Wohin mit diesen Mengen Kohlendioxid?

Dringend gesucht: ein Endlager für Kohlendioxid. Seit einigen Jahrzehnten ist die Menschheit nämlich dabei, mehr von diesem Gas, das gleichwohl Teil der globalen Biosphäre ist, in die Atmosphäre zu pusten, als diese verkraften kann, ohne sich spürbar zu verändern. Denn wir bedienen uns einiger Brennstoffe, in denen Kohlendioxid gespeichert ist, die der Biosphäre in vergangenen Jahrmillionen entzogen wurden. Steinkohle, Braunkohle, Erdöl und Erdgas – die fossilen Energieträger eben, an denen die Weltwirtschaft hängt und ohne die unser Leben derzeit kaum vorstellbar ist. Visionen müssen her. Eine dieser Visionen: Ab mit dem Teufelszeug unter die Erde. Ähnlich wie das auch mit dem Atommüll gedacht ist. Wobei die Analogie gerade angesichts dessen, was aktuell über Gorleben bekannt wird, schon zeigt, dass das keine Lösung sein kann. 

Eine „wegweisende“ Versuchsanlage nannte Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg die „Waschmaschine“ von Bergheim-Niederaussem, mit der das Kohlendioxid aus den Abgasen eines Braunkohlekraftwerks gefiltert werden soll. Auch das Wort „Schlüsseltechnologie“ fiel beim Startschuss dieser Anlage. Kritiker sagen dagegen, diese Anlage sei das Gegenteil von wegweisend. Sie sei nicht wirtschaftlich, werde sich daher nicht durchsetzen und diene lediglich dazu, auch künftig den Betrieb von Kohlekraftwerken zu legitimieren. Doch egal, ob die Technologie wirtschaftlich ist oder nicht – wohin sollen wir mit dem Gas? „Abschalten“, meint dazu Frank-Thomas Wenzel im FR-Kommentar.

Auch FR-Leser Peter Stockrahm aus Oberursel lässt kein gutes Haar an der CCS-Technologie:

„Das Foto der ‚Drei (Gewaltigen) von der CO2-Waschanlage‘ kann einen wütend machen. Entweder sie wissen es nicht besser, oder sie wollen uns mit Aktionismus Handlungsfähigkeit vorspielen. Dazu ist der Kommentar von Frank-Thomas Wenzel ganz in meinem Sinne.

Vorweg: Dass wir ein Problem haben werden, ist wohl unbestritten. Aber nur weil wir unsere kostbaren Ressourcen verschleudern! Deshalb müssen wir die CO2- Erzeugung durch Sparsamkeit reduzieren und nicht durch verschlechterte Wirkungsgrade erhöhen. Durch Umwandlung von chemischer Energie in Kohle/Öl/Gas in andere Produkte und Wärmeenergie erzeugen wir CO2, das nur durch Energieeinsatz wieder eingefangen werden kann. Ein Perpetuum Mobile gibt es nicht. Die CCS-Technologie nutzt abgewandelte bekannte Verfahren: Bei RWE uralt, bei Vattenfall neuere Gedanken. BASF freut sich über Lieferung von aMDEA-Lösung, Linde über Kälteanlagen. Es gibt keinen neuen Schritt, der eine staatliche Unterstützung für die beiden potenten Firmen rechtfertigen könnte. Das Problem liegt tiefer. Nicht nur: Wohin mit dem abgetrennten CO2? Sondern auch: Wie das Gas transportieren? 40 Prozent der globalen Energieerzeugung basiert auf Kohle. Bei Steinkohle entstehen rund 950 Gramm CO2 pro Kilowattstunde, bei Braunkohle rund 1150 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Weltverbrauch 4500 Millionen Tonnen Kohle. In Deutschland werden 4000 Gigawattstunden pro anno aus Kohle erzeugt. Das ergibt allein bei uns pro anno rund vier Milliarden Tonnen CO2. Wohin mit diesen Mengen bei den winzigen ausgepowerten Erdgaslagerstätten in Deutschland?

