Alle Zuschriften von Leserinnen und Lesern im FR-Forum dieser Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion!

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Leserforum 2 20190916Forum vom 21. August 2023

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Die „Kulturmeile“ könnte zur Konsummeile werden

Schauspielhaus, Oper Frankfurt: „Plädoyer für eine Kulturmeile“ und „Kosten des Bühnenbaus“, FR-Region vom 2. u.3.8.

Die Frankfurter Theaterdoppelanlage, die vor 58 Jahren auf den Fundamenten des im Krieg stark beschädigten Vorgängerbaus errichtet wurde und als ein architektonisches Zeitdenkmal gilt, ist angeblich nicht sanierungsfähig und soll abgerissen werden. Während der letzten 30 Jahre war sie den jeweiligen Magistratsmitgliedern und Stadtverordneten das für die laufende Erhaltung notwendige Geld nicht wert – was aber nicht laut gesagt wird.
Vor diesem Hintergrund mutet es wie ein Wunder an, dass Schauspiel und Oper durch namhafte Intendanten, Regisseure und anerkannte Schauspieler glänzen konnten und können. Wirkliche Kultur wächst von innen, von der Bühne her, nach außen. Und das ist die Achillesferse der geplanten Neubauten.
Nach einer äußerst fragwürdigen Ermittlung von Sanierungs- und Neubaukosten, deren Ergebnisse angezweifelt werden, schwärmen Funktionäre der Römer-Koalition nun von der Schaffung einer Kulturmeile. Das lässt Schlimmstes befürchten. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die damaligen Parlamentarier bei den letzten Kommunalwahlen durch klügere ersetzt wurden. So gilt beispielsweise der kulturpolitische Sprecher der Frankfurter SPD, Thomas Bäppler-Wolf, als niveaulos. Von der oppositionellen „Fraktion“ werden ihm sogar rechtsradikale und rassistische Positionen nachgesagt. Auch manche der Stadträte überzeugen nicht.
Die projektierte Kulturmeile könnte zu einer Konsummeile werden, der Schauspiel und Oper lediglich als Alibis dienen. Man darf sich auch fragen, was aus dem English Theatre wird, dem die Räume gekündigt wurden.
Richtet man seinen Blick auf andere Städte, so fällt auf, dass ältere Theaterbauten geradezu jugendfrisch wirken neben der vermeintlichen Ruine in Frankfurt. Das Heinz-Hilpert-Theater in Lünen (Westfalen), das im Stil an die Frankfurter Anlage erinnert, wurde 1958 gebaut. Der Wiederaufbau des Bochumer Schauspielhauses war 1955 abgeschlossen, der des Wiener Burgtheaters ebenfalls.
Frankfurt ist und bleibt eine Provinz, vor welcher der Geist flüchtet.

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

Eine Entscheidung von großer Tragweite

Es gibt in Paris die „4 Wunder des Mitterrand“: Die Glaspyramide im Innenhof des Louvre, die Opera Bastille, die Bibliotheque nationale de France (BNF) und den Grande Arche in La Defense. Es sind architektonische „Denkmäler“, unterschiedlicher Qualität: Während der von den Pyramiden bekrönte unterirdische Zugangsbereich des Louvre und die Konzeption der BNF ihresgleichen sucht, erinnert mich die Oper eher an ein hübsch verkleidetes Kauf- oder Parkhaus.
So würde es in Frankfurt sicher nicht kommen. Doch der Vergleich, sich ein Denkmal zu setzen und dafür ein anderes Denkmal zu opfern, könnte passen. Konkret: Bei einer Entscheidung von solcher Tragweite – Erbbauvertrag mit Laufzeit von 199 Jahren! – sollte das scheinbare Argument „ein Jahr früher als bei den anderen Varianten“, welches das Schauspiel früher spielbereit wäre, keine Rolle spielen dürfen.
Berücksichtigung sollte allerdings ein finanzielles finden: Denn alle die, denen die Kosten ein entscheidendes Argument lieferten, müssen bei der Variante „Kulturmeile“ jetzt 35 plus 199 mal 1,99 gleich 431 Mio. Euro zusätzlich aufbringen. Auch wenn das ‚nur‘ 2,17 Prozent Erbpachtzins entsprechen würde: Die 431 Mio müssen in die Baukosten eingerechnet werden im Vergleich zur Doppelanlage am alten Platz!
Und wenn Verfechter namens Matthias Alexander in der FAZ, die jetzt schon schwadronieren, dass das „denkmalgeschützte Wolkenfoyer nicht zu retten ist [sic!]“ und den „Beschluss für einen Abriss infrage zu stellen“ kategorisch ausschließen, dann aber mit Hinweisen auf die scheinbar aus dem Ruder gelaufene Sanierung der Oper in Köln versuchen, Nebelkerzen zu werfen, möchte ich nur auf die Elbphilharmonie in Hamburg, Stuttgart 21 und den BER verweisen, welche enormen Risiken auch – wahrscheinlich gut geplante – Neubauprojekte bergen können.
Übrigens, die Verknüpfung des Mainufers (Nizza) mit der Anlage links und rechts vorbei an der Doppelanlage (Frischluftschneise) könnte auch durch Reduzierung oder gänzliche Aufgabe von Fahrspuren und Begrünung erreicht werden.

Hans Dietmar Jäger, Frankfurt

Weitermachen an der bisherigen Stelle

Ich erlaube mir, auf eine kleinere Ungenauigkeit in ihrem weiteren Artikel zu den Städtischen Bühnen hinzuweisen. Die Theaterdoppelanlage wurde seinerzeit von dem „Architekturbüro Apel, Beckert und Becker“ (ABB) gebaut. Der Entwurf stammte seinerzeit von meinem Vater Hannsgeorg Beckert, so dass er auch deshalb an dieser Stelle nicht vergessen werden sollte.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch gerne anmerken, dass ich gerade von der lokalen Presse doch sehr enttäuscht bin, nicht den Weiterbau der bestehenden Anlage an der bisherigen Stelle zu unterstützen. Es drängt sich doch auf, dass dies unter städtebaulichen, finanziellen, ökologischen und denkmalpflegerischen Aspekten noch der vernünftigste Weg wäre. Eine Zeitung wie die Frankfurter Rundschau sollte auch einmal den Mut haben, von dem politischen Mainstream abzuweichen. Unter diesen Umständen könnte die Lektüre einer Zeitung auch einmal wieder etwas bewegen.

Zoltan Beckert, Frankfurt

Die Frage nach der Verantwortlichkeit

Zu: „Bewährung nach Tod der Mutter“ und „Fatale Vernachlässigung“, FR-Region vom 22. Juli

Überraschend rasch und milde hat das Landgericht über einen entsetzlichen Fall schlimmster Pflegevernachlässigung einer 94-jährigen Demenzerkrankten durch deren Tochter und Enkel geurteilt. Ähnlich schlimme Stadien der Verwesung durch offene Druckgeschwüre habe ich nicht einmal vor 50 Jahren als Arzt im Heilig-Geist-Hospital bei verwahrlosten Obdachlosen im Frankfurter Ostend erlebt. Nach Stefan Behrs Bericht kam jetzt vor Gericht allerdings nur das völlige Versagen einer eigentlich zu stetigem Dank und gerichtlich zur Betreuung verpflichteten, aber zunehmend in depressive Lähmung geratenen Tochter und deren Sohn als Überforderung zur Sprache. Danach wäre die Frage der Verantwortlichkeit der Betreuungsbehörde und des Betreuungsgerichts einschließlich ärztlichem Gutachtenden und Verfahrenspflegenden sowie des medizinischen Dienstes der Krankenkassen vor Gericht eher ausgespart geblieben: Denn alle fünf Beauftragten hätten sich einen Eindruck von der verwahrlosten gemeinsamen Wohnung und der Überforderung der Vollzeit-berufstätigen Mutter und des Enkels machen müssen, die nach den Krankenhausentlassungen der mit Knochenbrüchen gestürzten dementen (Groß-) Mutter mindestens vorübergehend einen ambulanten Pflegedienst benötigt hätten, wenn sie schon eine stationäre Pflege ablehnen.
Dann hätte ich noch gern erfahren, ob eine hausärztliche Versorgung mit Hausbesuchen geregelt war und ob in dem Steinbacher Hochhaus neben der gemeinsamen Drei-Generationen-Wohnung im 8. Stock eine Nachbarschaft gepflegt wurde, in der selbst Verwesungsgeruch nicht zur Alarmierung der Sozialstation oder des Gesundheitsamts geführt hat. Ich selbst kannte aus meiner allgemeinärztlichen Praxis in Bornheim und Nordend ausschließlich patente und umsichtig mit Pflegediensten kooperierende (Schwieger-) Töchter und manchmal auch -Söhne. Eine befreundete amtliche Betreuerin hält aber die familiäre Betreuung für die gefährdetste, weil erst wieder nach sieben Jahren eine Überprüfung mit Wohnungsbesuch vorgesehen ist.

Claus Metz, Bad Vilbel

Das Publikum nickt still

Frankfurter SPD: „Von Krieg und Frieden“, FR-Regional vom 2. August

Auf der Hessenseite wird unter der Überschrift „Von Krieg und Frieden“ über den Besuch des Verteidigungsministers Pistorius bei der Frankfurter SPD berichtet, bei dem der Minister sagte, er hätte „nach der Wiedervereinigung nie gedacht, dass er noch einmal einen Krieg in Europa erleben würde“. Rückfragen dazu scheint es nicht gegeben zu haben, wenn es weiter heißt: „Da nickten sehr viele Menschen im Publikum‘.
Gab es keinen Menschen im Publikum, der den Herrn Minister hätte fragen können: „Wo waren Sie denn im Jahre 1999, also etwa neun Jahre nach der Wiedervereinigung, als SPD-Kanzler Schröder am 24.März übers Fernsehen den Zuschauern mitteilte, die Nato hätte mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen – übrigens ohne UN-Mandat, wie heute jeder Mensch wissen kann. Alles vergessen, nickendes Publikum? Auch dass Ihre SPD und die Grünen mehrheitlich diese Luftschläge mitverantworteten – alles vergessen, und das war ein Krieg in Europa.
Bei Wikipedia können sich unter dem Stichwort „Kosovokrieg“ viele Menschen über diesen ersten Krieg in Europa nach der Wiedervereinigung umfänglich informieren.

Hartwig Hohnsbein, Göttingen

Es hat sich viel getan

Wiesbaden: „Mit Umweltspuren unzufrieden“, FR-Region vom 28. Juli

Das ist ja wohl mal Jammern auf ganz hohem Niveau. Als Viel-Radfahrer im Stadtgebiet Wiesbaden muss ich dem Dezernat Kowol großes Lob zollen, denn in den letzten fünf Jahren hat sich hinsichtlich Fahrradsicherheit in Wiesbaden mehr getan als in den 30 Jahren zuvor. Es ist heute problemlos möglich in 30 Minuten mit dem Rad von Schierstein nach Bierstadt zu fahren und das durchgängig auf Radwegen und Radstreifen.
Die Umweltspuren verschaffen dem Radverkehr die Bedeutung, die ihm zusteht. Logisch, dass Autofahrer über reduzierten Verkehrsraum klagen.
Es müssten nur noch ein paar mehr Leute regelmäßig mit dem Rad fahren, dann wären die Umweltspuren besser ausgelastet und der Verkehrsraum für die verbleibenden Autos würde plötzlich auch ausreichen.
Woran es wirklich mangelt, ist die fehlende Überwachung des Radverkehrs durch die Stadtpolizei. Es ist an der Zeit, dass auch Radfahrer sich an Verkehrsregeln halten müssen, z.B. Benutzen der Radwege in der zugelassenen Richtung. Auch das Zuparken der Radwege durch Lieferfahrzeuge gehört wesentlich häufiger geahndet. Aber darauf muss ich vielleicht nochmals dreißig Jehre warten!

