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Leserforum 2 20190916Forum vom 19. Dezember 2023

Alle Zuschriften dieser Ausgabe des FR-Forum folgen gleich hier. Zum pdf der Zeitungsseite klicken Sie bitte HIER.

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Konzeptplose Bildungspolitik

Pisa-Schreck: „Bedenkliche Lücken“, FR-Meinung vom 7. Dezember

Wer jetzt noch von den Ergebnissen der aktuellen Pisa-Studie überrascht ist, hat die Chronik einer angekündigten Bildungskatastrophe schlichtweg verleugnet. Die vielen Schwachstellen und Probleme des deutschen Bildungssystems sind seit vielen Jahren bekannt und ich kann dem Beitrag von Leo Fischer voll und ganz zustimmen. Wer geglaubt hat, der deutsche Bildungsnotstand wäre damit zu beheben, jedem Schulkind ein Tablet in die Hand zu drücken, negiert die Zusammenhänge zwischen Beziehung und Lernen und die zentrale Bedeutung vieler engagierter und gut ausgebildeter Lehrkräfte für eine gute Schule. Diese Zusammenhänge zwischen Lernerfolg und stabilen Lernbeziehungen wurden durch die massiven Auswirkungen der Corona-Krise mit Schulschließungen und fehlendem Präsenzunterricht sehr deutlich. Um bessere und gerechtere Bildungschancen für alle Schülerinnen zu ermöglichen, sind massive Investitionen in eine entbürokratisierte und praxisorientierte universitäre Lehrerinnen-Ausbildung sowie in die ständige Fortbildung und Weiterqualifizierung der Lehrkräfte notwendig. Angesichts der Problemlagen vieler Schülerinnen braucht es zudem zusätzlich weitere Fachkräfte wie Schulpsychologinnen und Sozialpädagog*innen an unseren Schulen. Bildungsgerechtigkeit bedeutet mehr als die unkritische und konzeptlose Digitalisierung von Schulen, denen massiv Lehrkräfte fehlen und die häufig in völlig marodem Zustand sind. Bildungsgerechtigkeit erfordert auch deutliche strukturelle Reformen, aber vor allem massive finanzielle Mittel für eine bessere, inklusivere und sozial gerechtere Bildung. Für die Aufrüstung und Militarisierung werden mal schnell 100 Milliarden bereitgestellt, während für die Verbesserung der Bildungschancen vieler Kinder die Mittel fehlen. Wie Josef Hanel in seinem Beitrag schreibt, ist das Interesse der Politik am Thema Bildung mehr als dürftig und so hat sich seit den Zeiten von „In der Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix“ wenig geändert.

Hermann Roth, Frankfurt

Angst vor den Helikopter-Eltern

Die Ergebnisse der letzten PISA- Studie und die inflationäre Vergabe von Einser-Abschlüssen bei den Reifeprüfungen stehen in einem erklärungsbedürftigen Widerspruch.
Entweder den Lehrern ist es egal, was die Schüler aus ihren Spitzenbenotungen machen, oder sie haben Angst vor den Helikopter-Eltern, die sofort die Justiz bemühen, wenn ihr Sprößling schlechte Bewertungen mit nach Hause bringt.
Jedenfalls scheint das Leistungsprinzip in deutschen Schulen außer Kraft zu sein.
Zu hoffen bleibt nur, dass sich das nicht auch noch bis in die Universitäten fortsetzt. Spätestens da müssen die Helikopter- Kinderchen – bis jetzt noch – nachweisen, was sie wirklich können.

Nikolaus Jöckel, Offenbach

Schock? Das war doch abzusehen

Moin, schon 1976 skandierten wir auf den Straßen: „In der Rüstung Grind sie fix, für die Bildung tun sie nix“ es hat sich kaum etwas geändert. Also warum Schock? Es war doch abzusehen.

Diedrich Bode, Leer

Daten im Ungewissen

Patientenakte: „Datenschutz contra Forschung?“, FR-Wissen vom 30.11.