Zum Transport würden wir etwa 200 Rohrleitungen von einem Meter Durchmesser bei einem Druck von 20 Bar benötigen. Und unser Umweltminister, Herr Gabriel müsste das wissen, wenn er neue Kohlekraftwerke nur mit CCS-Technologie genehmigen will. Frau Merkel als Physikerin ebenso.

Fazit: Verschleuderung von Ressourcen zur Vortäuschung von Handlungsfähigkeit. Und die Chinesen werden sich freuen.“

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17 Kommentare zu “Wohin mit diesen Mengen Kohlendioxid?

  1. Das würde mich mal interessieren, wie man eine „Wirtschaftlichkeit“ errechnen will für den Vorgang, schädliche Gase der Umwelt zu entziehen und irgendwo endzulagern. Rein theoretisch müsste man so vorgehen, daß man den Schaden, der einträte, wenn man es nicht machte, in Relation zu den Kosten setzt, die der Lagervorgang verursacht. Ist das Lagern billiger als das Belassen in der Umwelt, so kann der Lagervorgang wohl „wirtschaftlich“ genannt werden (umgekehrt wäre ein Belassen in der Umwelt „wirtschaftlicher“).

    Wer aber beziffert die Schäden einigermaßen genau, die entstehen, wenn das CO2 in die Atmosphäre gepustet wird? In Euro und Cent? Das kann doch niemand, eine Reihe von Schäden sind ja immateriell, oder welchen finanziellen Schaden stellt eine aus klimatischen Gründen ausgestorbene Tierart dar?

    Grober Unfug ist ein Vergleich mit Gorleben. Bei einer Endlagerung von CO2 wäre es überhaupt kein Problem, wenn über längere Zeiträume kleinere Mengen aus dem Lagerbereich herausdiffundieren. Bei Atommüll wäre das ein Riesenproblem.

    Der obige Satz von Bronski wie auch die ersten aufgeregten Bürgerinitiativen, die für ihre Gemeinden Planungen für Lagerstätten schon abwehren wollen, lassen den Eindruck entstehen, als ob man allenthalben wirklich glaubt, bei CO2 handele es sich um ein Gas, das in Giftigkeit oder Gefährlichkeit Atommüll (pro Mengeneinheit) in nichts nachsteht. Das ist aber wirklich eine lächerliche Idee, man sollte die Menschen mal darauf hinweisen…

  2. Dabei handelt es sich mal wieder um eine typisch amerikanische Schnapsidee, wie schon die Verdunkelung des Himmels oder Algendünung des Ozeans (gab es letztens bei Galileo zu sehen).
    Hauptsache wir sind stärker als die Natur und haben alles unter Kontrolle, anstatt die Natur einfach zu respektieren und zu schonen.

    Unsere lieben Politiker springen auf sowas natürlich sofort an, einfach, kein Bürger muss auf sein Auto verzichten und Steuergelder werden sowieso schon zu Millarden sinnlos vernichtet, da macht son Murcks auch keinen Unterschied.

  3. @ Max

    Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, die verlinkten Artikel zu lesen. Allein das Abscheiden des Kohlendioxids aus dem Abgas ist ein sehr energieintensiver Vorgang – der Hauptgrund dafür, dass die CCS-Technologie derzeit nicht wirtschaftlich ist.

  4. Es ist langfristig unnötiger Unsinn diese Mengen von Kohlendioxid zu erzeugen. Deshalb muß man ihn auch nicht lagern

  5. @hans es ist ja nicht so als würde man den kohlendioxid erzeugen weil man kohlendioxid haben will

  6. @ Bronski,

    sollte das Abscheiden eines bestimmten Quantums CO2 mehr Energie verbrauchen, als beim Erzeugen dieses Quantums CO2 als nutzbare Energie freigesetzt wurde, dann wäre ich ja einverstanden… das wäre die ultimative Unwirtschaftlichkeit, diesen Weg könnte man nicht gehen. Aber so ist es ja nicht.

    Wenn aber das Abscheiden eines bestimmten Quantums CO2 Kosten verursacht, die durch den Verkauf der beim Erzeugen dieses Quantums CO2 freigesetzten Energie nicht hereinkommt… tja dann muß man halt die Energiepreise erhöhen! Irgendjemandem muß doch die Vermeidung von CO2 etwas wert sein, im wahrsten Sinne des Wortes.