Herbert G. Just, Wiesbaden

Leserforum 2 20190916Forum vom 22. August 2023

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Eine wichtige Investition in die Zukunft

Ampelkoalition, Kindergrundsicherung: „Nach dem Zoff ist neuer Zoff“, FR-Politik vom 17. August

In fast allen Medien wird Lisa Paus‘ „Blockade“ so dargestellt, als verhielt sie sich wie ein kleines Kind, dass im Sandkasten bockig auf der Umsetzung seiner eigenen Vorstellungen beharrt, und es klingt mit, dass sie damit den Politikbetrieb (sprich: kompromisslose „schwarze Null“ im Haushalt) stört. Etwas ganz anderes ist aber eigentlich ihre Absicht.
Über zunehmende Kinderarmut besonders in den jetzigen Krisenzeiten wurde in der Frankfurter Rundschau schon oft berichtet. Sozialwissenschaftler sind sich weitgehend darin einig, dass der für Kindergrundsicherung vorgesehene Etat viel zu niedrig angesetzt wurde. Kindergrundsicherung ist eine wichtige Zukunftsinvestition. Was wir heute dort nicht investieren, fällt uns in 10 bis 20 Jahren gewaltig auf die Füße in Form von steigenden Sozialkosten Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Delinquenz. Und vielleicht zieht man sich so auch eine neue Generation „rechts“ Denkender heran, die diesen Staat, der ihnen zu wenig gab, vernichten will. Die „schwarze Null“ im Haushalt wäre aber trotz der Erhöhung der Kindergrundsicherung zu erreichen. Man müsste sich das Geld nur dort holen, wo es nutzlos herumliegt, für Luxuskonsum „verbrannt“ wird, oder durch Spekulation mit Derivaten sinnlos vernichtet wird. – Aber Herr Lindner will seiner Klientel sicher nicht weh tun.

Harald Knigge, Rödermark

Höchste Zeit, dass endlich mal jemand Nein sagt

Endlich mal hat mich der Bericht über eine Bundeskabinettssitzung gefreut: Lisa Paus besteht auf eine halbwegs würdige Finanzierung einer Kindergrundsicherung! Endlich kann Herr Lindner mal nicht machen was er will – nämlich ausschließlich sein Klientel zu bedienen. Endlich legt Frau Paus mal ein Veto gegen die Herren Lindner und Habeck ein: Kinder, Erziehung, Pflege, Mobilität auch für Eingeschränkte mit Kinderwagen oder Rollator – all dies scheint immer noch alleinige Sache der Frauen zu sein. Höchste Zeit, dass endlich mal jemand NEIN sagt, um ein JA für unsere Zukunft – die Kinder – zu erreichen! Das hat meine vollste Unterstützung!

Annette Müller, Frankfurt

Abwertende Ausdrucksweise

Lisa Paus will dem sogenannten Wachstumschancengesetz nur zustimmen, wenn ihr Projekt einer Kindergrundsicherung von dem von Christian Lindner geleiteten Finanzresort mehr finanzielle Mittel erhält. Das nennt die FR „Zoff“. Ich frage mich, ob mit einer derartig primitiven Sprache nicht gerade das gefördert wird, wogegen eine seriöse, linksliberale Tageszeitung kämpfen sollte: Politikverdrossenheit, die etwa so lauten könnte: „Die da oben kommen aus dem Urlaub zurück und verbraten unsere Steuergelder mit Zoffen“. Nicht nur die FR begibt sich auf ein derart populistisches sprachliches Niveau; leider gilt dies auch für die öffentlich-rechtlichen Medien und einige Politiker. So sprechen Stimmen aus der FDP von einem „Erpressungsversuch“ durch das Familienministerium. Das Ringen um einen demokratischen Konsenz – zumal zwischen drei so unterschiedlichen Regierungsparteien wie in Berlin – sollte in Zeiten nationaler und internationaler Krisen nicht verunglimpft werden, da es nun mal zu einer Demokratie gehört. Letztlich trägt diese abwertende Ausdrucksweise zu dem so beklagten Vertrauensverlust in die demokratischen Parteien und den Staat bei und ist Wasser auf die Mühlen der AFD.

Sonja Hartung, Waldsolms

SPD und Grüne müssten die FDP rausschmeißen

Die Ampel ist keine Koalition, die gute Regierungsarbeit macht. Viele sinnvolle Vorhaben von SPD oder den Grünen blockiert die FDP mit ihren Zielen, die konträr zu der SPD und den Grünen sind. Wenn der Ukrainekrieg nicht wäre, müssten m.E. die SPD und die Grünen die FDP aus der Regierung schmeißen und als Minderheitenregierung weitermachen. In Deutschland sind die Parteien nur „bequeme“ Arbeit mit einer Mehrheit der Stimmen gewohnt. Mit einer Minderheitenregierung müssten alle demokratischen Parteien zeigen, wofür sie stehen und ob sie das Land weiterbringen wollen.

Volkmar Köhler, Offenbach

Einmal im Leben in die Südsee

Zu: „Baerbocks Flieger schafft es nicht bis Australien“ und „Peinliche Panne“, FR-Politik und -Meinung vom 16. August

Das Ausland lacht. Made in Germany? Häme. Ich aber frage nach der Botschaft des Pannenflugs. Was lerne ich daraus? Wenn ich richtig gelesen habe, ging es bei der Reise nicht um eine „Lustreise“ nach Australien, Neuseeland und Fidschi, sondern es sollte ein Signal der Verbundenheit mit diesen Ländern sein. Da ist ein Signalfeuer der Außenministerin wichtig. Die Reise sollte zudem „Abgrenzung von anderen Staaten und Werten“ zeigen. Das ist ein kryptisches Reiseziel. Ob da Abu Dhabi der geeignete Zwischenstopp war? Außerdem: Die Reise sollte der „Wertschätzung der drei Länder für ihre Abgrenzung zu Russland“ dienen. Das kann man natürlich nicht telefonisch machen und schon gar nicht von den Botschafter:innen vor Ort. Es sollte auch um eine „Neujustierung des internationalen Verhältnisses zu China gehen.“ In Fidschi! Auch eine Stippvisite bei der Frauen-Fußball-WM war geplant. Leider erschließt sich mir die Dringlichkeit der Reise nicht. Doch das nur nebenbei.
Was mich umtreibt, ist die Dreistigkeit in Bezug auf Umweltschutz. Seit Jahren verzichte ich aus Umweltschutzgründen auf mein Auto, fahre öffentlich. Seit Jahren saß ich in keinem Flieger, aus Umweltschutzgründen. Seit Jahren bemühe ich mich um einen ökologisch verantwortlichen Fußabdruck. Und dann: Zweimal werden 80 Tonnen Kerosin in die Luft abgelassen, angeblich ist das üblich bei Airlines. Also alles total normal. Angeblich soll das keinen relevanten Beitrag zur Treibhausgas-Konzentration leisten. Wer’s glaubt! Natürlich entsteht klimaschädliches CO2. Ich kann nur hoffen, dass das „Einnebeln“ nicht so weit geht, dass der Bevölkerung das Nachdenken vergeht. Ich jedenfalls frage mich, warum ich permanent den ökologischen Gürtel enger schnallen soll, auf vieles verzichten – z.B. ein Mal im Leben in die Südsee –, und die „Vorbilder“ zeigen uns, dass sie drauf pfeifen. Danke, ich habe verstanden.

Petra Brixel, Stuttgart

Warum soll das Flugzeug ausgemustert werden?

Mit dem Bericht bin ich zu weiten Teilen im gleichen Boot, nur in einem Punkt nicht. Wenn Landeklappen ausfallen, ist das kein Problem, dafür gibt es Vorgehensweisen, die abgearbeitet werden und das kommt auch immer mal wieder vor. Dass Treibstoff nicht abgelassen werden kann, ist auch nicht lustig, aber auch dafür gibt es Vorgaben, welche dann abgearbeitet werden und man mit einer Übergewichtslandung immer noch heil unten ankommt. Viele wissen garnicht, das viele Flugzeuge gar keinen Spritt ablassen können und dann bei Problemen auch mit ihremÜbergewicht wieder landen müssen.
Ansonsten fliegt man den Spritt aus und gut ist es. Damit sage ich nicht, das alles für okay und normal zu halten, aber aus solchen Gründen muss ich kein sogenanntes altes Flugzeug ausmustern.
Die Lufthansa als ein Beispiel hat genau diese A340-xx auch in der Flotte, mit gleichen Jahren an Alter und da funktioniert das alles besser. Da beatwortet sich doch fast die Frage von selbst.
Man sollte endlich das Geld verfügbar machen, was eine ordentliche Wartung ermöglicht, über die Arbeit der Werftarbeiter kann und will ich mich nicht aufschwingen. Und beim Bund kennt man die Probleme ja in allen Waffengattungen. Deshalb ist für mich Ausmustern und endlich Abschaffen zu kurz gegriffen. Und es hilft auch nicht, Schäden des gleichen Fliegers über einen Zeitraum alle in einen Topf zu werfen, um damit die Ausmusterung zu begründen. Da müsste ja die Lufthansa ein Drittel ihrer Flotte entsorgen, und die funktioniert bestens.
Gern können Sie sich auch der Software AVH ‚Aviation Harald‘ bedienen, welche ständig alle internationalen Vorkommnisse auflistet, mit sachlichen Informationen im Einzelfall und sie werden staunen, was da alles so zu lesen ist und der Flugverkehr geht weiter. Ist nicht immer einfach, so tief in einem Thema zu stecken.

Hans-Günter Hartmann, Frankfurt

Fachkundig und eloquent

Fußball-WM der Frauen: „Immer die ‚gleichen Reflexe‘ beim DFB“, FR-Sport vom 8. August

Trotz des frühen Ausscheidens der deutschen Fußballerinnen bei der WM in Australien und Neuseeland gibt es auf deutscher Seite dennoch auch Gewinnerinnen. Und das sind Fußballexpertinnen wie Nia Künzer, Fritzy Kromp, Almuth Schult, Tabea Kemme oder die vorzügliche Kathrin Lehman, die als Ko-Moderatorinnen und Ko-Kommentatorinnen agieren und nicht nur bei mir einen hervorragenden Eindruck hinterlassen.
Welche Wohltat, diesen Frauen zuhören zu können, wie sie kompetent, fachkundig, sprachgewandt und eloquent die Geschehnisse dieser für den Frauenfußball so bedeutenden Veranstaltung einordnen und kommentieren. Und das ohne Scheu vor klaren und meinungsstarken Aussagen. Ganz im Gegensatz zu zahlreichen männlichen „Expertenkollegen“. Wenn ich nur an die in aller Regel substanzlosen dahingeknödelten Sätze eines Herr Schweinsteiger oder an die gestelzten Worte eines Herrn Mertesacker oder anderer sog. Größen aus dem Männerfußball mit ihren immer gleichen Worthülsen denke, wird der Qualitätsunterschied zwischen weiblicher und männlicher Kommentierung so richtig deutlich.
Daher mein großer Wunsch für die Fußball–EM der Männer im nächsten Jahr in Deutschland: Bitte, bitte mehr Frauen vor die Kameras und die Mikrofone bei solchen Ereignissen. Das wäre dann auch ein Gewinn für die ZuschauerInnen.

