augenhöhe, mit Klassenräten als Kernplenum und Schülerräten als basaler Form repräsentativer Demokratie. Lehrkräfte agieren aus der Kraft des eigenen inneren Wertesystems, das aus der Verpflichtung auf gemeinsam vereinbarte Grundsätze resultiert. Einzelinteressen von Eltern wahrzunehmen und ausgleichend in ein transparentes überzeugendes Miteinander einzubinden, schafft die Stärke eines Mikrokosmos in der Wohngemeinde. Durch Ausgrenzung würde jede Schulgemeinschaft an Stärke verlieren. Integration im Umgang mit dem Anderssein bedeutet dagegen für alle ein Zuwachs an personaler und kollektiver Kompetenz. Schulen, die solch ein Programm lebendig verwirklichen, zeigen messbare Stärke auch in den Lernleistungen. Entfaltung eines inneren persönlichen Potentials gelingt in der Entwicklung durch den Aufbau verlässlicher menschlicher Bindung, das heißt durch die Herstellung gegenseitiger Beziehung in der Wahrnehmung der einmaligen Individualität des Gegenübers. Die Gemeinschaft einer Schule stellt hier weitgehend ein Mikromodell gesellschaftlicher Realitäten dar. Bei vielen Amtsträgern und Protagonisten der AfD muss in Anbetracht ihrer öffentlichen Äußerungen insofern eindeutig ein besonderer Förderbedarf bei der gedanklichen Durchdringung dieser Zusammenhänge und dem praktischen Umgang mit Vielfalt in der Koexistenz festgestellt werden. Ihnen bleiben die tieferen Strukturmuster eines friedlichen demokratischen Gemeinwesens in jedem Fall verschlossen, solange sie nicht in der Tiefe der eigenen Person ergründen können, dass Merkmale der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit in der vulnerablen menschlichen Existenz schlicht nicht vorhanden sind, sondern unter uns einzig die Verschiedenheit das Normale ist.

Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg

Sie sind wie Pharisäer

„Mahnwachen“ vor Abtreibungspraxen: „Zumutung für alle anderen“,. FR-Meinung vom 25.1.

Wer diese frommen Abtreibungsgegner trifft, die Frauen vor gynäkologischen Arztpraxen und auch die Ärzte unter Druck setzen wollen, möge sie doch bitte fragen, was sie selbst denn tun für lebende unterernährte Kinder überall auf der Welt. Wie viele Patenschaften für solche Kinder sie übernommen haben. Wieviel Geld sie für Krankenhäuser in armen Ländern gespendet haben, um die erschreckend hohe Mütter- und Säuglingssterblichkeit zu verringern. Wo sie sich engagiert haben gegen die Kinderarbeit selbst von Fünfjährigen z.B. in Teppichknüpfereien und auf Baumwoll-, Zuckerrohr- und Kaffeeplantagen, was deren Lebenserwartung deutlich verringert.
Wenn diese dann sagen, ja, das hätten sie gemacht, dann bitten Sie sie, bei ihrem nächsten Einsatz die entsprechenden Belege, Kontoauszüge, Spendenbescheinigungen, Daueraufträge u.Ä. mitzubringen, Sie selbst kämen auch wieder! Unverschämtheit diese Forderung? Nun ja, warum nicht wechselseitige Kontrolle? Sie wollen doch auch Kontrolle über das Leben schwangerer Frauen!
Wenn diese Frömmler all die Fragen verneinen und mehr oder weniger deutlich zu erkennen geben, dass ihnen deutsche Föten wichtiger sind als das Leid lebender Kinder in armen Ländern, die Hunger täglich erfahren, dann lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen von Rassisten einreden.
Seit der Zeit, als Jesus sich mit Heuchlern beschäftigte, die fromm tun, aber nicht im Alltag danach leben, gibt es eine Bezeichnung für solche Leute: „Pharisäer“.