    Die glorreiche Zukunft alternativer Energien („In zehn Jahren wird – selbst bei sehr vorsichtiger Schätzung – die Energieerzeugung mittels Solarzellen und Erdwärme erheblich billiger als CCS sein“ o.ä. Aussagen) möchte ich erst abwarten, bevor ich sie glaube.

  7. zu@5 und @6
    ich empfehle ab und zu die News bei Top 50 Solar zu lesen, das beseitigt die Zweifel ob man auf Kohlstrom verzichten kann. Jetzt hat das sogar EON in Malibu erkannt.

  8. Mit einem „C“ wandern auch zwei „O“ in’s Lager. Was machen die „C“s und „O“s da bloß?
    Die lungern da rum, anstatt das Methan abzubauen, das 30-fach klimaschädlicher ist. Aus der Reaktion eines Methanmoleküls mit zwei Sauerstoffmolekülen entstehen zwei
    Wasser- und ein Kohlenstoffdioxidmolekül.

    1*CH4 + 2*O2 = 2*H2O + 1*CO2

    Dabei bleiben dann nur Kohlendioxid und Wasser übrig, welche von Pflanzen mit Sonnenenergie zu Kohlenstoff, Sauerstoff und Nahrung verbaut werden!

    CO2 verbuddeln??? Blöd.

  9. Zu einigen Punkten: CO2 ist nicht giftig aber es tötet, denn es verdrängt Sauerstoff den wir zum atmen brauchen. Dem Betroffenen ist es gleich, ob es an einem giftigen oder ungiftigen Gas gestorben ist. Die Einlagerung versursacht viele Probleme, beispielsweise kann sie Erdbeben auslösen oder triggern, wie jede unterirdische Hochdruck-Tätigkeit. Eine Mindestforderung sollte, wie bei allen Einlagerungen von Gefahrstoffen die Rückholbarkeit sein. Nur so können wir unsere Enkel etwas schützen. Insgesamt ist es eine ‚Brückentechnologie‘, die Ewigkeitskosten und Ewigkeitsschäden verursacht und ein immer währendes Risiko bewirkt.

  10. @Rueter,

    die geplanten Lagerungen in Tiefen von 1km oder mehr von CO2 in flüssiger Form können nicht dazu führen, daß es zu plötzlichen massiven Freisetzungen an der Oberfläche kommt, die CO2-Konzentrationen ergeben, bei denen Menschen ersticken können… wenn man darauf verzichtet, in tektonisch extrem instabilen Gebieten zu lagern, was man ja wohl hoffentlich tun wird.

    Ansonsten ist der Verzicht auf Abscheidung mit weit größeren Ewigkeitskosten und Ewigkeitsschäden verbunden, und der weltweite Verzicht auf nuklear- UND kohlenstoffbasierte Energieerzeuger würde zum Zusammenbruch unserer technischen Zivilisation führen.

  11. zu @10 Max Wedel

    ein Link

    Ich habe @7 schon etwas geschrieben
    hier nochmal eine Adresse unter der man sich informieren kann. Der Untergang des Abendlandes steht sicher nicht bevor wenn man einen 20 Jahresplan zum Austieg aus Kohle und Atomenergie macht.

  12. zu @10 Max Wedel
    ich möchte noch einen Link zur Preisentwicklung bei erneuerbaren Energieen einstellen.
    Bei spätestens
    1Euro/Watt ist Solartom nicht mehr teurer als der Strom aus der Steckdose

  13. @11 hans,

    aber der Satz in obigem Link: „Erdgas und Kraft-Wärme-Kopplung dienen demnach als Brückentechnologien bis zur Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien.“, den finde ich schon etwas merkwürdig.

    Erdgas produziert als fossiler Brennstoff ja ebenfalls CO2, ein Ausstieg aus der Kernenergie und Füllen der Energielücke mit Erdgas würde die CO2 Bilanz STARK VERSCHLECHTERN, die CO2-Mengen stark erhöhen. Statt dessen wird von 90%iger Reduktion geredet. Und wenn Erdgas Kohle ersetzt, kann damit der CO2-Ausstoß maximal auf 2 Drittel gesenkt werden.