Ludwig Krecker, Frankfurt

Die anderen können eben auch kicken

Zu Recht schreibt Frank Hellmann vom „Hochmut einer Fußballnation“, die Gegner in einer WM-Gruppe offensichtlich nicht ernst zu nehmen beliebt. Aber er könnte auch bei sich selbst anfangen, denn kurz zuvor schrieb er von der „Blamage von Brisbane“ – ja, ist es wirklich eine Blamage, wenn frau gegen eine andere WM-Mannschaft Unentschieden spielt? Die taz spricht ähnlich von einem „desaströsen Ausscheiden der DFB-Elf“ – ist es wirklich desaströs, wenn der Vize-Europameister gegen den Vize Südamerikas verliert? Dass niemand daran vorher gedacht hat, weder in den Medien, wo die Bundestrainerin allein nach den Folgen eines möglichen Ausscheidens im Achtelfinale befragt wurde, noch beim DFB, zeigt genau den genannten Hochmut. Nein, der berühmte Satz Gary Linekers ist ein gelungenes Bonmot, aber kein ehernes Gesetz – die anderen können eben auch kicken. Und manchmal auch erfolgreich.

Andreas Ruppert, Paderborn

Leserforum 2 20190916Forum vom 24. August 2023

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In Wirklichkeit waren die Nazis nie weg

Die Wählerinnen und Wähler der AfD sind keine „Abgehängten“: „Das falsche Bild“, FR-Meinung vom 17. August

So ist es: Es sind nicht die Abgehängten, die Vernachlässigten, die die Nazis wählen. Drei Viertel der AfD Wähler sind Beamte, Angestellte und Selbständige. Sie wollen unsere Demokratie zerstören. Nicht nur Geschichtslehrer Höcke, hat sie herangezogen, die Neuen, sie waren nie weg, die Nazis. Sie wollen wieder an die Macht kommen, indem sie Sündenböcke liefern. Das erinnert an die Zeit der Weimarer Republik. Ihr Programm zeigt, wohin ihr Zug fahren soll: wieder nach Auschwitz. Wer sie wählt, will das! Sündenböcke sind nach AfD-Sprech, die Anderen, die Fremden, die Juden, die Roten, die Frauen, die Behinderten …
Theodor Adorno prophezeite: „Die Ausländer sind die Juden des 21. Jahrhunderts.“ Adorno wusste, wie es den Nazis gelang, an die Macht zu kommen: Angst schüren, Wähler mit Lüge manipulieren, Sündenböcke liefern, die später umgebracht werden. Adornos Prophezeiung erfüllt sich. Die AfD ist ein Übel, nicht das alleinige. Die Stimmungsmache gegen Menschen, die als fremd wahrgenommen werden, wird überall unerträglicher und gefährlicher. Sie führt zu Übergriffen, Pogromen, zu Terror und Mord. Das wissen wir nicht erst seit dem 19.2.2020/Hanau. Am 14.8. hat Bascha Mika in der FR wütend herausgearbeitet, was schon alles in Deutschland geschah. Worte sind Waffen, gefährliche Waffen. Sie lösen immer wieder Gewalt und Zerstörung aus.
Noch glauben manche, mit der gefährlichen Stimmungsmache Wählerstimmen zu fangen oder von den Nazis zurückzuholen. Zu welchem Preis? Wir geben unsere Demokratie auf und bauen an einem Rechtsstaat, der Unrecht tut, der z.B. Kriegsflüchtlinge abschiebt. Wir lassen uns lieber von Tyrannen regieren, als dass wir Menschen in Not etwas abgeben. Wir leben mit dem alten Weltbild im Kopf: Dem Weltbild des starken, überlegenen Volkes der Deutschen oder der Überlegenheit der Herrenrasse, die natürlich den Norden bevölkert.
Das neue Weltbild, das der einen Welt, in der wir alle leben zusammenleben, macht Angst. Warum? Weil wir sie uns nicht verstellen können? Sehen wir die Schönheit unserer Welt nicht? Die Schönheit der verschiedenen Länder und Kulturen? Es ist unser Auftrag die Welt zu erhalten, sie nicht zu zerstören. Wer uns erinnert, auf die Umwelt und den Mitmenschen zu achten, ist nicht unser Feind. Der Feind steht rechts, er zerstört die Grundlagen des Lebens.

Willi Hausmann, Hanau

Bedroht von innerer Leere, Neid und Wertlosigkeit

Angesichts der zunehmenden Umfrage-Erfolge der AfD ist heute mehr denn je an die sozialpsychologischen Analysen der Frankfurter Psychoanalytiker Marga-rete und Alexander Mitscherlich zu erinnern. In ihrem Buch über die „Unfähigkeit zu trauern“ von 1967 hatten sie dargestellt, wie Nationalsozialisten nach 1945 durch Lügen, Verleugnung, Verkehrung von Täterschaft in Opfertum das psy-chisch abgewehrt hatten, was sie im Dritten Reich angerichtet hatten. Die Auto-ren deuteten dies als Verdrängen einer depressiv/ melancholischen Störung, die jene Täter hätte erfassen können, wenn sie eingesehen hätten, was sie verbro-chen hatten und wie „krank“, wie mörderisch sie gewesen sind. Sie blieben un-belehrbar, kalt, voller Wut und versteckter Mordlust.
Genau dies offenbart sich heute im Denken und den Affekten der Rechtsextremen in immer unverhüllterer Weise. Sie greifen seit langem an, sinnen auf die Herstel-lung eines IV. Reiches und operieren auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Ihren Griff nach der Macht begründen sie durch inkriminierende Diffamierung von Min-derheiten, Flüchtlingen, Juden, Moslems, von körperlich und geistig beeinträchtig-ten Menschen. Letztere hätten nach Höcke und Konsorten in unseren Regelschu-len nichts zu suchen. Sie schämen sich nicht im Geringsten, wohlwissend um de-ren Schicksal in der Nazi-Zeit.
In ihren Arbeiten hatten die Mitscherlichs aufgezeigt, wie schwer Rechtsextreme selbst psychisch gestört sind. Ihr Menschenhass wurzelt in Selbsthass. Im Grun-de verabscheuen sie sich, weil sie im Kern ihres Selbst bedroht sind von Gefüh-len innerer Leere, Wertlosigkeit, von Neid und Perversionsneigungen. Dies halbwegs ahnend richten sie diese Affekte nach außen. Die angeblich feindli-chen Minderheiten erklären sie zu Urhebern ihrer Misere, zu Gegnern ihrer selbst und ihres Kollektivs. Durch deren Bekämpfung, Verunglimpfung sowie Beseiti-gung /Vernichtung suchen sie sich zu befreien, also letztlich vom eigenen inne-ren Gift zu „heilen“ und zu „retten“. Dass ihnen diese Art der „Selbstheilung“ misslingen muss, ahnen sie. Umso bösartiger treten sie daher weiter auf, organi-sieren eine Sammelbewegung allen diffusen kollektiven Unmuts. Ihr Fanatismus ist so aggressiv, ja mörderisch aufgeladen, lässt sie vor sich selbst so grandios erscheinen, dass sie selbst den eigenen Untergang und die „Abschaffung Deutschlands“ durch eigenes Tun in Kauf nähmen, ja sogar feierten. Dem Fort-leben der Alt-Nazis nach 1945 und ihren eigenen gegenwärtigen Erfolgen ent-nehmen sie nämlich die „totale“ Gewissheit, dass man aus dem „Mutterschoß“ ei-ner zerstörten und vielfach unbelehrten Nation erneut hervorkriechen und mit der nahezu gleichen Ideologie auferstehen kann.

Dr. med. Wolfgang Leuschner, Frankfurt

Werden wir von Wahnsinnigen regiert?

Friedensfragen: „Wie sähe eine echte Zeitenwende aus?“, FR-Politik vom 19. August

In der heißen Jahreszeit kommt es in Europa immer wieder vor, dass Mächtige von der Weltherrschaft träumen und beginnen, Kriege zu führen (1871, 1914, 1939, 2022). Während Wladimir Putin versucht, in der Ukraine auf den Trümmern zahlloser Städte und auf den bis zum Horizont reichenden Friedhöfen mit unzähligen verscharrten ukrainischen und russischen Familienvätern ein neues russisches Großreich – mit ihm als Zaren – zu errichten, sitzt der Präsident der Vereinigten Staaten in Camp David mit dem südkoreanischen und dem japanischen Regierungschef zusammen und stellt Überlegungen an über einen Krieg im Pazifik gegen China.
Der Verfasser dieser Zeilen hingegen stellt Betrachtungen darüber an, ob die Herren Xi Jinping, Biden und Putin schon einmal über den Begriff „Betriebswirtschaft“ nachgedacht haben. Betriebswirtschaft ist der verantwortungsbewusste Umgang mit knappen Gütern – und der noch viel verantwortungsbewusstere Umgang mit einmaligen Gütern – wozu unsere Mutter Erde gehört, die im Verlaufe des immer radikaler fortschreitenden Klimawandels immer größere Schäden erleiden muss – zu denen die Schäden hinzukommen, die der Mensch mit seiner Dummheit anrichtet, Kriege mit immer wirkungsvolleren Waffen zu führen.
Begreifen die Drei nicht, dass die Menschheit nur dann eine Überlebenschance hat, wenn sie zum Zwecke der Erhaltung der Bewohnbarkeit des Planeten zusammenarbeiten statt diese Bewohnbarkeit in mörderischen Kriegen gegeneinander zu vernichten? Haben die drei Herren sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, dass der Einsatz von 100 Atomsprengköpfen – von 13 400 vorhandenen – die Erde unbewohnbar machen könnte – was sehr schnell passieren kann, wenn hasserfüllte Köpfe die Nerven verlieren? Alle Politiker mit Verantwortungsbewusstsein sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Anhäufung von 13 400 Atombomben mit Vernunft und Verantwortungsbewusstsein nichts mehr zu tun hat! Mit 13 400 Atombomben kann man die Menschheit und ihren Lebensraum 134 Mal vernichten! Werden wir von Wahnsinnigen regiert? Wie leicht kann ein hasserfüllter Machthaber „durchdrehen?“ In den James-Bond-Filmen sind uns solche Typen schon begegnet!
Vorschlag an den deutschen Bundeskanzler: „Herr Bundeskanzler, ich bitte Sie, sobald Sie Ihre Überlegungen über Ihre Beziehungen zur Warburg Bank abgeschlossen haben, die drei Herren Putin, Biden und Xi Jinping nach Berlin einzuladen zu einer „Brainstorming-Konferenz“ unter Ihrem Vorsitz mit dem Thema: „Wie müssen wir die internationale Zusammenarbeit gestalten, um sicherzustellen, dass wenigstens die nächsten drei Generationen aller Nationen, Staaten, Rassen und Religionen sicher in einem bewohnbaren Lebensraum – worunter wir den ganzen Planeten Erde verstehen – leben können? – Sollten Sie diese Konferenz zu einem erfolgreichen Ende führen, dürften zweifellos aus allen Teilen der Erde Vorschläge für die Verleihung des Friedensnobelpreises an Sie, Herr Bundeskanzler, beim Norwegischen Nobelkomitee eingehen!