Die elektronische Patientenakte (ePA) ist meines Erachtens ein gefährlicher und teurer Unsinn, weil die Daten auf einem Zentralcomputer nicht sicher sind. Auch der Austausch dieser Daten von Praxen und Kliniken zu dem Zentralrechner ist ein Schwachpunkt. Beispiele aus USA, Dänemark, Norwegen, Finnland, Irland u.a. gibt es zuhauf. So wurden 2018 in Finnland 40 000 Akten von Psychotherapiepatienten gehackt, 2020 Institutionen und Patient erpresst und schließlich Akten mit sehr persönlichen Daten ins Netz gestellt. 2022 geschah ähnliches in Australien, wo Millionen von Patientendaten der „Medibank“ gestohlen und teilweise veröffentlicht wurden.
Gesundheitsminister Lauterbach will für jeden Patienten zwangsweise eine ePA anlegen; wer das nicht will, muss aktiv widersprechen. Der Datenschutzbeauftragte Kelber zeigt in der FR die Hindernisse aus. Wie sieht das zudem bei Kindern und Jugendlichen aus?
Die Grundsatzfrage ist: Wem gehören die Daten über Gesundheit und Krankheit eines Menschen? Die ePA bedeutet eine Enteignung der Patienten!
Als Psychiater, Psychosomatiker und Psychoanalytiker weigere ich mich, Daten über meine Patienten ins Ungewisse abzugeben. Ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht. In den Patientenunterlagen finden sich sensible Befunde wie schwere seelische Krisen, Depressionen, Suizidversuche, Drogenmissbrauch, perverse Sexualtendenzen, destruktive Fantasien, Beziehungsstörungen, Ängste und Größenideen, Themen von Schuld- und Schamgefühlen und vieles mehr. Soll das alles in einer zentralen ePA stehen?
Gesundheitsdaten sind ein Geschäft für das Versicherungswesen, die Forschung und eine Geschäftsidee für Datenhändler und Erpresser.
Im Notfall wichtige, aber auch komplexe Gesundheitsdaten wären auf einem Chip der Versichentenkarte möglich, die der Patient mitbringt und jeweils aktualisieren lassen kann. Sie blieben in den Händen und der Verantwortung des Patienten.

Prof. Matthias Elzer, Hofheim a.T.

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2 Kommentare zu “FR-Forum vom 19. bis 24. Dezember

  1. Zum Beitrag von Prof. Matthias Elzer:
    Gerade die Praxisleitlinien für schwere Erkrankungen der Psyche verlangen ausdrücklich nach einem mehrdimensional orientierten Handeln. Patienten fortwährend einem eindimensionalen Gebaren auszusetzen, bedeutet also, sie bis zu ihrem schließlichen Tod in einem Circulus vitiosus gefangen zu halten. Nicht nur, dass dadurch jedwede Chance auf Heilung genommen ist. Vielmehr eskaliert das Leiden im Zuge dessen bis weit ins Unermessliche hinein. In solch einem historischen und sozialen Kontext sich auch noch mit Frage einer elektronischen Patientenakte konfrontiert zu sehen, die dafür offenkundig keinerlei Lösung bietet, mit der äußerst destruktiv vorherrschenden Handlungskonstellation zu brechen, gefällt sich lediglich darin, Bedrohungen der Menschlichkeit einer menschlichen Existenz gleichsam mit der Gabe von weißer Salbe gewärtigen zu wollen. Betriebswirtschaftlich betrachtet, haben es Arztpraxen auf diese Weise mit einem schieren Opportunismus zu tun, der ihre Transaktionskosten in unerreichbare Höhen schnellen lässt. Es lohnt sich dann schon ökonomisch nicht mehr, den Heilberuf auszuüben. Zumindest den Patienten kostet es aber das Leben. Pervertierter könnte die Lage angesichts von derlei von dem Allgemeinmediziner Paul Lüth im Deutschen Ärzteblatt bereits vor über einem halben Jahrhundert auf das Schärfste kritisierten, sich gesellschaftlich jedoch weiterhin ungebrochen reproduzierenden „Pseudo-Aktivitäten“ gegenwärtig nicht sein.

  2. Übrigens: Laut dem aktuellen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) besteht für psychosoziale Faktoren eine robuste Evidenz. Findet sich insofern vor allem das Soziale in seiner Wirklichkeit entstellt wieder, kommt das letztlich einem von außen verübten Stich ins Herz gleich. Kritisiert angesichts dessen in Hessen das dafür zuständige Ministerium der Justiz erst jüngst am 11. Dezember 2023 in einer Pressemitteilung die unvertretbar hohen Hürden für einen Tatnachweis, lässt sich daran bereits erkennen, dass zumindest dem Amtsarzt bei der daraufhin vom Souverän angeordneten Leichenschau von der gegenwärtigen Rechtsprechung ein offener Blick bis zur Unmöglichkeit erschwert ist. Ohne aber einen eigenen Begriff davon zu haben, was in Wahrheit unter dem Sozialen zu verstehen ist, erübrigt es sich, vor einem ordentlichen Gericht eine Klage anzustrengen.

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