    In dem freundlich im Artikel bereitgestellten Link zur Kraft-Wärme-Kopplung steht: „Als Brennstoff kommen für das Prinzip KWK in Betracht: fossile Energien… erneuerbare Energien… sowie Atomkraft.“

    KWK bei erneuerbaren Energien kann ja nicht gemeint sein, denn KWK mit erneuerbaren Energien als „Brücke“, solange man noch nicht ausreichend erneuerbare Energien nutzt, kann doch ebensowenig funktionieren wie sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Ebenso wird auch nicht KWK in Atomkraftwerken gemeint sein, wenn man diese doch schnellstmöglich abschalten will. Bleiben wieder die fossilen Brennstoffe, die CO2 produzieren, deren Nutzungsgrad man über KWK verbessern will. Dies würde aber nur funktionieren, wenn die erzeugte Wärme auch Nutzern zugeführt werden könnte. Man müsste mal wissen, von welchen Fernwärmenetzen die Studie ausgeht, oder ob sie solche Details einfach nicht berücksichtigt hat, oder der Meinung ist, die könne man eben mal schnell (CO2-neutral) bauen.

    Alles steht und fällt mit den „technisch und wirtschaftlich realistischen Annahmen“, die man so macht. Ich erinnere mich an „technisch und wirtschaftlich
    realistischen Annahmen“ in den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts, die es da so gab. Damals war doch völlig „realistisch“, daß binnen zehn Jahren alle Bürgersteige aus Rolltreppen bestehen und jeder seinen Privathelikopter für den Nahverkehr im Garten hat, binnen 15 Jahren jeder als Tourist den Mond besuchen kann, und binnen 20 Jahren alle Bücher von Computern geschrieben werden usw. Auf diesem Niveau bewegt sich, ist mein Eindruck, Greenpeace; man erklärt einfach alles, was man für wünschenswert hält, auch für zügig machbar, malt ein paar lustige und steile Kurven, schreibt „Anteil der erneuerbaren Energien“ darunter, und klopft sich dann auf die Schulter: „Jetzt haben wir bewiesen, daß es geht.“

    Ein Beweis, daß 2050 100% erneuerbare Energie zum Einsatz kommen kann ist jedenfalls die aus dem dringenden Wunsch geborene Prognose, daß es so sein wird, für mich erstmal nicht, denn prognostizieren kann man viel.

  14. @14 Max Wedell
    der zweite Link den ich eingestellt habe ist aber sicher keine Prognose sondern eine Vergangenheitsbetrachtung
    Mit den Aussagen des ersten Links bin ich auch nicht zu 100% einverstanden muß aber sagen das AKWs darin als Brückentechnologie genannt werden kann ich nicht erkennen.Eigentlich wollte ich mit beiden Links zeigen wo man sich gut informieren kann um erneuerbare Energien zu beurteilen. Da mich das Wahlprogramm der SPD bei der letzten hessischen Lantagswahl motiviert hat mich mit diesem Thema zu beschäftigen und ich es seit der Zeit mit Intresse verfolge habe mir die Meinung gebildet das ein Umstieg auf erneuerbare Energien technich möglich und mittelfristig auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
    Gut begründet, für jemanden dem es zu viel Arbeit ist Monate lang im Internet zu lesen, hat es das Buch Sonnige Aussichten von Franz Alt. Das alles hier wiederzugeben ist mir aber doch etwas zu viel Arbeit.

  15. CCS ist thermodynamisch betrachtet völliger Schwachsinn. Der ohnehin mäßige thermische Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen wird so auch nicht besser.

    Aus geologischer Sicht auch eine gefährliche Sache. Gespannte Gasphasen sind, eine alte Erfahrung aus dem Kali-Bergbau, sehr diffusionswillig und können zwar lange Zeit fetsgelegt sein, aber bei leichten Veränderungen der Gebirgsbelastung (Halokinese) schlagartig freigesetzt werden.

    Q #1

    Gespanntes CO2 kann langfristig das Gesteinsgefüge zerstören und so mechanisch verändern, das dieses sehr durchlässig wird. Ein tektonisch „ruhiges“ Gebiet, wie Sie es favorisieren, gibt es in Zentraleuropa nicht.

    Karl Müller

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