Otfried Schrot, Hannover

Die Wünsche der Mächtigen

Ampelkoalition: „Nach dem Zoff ist neuer Zoff“, FR-Politik vom 17. August

Warum finden Sie es schlimm, wenn die Familienministerin den Fehdehandschuh des Finanzministers aufnimmt? Sie ist eine Frau und denkt an Soziales. Bedenklich finde ich, wenn – wie zu vermuten – die Herren Minister sich unter der Hand verständigt und geeinigt haben sollten. Dabei hätten sie berechtigte Anliegen der Kinder, des Gemeinwohls, der Zukunft verraten.
Warum votieren Sie mit dem mainstream für Steuererleichterungen, wie sie Wirtschaftsvertreter im eigenen Interesse verlangen? Hat Politik nicht schon viel zu lange auf deren Wünsche gesetzt – und Fortschritte hin zu einer nachhaltigen und lebenswerten Gesellschaft verhindert? Wer glaubt noch daran, dass Geschenke an Konzerne Chancen für die Gesellschaft bieten würden? Die Verbände drohen mit Abwanderung und zeigen damit, dass ihnen die Menschen und das Miteinander egal sind.
Es wird schon lange fast alles dem Profit untergeordnet. Der nutzt wenigen. Und er macht die Einflussreichen noch mächtiger. Wo ist die Politik, die das Wohl der Menschen an die erste Stelle rückt? Das ist ihre Aufgabe. Dazu verpflichtet sie ihr politisches Mandat.
Risiken der Gesellschaft aufhalsen. Gewinne privatisieren. Gemeinwohl außer Acht lassen. Das kann nicht die neue Politik sein. Derartige Forderungen nenne ich Erpressung.

Maria Gubisch, Gelnhausen

Bis wieder Regen fällt

Zu: „Zisternen sollen bei Neubauten Pflicht sein“, FR-Region vom 18.8.

in der heutigen Ausgabe steht ein Artikel über die geplante Pflicht zum Einbau einer Zisterne bei Neubauten. Ich wohne in einem 1-Familenhaus und verfüge über eine Zisterne. Diese wurde 1995 eingebaut. An diese Zisterne sind zwei Toiletten und eine Waschmaschine angeschlossen. Damals gewährte die Stadt Reichelsheim/Wetterau einen Zuschuss zur Anschaffung einer mit Trink- und Regenwasser betreibbaren Waschmaschine. Damals hatte nur die Firma Miele eine solche Waschmaschine im Angebot. Inzwischen ist es aber so, dass durch die extreme Trockenheit und dann wieder extremen Niederschläge die Nutzung der Zisterne schwierig gestaltet. Die Waschmaschine wurde inzwischen auf Trinkwasser zurück programmiert, da ich mit dem Waschen nicht warten kann, bis mal wieder genug Regenfällt. Bei Trockenheit ist die Zisterne leer. Bei extremen Regenfällen muss Wasser abgelassen werden, damit die Zisterne nicht überläuft. Die Anschaffung einer Zisterne ist sicher eine gute Sache, aber noch nicht die optimale Lösung.

Margit Weber, Reichelsheim

Leserforum 2 20190916Forum vom 25. August 2023

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Die Menschenrechte gelten auch für Maaßen

Zu: „Verfassungsschutz hat Maaßen im Blick“, FR-Politik vom 17. August

Bodo Ramelow, der linke Ministerpräsident Thüringens, ist im positiven Sinne so staatstragend, dass er zur Verärgerung etlicher Parteigenossen 2020 für den Landtagsvizepräsidenten der AfD stimmte, wozu er erklärte: „Ich habe mich sehr grundsätzlich entschieden, auch mit meiner Stimme den Weg frei zu machen für die parlamentarische Teilhabe, die jeder Fraktion zugebilligt werden muss.“ Ihm gefalle weder die Partei noch hege er Sympathien für deren Kandidaten, aber er achte die Parlamentsregeln.
Wenn Hans-Georg Maaßen jüngst auf dem Youtube-Kanal der FPÖ erklärt, Ramelow habe keine Skrupel, in Thüringen so wie in Kambodscha über Leichen zu gehen, wo die Roten Khmer 30 Prozent der Bevölkerung ermordeten, entfernt er sich in einem Maße von der Realität, dass es dafür noch nicht einmal in den Entgleisungen der AfD Entsprechungen gibt.
Dass der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz, eine Beobachtung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen durch dessen vormalige Behörde im Sinne einer unabhängigen Entscheidung nach objektiven Kriterien für angebracht hält, ist zunächst grundsätzlich angebracht. Bedenken muss man indes, dass 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen sind. Da bei uns nicht sowjetische Psychiatrie angesagt ist, somit nicht einfach weggesperrt werden kann, darf die früher exponierte Position Maaßens nicht dazu führen, in diesem Fall die objektiven Kriterien für eine Beobachtung eines psychisch gesunden Menschen durch den Verfassungsschutz zu verabsolutieren, sondern es sind auch die im ICD-10 bzw. ICD-11 definierten Kriterien im Sinne einer eingeschränkten Verantwortlichkeit einer auch in höherem Alter psychisch auffällig werden könnenden Person in Rechnung zu stellen. Ich weiß nicht, wie das genau im Hinblick auf Maaßen umzusetzen ist, aber auf keinen Fall gelten die Menschenrechte für ihn weniger als etwa für einen unpolitischen psychisch kranken Rechtsbrecher.

Siegfried Kowallek, Neuwied

So kann es am Bau nicht weitergehen

Bauministerin Geywitz: „Das nächste Jahr wird nochmal hart für die Baubranche“; FR-Wirtschaft vom 19. August

Für mich war das eine Enttäuschung! Die Fragen die gestellt wurden, wie auch Dir Antworten der Ministerin darauf! Die alte Leier der im Wahlkampf propagierten Zahl von 400.000 Wohnungen pro Jahr!
Wie kann eine Ministerin, eine Regierung an einem solch unrealistischen, und dabei noch falschem, Ziel, so unbeirrt festhalten?
Durch die Klimaveänderungen aufgerüttelte Wissenschaftler und Architekten warnen vor einem „weiter so“ im Wohnungsbau, bis hin zu einem vollständigen Verbot! Warum? Weil die zum Bauen überwiegend verwendeten Rohstoffe, Beton, Stahl, Glas, gebrannte Steine, bei ihrer Herstellung Unmengen von „Grauer Energie“ und Sand (Ausbau von Kiesgruben) benötigen und dabei Unmengen von CO2 freisetzen. Dazu brauchen Neubauten Platz! Jede Gemeinde in Deutschland weißt Neubaugebiete aus! Die nutzbare Fläche für die Natur, für Pflanzen, Wald, Tier, auch für die Erholung der Menschen und für Versickerung von Wasser, wenn es den mal Regnet, wird täglich kleiner (der Bedarf an Wasser aber immer größer). Dazu werden Häuser und Wohnungen immer größer, deren Gärten aber immer kleiner! Beton und Steine, darauf die Autos, der Pool und die Grillecke, hinter 2m hohen Plastikzäunen versteckt! So sehen heute neue Häuser in meiner unmittelbarer Umgebung, einer ehemaligen „Reichsheimstätten“ Siedlung, aus!
Wenn denn neu gebaut werden muss, viel wichtiger ist die Pflege und Renovierung des Bestandes, dann bitte mit möglichst nachhaltigen Werkstoffen, in maßvollen Dimensionen ( 100m2 / 4 köpfige Familie sollten doch ausreichen!), mit PV auf dem Dach und mit einem „richtigen“ Garten und Insektenfreundlicher Bepflanzung!

Karl-Ludwig Klingelschmitt, Rüsselsheim

Digitalisierung um ihrer selbst willen

„E-Rezept“, Digitalisierung: „Lauterbach will weg vom Papier“, FR-Wirtschaft vom 10. August

Gesundheitsminister Lauterbach meint, es sei „überhaupt nicht mehr vertretbar, dass wir in der heutigen Zeit noch immer die Rezepte über Papier ausdrucken“. Die drei angebotenen Alternativen für die Ausstellung der so genannten E-Rezepte vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Die Ausstellung per Smartphone-App setzt deren Installation voraus, die wiederum den Besitz eines solchen Gerätes voraussetzt und zumindest für viele Menschen wohl auch zu kompliziert ist. Bei einer Ausstellung direkt über die elektronische Gesundheitskarte können die Patient:innen nicht lesen und überprüfen, was ihnen verschrieben worden ist. Das stärkt weder das Vertrauensverhältnis zwischen Mediziner:innen und Patient:innen noch erfüllt es die Anforderungen an die Transparenz ärztlichen Handelns. Und beim Ausdruck auf Papier unter Angabe der Medikamente und Beifügung eines QR-Codes wird kein Papier gespart, sondern der Papierverbrauch bei Ausdruck im DIN A 4-Format im Verhältnis zum bisherigen roten Rezept viervierfacht.
Wem also nützt das E-Rezept? Möglicherweise den Krankenkassen bei der Abrechnung mit den Apotheken und der Kontrolle der Verschreibungspraxis der Ärzt:innen. Zunächst aber verursacht die Einführung in den Praxen und Apotheken Kosten für die notwendige Hard- und Software. Allerdings erleichtert das E-Rezept den Bezug von verschreibungspflichtigen Medikamenten über Versandapotheken, weil kein Papierrezept mehr per Post übersandt werden muss, sondern das Rezept online übermittelt werden kann. Die stationären Apotheken werden hierdurch geschwächt, obwohl sie die Versorgung mit Arzneimitteln in der Fläche gewährleisten und mit ihrem Beratungsangebot die Patientensicherheit stärken.
Digitalisierung um der Digitalisierung willen bedeutet noch keinen Fortschritt, dem sich die Regierungskoalition verschrieben hat.
Wir als (freiwillig) gesetzlich Versicherte fänden es wichtiger, dass sich der Gesundheitsminister stattdessen ernsthaft um die Abschaffung oder zumindest Eingrenzung der zu Recht regelmäßig thematisierten Zwei-Klassen-Medizin zwischen gesetzlich und privat Krankenversicherten bemühen würde. Die Einbeziehung aller Bürger:innen in die gesetzliche Krankenversicherung würde der finanziellen Stabilisierung der Krankenkassen dienen. Die Abschaffung von Privilegien bei der Vereinbarung von Arzt- und Untersuchungsterminen und die Beschränkung der privaten Krankenversicherungen auf das Angebot von Zusatzversicherungen wäre ohne Verletzung der Berufsfreiheit nach Artikel 12 des Grundgesetzes möglich – müsste aber gewollt werden.

Susanne Weßler-Hoth und Jens-Peter Hoth, Frankfurt

Per Fax an die Krankenkasse

Ich könnte mir vorstellen, dass das in der Praxis folgendermaßen aussieht: Der Arzt stellt das Rezept aus, es wird wie bisher ausgedruckt. Dann wird es per Fax an die Krankenkasse geschickt, wo es ein Mitarbeiter abschreibt und dann zum Datensatz des Patienten weiterleitet. Der Patient kann es dann auf seine Gesundheitskarte übertragen und damit zur Apotheke gehen.

Thomas Lehmann, Metten

Sie sagt, wie es ist

Sprachliche Gewalt, Asylpolitik: „Vom Wort zur Tat“, FR-Feuilleton vom 14. August

Danke, Bascha Mika, für diesen wütenden Essay. Er spricht mir zutiefst aus der Seele. Eine menschenverachtende Sprache erzeugt menschenverachtende Taten. Da sollte es nichts zu leugnen und zu verharmlosen geben. Leider zeigen sich Politiker*innen, die diese Sprache anwenden, zudem verantwortungslos bezüglich deren Folgen. Was mich noch beeindruckt: Bascha Mika versteckt ihre Wut und ihren Zorn nicht hinter einer verschwurbelten Rationalität, sondern sagt uns mit ihren Gefühlen, wie es ist, erklärt Ursachen und Zusammenhänge und belegt diese mit Beispielen. So stelle ich mir aufklärenden und aufgeklärten Journalismus vor.

Robert Maxeiner, Frankfurt

Wo überall Leute fehlen

Personalmangel: „Rechte Tasche, linke Tasche“, FR-Wirtschaft vom 11.8.