Friedel Glüder, Lotte

Leserforum 2 20190916Forum vom 2. Februar 2024

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Leserforum 2 20190916Forum vom 3. Februar 2024

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Atomkraftwerke gehören zu den teuersten Bauwerken

Atomkraft: „Die gute Nachricht“, FR-Ökologisch vom 27. Januar

Während die Internationale Energieagentur (IEA) seit Jahren ein „Comeback“ der Atomkraft voraussagt, zeichnet der World Nuclear Industry Status Report vom Dezember 2023 ein eher nüchternes Bild der Branche.
Danach stagniert die Kapazität aller Atomkraftwerke seit 2005 bei etwa 365GW und der Anteil am wachsenden globalen Stromverbrauch ist mit 9,2% im Jahr 2022 auf den niedrigsten Wert seit 40 Jahren gesunken.
Zurzeit werden 58 neue Kraftwerke gebaut. Das klingt nach viel, wird aber nicht ausreichen, um die 111 Einheiten zu kompensieren, die bereits über 40 Jahre in Betrieb sind und schrittweise in den nächsten 10 – 20 Jahren abgeschaltet werden. Allen Neubauten ist gemein, dass sich die geplanten Bauzeiten um Jahre verzögern und die Kosten aus dem Ruder laufen.
Bemerkenswert ist dabei, dass die durchschnittlichen Produktionskosten über die Lebenszeit für 1 MWh bei der Atomkraft seit Jahren kontinuierlich von umgerechnet 114€ auf etwa 166€ gestiegen sind. Tendenz: steigend. Zum Vergleich: die Kosten für Windenergie sind im selben Zeitraum von 125€ auf 46€ gesunken. Tendenz: sinkend.
Atomkraftwerke gehören zu den teuersten Bauprojekten. Ohne massive staatliche Subventionen wird kein Privatunternehmen dieses Risiko eingehen.
Angesichts der Kostenexplosion und der unkalkulierbaren Bauzeit für neue Kraftwerke setzt die Nuklearbranche mit dem Small Modular Reactor (SMR) eine neue Erzählung auf. Minireaktoren, die durch die modulare Bauweise bedarfsgerecht skalierbar, kostengünstig und flexibel einsetzbar sein sollen. Idealerweise sollen diese auch noch den vorhandenen Atommüll verbrennen und ein Endlager überflüssig machen. Diese, angeblich neue Innovation, beruht auf Technologien, die schon vor Jahrzehnten konzipiert wurden. Man kann sich fragen, warum Technologien, die sich in der Vergangenheit nicht durchsetzen konnten, jetzt die Lösung für die Zukunft sein sollen.
Bei den meisten Nuklearunternehmen existieren SMR nur auf dem Reißbrett. Das im Jahr 2023 verstaatlichte französische Unternehmen EDF plant zum Beispiel den Bau ab 2030, was als sehr ambitioniert gilt.
Ein wesentlicher Teil der Erzählung ist auch, dass Atomkraftwerke CO2-arm produzieren und damit einen Beitrag für die Klimaziele leisten können. Selbst wenn man gegenüber der SMR-Technologie aufgeschlossen ist und die Erwartungen sich irgendwann erfüllen sollten, so ist aber auch eins klar; als signifikanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele bis 2045/2050 kommen SMRs einfach zu spät.

Martin Morgenroth, Frankfurt


Blähungen sind nicht gut

Milch: „Unverträglich, aber gut für den Stoffwechsel“, FR-Wissen v. 30.1.