Hilfe, Personal fehlt! Großer Aufschrei aus der Wirtschaft, auch der Gastwirtschaft. Die Bild am Sonntag und McKinsey haben laut Deutschlandfunk ausgerechnet, wie viel Leute wo überall fehlen, gerade auch in der Verwaltung.
Moment mal, McKinsey? Sind das nicht die, welche? Die überall in Deutschland für viel Geld engagiert waren, Arbeitsabläufe zu messen, um Personal einzusparen. Ausgerechnet die! Zusammen mit BamS, um die Ampelregierung abzunagen.

Merve Hölter, Frankfurt

Total überfischt

Zu:„Die fortwährende Gefahr für den Sahel“ , FR-Politik vom 16.August

Leider erwähnt der Artikel die Probleme Mauretaniens überhaupt nicht. Die Bevölkerung ist sehr stark vom Fischfang abhängig, die Menschen brauchen die Proteine. Das Meer dort ist aber total überfischt. Chinesische Trawler fischen alles leer, und verarbeiten die Fische in den ebenfalls chinesischen Fabriken an der Küste Mauretaniens zu Fischmehl, das sie nach China exportieren. Sie verschmutzen Meer und Land mit den Abfällen, dem Abwasser und den Emissionen. Die Regierung steht mit ihnen im Bunde. Die einheimischen Fischer werden arbeitslos. Der Bevölkerung wird die Nahrungsgrundlage entzogen. Entwicklungsministerin Schulze besuchte das Land, und möchte die „Instabilität“ in der Sahelregion bekämpfen. Das wird sie nicht schaffen, wenn sie die wahren Probleme der Sahelländer nicht zur Kenntnis nimmt. Die rücksichtslose Ausbeutung der Ressourcen dieser Länder rächt sich. Hierfür fehlt unserer Politik leider jegliche Einsicht.

Manfred Bonson, Lüdinghausen

Leserforum 2 20190916Forum vom 26. August 2023

Alle Zuschriften dieser Ausgabe des FR-Forum folgen gleich hier. Zum pdf der Zeitungsseite klicken Sie bitte HIER.

Sollte sich zu einem der Themen eine Diskussion entwickeln, kann diese jederzeit zu einem eigenen Diskussionsstrang ausgekoppelt werden.

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Nicht mehr als geistige Fleißarbeit

Friedensfragen, Ukrainekrieg: „Wie sähe eine echte Zeitenwende aus?“, FR-Politik vom 19. August

In Margret Johannsens Beitrag wäre der Satz: „Das Rad des Wettrüstens reht sich immer schneller…“ zu ergänzen mit „und der russischen Grausamkeiten in den okkupierten Gebieten sowie gegen ukrainische Städte und soziale sowie kulturelle Einrichtungen“. Angesichts dieser sattsam bekannten Wirklichkeit erscheint es geradezu zynisch, zu propagieren: „Eine radikale Alternative hingegen ist das Konzept der Sozialen Verteidigung … einer Wehrhaftigkeit ohne Waffen (zugunsten der) Unversehrtheit menschlichen Lebens und nicht der Unversehrtheit staatlicher Territorien.“
Wie es aussieht mit der Verweigerung jeglicher Kooperation mit dem Aggressor, schildern uns Augen- und Leidenszeugen aus der Ukrainie täglich. Wieder einmal (wie schon der Varwick-Beitrag, 4.8.) erweisen sich am Schreibtisch ersonnene „Friedenskonzepte“ an der Realität gemessen nur als, mit Verlaub, „geistige Fleißarbeit“. Und die sollte man nach 18 Kriegsmonaten nicht mehr lesen müssen. Da waren andere Beiträge zu „Friedensfragen“ sowie Interviews (z.B. Andreas Hasenclever, 5.8.) oder Leitartikel (z. B. Steven Geyer, 18.8.) schon sehr viel weiter.

Dieter Hartwig, Kiel

Immer mehr Waffen, immer mehr Opfer

Die Liste der Fragen zum Krieg in der Ukraine wird täglich länger. Antworten Mangelware, und man komme jetzt bitte nicht mit dem ständig gebrauchten Argument, unsere Waffenlieferungen geschehen, damit die Russen nicht irgendwann vor Berlin stünden. Das sei der Grund, warum in der Ukraine unsere Werte verteidigt werden müssten.
Welche Werte?, frage ich. Stellt der Einsatz von immer weitergreifenden Waffensystemen anstatt Bemühen um Gespräche in ehrlicher Absicht für Frieden etwa unsere Werte dar? Lassen unsere Werte Raum für Selenskyjs Absicht „Kein Land für Frieden“, ungeachtet aller prophezeiten Toten? Wollen wir fortgesetztes Sterben in diesem Land hinnehmen, um dem Sterben bei uns selbst und für unsere eigenen Soldat:innen vorzubeugen? Verlängern wir in Wirklichkeit mit der fast unterwürfigen Wunscherfüllung nach immer mehr Waffen nicht das Sterben? Reichen die Gräber einer ganzen Generation junger Männer und die überlebenden Verkrüppelten an Körper und Psyche immer noch nicht? Und das alles, weil Land wichtiger sein soll als Leben?
Warum müssen wir in der Liste der Waffenlieferanten den zweiten Platz einnehmen und sind darauf auch noch stolz? Warum rollen wir weltweit den roten Teppich aus für Selenskyj, feiern ihn wie einen Popstar und huldigen ihm, wie einem „Kriegshelden“? Der sich zunächst völlig unbestritten rechtmäßig gewehrt hat gegen den schrecklichen Überfall Putins auf sein Land, der aber im Verlauf dieses Krieges jedes Maß zu verlieren droht, da er nicht bereit ist, ohne Vorbedingungen in Gespräche einzutreten.
Warum verabschieden wir uns nicht von einer sich einschleichenden Kriegsrhetorik? Wie kann es auf all meine Fragen keine Antwort geben, wenn Friedensforscher, ebenso Militärexperten, eine Fortsetzung des Krieges jetzt schon bis zum Sommer des nächsten Jahres voraussagen und damit viele weitere Tote implizieren?
Sollte man mich nun fragen, warum ich die Fragen nicht an Putin und Russland gestellt habe, dann ist meine Antwort: Weil ich mich der Ukraine zugehörig fühle, weil dieses Land unterstützt werden muss, aber nicht bei weiterem Sterben und Töten, sondern im Bemühen, diesem Krieg ein Ende zu setzen – im Sinne von „Leben“. Was nützt ein Landgewinn mit Bergen von Gräbern?

Hanne Strack, Rüsselsheim

Die grenzenlose Naivität des deutschen Pazifismus

Der Johannsen-Artikel ist einer von vielen, in denen vor allem deutsche Pazifisten ihre Friedensvorstellungen für die Ukraine präsentieren. Üblicherweise werden dabei sofortige Verhandlungen mit Russland gefordert, wobei der Wunsch von 90 Prozent der ukrainischen Bevölkerung nach einem vollständigen Abzug des Aggressors aus ihrem Staatsgebiet entweder als „Maximalforderung“ kritisiert oder schlicht ignoriert wird. Johannsen übernimmt sogar Putins längst widerlegte Behauptung, die russischsprachigen Bewohner im Osten der Ukraine würden freiwillig mit den Russen zusammenarbeiten.
Der Gipfel der Ignoranz aber ist Johannsens „Konzept der Sozialen Verteidigung“, das als Gegenmodell zu Waffenlieferungen an die Ukraine dienen soll: Demnach müssten die Unterworfenen statt zu kämpfen lediglich „dem Aggressor jegliche Kooperation verweigern“, dann werde ihm verwehrt, „das eroberte Land für seine Zwecke zu nutzen“. Vielleicht sollte sich Johannsen kundig machen, welche Folgen die Kooperationsverweigerung in Russland hat. Sie braucht dazu nur Gefängnisse und Friedhöfe besuchen. Ihre Vorstellung einer „Wehrhaftigkeit ohne Waffen“ gegenüber einem auf Gewalt gebauten, imperial agierenden Staat ist in ihrer grenzenlosen Naivität fast zynisch: Es gehe um „die Unversehrtheit menschlichen Lebens und nicht um die Unversehrtheit staatlicher Territorien“, so die Friedensforscherin. Falls sie nicht von selbst begreift, dass beides schlecht zu trennen ist, möge sie in eins der zeitweilig von Russland besetzten, wieder befreiten Territorien fahren, um sich über Massaker, Folter, Vergewaltigungen, Kindesentführungen zu informieren und zu begreifen, warum die Ukrainer nicht unter russischer Herrschaft leben wollen. Auch wenn deutsche Pazifisten sie immer wieder dazu drängen.

Sonja Zöller, Frankfurt

Der Westen hat Gorbatschows Angebot ausgeschlagen

Zu: „Die Welt ist wesentlich brutaler, als wir es lange Zeit wahrhaben wollten“. FR-Feuilleton vom 5. August

Frage: „Hätte es nicht auch innenpolitische Hebel gegeben, damit Russland nicht zum Globalisierungsverlierer wird“? Antwort Andreas Hasenclever: „Da hat der Westen während der Jelzin-Zeit ziemlich viel Mist gebaut“.
Von Gorbatschov zu Putin. Wie konnte das geschehen? Westliche Politik kann sich nicht davon freisprechen, für den Aufstieg Putins verantwortlich gewesen zu sein. Das einmalige und aufrichtige Angebot von Michael Gorbatschov, nuklear und allgemein abzurüsten – welcher Regent hat solches in der Geschichte einem Gegner je vorgeschlagen und es auch wahr werden lassen? Reduzierung der Atomwaffenarsenale, Abzug der russischen Armee aus der DDR – ist von Seiten des Westens nicht honoriert worden. Erinnert sei an Diskussionen in der Presse der 90er Jahre, es sei das Feindbild verloren gegangen, und die Rüstungsindustrie suche nach einem neuen.
Russsland in den Jahren nach 1989 wurde mit der sogenannten „freien Marktwirtschaft“ – Gegensatz zur sozialistischen Planwirtschaft – überfallen, wobei man der kapitalistischen Profitwirtschaft den Vorzug gab, indem man dieser euphemistisch den Mantel „freie Marktwirtschaft“ überhängte. Man verwechselte eine freie Marktwirtschaft, die echte freie Marktwirtschaft unter gleichwertigen Partnern, absichtlich mit der tatsächlichen Profitwirtschaft, wie das auch heute von eifernden Politikern und Wirtschaftlern propagandistisch geschieht. Das führte zum Jelzinschen Oligarchensystem, zur Bereicherung weniger zu Milliardären, statt eines freien Wirtschaftssystems ohne Übervorteilung der russischen Bevölkerung. Und das ermöglichte den Aufstieg eines Putin. Der Gorbatschovsche Abrüstungs- und Friedenswille wurde mit Pu endgültig begraben. Und der Westen hatte wieder sein Feindbild.
Man dachte nicht daran, die demokratischen Kräfte Rußlands zu fördern, die Glasnost und Perestroika möglich gemacht hatten, sondern der Westen dachte an Profite: „Der liegt am Boden, den können wir nutzen in unserem Sinne, den können wir ausnutzen. Aus Rußland werden wir eine Provinz machen, wie wir das mit unserem Hinterhof machen, mit Südamerika. Wir werden Rußland südamerikanisieren“. – „We have won“, prahlte später George W. Bush.
Warum hat der Westen Gorbatschovs einmalige und großzügige Chance nicht genutzt, sondern blind zerstört? – So hat der Westen diese Chance nicht genutzt, sondern blind zerstört: Gier beflügelte das raubtierkapitalistische System, und dann riss sich die westliche Welt um Pus billiges Gas, ohne sich um Abhängigkeiten zu scheren.
Von Gorbatschov zu Putin. Wie konnte das geschehen! Andreas Hasenclever gibt eine Antwort: „Da hat der Westen während der Jelzin-Zeit ziemlich viel Mist gebaut“. Ich wünsche mir eine gründliche Untersuchung durch einen Professor für Friedensforschung.

Peter Stark, Nordhorn

Plump und durchsichtig

Zu: „Post darf Porto nicht erhöhen“, FR-Wirtschaft vom 8. August

Ohne Zweifel ist das Postporto-Erhöhungsverbot für 2024 eine gute Nachricht für die Allgemeinheit. Der dreiste Dreh der „DHL Group“-Vorstandsstrategen, die Anteilseigner der privatisierten Post auf Kosten der Kundschaft mit der Steigerung der mühelosen Dividendengewinne schon vorzeitig zu beglücken, war angesichts der jüngst verkündeten Milliardengewinne des Postkonzerns aber auch zu plump und durchsichtig. Der Profitmaximierungsversuch wirft einmal mehr ein drastisches Schlaglicht auf die Folgen der Privatisierung eines Gemeinguts wie der Postversorgung für jedermann durch die neoliberale Politik von CDU/CSU und FDP. Systemtypisch für die Privatwirtschaft ist überdies die Trotzreaktion der Post-Leitungskader, die versagten Zugewinne für die Aktionäre nun durch Leistungs- und Personalabbau doch noch herauskratzen zu wollen.

Joachim Bohndorf, Bensheim

Kleriker sind Menschen

Zu: „Die pikanten Klicks des Klerus“,
FR-Panorama vom 19. August

Klick statt F… Ist doch klar: Auch Kleriker sind „nur“ Menschen. Warum gesteht es ihnen die katholische Kirche eigentlich nicht zu?

Elena Ezeani, Bremen

Die tiefen Taschen der globalen Korruption

Auslandseinsätze der Bundeswehr: „Sündenfall fern des Hindukusch“, FR-Politik vom 15.8.

Trotz aller Schönfärberei mit der die verschiedenen Regierungen (Schröder-Merkel) in Deutschland den Afghanistan-Einsatz immer wieder verklärt haben. Hat Deutschland nicht über Jahre ein korruptes Regime unterstützt? Wie überall auf der Welt, dort wo Gelder hinfliesen, steht schon ein korruptes System, bereit um diese Gelder in dunkle Taschen verschwinden zulassen.
Es wird wie immer wieder nur Geld aus dem Bundeshaushalt geworfen. Es macht so richtig Freude dabei zuzusehen wie unsere Regierungen mit dem Geld der Steuerzahler umgeht.
Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan gibt es immer wieder scharfe Kritik am deutschen Umgang mit den ehemaligen Ortskräften. Laut Auswärtigen Amt werden jedoch weiterhin Tausende ehemalige Ortskräfte und deren Familien nach Deutschland ausgeflogen. Inzwischen haben wir schon eine Kleinstadt in Deutschland von Neu Bürgern.
Inzwischen haben wir in Mali und Niger die gleichen Probleme wie in Afghanistan.
Im folgenden Abschlussbericht wird stehen, dass alles eigentlich ganz gut gelaufen ist, und lediglich gegen Ende alles ein bisschen überstürzt beendet wird, woran aber in erster Linie, na wer wohl schuld ist? Wie wir schon lesen konnten hinterlassen wir Deutschen jede Menge verzweifelte Ortskräfte mitsamt ihren Angehörigen. Die Bundeswehr beschäftigte ca. 400 Einheimische Ortskräfte für 1100 Soldaten welche vor Ort eingesetzt wurden. 541 Abgeordnete des deutschen Bundestages stimmten für den Einsatz, werden diese auch für die nun folgenden Folgekosten aufkommen. Der Einsatz der Bundeswehr in Mali kostet uns Bundesbürger ca. 5 Milliarden verpulverte Euro. Dagegen sind die Beträge eines Herrn Scheuer nur Kleingeld. Der 20 Jahre dauernde Einsatz deutscher Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan hat nach Angaben der Bundesregierung mehr als 17,3 Milliarden Euro gekostet. So hoch beziffert die Bundesrepublik die Kosten des deutschen Engagements am Hindukusch in den vergangenen zwanzig Jahren. Manche Details bleiben geheim Diese unsere Regierungen leiden unter einem kriegsbedingten Helfersyndrom. Nur bei der eigenen Bevölkerung ist davon wenig zu spüren. Altersarmut,Wohnungsnot, Kinderarmut,Migration, Gesundheitssystem, Pflegeversicherung, kaputte Schulen, Klimakrise, u.s.w. Stellt sich die Frage, ob diese Regierungen die wir Bürger gewählt haben überhaupt fähig ist diese Problemfelder lösen zu wollen. Jedes Land hat die Regierung, die es verdient. Das ganze könnte man auch aus der heutigen, deutschen Perspektive betrachten und als Frage formulieren: Haben die Deutschen wirklich nichts Besseres verdient ? 16 Jahre Merkel + Schäuble und 0 Runden. Um nur ein Beispiel zu nennen, Glaubwürdigkeit ist eine unverzichtbare Eigenschaft. Die Ausrichtung der verschiedenen Parteien sind dabei völlig irrelevant. Können wir feststellen, dass die Moral hierzulande ein ziemlich trauriges Dasein fristet.

Josef Karl, Kelsterbach

Ausreden zählen nicht

Erwiderung auf „Winziger Pappenstiel von 243 Millionen“, FR-Forum v. 16.8.

Was soll ich über einen ehemaligen CSU-Verkehrsminister denken, der wusste, dass über ihm eine Schadenersatzklage über eine Viertelmilliarde Euro hängt und der sich trotzdem schamlos erneut um den gutbezahlten Abgeordnetenjob für die CSU in seinem Bundestagswahlkreis beworben – und gewonnen hat!!!
Was soll ich über die CSU-Mitglieder in seinem Wahlkreis denken, die ihn trotz alldem als ihren Kandidaten erneut aufgestellt haben?
Was soll ich denken über ein Parteienbündnis CDU/CSU, das eine solche Kandidatenaufstellung überhaupt zulässt?
Jeder Wähler trägt Verantwortung für das, was er wählt. „Ich habe nichts davon gewusst“, das sagte die Mehrheit der deutschen Bevölkerung nach dem selbstverschuldeten 2. Weltkrieg und der Vernichtung von mindestens sechs Millionen KZ-Insassen. Diese Ausrede zählt nicht noch einmal!
Jeder hat die Pflicht, sich über die Partei zu informieren, die er wählen will. Er übernimmt eine Verantwortung dafür, wie es in der Zukunft weitergeht, und darf sich nicht nachträglich jammernd darüber beschweren, dass er das sooo ja nicht gemeint habe.

Friedel Glüder, Lotte

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19 Kommentare zu “FR-Forum vom 21. bis 26. August

  1. Dadurch, dass allein gesellschaftliche Gründe dafür maßgeblich sind, ob eine Erkrankung heilbar oder unheilbar ist, wäre es zwar geboten, einem Menschen geistig, seelisch und körperlich keine Leistungen abzuverlangen, die von ihm schon von Natur aus niemals erbracht werden können. Dennoch kennen die Anforderungen sogar noch für die Schwächsten fortgesetzt keine Grenzen. Es nimmt dann nicht wunder, wenn laut offiziellen Berechnungen hiesig inzwischen jeder Fünfte zusätzlich und insofern vermeidbar zu Tode kommt. Für deren mithin qualvoll langsames Sterben womöglich pflegende Angehörige zur Rechenschaft zu ziehen, könnte demnach kurzschlüssiger nicht sein. Angesichts dessen lässt sich kritisieren, dass die Gerichtsbarkeit sich selbst zum willigen Helfershelfer macht, solange Richter die Dimension der Gründe ausblenden und in der Konsequenz offenkundig zutiefst befangen sind, wie erst jüngst am 7. Juni 2023 in der Ärzte-Zeitung auf der dortigen Seite 11 reklamiert worden ist. Das hier im Blog geäußerte Verlangen von Claus Metz nach einer „Überprüfung mit Wohnungsbesuch“ daheim bei Pflegebedürftigen verkennt somit die wirklichen Verhältnisse völlig und geht weit an der Sache vorbei. Anstatt notwendig mit den Praktiken der Entgrenzung zuvörderst politisch zu brechen, bleibt allen voran der dafür zuständige Bundesgesundheitsminister noch immer untätig. Sämtliche Anfragen meinerseits ließ der Bürgerservice im Auftrag des Ministeriums dazu bislang entweder unbeantwortet oder schickte mir von einem Chatbot verfasste Mitteilung zu. Allerdings erkennt zumindest die Stiftung Patientenschutz darin einen keineswegs humanen Akt vonseiten des Staates. Im Gegenteil. Der Vorsitzende Brysch ersucht längst um eine Beseitigung des Missstands.

  2. Zukunft der Frankfurter Rundschau
    Inzwischen sind seit dem Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17. August 2023 fünf Tage vergangen. Die F.A.Z. informierte ihre Leser, dass der Aktivenausschuss der FR, einem Gremium der Belegschaft, sich in einem Brief an die Geschäftsführung wandte. Im Schreiben, so zitiert die F.A.Z, wird Kritik geübt an „der ungerechten Bezahlung, dem kontinuierlichen Stellenabbau sowie der verbreiteten Überbelastung“. Die Belegschaft mache sich große Sorgen um die Zukunft der Frankfurter Rundschau. In der FR findet man, sozusagen „in eigener Sache“, bisher dazu kein Wort. Beschämend, legt das Verhalten von Geschäftsführung und Chefredaktion doch den Schluss nahe, man sollte besser die F.A.Z. lesen und abonnieren, um informiert zu sein.

  3. Zu den Leserbriefen in der FR vom 23. August kann ich nur meine Zustimmung äußern. Es ist, wie ich bereits in meinem Kommentar vom 17.08. zu diesem Thema dargelegt habe, seltsam, wie viele nun Frau Paus als Blockiererin beschimpfen, während es bisher in der Ampel ausschließlich die FDP war und immer noch ist, die alles blockiert.

    Während Frau Paus die Kindergrundsicherung, wie sie nun einmal beschlossen wurde, sichern will, will Lindner dieses Geld seiner Klientel, dem sogenannten Mittelstand, zu dem sich auch die Millionäre wie Merz zählen, zukommen lassen.

    Dass nunmehr die Klimaziele der Bundesregierung nicht, wie vom Expertenrat berichtet, erreicht werden, ist doch weitgehend der Blockadepolitik der FDP, hier vor allem von Lindner und Wissing, zuzuschreiben.

    Und dabei sollte die SPD sich endlich klar positionieren und ihre Ziele, die sie in ihren Programmen stets formuliert, auch klarer verfolgen und sich nicht ständig von den Neoliberalen, ob in Grokos oder in der Ampel, über den Tisch ziehen lassen!

    Denn von einer Abkehr von den programmatischen Zielen, insbesondere in der Steuerpolitik, der Sozialpolitik, der Umweltpolitik und anderen Bereichen, und Nachgiebigkeit gegenüber den Lobbyisten aus den Wirtschaftsverbänden profitiert ausschließlich die AfD!

    Man kann nicht oft genug an die unglückseligen Folgen der Weimarer Republik, insbesondere der Regierungen von Brüning, Papen und Schleicher, die mit ihrer Politik den Weg zum Naziregime bereiteten, erinnern und davor warnen, die gleichen Fehler zu wiederholen!!!