Ihren Artikel kann ich aus fachlichen Gründen nicht unwidersprochen lassen! Das Verheerendste an den Inhalten sehe ich darin, dass Leser, schlimmstenfalls Kranke, die nicht vom Fach sind, weiterhin Milch konsumieren, trotz (s. letzter Satz des Artikels) „Blähungen, Darmgeräuschen oder ähnlichen Symptomen“. Wenn diese Symptome auftreten, ist es ein völliger Widerspruch, von gesundheitsfördernden Prozessen zu reden, sie sind immer ein Hinweis darauf, dass im Körper Fehlverstoffwechselungen ablaufen. Diese machen krank!
Der erste Fehler, der bei dieser Art der Forschung gemacht wird, ist, dass die Forschung die krankmachende Wirkung von Milch der Lactose zuordnet. Spezialisten, wie Immunologen, wissen, dass bei körperlichen Beeinträchtigungen immer die Eiweiße an erster Stelle stehen. Bei der Milch handelt es sich um das Eiweiß Casein. Kohlenhydrate wie Lactose stehen an zweiter Stelle. Hätten die Forscher also allen Befragten Blut entnommen und dieses auf Antikörper gegen Casein untersucht, hätten knallharte Fakten verwertet werden können. Immerhin induziert Casein im Tierversuch Asthma; diese Wirkung von Casein ist tierexperimentell bewiesen.
Bei der hier vorgestellten Vorgehensweise stehen an erster Stelle subjektive Fakten (Befragung; Art der Milch? Konsumierte Menge? etc.) und keine wissenschaftlichen Fakten.

Dr. Ines Lind, Karlsruhe

Unser Weg in die Zukunft

Olaf Scholz: „Kaltschnauz trifft auf Hasenfuß“, FR-Politik vom 1. Februar

Die Welt sei rauer geworden, teilte uns Bundeskanzler Olaf Scholz zum Jahreswechsel in einem Moment, als er sich kurz seinem Autismus-Kokon entzog, mit. Ja, stimmt, nur muss man das Volk auch beim Bewältigen von Problemen auch mitnehmen. Muss man sich Belange anhören statt sie zu negieren oder nicht ernst zu nehmen. Gelegenheiten gibt es reichlich. Im kleinen Rahmen oder martialisch, wie die Bauerproteste, als hinter schwerem Gerät auch andere Bürger protestierten, um Unzufriedenheit und Enttäuschung Luft zu machen. Wer nun glaubt, nach Corona, dem Ukraine-Krieg, den weltweiten Brennpunkten und der kippenden Stimmung vor Ort, sei’s fürs erste mit Krisen und deren Folgen genug, täuscht sich, und verkennt die erkennt: es wird in vielen Bereichen schlimmer werden, man muss es nur erkennen und das Gröbste verhindern. Das bedarf Engagement, Weitsicht, Mut, Zusammenhalt, Verzicht und Änderung am Begriff Wohlstand. Der ist eines der Lieblingskinder des Deutschen Michel und weicht nun der Verlustangst, die man so nicht kennt und die wiederum Anpassungen verlangt. Ja, verstanden. Es muss gespart werden. Ja, auch verstanden. Es wird persönliche Einschnitte geben und es wird nicht mehr alles, was liebgewonnen und selbstverständlich war, möglich sein. Ups, hier spätestens taucht ein Jein auf; Wenn schon, dann doch bitte erstmal woanders. In den nun sechs Jahrzehnten des stetigen Wachsens für den Großteil, nicht allen im Volk, ist dies verbunden mit finanziellem Zugewinn, persönlichen und materiellen Errungenschaften sowie und gesellschaftlichen Fortschritten. Dazu haben wir uns, neben größerem Egoismus, auch einen „Lobbyismus-Wanst“ zugelegt, der uns jetzt sauer aufstößt. Überall drückt so de Schuh, dass nur noch Streik, Ablehnung und Verweigerung, helfen. Fordernder, teilweise dreist (GDL- Weselsky ließ hier mit „Gier frisst Hirn“ herzlich grüßen) heißt es: haben wollen“! Mehr Geld, mehr Urlaub, weniger Arbeitszeit bei gleichem Lohn/Gehalt- verständlich, wünschenswert und auch zum Teil um-setzbar- doch bitte nicht gleichzeitig, mit Augenmaß! Es kann nicht alles, was in den letzten Jahrzehnten von unterschiedlichen Regierungen fast sämtlicher Coleur versäumt, abgebaut und totgespart wurde (u.a. Bundeswehr, Krankenhauswesen, Bahn) im Hauruck gelöst werden. Wer das glaubt, träumt und bereitet all denen ein gefundenes Fressen, die selbst keine Lösungen und Konzepte haben, aber alles besser machen wollen. Populisten, Verschwörer, Reichsbürger, Schwurbler und diejenigen, die unseren Staat ablehnen, etwas ganz anderes wollen, mit ihren kruden Gedanken kaum noch hinterm Berg halten und auf Stimmenfang gehen. Sollen solche Kräfte regieren und uns in die „Zukunft“ führen? Nehmen wir uns doch nur die Jahre nach Kriegsende als Beispiel, als es wahr-lich düster in Deutschland aussah und was daraus wurde! Aber heute sollen wir unsere Probleme, in einem immer noch sehr reichen Land, nicht stemmen? Zeigen wir, dass es geht. Gemeinsam.
Michael W. Rimkus, Bad Hersfeld