  4. Unter tagesschau.de lese ich zu der Klimakiritik des Expertenrates folgende Zwischenüberschriften:
    „Spahn bescheinigt Ampel fehlerhaften Klimakurs“ und „Habeck räumt noch „viel Arbeit“ ein“.

    Dass ausgerechnet Spahn die Regierung kritisiert, beweist mal wieder dessen Falschheit, denn er war schließlich Mitglied vorheriger Regierungen, deren Kanzlerin und maßgebliche Minister alles blockiert haben, was in Richtung Klimaschutz seitens der SPD, der Grünen und der Linken, vorgeschlagen wurde.

    Ebenso sollte sich „Klimaschutz“minister Habeck auch an den Kopf fassen, da er es nicht einmal schafft, die unsägliche Silvesterballerei zu verbieten. Wie will man große Ziele in der Klimapolitik umsetzen, wenn man nicht einmal im Stande ist, kleinere Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen, zu realisieren?

  5. Zur Frage von Juliane Schätze:
    Das Denken noch im 18. und 19. Jahrhundert war tief in einem Determinismus verfangen. Erst die in der Sprache der Mathematik formulierte „Unbestimmtheit“ konnte im Jahr 1927 zeigen, dass der in Rede stehende Determinismus gesellschaftlich auf Voraussetzungen beruht, die prinzipiell von keinem zu erfüllen sind. Wenn Sie so wollen, könnte daher kritisiert werden, dass gegenwärtig die Arbeit der Frankfurter Rundschau nach Lage der Dinge längst nicht mehr in der wirklichen Welt verankert ist. Nicht die dortige Belegschaft ist damit in Zugzwang, sondern die Geschäftsführung. Indes scheint sich die Unternehmensleitung des Problems nicht einmal bewusst zu sein. Bald ein Jahrhundert später davon immer noch keinen Begriff zu haben, ist jedoch in der hiesigen Wirtschaft auf den Führungsetagen heutzutage ein weithin vorherrschender Mangel.

  6. zu @ Peter Boettel
    Sie haben zwar recht aber es ist auch die Bevölkerung die Klimaschutz als eine Leistung des Staats ansieht die sie nichts kosten darf. Das wird alles so nichts. Das ist aber kein Problem mit steigendem Leidensdruck wird sich das irgendwann ändern.

  7. zu @ hans

    Danke für Ihre Zustimmung.

    Aber wie ist es mit dem Leidensdruck? Es heißt laufend, die Leute hätten kein Geld mehr, aber wenn ich durch die Stadt laufe, sitzen sie überall herum, die Veranstaltungen (auch mit hohen Eintrittspreisen) sind ausgebucht, und speziell, was Silvester anbetrifft: Mir persönlich wären 100 Euro oder noch mehr wirklich zu schade, um sie in wenigen Sekunden in die Luft zu jagen, um dann aber beim Essen sparen zu müssen.

  8. @Juliane Schätze (22. August 2023)

    Im „offenen Brief des Aktivenausschusses“ wird neben der Tarifauseinandersetzung auch die Sorge artikuliert, dass in den vergangenen Jahren viele Talente und langjährige Redakteure die FR verlassen hätten, ,,weil sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr ertragen konnten“. Offene Stellen würden oft nicht nachbesetzt, die Arbeitsbelastung für die verbliebenen Beschäftigten steige immer weiter an. Der Ippen-Konzern nutze sein Redaktionsnetz und die die sich daraus ergebenden Synergien vornehmlich, um Personal einzusparen. Statt die Vielfalt in der Presselandschaft zu erhalten, werde sie so schleichend abgebaut, würden Inhalte vervielfältigt und dadurch journalistische Perspektiven und Meinungen zentralisiert.
    Diese Passagen fehlen in dem Auszug, den die FR am 17. August veröffentlichte.

    Seit September 1973 lese ich die FR. Zunächst erstand ich sie täglich am Kiosk, im Januar 1979 wurde ich Abonnent. Ab dem Jahr 2004 (die SPD-Medienholding übernahm die Mehrheit der Anteile) wandelte sich die Begeisterung zur Skepsis, ab 2006 (das Blatt kam zur Du Mont-Gruppe) zur Enttäuschung. Neue Hoffnung wuchs 2013, als die FAZIT-Stiftung (FAZ) die Zeitung weiterführte. Der Verkauf an die Ippen-Gruppe im Frühjahr 2018 ließ jedoch sämtliche Illusionen schwinden.

    Seit 2020 wimmelt es von »:in« und »:innen«; Frauen werden zum Anhängsel reduziert. Es gibt nur noch wenige Rubriken in der FR, wo ich vor einem unheilvollen Zeitgeist (einem Gemisch aus Bildungsdefiziten und mangelnder Zivilcourage) sicher bin.
    Mit Verständnislosigkeit registriere ich die Strategie, auf der Titelseite ein meist willkürlich ausgewähltes Schwerpunktthema anzukündigen, das anschließend auf den Seiten 2 und 3 eher unzureichend abgehandelt wird. Dadurch rücken aktuelle Ereignisse in den Hintergrund. In Emil Dovifats „Zeitungslehre“, einem der Standardwerke zum Journalismus, wurde vor solchen Experimenten gewarnt. Seit der Tendenz-Berichterstattung über die Abwahlkampagne gegen den seinerzeitigen Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann habe ich generell den Eindruck, dass es sich die FR nicht mehr erlaubt, unpopuläre Tatsachen auszusprechen. Der aktuelle Tarifstreit ist nach meiner Einschätzung nur ein Punkt innerhalb eines weitaus größeren Problems.

    Den Lesern gefällt das nach meiner Einschätzung gar nicht. Wenn ich die IVW-Zahlen zur Werbeträgerverbreitung nur halbwegs korrekt interpretiere (man muss sie aus den Angaben von RheinMainMedia interpolieren), sinkt die verkaufte Auflage ständig, derzeit scheint sie bei unter 40.000 zu liegen.

  9. zu @ Klaus Philipp Mertens:

    Ich kann Ihren Unmut gut nachvollziehen.

    Es ist schon sehr schade, dass die FR, die ich ebenfalls seit den 70er Jahren lese und abonniert habe, von ihrer früheren Grundhaltung – zumindest teilweise – abgerückt ist. So vermisse ich beispielsweise die in früheren Ausgaben veröffentlichte Dokumentationsseite, von denen ich noch viele Ausschnitte habe, sowie eine etwas kritischere Haltung gegenüber der politischen Führung der Ukraine, ohne deswegen Putin rechtferrtigen zu wollen.

    Ein wesentliches Problem bezüglich der gesunkenen Auflagen sehe ich allerdings darin, dass immer weniger Menschen überhaupt noch eine Zeitung lesen; in unserem Hause mit 8 Wohnungen sind wir die Einzigen, die eine Zeitung erhalten. Die Lokalzeitung von Göppingen habe ich vor vielen Jahren abbestellt und lese diese teilweise in der Stadtbbliothek wegen lokaler Nachrichten; vor allem erhält in dieser Postille die AfD einen unverdienten Stellenwert.

    Es ist leider eine unvorteilhafte Entwicklung wie überhaupt in dieser Zeit von Kriegen, Klimawandel, Rechtstendenzen etc. etc. , Schade

  10. Ich kann Ihren Unmut auch nachvollziehen, aber Ihre Kritik, @ Klaus Philipp Mertens, geht komplett fehl. Sie scheinen die FR als eine Art großen Player zu betrachten, der in der Lage ist, die Rahmenbedingungen von Journalismus zu gestalten. Das war diese Zeitung nie, und allein diese Überfrachtung mit Verantwortung für die öffentliche Meinung ist schon ein Teil des Problems. Fakt ist, dass die gesamte Medienbranche im Umbruch ist. Man nennt es auch Strukturwandel. Die Mehrzahl der Impulse, die derzeit auf (alle) Medien einwirken, kommt von außen und hat nichts mit der inhaltlichen Aufstellung der jeweiligen Medien zu tun. Junge Leute informieren sich heute anders, als Sie und ich es tun. So lange das Netz genug Informationen (oder was sie dafür halten) bereit hält, wird niemand aus diesem Kreis die Notwendigkeit erkennen, eine Tageszeitung zu abonnieren. Die FR hat – wie andere Zeitungen auch – nach Lösungen für dieses Problem gesucht. Ich habe das sehr genau verfolgt im Rahmen eines medienpolitischen Arbeitskreises der Uni, an der ich arbeite. Sie hat zum Beispiel online Gratis-Zugang zu ihren Inhalten gewährt, um Reichweite zu generieren. Das kann man für einen Fehler halten, weil das die Gratiskultur des Netzes bestätigt hat, aber das haben alle gemacht. Inzwischen gibt es Bezahlschranken. Die werden aber niemanden, der sich durch die Gratiskultur ausreichend informiert fühlt, dazu bewegen, eine Tageszeitung zu abonnieren, auch nicht im E-Paper. Ihre wirklich sehr einseitige Kritik an der FR blendet all diese Tendenzen aus. Die sind global, keineswegs auf deutsche Medien beschränkt.

  11. zu @ Peter Boettel
    Sie haben natürlich wieder recht, aber diese Art von Leidensdruck habe ich nicht gemeint. Das wir derzeit Menschen die kein Geld haben nicht mehr öffentlich sehen ist normal inzwischen. Die andern die geben eher immer mehr Geld aus und sind überall unterwegs. Das ist immer noch die Mehrheit allerdings ist ihre Anzahl am schrumpfen. Ich habe den steigenden Leidensdruck durch den Klimawandel gemeint. Das was im Ahrtal passiert ist wird nicht mehr oft vom Staat oder Versicherungen bezahlt werden und wenn man der Wissenschaft glauben kann wird es noch heftiger. Dazu wird noch eine Völkerwanderung kommen weil es Regionen geben wird die nicht mehr bewohnbar sind. Das alles wird noch einen ganz anderen Leidensdruck erzeugen als wir uns das derzeit so richtig vorstellen können. Selbstverbrennung heißt ein Buch von Prof. Schellnhuber. Ich habe es zu 28%, sagt mein Kindel, gelesen. Dann habe ich vor einem Jahr aufgehört weil ich mich gefragt habe ob ich das alles wissen will. Es interessiert eh sonst niemand sich dafür. Das wird sich aber wie oben geschrieben im laufe der Zeit ädern.

  12. @ Stefan Briem

    Ja, meine Kritik ist einseitig. Sie ist der Widerspruch eines Insiders (seit 1972 mit Führungsverantwortung im Verlagswesen tätig und Ende der 1970er Jahre Mitinitiator der elektronischen/digitalen Kommunikation in einem Fachverlag), der die vielen falsch akzentuierten Klagen wegen des sich wandelnden Informations- und Leseverhaltens nicht mehr hören mag.

    Tatsächlich ist die klassische und nach wie vor große Zielgruppe der Zeitungs-, Zeitschriften- und Buchleser gespalten. Die einen lesen immer mehr, kaufen mehr Bücher, abonnieren zusätzliche Zeitungen, bringen sich in Literatur- und Gesprächszirkel ein, während die anderen ihre Informationsquellen reduzieren und sich vielfach mit Nachrichten aus dem Internet zufrieden geben. Wenn es die stündlich aktualisierten Meldungen von tagesschau.de und/oder zdf-heute wären, ginge es in Ordnung, wobei diese Nutzer nach meiner Kenntnis ebenfalls Bücher und Zeitungen goutieren. Möglicherweise werden die, welche sich abgemeldet haben, im Zuge eines sozialen Anpassungsprozesses versuchen, auf den Zug wieder aufzuspringen.
    Mit anderen Worten: Bei den Viellesern ist für Verlage viel zu holen und der nachweisbare Bedarf ist noch längst nicht erschöpft. Man muss nur wissen, wie man es anzustellen hat. Dieses Know how, das kein Hexenwerk ist, ist vielen Verlagsunternehmen verloren gegangen. Auch den Großen. Letzteren vor allem, weil sie ihr Heil in der Betriebswirtschaft sehen, die bei strenger Bewertung keine Wissenschaft ist (ähnlich wie die Theologie), sondern Krämerseelenideologie.