Diskussion: frblog.de/jammer


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5 Kommentare zu “Forum vom 30. Januar bis 3. Februar 2024

  1. Frage:
    Ist mein Kommentar über die Rede des Herrn Lafontaine, gehalten auf dem Parteitag der BSW
    am 27.01.24, vom 02.02.24 nicht gut genug, um veröffentlicht zu werden ? Es wäre schon interressant zu erfahren, was allgemein so gedacht wird.

  2. @ Günther Rohr

    „Gut oder nicht“ – sonderbare Frage. Gegenfrage: Warum veröffentlichen Sie Ihren Kommentar nicht selbst, und zwar hier? Statt sich zu beschweren? Das FR-Blog ist seit fast 20 Jahren für Sie da. Nutzen Sie es!

  3. Sorry, das wusste ich nicht.
    Ich habe bisher immer meine Kommentare an FRLeserbrief gesandt; hat immer geklappt.
    Nun, jetzt habe meinen Kommentar an Sie unter FRBronski@web.de geschickt. Ist das ok so ?

  4. Zum Thema Klima und Umwelt
    Am 5.2. gab es in der FR ein Interview mit Lukas Wick, Helmholtz-Zentrum, Leipzig, über Pilze und ihre Wichtigkeit für die Pflanzenwelt. Dieses Interview gehört zu den wichtigsten Beiträgen der letzten Jahre. Ohne Pilze kein Wald ! Das dürfte für die meisten Menschen neu sein, vor allem wichtig angesichts des herrschenden Waldsterbens. Bis jetzt ging es dabei um Trockenheit. Wasser allein ist aber nicht ursächlich. Genauso wichtig ist die Pilzflora für das Leben von Pflanzen und Bäumen. Es ist zwar bekannt, dass einige Pilze bestimmten Bäumen zugeordnet werden können, neu ist, dass eine Vielzahl von Pilzen mit den Pflanzen zusammen gedacht werden müssen. Herr Wick sagt: Ohne Pilze gäbe es wohl keinen Wald und keine Bäume. Diesen Satz muss man erst einmal begreifen !
    Was Herr Wick nicht anspricht ist die Auswirkung unserer konventionellen Landwirtschaft auf das Pilzleben, inwieweit die Pestizide und andere Gifte sich auswirken. Diese Gifte bleiben ja nicht da , wo sie ausgebracht werden sondern verteilen sich auf weite Landstriche, durch Wind und Regen, über Gewässer un d Überschwemmungen. Zu beobachten ist, dass in einem Waldstück, das ich seit Jahren besuche, das Pilzleben massiv eingebrochen ist und gleichzeitig diverse Bäume abgestorben sind. Das Waldstück ist umgeben von konventioneller Landwirtschaft, die regelmässig mit Glyphosat und ähnlichem arbeitet. Dieser Aspekt kommt bisher, soweit mir bekannt, in der Umweltdiskussion überhaupt nicht vor. In den USA/Oregon an der Pazifikküste gibt es diverse Gemeinschaften von Pilzinteressierten, die das Pilzleben untersuchen und vielfältige Untersuchungen angestellt haben hinsichtlich des Zusammenlebens von Pilzen und dem Wald ganz allgemein. Man bedenke, es sind Pilze, die aus Steinen Humus herstellen können und damit erst pflanzliches Leben auf diesem Planeten möglich gemacht haben !

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