    Vor zwei Jahren erhielt ich eine Bewerbung für ein Verlagsvolontariat von einem Einser-Abiturienten. Die formal makellose Bewerbung erhielt nur einen kleinen Schönheitsfehler: Bei der Schilderung der literarischen Interessen wurde ein bekannter deutscher Dichter wiederholt als „Göte“ bezeichnet. Möglicherweise arbeitet der angehende Kollege jetzt bei Facebook, Instagram oder TikTok. Solche Phänomene hat Georg Picht u. a. auch gemeint, als er bereits 1964 die „deutsche Bildungskatastrophe“ beklagte.

    Da ich mich 2012 aus Altersgründen aus dem kommerziellen Verlagsgeschäft zurückgezogen habe, lediglich noch als freier Autor, Lektor und Berater arbeite, fand ich die Zeit für ein ehrenamtliches Engagement in einem Förderverein der Frankfurter Stadtbücherei. In regelmäßigen Abständen befragen wir ca. 1.900 Interessierte quer durch Alters- und Berufsgruppen, die sich selbst in den Verteiler eingetragen haben, nach ihren Lesegewohnheiten in den Bereichen Buch, Zeitung, Zeitschrift und Internet. Auf diesen Antworten basiert meine Einschätzung sowohl zur tatsächlichen als auch zur herbeigeschriebenen Strukturkrise, insbesondere derjenigen der Zeitungsverlage. Die anonymisierten Daten stehen wissenschaftlichen Einrichtungen zur Auswertung zur Verfügung.

  13. zu @ hans:

    Ja, auch hierin bin ich mit Ihnen einig.

    Denn in der Tat werden die Auswirkungen des Klimawandels immer heftiger. Gerade auch hierzu ist dem Beitrag von Stephan Hebel vom 23.08. zuzustimmen, indem er deutlich macht, dass wir die Fluchtursache sind.

    Doch ausgerechnet diejenigen, die gegen Asylsuchende poltern, verleugnen den Klimawandel und gehören zu den schlimmsten Fluchtverursachern. Und wenn wir die Asylsuchenden nicht hier hätten, würden viele ihrer menschenverachtenden Parolen ins Leere laufen.

    Es ist natürlich auch eine Tatsache, dass es seit Bestehen der Menschheit Völkerwanderungen aus irgendwelchen Gründen wie Naturkatastrophen o.ä. gegeben hat; nur war die Bevölkerungsdichte sicherlich bei weitem anders als heute.

    Wie Sie richtigerweise geschrieben haben, „Das alles wird noch einen ganz anderen Leidensdruck erzeugen als wir uns das derzeit so richtig vorstellen können. …“ Auch ich frage mich, „ob ich das alles wissen will.“ Und wenn man beobachtet, wie wenig sich die Mitmenschen darm scheren, wie es in Zukunft weitergehen soll, scheint sich wirklich niemand dafür zu interessieren. Sicher wird sich manches diesbezüglich noch ändern, wenn es vielleicht schon zu spät ist? Hoffentlich muss ich es dann nicht mehr erleben.

  14. @ Klaus Philipp Mertens

    Ich schätze Ihre Kommentare, und manchmal kann es wirklich hilfreich sein, einseitig zu sein. Das weiß ich natürlich. Aber wenn es um eine Debatte geht, in der man differenzieren sollte, ist es eher schädlich, schnell eine Meinung zu veröffentlichen. Das ist ja genau das, was an den neurechten Aktivisten so dringend zu kritisieren ist. Ich glaube nicht, dass man mit schnellen Meinungen den Kern eines Problems erfassen kann. Und ich bezweifle, dass es auf diese Weise möglich ist, den Veränderungen in der Medienlandschaft gerecht zu werden. Ich halte diese für wesentlich tiefer gehend, als das reine Nutzer:innen-Verhalten nahezulegen scheint. Das ist geprägt von Schnelligkeit, was in Bezug auf Nachrichten heißt: von Kürze. Vertiefung ist nicht gefragt.

    Medien wie die FR, die ihre Themen durchaus vertiefen – auch wenn Sie was anderes sagen -, sind vor diesem Hintergrund wie aus der Zeit gefallen. Warum? Das ist eine der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit Mediennutzung überhaupt. Wollen die Menschen keine vertiefte Information mehr? Sind sie tatsächlich zufrieden mit Häppchen-Infos? Ich glaube das nicht. Was aber sicher zutrifft, ist etwas anderes: Viele Menschen glauben, nicht mehr genug Zeit für all die Ansprüche zu haben, die an sie gestellt werden. Davon ist die Mediennutzung nur ein Teil. Als junger Mensch muss man heutzutage noch ganz andere Szenarien meistern, angefangen beim Zwang zur ständigen Erreichbarkeit via Handy, die heutzutage schlichtweg erwartet wird. Das Ganze artet in Stress aus, und so ist diese Verweigerungshaltung gegenüber vertiefter Information vielleicht einfach eine Reaktion wie Schutzsuche: Man muss Prioritäten setzen.

    Information zu vertiefen kostet Zeit. Die hat man aber nicht. Eine Zeitung wie die FR durchzuarbeiten, kostet etwa eine Stunde täglicher Lebenszeit, für die man aber auch jenseits davon noch Verwendung hätte. Also, was ist jetzt wichtig? Ob die BRICS sich erweitern? Ob Biden eine Pazifik-Nato zu schmieden versucht? Oder die unzähligen Details im Heizungsgesetz der Ampelkoalition? Wo ist der Kompass, der den Menschen sagt, was sie interessieren müsste?

    Das ist es, was ich an Ihrem Kommentar eigentlich kritisieren wollte: die Ausblendung der Lebenswirklichkeit. Sie argumentieren auf einem durchaus respektablen Erfahrungsniveau, das aber nun auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Die Medienlandschaft hat sich seitdem verändert. Daran anschließend kann man bezüglich der Mediennnutzung natürlich fragen: Setzen die Leute denn ihre Prioritäten richtig? Darin wäre ich bei Ihnen: Nein, das tun die meisten nicht. Die Frage bleibt aber: Warum tun sie das nicht? Und wie kann man das Bewusstsein fördern, dass der Mensch sich möglichst tiefgehend informieren sollte? Die Hingabe zur Vereinfachung obliegt nicht einzelnen Zeitungsredaktionen oder deren Verlegern. Das ist ein gesamtgesellschaftlicher, wenn nicht globaler Trend. Die Antwort auf die Frage, was man dem entgegensetzen müsste, ist komplexer als das, was Sie schreiben. Leider bleiben Sie in gewohnt altlinker Tradition bei den Phänomenen hängen, statt nach Ursachen und Hintergründen zu schauen.
    Das Beispiel „Göte“ gibt nur einen Hinweis. Vielleicht war da schon eine KI am Werk? Dies nur am Rande: KIs werden unser aller Mediennutzungsverhalten noch auf eine harte Probe stellen. Dann kann es sein, dass die Debatte, die Sie hier anzetteln, zur Marginalie wird.

  15. zu @ Peter Boettel
    Für was zu spät?
    Wo ist die Grenze für was? Ich denke das wir in Europa ganz gut wohnen um durch zu kommen. Irgendwann werden die Grenzen dicht gemacht werden. Ich denke nicht das 3 oder 4 Millionen Flüchtlinge im Jahr akzeptiert werden oder auch nur machbar sind. Es funktioniert ja jetzt schon viel nur noch schlecht. Über eine noch größere Anzahl braucht man gar nicht zu reden. Es gibt ja auch positive Entwicklungen. Die EE sind so billig geworden das sie den Eintrag von CO 2 in die Atmosphäre beenden werden. Habeck hat mit seinem Heizungsgesetz im Grunde immer recht gehabt aber man will das noch nicht hören. Ich würde schätzen das es bis 2065 gelingt was bis 2045 geplant ist zu erreichen. Dann braucht es noch 30 Jahre bis es besser wird. Je nachdem wie die diversen Kippunkte sich auswirken. Das wird auch bestimmen wie schlimm es wird speziell in Regionen von denen man annimmt das sie aufgegeben werden müssen. Wie gesagt ich denke das wir in Europa vergleichbar gut durchkommen und ab der Jahrhundertwende könnte es besser werden. Vielleicht lese ich das Buch doch noch fertig. Ich habe aber ein bisschen Angst das die Prognose die ich gerade abgegeben habe dann nicht mehr haltbar ist.

  16. Zur Frage der von Stefan Briem aufgeworfenen Frage der Vertiefung:
    Bereits die Tatsache, dass jeder Mensch sterben muss, verlangt unabweisbar danach, das menschliche Leben aus der Perspektive des Todes zu betrachten. Insofern bleibt der deutschen Bundesregierung anlässlich ihrer in wenigen Tagen anstehenden Klausur auf Schloss Meseberg allein, sich der Natur zu unterwerfen, anstatt bar jeder Aussicht auf Erfolg zu versuchen, die Natur dem Selbst zu unterjochen. Zumindest der fortwährende Zwist, wer sich im Kabinett wem unterzuordnen hat, käme dann an ein Ende und alle Koalitionäre könnten wirklich auf Augenhöhe miteinander reden. Aber solch eine tiefe Einsicht in die gesellschaftlichen Verhältnisse zu gewinnen, ist nicht jedem gegeben. Zu erwarten ist daher, dass weiterhin keiner zu einem dadurch notwendigen Sichhineinbohren in die Realität der gegenwärtigen Rationalisierungsprozesse willens ist. Neue Erkenntnisse zutage zu fördern, bleibt denn auch künftig eine Arbeit, die weltweit vielleicht nur eine Handvoll freiwillig leistet und dafür nicht einmal ein Entgelt erhält. Die allermeisten schrecken schlicht vor den enormen Mühen und immensen Anstrengungen zurück, die schon den Angehörigen der Frankfurter Schule als die härteste Konkurrenz galten, die überhaupt denkbar ist. Eine soziale Marktwirtschaft ist laut Ludwig Erhard ohne Wettbewerb indes nicht zu haben. Auch der Vertrag von Lissabon gebietet für die Europäische Union eine in hohem Maße anzustrebende Wettbewerbsfähigkeit, wenn das Soziale an der Marktwirtschaft von Bestand sein soll.

  17. @ Ralf Rath

    „… verlangt unabweisbar danach, das menschliche Leben aus der Perspektive des Todes zu betrachten …“

    Quatsch. Und zwar komplett. Kompletter Quatsch sozusagen. Der Tod hat keine Perspektive. Der Tod ist keine Perspektive. Wir betrachten hier das menschliche Leben aus der Perspektive des menschlichen Lebens. Wenn Sie das nicht wollen – was wollen Sie dann hier?

  18. Von der „exzentrischen Positionalität“ des Menschen und seiner einzigartigen Fähigkeit, sich selbst von außen zu betrachten, die ihn vom Tier unterscheidet, scheinen Sie, Stefan Briem, nicht viel zu halten. Die von Martin Baethge gehaltene Trauerrede anlässlich des viel zu früh Volker Wittke eingetretenen Todes kurzerhand für Quatsch zu erklären, bedarf jedoch einer Begründung. Sonst setzen Sie sich dem Verdacht aus, vor der Realität die Augen zu verschließen, anstatt mit offenem Blick durch die Welt zu gehen.

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